Gliederung:
1. Einleitung
2. Darstellung des State Preference Approach
a) Zustandsabhängige Konsumansprüche
b) Abgrenzung zu anderen Konzepten
c) Optimierungsansatz
3. Ein illustratives Beispiel
a) Die Situation
b) Die „Certainty line“
c) “Faire” Preise
4. Modifikationen
a) Edgeworth-Box
b) „Unfaire“ Preise
c) Die zustandsabhängige Nutzenfunktion
5. Schluss
1. Einleitung
Eine Grundkonstante des menschlichen Lebens ist, dass die Zukunft, das Morgen, ja zuweilen die nächsten fünf Minuten unseres Lebens große Unsicherheit in sich bergen. Diesen Sachverhalt in der ökonomischen Theorie zu operationalisieren ist das Ziel des state preference approach, der von Kenneth Arrow im Jahre 1953 in die Literatur eingeführt und von Jack Hirshleifer (1965, 1966) berühmt gemacht worden ist (vgl. CEPA: 1). Sein Kerngedanke lautet, dass Individuen auf Märkten vom Umweltzustand abhängige Konsumansprüche handeln und so sich so absi- chern können, indem sie für jeden möglichen Zustand der Welt ihren optimalen Konsum vorher erwerben.
Im folgenden soll dieser Ansatz zunächst formal dargestellt und in einem einfa- chen Grundmodell auf Optimierungsprobleme hin analysiert werden. Die gewon- nen Ergebnisse werden danach auf ein illustratives Beispiel übertragen und gra- fisch dargestellt. Dabei sollen weitere praktische Anwendungsmöglichkeiten des state preference approach aufgezeigt werden. Das Beispiel wird danach speziellen Modifikationen in den Annahmen unterworfen, deren Auswirkungen analysiert werden.
2. Darstellung des State Preference Approach
2a) Zustandsabhängige Konsumansprüche
Je nachdem, welchen Zustand die Natur „wählt“, verändern sich die Eigentumsan- sprüche, die wir auf ein Gut haben. Beispiele hierfür sind wetterabhängige Ernten, ein Wohnungsbrand oder die jeweiligen Geldeinnahmen eines Volksfest- Organisators bei Regen oder Sonnenschein. Häufig ergibt sich nur in einem be- stimmten Falle überhaupt ein Anspruch: eine Autoversicherung zahlt nur im Schadensfalle, staatliche Erdbebenhilfe wird ausschließlich nach einem Erdbeben gewährt.
Fassen wir dies allgemein: Gehen wir von S verschiedenen Umweltzuständen aus1, die sich gegenseitig ausschließen und alle möglichen Zustände der Welt be- schreiben. In einer Welt mit n physisch verschiedenen Gütern erhalten wir ein System mit nS vom Umweltzustand abhängigen Konsumansprüchen auf Güter und ebenso viele Preisen. Bezeichnet x is die Menge des Gutes i, auf die ein Indi- viduum im Zustand s Anspruch hat, dann erhalten wir folgende n x S Matrix für die Quantitäten und analog eine für die Preise.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Reihe stellt dabei die Konsumansprüche eines Individuum in einem be- stimmten Umweltzustand dar. Der Spaltenvektor gibt an, wie sich der Konsuman- spruch auf ein bestimmtes Gut über die Umweltzustände hinweg verändert (vgl. CEPA: 2).
2b) Abgrenzung zu anderen Konzepten
In dem hier vorgestellten Ansatz wählen die Akteure, wie in einer Caféteria, Konsumbündel2 aus, und zwar für jeden möglichen Zustand der Welt. So spielt es für den Akteur im Endeffekt keine Rolle, welcher Umweltzustand letztendlich eintritt, da er für jeden die jeweils für ihn optimale Konsumstruktur vorher auf dem Markt erworben hat. Insofern spielt der Zufall kaum noch eine Rolle. Die Unsicherheit reduziert sich auf das Problem unzureichender Information (v.a. über die Gestalt der Myriaden an Umweltzuständen)
Der state preference approach ist dem vor allem in der Portfolio-Theorie populä- ren µ/σ-Modell insofern überlegen, als dass er mit Konsumansprüchen auf reale Güter operieren kann, während ersteres ein künstliches Allgemeingut wie „Geld- einkommen“ modellieren muss (vgl. Hirshleifer 1965: 531). Zudem geht die Re- duktion der Daten auf die beiden Parameter µ und σ mit dem Verlust von Infor- mation einher (vgl. Hirshleifer/Riley 1995: 69f.).
