Die Registrierung jedes einzelnen Menschen beginnt schon mit seiner Geburt. Durch die Geburtsurkunde oder das Stammbuch der Familie wird beispielsweise bescheinigt wann man auf die Welt kam, wer die eigenen Eltern sind und wo man geboren ist.
In seinem Werk „Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses“ schreibt Foucault über die modernen Gesellschaft, in der die Hauptelemente nicht mehr die Gemeinschaft, sondern die einzelnen Individuen und der Staat sind, als eine Gesellschaft der Überwachung. Diese Überwachung und Registrierung erfolgt in der heutigen Zeit einerseits offiziell, über Dokumente deren Besitz für jeden Bürger verpflichtend sind, wie zum Beispiel durch den Personalausweis. Es besteht jedoch auch eine verdeckte inoffizielle Form dieser Überwachung, die sich besonders im aktuellen Zeitalter der Medien etabliert hat. Die Überwachung und Kontrolle der Gesellschaftsmitglieder über virtuelle Medien wie Facebook, Twitter usw.
Die von Michel Foucault analysierte Wirkungsweise des Panopticon von Jeremy Bentham am Beispiel sozialer Netzwerke und Medien der heutigen Zeit und deren Gefahren
Die Registrierung jedes einzelnen Menschen beginnt schon mit seiner Geburt. Durch die Geburtsurkunde oder das Stammbuch der Familie wird beispielsweise bescheinigt wann man auf die Welt kam, wer die eigenen Eltern sind und wo man geboren ist.
In seinem Werk „Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses“ schreibt Foucault über die modernen Gesellschaft, in der die Hauptelemente nicht mehr die Gemeinschaft, sondern die einzelnen Individuen und der Staat sind, als eine Gesellschaft der Überwachung. (vgl. Foucault 1975, S. 278)
Diese Überwachung und Registrierung erfolgt in der heutigen Zeit einerseits offiziell, über Dokumente deren Besitz für jeden Bürger verpflichtend sind, wie zum Beispiel durch den Personalausweis. Es besteht jedoch auch eine verdeckte inoffizielle Form dieser Überwachung, die sich besonders im aktuellen Zeitalter der Medien etabliert hat. Die Überwachung und Kontrolle der Gesellschaftsmitglieder über virtuelle Medien wie Facebook, Twitter usw.
In einem Blog der Uni Siegen wird das Prinzip des Panopticon von Jeremy Bentham, welches von Michel Foucault in „Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses“ beschrieben und analysiert wurde, auf das wohl bekannteste soziale Netzwerk der heutigen Zeit übertragen. Facebook ermöglicht es seinen Nutzern beliebige Inhalte mit sogenannten „Freunden“ zu teilen, wobei auch diese wiederum von ihren „Freunden“ veröffentlichte Inhalte wie Videos, Fotos oder Standorte sehen können. Das Wissen darüber, dass die jeweiligen Personen die man in Facebook als „Freunde“ hat, die eigene Seite anschauen und sie gegebenenfalls bewerten, erzeugt bei den Nutzern von Facebook den Wunsch oder auch das verpflichtende Gefühl innerhalb dieses Netzwerkes einen positiven Eindruck zu hinterlassen. In dem Blog der Uni Siegen wird es wie folgt beschrieben: „Auch wenn einem bewusst ist, dass im Internet Spuren hinterlassen und diese gespeichert und weitergeleitet werden, fühlt man eine gewisse Notwendigkeit sich so zu verhalten, wie die unsichtbaren „Wächter“ es wünschen.“ (Webvideo Cultures 2014)
Warum das Prinzip des Panopticon mit sozialen Netzwerken wie Facebook verglichen werden kann möchte ich im Folgenden, anführend mit der Beschreibung der Architektur des Panopticon, erklären:
Das Konzept des Panopticon von Jeremy Bentham war als Konzept für den Bau von Gefängnissen gedacht. Das Panopticon ist ein ringförmiges Gebäude, in dessen Mitte sich ein hoher Turm befindet. Dieser besitzt große Fenster, von denen man die Innenseite des ringförmigen Gebäudes betrachten kann. Die Zellen der Insassen befinden sich in dem ringförmigen Gebäude und besitzen jeweils ein Fenster zur Turm- und eines zur Außenseite. Somit dringt von beiden Seiten Licht in die Zelle des Gefangenen ein (vgl. Foucault 1975, S.256, S. 257). Aufgrund der architektonischen Beschaffenheit des Panopticon, welche die Gefangenenzellen durch Gegenlicht mit besonders viel Licht füllt, lässt sich der Gefangene in seiner Zelle unablässig von einem im Turm positionierten Wärter beobachten, während der Gefangene nicht erkennen kann, ob sich jemand im Turm befindet oder nicht. (vgl. Foucault 1975, S. 257) Foucault beschreibt es in seinem Werk „Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses“ wie folgt und vergleicht dabei das Panopticon gleichzeitig mit dem mittelalterlichen Kerker-System: „Das volle Licht und der Blick des Aufsehers, erfassen besser als das Dunkel, das auch schützte. Das Licht ist eine Falle.“(Foucault 1975, S. 257).
