Weltweit leiden etwa 15 % aller Paare1 aus den verschiedensten Gründen an Kinder-losigkeit. Neben Stress und ungesunder Lebensweise ist die Sterilität von Mann oder Frau Hauptursache. Betroffene Paare wenden sich meist verzweifelt an Ärzte und Biologen, um sich, wenn möglich, mit einer künstlichen Befruchtung doch noch den Kinderwunsch erfüllen zu können. Neben diesen Paaren stehen allerdings jene, die zwar auf natürlichem Wege schwanger werden könnten, sich aber auf Grund eines sehr hohen genetischen Risikos (über 25 Prozent) genau überlegen müssen, ob sie gewillt sind, mit großer Wahrscheinlichkeit ein schwerstgeschädigtes Kind zu zeugen oder aber ein Leben lang ohne eigenen Nachwuchs zu bleiben. Genau diesen Paaren ermöglicht seit ein paar Jahren ein medizinisches Verfahren das Risiko, ein behindertes oder krankes Kind zu bekommen, enorm zu senken. Hauptaufgabe der sogenannten Präimplantations-diagnostik (PID, englisch PGD für preimplantation genetic diagnosis) ist es, nach einer künstlichen Befruchtung im Labor, bereits vor der Übertragung der befruchteten Eizelle in den Mutterleib, durch Untersuchungen festzustellen, ob der befürchtete Fehler am Embryo vorliegt oder nicht. Problematisch ist bei dieser viel versprechenden Methode, dass im Falle einer positiven Diagnose auf den Defekt der betroffene Embryo nicht übertragen, sondern verworfen, also entsorgt, wird. Dass dies zu großen medizinischen, rechtlichen und ethischen Bedenken führt, ist verständlich. Trotzdem wird die PID in 14 Ländern weltweit legal praktiziert. In Deutschland ist sie bislang unzulässig, wird aber heftig von Medizinern, Juristen, Biologen, Ethikern und Theologen diskutiert.
Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, nach einer medizinischen Erläuterung der PID den Diskussionsstand in Deutschland darzustellen.
Gliederung
A. Einleitung
B. Medizinische Aspekte
I. Geschichte der PID
II. Der medizinische Vorgang
1. Präkonzeptionsdiagnostik, Präfertilisationsdiagnostik und Spermato- zoenselektion
2. In-vitro-Fertilisation (Abbildung 1)
3. Embryobiopsie (Abbildungen 2 und 3)
4. Molekular-biologische Analyse
a) Polymerase-Kettenreaktion
b) Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (Abbildung 4)
5. Embryo-Transfer
6. Pränataldiagnostik
7. Diagnoseverfahren - Zusammenfassender Überblick (Abbildung 5)
III. Diskussion der Mediziner und Biologen
1. Die Evolution
2. Die Technik
3. Ärztliches Ethos
4. Der Embryo und die Frau
5. Medizinisches Fazit
C. Rechtliche Aspekte
I. PID im Ausland
II. PID und deutsches Recht
1. Vereinbarkeit der PID mit dem Grundgesetz
2. Strafrechtliche Widersprüche
3. Vereinbarkeit der PID mit dem Embryonenschutzgesetz (Auszug ESchG)
a) § 1 I Satz 2 - „Herbeiführung einer Schwangerschaft“
b) § 2 I - „zum Zwecke der Erhaltung des Embryo“
c) § 8 I - „Totipotenz“
d) Ergebnis
4. Rechtliche Konsequenzen
III. Rechtliches Fazit
D. Ethische Aspekte
I. Moralische Vertretbarkeit der PID
1. Potentialitätsargument
2. Missbrauch der Technik
a) Forschung
b) „Kind nach Maß“
c) Die Pharmaindustrie
II. Auswirkungen auf die Gesellschaft
1. Eugenische Tendenzen
2. Erwartungsdruck - Die Pflicht ein gesundes Kind zu bekommen
3. Diskriminierung Behinderter
III. Theologische Ansätze
IV. Theorien zur Ethik
1. Das Hedonismus-Prinzip
2. Das Utilitarismus-Prinzip
V. Ethisches Fazit
E. Stimmen der Politik
F. Diskussionsentwurf der Bundesärztekammer
I. Definition
II. Indikationsgrundlage
III. Zulassungsbedingungen
IV. Durchführungsbedingungen
G. Schlussbemerkung
H. Tabellarische Zusammenfassung aller Argumente
Literaturverzeichnis
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Link, Günter
Schleyer, Manfred
Präimplantationsdiagnostik - Nochmalsöffentlicher Diskurs
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-1654 - B-1660. (zitiert als: Öffentlicher Diskurs - Verfasser, Titel)
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Definition und Grenze der Totipotenz
in: Reproduktionsmedizin 1998, S. 41- 53. (zitiert als: Beier, Totipotenz)
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Verbesserung des Menschen - oder Vernichten bei Nichtgefallen
in: Dr. Med. Mabuse - Zeitschrift im Gesundheitswesen Nr.118 März/April 1999. (zitiert als: Emmrich, Verbesserung des Menschen)
Hepp, Hermann
Präimplantationsdiagnostik - medizinische, ethische und rechtliche Aspekte
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-1037 - B-1044.
(zitiert als: Hepp, PID)
Hoppe, Jörg-Dietrich Sewig, Karl-Friedrich
Vorwort zum Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-461 - B-463.
(zitiert als: Hoppe/Sewig, Vorwort zum Diskussionsentwurf)
Jachertz, Norbert
Am Rande der schiefen Bahn
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-447. (zitiert als: Jachertz, PID)
Kamps, Hans
Das Recht der Reproduktionsmedizin - Ein Überblick
in: MedR 1994, S. 339 - 348.
(zitiert als: Kamps, Reproduktionsmedizin)
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Ethisches Dilemma der Fortpflanzungsmedizin
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-2657 - B-2658. (zitiert als: Klinkhammer, PID)
Unterschiedliche Schutzwürdigkeit
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-2714.
(zitiert als: Klinkhammer, Schutzwürdigkeit)
Absage an jede Art eugenischer Zielsetzung
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-1275 - B-1276. (zitiert als: Klinkhammer, Absage)
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Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik
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(zitiert als: Kommission, Stellungnahme)
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Präimplantationsdiagnostik im Spannungsfeld von Recht und Ethik
in: Der Gynäkologe 1998, S. 369 - 372.
(zitiert als: Küpker/Diedrich, PID)
Ludwig, Michael
Diedrich, Klaus
Die Präimplantationsdiagnostik - Eine neue diagnostische Methode im Rahmen der assistierten Reproduktion
in: Der Gynäkologe 1998, S. 353 - 359. (zitiert als: Ludwig/Diedrich, PID)
Chance oder Fehler - Präimplantationsdiagnostik in Deutschland
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(zitiert als: Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland)
Ludwig, Michael
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in: Der Frauenarzt 1999, S. 753 - 756.
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Zunehmendes Lebensrecht
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Die Präimplantationsdiagnostik im Spiegel der Ethik
in: Reproduktionsmedizin 1999, S. 336 - 342. (zitiert als: Netzer, PID)
Ratzel, Rudolf
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Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik. Nach Abschnitt D, IV Nr. 14 Satz 2 (Muster-) Berufsordnung -Änderungsbedarf?
in: Der Gynäkologe 1999, S. 364 - 368.
(zitiert als: Ratzel/Heinemann, Zulässigkeit der PID)
Ratzel, Rudolf
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Rechtliche Aspekte der Reproduktionsmedizin
in: Reproduktionsmedizin 1999, S. 428 - 434.
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Riedel, Ulrike
Plädoyer für eine unvoreingenommene, offene Debatte
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-514 - B-515.
(zitiert als: Riedel, Plädoyer)
Rieser, Sabine
Präimplantationsdiagnostik - Auftakt desöffentlichen Diskurs
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-445 - B-446. (zitiert als: Rieser, PID)
Schwinger, Eberhard
Präimplantationsdiagnostik aus humangenetischer Sicht
in: Der Gynäkologe 1998, S. 360 - 363.
(zitiert als: Schwinger, PID)
Winter, Stefan F.
Fortpflanzungsmedizin und Ethik - eine gesundheitspolitische Bestandsaufnahme
in: Reproduktionsmedizin 2000, S. 140 - 146.
(zitiert als: Winter, Bestandsaufnahme)
Zimmermann, Mirjam
Zimmermann, Ruben
Gibt es das Recht auf ein gesundes Kind?
in: Deutsches Ärzteblatt 2000, S. B-2931 - B-2933. (zitiert als: Zimmermann, PID)
Glossar
Antizipation - Bildung einer Vorstellung vor der eigentlichen Erfahrung.
assistierte Reproduktion/Fertilisation: Zusatzmaßnahmen zur IVF, um ein Eindringen des Spermiums zu erleichtern, oder die Spermien direkt in das Oolemma der Eizelle zu injizieren.
Biopsie - Untersuchung von Gewebe, das dem lebenden Organismus entnommen ist.
Blastomer - durch Furchung des Eies entstehende Furchungszellen.
Embryo-Transfer (ET) - Übertragung des Embryos in den Mutterleib zur Einnistung.
Eugenik - Erbgesundheitslehre, Rassenhygiene, Verhütung von Erbschädigungen und Bekämpfung der Weiterverbreitung von Erbkrankheiten.
extrakorporal - außerhalb des Organismus. Fertilisation - Befruchtung.
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) - Diagnosemethode der PID, bei der die Chromosomen des Genmaterials mit Hilfe von Farbstoffen sichtbar gemacht werden.
Genom - einfacher haploider Chromosomensatz einer Zelle.
Hedonismus - Lehre, nach welcher das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinnenlust und Genuss ist.
in vitro - im Reagenzglas.
in vivo - am lebenden Organismus durchgeführt.
Kontaminierung - Verschmutzung, Verseuchung, Verunreinigung.
Kryokonservierung - Einfrierung und Lagerung von Teilen des Organismus.
Nidation - Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutterschleimhaut.
Oolemma - die Eizelle umhüllende Zellmembran.
partial zona dissection (PZD) - Methode der künstlichen Befruchtung
Polymerase-Kettenreaktion (PCR) - Diagnosemethode der PID, bei der der fragliche
polymerase chain reaction Genabschnitt tausendfach kopiert wird und damit
darstellbar ist.
post contraceptionem (p.c.) - nach der Befruchtung.
Potentialität - Möglichkeit eines Embryo, sich zu einer Persönlichkeit zu entwickeln und daraus entsprechende Rechte abzuleiten.
Präfertilisationsdiagnostik - Untersuchungsverfahren vor der Befruchtung. Präkonzeptionsdiagnostik - Untersuchungsverfahren vor der Empfängnis.
Präimplantationsdiagnostik (PID) - genetische Untersuchung an der unbefruchteten
preimplantation genetic diagnosis oder an der befruchteten Eizelle sowie am frühen
Embryo vor der Einnistung.
Pränataldiagnostik (PND) - Untersuchung zur Früherkennung von Entwicklungs- störungen und Gendefekten eines ungeborenen Kindes im Mutterleib.
Intracytoplasmatische Spermiuminjektion (ICSI) - Hineinbringen einer einzelnen Samenzelle in das Oolemma der
Eizelle mit Hilfe einer dünnen Injektionspipette.
Spermatozoenselektion - Auswahl von Spermien anhand von bestimmten Kriterien. Subzonale Spermiuminjektion (SUZI) - Methode der künstlichen Befruchtung.
subzonal insemination
Totipotenz - Erscheinung, dass eine Eizelle über sämtliche, dem Gesamtorganismus zukommende Entwicklungsmöglichkeiten verfügt.
Transfer - Übertragung des Embryo in den Mutterleib zur Einnistung.
Utilitarismus - Lehre, die im Nützlichen die Grundlage des sittlichen Verhaltens sieht. zona pellucida - Eihülle.
8-Zell-Stadium - Status des Embryo nach der 3. Reifeteilung (ca. am 3. Tag p.c.).
A. Einleitung
Weltweit leiden etwa 15 % aller Paare1 aus den verschiedensten Gründen an Kinder-losigkeit. Neben Stress und ungesunder Lebensweise ist die Sterilität von Mann oder Frau Hauptursache. Betroffene Paare wenden sich meist verzweifelt an Ärzte und Biologen, um sich, wenn möglich, mit einer künstlichen Befruchtung doch noch den Kinderwunsch erfüllen zu können. Neben diesen Paaren stehen allerdings jene, die zwar auf natürlichem Wege schwanger werden könnten, sich aber auf Grund eines sehr hohen genetischen Risikos (über 25 Prozent2 ) genau überlegen müssen, ob sie gewillt sind, mit großer Wahrscheinlichkeit ein schwerstgeschädigtes Kind zu zeugen oder aber ein Leben lang ohne eigenen Nachwuchs zu bleiben. Genau diesen Paaren ermöglicht seit ein paar Jahren ein medizinisches Verfahren das Risiko, ein behindertes oder krankes Kind zu bekommen, enorm zu senken. Hauptaufgabe der sogenannten Präimplantations-diagnostik (PID, englisch PGD für preimplantation genetic diagnosis) ist es, nach einer künstlichen Befruchtung im Labor, bereits vor der Übertragung der befruchteten Eizelle in den Mutterleib, durch Untersuchungen festzustellen, ob der befürchtete Fehler am Embryo vorliegt oder nicht.3 Problematisch ist bei dieser viel versprechenden Methode, dass im Falle einer positiven Diagnose auf den Defekt der betroffene Embryo nicht übertragen, sondern verworfen, also entsorgt, wird. Dass dies zu großen medizinischen, rechtlichen und ethischen Bedenken führt, ist verständlich. Trotzdem wird die PID in 14 Ländern weltweit legal praktiziert. In Deutschland ist sie bislang unzulässig, wird aber heftig von Medizinern, Juristen, Biologen, Ethikern und Theologen diskutiert.
Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, nach einer medizinischen Erläuterung der PID den Diskussionsstand in Deutschland darzustellen.
B. Medizinische Aspekte
I. Geschichte der PID
Bereits 1965 hatte Edwards, einer der Väter der In-vitro-Fertilisation (IVF), die Idee, durch eine Geschlechtsbestimmung an Embryonen X-chromosomal gebundene Erkrankungen diagnostizieren zu können.4 Das erste Retortenbaby, welches durch eine IVF gezeugt wurde, kam allerdings erst am 25. Juli 1978 zur Welt.5 Der Name des heute 22 jährigen englischen Mädchens ist Louise Joy Brown.6 Bis zur erstmalig erfolgreich durchgeführten Präimplantationsdiagnostik vergingen allerdings weitere 12 Jahre. Erst 1990 berichtete Handyside von der erfolgreichen klinischen Anwendung.7 Drei Jahre später wurde das weltweit erste Kind nach einer PID geboren.8 Heute ist die Technik ausgereifter denn je. Von 1993 bis Mai 2000 wurden insgesamt 162 Kinder9 geboren, die zuvor als Embryo außerhalb des Mutterleibes einer PID unterzogen wurden. Nach Experteneinschätzung könnte die PID in Deutschland jährlich für etwa 50 bis 100 Paare in Frage kommen10, wenn sie zulässig wäre.
