Welchen Einfluss hat die Mikropolitik sowie die gelebte Kultur auf die Organisationsgestaltung und letztendlich auf eine mögliche Strategie, welche wiederum Hand in Hand mit der Struktur in einem Unternehmen geht?
Im Folgenden wird die zu Beginn in den Raum gestellte These genauer unter die Lupe genommen und aufgezeigt, welche Auswirkungen die Äußerung auf die Zusammenhänge zwischen Strategie und Unternehmensstruktur mit sich bringt.
Grundlage dafür sind eigene Erlebnisse während meines bisherigen Berufslebens in einem globalen Automobilunternehmen.
Einleitung
Wer die Politik in Unternehmen, vor allem bei global agierenden Großmächten, nicht versteht der versteht nichts.
Oder in den Worten eines Managers gesagt, wer strategisch etwas durchsetzen will, muss sich bei uns gut auskennen.
Mit dieser ungeschriebenen Wahrheit wird eine Vielzahl von Mitarbeitern im täglichen Berufsleben auf das neue konfrontiert. Im speziellen betrifft es junge Optimisten mit visionären Gedanken ohne Erfahrungen aus dem realen Berufsleben, angefeuert von der Denkweise im Silicon Valley wozu ich mich selbst zähle, die beim Versuch neues in Bewegung zu setzen oft kläglich an unternehmerische Hürden scheitern. Daher stellt sich die Frage, wieso benötigt es ein gewisses politisches Geschick und welche Hürden in einem Unternehmen zu überwinden sind, wenn es um Neuerungen im Arbeitsleben geht?
Oft reicht es nicht aus, einen Masterplan in der Tasche zu haben um dem starren System und den daraus resultierenden „Business Theater“ die längst überfällige rote Karte zu zeigen. Hierbei spielen aus meiner eigenen schmerzhaften Erfahrung drei Schlüsselfaktoren eine erhebliche Rolle, um strategische Veränderungen zu bewirken. Es wäre ein Irrglaube zu meinen, dass politische Prozesse in Organisationen, auch anders bekannt als die sogenannte Mikropolitik, nicht allgegenwärtig sind, wenn es um Entscheidungen geht.
Denn jede Entscheidung in einem Unternehmen bedeutet eine Machtverschiebung und kann unter den eigenen Handlungsspielraum für sich und seine Abteilung einschränken. Wer diese informalen Prozesse um Macht und Einfluss nicht kennt, welche typischerweise hinter den Kulissen stattfinden, der wird es schwer haben sein Vorhaben erfolgreich umzusetzen.1 Wenn Menschen für eine Sache leben und diese bis auf das tiefste verinnerlicht haben können sie unfassbares leisten, dies beweist der FC Bayern München mit seiner „Mia san Mia“ – Lebenskultur seit Jahrzehnten eindrucksvoll. Dennoch zeigen viele empirische Studien, dass genau diese starken Kulturen in Organisationen für die Funktionstüchtigkeit von Systemen keineswegs nur positiv sondern auch negative Wirkungen haben.2
Besteht hierbei überhaupt die Möglichkeit eine strategische Neuerung ins Leben zu rufen oder muss zunächst die alte Kultur dafür eliminiert werden, um eine neue heranreifen zu lassen?
Eine der zentralsten Einflussfaktoren für die Gestaltung von Organisationen wird in der heutigen Zeit die Strategie gesehen. Demnach sollen alle formalen Aufbaustrukturen, Prozesse, Anreizsysteme den Erfordernissen der Strategie angepasst werden, um die strategischen Ziele zu erreichen.3
Doch welchen Einfluss hat die Mikropolitik sowie die gelebte Kultur auf die Organisationsgestaltung und letztendlich auf eine mögliche Strategie, welche wiederrum Hand in Hand mit der Struktur in einem Unternehmen geht?
Im Folgenden wird die zu Beginn in den Raum gestellte These genauer unter die Lupe genommen und aufgezeigt, welche Auswirkungen die Äußerung auf die Zusammenhänge zwischen Strategie und Unternehmensstruktur mit sich bringt.