Die Zuordnung subjektiver Eintrittswahrscheinlichkeiten auf die unterschiedli- chen Umweltzustände ist nicht notwendiger Bestandteil dieser Theorie, wie Hirshleifer selbst anmerkt (1965: 528, Fußnote 9)3. Nichtsdestoweniger lassen sich sowohl subjektive Wahrscheinlichkeiten als auch die „Regel über den Erwar- tungswert des Nutzen“ von Neumann und Morgenstern (Hirshleifer/Riley 1995: 13) leicht in den Rahmen des state preference approach integrieren.
2c) Optimierungsansatz
Nachdem das allgemeine Modell erläutert ist, soll im nächsten Schritt ein stark vereinfachtes Grundmodell mit lediglich einem Güterbündel und zwei Umweltzuständen auf seine Optimalitätsbedingungen hin untersucht werden4.
Dabei unterstellen wir die Gültigkeit der kardinalen Nutzentheorie (vgl. Hirshleifer/Riley 1995: 14). Als Nutzenfunktion nehmen wir eine beliebige konkave Funktion (E [ U(x) ]< U [ E(x) ]) an, d.h. wir gehen von der Annahme risikoaverser Individuen aus. Zudem wird zunächst angenommen, dass diese Nutzenfunktion unabhängig vom eingetretenen Umweltzustand (state-independent utility) ist. Des weiteren soll im folgenden die subjektive Wahrscheinlichkeit πs, mit der die Individuen das Eintreten des Umweltzustandes s bewerten5, in unsere Überlegungen mit einbezogen werden. In unserem Modell muss gelten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Erwartungswert des Nutzens ergibt sich unter Verwendung des NeumannMorgenstern-Axioms folgender Maßen (vgl. Hirshleifer/Riley 1995: 13f.):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unser Optimierungsproblem lautet dann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Nebenbedingung stellt sicher, dass die Budgetrestriktion beachtet wird, wobei die mit einem Balken versehenen Variablen die Anfangsausstattung darstellen6.
Die Lagrange-Funktion lautet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hieraus folgen die Bedingungen erster Ordnung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gleichsetzen von (4) und (5) führt zu:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
d.h. die mit ihren Wahrscheinlichkeiten gewichteten Grenznutzen pro Einheit Geld sind im Optimum in allen Umweltzuständen ausgeglichen. In ihrer verallgemeinerten Form ist diese Bedingung als das „ fundamental theorem of risk bearing “ bekannt geworden (Hirshleifer/Riley 1995: 46).
3. Ein illustratives Beispiel
3a) Die Situation
Illustrieren wir die Auswirkungen unseres Ergebnisses an einem einfachen Bei- spiel. Stellen wir uns zwei Bauern vor, die Weizen anbauen: einen konventionel- len Ackerbauern A und einen Modernen Bauern M, der seine gesamte Produktion in Treibhäuser verlegt hat. Nehmen wir ferner an, dass es für die Zeit bis zur Ernte lediglich zwei mögliche Umweltzustände gibt: einen guten Sommer mit viel Son- nenschein und einen schlechten Sommer mit kräftigen Hagelschlägen, denen alle Beteiligten dieselbe subjektive Eintrittswahrscheinlichkeit von πg=πs=1/2 zuwei- sen. Es leuchtet ein, dass die Ernte von A sensibel auf das Wetter reagiert, wäh- rend M eine sehr konstante, aber wegen der künstlichen Verhältnisse in Gewächshaus nur mittelmäßige Ernte einfährt. Die folgende Tabelle gibt die allen als bekannt voraus gesetzten Ernteergebnisse in Tonnen Weizen an:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schließlich unterstellen wir bei beiden Beteiligten eine in allen Umweltzuständen gleiche Nutzenfunktion der Form U(x)= ln x NE (Nutzeneinheiten), d.h. Risikoaversion. Diese drückt den Nutzen aus, den der Weizen (x in Tonnen) entweder direkt (als Nahrung) oder indirekt (Verkauf und Kauf anderer Güter) spendet. Es gelte das Neumann-Morgenstern-Axiom.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Versicherung auf Märkten mit „fairen“ Preisen
3b) Die „Certainty line“
Abbildung 1 stellt uns diese Situation graphisch dar. Schieben wir eine allgemeine Analyse der Abbildung ein. Die 45°-Linie wird als „ certainty line “ bezeichnet, da bei allen Punkten, die auf ihr liegen, gilt: xg = xs und folglich keine Unsicherheit mehr vorliegt, da der Konsumanspruch in beiden respektive allen Umweltzustän- den gleich ist.