II. Der medizinische Vorgang
1. Präkonzeptionsdiagnostik, Präfertilisationsdiagnostik und Spermatozoen- selektion
Um überhaupt eine Diagnostik vornehmen zu können, müssen der Frau reife, eventuell durch hormonelle Unterstützung gewonnene, Eizellen entnommen werden. Danach kann durch eine Entnahme von Zellen und deren Untersuchung (Polkörperbiopsie) bereits an den unbefruchteten Eizellen eine Auswahl getroffen werden. Stellt man hier Defekte fest, so wird die Eizelle verworfen. Nachteil dieser sogenannten Präkonzeptions- oder Präfertilisationsdiagnostik ist, dass nur die mütterlichen Genome beurteilt werden können11 und durch den Vater dominant vererbte Erkrankungen unberücksichtigt bleiben12.
Weiterhin ist es auch möglich, durch eine Spermatozoenselektion13 Samenzellen so auszuwählen, dass ein Kind garantiert weiblichen oder männlichen Geschlechts wird, da eine Samenzelle entweder Träger des geschlechtsbestimmenden X- oder Y-Chromosomen ist. Wichtig ist diese Methode vor allem dann, wenn es darum geht, Erbkrankheiten zu verhindern, die an die Geschlechtschromosomen gebunden sind (z.B. Hämophilie, Muskeldystrophie).14
2. In-vitro-Fertilisation
Die In-vitro-Fertilisation (IVF) ist heutzutage das Standardverfahren zur künstlichen Befruchtung. Nachdem geeignete Ei- und eventuell Samenzellen selektiert wurden, kommt es zur extrakorporalen Befruchtung im Reagenzglas (in vitro). Nach § 1 I Nr. 3 Embryonenschutzgesetz (ESchG) dürfen pro Frau „nur“ bis zu 3 Eizellen innerhalb eines Zyklus extrakorporal befruchtet werden. Zudem liegt die Altergrenze der betroffenen Frauen bei 43 Jahren, da sie älter kaum noch eine Chance auf eine gesunde Schwangerschaft hätten. Die durchschnittliche IVF-Patientin ist 33 Jahre alt.15 Bei einer herkömmlichen IVF wird eine von der äußeren Zellschicht befreite Eizelle mit ca. 100.000 Samenzellen in eine Petrischale getan und alles nimmt seinen „natürlichen“ Lauf.16 Bei der speziellen Methode der Spermiuminjektion (ICSI), die seit 1992 angewendet wird17, injiziert man mit Hilfe einer Mikropipette direkt in die Eizelle eine einzige Samenzelle.18 Vorteil dieser Methode ist, dass zum Beispiel auch Männer mit stark eingeschränkter Zeugungsfähigkeit, der sogenannten männlichen Subfertilität oder Sterilität, Vater werden können. Außerdem ist die Kontaminationsrate sehr viel geringer, da das Zellmaterial weitgehend nicht mit Fremdzellen in Berührung kommt.19 Allerdings kann durch ICSI die Unfruchtbarkeit des Mannes an den Sohn weitervererbt werden.20 Zwei weitere Methoden der künstlichen Befruchtung sind seit 1990 die PZD (partial zona dissection) und die SUZI (subzonal insemination). Bei der PZD wird die Eihülle für das Eindringen der Spermien chemisch oder mechanisch durchlässiger gemacht und bei SUZI werden mehrere Spermien in die Eizelle injiziert.21 Da sich beide Praktiken kaum bewährt haben, werden sie heute nicht mehr oft angewandt.22
Abbildung 1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fertilisationsmethoden23
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass eine IVF nur dann von der Krankenkasse übernommen wird, wenn es sich um ein verheiratetes Paar handelt, also die Eizellen von der Frau und die Samenzellen von ihrem Mann stammen (sogenannte homologe IVF). Selbst hier wurden den Paaren vom BGH aber nur 3 einstands-pflichtige Versuche bewilligt.24 Anders bei unverheirateten Paaren (quasi-homologe IVF) und in den Fällen, wo nicht der Samen des eigenen Mannes, sondern nur Spendersamen in Frage kommt (heterologe IVF). Hier werden die Kosten für eine normale IVF-Behandlung in Höhe von ca. 4.000 - 6.000 DM pro Zyklus und eine IVF mit ICSI in Höhe von ca. 8.000 DM25 nicht von den Kassen getragen. Grund dafür ist, dass der BGH nur bei Ehepaaren eine IVF als medizinisch notwendige Heilbehandlung qualifiziert und anerkannt hat.26
3. Embryobiopsie
Am dritten Tag nach der künstlichen Befruchtung (p.c.) befindet sich der Embryo im 8-Zell- Stadium. Nachdem dieses durchlaufen ist, findet die sogenannte Embryobiopsie statt. Dieser Zeitpunkt wurde deshalb gewählt, weil die einzelnen Zellen des Embryo dann nicht mehr totipotent, sondern pluripotent sind, das heißt, es kann sich nicht mehr aus jeder Zelle ein Individuum entwickeln27. Blastomeren (Zellen) im 2- und 4-Zell-Stadium gelten unbestritten weltweit in der Embryologie als totipotent und sind durch das Embryonenschutzgesetz (§ 8 I) „unantastbar“.28
Bei der Biopsie wird dem Embryo entweder mit einer Biopsiepipette eine Blastomere abgesaugt (Abb. 2) oder aber durch leichte Druckausübung herausgepresst (Abb. 3).
◄ Abbildung 2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: ► Biopsie durch Druckausübung29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach medizinischer Auffassung kommt es bei ordnungsgemäßer Ausführung dieser Methoden nicht zu einer Schädigung des Embryo. Er verliert lediglich ein oder zwei Zellen, die in seiner weiteren Entwicklung problemlos wieder ausgeglichen werden.30
4. Molekular-biologische Analyse
Nachdem nun die Zelle(n) aus dem Embryo gewonnen wurde(n), wird die eigentliche Diagnostik auf die befürchtete Erbkrankheit durchgeführt. Problematisch ist hier besonders, dass dem Biologen nur eine sehr kleine Zelle zur Verfügung steht, deren Handhabung äußerst kompliziert ist. Ein Verlust der Zelle wäre fatal, denn dem Embryo könnte ohne eine Schädigung keine weitere entnommen werden.31 Im Wesentlichen stehen zur Diagnose heute zwei molekular-biologische Methoden zur Verfügung:
a) Polymerase-Kettenreaktion
Bei der sogenannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR, englisch für polymerase chain reaction) wird der in Frage stehende Genabschnitt so oft kopiert, bis er sichtbar dargestellt werden kann.32
http://www-ufk.med.uni-rostock.de/vorlesungen/reproduktionsmedizin/sld034.htm (13.05.2001).
PCR bietet somit heute den Schwerpunkt bei der Diagnose von spezifischen Gendefekten.33 Der diagnostizierende Biologe muss hierbei besonders darauf achten, dass die zu untersuchende Zelle nicht durch fremdes Genmaterial verunreinigt wird, da sonst eine falsche Diagnose die Folge ist. In der Regel ist die PCR nach circa 6 Stunden beendet und das Ergebnis der Untersuchung steht fest.34
b) Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
Das zweite Verfahren ist die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Hierbei wird nicht nur ein Genabschnitt, sondern ein ganzes Chromosom sichtbar gemacht. Dies geschieht mit Hilfe von farblichen Markierungen. Besonders bei der Vorhersage des Geschlechts hat sich FISH daher bewährt. Da diese Methode eine Vorhersagesicherheit von 99% aufweist, wird sie mit der PCR kombiniert. Weiterer Vorteil der FISH ist die relativ kleine Kontaminierungsgefahr und die sehr kurze Diagnosezeit (circa 2 Stunden).35
Abbildung 4 ►
mit Hilfe von FISH sichtbar gemachte Chromosomen (hier #1, #22, X und Y)36
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5. Embryo-Transfer
Wurde durch diese Methoden an der untersuchten Zelle der Gendefekt entdeckt, so scheidet der Restembryo aus dem Programm aus und wird verworfen. Konnte der Defekt nicht festgestellt werden, so wird der Embryo transferiert. Auf Grund des deutschen Verbots der Leihmutterschaft (§ 1 I 2 ESchG) ist dies nur bei der Eispenderin möglich. Pro Frau werden statistisch gesehen 74 Eizellen befruchtet, 7 davon aber letztendlich nur übertragen.37 Die Schwangerschaftsrate nach einem Embryo-Transfer (ET) liegt bei ungefähr 28 %, wobei nochmals 3 % der übertragenen Embryonen oder Föten bei einer Fehlgeburt abgehen. Letztendlich sind also ¼ der Übertragungen in den Mutterleib erfolgreich38 (sogenannte „baby-take-home“-Rate).
6. Pränataldiagnostik
Um das Ergebnis der PID abzusichern, wird nochmals eine Diagnostik am Embryo im Mutterleib vorgenommen. Hierzu dienen Verfahren wie die Amniozentese39, die Chorionzottenbiopsie40, der
Triple Test41 oder die Nabelschnurpunktion42. Diese, auch bei herkömmlichen Schwangerschaften durchgeführte, Pränataldiagnostik (PND) kann dann leider manchmal auch zu dem Resultat führen, dass entweder die PID fehlerhaft war (unter 6% der Fälle) oder aber, dass der Embryo oder Fötus einen Defekt hat, der nicht mit dem genetischen Risiko der Eltern in Zusammenhang steht. Dann müssen die Eltern entscheiden, ob sie doch ein krankes Kind bekommen wollen, oder eine Abtreibung vornehmen lassen möchten (4 % der Fälle). Teilweise kommt es in diesem Zusammenhang auch zur Mehrlingsreduktion.
Bauchdecke mit einer Nadel Fruchtwasser entnommen und zu diagnostischen Zwecken verwendet. Eine Auswertung des entnommenen Materials kann bis zu 8 Wochen dauern. Mehr zu allen PND- Maßnahmen unter http://www.schnecken-haus.de .
7. Diagnoseverfahren - Zusammenfassender Überblick
Abbildung 5: Präkonzeptions- oder Präfertilisations-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Diskussion der Mediziner und Biologen
1. Die Evolution
Einige Wissenschaftler stellen die Frage, ob man mit PID in den Lauf der Evolution eingreifen sollte, denn Gendefekte fördern die Weiterentwicklung einer Spezies43, auch die des Menschen. Andererseits könnte man aber durch das Ausnutzen der technischen Möglichkeiten auch Fortschritte für die Menschheit erzielen44, so zum Beispiel die Ausrottung vieler Erbkrankheiten45. Deshalb darf der Eingriff in die Evolution durch PID nicht überbewertet werden, denn Erbkrankheiten stellen eben nur einen Teil aller möglichen Gendefekte dar, so dass eine bedeutsame Veränderung des Genpools der Menschheit nicht zu erwarten ist.
2. Die Technik
Kritiker der PID weisen ferner darauf hin, dass die heutige Technik zur Anwendung einer PID noch nicht ausgereift ist46 und es deshalb zu Schädigungen des Embryo und Diagnosefehlern kommen kann. Spätfolgen am geborenen Kind seien erst recht unerforscht.47 Geht man von dieser Einstellung aus, so müsste man im Prinzip alle ärztlichen Eingriffe verbieten, denn diese bergen immer ein Risiko48. Da die Falschdiagnose bei PID unter 6 % liegt49, hält dieses Argument also nicht Stand. Zudem muss man sich fragen, auf welchem Gebiet der Wissenschaften eine neue Methode jemals von Anfang an ausgereift war. Technik wird ständig weiterentwickelt, präzisiert und verbessert. Einen Stillstand in der Forschung wird es nie geben. Obendrein nehmen nur hochqualifizierte Biologen und Mediziner eine PID vor50 und es wurde bereits der wissenschaftliche Beweis erbracht, dass der Embryo den Verlust der entnommenen Zelle(n) in seiner Entwicklung problemlos ausgleichen kann51.
3. Ärztliches Ethos
Aber selbst, wenn die transferierten Embryonen bei der Prozedur keinen Schaden davon tragen: Muss man als Arzt trotzdem die Verantwortung übernehmen, vorsätzlich über Leben und Tod zu entscheiden, nur weil bestimmte Paare aus Angst vor einem kranken Kind eine PID wollen? Könnte Kinderlosigkeit nicht ein zumutbares Schicksal sein?52 Als Alternativen stehen überdies noch eine Adoption oder eine donogene Befruchtung (Samenspende) zur Auswahl.53 Man muss betroffenen Paaren an dieser Stelle zugestehen, dass eine Adoption in Deutschland sehr langwierig und schwierig ist. So kommen auf jedes Neugeborene, das zur Adoption freigegeben wird, vier Elternpaare, die es aufnehmen möchten.54 Ärzte sind darüber hinaus durch ihren hippokratischen Eid dazu verpflichtet, kranken und leidenden Menschen zu helfen55. Dass genetisch belastete Paare unter ihrer Kinderlosigkeit stark psychisch leiden, braucht man nicht in Frage zu stellen56. Mediziner äußern dazu, ihre Situation, etwas technisch zu können, rechtlich aber nicht zu dürfen, sei unerträglich57. Außerdem kann ein Arzt, der aus ethischen Gründen eine PID-Behandlung nicht vornehmen möchte, auch nicht dazu gezwungen werden.
4. Der Embryo und die Frau
Eine wesentliche Diskussion unter Medizinern dreht sich um die Verwerfung der durch PID ausselektierten Embryonen. Eine Frau muss zur Herbeiführung der Schwangerschaft großen körperlichen und psychischen Belastungen standhalten58, um dann letztendlich vielleicht doch abtreiben zu müssen. Bei einer künstlichen Befruchtung besteht zusätzlich immer die erhöhte Gefahr einer Mehrlings-schwangerschaft59, die dann später vielleicht zum Wohle der Mutter auf zwei Embryonen reduziert werden muss60. Die Verwerfung und Abtreibung von Embryonen ist immer ein höchst unerwünschter Aspekt. Trotzdem ist zu bedenken, dass die Verwerfung eines Embryo nach PID die kleinere Belastung (im Gegensatz zum Abbruch) für die Frau darstellt, da es noch nicht zur spezifischen Mutter-Kind-Verbundenheit wie bei einer Schwangerschaft kommt61. Deshalb ist wohl die Verwerfung eines Embryo in vitro medizinisch vertretbarer als die Alternative der Abtreibung eines wesentlich älteren Embryo oder Fötus62. Biologisch gesehen hat ein „Embryo“63 im 8-Zell-Stadium noch gar kein Schmerzempfinden64. Nicht unwesentlich ist auch der Fakt, dass jede Frau in ihrem Leben mindestens ⅔ der Embryonen und Keimzellen unbemerkt während der Monatsblutung verliert65. Man verkürzt betroffenen Paaren mit PID die lange Wartezeit auf ein Ergebnis, welches sonst eventuell erst bei einer herkömmlichen PND diagnostiziert werden würde66. So nimmt PID den Eltern einen großen psychischen Druck ab.67 Sie stellt also aus medizinischer Sicht nur eine vorgezogene PND dar.68
5. Medizinisches Fazit
Aus rein medizinischen Aspekten lässt sich kaum ein Argument finden, welches wirklich gegen die PID spricht. PID ist, wie alle medizinischen Verfahren, mit einem Risiko verbunden und soll erblich belasteten Paaren zu einem gesunden Kind verhelfen. Sie erspart Eltern und Kind einen langen Leidensweg.
