Gliederung
1. Einleitung und Zielsetzung der Arbeit
2. Gruppen innerhalb der PLO
2.1 Fatah
2.2 DFLP
2.3 PFLP
3. Gruppen außerhalb der PLO
3.1 Hamas
3.2 Palestinian Islamic Jihad
3.3 Fatah - Revolutionary Council
3.4 PFLP-GC
3.5 Palestine Liberation Front
3.6 Schwarzer September
4. Fazit
1 Einleitung und Zielsetzung
Palästinenser sind ein heimatloses Volk. Seit der Gründung Israels am 14. Mai 1948 ist ihr Dasein von Krieg und Vertreibung gezeichnet. Viel Gewalt wurde seitdem an Ihnen verübt, viel Gewalt verübten Sie an zionistischen Siedlern. Das Palästinenserproblem ist ein Produkt mangelnder Kommunikation und Nichtbeachten der Bedürfnisse des palästinensischen Volkes.
Seitdem der Zionismus durch Theodor Herzl Palästina als das auserkorene Land der Juden erklärt hatte und die geplante Einwanderung vonstatten ging drehte sich die Spirale der Gewalt weiter und weiter, bis Ben Gurion - Israels erster Ministerpräsident - einen Staat schaffen wollte, ,,der jüdischer sein sollte, als England englisch ist."
Seit dem Ausbruch der Al-aqsa Intifada im Herbst 2000 ist Israel, die Westbank und der Gazastreifen wieder einmal ins Licht der Weltöffentlichkeit geraten. Wöchentlich, so scheint es, erschüttern Selbstmordattentäter die Welt von neuem. Verstärkend auf dies Problem wirkt sich das Weltereignis der letzten Zeit schlechthin aus: Der Terroranschlag auf das World - Trade - Center in New York. Die Gegenantwort von George W. Bush endet nicht beim Angriff auf Kabul und das Taliban-Regime, sondern richtet sich gegen alle muslimisch- fundamentalistischen Terrorgruppen auf der Welt. Obwohl der eigentliche Kampf der Palästinenser zum großen Teil nicht als muslimisch- fundamentalistisch beschrieben werden kann, richtet sich der Kampf der Amerikaner auch gegen Teile der Palästinenserbewegung, insbesondere Hamas und der Islamische Jihad.
Prägend für die gewalttätigen Verhältnisse in Palästina sind verschiedene Ereignisse, die stets mit der Geschichte des Staates Israels zusammenhängen. Schon vor der Naqba, der Gründung des israelischen Staates am 14.Mai 1948 richtete sich bewaffneter Widerstand gegen die jüdischen Einwanderer. Nach dem UN-Teilungsplan, welcher die Gründung zweier Staaten in Palästina bestimmte, nahm die Gewaltbereitschaft, die Anzahl der Anschläge sowie deren Grausamkeit stetig zu. Das Gebiet der Palästinenser verkleinerte sich, bis es im Sechstagekrieg 1967 völlig besetzt wurde. Jene Gebiete, welche noch unter arabischer Verwaltung in Palästina stehen, sind lediglich 22% von denen, welche der UN-Teilungsplan vorgesehen hatte. Die Palästinenser kann man seither als Volk ohne Land bezeichnen.
Eine große Fluchtwelle nach Jordanien war die Folge. Jedoch zerstörte der haschemitische König Hussein nach Problemen mit den Vertriebenen die meisten PLO-Ansiedlungen, so daß es zum ,,Staat im Staate" im Süden Libanons kam. Doch auch dort wurden die Palästinenser im Norden von den libanesischen Truppen bekämpft, während vom Süden die israelische Armee gegen sie vorging (nach einem Gemetzel in einem südlibanesischen Flüchtlingslager bei dem 2750 Opfer gezählt wurden, musste der damalige israelische Außenminister Ariel Scharon - welcher die Verhinderung dieses Tötens unterlassen hatte - zurücktreten).
Diese Arbeit soll ein genaueres Bild der 1,8 Millionen Palästinenser vermitteln. Ihre Situation und die daraus resultierende entstandene Gewaltbereitschaft der Gruppen und Organisationen sollen analysiert und erklärt werden.
2 Gruppen innerhalb der PLO
Die PLO ist der größte Dachverband für palästinensische Interessen. Gegründet wurde sie 1964 um den vielen verschiedenen palästinensischen Strömungen eine Artikulationsmöglichkeit in der arabischen, später in der ganzen Welt zu geben. In ihr findet sich der Großteil der politisch motivierten Bevölkerung wieder. Allerdings ist sie nicht als einheitliche Partei zu verstehen, sondern als komplexes Konstrukt, bestehend aus vielerlei verschiedener Strömungen mit genauso vielen verschiedenen Methoden zur Erreichung ihres gemeinsamen Zieles: Die Befreiung Palästinas in den Grenzen des ehemaligen britischen Mandatgebietes.
