GLIEDERUNG
A) Absolutismus
B) Schillers Kritik am Absolutismus anhand eines Vergleiches von Bürgertum und Adel
I. Gegenüberstellung von Bürgertum und Adel
1. Das Bürgertum
1.1 Lebenssituation
1.1.1 Armut
1.1.2 Bewusstsein der Lage
1.1.3 Stolz
1.2 starke Bindung
1.2.1 an Gott
1.2.2 innerhalb der Familie
1.3 Beziehung zum Adel
1.3.1 keine hohe Meinung vom Adel
1.3.2 Abhängigkeit vom Adel
1.3.3 Ausbeutung durch den Adel
2. Der Adel
2.1 reiche Lebensverhältnisse
2.2 Bedeutung der Ehre
2.3 Beziehung untereinander
2.3.1.1 schlechte Meinung voneinander
2.3.1.2 Abhängigkeit durch Hierarchie
2.3.1.3 wenig familiäre Bindungen
2.4 Beziehung zum Bürgertum
2.4.1.1 Keine hohe Meinung vom Bürgertum
2.4.1.2 Keinen realen Bezug zu bürgerlichem Leben
2.4.1.3 Willkürherrschaft über das Bürgertum
3. unterschiedliche Wertvorstellungen II. Schillers Kritik am Absolutismus
1. indirekte Kritik
1.1 Bürgertum
1.1.1 Kleinbürgerliche Familie
1.1.2 Resignation
1.2 Hof
1.2.1 Namen der Adligen
1.2.2 Überflüssigkeit und Verschwendungssucht
1.3 Gegensatz der zwei Stände
2. direkte Kritik
2.1 Ohnmacht der Bürger
2.2 Verbrechen des Adels
2.3 Willkürherrschaft des Adels
C) Auswirkungen des Absolutismus auf heute
Anhang: Literaturverzeichnis
Klasse 11b
Schriftliche Hausarbeit im Fach Deutsch
Themenvergabe 17.12.2001, Abgabetermin 07.01.2002 Literarische Erörterung
Lisa Herrmann
Thema: Erörtern Sie ausgehend von einem Vergleich des Bürgertums und des Adels, inwieweit Schiller mit seinem Drama „Kabale und Liebe“ Anklage gegen das damalige absolutistische System erhebt.
Absolutismus wird als „Regierungsform, in der alle Gewalt unbeschränkt in der Hand des Monarchen liegt“ oder auch als „Willkürherrschaft“ definiert (Der Große Duden, Fremdwörterbuch). Die früheste Form des Absolutismus begann sich bis Ende des 15. Jahrhunderts in Spanien und Frankreich durchzusetzen. Auch in Dänemark und Schweden etablierte sich diese Staatsform. Derartige Entwicklungen geschahen auf Grunde „des Versagens der älteren feudalen und ständestaatlichen Ordnungsgefüge“(Meyers Taschenlexikon, Geschichte). Zeitgleich entwickelte sich im Deutschen Reich „eine Art Fürstenaristokratie“ (Grundzüge der Geschichte, Seite 188). In den deutschen Einzelstaaten bildete sich der fürstliche Absolutismus heraus. Die Fürsten wollten die Stände unterdrücken, um mehr Geld zu bekommen, als ihnen von diesen bewilligt wurde. Nur wenige Länder, unter anderen auch Württemberg, hatten weiterhin eine „landständische Verfassung“ (Grundzüge der Geschichte, S.189). In diesem Einzelstaat des Deutschen Reiches wurde einer der berühmtesten Schriftsteller dieser Zeit, Friedrich Schiller, mit dem fürstlichen Absolutismus konfrontiert, als er an den Hof des Herzogs von Württemberg gerufen wurde. Dort erlebte er die Welt des Adels und dies veranlasste ihn dazu sein Drama „Kabale und Liebe“ zu schreiben. Die Problemthematik ist eine Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Standes, die auf Grund der dadurch hervorgerufenen Schwierigkeiten scheitert. Deswegen stellt sich die Frage, inwieweit Schiller mit seinem Werk den Absolutismus kritisieren will.