Während sich die Gefangenen eines Kerker in ständiger Dunkelheit befinden und im Grunde nicht gesehen werden, unterliegen die Gefangenen des Panopticon ständiger Sichtbarkeit und Überwachung: „Daraus ergibt sich die Hauptwirkung des Panopticon: die Schaffung eines bewussten und permanenten Sichtbarkeitszustandes beim Gefangenen, der das automatische Funktionieren der Macht sicherstellt“ (Foucault 1975, S. 258 ).
Das Prinzip des Panopticons ist demnach unabhängig von der Existenz eines Macht ausübenden Wärters, weil keiner der Gefangenen einen Wärter sehen kann, somit niemals weiß wann Überwachung stattfindet und jeder Insasse trotzdem von der dauerhaften Überwachung überzeugt ist, aufgrund des imposanten Überwachungsturms den sie Tag und Nacht vor ihrem Fenster sehen. Aus diesem Grund unterstützt die bloße Anwesenheit der Häftlinge die Machtsituation im Panopticon (vgl. Foucault 1975, S,258). Die Macht ist für die Häftlinge sichtbar und uneinsehbar zugleich (vgl. Foucault 1975, S. 258). Der Gefangene unterstützt das Prinzip des Panopticon, indem er sich trotz der Tatsache, dass er keinen Wächter mit seinen eigenen Augen sehen kann, regelkonform verhält, da er ständig davon ausgehen muss überwacht zu werden (vgl. Foucault 1975, S. 258).
Auch Facebook dient wie das Panopticon in gewisser Weise der dauerhaften Kontrolle von Personen, die bei Facebook angemeldet sind. Beispielsweise kann der Arbeitgeber einer gewissen Person über Facebook Informationen über seinen Angestellten gewinnen, wenn derjenige bei Facebook angemeldet ist. Da sich der Angestellte über diese Tatsache bewusst ist, wird er versuchen sein Profil so aussehen zu lassen, dass es dem Arbeitgeber oder jedem Anderen von dem er denkt, dass er sein Profil anschauen könnte, gefällt. Der jeweilige Facebook Nutzer ist in dieser Hinsicht wie ein Insasse des Panopticons „ausgeliefert“, da er sich der dauerhaft möglichen Überwachung seinerseits bewusst ist, aber nicht weiß wann genau diese stattfindet und durch wen. Es gibt bei Facebook keine Möglichkeit für die Nutzer zu erkennen, wann jemand das eigene Profil angeklickt hat und wer es getan hat. Demnach ist der Nutzer also dazu gezwungen sich dauerhaft angemessen zu präsentieren. Er ist durch die unsichtbare Hand der Beobachter auf Facebook dazu gezwungen sich zu disziplinieren und nicht nach eigenem Willen und Ermessen Inhalte zu veröffentlichen die ihm gefallen, sondern er muss das Netzwerk so nutzen, dass sein Auftreten Anderen zusagt. Nach Foucault befindet sich der Insasse dieses virtuellen Panopticon demnach in folgender Situation: „Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sicher selber aus; er internalisiert das Machtverhältnis, in welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt; er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung“ (Foucault 1975, S. 260).
