Inhalt
1. Einleitung
2. Insitutionalisierung struktureller Elemente
2.1. Institutionalisierung und Institutionen
2.2. Institutionalisierte Regeln und formale Organisationsstruktur
3. Schaffung und Weiterentwicklung formaler Strukturen
4. Organisation und Umwelt
4.1. Technische und institutionelle Umwelten
4.2. Einfluss institutioneller Umwelten auf Organisationen
5. Institutioneller Isomorphismus
5.1. Isomorphismus durch Zwang
5.2. Isomorphismus durch Imitation
5.3. Isomorphismus durch normativen Druck
6. Konflikte zwischen institutionellen Regeln und Effizienz und Lösung dieser Spannungen
6.1. Konfliktsituationen
6.2. Lösung der Spannungsverhältnisse
6.2.1. Entkopplung
6.2.2. Die Logik des Vertrauens und der gute Wille
7. Kritische Würdigung
1. Einleitung
Organisationen funktionieren nach ihren Blaupausen. Diese Vorstellung findet sich bereits bei Max Weber: Regeln und vorgegebene Prozeduren werden genau befolgt. Die formale Struktur wird als ein Instrument betrachtet, mit dem sich die Aktivitäten einer Organisation effizient steuern lassen.
Die Vertreter des situativen Ansatzes, die sich auf Weber beziehen, bezeichnen Organisationen daher als umweltoffene Systeme. Sie treten mit ihren Umwelten in Austausch und passen ihre formalen Strukturen an die jeweiligen Situationen an, um Effizienzeinbußen zu vermeiden.
Doch Organisationen handeln nicht immer rational. Diese These wird im institutionalistischen Ansatz vertreten. Hier werden Organisationen zwar auch als Systeme gesehen, die ihre Strukturen ihren Umwelten entsprechend gestalten. Die Institutionalisten1 argumentieren jedoch, dass strukturelle Elemente nicht nur der Effizienz wegen adoptiert werden, sondern vor allem, um der Organisation Legitimität2 zu verschaffen.
2. Institutionalisierung struktureller Elemente
2.1. Institutionalisierung und Institutionen
Mit dem Begriff Institutionalisierung meinen die Vertreter des institutionalistischen Ansatzes sowohl ein Prozess als auch ein Zustand, wie Peter Walgenbach (1999, S. 320) ausführt:
Institutionalisierung als Prozess bezieht sich auf den Vorgang, durch den sich Erwartungen und Handlungen zu nicht mehr zu hinterfragenden entwickeln. Sie werden zum Bestandteil einer Situation, die als objektiv gegeben betrachtet wird. Institutionalisierung als Zustand meint Situationen, in denen die gedanklich geteilte ,,Wirklichkeit" einer Gesellschaft oder Kultur bestimmt, was Bedeutung besitzt und welche Handlungen möglich sind.
W. Richard Scott schreibt, dass ,,Wirklichkeit" sozial konstruiert ist. Das, was als ,,wirklich" betrachtet wird, wird durch Alltagserfahrungen bestimmt und entsteht durch soziale Interaktion.
,,Social order comes into being as individuals take action, interpret that action, and share with others their interpretations. (...) The process by which actions become repeated over time and are assigned similar meanings by self and others is defined as institutionalization"
(Scott 1987, S. 495).
John W. Meyer und Brian Rowan beschreiben Institutionen als soziale Ordnungen und Muster, die für die Akteure einen gewissen und sicheren Status erreicht haben.
,,Institutions inevitably involve normative obligations but often enter into social life primarily as facts which must be taken into account by actors.
Institutionalization involves the process by which social processes, obligations, or actualities come to take on a rulelike status in social thought and action"
(Meyer/Rowan 1977, S. 341).
Zusammenfassend kann man sagen, dass bestimmte Handlungen und Verpflichtungen durch bestehende Zwänge und Gesetze in einer Gesellschaft zu festen Regeln, zu Institutionen werden. Sie werden außerhalb des Individuums erfahren, sie gehen als Fakten in das soziale Leben ein und werden als gegeben und richtig betrachtet.
Die Akteure behandeln Institutionen als relativ feste Einrichtungen und sehen diese als zweckmäßige und sinnvolle Elemente (Vgl. Walgenbach 1999, S. 321ff.; Scott 1987, S. 495 ff.).