Um sich damit zu beschäftigen, sollte man sich zuerst näher ansehen, wie der Autor die Stände in seinem Drama darstellt.
Die Bürger leben in der Zeit des Absolutismus in ärmlichen Lebensverhältnissen. Ganz im Gegensatz zum Adel müssen sie ihr Brot mit harter Arbeit verdienen, so ist zum Beispiel Luises Vater, der im Drama Miller genannt wird, „Stadtmusikant“ (II, 2, S. 47, Z.21). Er gibt Flöten- und Violoncelliunterricht, um seine Familie versorgen zu können. Dass er trotzdem nicht viel
Geld verdient, kann man an seiner erstaunten Reaktion sehen, als der Adlige Ferdinand ihm einen Beutel voll Silbergeld und Goldmünzen geben will (V, 5, S.108, Z 25 ff). Als Miller das Geld schließlich annimmt, freut er sich sehr über seinen plötzlichen Reichtum und will seiner Tochter ermöglichen Französisch zu lernen, Menuet zu tanzen und zu Singen (V, 5, S.110, Z.19-20), was zu jener Zeit Luxus war.
Schiller stellt das Bürgertum als realistisch denkende Schicht dar. Es weiß um seine Stellung in der Gesellschaft Bescheid und ist sich dessen bewußt, dass es der Herrschaft der Adeligen ausgesetzt ist und wenig Möglichkeiten hat, etwas an der Situation zu ändern. Miller bezeichnet sich, zum Beispiel, gegenüber Wurm als „plumper gerader teutscher Kerl“ (I, 2, S.11, Z.6).Das zeigt auf, dass er weiß, welchem Stand er angehört und dies bereits hingenommen hat. Auch Luise ist schon zu Beginn des Dramas klar, dass ihre Liebe zu Ferdinand wegen ihrer verschiedenen Herkunft keine Chance haben wird (I, 4, S 16, Z.6-9), da sie erkannt hat, dass diese Beziehung „die Fugen der Bürgerwelt auseinander treiben, und die allgemeine ewige Ordnung zugrund stürzen würde“ (III, 4, S.65, Z.19-20). Im Gegensatz zu Ferdinand hat sie keine unmöglichen Träume, an die sie sich klammert, sondern ist sich der Realität ihrer Herkunft und der Unmöglichkeit mit einem Adligen glücklich zu werden bewusst.
Trotzdem besitzt Luise ihren eigenen Stolz. Das zeigt, dass das Bürgertum zwar vom Adel unterdrückt wird, jedoch seine Abstammung deswegen nicht leugnet. So sagt Luise der Lady Milford, einer Adligen, ins Gesicht, dass sie nicht „über ihre Herkunft errötet“ (IV, 7, S. 87, Z.28) und keine Almosen annehmen will. Aber nicht nur sie, sondern auch ihr Vater ist stolz und gibt Ferdinand sein Geld zurück, als er erfährt, dass dieser ihm damit seine Tochter „abkaufen“(V, L.S., S121, Z. 25-26) wollte.
Um ein Leben in der Unterdrückung des Adels meistern zu können hat das Bürgertum einen stark ausgeprägten Glauben an Gott, damit es sich in Zeiten der Not an einer überweltlichen Kraft festhalten kann. So kommen in der gewöhnlichen Sprache der Bürger immer wieder ernstgemeinte Ausrufe, wie „Gott behüt uns in Gnaden“ (I, 1, S.6, Z.8) oder „Gott bewahre mich“ (III, 6, S.70, Z.6) vor. Dass diese Hilferufe nicht einfach nur dahingesagt sind, wie es in der heutigen Zeit oft passiert, bestätigt die Tatsache, dass Luise gerade in der Messe ist, als Sekretär Wurm bei den Millers zu Hause eintrifft (I, 1, S.8, Z.31). Außerdem ist Luises erster Gedanke, als sie erfährt, dass sie in wenigen Minuten sterben wird, die Bitte an Gott, sich ihrer Seele zu erbarmen. (V, 7, S.117, Z.24).
