Inhalt
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Sokrates als Inbegriff des Philosophen? - Die Frage verstehen
2.2 Platon - „Symposion“: Wer ist Sokrates?
2.3 Wer ist ein Philosoph?
2.4 Sokrates als Inbegriff des Philosophen - Ergebnisse
2.5 Sokrates als Inbegriff des Philosophen - historische Betrachtung
3 Schluss
4 Literatur
1 Einleitung
Im Jahr 469 v. Chr. wird in Athen Sokrates geboren. Ein Mann, der über Jahrhunderte, ja sogar über Jahrtausende Bewunderung und Anerkennung finden wird, ein Mann, von dem Karl Jaspers sagen wird: „Kein Philosophieren heute ohne Sokrates.“ Ein Mann, den man bis heute studieren wird - und das, obwohl es nicht einmal etwas Schriftliches von ihm persönlich gibt.
Auch zu Lebzeiten war Sokrates ein bekannter Mann, der von Beruf aus eigentlich Steinmetz war, jedoch lieber auf den Marktplatz von Athen ging, um dort mit allerlei Menschen Gespräche zu führen. Dies geschah nicht nur zum Missfallen seiner Frau Xanthippe, die es selbstverständlich lieber gesehen hätte, dass Sokrates Geld verdiente, um sie und die gemeinsamen drei Kinder zu versorgen, sondern es geschah auch zum Missfallen vieler Bürger, die in Sokrates einen Verderber der Jugend und einen Unruhestifter sahen. Schließlich wurde er eben deshalb angeklagt, da er die Jugend verführe, und er nicht an die alten Götter, sondern an neue Götter glaube (Platon, Apologie 24b). Er wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Obwohl Sokrates die Möglichkeit gehabt hätte, aus Athen zu fliehen, blieb er dort mit der Begründung zurück, dass es nicht recht sei, sein ganzes Leben lang der Gerechtigkeit zu dienen und sich dann gegen sie zu stellen. So stirbt Sokrates schließlich im Jahr 399 v. Chr. durch den Schierlingsbecher.
Das Thema dieser Hausarbeit ist es zu untersuchen, ob und warum Sokrates als Inbegriff des Philosophen gilt. Der Schwerpunkt wird dabei auf der Sichtweise Platons liegen, so wie er Sokrates vor allem in seinem Werk „Symposion“ darstellt. Hierzu gehe ich im Hauptteil der Hausarbeit wie folgt vor:
(I) Zunächst werde ich einige grundsätzliche Probleme der Frage Sokrates als Inbegriff des Philosophen? erörtern. (➔2.1)
(II) Dann werde ich spezieller auf Platons Werk Symposion eingehen, indem ich es als Grundlage heranziehe, ein Bild von Sokrates zu erstellen. Hierzu werde ich das Werk systematisch durcharbeiten und alle Textstellen sammeln, die für die Frage Wer ist Sokrates? von Bedeutung sind. (➔ 2.2)
Ich werde die Textstellen analysieren und dann eine Zusammenfassung der Ergebnisse geben.
(III) Sodann werde ich diejenigen Merkmale sammeln, die aus Platons Sicht den Philosophen zum Philosophen machen. (➔ 2.3)
(IV) Habe ich schließlich sogut wie möglich die Merkmale eines Philosophen erstellt und ebenso ein Bild des Sokrates, so ist der weitere Ablauf klar: Ich werde prüfen, inwiefern das erhaltene Bild des Sokrates mit dem des Philosophen übereinstimmt. In dem Grad, wie sich das Bild Sokrates‘ mit den gefundenen Kriterien für den Inbegriff eines Philosophen deckt, genau in diesem Grad kann Sokrates wohl als Inbegiff des Philosophen bezeichnet werden (➔ 2.4).
2 Hauptteil
2.1 Sokrates als Inbegriff des Philosophen? - Die Frage verstehen
Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es stets enorm wichtig, genau zu definieren, was man unter der oben gestellten Frage versteht, und auch Sokrates selbst war dieser Auffassung und versuchte, bei einer Erörterung zunächst die verwendeten Begriffe zu definieren. In unserer Fragestellung müssen zwei Begriffe näher erläutert werden: a) Was ist ein „Philosoph“ ? und b) Was ist ein „Inbegriff“ ?.
a) Grundsätzlich und wohl nicht überraschend lässt sich sagen, dass ein Philosoph ein Mensch ist, der sich mit der Philosophie beschäftigt. Die Beantwortung der Frage hängt letztlich also von der Beantwortung der Frage „Was ist Philosophie?“ ab. Diese Frage ist jedoch kaum zu beantworten, da es sich bereits selbst um eine philosophische Frage handelt und zu verschiedenen Zeiten verschiedene Antworten gegeben wurden. Folglich müsste man also sämtliche verbreiteten Definitionen für „Philosophie“ bzw. „Philosoph“ betrachten. Dieser Hausarbeit konzentriert sich jedoch vor allem auf Platons Sokrates, so dass ich im Weiteren schwerpunktmäßig auf die Sichtweise Platons eingehen werde. Andere historische Auffassungen von Philosophie, bzw. was ein Philosoph ist, werde ich am Ende noch erwähnen und kurz erörtern, inwiefern dort Sokrates als Inbegriff des Philosophen gilt (➔ 2.5).
