Gliederung:
1. Biographie
2. Entstehung des Werkes
3. Gattung
4. Aufbau
5. Inhalt
6. Personen
7. Zusammenfassung über Frisch
8. Quellen
1. Biographie
- geb. 15.05.1911 in Zürich als Sohn eines Architekten 1924-1930 Realgymnasium in Zürich
- schon in Jugendjahren Schreiben v. Schauspiel + Ehekomödie + Spiel um Eroberung d. Mondes
- 1931 begann F. nach Abitur auf Drängen v. Vater in Heimatstadt Studium d. Germanistik, Romanistik, Kunstgeschichte u. Philosophie
- 2 Jahre später Abbruch aus finanziellen Gründen (Tod Vater) Î Arbeit als freier Journalist durch diese Tätigkeit Reisen in Tschechoslowakei, Polen, Frankreich, Bosnien, Griechenland, Konstantinopel Î Balkanreise
- 1934 erster Roman (v. Balkanreise inspiriert) Î „Jürg Reinhart - eine sommerl. Schicksalsfahrt“ (vorher nur erfolgloses Drama)
- 1935 1. Dtld.-reise
- 1936 Beginn Architekturstudium (durch Drängen d. Verlobten Aufgabe Journalismus) anfängl. Fortsetzung schriftstellerischer Aktivitäten Î bald unterbleiben (Verbrennen aller Manuskripte)
- 1938 Conrad Ferdinand Meyer - Preis
- 1939 Wiederbeginn m. Schreiben (einbezogen 1939-45 Tagebuch aus Grenzland) 1939 - 45 Militärdienst als Kanonier
- 1942 Architektendiplom
- nun Heirat m. Constanze v. Meyenburg Î Eröffnung Architekturbüro m. ihr Arbeit Im Doppelberuf als Architekt u. Schriftsteller Î 1952 Aufgabe Architektenkarriere ebenfalls Scheidung (Heirat noch 2x)
- weiter inspirierender Reisen (Prag, Berlin, USA, Japan) Î Treffen B. Brecht (Beeinflussung) u. Peter Suhrkamp (Verlag eröffnete m. F.`s Werk Tagebuch 1946-49: Spanienreise)
- endgültiger Durchbruch 1954 m. Roman Stiller Î Auflösung d. Architekturbüros + Arbeit als freier Schriftsteller
- 1955 Wilhelm Raabe-Preis
- „Homo Faber“ (1957) + 1. Bühnenerfolg „Graf Öderland“ (1951) folgen 1958 Georg-Büchner-Preis
- in 60gern gewinnt F. an Popularität (nach Entstehung seiner bedeutendsten Werke) durch TV- Auftritte, zahlreiche Literaturpreise + internationalen Bühnenerfolg „Andorra“
- 1962 Doktor d. Philipps-Universität
- 1960-69 häufiger Wohnwechsel (Rom, New York, Berlin)
- in 70ern Abflauen Î nun polit. engagiert (Redner im Parteitag vor SPD; Begleiter d. Delegation
- d. damaligen Bundeskanzlers H. Schmidt nach China; Teilnahme m. Friedrich Dürrenmatt an Friedenskongreß)
- 1963 Literaturpreis v. Nordrhein-Westfalen 1965 Preis Stadt Jerusalem; Schiller - Preis 1976 Friedenspreis d. dt. Buchhandels
- 1989 Heinrich Heine - Preis d. Stadt Düsseldorf gest. 05.04.1991 (m. 80) in Zürich an Krebsleiden
- Werke: Blätter aus dem Brotsack (1940) Î Tagebuch seiner Militärzeit Die Schwierigen (J`adore ce qui me brûle) 1943 Als der Krieg zu Ende war (1949) Biedermann und die Brandstifter (1958) Andorra (1961) Mein Name sei Gantenbein (1964) Biographie: Ein Spiel (1967) Montauk (1975)
2. ENTSTEHUNG DES WERKES
- entstand 1953 Î Veröffentlichung 1 Jahr später
- als Roman erschien: F. hatte als Theaterautor Namen
- in kurzer Zeit erreichte Roman Millionenauflage
- Ur-Idee „Stiller“: im Tagebuch niedergeschriebene - Skizze „Schinz“ betrachtet
- Zusammenhang m. späterem Stiller dtl. Î Skizze als gedankl. Ausgangspunkt für im Stiller erhaltene Märchen „Rip van Winkle“ u. für Geschichte „Isidors“