Welche gesellschaftlichen Vorstellungen Bedeutung besitzen, ist von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich. Beispielsweise sind ein amerikanischer Geschäftsmann und ein tibetanischer Mönch sicherlich geteilter Meinung darüber, welche Handlungen und Erwartungen richtig sind oder als selbstverständlich gelten. Die beiden haben verschiedene soziale Wirklichkeiten. Institutionalisierung ist somit vom kulturellen Rahmen abhängig.
2.2. Institutionalisierte Regeln und formale Organisationsstruktur
Die Institutionalisten gehen davon aus, dass soziale Muster, d.h. Vorstellungen und Erwartungen, die in einer Gesellschaft bestehen, generell festlegen, wie Organisationen gestaltet sein sollen. Sie bestimmen, wie beispielsweise Unternehmen, Krankenhäuser oder Schulen auszusehen haben, warum sie nützlich sind und welche Aufgaben ihnen zukommen.
,,Viele der in Organisationen vorzufindenden Stellen, Abteilungen, Verfahrensweisen oder Programme werden aufgrund deröffentlichen Meinung und der Sichtweisen wichtiger Kunden erforderlich oder durch Gesetze erzwungen, sie werden adoptiert, und zwar unabhängig von ihren Auswirkungen auf das Arbeitsergebnis" (Walgenbach 1999, S. 320).
Eine institutionalisierte Regel, eine feste Erwartung in unserer Gesellschaft ist beispielsweise, dass Unternehmen EDV-Programme nutzen. Genauso sollten sie über ihre Einnahmen und Ausgaben Buch führen und eine Personalabteilung haben.
Eine Organisation, die diesen gesellschaftlichen Anforderungen nicht nachkommt, erscheint uns schnell ,,altbacken", konservativ und wenig rational. In unserer Vorstellung gehören diese Methoden zu einer modernen Organisation und sind nicht von ihr wegzudenken. Das bedeutet, dass EDV, Buchführung und eine Personalabteilung für Firmen zu Institutionen geworden sind, an denen sie nicht vorbeikönnen.
Ein sehr wichtiges Argument in institutionalistischen Ansätzen ist, dass Organisationen solche gesellschaftlich anerkannten Elemente nicht nur aus Gründen der Effizienz adoptieren. Dies betont auch Michael I. Reed:
,,... organisations adopt structural forms that are externally legitimated in terms of collectively valued purposes and norms, rather than in terms of environmentally mediated demands for technical efficiency and operational effectiveness ..." (Reed 1992, S. 173).
Organisationen nehmen institutionalisierte Regeln in ihre Struktur auf. Sie tun das nicht, weil diese unbedingt mit Effizienzvorteilen verbunden sind, sondern um von ihrer Außenwelt Legitimität zu erlangen.
3. Schaffung und Weiterentwicklung formaler Strukturen
Die Strukturen einer Organisation werden durch die Adoption gesellschaftlich institutionalisierter Regeln geformt und erweitert.
,,As rationalized institutional rules arise in given domains of work activity, formal organizations form and expand by incorporating these rules as structural elements. (...). The more modernized the society, the more extended the rationalized institutional structure in given domains and the greater the number of domains containing rationalized institutions" (Meyer/Rowan 1977, S. 345).
In modernen Gesellschaften gibt es ausgedehntere Strukturen von institutionalisierten Regeln der Rationalität und mehr Bereiche, die solche Richtlinien beinhalten. Demnach wird es immer schwieriger für Organisationen, den vielen unterschiedlichen Regelungen gerecht zu werden.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Umweltschutz und Verbraucherschutz. Früher waren Unternehmen nicht mit derartigen Gesetzen konfrontiert. Die zunehmende Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften führt dazu, dass immer neue Bereiche entstehen, die weitere institutionalisierte Regeln und Anforderungen mit sich bringen.
Die Institutionalisten nennen solche Bereiche ,,institutionelle Umwelten" und diese sind meist ebenfalls organisiert. Organisationen interagieren in erster Linie mit anderen Organisationen. ,,Sie reagieren auf Umwelten, die aus Organisationen bestehen, die auf Umwelten aus Reaktionen von Organisationen reagieren" (Walgenbach 1999, S. 325).