b) Die Verwendung des Begriffs „Inbegriff“ benötigt normalerweise einen Bezug, so dass man beispielsweise sagt: „er ist der Inbegriff der Schönheit“. Grammatikalisch ausgedrückt: Die Verwendung des Wortes „Inbegriff“ verlangt ein Genetivobjekt. In unserem Fall liegt ein solches auch vor, nämlich „ des Philosophen“. Außerdem braucht man ein Subjekt, also wer denn überhaupt als „Inbegriff“ von etwas bezeichnet wird. Auch dies haben wir bereits: „Sokrates“. Man bezeichnet etwas dann als „Inbegriff“ von dies oder jenem, wenn eine wesentliche Übereinstimmung zwischen dem Subjekt und dem Objekt besteht. Im alten Deutsch bedeutet „in etwas begriffen sein“ soviel wie „in etwas enthalten sein“, so dass „In-begriff“ soviel bedeutet wie „darin enthalten sein“. Klarer ausgedrückt und auf unseren Fall angewandt heißt das: Um „Sokrates“ korrekterweise als „Inbegriff des Philosophen“ zu bezeichnen, muss eine Übereinstimmung zwischen „Sokrates“ und „Philosoph“ bestehen.
Genau das aber habe ich vor zu prüfen und rechtfertigt meine Vorgehensweise, wie ich sie oben in der Einleitung bei (III) erwähnt habe.
2.2 Platon - „Symposion“: Wer ist Sokrates?
Platons Schriften lassen sich in drei Gruppen gliedern:
- Aporetische Schriften (Dialoge, deren Antwort offen bleibt. Auch Tugenddialoge über Frömmigkeit, Besonnenheit,...)
- Sokratische Schriften / mittlere Dialoge (Platonische Philosophie, Dialoge der Ideenlehre)
- Spätdialoge (Vertiefung der Ideenlehre)
Das Werk „Symposion“ gehört zur zweiten Gruppe und entstand ungefähr 380 v. Chr. Die Handlung spielt einige Zeit davor. Das Trinkgelage selbst wird auf das Jahr 416 datiert, der Bericht davon ungefähr auf das Jahr 400. Diese Datierungen beruhen auf der Angabe, dass das Symposion anlässlich der Siegesfeier eines Tragödienwettkampfs stattfindet, den der Gastgeber Agathon gewonnen hat.
Zu Beginn des Werks erzählt ein gewisser Apollodoros einem seiner Freunde, der ihn nach jenem Gastmahl bei Agathon fragt, wie er neulich von einem Bekannten namens Glaukon ebenfalls nach diesem Symposion gefragt worden ist. Er selbst jedoch sei gar nicht anwesend gewesen, sondern habe davon lediglich von einem gewissen Aristodemos gehört. Apollodores erzählt nun eben dies, was er von Aristodemos erfahren hat auch dem fragenden Freund.
Textanalyse
I
173A (Apollodores): Dass aber ich mich dem Sokrates angeschlossen habe und es meine Hauptsorge ist, Tag für Tag zu wissen, was er alles sagt oder tut, - das ist noch keine drei Jahre her! Vorher lief ich so aufs Geratewohl umher, in der Meinung damit etwas Rechtes zu tun, und war dabei doch der armseligste Tropf genauso wie Du jetzt; denn du glaubst ja, du m üß test alles andere eher betreiben als Philosophie.
Diese Stelle belegt, was für eine enorme Wirkung Sokrates auf andere Menschen hatte. Für Apollodores ist er ein echtes Vorbild. Als er sich noch nicht mit der Philosophie beschäftigte, meint er, sei er ein armseliger Tropf gewesen, nun aber, da er Sokrates nachfolgt, offenbar nicht mehr. Hier setzt Apollodores also das „dem Sokrates nachfolgen“ mit „sich mit der Philosophie beschäftigen“ gleich. Für Apollodores ist Sokrates also zumindest ein Vorbild für einen Philosophen - nur schade, dass er uns nicht wissen lässt weshalb.
Zusammenfassung 1: Sokrates ist ein Vorbild hinsichtlich seines Sagens und Tuns.
II
175A (Apollodores): Da sei ein anderer Diener mit der Meldung hereinkommen: Der vermisste Sokrates ist in die Vorhalle des Nachbarhauses abgeschwenkt; dort steht er nun und will trotz meiner Aufforderung nicht eintreten. (...) das ist so eine Gewohnheit von ihm. Bisweilen tritt er beiseite, egal wo er gerade ist- und da bleibt er einfach stehen.
175D (Agathon zu Sokrates, nachdem dieser zu Mitte des Mahls erscheint): Komme hierher, Sokrates, nimm neben mir Platz, damit ich durch die Berührung mit dir auch Gewinn von dem weisen Einfall habe, der dir in der Vorhalle gekommen ist. Denn offenbar hast du das Gesuchte gefunden und hältst es fest; vorher hättest du ja gewiss nicht abgelassen.