Alle Mittel durften laut PLO-Charta (welche nach der Prinzipienerklärung geändert wurde) dafür eingesetzt werden. Bei der fünften Nationalversammlung 1969 erreichte die Fatah die Mehrheit der Stimmen womit Arafat führender Kopf der Palästinenser wurde. Nach dem Sechstagekrieg 1967 verlagerte die PLO und ein Großteil der ihr angehörigen Gruppen ihren Aktivitätenschwerpunkt auf den Libanon, Syrien und Jordanien, um von dort zu gegebener Stunde Israel zu attackieren. Diese Stunde kam 20 Jahre später in der ersten Intifada 1987.
Das Spektrum der verschiedenen Gruppen mit oft gegensätzlichen Auffassungen zum Befreiungskampf lässt in der PLO nur schwer eine einheitliche Richtung erkennen. Die Tatsache, dass jede der größeren Mitgliedsorganisationen über eigene Streitkräfte mit eigener Befehlsgewalt verfügen, macht es der PLO schwer als Repräsentant der palästinensischen Bevölkerung aufzutreten. Namentlich zählen zu den Mitgliedsorganisationen der PLO die unten aufgeführten.
2.1 Harakat al-Tahrir al-Watari al-Filastin (Fatah)
Die erste und immer noch stärkste palästinensische Befreiungsorganisation wurde 1957 von Yassir Arafat (mit vollem Namen: Muhammad ´Abd-al-Ra´uf al-Qidwa al- Husseini) in Kuwait gegründet. Der Name Fatah setzt sich aus der umgekehrten Reihenfolge der Anfangsbuchstaben der wichtigsten Wörter zusammen und bedeutet ,,Öffnung".
Nur kurze Zeit nach der Gründung erlebte die Fatah erheblichen Zulauf, war zahlenmäßig jedoch nicht repräsentativ für das palästinensische Volk. Grund für dies Anwachsen war u.a. die Äußerung Nassers 1956 (welcher zuerst durch pro-palästinensische Äußerungen Beliebtheit fand) daß er sich - im Hintergrund steigender Spannungen mit Israel - nicht für einen palästinensischen Staat einsetzen werde. Trotz dieser Wende panarabischer Ansichten verdeutlicht die Fatah ihre panarabischen Absichten in Artikel 1 ihrer Charta: ,,Palestine is part of the Arab World, and the Palestinian people are part of the Arab Nation, and their struggle is part of its struggle."1
Da sich die später gegründete PLO (1964) sowie die übrigen arabischen Staaten sich einer militärischen Konfrontation mit Israel nicht gerüstet sahen, begann Fatah terroristische Attacken gegen Zionisten ab 1965 im Alleingang zu verüben. Die Taktik der Fatah bestand aus rebellischen kleineren Angriffen und Attentaten aus dem Hinterhalt. Bewaffneter Kampf wird als unvermeidlich zur Befreiung Palästinas angesehen.2 Somit sollte den Israelis das Leben auf palästinensischem Boden zur Greuel werden.
Obwohl die Fatah eher zu den gemäßigteren Gruppen zählt, verübte sie jedoch insbesondere vor der dem Osloer Abkommen 1993 eine Reihe blutiger Anschläge. Einer der wohl berühmtester davon ist die Besetzung eines Busses in Richtung Tel Aviv. Auf der Fahrt dorthin wurden mehrere Passagiere getötet, sowie auf unzählige Passanten oder entgegenkommende Autos geschossen. Insgesamt wurden 46 Menschen getötet und 85 verletzt.3
Neben Terroraktionen in Palästina arbeitete die Fatah mit europäischen und asiatischen Einheiten zusammen. Diese Zusammenarbeit spiegelt sich weniger in der Durchführung gemeinsamer Aktionen als durch Waffenhandel wieder. ,,Nach Darstellung des führenden deutsch-israeilischen Analytikers Dr. David Schiller, hätten deren deutschen Gesinnungsgenossen (gemeint ist die RAF, d.A.) ohne die Hilfe der palästinensischen Terroristen nicht überleben können".4
2.2 Democratic Front for the Liberation of Palestine (DFLP)
Die DFLP wurde 1969 in Syrien von Naif Hawatmeh gegründet und erhält von dort (sowie aus Lybien) militärische und finanzielle Unterstützung. Sie entstand aus der Abspaltung von 500 Mann aus der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP).
