Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Umsetzung einer Tonbandaufzeichnung ohne Vorkenntnisse
2.1 Eigene Notation
3. Gesprächsnotation nach Linke
3.1 Die Notation von Gesprächen
3.2 Wirkung einzelner Gesprächsbeiträge aufeinander: Initiierung vs. Respondierung
3.3 Zusammengehörigkeit von Gesprächsbeiträgen
3.4 Differenzierung der Responsivität
3.5 Vernetzung einzelner Teiltexte
4. Gesprächsnotation nach Henne und Rehbock
4.1 Das Selektieren von Notationsdaten
4.2 Datentypen in Gesprächsnotaten Schaubild zu 3.2
4.3 Minimalanforderungen
4.4 Entwurf eines gesprächsanalytischen Notationsbeispiels
4.5 Das Notationssystem
4.6 Bezeichnung der Interakanten (Sprecher)
4.7 Sprachliche Zeichen
4.8 Nichtsprachliche Lautäußerungen
4.9 Angaben nicht ersichtlicher Bedeutungen
4.10 Gesprächsbereich /Gesprächstyp
4.11 Zeitzählung
5. Schlussteil
6. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Wenn wir fremde Gespräche beobachten, beginnen wir das Gespräch zunächst immer mit Rückgriff auf eigene Gesprächserfahrungen zu analysieren. In vielen fällen können daher Gesprächsanalysen nur als mögliche Interpretationen verstanden werden, die sich höchstens durch ähnliche Analysen anderer Personen festigen lassen.
Es gibt viele verschiedene Ansätze wie man eine Analyse verfassen kann, was man in ihr berücksichtigt und was für welche Art von Analyse am besten ist. Ich habe mich auf die Erklä- rungen von Angelika Linke gestützt und werde anhand von Henne und Rehbock die Entstehungsweise einer ausführlichen Notation versuchen zu verdeutlichen
2. Umsetzung einer Tonbandaufzeichnung ohne Vorkenntnisse
Zu Beginn meines Referates habe ich meine Kommilitonen eine eigene Notation anfertigen lassen um ein gewisses Verständnis dafür zu erreichen, was eine Notation aus macht. Hierzu habe ich ihnen einen Gesprächsausschnitt aus dem Film „Reine Nervensache“ mehrmals vorgespielt und sie gebeten alle Auffälligkeiten zu notieren. Die Ergebnisse haben wir dann zum Schluss auf einer Folie zusammengetragen (siehe S. 2a); wir haben also unsere eigene kleine Notation zusammengestellt, zwar noch sehr lückenhaft und unübersichtlich, aber ich denke, dass das Grundverständnis für das was eine Notation überhaupt ist vermittelt werden konnte.
3. Gesprächsnotation nach Linke
3.1 Die Notation von Gesprächen
Um ein aufgezeichnetes Gespräch überhaupt analysieren zu können, muss die gesprochene Sprache in schriftlicher Form aufbereitet werden, dies nennt man Transkription.
Dabei wird Umgangssprache sowie eine dialektale Färbung der Sprache so wiedergegeben wie sie gesprochen wird, z.B.:
- Lass mal, is nich so schlimm, das ham wir doch gleich wieder!
- Gell, des isch richtig?
Wichtig ist auch, dass Pausen und Parallelsprechphasen (Überlappungen beim Sprechwechsel, Unterbrechungsversuche...) deutlich kenntlich gemacht werden.
Je nach Analyseinteresse können z.B. paraverbale Ereignisse (Wiedergabe des Tonhöhenverlaufs, Signalisierung der Akzentuierung und/oder des Sprechtempos) die Transkription ergänzen.
Die üblichste Form der Transkription ist die sogenannte Partitur-Schreibweise, die in Anlehnung an die Notenschrift entstanden ist. So können bei der Notation von Gesprächen Kommunikationsereignisse die gleichzeitig ablaufen, in untereinander angeordneten Zeilen, parallel gelesen werden. Hierbei findet sich dann auch in den Zeilen darüber oder darunter Platz für Einträge zum nonverbalem Verhalten, oder auch für Kommentare des Beobachters. Hierzu gehe ich später auf die „Einführung in die Gesprächsanalyse“ von Henne und Rehbock ein.