Die Steigung der Indifferenzkurven, die Marginale Substitutionsrate, erhalten wir, indem wir das totale Differential der Nutzenfunktion bilden und dieses gleich Null setzen, da entlang der Indifferenzkurve der Nutzen konstant ist7. Auflösen führt zu (in der Notation unseres Grundmodelles):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus Gleichung (7) ist unmittelbar ersichtlich, dass entlang der Sicherheitsgeraden sich die Steigung der Indifferenzkurve zu -(π1/π2) vereinfacht, d.h. alle Indiffe- renzkurven weisen im Schnittpunkt mit der Winkelhalbierenden die Steigung[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] auf.
Die optimale Allokation zwischen Umweltzustand 1 und Umweltzustand 2 liegt dann in demjenigen Punkt, in dem die vom Ursprung am weitesten entfernte In- differenzkurve die Budgetgerade tangiert, d.h. dieselbe Steigung wie diese auf- weist. Dieses Ergebnis erhalten wir auch durch Umstellen von Gleichung (6):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit -(p1/p2) als der Steigung der Bugdetgeraden.
3c) „Faire“ Preise
Für die folgende Analyse sei angenommen, dass das Verhältnis der Preise dem Verhältnis der subjektiven Wahrscheinlichkeiten der Akteure entspricht8, in unse- rem Fall also dass die Preise gleich sind. Es sei pg=ps=1 GE (Geldeinheit) pro Tonne Weizen.
Betrachten wir zunächst Bauer M: Er liegt mit seiner Produktionsweise auf der Sicherheitsgeraden. Sein Ausgangsnutzen beträgt: U = ln 100 = 4,61 NE und ist durch die Indifferenzkurve UM symbolisiert. Da diese die Budgetgerade von M genau tangiert, befindet M sich bereits in seinem Optimum9. Dies bestätigt die allgemeine Feststellung von Friedmann und Savage (1948: 280), dass eine Person, die sich in einer Position der Sicherheit befindet, kein „faires Spiel“ akzeptiert (Hirshleifer 1965: 527).
Bauer A befindet sich dagegen in einer riskanten Position. Der Erwartungswert seines Nutzens beträgt: U(xg,xs) = 0.5 ln 150 + 0.5 ln 50 = 4.46 NE. Dies ent- spricht in der Zeichnung der Kurve UA. Einsetzen der Variablen in Gleichung (6) und Beachtung der Budgetrestriktion B = 200 GE führt zu der optimalen Lösung xg=xs=100 (Tonnen Weizen, im folgenden wird auf die Angabe der Einheiten verzichtet). Dies entspricht Punkt x* in der Zeichnung. Unter der Annahme eines vollständigen und vollkommenen Marktes würde Bauer A demnach heute den Konsumanspruch auf 50 Tonnen Weizen im Falle einer guten Ernte verkaufen und dafür den Anspruch auf 50 Tonnen Weizen im Falle eines schlechten Som- mers kaufen.