C. Rechtliche Aspekte
I. PID im Ausland
In 11 Ländern der EU69, sowie in den USA, Israel und Australien ist PID zulässig und wird praktiziert. Sollte die PID also weiterhin in Deutschland unzulässig sein, wird ein PID-Tourismus betroffener Paare ins Ausland nicht zu verhindern sein70. Trotzdem darf Deutschland bei der Überlegung, eine PID zuzulassen oder nicht, seine Entscheidung nicht von den internationalen Gegebenheiten abhängig machen, sondern muss für sich selbst entscheiden, so wie es auch alle Konsequenzen selbst tragen muss.
Deutschland hat die nach fünfjähriger Debatte 1996 verabschiedete Bioethik-Konvention des Europarates nicht ratifiziert und sich der Stimme deshalb enthalten, weil ein klares Verbot der Embryonenforschung darin fehlte. Ziel des 38 Artikel umfassenden Völkervertrags war es, der medizinischen Forschung da Grenzen zu setzen, wo die Würde und die Rechte des Menschen angetastet werden könnten.71 Die PID wurde darin allerdings nicht ausdrücklich verboten, sondern kann von den beteiligten Staaten geregelt werden. In Deutschland herrschen aber trotz allem strengere Standards, als in der Konvention gefordert.
II. PID und deutsches Recht
Bislang gibt es in Deutschland keine gesetzlichen Vorschriften, die unmittelbar die (Un- )Zulässigkeit der PID klären. Das Verbot resultiert lediglich aus der Auslegung bereits vorhandener Gesetze.
1. Vereinbarkeit der PID mit dem Grundgesetz
Hochproblematisch bei der juristischen Bewertung der PID ist der Konflikt zwischen den Rechten des Embryo und denen der Frau. Diese Probleme würden sich freilich dann nicht ergeben, wenn nur ein einziger Embryo künstlich gezeugt und dieser auch transferiert würde72. Es geht im Folgenden also um die Rechte der Embryonen, die im Zuge der PID verworfen werden würden. Durch Art. 2 II GG wird jedem, auch dem Embryo, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zugesprochen. Durch Art. 1 I GG wurde die Würde des Menschen als oberstes Gut deklariert. Mit diesen beiden Grundrechten der Embryonen kollidiert das Recht der Frau auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 I GG. Letztendlich kommt man um eine Güterabwägung also nicht herum73. Die Befürworter der PID lösen diesen Konflikt, indem sie dem Embryo zwar einen rechtlichen Schutzstatus zusprechen. Auf Grund der Tatsache aber, dass ein Embryo eben gerade „nur“ ein potentieller Mensch ist und er ohne den Mutterleib, also ohne die Frau, nie zu einem Menschen heranwachsen würde (zumindest nicht nach dem heutigen Stand der Technik), soll ihm auch nur ein abgestufter Schutzstatus zuteil werden74. Das heißt, je älter er ist, also je mehr er ein lebensfähiger Mensch wird, desto größer ist auch seine Menschenwürde und sein Lebensrecht75. Schwierig wäre hier natürlich zu beurteilen, wann dem Embryo genau welche Rechte noch nicht, beziehungsweise schon, zuteil werden.
Gegner der PID halten diese Argumente für menschenverachtend und haltlos, da das Recht der Frau auf Selbstbestimmung dort zurücktreten sollte, wo man anderes Leben retten kann76. Zum Teil wird sogar die Ansicht vertreten, dass bereits die Züchtung überzähliger Embryonen zur Verbesserung der Nidationschancen bei der IVF verfassungswidrig ist77. Wendet man dies analog auf die PID an, so würde auch diese von Verfassung wegen unzulässig sein. Widersprüchlich scheint dagegen allerdings, dass die IVF heute eine zulässige Standardmaßnahme zur Behandlung von Unfruchtbarkeit ist und durch § 1 I Satz 3 ESchG die Übertragung von bis zu 3 befruchteten Eizellen pro Zyklus legalisiert wurde. Dabei muss dem Gesetzgeber klar gewesen sein, dass sich nicht alle übertragenen Embryonen in die Gebärmutter einnisten, sie also absterben. Um die widersprüchliche Auslegung von Menschenwürde und Recht auf Leben noch deutlicher zu machen, muss man auch auf andere (deutsche) Gesetze einen Blick werfen. So erscheint zunächst die Ansicht der Gegner der PID, jedes Leben von Anfang an zu schützen, nachvollziehbar und vernünftig. Zieht man bei seiner Überlegung allerdings die Problematik Abtreibung heran, so stößt man schnell auf unübersehbare Inkonsequenzen:
2. Strafrechtliche Widersprüche
Mit der Abtreibungsregelung wurde das Recht der Frau auf Selbstbestimmung durch § 218 StGB insofern eingegrenzt, als dass eine Abtreibung nach Beratung bis zur 12. Schwangerschaftswoche zwar rechtswidrig, auf Grund der besonderen Situation der Frau aber straffrei ist. Hier tritt also gesetzlich hinter das Recht auf Selbstbestimmung das Lebensrecht des Ungeborenen zurück, wenn auch unter dem Verdikt78 der Rechtwidrigkeit.79 Bei einer medizinischen Indikation ist die Abtreibung theoretisch sogar bis zum Tag vor der eigentlichen Geburt möglich, was dann ausschließlich mit dem gesundheitlichen Wohle der Mutter gerechtfertigt wird. Das Leben des heranwachsenden Kindes ist dem Gesetzgeber damit weniger wert, als die psychische und physische Gesundheit der Frau. Der Schutz des Embryo ist also bis zur 12. Woche der Schwangerschaft nahezu aufgehoben, im Gegensatz zu den Rechten der Frau. Ein Embryo in vitro aber, der faktisch am 3. Tag seines Lebens, also in frühester Jugend, verworfen werden würde, bekäme bei einem Verbot der PID einen wesentlichen höheren Schutzstatus als der Embryo in vivo80. Dieser Wertungswiderspruch ist unübersehbar und unverständlich81. Natürlich kann man behaupten, eine gewollte Zeugung im Reagenzglas sei nicht vergleichbar mit der (ungewollten) Zeugung in vivo. Oft hört man auch das Argument, dass eine Frau, die eine PID vornehmen lässt, sich nicht in der gleichen subjektiven Zwangslage befindet, wie eine bereits Schwangere, die über eine Abtreibung nachdenkt. Mit Sicherheit liegt im Falle einer PID noch keine Schwangerschaft vor. Trotzdem aber befindet sich die Frau, beziehungsweise das betroffene Paar, sehr wohl in einer großen Konfliktsituation. Es muss sich nämlich auf Grund des erhöhten genetischen Risikos die gleiche Frage stellen, wie ein Paar nach einer Pränataldiagnostik: Ein behindertes Kind bekommen oder nicht? Zumeist haben diese Paare jahrelange traumatische Erfahrungen mit Fehlgeburten, Abtreibungen oder schwerstgeschädigten Kindern hinter sich. Man kann also den die Straffreiheit der Abtreibung begründenden Konflikt als Rechtfertigung auf die PID antizipieren.82 Anderenfalls wäre die logische Konsequenz auf Grund der Zulässigkeit der IVF, dass man zunächst eine künstliche Befruchtung vornimmt, dann eine PID veranlasst, feststellt, dass das Kind geschädigt ist, es der Frau überträgt und sie dann abtreibt83. Oder man überlässt die Familie gleich ihrem Schicksal und nimmt gar keine IVF vor mit dem Ergebnis, dass die Frau in ihrer Angst vor einem kranken Kind so lange eine Schwangerschaft auf Probe „betreiben“ würde, bis bei einer PND eindeutig ein gesundes Kind diagnostiziert wird. Man treibt die Frau so gewissermaßen in die Konfliktsituation der Schwangerschaft mit einem kranken Kind, um sie dann wieder (legal) daraus befreien zu können84.
Diese Vorgehensweise wäre absurd und nicht vertretbar85. Mit einer PID zerstört man keinen Embryo wie bei einer Abtreibung, sondern man überträgt ihn lediglich nicht. Die belastendere Abtreibung wird daher vermieden und PID kann als die frauenfreundlichere Maßnahme von beiden angesehen werden.86
Der Gesetzgeber lässt zudem nicht nur eine Abtreibung nach den oben genannten Kriterien zu, sondern er unterstützt auch nidationsverhütende Maßnahmen. So verhindern die „Pille danach“ und die Spirale nicht etwa eine Empfängnis, sondern die Nidation, also die Einpflanzung der bereits befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut. Vergleicht man dies mit der Verwerfung eines Embryo nach einer PID, fragt man sich, warum der Schutzstatus eines Embryo in vitro höher sein soll als der in vivo.
Es ist schwerlich nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber bedenkenlos nidations-verhütende Maßnahmen, In-vitro-Fertilisation und Schwangerschaftsabbrüche nach einer Pränataldiagnostik zulässt, aber eine Präimplantationsdiagnostik mit dem Argument verbieten will, dass der Embryo geschützt werden muss87.
3. Vereinbarkeit der PID mit dem Embryonenschutzgesetz
Mit dem Embryonenschutzgesetz hat der deutsche Gesetzgeber der Menschenwürde und dem Lebensschutz des Embryo Vorrang vor der Freiheit von Wissenschaft und Forschung eingeräumt.88 Im Gegensatz zur zivilrechtlichen und strafrechtlichen Regelung89 erhält im ESchG schon die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt ihrer Kernverschmelzung, sowie jede dem Embryo entnommene totipotente Zelle, Rechtsschutz. Bei der Auslegung des 1991 in Kraft getretenen nebenstrafrechtlichen Gesetzes scheiden sich aber wie üblich die Geister. Im Folgenden sollen die umstrittenen Tatbestandsmerkmale vorgestellt und die Ansichten dazu dargelegt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten90
a) § 1 I Satz 2 ESchG - „Herbeiführung einer Schwangerschaft“
Zunächst wird hinterfragt, was das eigentliche Ziel einer PID ist. Aus rechtlicher Sicht darf eine künstliche Befruchtung nur zu dem Zwecke unternommen werden, später auch eine Schwangerschaft bei der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt (rechtliche Absage an die Leihmutterschaft in Deutschland). Die Gegner der PID sind der Ansicht, dass das Hauptziel der Diagnostik die Selektion der Embryonen ist und diese deshalb, zumindest nicht ausschließlich, zum Zwecke einer Schwangerschaft gezeugt werden. Hierbei vergessen die Kritiker allerdings, dass bei der zulässigen „normalen“ IVF Embryonen, die äußerlich sichtbar defekt sind, auch nicht übertragen werden91. Zudem hängt bei jeder IVF der nachfolgende Transfer von vielen Umständen ab - zum Beispiel von der körperlichen und psychischen Befindlichkeit der Frau oder von pathologischen Veränderungen am Embryo, die eine Fehlgeburt oder eine sehr geringe Nidationschance vermuten lassen.92 Demnach ist nicht verständlich, warum man diese Embryonen zweifellos verwerfen kann, eine Suche auf „innere“ Fehler aber verboten bleiben soll.93 Zudem ist die Verwerfung der selektierten Embryonen ein höchst unerwünschter Nebeneffekt für Arzt und Eltern94. Beide wären mit Sicherheit überglücklich, wenn der erste untersuchte Embryo gesund wäre und übertragen werden könnte. Der Vorsatz des Arztes umfasst also nicht die Verwerfung von Embryonen, sondern die Herbeiführung einer sehnlich erhofften Schwangerschaft. Eine Absicht im Sinne zielgerichteten Wollens liegt also bezüglich der Verwerfung nicht vor95. Fasst man diese Darlegungen zusammen, so kann man daraus schließen, dass der Zweck einer PID die Herbeiführung einer Schwangerschaft ist und sie damit in diesem Punkt gerade nicht gegen das Embryonenschutzgesetz verstößt.
b) § 2 I ESchG - „zum Zwecke der Erhaltung des Embryo“
In die gleiche Richtung wie eben dargestellt gehen solche Argumente, dass die PID nicht dem Zwecke der Erhaltung des Embryo diene. Dies ist in soweit richtig, dass natürlich ein ausselektierter Embryo nicht übertragen wird. Aber wie bereits erwähnt, ist es bei einer IVF zulässig, aussortierte Embryonen zu verwerfen. Es wäre hier also widersprüchlich, innerhalb eines Gesetzes für zwei Verfahren, wobei das eine (PID) noch das andere (IVF) beinhaltet, zweierlei gegensätzliche Maßstäbe anzuwenden.
c) § 8 I ESchG - „Totipotenz“
Am meisten wird von Juristen das Faktum der Totipotenz ausgereizt. Fest steht, dass eine Biopsie an einem Embryo mit noch totipotenten Zellen und die Untersuchung der totipotenten Zellen selbst, eindeutig gegen das ESchG verstoßen würde, denn der Wortlaut lässt nichts anderes als diese Auslegung zu. Eine PID wird international am 3. Tag p.c. vorgenommen, weil die Chancen auf eine gelungene Übertragung des Embryo und eine erfolgreiche Einnistung in die Gebärmutter am größten sind, je jünger er ist96. Zu diesem Zeitpunkt hat der Embryo das 8-Zell-Stadium bereits überschritten. Lange Zeit wurde von Wissenschaftlern versucht durch Experimente herauszufinden97, wann Zellen nicht mehr totipotent sind, also, ab wann es sich um ein In-divi-du- um, ein Unteilbares, handelt. Noch immer ist man sich darüber nicht vollkommen einig, es wird aber weltweit herrschend ein Übergang der Totipotenz zur Pluripotenz im 8-Zell-Stadium angenommen.98 Demnach verstößt also die übliche Embryobiopsie nach dem 8-Zell-Stadium nicht gegen das Embryonenschutzgesetz.99
d) Ergebnis
Ein Verbot der PID aus dem Embryonenschutzgesetz ist folglich nicht ersichtlich, denn der Zweck einer Präimplantationsdiagnostik ist die Herbeiführung einer Schwangerschaft und sie wird an nicht-totipotenten Zellen vorgenommen.