Anschließend denkt sie an ihre Eltern (V, 7, S.117, Z.28), da innerhalb einer bürgerlichen Familie sehr starke Bindungen aneinander herrschen. Zwischen den Eltern ist die Beziehung so strukturiert, dass der Familienvater über der Mutter steht und ihr zu befehlen hat. Das tut Miller meistens, indem er seine Frau gleichzeitig abwertet und sie zum Beispiel „alberne Gans“ (I, 2, S.9, Z. 23) oder „Rabenaas“ (II, 4, S.43, Z.3) nennt. Besonders betont Schiller die Bindung zwischen dem Vater und Luise. Miller liebt seine Tochter „abgöttisch“ (V, 1, S.95, Z. 16-17) und verteidigt sie auch, als der Präsident Luise für eine Prostituierte hält, indem er zu dem Adeligen sagt, wer seine Tochter beleidige, beleidige auch ihn selbst (II, 6, S.48, Z.34-36). Auch Luise ist sehr an ihren Vater gebunden, was der Sekretär Wurm schamlos ausnutzt und die Tochter zwingt ihrem Vater zu helfen, indem sie ihren Liebhaber Ferdinand verrät (III, 6, S. 71, Z.5 ff). Am Ende des Dramas stellt Luise ihre Vaterliebe über die Liebe zu ihrem Geliebten und gibt Ferdinand schließlich für ihren Vater auf (V, 1, S.100, Z.15-20). Zwischen Mutter und Tochter wird kein derartig intensives Verhältnis dargestellt.
Auch zwischen dem Bürgertum und dem Adel herrscht eine distanzierte Beziehung, die auf den Standesschranken beruht. Das Bürgertum hat keine sehr gute Meinung von den Fürsten, was Schiller in seinem Werk immer wieder andeutet. So nennt Miller Ferdinand zum Beispiel einen „guten Schlucker“ (I, 1, S.5, Z. 32), ein Ausdruck, der in der damaligen Welt verächtlich gebraucht wurde um auszudrücken, dass ein Mensch gerne und viel aß und trank. Aber der Vater gibt dem Geliebten seiner Tochter nicht nur abwertende Titel, sondern auch die Schuld für das Elend, das die Familie Miller getroffen hat (V, 2, S.102, Z.1-2).
Allerdings sind die Bürger vollkommen abhängig vom Adel, was man daran sieht, dass der Präsident Miller und seine Frau ohne wirklichen Grund verhaften kann (II, 6, S.49, Z.27 ff). Die Abhängigkeit wird dadurch ausgelöst, dass im absolutistischen System das Bürgertum fast keine Rechte und der Monarch, hier der Adel, die ganze Gewalt in seinen Händen hat. Dass die Bürger eindeutig untergeordnet und somit abhängig sind, ist im Personenverzeichnis des Dramas festzustellen, das nach Ständen und Einfluss geordnet ist (S.3).
Dennoch bleibt es nicht nur bei der Abhängigkeit der Bürger von den Adeligen. Denn ein solches Verhältnis könnte sich durchaus positiv auswirken, zum Beispiel, indem das Bürgertum mit Geldhilfen unterstützt wird. Der in Kabale und Liebe dargestellte Adel nützt jedoch die Abhängigkeit seiner Bürger aus, was sehr deutlich in der Kammerdienerszene (II, 2) gezeigt wird, als Lady Milford vom Verkauf von jungen Männern für die amerikanische Armee erfährt (II, 2, S.32, Z.3-4). Somit werden die Bürger, deren Lebenssituation ohnehin nicht gut ist, von den Fürsten weiter ausgebeutet, da sie völlig abhängig von ihnen sind.