Dieser Verkauf- und Kaufvorgang lässt sich als „faires Spiel“ interpretieren. Mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit muss A im Herbst 50 Tonnen Weizen abge- ben, mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit bekommt er ebenso viele Tonnen. Risikoaverse Personen akzeptieren demnach faire Spiele, sofern sie damit eine ursprünglich riskante Position absichern können. In Abbildung 1 lässt sich gut sehen, dass A von seiner riskanten Ausgangsposition aus auf die certainty line wandert. Der Erwartungswert seines Nutzens verbessert sich dadurch von 4,46 auf 4,61 NE.
In analoger Weise lassen sich viele praktische Anwendungen des state preference approach, besonders auf dem Gebiet des Versicherungswesens, modellieren. Ni- cholson (1992: 259f.) demonstriert dies beispielsweise an Hand einer Diebstahls- Versicherung.
4. Modifikationen
4a) Edgeworth-Box
Bisher sind wir von der Existenz perfekter Märkte ausgegangen, d.h. die Nachfrage bei jedem gegebenen Preis nach einem „Gut“ konnte voll befriedigt werden. Nun möchten wir annehmen, dass die Welt einzig aus den in unserem Beispiel untersuchten Personen besteht.
Dies verändert das Ergebnis gewaltig, da nun bei ansonsten unveränderten Bedingungen kein Tauschvorgang zu Stande kommt. Bauer M befindet sich bereits in seinem Optimum. Dies lässt sich anschaulich mittels der Edgeworth-Box demonstrieren (Abb. 2)10: die Bugetgerade bei gleichen Preisen (pg=ps, dünne Linie) tangiert die Ausgangs-Indifferenzkurve von M.
Gleichzeitig zeigt uns die Edgeworth-Box, dass die Ausgangssituation nicht pare- to-optimal ist. Alle Punkte der Kontraktkurve innerhalb und auf der Linse stellen Tauschkombinationen dar, in denen sich zumindest einer der Akteure besser stellt,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Edgeworth-Box zum Beispiel
ohne dass der andere sich schlechter stellt (Pareto-Kriterium). Welche Kombination hiervon letztendlich gewählt wird, hängt von der Verhandlungsstärke der Beteiligten ab. Zum besseren Verständnis soll dies im nächsten Abschnitt für einen speziellen Fall demonstriert werden.
4b) „Unfaire“ Preise
Nehmen wir im folgenden an, dass das Verhältnis der Preise nicht dem Verhältnis der subjektiven Wahrscheinlichkeiten entspricht. Es sei ps=2pg=2 (GE pro Tonne). Wir können uns das veränderte Preisverhältnis plausibel machen, indem wir davon ausgehen, dass nach einem schlechten Sommer das Angebot an Weizen insgesamt gering sein wird und so dessen Preis steigt. Bauer A ist sehr stark mit dem Gut xg (Ernte nach gutem Sommer) ausgestattet, das im Vergleich zu seinen Wahrscheinlichkeits-Zuteilungen am Markt unterbewertet ist. Dies verändert sein Optimum, denn einsetzen in Gleichung (6) führt nun zu:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einsetzen in die Budgetrestriktion führt zu xs=62.5 und xg=125. Der Nutzen von A hat sich geringfügig auf 4,48 NE verbessert. Abbildung 3 zeigt, dass Bauer A sich nun nicht mehr auf der Sicherheitsgeraden befindet, sondern aufgrund der unfairen Marktbedingungen bewusst Risiko in Kauf nimmt.
Ganz in der gegenteiligen Situation befindet sich Bauer M. Die Marktbedingun- gen machen ihn zum Gewinner. Daher würde auch in diesem Fall in einem ge- schlossenen System ein Tauschvorgang zwischen A und M statt finden (siehe Edgeworth-Box). Bauer M kann den Erwartungswert seines Nutzens erhöhen, indem er 12.5 Tonnen Weizen im Falle einer schlechten Ernte abgibt, dafür aber 25 Tonnen im Umweltzustand einer guten Ernte erhält: U(xg,xs) = 0.5 ln 125 + 0.5 ln 87.5 = 4.65 NE (im Gegensatz zu 4.61 NE in der Ausgangsposition). Könnte seine gesamte Nachfrage zum gegebenen Preisverhältnis befriedigt wer- den, läge das Optimum vom M sogar im Punkt (150;75), mit U(150;75)=4.66 NE. Diese Situation veranschaulicht Abbildung 3. Die Budgetgeraden weisen nicht mehr die Steigung -(πg/πs) (gestrichelte Linie) auf, sondern verlaufen nun flacher und auf unterschiedlichen Niveaus für A und M wegen der unterschiedlichen Preise für xg und xs. Die gepunkteten Indifferenzkurven geben die Ausgangssitua- tion an. In der Tangentenlösung können sich beide Individuen verbessern (U´M > UM, U´A > UA).
