In den Jahren 1995 / 1996 gab es in den Medien eine regelrechte Flut von Artikeln zu einem Thema, das bis dahin niemanden, der nicht christlich war, interessiert hatte: "Contemporary Christian Music (CCM)", Rockmusik mit christlichen Texten. Quasi unbemerkt von der säkularen Welt, hatte sich die meist geringschätzig belächelte und als marginal angesehene Musikart zu einer Multi-Millionen-Dollar-Industrie entwickelt. ( Vgl. Schuler; Dawidoff; Boehlert) CCM macht derweil einen Umsatz von 750 Millionen Dollar jährlich, und immer mehr kleine, christliche Plattenlabels wurden in den vergangenen Jahren von großen Firmen wie EMI und BMG aufgekauft. (Schuler; S. VII)
Vor allem aber - und das sorgte für den meisten Wirbel - kam die Musik gar nicht mehr so sakral daher, wie man es bisher von ihr gewohnt war: Die neuen Bands spielten Hip Hop und Grunge, sprangen wild auf der Bühne herum und waren auf den ersten Blick von ihren säkularen Gegenstücken kaum zu unterscheiden. Zwar hatte es in der Vergangenheit auch vereinzelte christliche Heavy-Metal- oder sogar Punk-Bands gegeben, doch die meiste christliche Musik war, wie deren erfolgreichste Vertreterin Amy Grant: kaum "hip" genug, um auf ein Teenager-Publikum zugeschnitten zu sein.
Die neue Aufmerksamkeit der Medien rührte sicherlich vor allem daher, daß das Billboard-Magazin (die Bibel der Hitparaden), die rund 2.000 christlichen Buchläden, in denen 85% dieser Musik verkauft wird, in sein Chart-System aufnahm. Plötzlich kletterte ein christliches Album in die Top Twenty: Jesus Freak von DC Talk erreichte 1995 Platz 16 der Verkaufszahlen. (Vgl. Schuler; S. VII)
Interessanterweise sind CCM-Bands aber unter nicht-christlichen Jugendlichen weitgehend unbekannt, d.h. es ist anzunehmen, daß es unter amerikanischen Teenagern eine Art Subkultur gibt, die diese Musik hört. Die Vertriebswege von CCM untermauern diese Annahme: Es gibt ca. 500 Radiostationen in Amerika, die nur christliche Rockmusik spielen. Es gibt den Musiksender Z Music, der 24 Stunden lang nur christliche Musikvideos sendet. Es gibt Zeitschriften, die sich auf diese Musik spezialisiert haben, wie CCM Magazine, Campus Life oder Release. (Vgl. Dawidoff; S. 40ff.)
In dieser Arbeit möchte ich meine These untersuchen, daß diese neue Form von CCM für christliche Jugendliche als Bestätigung ihres von der säkularen Norm abweichenden Wertesystems fungiert, und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stiftet [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. „Spirituelle Hurerei“ oder „Domestizierung“ von Rock-Musik? Die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von CCM
- 3. Die Form: Die Aneignung von Rock-Musik als Mittel jugendlicher Abgrenzung
- 4. Der Inhalt: Die Kanalisierung der Rebellion
- 5. Image und Wirklichkeit - CCM zwischen Missionierung und Anpassung an den säkularen Musikmarkt
- 6. Schlußbetrachtung
- 7. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die These, dass Contemporary Christian Music (CCM) für christliche Jugendliche eine Bestätigung ihres von der säkularen Norm abweichenden Wertesystems darstellt und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stiftet. Sie betrachtet CCM als Ausdruck einer Subkultur christlicher Jugendlicher, die die Sprache von Rock und Pop nutzt, um Jugendlichen einen Raum innerhalb der evangelikalen Gemeinde Amerikas zu bieten, der jedoch durch die Kontrolle durch Erwachsene wieder eingeschränkt wird. Die Arbeit beleuchtet den Widerspruch zwischen der Verquickung gegensätzlicher Welten (Rock und Christentum) und den Versuchen der CCM-Industrie, diese Konflikte durch die Vermarktung ihrer Künstler als Missionare zu lösen.