- in Werkstattgespräch m. Horst Bieneck sagte Frisch zur Entstehung: „Ich war ein Jahr in Amerika, und da ich ein Stipendium hatte, meinte ich fleißig sein zu müssen. Ich schrieb 600 Seiten, die misslangen. Eines Tages, zuhause, tippte ich wie öfters, wenn ich mich langweilte und mich unterhalten muß, ein paar Seiten. Ziellos, frei von dem beklemmenden Gefühl, einen Einfall zu haben. Nichts geht leichter zugrunde als ein Einfall, der sich selbst erkennt! Das blieben die ersten Seiten vom Stiller , unverändert; das Material, das ich zum Weitertippen brauchte, stahl ich aus den 600 misslungenen Seiten rücksichtslos, so dass das Buch nach dreiviertel Jahren fertig war.“
- Buch in etliche Fremdsprachen übersetzt Î brachte ihm zugleich in Anerkennung seiner Bühnenarbeiten „Wilhelm-Raabe-Preis“ 1955; „Schiller-Preis“ 1955 + „Welti-Preis für das Drama“
- „Stiller“ als Durchbruch zu neuen Romanform gewertet
- Der Bund (Bern) v. 24.12.1954: „So sehr es in seinem Wesen ungezählte Fragen ruft, so sehr es den Leser oft vor den Kopf stößt - so unbestritten ist, dass Stiller in der schweizerischen Literatur ein Werk von radikaler Eigenständigkeit darstellt. Es ist ihm nichts Vergleichbares an die Seite zu stellen. Auch innerhalb d. dt. Gegenwartsepik steht es sehr allein da. Wie man sich auch zu ihm stellen mag, daran vorbeigehen kann man nicht.“
3. GATTUNG
- literarisches Tagebuch
- zentrales Thema: Abhängigkeit v. Bildnis u. Identität
- allgemeine Funktion: Beschäftigung m. eigenem Ich; Ausdruck d. eigenen Individualität
- in „Stiller“: Tagebuchform nur in ungeraden Heften Selbstbesinnung durch Niederschreiben seines Lebens macht Selbstannahme am Schluß möglich
- gleicht einem Kriminalroman Î Aufspüren d. ursprünglichen Identität
4. AUFBAU
1. Teil:
- Stillers Aufzeichnungen im Gefängnis (Tagebuchform) in d. Schweiz
- Ich-Erzähler (ist White; Romanheld jedoch Stiller)
- 7 Teilen (Hefte)
- länger als 2. Teil
- Ineinandergreifen v. Berichten d. gegenwärtigen Geschehens + Erinnerungen an Vergangenes (Reflektionen Whites über sein Leben u. Protokolle v. Berichten über Stillers Leben) Î nach u. nach ergeben sich für Leser Zusammenhänge d. einzelnen Ereignisse Î Problem: ständige Überlagerung v. Gegenwart u. Vergangenheit
2. Teil:
- Nachwort d. Staatsanwalte
- Ich-Erzähler
- 1 Teil
- Beschreibung Stillers Leben nach Entlassung aus Gefängnis
- offener Schluß
- keine chronologische (zeitrechnerische) Handlung
- keine Vermischung d. Erzählperspektive
5. HANDLUNG
- bei Einreise in Schweiz Î vermeintliche Amerikaner Mr. James Larkin White wird festgenommen + festgenommen
- identischem Aussehen verdächtigt, d. vor 7 Jahren verschwundene Anatol Ludwig Stiller (Bildhauer) zu sein Î angebl. in mysteriöse Agentenaffäre verwickelt gewesen
- Stiller alias White soll sich zur Identität seiner Person bekennen
- er leugnet beharrlich, auch als Verratsverdacht hinfällt Î fühlt sich nicht in Lage Anschuldigungen durch Beweise zu wiederlegen, da ihm eigene Herkunft + Vergangenheit seltsamerweise unbekannt
- Hauptteil d. Romans bilden Gefängnisaufzeichnungen v. White Î soll er auf Aufforderung seines Rechtsanwalts schreiben (Hilfe Identität Whites/Stillers zu klären)
- bilden Hauptteil d. Romans + beginnen m. Worten: „Ich bin nicht Stiller!“ (vorlesen S.1)
- White/Stiller: Aufzeichnungen in tagebuchartiger Form Î Erlebnisse in U-Haft, Erinnerung an Aufenthalt in Amerika Î Konfrontationen m. eigenen Vergangenheit, dazu Protokolle, d. W./S. nach Berichten v. anderen Personen anfertigt (breiten, um ihn zu erinnern, eigenes Leben vor ihm aus)