Aber was in den einzelnen Umwelten als rational gilt, kann sehr unterschiedlich sein. Meyer und Rowan (1977, S. 343) schreiben:
,,.. norms of rationality are not simply general values. They exist in much more specific and powerful ways in the rules, understandings, and meanings attached to institutionalized social structures."
Meyer und Rowan verwenden hier den Begriff ,,Rationalitätsmythen". Er soll ausdrücken, dass Rationalität in verschiedenen Bereichen in verschiedenen Formen auftreten kann.
,,In modern societies, the myths generating formal organizational structure ... are rationalized and impersonal prescriptions that identify various social purposes as technical ones and specify in a rulelike way the appropriate means to pursue these technical purposes rationally ..., they are highly institutionalized and thus in some measure beyond the discretion of any individual participant or organisation" (Meyer/Rowan 1977, S. 343f.).
Rationalitätsmythen bezeichnen Regeln, Rituale, die soziale Ziele bestimmen und gleichzeitig die Mittel festlegen, die zur rationalen Verfolgung dieser Ziele angemessen sind.
Nach Ansicht der Institutionalisten führt die Modernisierung der Gesellschaft über zwei Pfade zur Schaffung und Weiterentwicklung formaler Organisationsstrukturen:
Zum einen durch die Differenziertheit der Netzwerke und Austauschbeziehungen gesellschaftlicher Organisation. Zum andern durch die Vielzahl institutionalisierter Regeln, welche zunehmend an Bedeutung gewinnen (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 : Die Entstehung und Weiterentwicklung formaler Organisationsstrukturen (entnommen aus Meyer/Rowan 1977, S. 346).
4. Organisation und Umwelt
4.1. Technische und institutionelle Umwelten
Man kann bei den Institutionalisten zwischen zwei Arten von Umwelten unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf Organisationen haben: Technische und institutionelle Umwelten.
In technischen Umwelten werden Produkte und Dienste am Markt getauscht. Die Organisation wird aufgrund der effektiven Steuerung und Koordination der Arbeitsprozesse entlohnt. Somit muss sie Strukturen adoptieren, die ihre Effizienz erhöhen, um auf dem Markt mithalten zu können. In institutionellen Umwelten müssen Organisationen Konformität mit institutionalisierten Regeln zeigen.
Durch die Adoption formaler Strukturen, die den vorherrschenden Vorstellungen von Rationalität entsprechen, erreichen Organisationen Legitimität und Stabilität und erhöhen somit den Ressourcenzufluss (Vgl. Walgenbach 1999, S. 326; Meyer/Rowan 1977, S. 353).
Produzierende Unternehmen z.B. sind vor allem den Einflüssen von technischen Umwelten ausgeliefert. Bei ihnen steht mehr die Effizienz im Vordergrund, da sie wettbewerbsfähig sein müssen um auf dem Markt überleben zu können. Die Konformität mit institutionalisierten Regeln ist insbesondere für öffentliche Organisationen wie Schulen oder Anwaltskanzleien wichtig. Sie erhalten dadurch Legitimität und Stabilität.
Die beiden Umwelten sind nicht voneinander trennbar. Laut Walgenbach (1999, S. 328) ist die Unterscheidung als eine rein analytische gedacht. Viele Organisationen, die in institutionellen Umwelten operieren, müssten auch Effizienzanforderungen genügen. Auf der anderen Seite seien auch Organisationen, die auf dem Markt konkurrieren, gezwungen, institutionalisierte Elemente zu adoptieren.
,,Selbst die am stärksten wettbewerblich orientierten Aktivitäten sind nur möglich, weil es ... institutionalisierte Elemente gibt, dieökonomischen Austausch sicherstellen", schreibt er. Der Handel an der Börse sei zum Beispiel ein sehr ausgeprägter Wettbewerb und institutionalisierte Handbewegungen und Ausrufe machten den Handel erst möglich.
Jede Organisation ist irgendwo mit beiderlei Umwelten konfrontiert, ist mehr oder minder in institutionelle und technische Kontexte eingebunden. Dennoch können diese verschieden starke Ausprägungen haben (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 : Kombination technischer und institutioneller Umwelten in den USA (entnommen aus Walgenbach 1999, S. 329).
4.2. Einfluss institutioneller Umwelten auf Organisationen
Organisationen nehmen institutionalisierte Elemente ihrer Umwelten in ihre Strukturen auf.