4. Rechtliche Konsequenzen
Nicht unterschlagen werden darf der Aspekt, dass eine gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der PID weitreichende rechtliche Konsequenzen hätte. So könnten zum Beispiel Schadenersatzansprüche der Eltern gegen den Arzt oder Biologen folgen, wenn eine Falschdiagnose erstellt wurde und doch ein krankes oder behindertes Kind zur Welt kam, beziehungsweise deshalb eine Abtreibung vorgenommen werden musste100. Das gleiche gilt bei einer fehlerhaften genetischen Beratung durch den Arzt.101 Zudem wären auch Schadenersatzansprüche des Kindes gegen den Arzt oder sogar gegen die eigenen Eltern denkbar. In den USA zum Beispiel wird bereits von den Gerichten das Recht des Kindes auf körperliche und geistige Gesundheit festgelegt102.
III. Rechtliches Fazit
Will man eine PID auf Grund des Embryonenschutzgesetzes verbieten, so wäre dies höchstens nach einer Reform möglich, denn die heutige Fassung ist mit einer PID vereinbar. Auch das Grundgesetz kann man für ein Verbot nicht ausreizen, da Abtreibungen auch vom Gesetzgeber zumindest geduldet werden. Trotzdem muss, egal in welche Richtung Deutschland geht, eine klare gesetzliche Regelung in Angriff genommen werden, um jegliche Überdehnung existierender Gesetze zu verhindern und Rechtssicherheit in Deutschland zu schaffen.
D. Ethische Aspekte
Medizinisch gesehen bedeutet die Verwerfung eines Embryo lediglich das Nichtübertragen eines „Zellhaufens“. Rechtlich gesehen kann man zu dem Ergebnis kommen, dass eine PID zulässig ist. Die größte Hürde, die der Gesetzgeber zur Einführung der PID überwinden müsste, wären ethische Bedenken und Ängste. Ethik103 ist die Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und beinhaltet Normen und Maximen der Lebensführung, die sich aus der Verantwortung anderen gegenüber herleiten.104 Man muss sich also fragen, ob eine PID überhaupt vertretbar wäre, und welche Auswirkungen auf die Gesellschaft sie haben könnte.
I. Moralische Vertretbarkeit der PID
Besonders schwierig ist die moralische, also die sittliche, Bewertung der PID, da jeder Mensch von Natur aus andere Vorstellungen von Anstand und Moral hat.
Der Brennpunkt dieser Diskussion ist die Verwerfung der ausselektierten Embryonen. Darf man in Deutschland wirklich zulassen, dass man beginnendes Leben einfach wegschmeißt?
1. Potentialitätsargument
Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, dass man sich darüber im Klaren ist, wann das Leben eigentlich beginnt. Auch dazu gibt es verschiedene Modelle, die von der Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle über alle möglichen Entwicklungsstadien des Embryo beziehungsweise Fötus bis zur Geburt, und teilweise darüber hinaus sogar bis zum 2. Lebensmonat des Säuglings, reichen. Wer ein Recht auf Leben und den daraus resultierenden Schutz der Gesellschaft mit der Kernverschmelzung bejaht, der muss konsequenter Weise nicht nur gegen PID, sondern auch gegen eine Abtreibung stimmen. Für Menschen mit dieser Ansicht steht kein Leben, auch nicht dass eines 3 Tage alten „Embryo“ zur Verfügungsdisposition105. Es wird also damit argumentiert, dass ein Embryo potentiell die Möglichkeit hat, ein Mensch zu werden und er deshalb auch den gleichen Schutz eines geborenen Menschen verdient. Befürworter der PID halten dagegen, dass das Potentialitätsargument für ein Verbot nicht ausreiche. Ein potentieller Mensch sei eben gerade noch kein tatsächlicher Mensch und könne deshalb auch nicht so behandelt werden, als wäre er einer. In vielen anderen Bereichen des Lebens werden potentielle und tatsächliche Träger von Eigenschaften nicht gleichgesetzt106. So formulierte Leist 1990: „Ein potentieller Mörder kann nicht bereits hinter Gittern gehalten werden, als wäre er ein Mörder. Ein potentieller Erbe kann noch nicht über sein Vermögen verfügen.“107 Ein Embryo wird gerade dann erst ein tatsächlicher Mensch, wenn verschiedene Bedingungen und Umstände so eintreten, dass er sich entwickeln kann. Wenn man dies beachtet, dann müssten auch bereits jede unbefruchtete Eizelle und jede Samenzelle geschützt sein, denn auch sie werden durch bestimmte Umstände (Kernverschmelzung) zu einem Embryo, wären also auch potentiell Mensch.
2. Missbrauch der Technik
a) Forschung
Große Sorgen machen sich Gegner der PID darüber, dass durch die Zulassung der Technik dem Missbrauch von Embryonen zu Forschungszwecken Tür und Tor geöffnet wird. Wenn schon überzählige Embryonen, warum dann diese „einfach so“ wegwerfen, wenn man doch an ihnen forschen könnte? Hierfür gibt es allerdings bereits rechtliche Einschränkungen. So ist in § 2 Embryonenschutzgesetz die missbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen unter Strafe gestellt. In einem Entwurf eines bayrischen Gesetzes der Fortpflanzungsmedizin sollte eine straffreie Forschung an Embryonen nur mit der ausdrücklichen und fallbezogenen Zustimmung des Innenministeriums möglich sein.108 Mit harten Strafandrohungen und konsequenter gesetzlicher Regelung wird man weitgehend verhindern können, dass menschliche Embryonen für die Forschung missbraucht werden.
b) “Kind nach Maß“
Aber nicht nur ein Missbrauch durch Biologen wird befürchtet, sondern auch der durch die Eltern. So wird auf einen Fall in Schottland verwiesen, bei dem die einzige Tochter von 5 Kindern bei einem Autounfall ums Leben kam und die Eltern auf jeden Fall wieder ein Mädchen zeugen wollten109. Und irgendwann wird es technisch auch möglich sein, nicht nur das Geschlecht zu bestimmen, sondern auch die Intelligenz, die Haarfarbe, die Größe und andere Merkmale des Kindes. Der direkte Weg zum qualitätsgesicherten Kind ist sicher nicht undenkbar, doch wird ebenso wie der Missbrauch zur Forschung auch diese Begleiterscheinung durch gesetzliche Regelungen zu unterbinden sein. Insbesondere darf die Zulassung zur PID nur durch streng bestimmte Kriterien gerechtfertig sein und muss auf Paare beschränkt bleiben, für deren Nachwuchs ein hohes Risiko für eine bekannte und schwerwiegende, genetisch bedingte Erkrankung vorliegt110
c) Die Pharmaindustrie
Anzunehmen ist auch, dass die Pharmaindustrie versuchen wird, ihren Nutzen aus der PID zu schlagen. Besonders gewinnbringend wäre eine PID bei 50 - 100 Paaren jährlich nicht, deshalb werden vor allem große Konzerne versuchen, PID bewusst schön zu reden.111 Auch hier ist wieder ein öffentlicher Diskurs dieser Thematik gefragt. Zudem können Pharmakonzerne allein nicht viel ausrichten, denn strenge Zulassungskriterien für eine PID würden verhindern, dass dieses Verfahren einer breiten, unkontrollierbaren Masse zukommt.
II. Auswirkungen auf die Gesellschaft
1. Eugenische Tendenzen
Viele Menschen befürchten eine Wiederkehr der Eugenik in Deutschland, wenn die PID zugelassen werden würde112. 1968 erst wurde von der Bundesregierung das bereits von 1933 stammende „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ endgültig für unwirksam erklärt113, zuvor war ein Zuwiderhandeln lediglich frei von Strafe. Darf Deutschland, das vor nur wenigen Jahrzehnten traurige Berühmtheit auf Grund von Menschenzucht und Selektion erlangte, jetzt wieder in die gleiche Richtung tendieren? Geht man ganz pessimistisch an diese Angelegenheit heran, so würden IVF und PID zusammen Eugenik sein und man könnte über eine sogenannte „Schiefe-Ebene“ („slippery slope“) zu einem untragbaren Endzustand gelangen. Ein Schiefe-Ebene-Argument beruht immer auf der Vorstellung, dass die Etablierung einer neuen Technik, obwohl sie auf den ersten Blick harmlos und gerechtfertig erscheinen mag, unweigerlich eine schrittweise Entwicklung bis hin zum katastrophenähnlichen Resultat durchmacht.114 Man würde demnach nicht nur „unwertes“ nicht-geborenes Leben bedenkenlos verwerfen, sondern käme dazu, auch geborenes „unwertes“ Leben einfach zu vernichten. Tatsächlich verwirklicht sich eine Schiefe-Ebene aber nur mit sehr kleiner Wahrscheinlichkeit. Je mehr Schritte auf dieser Ebene eintreten müssen, um den Endzustand zu erreichen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass auch das befürchtete Resultat eintritt.115 Und gerade Deutschland könnte es sich unter den Argus-Augen der restlichen Welt nicht erlauben, in irgendeiner Weise zur Eugenik hinzutendieren. Eine Tötung behinderter Menschen wäre in Deutschland undenkbar. Zudem soll PID auch nicht ein Verfahren für die Masse sein, sondern die Anwendung wäre stark beschränkt. Problematisch ist eine Aussage darüber, was eigentlich „defekt“ im Sinne der PID bedeutet. Die Vorstellungen darüber gehen weit auseinander. Ein Indikationskatalog wird zwar weitgehend abgelehnt, trotzdem muss man sich im Klaren sein, dass durch PID nur die Geburt solcher Kinder verhindert werden sollte, die ein sehr kurzes, von Leid und Schmerz geplagtes Leben zu erwarten hätten.
2. Erwartungsdruck - die Pflicht ein gesundes Kind zu bekommen
Wenn es technisch möglich ist, gesunden Nachwuchs zu bekommen, wäre es möglich, dass in der Gesellschaft eine Art Pflicht, gesunde Kinder zu zeugen, entsteht. Eltern wird es schwer gemacht, sich für ein behindertes Kind zu entscheiden, weil dies eben hätte verhindert werden können.116 Auch hier muss man mit gesetzlichen Regelungen vorgehen. PID darf wirklich nur dann angewendet werden, wenn es sich um ein Hochrisikopaar handelt. Bleibt es bei einer Beschränkung auf 100 Paare im Jahr, wird der Wunsch in der Gesellschaft nach gesunden Kinder nicht größer werden, als er normal ist. Zudem kann man über das Leid jener Paare, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, aber ein hohes genetisches Risiko in sich tragen, nicht einfach hinwegsehen. Der Wunsch dieser Menschen nach PID ist psychologisch und biologisch verständlich.117 Anderen wird bei Unfruchtbarkeit durch IVF geholfen, warum soll man den Risikopaaren nicht mit PID helfen?
Das Paar sollte wenigstens die Wahl haben, selbst zu entscheiden, ob eine PID vertretbar und zumutbar wäre, oder nicht.118
3. Diskriminierung Behinderter
Trotz allem befürchten Behindertenverbände und Menschenrechtler eine zunehmende Diskriminierung behinderter Menschen durch die Gesellschaft. Behinderte dürfen sich nicht als vermeidbares Übel, als Schaden in der Gesellschaft, fühlen119. Dieser Grundsatz ist durch Art. 3 in der Verfassung verankert. Dass auch behinderte Menschen ein lebenswertes Leben führen können, wird kaum jemand anzweifeln. Zudem vergessen die Kritiker der PID, dass Behinderungen durch eine PID nicht allgemein ausgemerzt werden, und dass ein großer Teil der behinderten Menschen eigentlich gesund geboren wurde und erst im Laufe seines Lebens durch einen Unfall oder eine Krankheit behindert wurde.
III. Theologische Ansätze
Nach Ansicht der Theologen ist jeder Mensch ein Geschöpf Gottes und keines der Technik. Deshalb darf auch nur Gott allein über Leben oder Tod entscheiden. Der Mensch als Partner Gottes sollte mit eigener Verantwortung für sein Tun, als Forscher ebenso wie als Elternpaar, handeln.120 Gott hat den Menschen nach seinen eigenen Vorstellungen erschaffen und deshalb dürfe der Mensch mit dem Leben nicht willkürlich verfahren, als wäre es lediglich eine Sache. Und da der Mensch eben kein Zufallsprodukt sei, so existiere er nicht in absoluter Autonomie und seine Würde, ob als geborener oder ungeborener, gesunder oder kranker, behinderter oder sterbender Mensch sei unantastbar.121 Ein Leben nach Wahl wird von den christlichen Kirchen ausdrücklich abgelehnt.122
IV. Theorien zur Ethik
Auch in der Ethik gibt es verschiedene Theorien, mit denen versucht wird, den ethischen Faktor einer bestimmten Handlung zu bewerten und als positiv oder negativ einzustufen.
1. Das Hedonismus-Prinzip
Dem Hedonismus-Prinzip folgt, wer versucht, Leid zu verringern und Glück zu vergrößern. Nach Singer betrachtet der klassische Utilitarist eine Handlung als richtig, wenn sie ebenso viel oder mehr Zuwachs an Glück für alle Betroffenen produziert, als jede andere Handlung, und als falsch, wenn sie das nicht tut. Bezieht man das auf die spezielle Situation der PID, so wäre diese ethisch durchaus geboten, denn es wird das Leid der Eltern und eines behinderten Kindes verhindert und das Glück der Familie gleichzeitig dadurch vergrößert.123
2. Das Utilitarismus-Prinzip
Da man bezüglich einer PID in Deutschland aber noch nicht von Taten, sondern lediglich von Wünschen ausgehen kann, kann man noch eine andere Theorie in Betracht ziehen, nämlich den sogenannten Präferenz-Utilitarismus. Hiernach werden nicht Handlungen, sondern Präferenzen, also Wünsche und Interessen, der betroffenen Personen gegeneinander abgewogen. Demnach wird eine Handlung dadurch bewertet, inwiefern ihre zu erwartenden Folgen mit den Wünschen der betroffenen Person übereinstimmen. So kann auch hier dem Interesse der Mutter, ein nicht- behindertes Kind zu gebären, eine hohe sittliche Qualität zugesprochen werden.124
Nach beiden Theorien wäre eine PID ethisch vertretbar.
V. Ethisches Fazit
Letztendlich muss man sich eingestehen, dass sich eine ethische Anschauung je nach Ausgangspunkt der Betrachtung wandelt. Als Nichtbetroffener neigt man vielleicht dazu, eine PID als unethisch abzulehnen. Doch wie sieht es aus, wenn man plötzlich selbst Betroffener wäre? Was wäre, wenn der Kinderwunsch, der wohl in jedem von uns steckt, nicht erfüllt werden würde, und schlimmer noch, wenn man mit Fehlgeburten oder einem schwerstbehinderten Kind leben müsste? Würde man dann seine früheren Einstellungen nicht wenigstens noch einmal überdenken und eventuell zu einem anderen Ergebnis kommen?
