Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen - Bestandsaufnahme
2.1. Fernsehlandschaft in Deutschland
2.2. Finanzierung und rechtliche Rahmenbedingungen
2.3. Programmstrategien
3. Kultur und Fernsehen
3.1. Begriffsdefinition und Abgrenzung
3.2. Die Talkshow - Denken im Fernsehen
4. Konsequenzen
4.1. Daten und Zahlen
4.2. Kultur und der Versorgungsauftrag
4.3. Kultur und Rezipientenverhalten
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dem Blockseminar „Denken im Fernsehen“ des vergangenen Sommersemesters 2001 ging es vor allem um die Möglichkeiten, in wie weit ein „Denkprozess“ im Fernsehen möglich ist und stattfindet, und ob das Fernsehen das geeignete Medium dafür ist. Aber auch die „Anwesenheit“, bzw. „Abwesenheit“ von Kultur innerhalb der Fernsehprogramme wurde diskutiert. Als Paradigma diente hierzu das Genre „Talkshow“.
Im Anschluss an diese Überlegungen hat mich besonders interessiert, ob und wie Kultur vorhanden ist, bzw. wie die deutsche Fernsehlandschaft konzipiert ist und welche Probleme das für Kultur im Fernsehen mit sich bringt. Gerade die Stellung der öffentlich-rechtlichen Anstalten und deren „Grundversorgungsauftrag“ war für mich, in Gegenüberstellung zu den privaten Sendern, eine interessanter Aspekt. Hier ergab sich die Problematik der Definition von Kultur, bzw. deren Qualität und Quantität und auch die damit zusammenhängende Definition von der sozialen Ordnung innerhalb der modernen Gesellschaft. Eine weitere Problematik stellt die „Messbarkeit“ von „ausgestrahlter“ Kultur und Rezeption dieser dar.
Diese Arbeit soll zunächst die vorhandene Fernsehlandschaft und weitere Grundlagen erläutern, dann im speziellen auf Kultur und Kultursendungen eingehen und schließlich noch den Zusammenhang zwischen Kultursendungen, Versorgungsauftrag und der Mediengesellschaft erfassen.
Es gilt anzumerken, dass sich der Inhalt für mich schließlich doch als schwerer zugänglich erwies, als zunächst erwartet. Und sicherlich deckt meine Arbeit auch nur einen geringen, oberflächlichen Teil des Forschungsgegenstandes ab, was aber leider aufgrund von unerwarteten Schwierigkeiten für mich nicht anders zu lösen war, sicherlich aber ein Defizit dieser Arbeit ist.
2. Grundlagen - Bestandsaufnahme
2.1. Fernsehlandschaft in Deutschland
Zunächst möchte ich die geschichtlich relevante Entwicklung der Fernsehlandschaft in Deutschland kurz darstellen, um dann auf die momentane Situation zu kommen.
Die geschichtliche Darstellung der Entwicklung der Medien- und Fernsehlandschaft beginnt vorherrschend erst mit dem Ende des zweiten Weltkrieges1. Die 1945 ins Leben gerufenen Medien befanden sich zunächst unter der Kontrolle der Alliierten. 1949 ergab sich der erste Wandel mit der Einführung des Artikel 5 im Grundgesetz und auch der Konstitution der DDR. 1950 wird die ARD gegründet. Der zweite wichtige Einschnitt innerhalb der Fernsehgeschichte stellt die Einführung des ZDF 1961 dar. Erst 1984/85 wurden auch private Fernsehanbieter zugelassen, was wieder einen großen Einschnitt bedeutete. Und 1989/90 mit der Auflösung der DDR fand der letzte große Wandel innerhalb der deutschen Fernsehlandschaft statt.
Heute existieren in Deutschland neben den öffentlich-rechtlichen Anstalten (ARD, die Dritten der ARD und dem ZDF) weitere diverse private Anbieter (ca. 15 Stück), wobei hier die wichtigsten der Kirch- Gruppe (Sat.1, ProSieben, Kabel 1, DSF) und dem Bertelsmann Verlag (RTL, RTL 2, SuperRTL, VOX) angehören. Seit der Einführung dieses „dualen Systems“ steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit den privaten Anbietern im Wettbewerb, vor allem um Werbeeinnahmen und Marktanteile2. In bezug auf die Marktanteile möchte ich erwähnen, dass es die öffentlich-rechtlichen Programme zusammen inzwischen wieder auf ca. über 40 Prozent bringen, die privaten Anbieter allerdings auf rund 53 Prozent kommen3. Und der Aufwärtstrend der öffentlich-rechtlichen Anstalten geht aufwärts.