Im Gegensatz zur Fatah ist die DFLP ist noch einer der wenigen Anhänger der panarabischen Idee. Zudem sieht ihren Kampf im Zusammenhang mit Befreiungsorganisationen in Afrika, Lateinamerika und Asien.5 Diese angestrebte Internationalität zeigt sich in der bekennenden Sympathie zu allen ant i- imperialistischen und anti-rassistischen Bewegungen. Trotz ihrer zahlreichen Beziehungen zu ausländischen Terrorgruppen führt sie ihre Anschläge ohne fremde Hilfe aus.
Zur Durchsetzung ihrer Ziele greift die DFLP auf marxistisches Vokabular zurück und fördert eine Revolution der Arbeiter unter sozialistischer Bildung. Sie fordert eine palästinensische Nationalstaatbildung auf allen Gebieten, die von den Israelis freigegeben werden. Im Laufe ihrer Entwicklung kooperiert die DFLP im zunehmenden Maße mit anti-Arafat-Gruppen und unterstützte nicht die Attacken der Fatah 1983/84. Jede Friedensverhandlung mit den Israelis lehnt die DFLP ab.
Die DFLP beschränkt ihre Aktivitäten auf israelisches Territorium oder jenes der besetzten Gebiete. Seit ihrer Gründung bedient sie sich Guerilla-Taktiken zur Befreiung Palästinas. Insbesondere in den 80er Jahren fiel die Organisation durch eine Reihe kleinerer Bombenanschläge gegen israelische Einrichtungen auf. Dazu zählen Handgranatenwürfe innerhalb Jerusalems und Tel Aviv, mehrere Anschläge auf Busse und gezielte Schüsse auf Grenzsoldaten.
Die grausamste Tat jedoch wurde schon im Mai 1974 verübt, als Terroristen der DFLP als israelische Soldaten verkleidet in eine Schule eindrangen und beim Schusswechsel mit der Armee 27 Menschen starben.
2.3 Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP)
Anders als Fatah war die PFLP eine der Gründungsorganisationen der PLO. Sie wurde 1961 in Kuwait von George Habash gegründet welcher 32 Jahre deren Vorsitzender war. Die PFLP entstand aus der Arab National Movement (ANM) welche 1951 von Habsash und Hani alHindi an der amerikanischen Eliteuniversität in Beirut inoffiziell gegründet wurde. Aus ihr entwickelte sich die Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP). Insbesondere jordanische Palästinenser fanden dort Zulauf.
Ebenfalls wie die DFLP ist sie sozialistisch angehaucht, möchte jedoch einen demokratischen Staat ,,from the river to the sea"6 errichten. Laut Hoffman (2001:99) hing die PFLP einer ,,global revolutionären Orientierung an."7
Die PFLP kündigt ihre Mitgliedschaft zur PLO 1993 nachdem Arafat mit Peres die Osloer Prinzipienerklärung unterzeichnet hat. Sicherlich fanden fundamentalistische Strömungen innerhalb der PLFP in den Osloer Verträgen den totalen Bruch mit der PLO, jedoch wissen die Führer von dem Status, den der größte palästinensische Dachverband weltweit gewonnen hat. ,,We in the PFLP believe that the PLO (...) can serve as the instrument for the political unification of the Palestinian people."8 Gespräche zum Wiedereintritt finden seit 1999 statt.
Ein großer Unterschied zur DFLP ist die Art des Terrorismus. Sieht die DFLP nationale Guerilla-Bewegungen als das Mittel zur Lösung des Konflikts an, so möchte die PFLP durch internationalen Terrorismus Aufmerksamkeit erregen. Dass Terrorismus ein legitimes Mittel sei, die Interessen der Palästinenser durchzusetzen, lässt Abu Ali Mustafa, der Nachfolger Habashs in einem Interview eindeutig zur Sprache kommen: ,,We believe the Palestinian people (...) have the right to struggle in all means, including the armed struggle, because we think the conflict is the constant factor while the means and tactics are the variables...".9
Bekannt ist diese Gruppe hauptsächlich durch Flugzeugentführungen geworden. Habash wird in Hoffman dazu folgendermaßen zitiert: ,,Wenn wir Flugzeuge entführen, dann hat dies mehr Wirkung, als wenn wir hundert Israelis im Kampf töten".10Dadurch möchte er die Situation der Palästinenser in die Internationale Politik befördern. Unter diesem Aspekt lässt sich voreilig eine Verwicklung der PFLP in die Anschläge auf das World Trade Center am 11.09.01 vermuten, jedoch distanziert sie sich davon eindeutig, ja würde diesen Anschlag sogar als kontraproduktiv für die palästinensische Befreiungsbewegung beurteilen. Das Pressebüro der PFLP nimmt dazu folgenden Standpunkt ein: ,,While it is true that the Popular Front is againsts the policy of the United States Administration (...), this in no way implies that U.S civilians or any other civilians are a target for the Popular Front."11Dies steht jedoch im Widerspruch zu sonstigen Anschlägen der PFLP, jedoch kann angesichts der Ausmaße der Anschläge eine vorsichtige Formulierung unterstellt werden. Zudem zählt kein Israeli als ,,civilian", da er sich auf palästinensischem Grund bewegt.