Durch diese Ausbeutung verbessert der Adel seinen hohen Lebensstandart stetig. Der Stand ist so reich, dass Adelige keinen Beruf ausüben müssen, um Geld zum Leben zu verdienen, sondern sich mit nutzlosen aber vergnüglichen Tätigkeiten, wie zum Beispiel „Schlittenfahrt(en)“ (I, 6, S.21, Z.11) oder einem „Feuerwerk“ (III, 2, S.58, Z.13) beschäftigen. Das wird am deutlichsten, als der Hofmarschall seine Aufgaben aufzählt, die er erledigen muss, und „Küchenzettel“ und „Visitenbillets“ als „dringende Geschäfte“ (I, 6, S.21, Z.9-10) bezeichnet. Auch können sich die Adeligen teuren Schmuck leisten. So hat zum Beispiel Ferdinand einen Brillantring ohne, dass er diesen für etwas Besonders erachtet (I, 4, S.15, Z.16-17).
Ein ganz wesentliches Merkmal des Adels ist sein Bestreben nach Ehre und Ansehen. So ist Ferdinand zwar bereit sein Leben seinem Vater zu opfern, will aber seine Ehre nicht verlieren, indem er Lady Milford heiratet (I, 7, S 26, Z.7-11). Der Sohn erkennt auch, dass man andere Adelige mit der Ehre zwingen kann, das zu tun, was von eigenem Vorteil ist. Er kann seinen Vater mit diesem Trick zunächst davon abhalten, Luises Eltern an den Pranger zu stellen (II, 7, S,52, Z.!8-20), indem er ihm droht die Verbrechen zu verraten, mit denen der Präsident an die Macht gekommen ist.
Auch daran kann man sehen, dass die Beziehungen innerhalb des Standes der Adeligen eher distanziert sind. Sie respektieren sich gegenseitig nur wenig, so nennt Lady Milford den Fürsten „schwach“, den Präsidenten den „hofschlauen Walter“ und den Hofmarschall „albern“ (II, 1, S.31. Z. 10-11).
Dennoch ist der Adel voneinander abhängig, was auf Grund der stark ausgeprägten Hierarchie im Adelsstand so ist. Dieser Punkt wird auch im Personenverzeichnis des Werkes verdeutlicht, wo die Adeligen nach ihrer Funktion und somit nach ihrem Einfluss geordnet sind (S.3). So steht Lady Milford wegen ihres Geschlechts unter den Herren, allerdings über dem Sekretär des Präsidenten, da dieser bürgerlicher Herkunft ist. Die Abhängigkeit hängt somit von der Stellung am Hof , dem Geschlecht und der Abstammung ab. Jeder Adelige ist abhängig von den ihm Übergeordneten und muss sich langsam hocharbeiten, um seinen Einfluss zu verbessern. Der Präsident selbst hat sich in seinem Leben hochgedient und um seine Ziele zu erreichen auch mehrmals zu fragwürdigen Mitteln, wie zum Beispiel zu „falschen Briefe(n) und Quittungen“ (III, 2, S.59, Z.10) gegriffen. Sein Sekretär drückt das mit den Worten aus, dass sein Herr „der biegsamen Hofkunst den ganzen Präsidenten zu danken“ (III, 1, S.54, Z.20) habe. Diesen Weg hat der Präsident auch für seinen Sohn genau geplant und will, dass er „im zwölften Jahr Fähndrich, im zwanzigsten Jahr Major“ (I, 7, S.24, Z.8-9) wird.
Durch dieses Beispiel lässt sich außerdem auf die Beziehungen innerhalb einer Familie schließen. Sie sind emotional nicht so stark ausgeprägt und werden oft zur Verbesserung des Ansehens genutzt. Ferdinand soll Lady Milford heiraten, weil sich das „Ansehen“ seines Vaters „auf den Einfluss der Lady stützt“ (I, 9, S.19, Z. 15-16). Zwar liebt der Präsident seinen Sohn, kann das aber nur ausdrücken, indem er ihn verwöhnt und ihm jeden Wunsch, so wie das Flötenspiel (V, 3, S.105, Z.26-27) gewährt, oder indem er ihm verdeutlicht, dass er all seinen Einfluss nur für seinen Sohn erworben hat (I, 7, S.23, Z.9-18). Dass Ferdinand sich von seinem Vater distanziert, liegt an seinem Charakter, der gegen den Adel rebellieren will.