Die ARD setzt sich u.a. durch die folgenden „Dritten“ der ARD zusammen: NDR, SWR, WDR, MDR, HR, BR, ORB, SFB, sowie in Gemeinschaft mit dem ZDF noch durch 3Sat und ARTE. Die öffentlich- rechtlichen werden allgemein folgendermaßen eingeteilt: ARD, Dritte der ARD, ZDF, 3Sat und ARTE.
2.2. Finanzierung und rechtliche Rahmenbedingungen
Hierzu gilt es im Besonderen hervorzuheben, dass der Punkt der Finanzierung einen großen Unterschied zwischen den öffentlich- rechtlichen und den privaten Anstalten darstellt, wenn nicht sogar den ausschlaggebenden Unterschied im Zusammenhang mit dem „Grundversorgungsauftrag“. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten finanzieren sich über das sgn. System der „Mischfinanzierung“. Sie erhalten also die zu zahlenden Rundfunkgebühren der Bevölkerung, Einnahmen aus Wirtschaftswerbung und sonstige Einnahmen. Die Einnahmen aus den Gebühren betragen ca. 10 Mrd. DM und die aus der Werbung (ca. 30 %) ca. 660 Mil. DM4. Die Werbeeinnahmen aller Privatanbieter ergeben ca. 6-7 Mil. DM.
Dieser Unterschied innerhalb der Finanzierung ergibt sich auch aus der Tatsache heraus, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten dem „Grundversorgungsauftrag“ unterliegen und deshalb gesetzliche Gebühren beziehen, die privaten jedoch nicht. Die wesentlichen Bestandteile der klassischen Rundfunkfunktion sind die Vermittlung von Information, Bildung und Kultur, wobei die Gewichtung der einzelnen Elemente im ermessen der Anstalten liegt. Die privaten Anbieter sind nicht an diesen Auftrag gebunden. Einen hohen Stellenwert hat auch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 (I) Satz 2 GG), welcher den öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern eine Programmautonomie zuspricht5. In bezug auf die speziellen rechtlichen Bedingungen der Grundversorgung und Kultur werde ich später noch einmal zu sprechen kommen.
2.3. Programmstrategien
Kurz nur möchte ich die Programmstrategien der privaten Anbieter anschneiden und die wichtigsten Fakten heraus stellen. Die privaten Anbieter unterstehen, wie oben bereits erwähnt, dem Schutz der Pressefreiheit, was bedeutet, dass sie keinem Versorgungsauftrag unterliegen und auch keine Zensur der Programme stattfindet. Die privaten Anbieter verkaufen ein Produkt und fühlen sich ausschließlich den Zuschauerinteressen verpflichtet, sie verstehen sich als „Dienstleister“ der Massengesellschaft. Den privaten Anbietern geht es der Finanzierung aus Werbeeinnahmen wegen vor allem um Sendeformate mit hoher Einschaltquote. Diese Sendeformate existieren in vielfältigen Variationen wie z.B. Talkshows, Game-Shows, Soaps und Comedy-Serien. Diese Unterhaltungs- und Fiktionsangebote dominieren deutlich, und dahingegen existieren nur vereinzelt Informations-, Kultur- und Bildungsformate. Aufgrund des nicht vorhandenen „Grundversorgungsauftrag“ kann es vorkommen, dass vornehmlich Mehrheiten und weniger Minderheiten die Öffentlichkeit erreichen. Gerade in den letzten Jahren haben sich neue Problemfelder ergeben. So geht es heute also u.a. auch um Investition, konsequente Zielgruppenorientierung, Pay-TV, Integration von Computern und dem Internet.6