- Gefangene daraufhin m. Freunden, m. Ehefrau Julika, m. einstigen Geliebten (Frau d. Staats- anwaltes), d. Halbbruder u. m. Stiefvater konfrontiert Î identifizieren ihn eindeutig als vermissten Stiller Î erzählen ihm auch seine Vergangenheit
- Stiller glaubt kein einziges Wort; ist fest d. Meinung nicht gesuchte Person zu sein; hört aber zu
- endgültige Beweis, d. es sich um Stiller handelt Î vor Gerichtsurteil im Atelier Î reagiert ohne Angst, etwas Falsches zu tun, ist ganz er selbst (S.) Î gehen Nerven m. ihm durch Î zerstört seine früheren Arbeiten
- am Ende d. Romans nimmt Stiller sich selber wieder an u. Heimatort Schweiz
- Nachwort nicht v. Stiller geschrieben, sondern aus Perspektive d. Rechtsanwaltes Î beschreibt weiteren Lebensweg :
- Stiller zieht m. Frau Julika an Genfer See; Versuch einer 2. Ehe scheitert ebenfalls
- Julika erkrankte kurze Zeit später Î stirbt an Lungenkrebs
- letzte Satz: Stiller blieb in Glion und lebte allein Î Symbolgehalt d. Namens Stiller zum Ausdruck:
- auf Landgut fristet Stiller Dasein: verstummt, zurückgezogen, allein
6. PERSONEN
White/Stiller:
- aus kleinbürgerlichem Milieu
- kämpfte als Freiwilliger im Spanischen Bürgerkrieg Î 1. Versagen
- Bildhauer (Protagonist)
- verheiratet m. Julika Î Ehe scheitert Î 2. Versagen
- Verhältnis m. Sybille (Frau seines späteren Rechtsanwaltes) während Julika im Sanatorium aufgrund Tuberkulose
- Spannungen in Beziehung m. Sybille Î trennt sich v. beiden Î Flucht nach Amerika u. Mexiko
- ist Egozentriker (alles auf Ich beziehend)
- Ichbezogenheit äußert sich als Gegenteil v. Narzissmus Î Sensibilität bedingt Selbstverleugnung
- männl. Mimose
- entwirft neben echten Bildnissen sein eigenes u. gibt es an Umwelt weiter
- Stillers Welt durchsetzt m. Bildnisgedanken Î durch eigene Gespaltenheit (anhaltende Intensitätskrise)
- Teil d. Identität aus dramat. Erlebnis heraus beleuchtet Î Versagen im Bürgerkrieg: „...warum ich nicht geschossen habe (...) Ich bin kein Mann. Jahrelang habe ich noch davon geträumt: ich möchte schießen, aber es schießt nicht - ich brauche dir nicht zu sagen, was das heißt, es ist der typische Traum der Impotenz“ Î Rolle: in Wirklichkeit wollte sich Stiller erschießen lassen
- durch missglückten Selbstmordversuch gelangt S. zu neuem Ich unter Namen White
- als dieser schreibt er seine Aufzeichnungen nieder; als dieser versucht er Stiller zu „töten“: „Ich frage mich: Kann man schreiben, ohne eine Rolle zu spielen? Man will sich selbst ein Fremder sein. Nicht in der Rolle, wohl aber in der unbewussten Entscheidung, welcher Art von Rolle ich mir zuschreibe, liegt meine Wirklichkeit...“ Î fällt ihm schwer Wahrheit zu notieren Î Übersteigung seiner Ausdrucks- möglichkeiten: „Ich habe keine Sprache für die Wirklichkeit“
- Niederschreiben: Selbstentdeckung seiner wahren Identität
Julika (Frau Stillers):
- hübsche, liebenswürdige, zarte, schlanke Frau, rote Haare
- erfolgreich (als Balletttänzerin)
- aus vornehmen Haus
- wird v. S. als Bildnis gesehen (als gefühlsarm, frigide, immer etwas kränkelnd, prallen Leben abgekehrt) Î S. 135 Stiller zu Julika im Sanatorium
- J. kann sich v. zwanghaften Bildnis nicht lösen Î wird nur deshalb krank (physische Zerstörung)
- gegenüber S. unfrei, passiv Î sieht sich als Opfer u. bemitleidet sich selber
- Sanatoriumsveteran zu J.: S. 122
- S. bringt J. zur physischen Zerstörung Î konnte nur gelingen , da J. es nicht erkannte um darauf zu reagieren Î Stillers Selbstvorwurf: „Ich habe meine Gattin ermordet“ Teil d. Wahrheit, denn J. wollte „nicht erwachsen werden, nicht verantwortlich für ihr eigenes Leben“ Î S. 54 Abs. 2