,,Organisation und Umwelt entwickeln sich parallel" (Walgenbach 1999, S. 324).
Diese Übereinstimmung mit den Erwartungen der Gesellschaft hat drei entscheidende Folgen für Organisationen (Vgl. Meyer/Rowan 1977, S. 348ff.; Walgenbach 1999, S. 330f.):
1. Strukturelle Elemente werden übernommen, weil sie von der Außenwelt legitimiert sind und weniger wegen deren Effizienz.
Der insgesamt wichtigste und von den Institutionalisten am stärksten betonte Aspekt ist, dass die Übernahme struktureller Elemente ihre Legitimität erhöht, so Walgenbach (1999, S. 331). Durch die Adoption institutionalisierter Elemente demonstriere die Organisation, dass sie ein Subsystem der Gesellschaft und kein unabhängiges System ist. Völlig losgelöst von ihrer jeweiligen technischen Effizienz verschafften solche institutionalisierten Elemente einer Organisation die Anerkennung, dass sie den Erfordernissen entspricht, rational organisiert und modern ist.
Dadurch, dass Organisationen ihre Strukturen nach den Rationalitätsmythen gestalten, zeigen sie, dass sie in sorgfältiger Weise kollektive Werte und Ziele verfolgen:
,,... an organization demonstrates that it is acting on collectively valued purposes in a proper and adequate manner. The incorporation of institutionalized elements ... protects the organisation from having its conduct questioned"
(Meyer/Rowan 1977, S. 349).
Unternehmen sind beispielsweise so gut wie gezwungen dazu, Umweltschutzprogramme zu entwickeln oder Nichtraucherzonen in den Pausenhallen einzuführen, ganz gleich, ob sich diese effizient auf das Arbeitsergebnis auswirken oder nicht. Organisationen sind weniger anfechtbar, wenn sie mit institutionellen Regeln konform gehen. Tun sie dies nicht, kann das unter Umständen drastische Folgen haben: Sie werden von ihrer Außenwelt ,,illegitimiert" und das bedeutet im schlimmsten Fall die Schließung eines Unternehmens.
2. Um den Wert von strukturellen Elementen zu bestimmen, benutzen Organisationen externe und nicht ihre eigenen Bewertungskriterien.
Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass die Übernahme von modernen und angesehenen Organisationskonzepten sogar die Kreditwürdigkeit einer Organisation verbessern kann.
Solche Konzepte spiegeln die jüngsten Erkenntnisse von Experten wider und besitzen deshalb ein hohes Prestige. Die Organisation zeigt damit, dass sie Anpassungsfähigkeit an die Erfordernisse der Situation besitzt und prozessorientiert ist (Vgl. Walgenbach 1999, S. 331; Meyer/Rowan 1977, S. 351).
3. Institutionalisierte Elemente erhöhen die Stabilität der internen und externen organisationalen Beziehungen. Sie puffern mögliche Turbulenzen.
Institutionalisierte Regeln gelten als sicher und gegeben. Sie reduzieren die Wahrscheinlichkeit von extremen Instabilitäten hinsichtlich der als rational betrachteten organisationalen Verfahrensweisen, Techniken oder Produkte. Die Bedingungen des Marktes, die Eigenschaften von Einbringungs- und Ausbringungsfaktoren oder die technischen Verfahrensweisen unterliegen ebenfalls der Steuerung durch Institutionen.
Die Adoption solcher Regeln führt zur Standardisierung und Stabilisierung. Das kann beispielsweise zur Folge haben, dass ein Unternehmen Zahlungen erhält, wenn es vereinbarte Prozeduren einhält, selbst wenn sich das Produkt letztlich als nutzlos herausstellt (Vgl. Walgenbach 1999, S. 331).
Abbildung 3 illustriert noch einmal sehr schön die bisher erbrachten Zusammenhänge:
Nach Auffassung der Institutionalisten hängt Erfolg und Überleben von Organisationen auch von anderen Faktoren als der effizienten Steuerung der Arbeitsaktivitäten ab.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Ü berleben von Organisationen (entnommen aus Walgenbach 1999, S. 332).