Sokrates wird offenbar von einem Gedanken ergriffen, so dass er in unhöflicher Weise einfach zurückbleibt. Dieser Vorgang ist auch nichts Einmaliges, vielmehr geschehe dies öfters.
Nicht eher hört er auf nachzudenken, bis er das Gesuchte gefunden hat. Festzuhalten ist also: Zusammenfassung 2: Sokrates ist ein Mensch, der öfters sehr tiefsinnig nachdenkt und dies mit einer besonderen Ausdauer und Hartnäckigkeit ohne Rücksicht auf andere Dinge (wie z.B. das bereits stattfindende Gastmahl).
III
176C (Eryximachos): Das ist ja, meine ich, ein rechter Glücksfall für uns, (...) wenn ihr, die tüchtigsten Zecher, jetzt die Waffen streckt. Wir anderen sind in dieser Beziehung ja nie Helden. Den Sokrates nehme ich allerdings dabei aus. Der ist zu beidem fähig, so dass er zufrieden sein wird, ob wir es nun so oder so halten.
Sokrates ist nicht nur ausdauernd im Nachdenken, sondern auch im Trinken. Das heißt, dass er eine große Selbstbeherrschung besitzt, die ja bei größeren Mengen Alkohol erforderlich ist. Zusammenfassung 3: Sokrates besitzt außergewöhnliche Selbstbeherrschung.
IV
193E (Eryximachos): Deine Rede hat mir ja durchaus sehr gefallen. Und wenn ich nicht w üß te, dass Sokrates und Agathon ihre Stärke im Reiche des Eros haben, so müsste ich gar sehr befürchten, sie seien in Verlegenheit wegen ihrer Reden, weil schon so vieles und dabei so Verschiedenartiges vorgetragen wurde; so aber bin ich trotzdem zuversichtlich.
Zusammenfassung 4: Sokrates kennt sich gut in Sachen Eros aus.
V
194D (Phaidros): Lieber Agathon, wenn du dem Sokrates antwortest, dann wird es ihm ganz gleichgültig sein wie das alles hier weitergeht, Hauptsache, er hat einen Dialogpartner zumal einen so schönen!
Zusammenfassung 5: Sokrates erörtert Dinge gerne. Er sucht hierfür stets einen Dialogpartner, um mit diesem zusammen die Frage zu diskutieren.
VI
198ED (Sokrates): Und da begriff ich erst, wie töricht es von mir war, dass ich euch zusagte, ich würde, wenn die Reihe an mir sei, in eurer Runde den Eros preisen, und dass ich behauptete, ein Kenner im Reiche des Eros zu sein - wo ich doch augenscheinlich nichts von der Sache verstehe, ja nicht einmal weiß, auf welche Weise manüberhaupt eine Lobrede zu halten hat. (...) Freilich hatte ich da nicht die richtige Vorstellung von einer Lobrede. Vielmehr kommt es doch wohl darauf an, an dem betreffenden Gegenstande alles nur erdenklich Großartige und Schöne zu rühmen, gleichwohl ob es zutrifft oder nicht.
An dieser Stelle beginnt Sokrates mit seiner Lobrede auf den Eros. Man erkennt anfangs die bekannte „Sokratische Ironie“: Sokrates stellt sich unwissend, obwohl doch gleich darauf sein Wissen folgt, als er alle vorigen Reden mit dem zuletzt zitierten Satz kritisiert. Dass Sokrates wissend ist, sagt er in folgendem Satz:
199AB (Sokrates): Auf diese Weise will ich nicht noch eine Lobrede mehr halten; ich könnte es auch gar nicht. Aber die Wahrheit, wenn es euch recht ist, die will ich euch sagen, auf meine Art, ...
Sokrates ist also nicht an solch einer Lobrede interessiert, die äußerlich schön ist, sondern ihm geht es um die Wahrheit. Bevor Sokrates seine Rede nun beginnt, richtet er noch einige Fragen über den Eros an Agathon. Dieses Erörtern in Dialogform ist ja wie weiter oben schon festgestellt typisch für Sokrates. Schließlich bringt Sokrates Agathon dahin, zu sagen:
201B (Agathon): Ich fürchte, Sokrates, ich verstand nichts von alldem, worüber ich vorhin sprach.
Der angeblichen Unwissenheit des Sokrates steht nun also das Eingeständniss der Unwissenheit des Vorredners gegenüber. Und Sokrates weiß sehr wohl um sein Wissen:
201D (Sokrates): Der Wahrheit kannst Du nicht widersprechen, mein lieber Agathon; indes dem Sokrates zu widersprechen wäre gar nicht schwer.
Die angeführten Textstellen belegen aber nicht, dass Sokrates stets der „allwissende“ ist, sondern vielmehr dass die anderen unwissend sind und Sokrates dies weiß und in der Lage ist, ihnen ihre Unwissenheit vor Augen zu führen.
Nachdem Sokrates den Agathon befragt hat, berichtet er den Anwesenden eine Rede über den Eros, die er von einer gewissen Diotima gehört hat.