Sybille :
- Frau v. Rolf (Rechtsanwalt)
- ca. 35
- schwarze Haare, blaue Augen
- hat Sohn namens Hannes
- hatte Verhältnis m. Stiller Î Kind Î Abtreibung ohne Wissen Stillers
- nach Trennung Stillers Î Trennung v. Rolf + Auswanderung nach NY
- Zueinanderfinden v. ihr u. Rolf Î Leben in Zürich
- im Moment 2. Kind Î Tochter
Staatsanwalt Rolf: -Mann v. Sybille
- hat Interesse an Stiller da er Geliebter v. Sybille war
- am Ende: einzige Freunde v. „Stiller“
7. ZUSAMMENFASSUNG ÜBER FRISCH
- bannte undeutl. Lebenserkenntnis u. Entscheidungsnot d. Zeit in dtl. Gestalten u. Vorgänge
- Helden in seinen Werken leiden am eigenen Ich
- bezeichnete Ichverlust, zentrale Stellung, Identitätsfrage u. Selbstwahl als „Warenzeichen“
- seine Dramen sind offen, bieten Diagnose ohne Therapie, kein bitterer Sarkasmus
- Bühnenstücke ohne Moral, werfen fragen auf (geben keine Antworten) + verwirren Zuschauer
- Werke sind deprimierend Î gibt selten nur Ausweg um Liebe, Ekel u. Lebensüberdruß zu überwinden
- Werke stimmen überein m. Unsicherheit einer Welt Î ständigem Wandel unterlegen, bringt Katastrophen o. Glückseligkeit
- Folie Zitate aus „Stiller“:
- Kernproblem Zitate: Problem v. Bildnis u. Identität
- wirkliches Leben bedeutet f. F. Wahrhaftigkeit Î wenn Mensch lügt, tötet er damit Teil d. Welt u. damit sich selbst Î Selbstbelügung Gegenteil v. „Leben“
- Stillers Schicksal als Signal für Publikum aufzufassen: Signal zur Wahrhaftigkeit Î Weg zum eigenem Ich
- Problem d. Persönlichkeitsspaltung als extensivste Form d. Identitätskrise
- Identitätskrise im Roman auch bei Julika
- Selbsterfahrung erwächst aus Selbsterkenntnis ( Suche d. Menschen nach eigenem Ich )
- jeder Mensch besitzt f. ihn eigene Individualität Î kann Schwächen u. Stärken in sich bergen; sensibel o. abgestumpft f. Empfangen v. Signalen
8. QUELLEN
- Buch: Max Frisch „Stiller“
- Berthelsmann Lexikon
- Meyers Lexikon
- Der große Duden
- Internet
MAX FRISCH: STILLER (1954)
Max Frisch über sich selbst:
Er sei ein defensiver, ein reagierender Schriftsteller. Er erfindet nicht Geschichten, um die Welt zu verändern, sondern stellt die Welt dar, wie er sie erfahren hat, ohne den moralischen Anspruch zu erheben, Lösungen und Vorschläge zum Bessermachen aufzuzeigen. Im Grunde sei er ein hilfloser Schriftsteller, der schreibt um zu bestehen, nicht um zu belehren und wäre vielleicht am glücklichsten, würde ihm ein Aufweichen seiner Problemwelt gelingen.
Buch:
Damit ein Leben ein wirkliches Leben ist, muss einer „mit sich selbst identisch“ werden.
Andernfalls ist er nie gewesen! Das meine ich: ein Gewesensein, und wenn’s noch so miserabel war.
Hermann Hesse über „Stiller“:
„Stiller, die Hauptperson, vergisst man nicht wieder, er ist keine Romanfigur, sondern ein Individuum, ein in jedem Zug erlebter und überzeugender Charakter.“
Münchner Merkur, vom 08.02.1955:
„Dieser Bericht vom armseligen Stiller, dem „Helden wider Willen“, der vor seiner eigenen Unzulänglichkeit ins Nichts zu fliehen sucht, ist im gebrochenen Facettenlicht schillerndes Spiegelbild unseres Selbst, weil wir alle ein Stück von Stiller in uns tragen.“
- Quote paper
- Thomas Leuner (Author), 2002, Frisch, Max - Stiller, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106305
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.