Tatsächlich fand die Definition des Begriffes ,,Internationaler Terrorismus" bei einer Flugzeugentführung der PFLP ihren Ursprung. Eine israelische Maschine auf dem Weg von Rom nach Tel Aviv wurde 1968 nach Algier umgeleitet. Dies war die erste von noch vielen folgenden Flugzeugentführungen. Bei einigen der folgenden Entführungen wurde der Flughafen Amman, und somit das Gastgeberland der flüchtigen Palästinenser involviert. Dieser eingeschleppte Terrorismus brachte den haschemitischen König Hussein zur Kriegserklärung gegen die PLO, welche nach erbitterten Kämpfen (3000 Tote) ihren Hauptsitz in den Libanon verlagerte.
Im Mai 1972 richteten Extremisten der PFLP in Zusammenarbeit mit japanischen Rote - Armee Kämpfern im Flughafen von Tel Aviv ein Blutbad an, bei welchem 24 Menschen den Tod fanden. 1973 forderte das oberste palästinensische Gremium - der Palästinensische Nationalkongre ß (PNC) - das Beenden terroristischer Attacken im Ausland. Dies geschah vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Amman. Aufgrund dieser Forderung kam es zur Abspaltung der extremistischen Gruppen innerhalb der PFLP (wie z.B. PFLP-GC), da sie dieser Forderung nicht nachgeben wollten. Habash folgte der Forderung des PNC und versuchte das Zerfallen der PFLP zu verhindern.
3. Gruppen außerhalb der PLO
Gruppen, die sich nicht in der PLO wiederfinden waren früher oft Anhänger oder Teil einer PLO-Gruppe. Zu einer bedeutenden Wendung des Zusammenspiels palästinensischer Gruppen kam es nach der Prinzipienerklärung am 9. September 1993 in Oslo, in der die Anerkennung Israels durch die PLO erfolgte. In einem Gegengipfel in Damaskus unterzeichneten zehn Palästinenserorganisationen ein Kommuniqué, in dem sie zum Kampf gegen das ,,verräterrische Arafat-Rabin-Abkommen aufriefen und eine Fortsetzung ihres Dschihad gegen den zionistischen Feind ankündigten."12Daher kann die PLO nicht als Repräsentant für das palästinensische Volk angesehen werden.
3.1 Islamic Resistance Movement (Hamas)
Die Hamas (Harakdat al- muq→wama al- islamìya) ist außerhalb der PLO die größte und einflußreichste palästinensische Organisation, welche stellenweise Zuspruch von 30 - 40 % der Bevölkerung erhält.13
Entstanden ist die Hamas aus der Muslimbruderschaft, welche 1928 in Ägypten gegründet wurde. Zeitlich lässt sie sich in den Rahmen der panarabischen Bewegung betten, jedoch gehen ihre Bestrebungen darüber hinaus. Schon früh erkannte der Gründer der Muslimbruderschaft Hasan al-Banna die Gefahr der sich expandierenden, säkularisierten westlichen Werte. Der Kampf der Muslimbruderschaft sollte laut al- Banna gegen ,,die Zerstörung von Religion und Moral unter dem Vorwand individueller und intellektueller Freiheit" geführt werden,14welche in der jüdischen Gesellschaft in Israel ein besonderes Reizpotential birgt. Dies ist notwendig um zu verstehen, dass die Hamas, welche sich aus dem militärischen Arm der Muslimbruderschaft entwickelte, ihren Kampf nicht nur als reinen Befreiungskampf, sondern insbesondere gegen die von al- Banna beschriebene Kulturentwicklung - welche im westlich orientierten Israel zur Geltung kommt - richtet. Die Hamas weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass der Kampf gegen die Juden nicht als Angehörige einer Glaubensgemeinschaft vollzogen wird, allerdings kann es in Palästina nur eine Religion geben: ,,The Hamas movement believes that the the conflict wirh the Zionists in Palestine is a conflict of survival."15Die Hamas wird laut Charta nie ein anderes Land ausser Israel angreifen. Die Naqba (die Gründung des Staates Israel) wird in der Hamas als Folge des Vernachlässigen religiösen Glaubens gesehen, womit die Befreiung Palästinas nur durch eine strikte Re-Islamisierung der Palästinenser und ein daraus resultierendes Zerstören des Staates Israels erfolgen kann.