Bis hierhin möchte ich festhalten:
Zusammenfassung 6: Sokrates stellt sich unwissend, auch wenn er die Wahrheit kennt oder zumindest weiß, dass der andere die Wahrheit nicht kennt. Er ist nicht an äußerlich schöner Rede interessiert, sondern nur an der Wahrheit.
VII
214A (Alkibiades, nachdem er ein großes Gef äß Wein geleert hat): Bei Sokrates, ihr Freunde, nützt mir diese Kunststück nichts; denn wieviel man ihm auch zumutet, soviel trinkt er aus und bekommt trotzdem nie einen Rausch!
Es wird abermal genannt, dass Sokrates viel Alkohol verträgt. Jedoch wollte Platon an dieser Stelle sicherlich nicht seine Bewunderung für Sokrates Alkoholkonsum zeigen, sondern vielmehr wieder auf Sokrates enorme Selbstbeherrschung deuten.
Zusammenfassung 7: Sokrates hat eine enorme Selbstbeherrschung.
VIII
Kurz nach dieser Stelle setzt Alkibiades mit seiner Lobrede auf den Sokrates ein. Ich werde direkt auf diese Rede eingehen, um nicht die gesamte mehrseitige Textstelle zu zitieren.
Alkibiades ist betrunken. Heißt das, man darf seinen Worten kein Gehör schenken? Im Rausch lässt man sich ja zu Worten und Taten hinreißen, die man nicht ganz so meint. Andereseits liegt im Wein ja bekanntlich Wahrheit- und das ist auch hier der Fall: Durch den vielen Wein lässt Alkibiades sich hinreißen und zwar zu seiner Lobrede auf Sokrates. Diese selbst enthält jedoch volle Wahrheit, wie Alkibiades es auch beteuert und Sokrates auffordet ihn zu unterbrechen, sollte er etwas Falsches sagen.
Alkibiades vergleicht Sokrates mit von Bildhauern geschnitzten Silenen, die auseinander- geklappt Götterbilder zeigen. Auch Sokrates habe also etwas in seinem Inneren wunderbar Verborgenes.
Weiter vergleicht er ihn mit dem Satyr Marsyas. Die Satyrn sind männliche Fruchtbarkeitsdämonen und Marsyas ist einer von ihnen, der mit einer Flöte der Göttin Athena den Gott Apollon zu einem musikalischen Wettkampf herausfordert. Marsyas unterlag und Apollon tötete den Spötter, der es wagte, sich mit den Göttern zu messen. Sokrates sei ebenfalls ein Spötter, was wohl eine Anspielung auf seine Ironie und seine angebliche Unwissendheit ist. Auch sei er wie ein Flötenspieler, denn wie jener mit dem Mund spielt, so geht auch von Sokrates‘ Mund, vielmehr von seinen Worten eine faszinierende Wirkung aus. Wunderbarer als Marsyas ist er sogar noch, weil er ja keines Instrumentes bedarf, sondern lediglich seiner selbst. Mit anderen großen Rednern lässt sich Sokrates nicht vergleichen, denn während man bei andern nur merkt, dass sie gut sprechen, so scheint man bei Sokrates innerlich geradezu erschüttert zu werden und Alkibiades beschreibt Sokrates‘ Wirkung auf ihn mit gewaltigen Worten: Das Herz springt heftiger, Tränen fließen, es sei ihm, als könne er so nicht weiter leben, vor diesem Mann allein schäme er sich. Nüchtern ausgedrückt lässt sich sagen, dass Sokrates ein unerreichtes rhetorisches Können hat.
Nun macht’s Alkibiades spannend: Er behauptet, keiner kenne das wahre Wesen des Sokrates, er aber wolle nun dieses Wesen enthüllen. Nochmals vergleicht er Sokrates mit den Silenen. Von den schönen jungen Männern sei er zwar augenscheinlich hingerissen, aber er behaupte, von alldem nichts zu verstehen. Doch innerlich berge er ein hohes Maß an Besonnenheit und er schätze die äußerliche Schönheit der jungen Männer so gering wie kein anderer. So halte es Sokrates mit seinem ganzen Leben: Er verstellt sich und ist voller Ironie.
Dann erzählt Alkibiades, wie er voller Glück meinte, Sokrates stelle seiner jugendlichen Schönheit nach. Würde er sich Sokrates hingeben würde er im Beisammensein mit ihm alles erfahren, was dieser wisse. Kurz berichtet er dazwischen, wie er sich von der Philosophie „gebissen“ fühlt, gleichsam wie einen eine Natter beißt, nur sei er mitten ins Herz oder die Seele gebissen worden. Freilich ist Sokrates nicht von irgendeiner Philosophie so sehr ergriffen worden, sondern eben von der Sokratischen Philosophie. Auch Alkibiades setzt hier in gewisser Weise „sich mit Sokrates beschäftigen“ mit „sich mit Philosophie beschäftigen“ gleich. Dann berichtet Alkibiades über seinen Umgang mit Sokrates weiter:
Doch wann immer sie für sich alleine waren, habe Sokrates nie wie ein Liebhaber zu ihm gesprochen und selbst als Sokrates bei ihm übernachtete, kam es nicht zu einer körperlichen Annäherung. Er musste erkennen, dass Sokrates nicht seiner jugendlichen Schönheit nachstellte. Während normalerweise der ältere Liebhaber dem jüngeren Geliebten nachstellt, so sei es bei Sokrates fast umgekehrt: Er wird zum Nachstellenden, zum Liebhaber und Sokrates zum Geliebten. Auch hier täusche Sokrates die Menschen: Er stelle sich als verliebt, werde aber selbst zum Geliebten. Er, Alkibiades, der sich so viel auf seine Schönheit einbildete, fühle sich entehrt und ist doch voller Bewunderung über die „mannhafte Selbstbeherrschung“ des Sokrates und preise seine Vernunft und Charakterstärke.