Es fällt auf, dass auch Bauer M in dieser Konstellation seine Ausgangsposition auf der Sicherheitsgeraden verlässt. Dieses Ergebnis ist konsistent mit der Fest- stellung, dass risikoaverse Individuen faire Spiele ablehnen, unfaire, sie begünsti- gende Spiele allerdings akzeptieren.
Abschließend ist zu bemerken, dass diese Situation keineswegs auf „unfairen“ Preisen beruhen muss. Für „faire“ Marktbedingungen würde ausreichen, dass die subjektiven Wahrscheinlichkeiten, die Bauer A den beiden Umweltzuständen zuordnet, im Verhältnis 2:1 stehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Komplette Nachfragebefriedigung im Falle 2pg=ps.
„Unfaire“ Preise sind in der Realität häufig der Grund für unvollständige Absiche- rung von Risiken. Die Gründe für „unfaire“ Preise liegen in dem Gewinnauf- schlag, den Versicherungen nehmen, und in den Kosten für die Verwaltung, die miteingerechnet werden (vgl. Nicholson 1992: 261). Diese Mehrkosten kommen je mehr zu tragen je größer der Verwaltungsaufwand im Verhältnis zum Wert der Güter steht.
4c) Die zustandsabhängige Nutzenfunktion
Bisher wurde von der Existenz einer einzigen Nutzenfunktion (uniqueness) über alle Umweltzustände hinweg ausgegangen. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig gegeben, da sich sehr wohl Situationen ergeben, in denen der persönliche Nutzen vom eingetretenen Umweltzustand abhängig ist. Man denke nur an eine kranke Person, die im Vergleich zum gesunden Zustand weniger Appetit hat und daher möglicher Weise mit einem geringeren Einkommen ebenso zufrieden ist, sofern ihre Heilungskosten von anderer Seite gedeckt werden (vgl. Nicholson 1992: 261). In diesem Falle berechnet sich der Erwartungswert des Nutzens wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufstellen der Lagrange-Funktion, Ableiten und Gleichsetzen ergibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Um die Annahme einer allgemein gültigen Nutzenfunktion nicht aufgeben zu müssen, interpretieren Hirshleifer und Riley (1995: 60 ff) diesen Fall als unterschiedliche Abschnitte ein und derselben Nutzenfunktion. Der Umweltzustand wird als „ heirloom good “ (Erbstück) in die Funktion integriert. Meiner Meinung nach ist dieses Vorgehen allerdings äußerst fraglich, da sich eine Erbschaft ablehnen lässt, schlechtes Wetter dagegen jedoch nicht. Der Umweltzustand ist etwas qualitativ anderes als ein käufliches Gut.
Kehren wir noch einmal zu unserem Beispiel und dem Fall fairer Preise zurück, unterstellen wir nun aber, dass Bauer A eine zustandsabhängige Nutzenfunktion der Form [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ln xs besitzt. Abbildung 4 veranschau- licht diesen unterschiedlichen Verlauf der Nutzenfunktionen. Der Grenznutzen im
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Zustandsabhängige Nutzenfunktionen
Zustand eines guten Sommers liegt bei jeder beliebigen Menge an Weizen über demjenigen des verhagelten Sommers (Grenznutzen: 1/xg > 0.5/xs, für alle xg=xs). Dieses Modell ist durchaus realistisch, da es unserer alltäglichen Erfahrung ent- spricht, dass das Wetter uns auf das Gemüt schlägt. Bei Sonnenschein ist der Mensch - ceteris paribus - heiterer. Daher reicht schon ein im Gegensatz zum Regenwetter geringerer Konsum aus, um denselben Grenznutzen zu erzeugen. Setzen wir diese neue Bedingung in Gleichung (6) ein, ergeben sich folgende optimale Quantitäten: xg = 133, xs = 67, mit U = 3,45 NE. Auch in diesem Fall weicht Bauer A von der Sicherheitsgeraden ab.