Die Darstellung der Programmstrategien der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist durchaus komplexer, da sie einerseits dem Grundversorgungsauftrag unterliegen, andererseits aber auch der Programmautonomie, bzw. der Pressefreiheit. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind nicht an wirtschaftlichen oder privaten Interessen ausgerichtet, sondern sollen der Gesellschaft als ganzes dienen. Dennoch unterliegen auch sie keiner staatlichen Zensur. Das öffentlich- rechtliche Fernsehen hat vor allem zwei Pflichten - Vielfalt und Integration - welche für die Öffentlichkeit in einer Demokratie als unumgänglich gelten. Vielfalt in bezug auf einen in großem Umfang geführten Dialog über alle gesellschaftlich relevanten Themen, welcher wichtig ist für die freie, persönliche und gesellschaftliche Meinungs- und Willensbildung. Integration in bezug auf meistens auseinanderstrebende pluralistische Meinungen und Werthaltungen. Integration soll der Konsensfindung dienen und auch sicherstellen, dass nicht nur Mehrheiten, sondern auch Minderheiten die Öffentlichkeit erreichen können und sollen. Der „Grundversorgungsauftrag“ gerät allerdings immer wieder in die - kommerziell - geführte Kritik, bzw. in die Diskussion um die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Dem ist entgegen zu setzten, dass das Bundesverfassungsgericht in diversen Urteilen hervorgehoben hat, dass es sich bei der „Grundversorgung“ nicht um eine Mindestversorgung handelt. Vielmehr handelt es sich um einen unfangreichen Funktionsauftrag, der ein breites Angebot an Information, Bildung, Kultur, Unterhaltung und Beratung für alle Bevölkerungsschichten sicherstellen muss/soll. Wiederholt möchte ich erwähnen, dass die Auslegung über den Inhalt und die Umsetzung der Grundversorgung den einzelnen Anstallten - also deren entscheidenden Organen - überlassen ist7.8
3. Kultur und Fernsehen
3.1. Begriffsdefinition und Abgrenzung
Bezeichnet man alle menschlichen Leistungen und Erschaffungen als menschliche Kultur, so kann man den gesamten Rundfunkbetrieb und seine Produkte ausnahmslos als Kultur bezeichnen. Es ist aber im Zuge der Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft in gesellschaftliche Teilbereiche mit speziellen Funktionen unumgänglich zu beachten, dass es somit auch spezielle kulturelle Leistungen der verschiedenen Bereiche gibt. Das heißt also, dass der Kulturbetrieb klare Grenzen gegenüber den anderen Bereichen hat und dass auch innerhalb des Kulturbetriebes noch weiter differenziert werden muss. Hinzu kommt noch eine weitere Differenzierung. Nämlich die zwischen Elite- bzw. Hochkultur und der Massen- bzw. Populärkultur. Ich möchte nun über die einzelnen Felder der Kultur behandeln, auf die sich die Diskussion der Kulturvermittlung durch das Fernsehen bezieht.
Zunächst gibt es die Elite- bzw. Hochkultur im engeren Sinne: dieses Feld deckt die am weitesten verbreiteten Vorstellungen von Kultur ab, also den Bereich der Malerei, Bildhauerei, klassische Musik, Theater und andere.
Weiter gibt es den Bereich der Elite- bzw. Hochkultur im weiteren Sinne: dieser umfasst den Bereich der menschlichen Kultur welcher im Zuge der Evolution entstanden ist. Es handelt sich hierbei um eher pragmatische Kultur wie Wissenschaft, Technik, Medizin und weitere. Also die Kultur im Sinne des Schaffens des Menschen im allgemeinen. Auch in bezug auf die Massen- bzw. Populärkultur gibt es die Unterteilung in den „engeren Sinn“ und den „weiteren Sinn“. Unter dem ersteren sollte die Kultur der Unterhaltungsindustrie verstanden werden. Die Massen- bzw. Populärkultur im weiteren Sinne kann auch als Alltagskultur bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei nicht nur um die Kultur der Medien und ihrer Produkte, sondern um die Kultur, die in alle Lebensbereiche eindringt, wie Mode, Wohnen, Freizeit etc. Die gesamte Lebenswelt wird von Kultur durchdrungen, welche aber dann in ihre Untersysteme differenziert werden muss.