5. Institutioneller Isomorphismus
Die Institutionalisten betrachten den Prozess der Instituionalisierung als einen, der
,,in erster Linie auf der Ebene organisationaler Felder 3 auftritt und damit als einen interorganisationalen Prozeß.(...)
Hat sich einmal ein organisationales Feld entwickelt, beginnen bestimmte Kräfte zu wirken, die dazu führen, dass sich Organisationen, die in den gleichen Geschäftsfeldern ... operieren, immerähnlicher werden. Die institutionalisierten Elemente in einem organisationalen Feld begrenzen nämlich die Richtung und die Inhalte vonänderungen und bedingen zugleich, daß... ein weiterer Schub in Richtung Homogenisierung einsetzt" (Walgenbach 1999, S. 333). Organisationen werden isomorph4, strukturgleich.
Es wird zwischen drei Mechanismen unterschieden, die einen Wandel in Richtung Isomorphie zur Folge haben: Isomorphie durch Zwang, Imitation und normativen Druck (Vgl. Walgenbach 1999, S. 334ff.).
5.1. Isomorphismus durch Zwang
Dieser entsteht entweder durch den ,,Druck, den andere Organisationen auf eine Organisation ausüben, oder durch kulturell bedingte Erwartungen in einer Gesellschaft" (Walgenbach 1999, S. 334).
Der Staat beeinflusst beispielsweise in vielen Hinsichten die Struktur von Organisationen, so Walgenbach (1999, S. 334). Schon allein durch die rechtliche Umwelt, wie Vertragsrecht oder Steuerrecht, würden Organisationen in ähnlicher Weise geformt. Ein anderes Beispiel sei die Umweltschutzgesetzgebung. Um ihr zu entsprechen würden Stellen wie die des Umweltschutzbeauftragten eingerichtet. Organisationen würden somit zunehmend homogener und würden in immer größerem Maße durch Rituale der Konformität gegenüber den Regeln, die in den Umwelten institutionalisiert sind, organisiert.
5.2. Isomorphismus durch Imitation
Oft werden Organisationen kopiert, die innerhalb eines organisationalen Feldes eine zentrale Stellung haben. ,,Organisationen orientieren sich in der Gestaltung der Strukturen und Prozesse an anderen Organisationen" (Walgenbach 1999, S. 334).
Laut Walgenbach (1999, S. 335) ist Unsicherheit hier ein großer Faktor. Je unsicherer die Beziehungen zwischen Zwecken und Mitteln seien, je uneindeutiger die Ziele der Organisation seien und je mehr Unsicherheit von der Umwelt ausginge, um so stärker sei das Ausmaß, in dem Organisationen ihre Strukturen nach dem Vorbild solcher gestalten, die als erfolgreich wahrgenommen werden.
So verbreiten sich zum Beispiel Programme, die auf die Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens abzielen, innerhalb organisationaler Felder sehr schnell.
,,Unternehmen adaptieren diese Innovationen, um das Ausmaßihrer Legitimität zu erhöhen. Sie demonstrieren, dass sie darum bemüht sind, die Arbeitsbedingungen zu verbessern" (Walgenbach 1999, S. 335).
5.3. Isomorphismus durch normativen Druck
Dies geschieht in erster Linie durch die ,,zunehmende Professionalisierung5 ".
Oft haben Ingenieure und Betriebswirte jeweils große Ähnlichkeit mit Kollegen in anderen Organisationen. Walgenbach (1999, S. 336) sieht als Ursache dafür die Ausbildungsinstitute, in denen gemeinsame Denkhaltungen entwickelt, sowie Normen und Modelle des Organisierens vermittelt werden. Berufsverbände und Wirtschaftsverbände seien dabei gute Netzwerke, durch die sich neue Modelle, Konzepte, Prozeduren, Ansichten usw. schnell in einer Vielzahl von Organisationen verbreiten können.
Ein weiterer wichtiger Mechanismus, der den normativen Isomorphismus unterstützt, sei die ,,Selektion des Personals". Innerhalb vieler organisationaler Felder würden neue Mitarbeiter von Organisationen aus der gleichen Branche angeworben, so Walgenbach (1999, S. 336f.).
Auch die Rekrutierung des Führungspersonals erfolge aus einer kleinen Auswahl von Universitäten und anderen Ausbildungsinstituten. Zudem gäbe es oft festgelegte Qualifikationsanforderungen für bestimmte Positionen.