5. Schluss
Der state preference approach ist ein sehr vielseitig anwendbarer und dezidiert mikroökonomisch fundierter Ansatz zur Analyse von Entscheidungen unter Unsi- cherheit. Der Clou des Ansatzes liegt darin, Unsicherheit im Wesentlichen auf ein Problem ungenügender Information zu reduzieren. Unter der Annahme, dass alle möglichen Zustände der Welt beschrieben werden können, suchen sich die Indivi- duen für jeden Umweltzustand diejenige Konsumkombination aus, die ihnen den größten Nutzen spendet.
An Hand eines Beispieles konnte das Auffinden des Optimum demonstriert werden. Mittels zweier Modifikationen („unfaire“ Marktpreise und eine zustandsabhängie Nutzenfunktion) konnte schließlich dem Problem unvollständiger Versicherung auf den Grund gegangen werden.
Literatur:
CEPA (Center for Economic Policy Analysis ) (o.J.): http://cepa.newschool.edu/~het/essays/uncert/statepref.htm
Friedman, M./Savage, L. J. 1948: The Utility Analysis of Choices Involving Risk. In: The Journal of Political Economy. Vol. 56, 279-304.
Hirshleifer, J. 1965: The Investment Decision under Uncertainty: Choice Theo- retic Approaches, in: Quarterly Journal of Economics. Vol. 79, 509-536.
Hirshleifer, J. 1966: "Investment Decision under Uncertainty: Applications of the state-preference approach", Quarterly Journal of Economics, Vol. 80, 252- 277.
Hirshleifer, J./Riley J. 1995: The analytics of uncertainty and information, Cam- bridge
Nicholson, W. 1992: Microeconomic Theory. Basic Principles and Extensions. 5. Auflage, Fort Worth et al., Kapitel 9.
[...]
1 Während wir uns weiter unten auf sehr intuitive Dichotomien wie Sonnenschein/Regen, Frieden/Krieg oder Boom/Rezession beschränken werden, lassen sich theoretisch nahezu unendlich viele, fein unterteilte Umweltzustände annehmen.
2 Beispielsweise „Antibiotika bei Angina“, „eine Afrika-Reise bei Gesundheit“, „Geld im Todesfall“, „ein Abschleppwagen bei einem Unfall“.
3 So erachtet der Gesetzgeber den Zustand „Verkehrsunfall“ als so gravierend an, dass er den Abschluss einer Versicherung vorschreibt, selbst wenn die subjektive Wahrscheinlichkeit eines Autofahrers bezüglich eines Unfalls Null wäre.
4 Auf die allgemeine Darstellung mit S Umweltzuständen und n Gütern, wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet, da sie analog verläuft.
5 Es ist in dieser Arbeit durchweg angenommen, dass alle Individuen sich auf demselben Informa- tionsstand befinden und folglich alle den Umweltzuständen dieselben Wahrscheinlichkeiten zu- ordnen.
6 Diese Notation folgt in Anlehnung an Hirshleifer/Riley 1995: 46 ff.
7 dU = π1u´(x1)dx1 + π2u´(x2)dx2 = 0
8 In diesem Fall wird allgemein von „fairen“ Preisen gesprochen (z.B. Nicholson 1992: 258).
9 Dieses Ergebnis erhielte man auch durch einsetzen der Bedingungen in Gleichung (6).[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Die Budgetgleichung lautet: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]Einsetzen ergibt: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
10 Zur Edgeworth-Box siehe u.a. auch Hirshleifer/Riley 1995: 123)
- Quote paper
- Szuca, Oliver (Author), 2001, Kontingente Konsummöglichkeiten in alternativen Umweltzuständen - Eine Analyse auf Basis des State Preference Approach, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107081
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