Alkibiades holt weiter aus und berichtet über im Krieg zusammen Erlebtes: Bei einem Feldzug waren sie Tischgenossen und Sokrates sei im Ertragen von Strapazen tapferer als kein anderer gewesen. Keiner ertrug das Hungern so wie er, keiner vermochte durchzuhalten wie er. Aber auch in vergnüglichen Stunden: Keiner war so genussfähig wie er, keiner konnte so viel trinken, ohne berauscht zu werden wie er. Kälte konnte ihm nichts anhaben. Und als die anderen sich dick anziehen, geht er barfuß durch den Schnee. Aber auch in nachdenklichen Stunden: Sokrates kann stundenlang dastehen um nachzudenken. Und nochmals die Tapferkeit im Krieg: Als er, Alkibiades, verwundet wird, rettet ihn Sokrates. Als die Feldherren Alkibiades einen Ehrenpreis geben wollen, dieser aber den Sokrates für würdiger hält, ist Sokrates eifriger als die anderen dafür, dass Alkibiades den Preis erhält. Abermals erwähnt Alkibiades den Mut des Sokrates im Krieg, als er in gefasster Haltung voranschreitet, während die anderen flüchten. Sokrates sei mit keinem anderen Menschen vergleichbar! Lediglich mit den mythischen Silenen und Satyrn lässt er sich vergleichen.
Weil er ja berauscht ist und vielleicht auch wegen seiner Bewunderung für Sokrates, wechselt Alkibiades sprunghaft von der einen Erzählung zur anderen. Nochmals preist er die Redekunst des Sokrates: Zunächst möge einem die Rede lächerlich vorkommen, weil er scheinbar stets dasselbe mit stets denselben Worten spricht, doch seien diese Reden die geistvollsten, ja sogar göttlich und vollkommen.
Nicht nur er habe Sokrates so erlebt, sondern auch viele anderen, womit Alkibiades die Wahrheit seiner Rede bestärken will. Alkibiades schließt seine Rede mit der Warnung an Agathon, dass er sich nicht täuschen lassen solle und den Sokrates für den Liebenden halten solle, weil nämlich dieser alsbald der Geliebte ist.
Kurz nach dieser Rede wird die Runde durch einen Schwarm nächtlicher Zecher gestört. Einige der Anwesenden verlassen nun die Runde, die meisten anderen schlafen ein, so auch Alkibiades. Beim Hahnenschrei erwacht er und sieht, wie Agathon, Aristophanes und Sokrates noch immer trinken und reden. Nachdem Agathon und Aristophanes dann ebenfalls einschlafen, erhebt sich Sokrates, geht ins Lykeion, badet und verbringt den Tag wie sonst: Nochmals eine Beschreibung der strengen Selbstdiziplin des Sokrates, seiner überstarken Natur.
Die Sokrates-Darstellung im gesamten Werk findet hauptsächlich in dieser Rede des Alkibiades statt. Wie ja weiter oben begründet, darf man die Rede ernst nehmen und davon ausgehen, dass hier ein genaues Bild des Sokrates gegeben wird - zumindest und freilich aus der Sicht Platons.
Zusammenfassung 8: Sokrates hat etwas in seinem Inneren wunderbar Verborgenes. Von seinen Worten geht ungeheure Kraft aus, er hat außergewöhnliche rhetorische Fähigkeiten. Seine Rede ist geistvoll, fast vollkommen. Er verstellt sich und ist voller Ironie. Wer sich mit Sokrates beschäftigt, muss sich scheinbar zwangsläufig mit der Philosophie beschäftigen. Er besitzt „mannhafte Selbsbeherrschung“ bzw. das Wissen um das rechte Maß, was das griechische Wort für Tugend (griech. arete) ebenfalls bezeichnet. Er besitzt Vernunft und Charakterstärke. Er ist außergewöhnlich tapfer im Ertragen von Strapazen. Er besitzt eine strenge Selbstdisziplin.