Es ist sicherlich sehr schwierig diese Differenzierung aufrecht zu erhalten und mit Hilfe ihrer einzelnen Programmangebote zu unterteilen. Unterteilt man aber die Programme genau, ergibt sich das Problem der qualitativen Frage. Unterteilt man nicht so genau und bezieht sich auf Alltagskultur, so steht man vor dem Problem der Vermischung von Kultur und Unterhaltung.
Es bleibt die Frage, auf welchen der oben erwähnten Kulturbegriffe sich der Grundversorgungsauftrag genau bezieht. Die Mischung oder Abgrenzung von Kulturgenres und der Unterhaltungsgenres ist schwierig zu vollziehen. Den Kulturprogrammen ein eindeutiges Profil zu geben bleibt somit weiter offen. Dies hat u.a. auch damit zu tun, dass der kulturelle Gehalt eine Sendung empirisch schwer - wenn nicht gar unmöglich - zu ermitteln ist. Die Intention der Programmmacher und das Verständnis der Rezipienten in bezug auf Kultur- oder Unterhaltungssendungen kann sich entweder unterscheiden oder übereinstimmen. Aber wie will man das empirisch ermitteln? Hier kommt das Rezipientenverhalten mit hinzu, und erschwert die genaue Differenzierung.
3.2. Die Talkshow - Denken im Fernsehen
Dieses Kapitel gestaltet sich für mich - aufgrund unzugänglicher Literatur - als das schwierigste. Deshalb werde ich auch nicht in der Lage sein, über das Denken im Fernsehen ausführlich und fundiert zu schreiben. Meine weiteren Ausführungen stützen sich in großen Teilen auf die gehaltenen Diskussionen während des Blockseminars, Auszüge aus dem Buch von Matthias Fley „Talkshows im deutschen Fernsehen“ und meine eigene Meinung. Ausführungen über die Qualität oder die Möglichkeit des Denkens im Fernsehen will ich mir nur marginal erlauben.
Im Zuge des Blockseminars ist heraus gekommen, dass sich die Talkshow wohl als das geeigneteste Modell handelt, Denken im Fernsehen zu betreiben. Wir hatten vorher auch über die Bedeutung von Denken im Fernsehen gesprochen, wobei herausgekommen ist, dass dies auf verschiedene Arten stattfinden kann. Zunächst hängt es natürlich von dem „intellektuellen Niveau“ ab, in wie fern man von einem Denken sprechen kann, bzw. was man darunter verstehen will. Hiermit sind das Thema und die Gäste gemeint. Dann aber auch davon, ob das Denken nur von den Menschen im Fernsehen betrieben werden soll, oder ob auch der Zuschauer miteinbezogen werden soll. Matthias Fley hat in seinem Buch im Kapitel 5 „Zentrale Bedingungen von Talkshow“ eine Klassifizierung von Talkshows unternommen. Diese Bedingungen bestimmen nach Fley den Charakter und die Erwartungshaltung der Zuschauer einer Talkshow. Ich möchte aber nicht näher auf detaillierte Schilderungen zu dem Modell nach Fley eingehen, sondern lediglich anmerken, dass sich Talkshows anhand von der thematischen Konzeption und der Art und Anzahl der Gäste unterteilen lassen. Es gibt 3 verschiedene thematische Konzeptionen: athematisch, monothematisch und polythematisch. Und 4 Kategorien von Gästen: TV- Prominenz, Vertreter aus Politik/Wirtschaft, Experten aus Wissenschaft/Beruf und Normalbürger (unbekannte, betroffene). Durch Kombination dieser verschiedenen Faktoren ergeben sich verschieden Typen von Talkshows, wobei sich Fley dann kein qualitatives Urteil erlaubt. Er stellt lediglich fest, dass athematische Talkshows vor allem bei den Dritten der ARD vorzufinden sind; dass monothematische Talkshows am häufigsten vorkommen (bei allen Sendern), sie sich aber nochmals unterteilen lassen; dass polythematische Talkshows im allgemeinen eher selten vorhanden sind. In bezug auf die Art und Anzahl der Gäste lässt hierzu sagen, dass bei den öffentlich-rechtlichen Talkshows vermehrt Vertreter aus Politik/Wirtschaft und Experten aus Wissenschaft/Beruf und eher weniger Prominente oder Normalbürger auftreten; Bei den privaten Anbietern sich die Situation allerdings andersherum darstellt.