- Die Entstehung und Rezeption von CCM
- Die Nutzung von Rockmusik als Mittel der jugendlichen Abgrenzung innerhalb der christlichen Gemeinde
- Die Kanalisierung der Rebellion durch CCM
- Das Spannungsfeld zwischen Missionierung und Anpassung an den säkularen Musikmarkt
- CCM als Ausdruck einer Subkultur christlicher Jugendlicher
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den rasanten Aufstieg von Contemporary Christian Music (CCM) zu einer Multi-Millionen-Dollar-Industrie und die damit verbundene erhöhte Aufmerksamkeit der Medien. Besonders hervorzuheben ist der Wandel im Image von CCM: weg von der traditionellen sakralen Musik hin zu modernen Stilen wie Hip Hop und Grunge, wodurch die Musik für ein jüngeres Publikum attraktiver wurde. Die Arbeit stellt die These auf, dass CCM für christliche Jugendliche eine Bestätigung ihres Wertesystems und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stiftet, gleichzeitig aber auch von Erwachsenen kontrolliert wird. Der Mangel an wissenschaftlichem Material zu diesem Thema wird ebenfalls angesprochen.
2. „Spirituelle Hurerei“ oder „Domestizierung“ von Rockmusik? Die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von CCM: Dieses Kapitel untersucht den scheinbaren Widerspruch zwischen der fundamentalistischen christlichen Haltung gegenüber Rockmusik und der Entstehung von CCM. Es beleuchtet die anfängliche Ablehnung von Rockmusik durch fundamentalistische Christen als Teufelsanbetung und die lange Vorherrschaft traditioneller christlicher Musikformen. Das Kapitel stellt dar, wie sich CCM trotz dieser Vorbehalte entwickelte und welche Rolle populäre Musik mit christlichen Themen spielte, um die Akzeptanz bei einem breiteren Publikum zu erreichen. Die schwierige Beziehung zwischen traditioneller christlicher Lehre und der Adaption von populären Musikstilen wird hier thematisiert.
Schlüsselwörter
Contemporary Christian Music (CCM), Jugendkultur, Religiöse Subkultur, Evangelikale Gemeinde, Rockmusik, Rebellion, Missionierung, Medien, Musikmarkt, Identitätsfindung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse von Contemporary Christian Music (CCM)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit analysiert Contemporary Christian Music (CCM) und untersucht deren Rolle für christliche Jugendliche in den USA. Im Fokus steht die Frage, inwiefern CCM ein Bestätigungssystem für deren Werte darstellt und ein Gemeinschaftsgefühl fördert, aber gleichzeitig durch erwachsene Kontrollinstanzen eingeschränkt wird. Die Arbeit beleuchtet den Widerspruch zwischen der Integration von Rockmusik und christlichen Inhalten sowie die Strategien der CCM-Industrie zur Vermarktung ihrer Künstler.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entstehung und Rezeption von CCM, die Nutzung von Rockmusik als Mittel der Abgrenzung innerhalb der christlichen Gemeinde, die Kanalisierung jugendlicher Rebellion durch CCM, das Spannungsfeld zwischen Missionierung und Anpassung an den säkularen Musikmarkt sowie CCM als Ausdruck einer christlichen Jugendsubkultur. Die Arbeit betrachtet auch den Wandel im Image von CCM von traditioneller Sakralmusik hin zu modernen Stilen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in diesen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Eine Einleitung, die den Aufstieg von CCM und den Wandel des Images beschreibt, ein Kapitel zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von CCM mit dem Fokus auf den Widerspruch zwischen fundamentalistischer Haltung und der Adaption von Rockmusik, ein Kapitel zur Nutzung von Rockmusik als Mittel jugendlicher Abgrenzung, ein Kapitel zur Kanalisierung von Rebellion durch CCM, ein Kapitel zu Image und Wirklichkeit von CCM im Spannungsfeld zwischen Missionierung und Markt und schließlich eine Schlussbetrachtung. Zusätzlich gibt es ein Literaturverzeichnis.
Welche These wird in der Arbeit vertreten?
Die zentrale These der Arbeit besagt, dass Contemporary Christian Music (CCM) für christliche Jugendliche eine Bestätigung ihres von der säkularen Norm abweichenden Wertesystems darstellt und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stiftet. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass dieses Gemeinschaftsgefühl durch die Kontrolle durch Erwachsene wieder eingeschränkt wird.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Contemporary Christian Music (CCM), Jugendkultur, Religiöse Subkultur, Evangelikale Gemeinde, Rockmusik, Rebellion, Missionierung, Medien, Musikmarkt, Identitätsfindung.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit ist für den akademischen Gebrauch bestimmt und dient der Analyse von Themen im Bereich der Jugendkultur, religiösen Subkulturen und der Musikbranche.
- Citation du texte
- Tanja Hamilton (Auteur), 1997, Contemporary Christian Music: Eine kontrollierte Jugendrebellion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10608