Die Hamas entwickelte sich als Produkt der Intifada, jedoch gab es sie schon in Ansätzen seit längerer Zeit. Ihr offizielles Gründungsdatum ist der 15. Dezember 1987.16Bemerkenswert ist dass Israel die Hamas nicht bekämpfte, sondern ,,im Gegenteil, die israelische Regierung unterstützte Hamas in der Anfangsphase finanziell, um so die PLO zu schwächen".17Doch nach der Intifada und insbesondere nach dem Zerwürfnis der gemäßigten Gruppen mit den Extremen nach dem Osloer Abkommen 1993 wurde die Hamas zum größten Risikopotential für eine friedliche Lösung des Palästinenserproblems.
Besonders während des Krieges der Steine (wie die Intifada auch genannt wird), entwickelte sich die Hamas zu einer gewalttätigen Terrorgruppe, doch insbesondere fiel sie in der Zeit nach dem Osloer Abkommen auf, in der sie stellenweise mit dem Palestinian Islamic Jihad zusammenarbeite. Ein Kennzeichen der Hamas ist die große Zahl an Selbstmordattentätern. Diese dürfen sich nicht freiwillig melden, sondern werden dazu ernannt. Anschläge, welche die Öffentlichkeit stark berührten waren Attentate auf einen voll besetzten Bus einmal in Tel Aviv am 19.10.1995, bei dem 22 Menschen getötet wurden und ein weiteres Mal in Jerusalem am 25. Februar 1996 in Jerusalem, an dem 26 Menschen, darunter 9 Soldaten den Tod fanden.18,,Mehr als 150 Menschen sind bei 14 Selbstmordangriffen durch Mitglieder der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihad (...) zwischen April 1994 und Juli 1997 getötet worden."19Seit Beginn der al-aqsa-Intifada im Dezember 2000 sind Selbstmordanschläge der Hamas das ,,Kennzeichen" des Nahostkonfliktes.
3.2 Palestinian Islamic Jihad (PIJ)
Der Palestinian Islamic Jihad (Harakat al-Jihad al-Islami al-Filastini) als extrem terroristische Gruppe ist ein Dachverband mehrerer Splittergruppen, die aus differenzierten Gründen nicht mit der Hamas zusammenarbeiten wollen. Der PIJ strebt - im Gegensatz zur Hamas - durch die Befreiung Palästinas mit einer großen, panarabischen Armee die Vereinigung eines Großarabischen Reiches an. Bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt der PIJ durch Guerilla-Taktiken die Schwächung Israels. Somit lässt sich eine Häufung der Attacken gegen israelische Soldaten erklären.
Eine große Bedeutung spielte der PIJ vor und während der Intifada, in der er durch die ersten Selbstmordattentate auffiel. Hamas als Produkt der Intifada stellte sich zuerst als Gegengewicht zum PIJ dar, jedoch ergab sich eine Zusammenarbeit der beiden Gruppen (besonders 1996/97) als sich auch die Hamas mit Selbstmordattentaten einen Namen verschaffte. Die Hamas gewann die führende Rolle im Gaza-Streifen, welches das Zentrum beider Gruppen ist.
Oberhaupt des PIJ war Fathi Shaqaqi, welcher erst der Musimbruderschaft angehörte, dort jedoch aufgrund der ihrigen gewaltablehnenden Haltung ausstieg und 1979 den PIJ in Kairo gründete. Teilhaber an der Gründung waren u.a. palästinensische Extremisten, welche sich der Palästinensischen Bruderschaft im Gaza-Streifen widersetzten. Shaqaqi wurde 1995 in Malta durch den Mossad umgebracht.