Foucault bezeichnet den Machtmechanismus des Panopticon in seiner Arbeit auch als politische Technologie und führt an, dass dessen Prinzip auch in anderen Institutionen als dem Gefängnis Verwendung finden kann. Beispielsweise in Schulen oder Werkstätten und in jeder Einrichtung, in denen mehrere Individuen zusammen kommen, die eine bestimmte Aufgabe verpflichtend zu erledigen haben (vgl. Foucault 1975, S. 264). Aufgrund des durch die ständige Beobachtung ausgelösten Drucks unter dem die Mitglieder einer Institution, in welchem das panoptische Prinzip angewendet wird, stehen, bleibt ein tatsächlicher Eingriff der Machtträger unnötig. Das panoptische System vollbringt es jeden Machtapparat demnach zu stärken wie es die Ausübung der Macht in diesem rationalisiert, da einige wenige „Wärter“ über viele „Insassen“ Kontrolle haben, automatisiert, da sich die „Insassen“ durch das Bewusstsein der ständigen Kontrolle selbst kontrollieren und entindividualisiert, da die Kontrolle der „Insassen“ nicht von einer starken Persönlichkeit wie einem führenden „Wärter“ abhängig ist, da jeder als „Wärter“ fungieren kann. Durch diese Machtsteigerung wird gleichsam der eigentliche Zweck der Institution gestärkt, da sich die „Insassen“ selbst kontrollieren, so bessere Leistungen erbringen und so einen Mehrwert schaffen (vgl. Foucault 1975, S. 265, S.266). Das panoptische System hat den Zweck der Gesellschaft zu Wachstum und Mehrung zu verhelfen, in dem es die Kräfte der Mitglieder der Institution in der das panoptische Prinzip angewendet wird, durch erhöhte Disziplin steigert und somit deren Produktivität erhöht (vgl. Foucault 1975, S. 267). In Schulen oder durch die Erziehung der Eltern lernen wir welche Verhaltensweisen sich gehören und welche nicht und wenden sie auch im späteren Leben an, auch wenn keine Person mehr neben uns steht, die uns sagt was wir zu tun haben. Wir haben die Regeln aus der Jugend so verinnerlicht, dass sie wie im panoptischen System fortwirken und wir uns auch ohne, dass wir einen „Wärter“ erkennen können regelkonform verhalten. Foucault beschreibt in seinem Werk die Ausweitung der Disziplinarsysteme und der Disziplinarinstitutionen im 17. und 18. Jahrhundert, welche zum einen auf dem tieferliegenden Prozess der Funktionsumkehr bei den Disziplinen basiert: ihre Funktion besteht nicht mehr nur in der Verhinderung von Chaos und den daraus resultierenden Aufständen und Gefahren innerhalb der Bevölkerung, durch die Kontrolle von „unnützer oder unruhiger Bevölkerung“ (Foucault 1975, S. 269), sondern in der Erhöhung der jeweiligen Nützlichkeit jedes Individuums für die Gesellschaft (vgl. Foucault 1975, S. 269). Die Disziplinierung der Gesellschaftsmitglieder, die sie durch ihre Selbstkontrolle gewährleisten, soll also Auslöser für Produktionssteigerung und ein erhöhtes Gemeinwohl sein.
Ob durch die dauerhafte Selbstkontrolle von Facebook-Nutzern für die Allgemeinheit ein Wert geschaffen wird ist fraglich. Man könnte davon ausgehen, dass die Produktivität von Angestellten durch das positive Auftreten in Facebook deswegen erhöht wird, weil ein guter Eindruck beim Chef, das Verhältnis zwischen Angestelltem und Chef verbessert und sich so Arbeitsklima und Produktivität positiv verändern.