Die Beziehung zum Bürgertum ist dagegen klar zu definieren. Die Adeligen haben eine geringe Meinung von den Bürgern, was sich deutlich zeigt, wenn der Präsident Luise eine „Hure seines Sohnes“ (II, 6, S.48, Z.24) oder eine „Bürgerkanaille“ (I, 5, S.17. Z.24) nennt, was heute Bürgergesindel heißt.
Weiterhin hat der Adel keinen realen Bezug zum Leben des Bürgertums. Der Stand wirkt wie ein abgeschlossener Bereich, der nur mit seinesgleichen verkehrt. So treten zwar bürgerliche Personen, wie zum Beispiel Wurm, am Hof auf (III, 3), jedoch geht es in diesen Szenen nur um ihre Funktion, die sie für die Welt des Adels haben. Generell können sich die Adeligen den Alltag der Bürger nicht vorstellen. So schwärmt Ferdinand vom unzertrennlichen Bund zwischen ihm und Luise (I, 4, S.16, Z.11-12) und kann ihre Zweifel nicht verstehen, weil er nicht begreifen kann, was für Schwierigkeiten sich für ein bürgerliches Mädchen auftun.
Durch dieses Mißverstehen und durch die Tatsache, dass die Herrscher die Lebensbedingungen des Bürgertums nicht wirklich verbessern wollen, verschlimmert sich deren Situation. Außerdem betreiben die Adeligen eine Willkürherrschaft, indem sie die Ohnmacht der Bürger und ihre eigene, ausgedehnte Macht ausnützen. Sie können ohne weiteres eine Familie verhaften (II, 6, S.49, Z.27-29) oder Bürger nach Amerika verkaufen (II, 2, S.32, Z.3-4), ohne dass sie sich vor einer unparteiischen Instanz rechtfertigen müssen, denn auch die Justiz untersteht dem Adel.
Wenn man also all diese Punkte zusammenfassend betrachtet, kann man sehen, dass der Mensch sehr von seinem Umfeld und seiner Lebenssituation geprägt wird. Auf Grund der großen Differenz haben Adel und Bürgertum verschiedene Wertordnungen entwickelt. Schiller stellt den Adel als oberflächliche Gesellschaft dar, in der es um Vergnügen, Ehre und Macht geht und sich , um diese Ziele zu erreichen, auch fragwürdiger Mittel bedient wird. Das Bürgertum wird im Gegenteil als Schicht gezeigt, die der Willkür der Machthabenden ausgeliefert ist und somit starke Familienbindungen, einen ausgeprägten Glauben an Gott und Stolz auf die eigene Herkunft als Selbstschutz vor dem Elend entwickelt hat.
Aber der Autor stellt die Bürger nicht nur positiv dar, sondern übt auch indirekte Kritik an ihren Wertvorstellungen. Zum einen klagt er die Strukturen in der kleinbürgerlichen Familie, vor allem aber die vom Vater beanspruchte absolute Liebe seiner Kinder, an. Das tut er, indem er zeigt, dass Luise durch ihre Vaterliebe verletzbar wird und nur dadurch gezwungen werden kann, ihren Geliebten Ferdinand zu verraten (III, 7, S.71, Z.5 ff). Auch wird die Tochter am Ende des Dramas dazu gedrängt Ferdinand zuliebe des Vaters ganz aufzugeben, als Miller sie fragt, ob „die Küsse“ von ihrem Geliebten heißer brennen würden, als „die Tränen“ (V, 1, S.100, Z.13) ihres Vaters.
Aber nicht nur die kleinbürgerliche Familie, sondern auch deren Resignation kritisiert Schiller in seinem Drama. Seiner Meinung nach hat das Bürgertum sich mit ihrer Situation zu sehr abgefunden und macht nicht einmal mehr den Versuch etwas daran zu ändern. Er gibt seinem Helden Ferdinand diese Eigenschaften und, obwohl dieser eigentlich vom Adelsstand abstammt, beschreibt er eine neue, „ungeborene Klasse des liberalen Bürgertums“ (Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas, S.84).