,,Die Karrierewege vieler Professioneller werden beispielsweise so genau geplant undüberwacht, daßdiejenigen, die den Weg an die Spitze einer Organisation geschafft haben, nicht mehr zu unterscheiden sind. _
Dadurch_ steigt die Neigung in den Organisationen, Probleme inähnlicher Weise anzugehen, die gleichen Verfahrensweisen, Prozeduren und Strukturen als legitim zu betrachten sowie Entscheidungen inähnlicher Weise zu fällen" (Walgenbach 1999, S. 337).
All die genannten Mechanismen und Faktoren führen dazu, dass sich Organisationen, die in dem gleichen organisatorischen Feld liegen, immer mehr angleichen, isomorph werden.
6. Konflikte zwischen institutionellen Regeln und Effizienz und Lösung dieser Spannungen
6.1. Konfliktsituationen
Hängt der Erfolg einer Organisation in hohem Maße von der Konformität mit institutionalisierten Regeln ab, ist sie im Allgemeinen mit zwei Problemen konfrontiert (Vgl. Meyer/Rowan 1977, S. 355f.; Walgenbach 1999, S. 338f.):
1. Die Organisation versucht auf der einen Seite den institutionalisierten Regeln der Produktion zu entsprechen. Auf der anderen Seite stehen diese aber oft in Konflikt mit den Effizienzanforderungen.
Meyer und Rowan (1977, S. 355) nennen hierzu folgende Beispiele: Ein kranker Arbeiter muss von einem Arzt behandelt werden, der medizinisch anerkannte Verfahren vornimmt. Ob der Arbeiter effektiv behandelt wird, ist nebensächlich. Auch muss ein Busfahrer die vorgeschriebene Rute fahren, egal, wie viele Passagiere im Bus sitzen.
,,Organizations often face the dilemma that activities celebrating institutionalized rules, although they count as virtuous ceremonial expenditures, are pure costs from the point of view of efficiency" (Meyer/Rowan 1977, S. 355): Investiert ein Krankenhaus in teuere Technologiegeräte, so bringt das dem Hospital Ansehen und Prestige ein. Aber unter dem Gesichtspunkt der Effizienz bedeutet dies zunächst hohe Kosten.
2. Die Rationalitätsmythen sind in unterschiedlichen Umwelten der Organisation entstanden und stehen in konfliktärer Beziehung zueinander.
Um extern Unterstützung zu erlangen, versuchen Organisationen mehreren institutionalisierten Regeln nachzukommen. Michael I. Reed (1992, S. 174) schreibt hierzu:
,,Managers have to accommodate a range of competing, not to say conflicting, rationalities and somehow achieve a workable modus vivendi between operational efficiency and institutional viability. School managers, when designing the content and delivery of curricula, have to negotiate between government directives and pressure group demands from teachers and parents."
Durch die Erwartungen, die die verschiedenen Umwelten an eine Organisation richten, kann für sie so etwas wie ein ,,Intrarollenkonflikt"6 entstehen: Die Organisation ist mit Erwartungen belastet, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen oder gar konfligieren.
Auf diese Weise kann es zu Spannungsverhältnissen kommen, die eine Organisation am geschicktesten durch die beiden Kunstgriffe ,,Entkopplung" und ,,Logik des Vertrauens" löst.
6.2. Lösung der Spannungsverhältnisse
6.2.1. Entkopplung
Organisationen in institutionellen Umwelten können ihre Aktivitäten wegen der Inkonsistenzen nicht durch formale Strukturen koordinieren, so Walgenbach (1999, S. 339). Durch enge Anbindung von formalen Strukturelementen und Aktivitäten könne es sein, dass Ineffizienzen und Inkonsistenzen bekannt werden. Deshalb sei es sehr hilfreich, strukturelle Elemente untereinander und von den Aktivitäten der Organisation zu entkoppeln.
,,Entkopplung ermöglicht es der Organisation, legitimierte formale Strukturen aufrechtzuerhalten, während die tatsächlichen Aktivitäten als Reaktion auf aktuelle und praktische Erfordernisse variieren. Das birgt einige Vorteile: Der Schein, daßdie formalen Strukturelemente arbeitsfähige Lösungen darstellen, wird bewahrt; und weil die Integration inkonsistenter institutionalisierter Regeln vermieden wird, werden Konflikte umgangen. Die Organisation erhält weiterhin Unterstützung von einem weiten Kreis von internen und externen Akteuren" (Walgenbach 1999, S. 339f.).