Grundlage dafür sind eigene Erlebnisse während meines bisherigen Berufslebens in einem globalen Automobilunternehmen.
Hauptteil
Nicht nur in Berlin, Wien oder Washington finden täglich politische Machenschaften, Kuhhandel und das Schmieden von Allianzen statt, sondern auch in allen möglichen Entscheidungsgremien bei globalen Firmen durch das aufeinander treffen mehrere Parteien.
In diesen „politischen Parlamenten“ zeigt die Mikropolitik in Unternehmen ihr wahres Gesicht und macht deutlich welchen massiven Einfluss sie auf den Ausgang von neuen strategischen Veränderungen haben kann. Zentraler Fokus hierbei liegt in den versteckten Maßnahmen, welche von Organisationsleitern sowohl von ihren Mitarbeitern ergriffen werden um die eigenen Interessen durchzusetzen.4 Im speziellen, wenn die angestrebten Veränderungen unmittelbare Auswirkungen auf das Machtgefüge der „Bereichsfürsten“ mit sich bringt und somit die selbsternannten „Ritter der Tafelrunde“ Angst um ihren Einfluss, was wiederrum gleichzusetzen mit ihrer Daseinsberechtigung ist, bangen. Unter dieser Betrachtung ist es entscheidend im Voraus zu wissen, wie die einzelnen Player bei Veränderungen agieren und somit seine strategischen Pläne gezielt daraus auszurichten.
Ich bin selbst ein kleines Rad in einem global agierenden Automobilkonzern mit vier Ringen und kann aus eigener Erfahrung berichten, wie massiv der Aufprall gegen eine Mauer sein kann, wer nicht über den politischen Background seines Umfeldes verfügt. In Zeiten des technologischen Wandels wollte ich zu Beginn meines Arbeitslebens einen Umstieg in der Visualisierung von Designkontrollmodellen, kurz gesagt DKM, einführen. Mein Plan bestand darin die aktuell noch in Hardware aufgebauten Modelle, welche mitunter sehr kostspielig sind, mittels virtuell reality (VR) über eine 3D-Brille darzustellen. Das Ziel lag darin, einen Großteil der stets eingeplanten Budgets für ein DKM im Fahrzeugentwicklungsbudget zu reduzieren und gleichzeitig die aufzuwendende Kapazität hierdurch zu verringern.
Anhand des Umstiegs würden lediglich CAD-Entwickler zur Visualisierung der Designmodelle benötigt, wodurch die bisher notwendigen Kapazitäten und Materialkosten im Modellbau für Hardwaremodelle wegfielen.
Hierin lag meine größte Schwäche in meiner noch jungen politischen Karriere als ich annahm, die eingesparten Finanzmittel sowie die zusätzlich frei werdenden Kapazitäten in den Abteilungen könnten in Bereiche investiert werden, wonach aktuellen Stand noch erheblicher Handlungsbedarf in meinem damaligen Geschäftsbereich der Technische Entwicklung bestand. Ich sag nur Digitalisierung, aber dies ist ein anderes Kapitel.
Ich habe die Auswirkungen auf beide Abteilungen genau betrachtete und eine Umschichtung aufgezeigt, welche aktuell noch keinen Rückschluss auf einen notwendigen Stellenabbau zuließe, um die Angst der Bereichsleiter und ihrer Mannschaft vorweg zu nehmen.
Durch die Scheinkooperation der beiden Bereiche zu Beginn ließ ich mich damals blenden, ohne zu merken, dass hinter meinem Rücken eine Allianz der beiden Abteilungen entstand, welche wiederrum mein Vorhaben grandios zum Scheitern brachten. Wandelprojekte werden meistens als bedrohlich auf die bisher angeworbenen Kompetenzen, Arbeitsabläufe sowie den erworbenen Machteinfluss gesehen und tragen somit dem Widerstand für Veränderungen bei.5
Ihre größte Sorge bestand darin, durch den Umstieg an Einfluss im Entwicklungsprozess zu verlieren und sich früher oder später dennoch mit der Frage auseinander setzen zu müssen, wozu diese enorme Anzahl an Mitarbeitern in ihrem Bereich noch notwendig sei. Hier stellten die Abteilungsleiter ihre eigenen Interessen vor den notwendigen Neuerungen für das Unternehmen, da die Anzahl der Mitarbeiter schließlich an die Höhe ihrer Tantiemen gekoppelt ist. Anhand dieses Beispiels aus meinem täglichen Berufsleben wird sehr schnell deutlich, wie entscheidend das Wissen über die einzelnen Belange der jeweiligen Schlüsselpersonen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die geplanten Veränderungen mit sich bringt.