E. Stimmen der Politik
Politiker sind sich darüber bewusst, welche große Verantwortung sie gegenüber der Gesellschaft haben, darüber zu entscheiden, ob die PID in Deutschland zugelassen wird oder nicht. Hinzu kommt noch die politische Brisanz, dass Deutschland bei Ablehnung der PID in einen Forschungsrückstand verfällt125. Aus diesem Grunde hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am 2. Mai 2001 den Nationalen Ethikrat gegründet.126 Dieser soll aus bis zu 25 Wissenschaftlern bestehen, welche im 4-Jahres-Turnus vom Kanzler einberufen werden. Der Ethikrat wird jährlich mit 4,2 Millionen D-Mark aus dem Kanzleramtsetat finanziert und soll sich am internationalen Ethikdiskurs beteiligen, sowie auf nationaler Ebene Diskurse starten und dazu selbst Stellung nehmen. Trotzdem ist er von Weisungen der Regierung unabhängig.
Was die Politiker im Einzelnen wollen, ist zwar noch unklar, aber Schröder selbst hat geäußert, was er nicht will, nämlich „den geklonten, optimierten, den gentechnisch selektierten Menschen“. Der seit einigen Jahren bestehende Ethikbeirat des Bundesgesundheitsministeriums soll aber trotz der Neugründung des Nationalen Ethikrates beibehalten werden, um dem Ministerium eine direkte Beratung bei Entscheidungen des Gesundheitsressorts zu gewährleisten.
Die Ansichten der Politiker haben sich aber schon dahin gewendet, dass die PID nicht mehr, wie noch von Ex-Gesundheitsministerin Andrea Fischer, rigoros abgelehnt wird, sondern wieder zum öffentlichen Diskurs aufgefordert wird127. Trotzdem weisen aber einige Politiker darauf hin, dass es bei einer positiven PID-Regelung auf keinen Fall Gendatenbanken geben dürfe. Diese würde dazu führen, dass ein Mensch auf Grund seines genetischen Codes in vielerlei Lebensbereichen bewertet werden könnte. So stellte man sich vor, dass jemandem der Zugang zum Arbeitsplatz nur deshalb verwehrt werden könnte, weil die Gene des Betroffenen nicht perfekt zum Wunschberuf passen.128
F. Diskussionsentwurf der Bundesärztekammer
Im Februar 2000 veröffentlichte die Bundesärztekammer (BÄK) einen Diskussions-entwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik129. Die BÄK versucht darin, allen Aspekten der PID gerecht zu werden und liefert einen Ansatz, wie die Legalisierung der PID in Deutschland aussehen könnte. Der Entwurf soll hier kurz inhaltlich vorgestellt werden:
I. Definition
Die BÄK definiert PID als Diagnostik an einem Embryo in vitro vor dem Embryonentransfer hinsichtlich Veränderungen des Erbmaterials, das zu einer Erberkrankung führt.
II. Indikationsgrundlage
Eine PID darf nur bei solchen Paaren angewendet werden, die auf Grund eines durch eine individuelle und kompetente Untersuchung festgestellten hohen genetischen Risikos für eine bekannte und schwerwiegende Krankheit erblich belastete Nachkommen zu befürchten hätten. Nur auf diese Krankheit darf die PID gerichtet sein, nicht erlaubt ist ein generelles Screening auf alle möglichen nachweisbaren Erkrankungen und das Auswählen eines „Kindes nach Maß“. Weitere Voraussetzung ist, dass neben eines erkrankten Kindes auch für die Frau eine gesundheitliche Beeinträchtigung anzunehmen oder zumindest denkbar ist. Eugenische Ziele sind kategorisch abzulehnen.
III. Zulassungsbedingungen
Der Arzt muss der Ärztekammer vor Durchführung der PID nachweisen, dass alle berufsrechtlichen Anforderungen erfüllt sind. Zudem muss der jeweiligen Landesärztekammer ein Antrag auf die PID vorgelegt werden, in welchem eine ausführliche Fallbeschreibung, die Indikation, Vorgehensweise der Durchführung und Aussage zur Vertretbarkeit aufgeführt sind. Die Kommission der Landesärztekammer muss der Durchführung der PID im Einzelfall ausdrücklich zustimmen. Ist ein Arzt nicht gewillt, eine PID vorzunehmen, so kann er dazu auch nicht gezwungen werden. Die Durchführung einer PID darf nur in solchen renomierten Einrichtungen vorgenommen werden, in denen eine IVF routinemäßig praktiziert wird. Die verantwortlichen Mitarbeiter müssen ausreichende Kenntnisse in den Bereichen Human-, Molekular- und Zytogenetik vorweisen können. Vom Reproduktionsbiologen wird zusätzlich Kenntnis auf den Gebieten der Einzelzellentnahme aus mehrzelligen Embryonen, sowie der Verarbeitung von einzelnen Blastomeren zur genetischen Diagnose verlangt.
IV. Durchführungsbedingungen
Zunächst muss das betroffene Paar über alle Aspekte und Vor- und Nachteile der PID informiert, sowie auf mögliche Alternativen hingewiesen werden. Beide Partner müssen einer PID schriftlich zustimmen. Nach der Durchführung der PID sollte ein erneutes ausführliches Beratungsgespräch folgen.
Eine PID darf nicht an totipotenten Zellen, sondern erst nach dem 8-Zell-Stadium durchgeführt werden. Zudem muss sichergestellt sein, dass keine Beeinträchtigung der Entwicklung des Embryo eintritt. Nicht transferierte Embryonen dürften nicht anderweitig verwendet werden. Außerdem soll jede PID dem Deutschen IVF-Register (DIR) mit allen Details gemeldet werden und geborene Kinder sind einem Kinderarzt vorzustellen.
G. Schlussbemerkung
Letztendlich ist zu sagen, dass beide Seiten, Befürworter und Kritiker der PID, berechtigte Argumente vorbringen. Niemand weiß, welche sozialen, medizinischen und moralischen Auswirkungen es in Deutschland hätte, wenn die PID zugelassen werden würde, auch wenn man diese Frage durch einen kritischen Blick ins PID-praktizierende Ausland schnell lösen kann. Der durch Gegner befürchtete Werteverfall, wenn er denn eintreten sollte, wäre also auch durch ein akribisches Festhalten am deutschen Verbot nicht aufzuhalten. Aus diesem Blickwinkel ist es fraglich, ob man deutsche Eltern mit ihrem Kinderwunsch wirklich allein lassen darf, wenn betroffene ausländische Paare stolz ihren (gesunden) Nachwuchs vorzeigen. Der PID-Tourismus ist dann, wenn es ihn nicht schon gibt, nicht mehr aufzuhalten. Sollte die PID also trotz aller Kritik in Deutschland legalisiert werden, so muss eine Lösung gefunden werden, die den Missbrauch der Technik zu eugenischen und anderen, der Idee nicht dienenden, Zwecken, bestmöglich verhindert.
Deshalb wären die Zulassungskriterien stark zu beschränken und die Durchführung in allen Aspekten penibel zu kontrollieren.
Sollte sich der Gesetzgeber gegen die PID in Deutschland entscheiden, so ist auch dann das Problem durchaus nicht gelöst. Es müssten Gesetze geschaffen werden, die die PID als eigenständiges Verfahren der Reproduktionsmedizin ausdrücklich verbieten. Auch eine neue Fassung des Embryonenschutzgesetzes wäre auf Grund der unübersehbaren Lücken unumgänglich. Hinzu kommt, dass sich ganz andere rechtliche Probleme ergeben würden, so zum Beispiel die Frage, ob sich ein Arzt strafbar macht, der hierzulande bei Vorbereitungen zu einer PID mitwirkt, welche dann aber zulässigerweise im Ausland vorgenommen wird.
H. Tabellarische Zusammenfassung aller Argumente
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nachtrag zur Hausarbeit „Präimplantationsdiagnostik“:
zu Punkt B II 2, Seite 4 (Kostenerstattung durch Krankenkassen):
Durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen wurde 1997 entschieden, dass die Kosten für eine In-vitro-Fertilisation mit Intracytoplasmatischer Spermiuminjektion (ICSI) nicht von den Krankenkassen erstattet werden muss. Nachdem betroffene Paare deshalb vor Gericht gingen, entschied das Bundessozialgericht in Kassel in einem Urteil vom 03.04.2001, dass dies nicht rechtens sei und verurteilte die Krankenkassen zur Kostenerstattung (Az B 1 KR 40/00).
Die Deutsche Presseagentur (dpa) dazu 130
Der Ausschuss hatte die Nicht-Bezahlung damit begründet, die Methode könne zu einer erhöhten Rate fehlgebildeter Kinder führen. Das BSG hielt dem entgegen, dass Versicherte per Gesetz Anspruch auf Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft hätten, nicht aber zur Geburt eines gesunden Kindes. Bei einer herkömmlichen und von den Kassen bezahlten Reagenzglas-Befruchtung reiche es aus, dass das Ehepaar auf das erhöhte Risiko von Komplikationen hingewiesen werde. Solange nicht belegt sei, dass die Spermieninjektion zu höheren Risiken wie eine Reagenzglas-Befruchtung führe, sei eine ungleiche Behandlung beider Methoden nicht gerechtfertigt (BSG, Az.: B
1 KR 22/00 R, B 1 KR 17/00 R, B 1 KR 40/00 R). Die Bundesrichter wiesen den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in ihrer Urteilsbegründung an, die ICSI-Methode zur Erstattung in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen. In den verhandelten drei Fällen erhielt allerdings nur eine Frau recht, die eine geplante künstliche Befruchtung mit der ICSI-Methode erstattet haben wollte. Zwei Kläger, bei denen die Methode bereits 1996 angewendet worden war, erhalten kein Geld von ihrer Kasse, da das Verfahren damals vor der Begutachtung durch den Bundesausschuss noch als neue und somit nicht erstattungspflichtige Methode galt.
Der Bundesausschuss der Ärzte wies Mitte Mai 2001 trotz der ergangenen Gerichtsurteile darauf hin, dass Krankenkassen nicht dass Recht hätten, die Kosten für eine ICSI zu übernehmen. Bei den oben genannten Entscheidungen handle es sich lediglich um Einzelfallentscheidungen. Da die Begründung der Urteile im Einzelnen noch nicht vorläge, könne der Ausschuss dazu auch noch nicht Stellung nehmen. Nach Eingang der Urteilsgründe soll aber über eine Änderung der Regelung beraten werden.131
Zusatz nach C II 3, Seite 17: „Durchführungsbedingungen“
Gemäß § 8 I ESchG ist eine Biopsie an totipotenten Zellen unter Strafe gestellt. Nach dem 8-Zell- Stadium sind Zellen allerdings nicht mehr totipotent, so dass die Strafbarkeit einer PID aus diesem Gesichtspunkt abzulehnen wäre. Von den Landesärztekammern wurden aber zusätzlich sogenannte Durchführungsbedingungen festgelegt132. Danach ist es in Brandenburg, Saarland und Bremen erlaubt, nicht totipotente zu biopsieren, in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Berlin, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen aber grundsätzlich verboten.