3.2 Wirkung einzelner Gesprächsbeiträge aufeinander: Initiierung vs. Respondierung
Man unterscheidet grundsätzlich initiierende von respondierenden Akten. Initiierende Akte verpflichten Gesprächsteilnehmer zu einer Reaktion. Ein initiierender Akt wäre z.B. die Stellung einer Frage. Selbst wenn mein Gesprächspartner die Antwort nicht weiß, reagiert er in irgend einer Form, z.B. mit einer Gegenfrage. Henne und Rehbock sprechen in ihrem Buch nicht von Initiierung sondern von Determinierung, da sich der Gesprächsbeitrag mehr oder weniger determinierend auf den folgenden Beitrag auswirkt. Der Gesprächsakt, der durch die Initiierung ausgelöst wird, nennt man Respondierung. In den meisten Fällen sind Respondierungen wieder an Initiierungen gebunden:
Frage ® Gegenfrage ® Antwort
Susi: „Hast du heute schon gebadet?“ = Initiierung
Tom: „Wieso, stinke ich?“ = Respondierung & Initiierung
Susi: „Nein, aber ich wollte gleich Baden gehen.“ = Respondierung
Meist wird schon durch den Gesprächstyp das Recht bzw. die Verpflichtung vergeben initiierende oder rein respondierende Gesprächsbeiträge zu liefern. Ein Beispiel dafür ist die Aufnahme einer Krankengeschichte oder die Diagnose verschiedener Krankheiten beim Arzt.
Hier sind die Beiträge des Arztes vorwiegend initiierend.
Auch lässt sich feststellen das Gesprächsteilnehmer die sich ausschließlich respondierend verhalten, also nur auf Fragen Antworten, von uns als schlechte Gesprächspartner empfunden werden.
Bei einer Analyse ist es manchmal also gar nicht so einfach festzustellen ob ein Gesprächsbeitrag ausschließlich respondierend oder vielleicht doch noch eine initiierende Wirkung hat.
3.3 Zusammengehörigkeit von Gesprächsbeiträgen
Der kaum trennbare Zusammenhang mancher respondierenden von initiierenden Gesprächsakten wird anhand der nächsten Beispiele deutlich:
- Frage ® Antwort
- Kompliment ® Reaktion auf Kompliment (Dank/Herunterspielen/Zurückweisung)
- Gruß ® Gegengruß
- Vorwurf ® Reaktion auf Vorwurf (Rechtfertigung/Entschuldigung/Wutausbruch)
- Vorschlag ® Annahme oder eigenen Vorschlag entgegnen
Es gibt also eine ganze Reihe von Initiierungs-Respondierungs-Paaren die dem angesprochenen Gesprächsteilnehmer nur noch eine eingeschränkte Wahl bezüglich der Respondierung lassen. Auf ein solches Paar mit einer falschen Respondierung oder gar nicht zu Antworten, kommt einer schweren Verletzung der Konversationsmaxime gleich.
Tom: „Wie geht es dir?“
Susi: „Ich hab Hunger, lass uns etwas essen gehen.“
Wärt ihr an Toms Stelle, wie würdet ihr euch fühlen? Ihr würdet bestimmt denken Susi hat irgend ein Problem über das sie nicht reden kann, oder sie ist sauer auf mich und hält das Gespräch so kurz wie möglich. Dies zeigt nur das wir alle die Konversationsmaxime in uns tragen. Bei jedem Gespräch was wir führen durchlaufen wir unbemerkt ein Raster und alles was aus diesem Raster fällt wird dann als anormal, komisch empfunden.