Die aktuell gelebte Kultur in einem Unternehmen ist das Herzstück, welches über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Die Visionäre an vorderster Front sind meist Spezialisten darin die richtigen Strategien für die Zukunft zu entwickeln, wodurch sie vorrauschauend die Stimmen aus dem Markt herausfiltern, aber die „lautlosen Schreie“ aus ihrer eigenen Mannschaft selten wahrnehmen. Doch genau diese Schreie können bei stark ausgeprägten Kulturen eine Veränderung abschmettern, indem sie an alten Erfolgsmustern vergangener Jahre stur festhalten. Eine kulturelle Neuausrichtung, wie klein sie auch scheinen mag, bedingt einer Selbstkritik, welches wiederrum ein hohes Maß an Offenheit, Kritikbereitschaft und Unbefangenheit voraussetzt. Daher besteht die Gefahr sich den hier notwendigen Prozess der Selbstreflektion in einer Art kollektiver Vermeidungshaltung zu versagen.6
Wer jahrelang Prozesse und geregeltem Ablauf mit detaillierten In- und Outputs nach Norm xy der Firma eingetrichtert bekommen hat, der kann mit dem Begriff agil selten was anfangen. Die Summe aller gemeinsam gelebten Werte und Normen, die das Handeln und Verhalten von Unternehmensmitgliedern prägen, wird als Unternehmenskultur bezeichnet. Diese tief verankerte Kultur, die über Generationen weitergegeben wurde, lässt sich extrem schwer operativ im Nachgang entfernen.7
In der heutigen Zeit fallen vermehrt in neuen Strategien die Schlagwörter wie „agil“, „flexibel“ und „schnell“, welche wie Parolen ausgerufen werden, ohne Nachzudenken ob die eigene Kultur diese Begriffe im Zusammenhang mit den daraus notwendigen Handelns überhaupt versteht und umsetzen kann. Viele Kulturen in Unternehmen, wie auch in meinem Fall, sind noch stark von der Zeit der Unternehmenspatriarchen geprägt, bei denen Prozesse, Prozesse und wiedermal Prozesse und nichts anders an oberster Stelle standen und weiterhin stehen. Ihre Mitarbeiter haben dadurch verlernt Eigeninitiative zu zeigen, über den Tellerrand ihrer Tätigkeit hinaus zu blicken und den in Stein gemeißelten Prozess zu beschleunigen, wenn es bei terminlich angespannten Projekten erforderlich ist.
Dieses sture Abarbeiten nach Schema F und das Festhalten an altbewährten habe ich vor einiger Zeit hautnah miterlebt, als es bei einem Prototypenaufbau, erstes physisches Fahrzeug im Entwicklungsprozess eines Serienfahrzeuges, im neuentwickelten Erstinbetriebnahme-Prozesse zu massiven Verzögerungen kam.
[...]
1 vgl. Schreyögg, 2016, S. 159
2 vgl. Schreyögg, 2016, S. 190ff
3 vgl. Roedl, 2015, https://www.roedl.de/themen/sanierungsbrief/2015-06/struktur-strategie [abgefragt am: 29.04.2019]
4 vgl. Schreyögg, 2016, S. 159
5 vgl. Schreyögg, 2016, S. 204
6 vgl. Schreyögg, 2016, S. 191
7 Vgl. Dachrodt, 2014, S. 113
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2019, Organisation und Management. Einfluss der Mikropolitik und der gelebten Kultur auf die Organisationsgestaltung und Strategie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1059690
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