zu Punkt E, Seite 24 (Stimmen der Politik)
Am 18. Mai 2001 hielt Bundespräsident Johannes Rau (SPD) seine zweite „Berliner Rede“ zum Thema Genforschung und ihre Grenzen. Dabei erklärte er der PID eine klare Absage mit der
Begründung, dadurch könnten Dämme brechen und die Menschenwürde angetastet werden („Die
Würde des Menschen lässt sich mit keinem anderen Wert aufrechnen“). Trotzdem verwies Rau darauf, dass das Parlament und nicht runde Tische oder regierungsamtliche Räte die letzte Entscheidung treffen müssen.133 Die Rede fand fast durchweg positives Echo, nur einige Kritiker äußerten, Rau drücke mit seiner Rede eher Mutlosigkeit und Ratlosigkeit aus. Am 31. Mai tritt der Bundestag zum erstenmal zu einer 4-stündigen Diskussion zum Thema Genforschung und Biomedizin zusammen.134
Abbildung der Größe eines Embryo in seiner Entwicklung135
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ablauf der In-vitro-Fertilisation (IVF)136
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
zunächst muss ein Beratungsgespräch zwischen Arzt und Eltern stattfinden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
nach dreiwöchiger Hormonbehandlung werden der Frau reife, unbefruchtete Eizellen entnommen (es wird mit einer durch die Scheide eingeführten Nadel jedes gereifte Eibläschen im Eierstock angestochen
und die Follikelflüssigkeit mit der Eizelle abgesogen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
normale IVF: Samenflüssigkeit wird aus einer Pipette in eine Schale mit Nährlösung und dem unbefruchteten, reifen Ei gegeben
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Spermieninjektion (ICSI):
unter dem Mikroskop wird mit einer feinen Glaskanüle eine einzelne Samenzelle direkt in die Eizelle gebracht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Mikroskopaufnahme einer Eizelle im Stadium vor der Verschmelzung des mütterlichen und väterlichen Erbgutes (sogenannte "imprägnierte Eizelle")
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Em bryo im Vier-Zell-Stadium zwei Tage nach der Spermienzugabe in der Petrischale
jetzt werden der Patientin normalerweise zwei der im Brutschrank kultivierten Embryonen in die Gebärmutter eingesetzt (nicht bei PID)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Louise Joy Brown im Juli 1978
http://www.farmington.k12.mn.us/3ap70s/test.html
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ISCI
http://www.havingbabies.com/news/42_141_412.cfm
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- mikroskopische Abbildung einer Embryobiopsie
mehr Bilder unter:
http://www.healthlibrary.com/pgd/biopsy.htm
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
FISH -
http://www.uni-kl.de/FB-Biologie/AG-Zankl/Forsch_Fauth.htm
Referat: PRÄIMPLANTATIONSDIAGNOSTIK
Thema, an dem man in den aktuellen Nachrichten nicht vorbeikommt
Programm:
- kurze Einführung in die Thematik
- medizinische Erläuterung
- medizinische, rechtliche und ethische Aspekte
- politische Diskussion
Einführung:
- etwa jedes 6. Paar weltweit leidet unter Kinderlosigkeit ➔ Hauptursache meist Unfruchtbarkeit von Mann oder Frau
- es gibt aber auch Paare, die deshalb keine Kinder bekommen, weil sie ein erhöhtes genetisches Risiko in sich tragen und Angst haben, ein behindertes oder krankes Kind zu zeugen
- für diese Paare könnte die sogenannte Präimplantationsdiagnostik eine große Hilfe bei der Familienplanung sein
- bei der Methode wird nach einer künstlichen Befruchtung untersucht, ob der Embryo den befürchteten Defekt in sich trägt und nur „gesunde“ Embryonen übertragen
- die Verwerfung führt zu großen ethischen und rechtlichen Bedenken
- in 14 Ländern wird PID legal praktiziert, ist in Deutschland aber bislang verboten
Entwicklung der PID:
- 1965 kam EDWARDS zu der Erkenntnis, man könnte X-chomosomal-gebundene Erkrankungen durch eine Geschlechtsbestimmung diagnostizieren
- das weltweit erste Retortenbaby Louise Joy Brown kam am 25. Juli 1978 in England auf die Welt
- die erste PID wurde 1990 erfolgreich klinisch angewendet
- 3 Jahre später wurde das erste PID-Baby geboren
- insgesamt kamen von 1993 bis Mai 2000 laut der Zeitschrift „Human Reproduction“ bei 123 Geburten 162 Kinder zur Welt
- in anderen Angaben ist die Rede von 400-500 Babys, dies ist aber nicht belegt
- jährlich könnte eine PID in Deutschland für ca. 50-100 Paare in Frage kommen
Medizinische Erläuterungen:
(Folie: Diagnoseverfahren - Zusammenfassender Überblick)
- zunächst kann schon an unbefruchteten Eizellen eine Selektion durch eine Präkonzeptions- oder Präfertilisationsdiagnostik vorgenommen werden
- rechtlich keine Probleme, da es sich ja um unbefruchtete Zellen handelt
- es werden der Frau reife Eizellen entnommen und auf Defekte untersucht
- Nachteil ist, dass nur die mütterlichen Genome beurteilt werden und durch den Vater vererbte Erkrankungen nicht erkannt werden können
- man kann aber durch eine Spermatozoenselektion Samenzellen so auswählen, dass entweder ein Mädchen oder Junge geboren wird
- die Geschlechtswahl ist zwar nach § 3 ESchG verboten, wird aber dann erlaubt, wenn dadurch schwerwiegende geschlechtsgebundene Krankheiten verhindert werden
- danach findet die In-vitro-Fertilisation statt
- nach § 1 I Nr. 3 ESchG ist es erlaubt höchstens 3 Embryonen pro Zyklus zu übertragen und deshalb dürfen auch nicht mehr als 3 Eizellen befruchtet werden
- die durchschnittliche IVF-Patientin ist 33 Jahre alt, wobei die Altergrenze bei 43 Jahren liegt, weil danach Schädigungen des Kindes und gesundheitliche Folgen für die Mutter sehr wahrscheinlich sind
- es gibt verschiedene Methoden der künstlichen Befruchtung:
- normale IVF: eine Eizelle und ca. 100.000 Spermien werden in ein Reagenzglas getan und die Befruchtung findet ohne weiteres Zutun des Biologen statt
- Intracytoplasmatische Spermiuminjektion (ICSI): mit Hilfe einer Mikropipette wird eine einzelne Samenzelle in die Eizelle gespritzt
- hierbei können auch Männer mit stark eingeschränkter Zeugungsfähigkeit Vater werden, allerdings kann diese Krankheit auch an einen Sohn weitervererbt werden
- PZD (teilweise Entfernung der Eihülle): Eihülle wird durch Enzyme oder Laser durchlässiger gemacht, um zu schwachen Samenzellen das Eindringen zu erleichtern
- SUZI (subzonale Einsämung): Platzierung von Spermien zwischen Eihülle und Ei
- beide Methoden sind allerdings nicht so fruchtbar wie die anderen und werden deshalb nur selten vorgenommen
- eine normale IVF kostet rund 4.000-6000 Mark, eine IVF mit ICSI ca. 8.000 Mark
- von den Krankenkasse werden lediglich 3 Versuche der künstlichen Befruchtung bei Ehepaaren übernommen
- seit einer neuesten Entscheidung des Bundessozialgerichts in Kassel sowohl eine IVF als auch eine eventuelle ICSI, ist allerdings vom Bundesausschuss der Ärzte noch nicht anerkannt
- bei unverheirateten Paaren oder Samenspende werden Kosten nicht erstattet
- 3 Tage nach der IVF wird die sogenannte Embryobiopsie vorgenommen
- zu diesem Zeitpunkt hat der Embryo bereits das 8-Zellstadium durchlaufen und hat nach herrschender Auffassung keine totipotenten Zellen mehr
- nach § 8 I ESchG ist der Embryo selbst, sowie jede seiner totipotenten Zellen geschützt
- bei der Biopsie wird dem Embryo mittels einer Biopsiepipette eine oder zwei Blastomeren (Zellen) abgesaugt oder durch Druckausübung herausgepresst ➔ Zellen sind nicht verbunden sondern lose
- dabei trägt der Embryo bei fachkundiger Ausführung keinen Schaden davon
- nach der Biopsie werden die Zellen durch zwei Methoden auf Defekte untersucht
- Polymerase-Kettenreaktion: der in Frage stehende Genabschnitt wird in einer PCR- Maschine so oft verdoppelt, bis er sichtbar dargestellt werden kann
- PCR ist wird damit vor allem bei spezifischen Gendefekten eingesetzt
- Ergebnis der Untersuchung nach 4 - 6 Stunden
- Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung: mit Hilfe von farblichen Markierungen wird nicht nur ein Abschnitt, sondern das ganze Chromosom sichtbar gemacht
- weil FISH eine Vorhersagesicherheit von 99 % hat, wird sie meistens mit der PCR kombiniert
- nach ca. 2 Stunden ist die Diagnose erstellt
- wenn festgestellt wurde, dass die Zelle nicht den genetischen Defekt aufweist, wird der Restembryo auf die Eispenderin übertragen
- pro Frau werden laut Statistik 74 Eizellen befruchtet, letztendlich aber nur 7 transferiert
- ca. 28 % der übertragenen Embryonen nisten sich in die Gebärmutter ein, 3 % gehen später bei einer Fehlgeburt ab
- insgesamt liegt die baby-take-home-Rate also bei 25 %
- bei der schwangeren Frau wird zur Sicherheit noch eine normale Pränataldiagnostik durchgeführt
- dabei wird in 6 % der Fälle festgestellt, dass die PID fehlerhaft war
- 4 % der Elternpaare entscheiden sich zu einer Abtreibung
- teilweise kommt es zur Reduktion von Mehrlingen auf 2 Kinder bei normalen Schwangerschaften liegt das Mehrlingsrisiko bei 1-2 %, bei einer künstlichen Befruchtung bei 25 % (zweite Folie auflegen)
medizinische Bedenken:
- mit PID wird in den Lauf der Natur bzw. der Evolution eingegriffen
- Gendefekte fördern die Weiterentwicklung einer Art
- durch PID kann man aber auch Fortschritte für die Menschen erzielen
- Ausrottung von Erbkrankheiten
- PID darf im Hinblick auf Auswirkungen auf die Evolution nicht allzu sehr überbewertet werden
- Technik ist heute noch nicht ausgereift und es kann deshalb zu Schädigungen des Embryo kommen
- Spätfolgen unbekannt
- kein ärztlicher Eingriff ist ohne Risiko, Fehldiagnose mit unter 6 % recht gering
- zudem kann eine Technik auch nur durch Übung ausreifen
- nur hochspezialisierte Biologen nehmen eine PID vor, damit wird das Risiko so weit wie möglich minimiert
- es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der biopsierte Embryo den Verlust der Zelle problemlos wieder ausgleichen kann
- fraglich, ob ein Arzt, der sowieso schon berufsbedingt große Verantwortung trägt, nun auch noch vorsätzlich über Leben und Tod eines Embryo entscheiden soll
- Kinderlosigkeit ist kein unzumutbares Schicksal
- außerdem Adoption oder donogene Befruchtung (Samenspende)
- allerdings dauert eine Adoption in Deutschland sehr lange
- Eltern dürfen zusammen nur 70 Jahre alt sein
- schwierig bei PID-Paaren, da sie meist viele Jahre ohne Kinder oder mit einem geschädigten Kind, mit Fehlgeburten oder Abtreibungen verbracht haben ➔ Zeit drängt
- auf ein zur Adoption freigegebenes Neugeborene kommen 4 adoptionswillige Elternpaare
- zudem gehört der Wunsch nach eigenem Nachwuchs zu den Urinteressen der Menschheit und Kinderlosigkeit gilt in der Gesellschaft immer noch als unnormal
- außerdem sind Ärzte durch ihr Berufsgelöbnis, welches an den Eid des Hippokrates angelehnt ist, dazu verpflichtet, kranken Menschen zu helfen
- dazu gehören auch die Hochrisikopaare, welche besonders psychisch leiden
- Mediziner äußern auch, dass es unerträglich ist, zu wissen eine PID ist technisch möglich, sie gleichzeitig aber aufgrund des Verbotes aber nicht anwenden zu können
- auch unter Medizinern wird die Verwerfung der ausselektierten Embryonen diskutiert
- betrachtet man diesen Vorgang aber ganz nüchtern ohne ethische und emotionale Aspekte, so überträgt man damit lediglich einen 3 Tage alten Zellhaufen nicht
- zudem hat dieser Zellhaufen auch noch kein Schmerzempfinden, bewusste Reaktionen und Wahrnehmungen sind nicht vor der 22. Woche möglich (Abbildung aus Nachtrag)
- viele argumentieren auch damit, dass eine PID eine wesentlich kleinere körperliche und psychische Belastung vor allem für die Frau darstellt, als eine Abtreibung
- es ist noch nicht zur spezifischen Mutter-Kind-Bindung im Mutterleib gekommen und deshalb ist eine Verwerfung leichter zu verkraften als eine Abtreibung
- zudem verliert eine Frau in ihrem Leben ungefähr ⅔ aller Keimzellen und Embryonen unbemerkt während der Monatsblutung
- betroffenen Paaren wird die Wartezeit auf ein Ergebnis erspart
- PID nur vorgezogene PND (str.)
- rein medizinisch gesehen ist eine PID durchaus vertretbar
rechtliche Aspekte:
- in 11 Ländern der EU, sowie in USA, Israel, Australien PID zulässig
- da in Deutschland unzulässig, PID-Tourismus ins Ausland, wie es früher bei der Abtreibung üblich war
- die Unzulässigkeit der PID ist nicht explizit gesetzlich geregelt, sondern das Verbot resultiert aus der Auslegung vorhandener Gesetze
Grundgesetz
- Konflikt: Art 1 GG Menschwürde + Art 2 II GG Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Art 2 I Recht auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung der Persönlichkeit
- Güterabwägung nötig
- Befürworter der PID: Embryo sollte zwar von Anfang an einen rechtlichen Schutz erhalten, aber da er nur ein potentieller Mensch ist, und ohne den Leib der Frau gar nicht zum Menschen werden könnte, soll ihm ein abgestufter Schutzstatus zuteil werden:
- je älter er ist und je näher die Geburt rückt desto umfangreicher soll sein Recht werden ➔
Abgrenzungsprobleme
- Gegner halten diese Theorie für menschenverachtend und nicht vertretbar
- Frau muss da auf ihre Selbstbestimmung verzichten, wo ein anderes Leben entsteht
- diese Menschen müssen dann aber auch konsequenterweise Abtreibungen und die IVF an sich ablehnen, denn bei einer zulässigen IVF werden auch mehr Embryonen erzeugt, als später Babys ausgetragen werden
- schon hier erkennt man Widersprüche, denn es ist nicht ganz klar, warum eine IVF zulässig sein soll, PID aber verboten ➔ zumindest kann man das nicht mit dem GG begründen Strafgesetzbuch
- weitere Inkonsequenzen erkennt man, wenn man die Abtreibungsproblematik mit hinzuzieht
- es ist bis zur 12.ßW zwar rechtswidrig, aber aufgrund der besonderen Situation der Frau straffrei, abzutreiben
- Rechte der Frau verdrängen also den Anspruch des Embryo auf Leben
- bei medizinischer Indikation kann bis zur eigentlichen Geburt straffrei abgetrieben werden
- Rechtfertigung mit dem Wohl der Mutter
- bei einem Embryo, der einer PID unterzogen wird, handelt es sich allerdings um einen gerade mal 3 Tage alten Zellklumpen
(Abbildung im Nachtrag)
- der Embryo in vitro bekommt also durch diese Regelung einen wesentlich höheren Schutzstatus zugesprochen als der in vivo
- man kann sich nun überlegen, ob man die Situation einer Schwangeren, die abtreiben möchte vergleichen kann mit der Frau, die eine PID möchte
- natürlich liegt bei einer PID noch keine Schwangerschaft vor
- trotzdem befinden sich mA aber trotzdem beide in der schweren Konfliktsituation
- PID-Paare haben meist Fehlgeburten, Abtreibungen oder bereits die Geburt eines schwerstgeschädigten Kindes hinter sich
- man kann also nicht behaupten, dass diese Menschen es sich mit einer PID besonders leicht machen wollen
- meiner Meinung kann man also ebenso wie bei einer Abtreibung auch die Verwerfung von Embryonen nach einer PID mit einer Konfliktsituation rechtfertigen
- würde man dies nicht tun, so zwingt man das Paar, das auf keinen Fall ein krankes Kind möchte, praktisch solange eine Schwangerschaft auf Probe zu betreiben, bis ein gesundes Kind bei einer PND diagnostiziert wird
- man treibt die Frau also in die Konfliktsituation, um sie später wieder legal daraus befreien zu können
- „diese Vorgehensweise in Deutschland gehört auf den Müllhaufen der Medizingeschichte“ (Schuh)
- noch unverständlicher wird das Verbot der PID, wenn man bedankt, dass der Gesetzgeber nidationsverhütende Maßnahmen ohne Weiteres zulässt
- das heißt, dass zum Beispiel durch die „Pille danach“ und durch eine Spirale nicht die Befruchtung einer Eizelle verhindert wird, sondern nur die Einnistung einer bereits befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut
- nicht nachvollziehbar, dass Abtreibung, IVF und nidationsverhütende Maßnahmen gebilligt sind, aber eine PID mit dem Argument verboten werden soll, dass der Embryo geschützt werden muss
Embryonenschutzgesetz
- 1991 trat das ESchG in Kraft
- darin wird dem Lebensschutz und der Menschenwürde des Embryo vorrang vor der Freiheit der Wissenschaft und Forschung eingeräumt
- es erhält schon die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt ihrer Kernverschmelzung an Rechtsschutz
- es ist aber umstritten, ob eine PID mit dem ESchG verboten ist
- § 1 I 2 „Herbeiführung einer Schwangerschaft“
- zu welchem Zwecke werden die Embryonen gezeugt?