2.3 Wer ist ein Philosoph?
Diese Frage läßt sich natürlich nicht allein auf Grund des „Symposion“ beantworten. Es ist notwendig, Platons Gesamtwerk zu betrachten, um bestimmen zu können, was den Philosophen zum Philosophen macht. Zunächst möchte ich zwei Stellen aus dem „Symposion“ erwähnen, die etwas über den „Philosophen“ aussagen:
182E (Pausanias): Ja, die Sitte l äß t den Verliebten bei seiner Werbung sogar noch in dem Fall Billigung finden, dass er Absonderlichkeiten ins Werk setzt- was einem vom Standpunkt der Philosophie aus die gr öß te Schande einbrächte, wagte man damit einen anderen Zweck zu verfolgen als diesen.
Aus philosophischer Sicht ist es schändlich, „Absonderlichkeiten“ ins Werk zu setzten. Gemeint ist wohl, dass es eines Philosophen unwürdig ist, so sehr von einer Sache ergriffen zu sein, dass er dafür sonst was tun würde. Umgekehrt folgt, dass ein Philosoph wohl in gewisser Weise über den Dingen stehen und seine Besonnenheit bewahren sollte.
Zusammenfassung 1: Ein Philosoph ist keiner, der sich zu Absonderlichkeiten hinreißen lässt, es sei denn, es geschieht aus dem Verliebtsein heraus.
204AB (Sokrates): Aber wer, Diotima, sind denn nun die Weisheitsliebenden <die „ Philosophen “ >, fragte ich, wenn es weder die Weisen noch die Unwissenden sind? Das sieht doch schon jedes Kind sprach sie, dass es die sind, die eine Mittelstellung zwischen diesen Letztgenannten einnehmen; zu ihnen gehört wohl auch Eros.
Ein Philosoph ist also jemand, der weder als weise noch als unwissend gilt, sondern zwischen diesen beiden Bezeichnungen steht. Wie sieht das aus, wenn jemand so eine Mittelstellung einnimmt? Meiner Meinung nach bedeutet es genau das, was Platon den Sokrates in der „Apologie“ sagen läßt: „Ich aber, wie ich eben nicht weiß, so meine ich es auch nicht. Ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen.“ (Apologie 21d). Der Philosoph ist weise, weil er sein Unwissen erkennt. Paradoxerweise ist er also nicht gänzlich weise, weil er unwissend ist, er ist aber auch nicht gänzlich unwissend, weil er ja im Gegensatz zu den anderen seine Unwissenheit erkennt und so doch wieder als weise bezeichnet werden kann. Indem man sagt, dass der Philosoph eine Mittlerstellung einnimmt, wird dieser Widerspruch aufgelöst.
Zusammenfassung 2: Ein Philosoph ist einer, der seine Unwissenheit erkennt.
Nun zu anderen Werken Platons und den darin enthaltenen Äußerungen über den Philosophen:
Phaidros 276e4-277a4: „ So ist es, mein lieber Phaidros. Noch viel schöner aber, glaub ich, ist das ernsthafte Bemühen um diese Dinge, wenn einer nach den Regeln der dialektische Kunst, sobald er auch eine geeignete Seele trifft, zusammen mit Verständnis Worte in sie pflanzt und sät, die die Fähigkeit haben, sich selbst und ihrem Autor zu helfen, und die nicht fruchtlos bleiben, sondern Samen tragen, aus dem dann in anderen Köpfen wieder andere Worte erwachsen und so imstande sind, diesem immer neuen Prozess ewige Dauer zu verleihen, und die den, der daran teilhat, glücklich sein lassen, soweit das für einen Menschen möglich. “
Phaidros 278 cd: „ Wenn einer von ihnen, als er seine Texte verfasste, die Wahrheit kannte, auch die Fähigkeit hatte, seinem Werk zu helfen, indem erüber das, was er geschrieben hat, Rechenschaft ablegt, und imstande war, mit eigenen Worten zu zeigen, dass das Geschriebene nicht viel wert ist, dann soll ein solcher Mann seine Bezeichnung nicht etwa nach jenen Werken erhalten, sondern nach den Erörterungen, bei denen es ihm ernst gewesen ist.-
Welche Bezeichnungen also hast du für ihn? - Weise, Phaidros, scheint mir als Bezeichnung zu großzu sein und allein Gott zuzukommen. Doch Liebhaber der Weisheit [= “ philo-sophos “ ] oder etwas dergleichen dürfte eher für ihn passen und auch angemessener klingen. “
Diese Textstellen sind nicht so leicht ohne den Zusammenhang zu verstehen. Es handelt sich um einen Dialog zwischen Sokrates und Phaidros über den Eros. Dabei geht es aber auch um die Redekunst.
In der ersten Textstelle geht es direkt um den Dialog: Dieser ist offenbar dann geglückt, wenn er für beide hilfreich ist und darüber hinaus auch andere Menschen erreicht, so dass dieser Prozess stets auf´s Neue abläuft und dass die, die erreicht werden glücklich werden. In der zweiten angegebenen Textstelle besteht die Frage, wie ein Autor, der beispielsweise Gedichte schreibt, von einem anderen Autor, der beispielsweise Gesetze erlässt, abgegrenzt wird. Dies ist Sokrates aber gar nicht so wichtig, denn viel wichtiger ist es, zu betrachten, mit welcher Einstellung ein Autor schreibt. Das Geschriebene sei nicht so viel wert wie das Mündliche, denn nur im Dialog kann man auch nachfragen, während man bei einem Buch nicht den Autor vor sich hat und ihn nicht fragen kann. Ein Autor, der sich dessen bewusst ist und eine ernsthafte Verwendung der Sprache nur in der Mündlichkeit sieht, der ist zwar nicht weise, denn dies komme allein Gott zu, aber doch einer, der die Weisheit liebt, nämlich ein Philosoph. Wohl auch um etwas von dieser Lebendigkeit des mündlichen Dialogs zu bewahren, verwendet Platon meist in seinen Werken die Dialogform.