Der PIJ kennzeichnet sich durch den großen Einfluss arabischer Nachbarstaaten sowie durch die Kooperation mit der Fatah oder der Hamas. Dies führt zu keiner einheitlichen Führung. Innerhalb des PIJ gibt es Abspaltungen und davon nochmals Abspaltungen. Hervorzuheben sind zwei aufeinanderfolgende Bombenexplosionen am 22. Januar 1995, welche 19 Menschen töteten, 18 davon waren israelische Soldaten. Im März 1996 detonierte in Tel Aviv eine Bombe nahe einem Einkaufszentrum und riss 12 Zivilisten und einen Soldaten in den Tod.
3.3 Fatah - Revolutionary Council (Abu-Nidal-Gruppe)
Eine extreme Gruppe der Fatah, die sich Fatah - Revolutionary Council (FRC) oder Abu - Nidal - Gruppe nennt, trennte sich 1974 von der Fatah. Sie behauptet bewaffneter Kampf sei das einzige Mittel um gegen die israelische Besatzung vorzugehen.
Unbestrittenes Oberhaupt dieser rund 400-Mann starken Splittergruppe ist Sabri al- Bana (Abu Nidal), der Gründer der Gruppe. In der ersten Zeit ihres Bestehens wurde sie aus Bagdad finanziell und materiell unterstützt, musste den Irak später jedoch verlassen. Nidal verlagerte seinen Hauptsitz erst nach Syrien, später nach Libyen wo er Flüchtlingslagern half, aber auch seinen Terrorismus an den Staat verkaufte. Durch Gelder aus diesen drei Ländern besaß die Abu - Nidal - Gruppe 1988 rund 400 Millionen Dollar und ein ausgefeiltes transnationales Terrornetzwerk.20
Fatah - Revolutionary Council galt als eine der gewalttätigsten Terrorgruppen unter den palästinensischen. Der Großteil der Anschläge galt insbesondere den Arabern, welche sich mit dem Westen anfreundeten, die Gruppe in ihren Aktivitäten behinderte oder kritisierte. Auffällig sind viele Anschläge auf PLO - Vertreter in der westlichen Welt.
Die Liste der Anschläge der Abu-Nidal Gruppe ist sehr lang und blutig. Bemerkenswert ist ein Ansteigern der Gewaltbereitschaft in der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Waren anfangs Gebäude oder Einzelpersonen die Opfer, wurden in der zweiten Hälfte häufig Unschuldige Zivilisten in Anschläge involviert.
Innerhalb der Abu-Nidal-Gruppe gibt es zwei verschiedene Parteien. Während die Gruppe 15. Juni überwiegend Anschläge auf jordanische Diplomaten oder führende PLO-Politiker verübte (wie z. B. 1978 in London als Said Hammami, ein hoher PLO-Fuktionär erschossen wurde oder Anschläge auf jordanische Botschafter 1983 in Rom, Neu-Delhi, Athen und Madrid) richtet die Revolutionäre Bewegung Sozialistischer Muslime ihren Schwerpunkt auf die Zerstörung britischer Ziele (z. B. Anschläge auf den britischen Kommissar in Bombay und die Zerstörung der Büros der British Airways in Beirut, beide im November 1984). Aus diesem Rahmen der gezielten Attentate fällt die zweite Hälfte der 90er Jahre, in denen die Abu-Nidal-Gruppe mit extrem hohen Menschenopfern die Weltöffentlichkeit erschütterte. Die bedeutsamsten unter ihnen waren die Entführung eines ägyptischen Flugzeuges nach Malta, an dem nach einem missglückten Rettungsversuch der ägyptischen Luftwaffe 66 Menschen ums Leben kamen, oder das Zusammenspiel dreier Attentate am 27. Dezember auf Flughäfen in Karachi, Rom und Wien bei denen 22 Menschen den Tod fanden.21Nach einem Anschlag auf den PLO-Vize Abu Jihad am 14. Januar 1991 wurde es ruhig um die Gruppe. Seither ist sie nicht mehr nennenswert aufgefallen. Doch angesichts ihrer Aggressivität und ihres immensen Vermögens stellt die Gruppe Fatah - Revlutionary Council immer noch ein Sicherheitsrisiko dar. Abu Nidal selbst, gilt auch innerhalb der arabischen Welt mittlerweile als ,,Bandit und Mörder".22
3.4 Popular Front for the Liberation of Palestine - General Command (PFLP-GC)
Wie es der Name schon vermuten lässt, spaltete sich die PFLP-GC 1968 von der Popular Front ab. Grund dafür waren Streitigkeiten zwische n George Habash und Ahmad Jibril, der sich als Leiter ansah. Hervorzuheben sind die extremen Ansichten Jibrils, welcher jede Art von Kommunikation mit seinen Feinden ablehnt: ,,unlike Habash, Jibril rejected any involvement in politics and advocated pure armed struggle".23Die Gruppe strebt die Herstellung eines panarabischen Reiches an, und behauptet dass der einzige Weg dazu der Angriff auf Israel sei. Der Kampf der militärisch weit unterlegenen Palästinenser dient lediglich zur Vorbereitung eines Großangriffes aller arabischen Staaten auf Israel. Damit distanziert sich die PFLP-GC von einem Großteil der PLO-nahen Gruppen, welche den Befreiungskampf als interne Angelegenheit betrachten.