Auch der Adel wird in „Kabale und Liebe“ kritisiert. Was auffällt sind zum einen die Namen der Adeligen. So lässt sich aus „Hofmarschall von Kalb“ und Haussekretär „Wurm“ schließen, dass die Namen von Schiller mit Absicht gewählt wurden, um etwas über den Charakter der Adeligen auszudrücken. Bei Wurm ist leicht festzustellen, warum der Autor ihm diesen Namen gab. Der Sekretär ist auf Grunde seiner bürgerlichen Herkunft und seines Berufes am Hof eine Verbindung zwischen den zwei Ständen. Er kriecht sozusagen zwischen Bürgertum und Adel hin und her und durch ihn wird auch die Kabale ausgeführt (III, 6). Mit einem Kalb dagegen verbindet man ein plumpes Tier mit wenig Intelligenz. Diese Eigenschaften können auch beim Hofmarschall nachgewiesen werden. So gibt dieser „mit einem Schafsgesicht“ (III, 2, S.59, Z.18) zu, dass sein Verstand stillsteht, als der Präsident ihn nach einer Lösung des Liebesproblemes fragt.
Weiterhin kritisiert Schiller die Lebensgestaltung des Adels durch den Hofmarschall. Zwar hat dieser einen Beruf, doch er besteht nur aus Nichtigkeiten, wie „Küchenzettel“ und „Visitenbillets“ zu regeln. Dafür plant Kalb gerne vergnügliche Tätigkeiten wie zum Beispiel ein Feuerwerk (III, 2, S.58, Z.13). Schiller will durch ihn auch die Überflüssigkeit, Leere und Verschwendungssucht des Adels kritisieren. Auf Grund dessen, dass die Adeligen reich genug sind, um alles Lebensnotwendige zu besitzen, geben sie ihr Geld verschwenderisch aus. Das zeigen ebenfalls die Diamanten, die der Fürst der Lady Milford schenkt (II, 2, S.31, Z.24-27).
Auch übt Schiller Kritik an den in seinem Stück offensichtlichen Gegensätzen der zwei Stände. Er lässt sein Stück abwechselnd in der Wohnung der Familie Miller und am Hof spielen, um so die Unterschiede, wie zum Beispiel arm und reich, gläubig und ungläubig zu betonen. Damit will er aufzeigen, dass die bürgerliche Welt völlig verschieden von der der Adeligen ist, und auf diese Gegensätze besonders aufmerksam machen.
Punkte, die ihm besonders wichtig sind, kritisiert er direkt, indem er seine Figuren sprechen lässt. So übt er durch Luise Kritik an der Ohnmacht der Bürger. Nachdem ihre Eltern ohne Grund vom Präsidenten verhaftet worden sind (II, 6, S-49, Z.27-28), will sie zum Herzog gehen und ihm „sagen was Elend ist“, weil sie weiß, dass „die Großen der Welt noch nicht belehrt sind“ und auch „nicht wollen belehrt sein“.(III, 6, S.70, Z.7-10). Sie klagt an, dass die Adeligen die bürgerliche Welt nicht sehen, weil sie „hinter ihren eigenen Lastern“ „verschanzt vor der Wahrheit“ sind (III, 6, S.71, Z.1-2). Auf diese Weise bringt Schiller seine Kritik gegen die geballte Macht in der Hand der Adeligen und die Fixierung auf den eingenen Stand an.