Zusammenfassung 3: Ein Philosoph liebt die Weisheit und stellt das mündliche Mitteilen über das schriftliche. Ein mündlicher Dialog aber ist dann erst geglückt, wenn er für beide hilfreich ist und auch andere Menschen erreicht.
Staat 376B: (Sokrates) „ Und, sprach ich, lernbegierig und philosophisch ist doch dasselbige? “ (Glaukon) „ -Freilich dasselbe. “
Staat 475C: „ Der Mann aber, der gerne jede Wissenschaft kosten möchte, mit Freude zum Lernen geht und nicht genug haben kann, so ein Mann, werden wir mit Recht sagen, ist der Philosoph. “
Zusammenfassung 4: : Ein Philosoph zu sein bedeutet lernbegierig zu sein. Ein Philosoph ist ein Mensch, der sehr wissbegierig ist.
Staat 484BC: „Ü ber das Wesen der Philosophen müssen wir zu einer Einigung kommen, dass sie immer die Wissenschaft lieben, die ihnen das Sein, das ewig besteht, klar macht und nicht herumirrt unter dem Druck des Werdens und Verderbens ... den Mangel an Falschheit und Irrtum, bewusst in keiner Weise eine Lüge zu akzeptieren, sondern die Lüge zu hassen und die Wahrheit zu lieben ... “
Zusammenfassung 5: Ein Philosoph liebt die Wissenschaft und die Wahrheit und lügt niemals bewusst.
Sophistes 216B: „ Ein Mann kann niemals ein Gott sein, doch kann er göttlich sein; denn alle die Philosophen nenne ich so. “
Symposion 180B: „ Denn göttlicher ist der Liebende als der Geliebte: ist in ihm doch der Gott. “
Das Wort „Philosoph“ entstammt dem Griechischen und bedeutet soviel wie „Liebhaber der Weisheit“. In diesem Sinn ist also der Philosoph ein Liebender. Und setzt man die Textstellen zueinander in Verbindung, lässt sich sagen, das ein Philosoph göttlich ist, weil in ihm ein Gott ist.
Zusammenfassung 6: Im Philosophen waltet etwas Göttliches.
Sophistes 253E: „ Das Dialektische aber wirst Du meiner Meinung nach keinem andern als dem rein und gerecht Philosophierendenübergeben. “
Zusammenfassung 7: Nur ein Philosoph beherrscht die Dialektik und umgekehrt: Wer die Dialektik wirklich beherrscht, kann nur ein Philosoph sein.
Phaedon 67D: „ Die Seele vom Körper loszulösen sind stets am meisten und nur die richtig philosophierenden bereit, und diese Aufgabe selbst ist Sache der Philosophen: Die Lösung und Trennung der Seele vom Körper. “
Es ist natürlich schwer zu sagen, was genau mit einer Trennung der Seele vom Körper gemeint ist. Im Dialog Phaedon wird aber anhand anderer Textstellen deutlich, dass mit dieser Trennung der Seele vom Körper vor allem gemeint ist, dass ein Philosoph sich nicht von seinen körperlichen Bedürfnissen beherrschen lässt. Nur wenn die Seele von den Sinnen befreit sei, sei ungetrübte Erkenntnis möglich.
Zusammenfassung 8: Ein Philosoph vollzieht eine gewisse Trennung seiner Seele von seinem Körper.
Phaedros 67E: „ In Wirklichkeit wissen nur die richtig Philosophierenden zu sterben, und das Sterben ist ihnen am wenigsten von allen Menschen ein Gegenstand der Furcht. “
Zusammenfassung 9: Ein Philosoph hat am wenigsten von allen Menschen Furcht vor dem Tod.
2.4 Sokrates als Inbegriff des Philosophen - Ergebnisse
Es wird nun eine Tabelle folgen, in der ich nochmals die gefundenen Ergebnisse zur Frage „Wer ist ein Philosoph?“ auflisten werde, um dann in einer zweiten Spalte eine Wertung vorzunehmen, inwiefern Sokrates der jeweiligen „Anforderung“ für einen Philosophen entspricht. In der zweiten Spalte verweise ich auf jeweilige relevante Ergebnisse von 2.2 zur Frage „Wer ist Sokrates?“, indem ich die entsprechende römische Ziffer angebe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Ergebnisse sind eindeutig: Es besteht fast in jedem Punkt eine deutliche Übereinstimmung zwischen den Merkmalen eines Philosophen und der Person Sokrates. So wie Platon uns Sokrates darstellt und so wie Platon einen Philosophen definiert, ist Sokrates der Inbegriff des Philosophen.