Die Ziele einer Organisation werden möglichst uneindeutig und vage gehalten. Zum Beispiel werden in Krankenhäusern Patienten behandelt und nicht geheilt. Es wird vermieden, die formalen Strukturen auf ihre technische Leistungsfähigkeit zu prüfen. Die Steuerung der Aktivitäten, ihre Überprüfung und Bewertung wird minimiert. Sie wird auf eine Rechenschaftslegung in Form von Geschäftsberichten, Bilanzen und Pressemitteilungen begrenzt (Vgl. Meyer/Rowan 1977, S. 357; Walgenbach 1999, S. 339).
Die Koordination und Anpassung der Arbeitsaktivitäten wird von den Mitarbeitern auf informellem Wege durchgeführt. Je nachdem, wie die Situation es verlangt, kann reagiert werden, ohne dass dies unbedingt in der formalen Struktur festgelegt ist. Dies erklärt auch, warum sich Organisationen in der Industrie von der formalen Struktur her sehr ähnlich, in praktischer Arbeitsweise jedoch sehr verschieden sind.
6.2.2. Die Logik des Vertrauens und der gute Wille
Es ist wichtig für eine Organisation, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter vertrauensvoll zusammenarbeiten. Die Organisationsmitglieder verpflichten sich nicht nur, die Fassade der ,,rationalen Organisation" aufrechtzuerhalten, sondern auch die Dinge hinter dem Vorhang am Laufen zu halten.
Die Mitarbeiter sind mit informeller Koordination und Steuerung beschäftigt, um einen reibungslosen Ablauf der aufgabenbezogenen Aktivitäten sicherzustellen und öffentliche Einmischungen zu verhindern (Vgl. Walgenbach 1999, S. 340).
Vertrauen erfordert, dass angenommen wird, dass jeder in guter Absicht handelt.
,,The assumption that things are as they seem, that employees and managers are performing their roles properly, allows an organization to perform its daily routines with a decoupled structure" (Meyer/Rowan 1977, S. 358).
Abbildung 4 fasst die Auswirkungen auf die Arbeistweise einer Organisation zusammen, die sich durch die Konformität mit institutionalisierten Regeln ergeben: Entkopplung, das Vetrauen und der gute Wille und die Minimierung von Inspektion und Bewertung der Aktivitäten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 : The effects of institutional isomorphism on organizations (entnommen aus Meyer/Rowan 1977, S. 360).
7. Kritische Würdigung
Der institutionalistische Ansatz ist insbesondere in den USA sehr verbreitet. Es findet sich kaum noch ein bedeutendes Journal, in dem nicht in mindestens einem Beitrag je Heft auf die institutionalistischen Ansätze Bezug genommen wird. Dennoch verkörpert er derzeit noch keine in sich geschlossene Theorie. Wichtige Fragen, die sich bei der Lektüre der Beiträge der Institutionalisten geradezu aufdrängen, bleiben unbeantwortet.
Beispielsweise bleibt ungeklärt, durch wen und wie Rationalitätsmythen institutionalisiert werden. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass zeremonielle Regeln und Mythen ,,vom Himmel fallen". Es erscheint wahrscheinlicher, dass sich diese durch zueinander in Konkurrenz stehende Interessen unterschiedlicher Akteure bilden. Hier stellt sich jedoch die Frage, wer die Macht besitzt, ein strukturelles Element zu legitimieren. Das ,,Phänomen Macht" wird in institutionalistischen Ansätzen völlig ausgeblendet.
Wie wird ein Element zu einer Institution und warum gerade dieses? Wie und warum kommt es zur Deinstitutionalisierung von Regeln und Erwartungen?
,,Es lässt sich herauslesen, daßInstitutionalisierung und Deinstitutionalisierung als passive, subtile Prozesse interpretiert werden. Es fehlen _aber_ ... Betrachtungen aktiver Handlungen, durch die soziale Akteure institutionalisierte Erwartungen schaffen, verstärken, verändern oder abbauen" (Walgenbach 1999, S. 352).