- Gegner sagen, sie werden erzeugt, um ausselektiert zu werden und dienen deshalb nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
- hier muss eingewendet werden, dass bei einer zulässigen IVF auch Embryonen, die äußerlich sichtbare Defekte aufweisen nicht übertragen werden und dies vom Gesetzgeber nicht beanstandet wird
- man fragt sich also, warum man dann nicht nach Gendefekten suchen darf
- zudem kann man weder Eltern noch Arzt unterstellen, dass sie Vorsatz bezüglich der Verwerfung der Embryonen haben
- dies ist sogar ein höchst unerwünschter Nebeneffekt
- der Vorsatz des Arztes umfasst nicht die Verwerfung, sondern die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau
- Absicht im Sinne zielgerichteten Wollens liegt hier nicht vor
- in diesem Punkt würde eine PID nicht gegen das ESchG verstoßen
- § 2 I „zum Zwecke der Erhaltung des Embryo“
- gleiche Argumente wie eben führen die Gegner bei diesem Tatbestandsmerkmal auf
- hier muss man wieder einen Vergleich mit der normalen IVF heranziehen
- dabei ist wie schon gesagt das Aussortieren von defekten Embryonen auch gebilligt und es wäre widersprüchlich eine PID mit dem Argument abzulehnen, was bei einer IVF in Ordnung ist
- zudem beinhaltet eine PID immer eine IVF
- § 8 I „Totipotenz“
- Biopsie an totipotenten Zellen grundsätzlich verboten
- international wird eine PID am 3. Tag nach der Befruchtung vorgenommen, um die Einnistungschancen der Embryonen zu verbessern
- nach einigen wissenschaftlichen Experimenten ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass ein Übergang von der Totipotenz zur Pluripotenz nach dem 8. Zell-Stadium vorliegt
- am 3. Tag p.c. ist dieses bereits durchlaufen und eine Biopsie zu diesem Zeitpunkt verstößt nicht gegen das ESchG
- bei meinen Recherchen bin ich aber darauf gestoßen, dass es auch sogenannte Durchführungs-bestimmungen gibt, nach denen in einigen Bundesländern Deutschlands auch eine Biopsie an nicht totipotenten Zellen verboten wäre
- regionale Auslegung des ESchG, da dies sehr schwammig ist
- Verbot aus dem ESchG nicht ersichtlich
- wäre PID zulässig, so könnten zusätzliche Schadenersatzansprüche entstehen
- denkbar wäre die Konstellation Eltern gegen Arzt, wobei der Arzt bei falscher genetischer Beratung oder einer Falschdiagnose bei der PID schlechte Karten hätte, wenn die Eltern ansonsten von der Geburt eines kranken Kindes abgesehen hätten
- 2. Möglichkeit wäre Anspruch des geschädigten Kindes gegen den Arzt oder gegen die eigenen Eltern
- im PID-Land USA wird bereits das Recht des Kindes auf körperliche und geistige Gesundheit festegelegt
- auf jeden Fall muss eine klare gesetzliche Regelung her, die die PID als eigenständiges Verfahren der Reproduktionsmedizin erfasst und entweder eindeutig zulässt oder aber verbietet
ethische Bedenken:
- Ethik ist die Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und beinhaltet Normen und Maximen der Lebensführung, die sich aus der Verantwortung anderer gegenüber herleiten
- Ethik ist meiner Ansicht nach das Größte Problem der PID, auch wenn man Ethik und Recht und Naturwissenschaft nicht völlig isoliert betrachten kann
- größtes Problem ist die ethische Bewertung der Verwerfung der ausselektierten Embryonen
- Potentialitätsargument: Gegner sagen unethisch, weil mit der Kernverschmelzung von Ei- und Samenzellen der Embryo potentiell ein Mensch ist und kein Leben eines Menschen stehe zur Verfügungsdisposition
- diese Menschen müssen dann aber auch konsequenterweise gegen alle Maßnahmen sein, die einem Embryo irgendwie schaden (IVF, Abtreibung, Pille danach, Spirale)
- Kritiker dieser Argumentation sagen: Potentialitätsargument ist nicht überzeugend, denn in vielen Lebensbereichen werden potentielle und tatsächliche Träger von Eigenschaften auch nicht gleichgestellt:
- Leist: ein potentieller Mörder darf nicht so hinter Gittern gehalten werden, als wäre er einer und ein potentieller Erbe kann noch nicht über sein Vermögen verfügen.
- Potentialität zeichnet sich gerade dadurch aus, dass bestimmt Umstände so eintreten müssen, dass aus der Fähigkeit eine Tatsache wird
- geht man davon aus, so müsste man bereits Ei- und Samenzellen schützen, da sie auch unter bestimmten Umständen (Kernverschmelzung) zu einem Menschen werden können
- Missbrauch: Biologen könnten überschüssige Embryonen zu Forschungszwecken verwenden und sich damit rechtfertigen, dass die Verwerfung damit noch einem guten
Zweck dient
- durch § 2 ESchG missbräuchliche Verwendung strafbar
- meiner Ansicht nach kann man das durch strenge gesetzliche Regelungen verhindern
- Missbrauch kann natürlich auch von Seiten der Eltern erwartet werden
- da die Genforschung immer weiter fortschreitet, wird es möglich sein, nicht nur Krankheiten zu erkennen, sondern auch Kinder nach Maß auszusuchen (Haarfarbe, Geschlecht, Größe, etc.)
- sicherlich wäre allgemein denkbar, dass Eltern in diese Richtung tendieren, PND war anfangs auch nur für sehr wenige Frauen gedacht und wird heute in 60 % aller Schwangerschaften angewendet
- aber! es wird nicht viele Frauen geben, die diese langwierige und mit Risiken verbundene Prozedur der Eizellenentnahme, IVF, PID und noch PND mitmacht, nur um ein blondes Mädchen zu bekommen
- außerdem kann man auch mit strengen Zugangsbestimmungen und zumindest einer auf schweren Krankheiten beschränkten Indikation gesetzlich entgegenwirken
- auch die Pharmaindustrie wird versuchen, mit solchen neuen Techniken Gewinn einzufahren
- dazu wird es aus deren Sicht aber nötig sein, mehr als 50-100 Paare im Jahr zu behandeln
- auch dies wird durch gesetzliche Regelungen zu unterbinden sein
- Befürchtungen zur Eugenik: Eugenik = Erbgesundheitslehre, Rassenhygiene
- Erinnerungen an die deutsche Nazi-Vergangenheit werden wach
- man befürchtet eine Wiederkehr dieser Ära auf dem Gebiet der Menschenzucht und Forschung
- man muss sich klar machen, dass erst 1968 das von 1933 stammende „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ durch die Bundesregierung entgültig für ungültig erklärt wurde
- das Gesetz musste in den 60er lediglich nicht mehr eingehalten werden
- laut dieses Gesetzes sollten sich Erbkranke, wie Schwachsinnige, Epileptiker, Schizophrene und ebenso Alkoholiker bei ihrem Arzt melden, um sich sterilisieren zu lassen
- es konnte allerdings auch der Arzt selber den Antrag dafür stellen und ich bezweifle, dass das alles so freiwillig war
- bis 1945 wurden auf Grund dieses Gesetzes 350.000 Menschen sterilisiert
- man befürchtet durch PID nun wieder eine Selektion von Leben zugunsten der gesunden Menschen
- es wird sogar soweit gegangen, dass man nicht nur die Selektion ungeborenen, sondern auch die Vernichtung geborenen Lebens für möglich hält
- dies nennt man eine Schiefe-Ebene:
- Schiefe-Ebene-Argumente wendet man dann an, wenn zunächst die Etablierung einer neuen Technik vorteilhaft und fortschrittlich erscheint, dann aber eine schrittweise Entwicklung bis zu einem untragbaren Endzustand folgen würde
- tatsächlich verwirklicht sich eine Schiefe-Ebene aber nur sehr selten
- je mehr Schritte auf dieser Ebene sind um zum Endzustand zu gelangen, desto unwahrscheinlicher ist, dass er auch erreicht wird
- gerade bei einer heiklen Angelegenheit wie Eugenik und dann auch noch in Deutschland ist das sehr unwahrscheinlich
- meiner Ansicht nach ist eine Tötung Behinderter Menschen in Deutschland undenkbar und zudem kann man auch hier mit gesetzlichen Regelungen einer Anwendung der PID durch die breite Masse entgegenwirken
- zudem könnte in Deutschland auch ein Wandel in der Gesellschaft stattfinden
- wenn es möglich ist, die Geburt eines kranken Kindes von vornherein zu verhindern, könnte es für Paare schwer fallen, sich für ein behindertes Kind zu entscheiden
- der Druck auf ein gesundes Kind könnte durch PID ansteigen
- allerdings wird, glaube ich, der Erwartungsdruck bei einer zulässigen PID nicht allgemein erhöht werden, denn PID soll ja nur für 50-100 Paare jährlich in Frage kommen
- dieses Argument überzeugt nicht zu einer negativen ethischen Bewertung der PID, vor allem, da der Wunsch betroffener Paare nach einem gesunden Kind durchaus biologisch und psychologisch verständlich ist
- Diskriminierung Behinderter: besonders Behindertenverbände und Menschenrechtler laufen Sturm gegen eine Einführung der PID in Deutschland
- in Art. 3 GG ist festegelegt, dass alle Menschen gleichbehandelt werden müssen und sich keiner benachteiligt werden dürfen
- Behinderte dürfen sich durch PID nicht als vermeidbares Übel fühlen und als Schaden in der Gesellschaft verstehen
- man darf aber auch hier nicht vergessen, dass PID nur 100 Paaren dienen soll und viele Behinderte gesund geboren wurden und erst im Laufe ihres Lebens durch einen Unfall oder eine Krankheit behindert wurden
- Theologie: auch kirchliche Vertreter äußern sich zu der Problematik
- danach ist der Mensch ein Geschöpf Gottes und darf sich in den Prozess der Schöpfung durch Gott nicht einmischen
- schon gar nicht darf man über anderes Leben verfügen, da Leben ein Geschenk Gottes ist und die Würde eines Menschen unantastbar
- man kennt von den Kirchen ja schon die konservativen Einstellungen zu Verhütung und Abtreibung
- ➔ PID mit Zustimmung der Kirche undenkbar
- Theorien, um den ethischen Wert einer Handlung einstufen zukönnen: Hedonismus-Prinzip:
SINGER: versuchen, Leid mit einer Handlung zu verhindern und in gleichem Maße Glück zu vergrößern, was mit keiner anderen Handlung besser gelingen würde, der folgt dem Hedonismus-Prinzip: PID wäre hiernach durchaus geboten, denn das Leid der Eltern und eines schwerstkranken Kindes wird verhindern und das Glück der Familie mit gesundem Kind vergrößert
- dann gibt es noch den sogenannten Präferenz-Utilitarismus:
- bei Präferenzen handelt es sich um Wünsche oder Interessen der Betroffenen
- bei dieser Ausprägung des sogenannten Utilitarismus (Lehre von der Nützlichkeit), wägt man die zu erwartenden Folgen einer Handlung mit den Wünschen der Betroffenen ab
- demnach kann dem Wunsch einer Mutter nach einem gesunden Kind ein hoher sittlicher Wert zugesprochen werden
- nach diesen beiden Theorien wäre eine PID ethisch vertretbar
- ich tendiere zur Vertretbarkeit der PID, man muss mal versuchen, sich in die Lage betroffener Eltern hineinzuversetzen
- Politik: wie ich bereits erwähnte, ist das Thema PID gerade fast täglich in den Nachrichten vertreten
- auf den Politikern lastet eine große Verantwortung, über eine Zulassung der PID in Deutschland zu entscheiden
- am 2. Mai diesen Jahres hat Bundeskanzler Schröder den Nationalen Ethikbeirat gegründet, der am nationalen Diskurs teilnehmen und Stellung nehmen soll, kostet 4,2 Millionen Mark jährlich
- die Politiker fordern zum öffentlichen Diskurs auf und stehen der PID nicht mehr vollkommen ablehnend entgegen wie noch Ex-Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer
- auf keinen Falle soll es aber Gendatenbanken geben, nach denen ein Mensch sein Leben lang in allen möglichen Bereichen bewertet werden könnte
- so befürchtete ein Politiker, dass als Reinigungskraft nur Menschen eingestellt werden, die reinigungsmittelresisente Gene besitzen
- Diskussionsentwurf der BÄK
- meiner Ansicht eine vernünftige Lösung, die alle Aspekte anspricht und Menschenleben achtet
- danach soll nur ein Paar zur PID zugelassen werden, welches gründlich genetisch beraten wurde und bei dem ein sehr hohes erbliches Risiko festgestellt wurde
- eugenische Ziele sind kategorisch abzulehnen
- der Arzt muss dann einen Antrag an die Landesärztekammer stellen, wo der individuelle Fall genau beschriebene ist
- die PID darf dann nur von sehr erfahrenen Biologen in einer renomierten Einrichtung vorgenommen werden
- es dürfen nur nicht-totipotente Zellen biopsiert werden und verworfene Embryonen dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden
- jede PID soll dem Deutschen Register für IVF gemeldet werden und jedes nach PID geborene Kind ist einem Arzt vorzustellen
FAZIT
- nach langem hin und her bin ich für PID unter den Bedingungen, dass es bei einer stark beschränken Anwendung bliebt, keine Forschung an den Embryonen betrieben wird und auch sonstiger Missbrauch verhindert wird
- egal, wie der Gesetzgeber sich entscheidet, es müssen klare gesetzliche Regelungen zur PID
her
- ESchG muss überdacht werden
- PID muss als eigenständiges Verfahren der Reproduktionsmedizin geregelt werden
- es muss auch die Frage nach den Folgen für die Ärzte geklärt werden
(weitere Abbildungen / Hefte)
[...]
1 aus „Infertil versus steril“ unter: http://www.9monate.de/Unfruchtbarkeit.html (19.04.2001).
2 Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland, S. 95.
3 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 753.
4 Hepp, PID, S. B-1037.
5 unter: http://www.farmington.k12.mn.us/3ap70s/test.html (30.04.2001).
6 Klinkhammer, Absage, S. B-1275.
7 Netzer, PID, S. 336.
8 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 755.
9 nach einer Studie der Zeitschrift „Human Reproduction“ einzusehen unter: http://www.human-life.ch/news/p_news/meld_41.htm (20.04.2001); in anderen Studien (z.B. der BÄK oder des BMG) ist die Rede von 400-500 Babys.
10 Winter, Bestandsaufnahme, S. 144; „Präimplantationsdiagnostik stößt auf Akzeptanz in der Politik“ unter: http://www.lifegen.de/news/98181834694485.shtml (20.04.2001).
11 Hepp, PID, S. B-1037.
12 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 753.
13 Küpker/Diedrich, PID, S. 370.
14 Bilder dazu unter: http://www-ufk.med.uni-rostock.de/vorlesungen/reproduktionsmedizin/sld001.htm .
15 aus: „Zeugung auf höchstem Niveau I“ unter: http://www.zdf.de/ratgeber/aktuell/monalisa/39504/index.html (20.04.01).
16 Ludwig/Diedrich, PID, S. 354.
17 aus: „IVF“ unter: http://www.gynehormonweb.de/WebSite/A-IVF/Bc-IVF.html (24.04.2001).
18 Ludwig/Diedrich, PID, S. 354.
19 Ludwig/Diedrich, PID, S. 354.
20 Öffentlicher Diskurs - Bettendorf, Menschenzucht, S. B-1658.
21 aus: „Die menschliche Fortpflanzung im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit“, S. 14 unter: http://www.tg.ethz.ch/pdf_files/OrlandREPRO.pdf (22.04.2001).
22 Ludwig/Diedrich, PID, S. 354.
23 aus: Ludwig/Diedrich, PID, S. 354.
24 BGH-Urteil vom 17.12.1986; MedR 1987, 182.
25 aus: „In-vitro-Fertilisation / Reproduktionsmedizin“ unter: http://www-ufk.med.uni-rostock.de/vorlesungen/reproduktionsmedizin/sld007.htm und
26 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 753.