Aber er lässt nicht nur das Bürgertum den Adel anklagen, sondern auch Ferdinand kritisiert den Stand, dem er selbst angehört. Er ist vor allem gegen die Intrigen und Kabalen, die innerhalb des Hofes gesponnen werden. Er weiß, dass der Präsident nicht nur mit legalen Mitteln an die Macht gekommen ist. Er nennt dieses Vorgehen einen „Frevel“ und will „dieser Missetat“ nicht „zur Ausrede dienen“ (I, 7, S.23, Z.21-23). Außerdem ist Ferdinand der Ansicht, dass die Glückseligkeit des Adels auf „Verbrechen“, „Neid, Furcht, Verwünschungen“ „Tränen, Flüche(n)“ und „Verzweiflung“ beruht. Dinge, die in seinem „Ideal von Glück“ (I, 7, S.24, Z.19- 25) nicht vorkommen. Somit stellt er sich gegen seine eigene Herkunft und wird zu einem Helden, der keinen Ort mehr hat, von dem er kommt und zu dem er gehört. Die schärfste Kritik am Adel lässt der Autor Lady Milford aussprechen. Sie klagt die Willkürherrschaft des Adels und die Ausbeutung des Bürgertums an, als sie von einem Kammerdiener erfährt, dass Soldaten nach Amerika verkauft worden sind (II, 2,,, S.33, Z.10-13) und der Fürst ihr mit diesem Geld Diamanten gekauft hat. Daraufhin weigert sie sich, diese „Gunstbezeugungen, die von den Tränen der Untertanen triefen“ (IV, 9, S.93, Z.18-19) anzunehmen. Die Lady redet vom „Ruin des Landes“ (II, 3, S.37, Z.22) und entflieht dem Hof (IV, 9, S.93, Z.22), nachdem sie in Form eines Briefes einen moralischen Appell zur Besserung an den Herzog geschrieben hat (IV, 9, S.93, Z.13-23). Bei ihr hat sich ihre Wertvorstellung im Laufe des Dramas geändert, doch weiß sie, dass sie trotz ihres Einflusses nicht genug ausrichten kann. Deshalb zieht sie es vor wegzugehen anstatt sich mit der Herrschaft des Adels abzufinden.
Schiller kritisiert das System des Absolutismus also in mehreren Punkten, gibt jedoch keine Alternativlösung an. Das zeigt, dass er zwar nicht einverstanden mit dieser Herrschaftsform war, aber der fehlende Vorschlag eines neues Systems drückt aus, dass Schiller den Absolutismus nur verbessern und nicht abschaffen wollte. Diese Staatsform bremste zwar die „Ausbreitung bürgerlicher Freiheit politisch und sozial vielfach“ aber förderte „zugleich die ökonomische und soziale Entwicklung des Bürgertums“ (Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas, S.81). Man kann also sagen, dass der Absolutismus durchaus nicht nur negativ gesehen werden darf. Auch heute gibt es sowohl positive als auch negative Auswirkungen dieser Zeit. Zum einen bekam der Staat durch den Absolutismus zu starkes Gewicht und zuviele Rechte und die Ordnungsfunktion in der Innenpolitik des Staates wurde überbewertet. Andererseits wurden die Bürger durch diese Staatsform aktiviert Dienst für das Gemeinwohl zu leisten, das Bildungssystem wurde durch die allgemeine Schulpflicht verbessert, der Demokratisierungsprozess setzte ein und es wurden größere staatliche Institutionen geschaffen um öffentliche Aufgaben zu bewältigen. Der Absolutismus bleibt eine historische Zeitspanne, die aus heutiger Sichtweise nicht wegzudenken ist, da die Menschheit aus jeder geschichtlichen Entwicklung ihre Erfahrungen zieht und so durch die Erkenntnis der Schwächen versuchen kann, die Welt zu verbessern.
Anhang: verwendete Literatur
- Friedrich Schiller: Kabale und Liebe, Reclam
- Hans PeterHerrmann, Martina Herrmann: Friedrich Schiller, Kabale und Liebe, Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas, Diesterweg
- Martin H. Ludwig: Erläuterungen und Materialien zu Friedrich Schillers Kabale und Liebe, C. Bange Verlag
- Matthias Luserke: Sturm und Drang, Reclam
- Helmut Koopmann: Schiller,Artemis Verlag
- Der Große Duden, Fremdwörterlexikon, Dudenverlag
- Meyers Taschenlexikon Geschichte, Meyers Lexikonverlag
- Fernis, Haverkamp: Grundzüge der Geschichte von der Urzeit bis zur Gegenwart, Diesterweg
- Arbeit zitieren
- Lisa Herrmann (Autor:in), 2002, Schiller, Friedrich - Kabale und Liebe - Vergleich des Bürgertums und des Adels und Kritik des Autors am Absolutismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105859
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