Dass die panoptische Überwachung der Gesellschaft durch soziale Netzwerke wie Facebook für deren Mitglieder jedoch auch negative Folgen hat und anders wie Foucault es beschreibt nicht immer einen Wert für die Mitglieder der Gesellschaft erzeugt, kann zum Beispiel durch die Tatsache, dass selbst die Polizei über öffentliche Medien wie Facebook kommuniziert, erläutert werden. Diese veröffentlicht beispielsweise Fahndungsplakate über Facebook und bittet dort um Mithilfe bei der Suche nach Tätern. Durch diese Bekanntgabe von polizeilicher Aktivität kann jedoch jeder Täter mit einem Facebook-Profil über seine eigene Verfolgung informiert werden, so dass die Polizei dem Täter niemals einen Schritt voraus sein kann. Gleichzeitig sind auch Polizisten beispielsweise bei Attentaten den Netzwerken ausgeliefert, wenn Unbefugte einen Tatort filmen, die Videos auf Facebook oder anderen Kanälen online stellen und so für den jeweiligen Verbrecher den Standort der Polizei öffentlich machen. Die ständige gegenseitige mediale Kontrolle und Überwachung der Gesellschaftsmitglieder über soziale Netzwerke führt also dazu, dass in solchen Fällen die Arbeit von Beamten wie die der Polizei behindert werden kann.
Ein weiteres Beispiel dafür weshalb die fortschreitende Verbreitung sozialer Netzwerke deren Mitglieder gefährlich werden kann, ist die Erfindung einer Datenbrille namens „Google Glass“. Dabei handelt es sich um eine Brille, die ähnlich wie ein Smartphone Funktionen wie Routenplaner oder Suchmaschienen besitzen soll und über Spracherkennung gesteuert wird. (vgl. Webvideo Cultures, Google Glass 2014)
Kritisierbar daran ist jedoch, dass das Gerät während es bedient wird dauerhaft seine Umgebung filmt und Personen, die in das Sichtfeld der Brille geraten auch nicht darüber informiert werden dass von ihnen Aufnahmen erstellt werden, da die „Google Glass“ wie eine gewöhnliche Brille aussieht und keine technische Vorrichtung beinhaltet die Außenstehenden ein Zeichen geben könnte, dass sie gefilmt werden. (vgl. Webvideo Cultures, Google Glass 2014.) Ähnlich wie die Insassen des Panopticons wissen die Außenstehenden, wenn sie von der Existenz der Google Glass erfahren über die Möglichkeit der dauerhaften Überwachung durch Videoaufnahmen, jedoch können sie sich nicht sicher sein, wann diese Aufnahmen stattfinden. Die persönliche Freiheit der gefilmten Personen wird demnach deutlich eingeschränkt und die Tatsache, dass Videos die beispielsweise Aufenthaltsorte von Personen verraten auf Google Servern dauerhaft gespeichert werden, bedeutet für die gefilmten Personen auch eine Gefahr, da Fremde oder Menschen, die ihnen nicht positiv gesonnen sind, über ihre Aktivitäten informiert werden (vgl. Webvideo Cultures, Google Glass 2014). Aufgrund dieser Gefahren gibt es bereits Verbote gegen die „Google Glass“ (vgl. Webvideo Cultures, Google Glass 2014).
Es wird also deutlich, dass in vielen Fällen die scheinbar positive Wirkung von panoptischen Systemen, die immer ein Wachstum und eine Mehrung für die Gesellschaft bedeuten soll, eher eine ambivalente ist und eine Gefahr widerspiegelt, nämlich dann wenn ihre Funktion von Kriminellen genutzt wird und so die Arbeit von Beamten wie der Polizei behindert wird und ein Sicherheitsproblem für Personen besteht (vgl. Foucault 1975, S. 267).
Literaturverzeichnis :
Literatur:
Foucault, Michel (1975): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, S. 251-292
Internet:
Tuba Tüze, Webvideo Cultures, Medienwissenschaft, Universität Siegen (2014): Textbesprechung – Michel Foucault - „Der Panoptismus“
Ugur Heper, Webvideo Cultures, Medienwissenschaft, Universität Siegen (2014): Google Glass
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- Citation du texte
- Johanna Ernst (Auteur), 2017, Die von Michel Foucault analysierte Wirkungsweise des Panopticon am Beispiel sozialer Medien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1064658
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