27 Beier, Totipotenz, S. 48.
28 Beier, Totipotenz, S. 42.
29 beide Abbildungen aus: Ludwig/Diedrich, PID, S. 356.
30 Ludwig/Diedrich, PID, S. 356.
31 Ludwig/Diedrich, PID, S. 357.
32 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 755.
33 Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 755.
34 Ludwig/Diedrich, PID, S. 358.
35 S chwinger, PID, S. 361; Ludwig/Diedrich, PID, S. 358; Ludwig/Al Hasani/Schwinger/Diedrich, PID, S. 355.
36 aus: http://www.uni-kl.de/FB-Biologie/AG-Zankl/Forsch_Fauth.htm (22.04.2001).
37 Studienergebnisse unter: http://www.human-life.ch/news/p_news/meld_41.htm (20.04.2001).
38 nach: Ludwig/Diedrich, PID, S. 357 (Tabelle 4).
39 Wird von der 9. - 17. Schwangerschaftswoche (SSW) vorgenommen. Dabei wird durch die
40 Vornahme von der 9. - 12.ßW. Mit Hilfe einer durch die Bauchdecke der Mutter oder durch die Scheide geführte Kanüle oder eines dünnen Katheters wird eine kleine Probe des Chorionzotten- gewebes abgetragen. (Das Chorion ist genetisch fetalen Ursprungs; es bildet den kindlichen Teil des späteren Mutterkuchens.) Das Ergebnis der Untersuchung liegt meist nach wenigen Tagen vor, hat aber eine höhere Fehlerquote als bei der Amniozentese.
41 Hierbei wird von der 15. - 20.ßW Blut von der Mutter entnommen und auf ein fetales Protein untersucht (AFP).
42 Ab der 18.ßW wird unter Ultraschallsicht mit einer dünnen Kanüle die Nabelschnur punktiert und eine geringe Menge fetalen Blutes entnommen. Diese Methode wird heute allerdings selten angewandt.
43 Öffentlicher Diskurs - Klimm, Anspruchsdenken verschließen, S. B-1660.
44 Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland, S. 96.
45 Klinkhammer, PID, S. B-2657.
46 Klinkhammer, PID, S. B-2658.
47 Ratzel/Heinemann, Zulässigkeit der PID, S. 365.
48 so Keeney: „Leicht macht es sich derjenige, der die technische Innovation in ängstlicher Zurückhaltung ablehnt und sich frei von der Verantwortung für mögliche Folgen, wiegt.“ aus: Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland, S. 96.
49 Netzer, PID, S. 337.
50 Schwinger, PID, S. 361.
51 Ludwig/Diedrich, PID, S. 356.
52 so gefordert bei: Öffentlicher Diskurs - Link, Kinderlosigkeit: Zumutbares Schicksal, S. B-1658.
53 Öffentlicher Diskurs - Link, Kinderlosigkeit: Zumutbares Schicksal, S. B-1658.
54 aus: „Chancen für Adoption von Embryonen sind derzeit gering“ unter: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/04/17/070a1201.asp?cat=/medizin/sex/kuenstliche_befruchtung (01.05.2001).
55 Öffentlicher Diskurs - Günther, Alternativen, S. B-1659.
56 ein betroffenes Paar gründete die Internetseite: http://www.schnecken-haus.de .
57 so sagt Estolla Maurer (Universitätsspital Zürich): „Wir kennen eine Methode, die Leid verhindert, und wir dürfen sie nicht anwenden“ aus: http://www.tagesanzeiger.ch/archiv/98september/980925/260760.HTM (22.04.2001).
58 Netzer, PID, S. 337; http://www.tages-anzeiger.ch/archiv/98september/980925/260760.HTM (22.04.2001).
59 Netzer, PID, S. 336; bei einer normalen Schwangerschaft liegt die Mehrlingsrate bei ungefähr 1-2 %, bei einer Schwangerschaft durch IVF bei ca. 25 %.
60 Schwinger, PID, S. 360.
61 aus: „Voraussetzungen und Implikationen der Präimplantationsdiagnostik (PID)“ unter: http://www.itas.fzk.de/deu/tadn/tadn298/koll298a.htm (01.05.2001).
62 Klinkhammer, Absage, S. B-1275.
63 in der medizinischen Terminologie handelt es sich hier noch gar nicht um einen Embryo, sondern lediglich um einen „Zellhaufen“.
64 Öffentlicher Diskurs - Schleyer, Verunglimpfung deutscher Ethikkommission, S. B-1660.
65 Öffentlicher Diskurs - Schleyer, Verunglimpfung deutscher Ethikkommission, S. B-1660.
66 Schwinger, PID, S. 363.
67 Schwinger, PID, S. 363.
68 Rieser, PID, B-446 (diese These ist allerdings nicht unumstritten).
69 dazu gehören: Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Italien, Spanien, Frankreich (trotz gesetzlichem Verbot, welches aber noch nicht in Kraft getreten ist), Belgien, Finnland, Holland und Griechenland; Verbote bestehen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Irland, Portugal. nach: Jachertz, PID, S. B-447 und „Keine Einheit im Embryonenschutz“ unter: http://www.diakonie.de/publikationen/diakonie_magazin/2000-5/embryonenschutz.htm (01.05.2001).
70 Klinkhammer, Schutzwürdigkeit, S. B-2714; Öffentlicher Diskurs - Beckmann, Wertungswiderspruch und PGD-Tourismus, S. B-1655.
71 aus: http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak5/igm/g47/bauerwlt.htm (08.05.2001).
72 Kamps, Reproduktionsmedizin, S. 340.
73 Zimmermann, PID, S. B-2931.
74 Neidert, Lebensrecht, S. B-2928 f.; Klinkhammer, PID, S. B-2658.
75 so formuliert Düwell: „Aus den Überlegungen zur Potentialität und Kontinuität folgt nicht, dass der Embryo den vollen moralischen Status hat, da er die Handlungsfähigkeit nicht besitzt, die den Grund für das Zuschreiben von moralischen Rechten darstellt. Jedoch scheint mir plausibel, aus der Tatsache, dass Embryonen die Potentialität besitzen, Handlungsfähige zu werden, einen Grund zu sehen, ihnen eine Schutzwürdigkeit zuzusprechen. Wenn es die Nähe zur Handlungsfähigkeit ist, die die moralische Relevanz des Embryos ausmacht, so ist es ferner zumindest prima facie plausibel, dass die moralische Schutzwürdigkeit zunimmt, je größer die Nähe zur Handlungsfähigkeit ist.“ aus: Netzer, PID, S. 338.
76 Klinkhammer, Schutzwürdigkeit; S. B-2714; Netzer, PID, S. 339.
77 Kamps, Reproduktionsmedizin, S. 340.
78 lateinisch für „Verdammnisurteil“, „vernichtendes Urteil“, „Wahrspruch“.
79 Neidert, Lebensrecht, S. B-2928.
80 Hepp, PID, S. 1038.
81 Netzer, PID, S. 338; Küpker/Diedrich, PID, S. 35; „Kommt nun doch ein Rechtsrahmen für die PID?“ unter: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/03/15/049a0401.asp (20.04.2001).
82 Zimmermann, PID, S. B-2931.
83 Zimmermann, PID, S. B-2931; „Kommt nun doch ein Rechtsrahmen für die PID?“ unter: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/03/15/049a0401.asp (20.04.2001); „PID wäre das kleinere Übel“ unter: http://www.tages-anzeiger.ch/archiv/98september/980925/261156.HTM (22.04.2001).
84 Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland, S. 96; Klinkhammer, Absage, S. B-1276.
85 so Schuh: „Die deutsche Methode, den Embryo in Schoß heranwachsen zu lassen, dann erst zu diagnostizieren und bei Fehlbildungen abzutreiben, gehört auf den Müllhaufen der Medizingeschichte.“ aus: Netzer, PID, S. 339.
86 Emmrich, Verbesserung des Menschen.
87 Klinkhammer, Schutzwürdigkeit, S. B-2714; Ludwig/Diedrich, PID in Deutschland, S. 95.
88 Ratzel/Ulsenheimer, Reproduktionsmedizin, S. 429.
89 § 1 BGB: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“; strafrechtlich beginnt der Schutz des Lebens schon mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen bzw. mit Vornahme des die Eröffnungsperiode ersetzenden ärztlichen Eingriffs (BGHSt 31, 348, 351; 32, 194, 196); mit § 218 StGB wird der Schutz des Nasciturus sogar bis hin zur Postnidationsphase vorverlagert.
90 das ganze Gesetz nachzulesen unter: http://www.bmgesundheit.de/rechts/genfpm/embryo/embryo.htm .
91 Ratzel/Ulsenheimer, Reproduktionsmedizin, S. 433.
92 Hepp, PID, S. B-1040.
93 Ratzel/Ulsenheimer, Reproduktionsmedizin, S. 433.
94 Hepp, PID, S. B-1040.
95 Hepp, PID, S. B-1040.
96 aus: „Voraussetzungen und Implikationen der Präimplantationsdiagnostik (PID)“ unter: http://www.itas.fzk.de/deu/tadn/tadn298/koll298a.htm (01.05.2001).
97 ausführlich dazu: Beier, Totipotenz.
98 Beier, Totipotenz, S. 41.
99 so ebenfalls: Ratzel/Ulsenheimer, Reproduktionsmedizin, S. 433; Ludwig/Diedrich, PID, S. 356; Hoppe/Sewig, Vorwort zum Diskussionsentwurf, S. B-445.
100 Ratzel/Ulsenheimer, Reproduktionsmedizin, S. 428.
101 vergleiche dazu: BGHZ 124, 128: „Ist der leitende Abteilungsarzt eines Universitätsinstituts zur genetischen Beratung kassenärztlich ermächtigt worden und wird eine derartige Beratung bei einem Kassenpatienten ambulant durchgeführt, so ist er im Fall eines Beratungsfehlers Haftungsschuldner. Bei fehlerhafter genetischer Beratung, die zur Geburt eines genetisch behinderten Kindes geführt hat, können die Eltern von dem beratenden Arzt im Wege des Schadensersatzes den vollen Unterhalts- bedarf des Kindes verlangen, wenn sie bei richtiger und vollständiger Beratung von der Zeugung des Kindes abgesehen hätten.“ hergeleitet wurden die Ansprüche aus §§ 823, 249 BGB und Art. 1 GG.
102 Öffentlicher Diskurs - Klimm, Anspruchdenken verschließen, S. B-1659.
103 zu Griechisch „ethikos“ oder Lateinisch „(res) ethica“ = sittlich.
104 aus: „Duden - Das große Fremdwörterbuch“.
105 aus: „Voraussetzungen und Implikationen der Präimplantationsdiagnostik (PID)“ unter: http://www.itas.fzk.de/deu/tadn/tadn298/koll298a.htm (01.05.2001).
106 Netzer, PID, S. 338.
107 Netzer, PID, S. 338.
108 Ratzel/Heinemann, Zulässigkeit der PID, S. 364.
109 Klinkhammer, PID, S. B-2657.
110 unter: http://www.drze.de/themen/blickpunkt/pgd (20.04.2001); Kommission, Stellungnahme.
111 unter: http://www.bundestag.de/cgi-bin/ldisplay.pl?forum (08.05.2001).
112 so: http://www.solidaritaet.com/neuesol/2000/10/col.htm (20.04.2001); Ratzel/Heinemann, Zulässigkeit der PID, S. 365; Klinkhammer, PID, S. B-1275.
113 es wurde damit die Sterilisation von Schwachsinnigen, Schizophrenen, Epileptikern und anderen Erbkranken, sowie Alkoholikern etc. auch gegen ihren Willen erlaubt. Bis zum Kriegsende wurden in Deutschland ca. 350.000 Menschen sterilisiert. Gesetz einzusehen unter: http://www.geocities.com/sikaron_new/nachwuchs.htm .
114 Netzer, PID, S. 341.
115 Netzer, PID, S. 341.
116 Riedel, Plädoyer, S. B-515.
117 Schwinger, PID, S. 363.
118 Ratzel/Heinemann, Zulässigkeit der PID, S. 367; Netzer, PID, S. 337.
119 aus: http://www.drze.de/themen/blickpunkt/pgd (20.04.2001).
120 aus: „Der Mensch ist nicht allmächtig“ von Pastorin Donata Dörfel unter: http://www.diakonie.de/publikationen/diakonie_magazin/2000-5/medizin_wuerde.htm (01.05.2001).
121 aus: „Der christliche Glaube bewahrt uns vor Machbarkeitsphantasien“ unter: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/03/12/046a0801.asp?nproductid=1530narticleid=150250 (20.04.2001) .
122 MOZ-Oberbarnim-Echo vom 5./6. Mai 2001, S. 8.
123 Zimmermann, PID, S. B-2932.
124 Zimmermann, PID, S. B-2932.
125 so sagt der stellvertretende Parteivorsitzende der CDU, Dr. Rüttgers: „Die Bio- und Gentechnologie zählt zu den Schlüsseltechnologien der Zukunft. [...] Die CDU sieht mit Sorge, dass in anderen Ländern zur Zeit viel mehr für die neuen Technologien getan wird als bei uns. [...] Nach dem einhelligen Urteil von Fachleuten ist eine Verdoppelung der Forschungsmittel dringend erforderlich, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.“ (wobei aber Rüttgers gegen gendiagnostische Maßnahmen mit eugenischen Zielen plädiert) aus: „Chance nutzen. Werte achten.“ unter: http://www.cdu.de/politik-a-z/gentechnik/rede-ruettgers-120201.htm (22.04.2001).
126 alle Angaben dazu aus: „Der Nationale Ethikrat soll die Regierung unabhängig beraten“ unter: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/05/03/081a0401.asp?cat=/news (03.05.2001).
127 http://195.170.124.152/archiv/2001/02/05/ak-ws-12493.html (20.04.2001).
128 Rüttgers, vergleiche Fußnote 125.
129 erschienen im Deutschen Ärzteblatt 2000, S. B-461- B-464 ; Diskussionsentwurf auch einzusehen unter: www.bundesaerztekammer.de .
130 aus: http://www.anwalt-suchservice.de/frame.html?/rechtsprechung/arzt_1129.html (16.05.2001).
131 (17.05.2001) aus: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/05/17/091a0604.asp?cat=/medizin/sex/kuenstliche_befruchtung.
132 unter Vorbehalt, da ausführliches Material dazu bis zur Abgabe der Arbeit nicht zu beschaffen war; Grundinformation aus: http://www.rzbd.fh-hamburg.de/~fhbamh/fertilisation/pid.htm (22.04.2001).
133 aus: http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/05/21/093a0501.asp?cat=/news (21.01.2001).
134 MOZ vom 19./20. Mai 2001 S. 1 und 4.
135 aus: http://www.svss-uspda.ch/de/facts/facts.htm (22.05.2001).
136 http://www.unipublic.unizh.ch/magazin/gesundheit/2000/fortpflanzungsmed/ivf.html (17.April 2001) Weitere Abbildungen:
- Quote paper
- Nicole Beier (Author), 2001, Präimplantationsdiagnostik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106529
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