Institutionalisierte Regeln und Erwartungen sind in dieser Theorie einfach ,,irgendwie da", verbreiten sich über Mechanismen des Isomorphismus und werden reproduziert.
Auch die Frage, welche Auswirkungen unterschiedliche Grade der Institutionalisierung einzelner Elemente auf Organisationen haben, bleibt offen. Dies fällt besonders in den empirischen Studien der Institutionalisten auf.
Trotzdem bietet der institutionalistische Ansatz wichtige konzeptuelle Anstöße, um das Phänomen Organisation von einer anderen Seite zu beleuchten. Durch die Verknüpfung mit anderen Organisationstheorien lassen sich vielleicht weitere Erkenntnisfortschritte finden (Vgl. Walgenbach 1999, S. 347-353).
Literaturverzeichnis
Fuchs-Heinritz, Werner/ Lautmann, Rüdiger / Rammstedt, Otthein / Wienold, Hanns (Hrsg.) 1995: Lexikon zur Soziologie, Opladen: Westdeutscher Verlag.
Meyer, John W. / Rowan, Brian 1977: Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony. S. 340-363, in: American Journal of Sociology, 83.
Reed, Michael I. 1992: The sociology of organizations: Themes, perspectives and prospects, New York u.a.: Harvester Wheatsheaf.
Scott, W. Richard 1987: The Adolescence of Institutional Theory. S. 493-511, in: Administrative Science Quarterly 32.
Walgenbach, Peter 1999: Institutionalistische Ansätze in der Organisationssoziologie. S. 319- 353, in: Alfred Kieser (Hrsg.): Organisationstheorien (3. Auflage), Stuttgart/Köln/Berlin: Kohlhammer.
[...]
1 Institutionalisten sind Anhänger einer ,,gegen die reine Theorie gerichtete wirtschaftswissenschaftliche Strömung in den USA (T. Veblen). Wirtschaftliches Handeln muß den I. zufolge aus einem Ensemble institutioneller Bedingungen erklärt werden. Dazu bedarf es vornehmlich historischer und statistischer Studien" (Lexikon zur Soziologie, S. 303).
2 Legitimität ist eine ,,allgemeine Bezeichnung dafür, dass herrschende, politische Bewegungen und Institutionen aufgrund ihrer Übereinstimmung mit Gesetzen, Verfassungen, Prinzipien oder aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit für allgemein anerkannte Ziele akzeptiert, positiv bewertet und für rechtmäßig gehalten werden" (Lexikon zur Soziologie, S. 303).
3,,Mit organisationalen Feldern ... sind solche Organisationen gemeint, die in der Aggregation einen deutlich abgrenzbaren Bereich institutionellen Lebens darstellen: Anbieter, Konsumenten von Ressourcen und Produkten, Verwaltungsbehörden und andere Organisationen, die ähnliche Produkte und Dienste anbieten" (Walgenbach 1999, S. 333).
4 Isomorphie ist eine ,,Bezeichnung für eine Beziehung zwischen zwei Systemen von Elementen, die dann vorliegt, wenn beide Strukturen der Elemente umkehrbar eindeutig aufeinander abbildbar sind..." (Lexikon zur Soziologie, S. 319).
5,,Professionalisierung meint die kollektiven Bemühungen einer Berufsgruppe, die Konditionen und Methoden ihrer Arbeit zu definieren, um die ,Produktion der Produzenten' bestimmter Arbeitsleistungen zu steuern sowie eine gemeinschaftliche Denkhaltung und die Rechtfertigung einer beruflichen Autonomie zu schaffen" (Walgenbach 1999, S. 335).
6 Ein Intrarollenkonflikt ist eine ,,Situation widersprüchlicher Rollenerwartungen in den verschiedenen Sektoren einer Rolle. Üblicherweise hegen die typischen Partner einer Rolle unterschiedliche Erwartungen an das Verhalten des Rollenträgers. Vom Lehrer z.B. erwarten Schüler und deren Eltern Nachsicht bei der Zensurengebung; Schulbehörde und Industrie hingegen stellen strenge Leistungsanforderungen und verlangen Auslese (...)" (Lexikon zur Soziologie, S. 318).
- Citar trabajo
- Sinikka Oeckinghaus (Autor), 2001, Institutionalistische Ansätze in der Organisationssoziologie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106277
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.