Bei manchen dieser Initiierungs-Respondierungs-Paaren ist die „Paarigkeit“ auf ein Paar begrenzt, z.B. bei Gruß und Gegengruß. Wobei die Paarigkeit auch mehrere sich überschneidende Paare involvieren kann wie z.B.:
Kompliment ® Herunterspielen ® Nachdoppelung des Kompliments
Tom: „Du hast heute aber ein schönes Kleid an.“ Susi: „Ach, so toll sieht es gar nicht aus.“
Tom: „Wirklich Susi in diesem Kleid siehst du umwerfend aus.“
3.4 Differenzierung der Responsivität
In einem Gespräch Verpflichtet sich also der Gesprächsteilnehmer auf einen initiierenden Beitrag seines Vorredners zu reagieren (zur Respondierung).
Linke gibt nun ein Beispiel von Schwitalla, der die Respondierung als funktionale Katergorie und die Responsivität als inhaltliche Kategorie unterscheidet.
Innerhalb der Responsivität nimmt Schwitalla folgende Differenzierung vor:
- Responsivität (wenn sowohl die Intention als auch der Inhalt des initiierenden Zuges berücksichtigt ist)
- Teilresponsivität (wenn nur ein Teil des Inhalts berücksichtigt wird)
- Nonresponsivität (wenn weder Inhalt noch Intention berücksichtigt werden)
Das oben angesprochene Problem ist häufig in Talkshows oder in politischen Diskussionen zu beobachten. Hier täuscht ein Gesprächspartner eine responsive Äußerung nonverbal, also durch Zuwendung zum Gesprächspartner, oder auch sprachlich (Dazu möchte ich etwas sagen...) vor, ohne dann das eigentliche Thema in seinem Gesprächsbeitrag zu berücksichtigen.
3.5 Vernetzung einzelner Teiltexte
Manche Fragestellungen und Perspektiven die aus der Textlinguistik kommen lassen sich durchaus auch auf die Gesprächsanalyse beziehen. Linke nennt hier das Beispiel der Wechselbeziehung zwischen Sprecher und Hörer, die verschiedenen Gesprächsbeiträge können nämlich auch unter dem Gesichtspunkt der Vertextung untersucht werden.
So kann man feststellen, dass die Gesprächsteilnehmer sich mit Hilfe von Hörerrückmeldungen, bzw. durch eigene Gesprächsbeiträge eine enge Bindung zum Vorredner aufbauen.
Aus der Sicht der Textlinguistik werden mit der Hilfe von Kohäsionsmitteln die Grenzen zwischen den einzelnen Gesprächsbeiträgen überbrückt.
Der nachfolgende Sprecher kann:
- eine angefangene syntaktische Konstruktion des Vorredners oder der Vorrednerin beenden (S: ...nee, wo wir da in Griechenland waren/ – T: ja, ja, da hatten wir nicht so viele Mücken.) oder
- sich mit einer eigenen Äußerung an eine zu Ende geführte Konstruktion elliptisch anschließen (S: ...nee, das lass ich mir von dem aber nicht gefallen/ – T: würde ich auch nicht, eher würde ich zurück schlagen...),
- die abschließende syntaktische Konstruktion des soeben beendeten Gesprächsbeitrags durch einen geeigneten konjunktionalen Anschluss aufgreifen und erweitern (S: ...nee, so etwas lasse ich mir nicht vorwerfen! – T: Man hat sich ja auch die größte Mühe gemacht und wollte immer nur das Beste, nicht wahr?) oder
- Teilkonstruktionen oder einzelne Zentrale Worte oder Wendungen aus dem vorhergehenden Gesprächsbeitrag aufgreifen und in seinem eigenen Beitrag wieder verwenden (S: ...nee, Tante Erna wird immer älter! – T: Tja, älter wird sie wirklich, aber ihr Butterkuchen schmeckt noch genauso wie früher.)
- Citar trabajo
- Kathrin Dubas (Autor), 2000, Notation und Verknüpfung von Gesprächsbeiträgen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106952
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