Platon war ein Schüler des Sokrates. Und so mag man sich vielleicht fragen, inwiefern Platons Bild des Philosophen durch seine Bewunderung für Sokrates geprägt war und inwiefern sozusagen das eine, nämlich die Beschreibung des Sokrates, und das andere, nämlich die Ansichten über den Philosophen, voneinander abhängig sind. War Sokrates für Platon von vornherein der Philosoph schlechthin und beruht sein Verständniss des Philosophen lediglich auf ihm? Ist es möglich, dass Platon ein eigenes Bild des Philosophen entwickelte und dass sein Lehrer Sokrates diesem zufällig voll entsprach? Natürlich hat Sokrates bedeutenden Einfluss auf Platon genommen, und so ist Platon wohl zum Teil durch die Betrachtung des Sokrates zu seiner Auffassung des Philosophen gekommen und zum Teil durch eigene Ansichten, denen die Person Sokrates sehr nahe kam. Es ist also interessant zu betrachten, inwiefern denn nach anderen Auffassungen eines „Philosophen“ Sokrates als Inbegriff desselben bezeichnet werden kann.
2.5 Sokrates als Inbegriff des Philosophen - historische Betrachtung
2.5.1 „Philosophie“ geschichtlich gesehen
Im 7. Jh. v. Chr. fand bei den Griechen eine Abwendung von den bisherigen Vorstellungen über die Beschaffenheit der Welt (den Mythen) statt, und man versuchte wissenschaftliche Erklärungen zu finden. Die Beschäftigung mit diesen Fragen nach der Welt wurde als philosophia bezeichnet, was etwa Weisheitsliebe heißt.
Wer philosophia betrieb, wurde Philosoph genannt. Als ersten Philosophen pflegt man Thales von Milet zu nennen, wohl weil er zuerst nach dem Wesen alles Seins fragte. Geschichtlich gesehen ist ein Philosoph also ein Mensch, der nach wissenschaftlichen Erklärungen für die Welt sucht. Sokrates, von dem es ja heißt, er habe die Philosophie vom Himmel geholt, führte eher eine Art Lebensphilosophie und Ethik und forschte weniger direkt nach wissenschaftlichen Erklärungen für die Welt. Geschichtlich gesehen lässt sich also nicht sagen, dass Sokrates als Inbegriff des Philosophen gilt.
2.5.2 Sokrates als Begründer der Philosophie
Nachdem das Bild des Philosophen lange Zeit etwa bei dem oben geschilderten blieb, findet sich in der Philosophiegeschichtsschreibung -vor allem bei Platon- die Ansicht, dass mit Sokrates eine neue Philosophie einsetzte, weshalb die bisherigen Philosophen als Vorsokratiker bezeichnet werden.
Sieht man Sokrates als Begründer einer neuen Philosophie und ihn als deren ersten Philosophen, so ist die Frage, ob und warum Sokrates als Inbegriff des Philosophen gilt, bereits beantwortet:
Nimmt man Sokrates als Definition für einen „Philosophen“, so lautet die Antwort auf die Frage Sokrates als Inbegriff des Philosophen? etwa so: Sokrates ist der Inbegriff des Philosophen, weil man sich auf ihn als Inbegriff des Philosophen bezieht! Man definiert sozusagen, dass der ein Philosoph ist, der wie Sokrates ist - und logischer Weise ist Sokrates dann der Inbegriff des Philosophen.
3 Schluss
Für mich ist ein Philosoph jemand, der seine persönlichen Werte und Ideale hinterfragt und begründen kann. Meine Auffassung von Philosophie bezieht sich sehr auf die sogenannte Lebensphilosophie und Ethik: Der, der weiß, warum er so handelt, wie er handelt, der, der stets nach Wahrheit sucht und der, der immer versucht „gut“ zu handeln, der ist für mich ein Philosoph.
Sokrates war sich seines Handelns wohl stets bewusst, er suchte sein Leben lang nach Erkenntnis und versuchte immer „gut“ zu handeln, selbst noch im Gefängnis, als er auf die Hinrichtung wartet und es ablehnt zu fliehen, weil es gegen das Gesetz wäre. Nach dieser Auffassung des Philosophen müsste Sokrates für mich wohl der Inbegriff des Philosophen sein. Dem ist nicht ganz so. Grund dafür ist, dass das „gut handeln“ natürlich subjektiv ist und ich beispielsweise Sokrates´ Ironie als bewusste Täuschung werte und damit als „schlechte“ Handlung.
4 Literatur
Heitsch, Ernst: Platon Werke, Übersetzung und Kommentar, Phaidros. Göttingen 1993
Kirchner, Friedrich und Michaelis, Carl: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Hamburg 1998
Perls, Hugo: Lexikon der Platonischen Begriffe. Francke Verlag Bern und München 1973
Susemiehl, Franz: Genetische Entwicklung der Platonischen Philosophie.
- Quote paper
- Jonas Besserer (Author), 2001, Sokrates als Inbegriff des Philosophen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106822
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