Jibril pflegt enge Kontakte mit Syrien, von wo aus er politisch und finanziell unterstützt wird. Anmerkend dazu muss erwähnt werden, dass Jibril ein früherer General in der syrischen Armee gewesen ist. Das Hauptquartier befindet sich in Damaskus, jedoch werden die meisten terroristischen Aktionen - insbesondere gegen israelische Siedler - vom Süden des Libanon ausgeführt. Aber auch mit dem Libyen liebäugelte die Terrorgr uppe, welche dort von Gadafi Trainingslager zur Verfügung gestellt bekam und ebenfalls finanziell und logistisch unterstützt wurde. Grund dafür war die aktive Teilnahme PLFP-GC Aktivisten beim TschadKrieg 1987. Zudem arbeitet die Gruppe mit anderen Terrorgruppen wie der libanesischen Hisbollah, der Abu-Nidal-Gruppe und der Japanischen Roten Armee zusammen. Neben einer Reihe von Bombenanschlägen und Brandsätzen in Israel folgten wenige Flugzeugentführungen und andere terroristische Akte auf internationaler Ebene. Der gewaltsamste unter ihnen ist die Bombardierung eines Swissair-Flugzeuges welches die Absicht hatte nach Israel zu fliegen. Alle 42 Passagiere starben.
3.5 Palestine Liberation Front (PLF)
Die PLF unter Abu Abbas entstand durch eine Apspaltung von der PFLP-GC im Jahr 1977. Nach der Invasion Israels in den Libanon teilte sich die Gruppe auf und zerstreute sich. Die PLF erhielt viel Geld und Waffen aus dem Irak, zu dem die Gruppe intensive Kontakte pflegte. Neben einer überschaubaren Anzahl kleinerer, gezielter Attentate ist die PLF für die Extravaganz ihrer Anschläge bekannt, die jedoch meistens missglückten, oder sogar den Terroristen als einziges Opfer forderten. Dazu zählen zwei Versuche mit einem Heißluftballon die israelische Grenze zu überqueren oder mit Para-Gleitern Bomben abzuwerfen.
Einer der berühmtesten palästinensischen Aktivitäten wird jedoch auch dieser kleinen Gruppe zugerechnet. Es handelt sich um die Entführung der Achille Lauro, eines italienischen Kreuzfahrtschiffes. Arafat und andere PLO-Führer nahmen Gespräche mit den Entführern auf, welche sie zur Aufgabe des Vorhabens bewegen konnten. Während der Verhandlungen, in denen die Freilassung von 50 palästinensischen Gefangenen gefordert wurde, schalteten sich die USA unabhängig davon ein, da sich amerikanische Passagiere ebenfalls an Bord befanden, und brachten die planmäßige Lösung der Aktion in Gefahr.
3.6 Schwarzer September
Die Splittergruppe Schwarzer September besteht aus einer kleinen Anzahl terroristischer Extremisten welche sich nach den Ereignissen in Jordanien 1970 von der Fatah trennte. Durch internationale terroristische Anschläge wollte sie das Anliegen der Palästinenser in die Welt tragen. Die berühmteste Aktion war die Entführung und Erschießung 9 israelischer Olympia- Sportler am 18. Juli 1972 in München. Während des dramatischen Szenario welches auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck endete, forderten 8 Terroristen die Freilassung von 234 arabischen Gefangenen und zwei RAF - Mitgliedern: Andreas Baader und Ulrike Meinhof.
Ägyptische und deutsche Behörden kamen dieser Forderung nicht nach, was in einem Blutbad an Terroristen und Sportlern endete. Dies Ereignis änderte das öffentliche Bild des Palästinensers als Flüchtling zu dem eines Terroristen.24
Tab. 1: Verzeichnis der wichtigsten palästinensischen Organisationen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4 Fazit
Was genau in Arafat während der Unterzeichnung der ,,Prinzipienerklärung" (oder: GazaJericho-Abkommen) 1993 in Washington D.C. vorging, werden nur wenige wissen. Jedoch muss ihm bewusst gewesen sein, dass dies ein Zerfallen der PLO - und damit das Sprachrohr der Palästinenser - zur Folge haben werde.
Diese Arbeit sollte zeigen, wie distinkt die Charaktere palästinensischer Gruppen und Organisationen sind. Der Friedensprozess erhält dadurch einen lähmenden Charakter, der nur durch mühsames Verhandeln mit möglichst vielen Vertretern der unterschiedlichsten Gruppierungen erfolgen kann. Arafat als Vertreter für Interessen für das palästinensische Volk ist spätestens seit dem Gaza-Jericho-Abkommen nicht mehr vorstellbar.
Fatah, DFLP und PFLP sind zwar ein greifbarer Ansatz zu Verhandlungen, allerdings ist der Dialog mit den gemässigten Gruppen nicht ausreichend. Angesichts der neu ausgebrochenen Intifada und einem Absinken der Hemmschwelle zu Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten, bis hin zu Selbstmordanschlägen, ist der Dialog der einzige Weg um zumindest eine Ruhepause der Gewaltwelle herbeizuführen. Palästinenser sind nicht gewalttätiger als andere Völker, daher lässt sich ihr Hang zum Terrorismus nur durch Unterdrückung, Vertreibung, Misshandlung aber auch durch religiöse Wahnvorstellungen erklären. Jeder dieser Aspekte, verdient Aufmerksamkeit und muss behandelt werden.
Es gibt keine Ideallösung für diesen Konflikt, jedoch müssen verschiedene Ansätze im Lösungsweg gesucht werden. Mit Sicherheit ist einer dieser Ansätze das Eingehen auf die Pluralität in der palästinensischen Gesellschaft.
Literatur
Barber, Benjamin R. (2001 2): Coca Cola und Heiliger Krieg. Jihad vs. McWorld. Der grundlegende Konflikt unserer Zeit.Bern/München/Wien.
Herz, Dietmar & Julia Steets (2002 3): Palästina. Gaza und Westbank. Geschichte Politik Kultur. München.
Hippler, Jochen & Andrea Lueg (1987): Gewalt als Politik. Terrorismus und Intervention im Nahen Osten. Köln.
Hoffman, Bruce (2001 2): Terrorismus. Provokation der Gewalt. Frank furt am Main Kaulisch, Thomas (1996): Israel und die PLO. Der Friedensprozeß seit dem Zweiten Weltkrieg und die Rolle der externen Akteure. Vierow.
Livingstone, Neil C. & David Halevy (1990): Inside the PLO. New York.
Literatur aus dem Internet
Mustafa, Abu Ali (Interview) (2000): www.pflp-pal.org/opinion/interviews/general.html Zugriff am 22.02.02
Pressebüro der PFLP (2001): www.pflp-pal.org/press/110901.html Zugriff am 22.02.02 Charta der Fatah (1961):
www.fateh.net/e_public/constitution.htm#The%20Movement´s%20EssentialZugriff am 22.02.02
Tal, David (2001): http://www.ict.org.il/Articles/pflp-gc1.htm Zugriff am 22.02.02
Homepage der Hamas (2001): http://www.palestine- info.com/hamas/about/index.htm Zugriff am 24.02.02
Institute for Counterterrorism (2002): http://ww.ict.org.il. Zugriff am 22.02.02
[...]
1 Charta der Fatah (1961), Artikel 1
2 vgl.: Charta der Fatah (1961), Artikel 17
3 vgl. Livingstone (1990:32)
4 Hoffman, Bruce (2001:107)
5 vgl. Institute for Counterterrorism
6 Mustafa, Abu Ali ( 2000)
7 Hoffman, Bruce (2001:99)
8 Mustafa, A. (2000)
9 Mustafa, A. (2000)
10 Hoffman, B. (2001:90)
11 Pressebüro der PFLP am 11.09.01
12 Kaulisch, Thomas (1996:114)
13 Elger, Ralf (2001:115)
14 al-Banna in: Barber 2001:224 vgl. Homepage der Hamas (2002)
15 vgl. Homepage der Hamas (2002)
16 Hamas-Homepage (2001)
17 Hoffman, B. (2001:157)
18 vgl. Institute for Counterterrorism (2002)
19 Hoffman, B. (2201:128f.)
20 Hoffman, B. (2001:251)
21 vgl. Institute for Counterterrorism
22 vgl. Hoffman, B. (2001:234)
23 Tal, David (2001)
24 Livingstone (1990:104)
- Quote paper
- Simon Woyte (Author), 2002, Gewaltbereitschaft Palästinensischer Gruppen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106284
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