Meine eigene Betrachtung zur Talkshow und ihrer Qualität möchte ich gerne an die Kategorisierung Fley´s anschließen. Seine Kategorisierung erscheint mir als sehr hilfreich und logisch. Auch stellt sie für mich ein Paradigma dar, was direkt oder indirekt auf den Gehalt und Anspruch der Talkshows der öffentlich-rechtlichen sowie privaten Anstalten schlissen lässt. Nämlich dass es den öffentlich-rechtlichen Anstalten vielmehr um tatsächliche Auseinandersetzung mit einem Thema geht, welches auch „auf einem gewissen Niveau“ diskutiert wird. Wohingegen es sich bei den Talkshows der privaten vor allem um die Thematisierung von privaten Problemen handelt unter Einbeziehung der Normalbürger. So würde ich behaupten, dass der Prozess des - anspruchsvollen - Denken im Fernsehen vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten stattfindet.
4. Konsequenzen
4.1. Zahlen und Daten
Um hier einige Daten bzw. Zahlen in bezug auf die Kultursendungen zu erfassen, habe ich die ZDF Jahrbücher 1997, 1998 und 1999 benutzt. Im Kapitel „Programm in Zahl und Grafik“ habe ich mir weiter die Diagramme bzgl. des Hauptprogramm der Jahre im Vergleich angeschaut. Die jeweiligen Prozentangaben die ich machen werde entsprechen dem Anteil der Programmbereiche in Prozent des gesamten Programms. Neben dem Programmbereich „Kultur und Wissenschaft“ habe ich auch die Bereiche „Theater und Musik“ angeschaut. Folgendes hat sich ergeben: Der Programmbereich „Kultur und Wissenschaft“ deckt 1997 6,8%, 1998 5,8% und 1999 7,3% ab. Der Programmbereich „Theater und Musik“ (welcher nach 1997 nur noch als „Musik“ bezeichnet wird) deckt 1997 2,2%, 1998 1,0% und 1999 0,7% ab. Daraus ergibt sich für mich, dass zwar der Bereich Kultur und Bildung mehr oder weniger gleich bleibt, aber hingegen der Bereich Theater und Musik erheblich abgenommen hat. Natürlich ist diese Beobachtung nicht repräsentativ, und es ist auch nicht der genaue Inhalt der Programmbereiche erklärt, aber dennoch finde ich es wichtig, diese Daten hier zu erwähnen.
Weiter habe ich mir noch eine Übersicht über die Programmstrukturen der fünf großen Sender (ARD, ZDF, RTL, Sat1 und ProSieben) in Deutschland angeschaut9. Daraus ergab sich in bezug auf die Sendedauer (03.00-03.00 Uhr) in Prozent folgendes: An Information/Bildung (Nachrichten, politische Infosendungen, Wirtschaftssendungen, Wissenschaft u.a.) hat die ARD einen prozentualen Sendedaueranteil von 44,6 %; das ZDF 45,7 %; RTL 23,2 %; Sat1 19,2 % und ProSieben 13,3 %. An gesendeter Fiktion (Spielfilm, Fernsehfilm, Fernsehserie) hat die ARD einen Anteil von 27,3 %; das ZDF 27,2 %; RTL 27,6 %; Sat1 35,6 % und ProSieben 43,5 %. An gesendeter Nonfiktion/Unterhaltung (Talkshows, Spiele/Shows/Sonstiges) hat die ARD einen Anteil von 8,5 %; das ZDF 7,9 %; RTL 21,5 %; Sat1 19,3 % und ProSieben 15,3 %. An gesendeter Werbung hat die ARD einen Anteil von 1,6 %; das ZDF 1,7%; RTL 15,3 %; Sat1 15,9 % und ProSieben 15,8 %. Für mich persönlich sind diese Prozentangaben aus den Jahrbüchern und auch von Krüger an sich sehr hilfreich, und auch aufschlussreich. Denn sie zeigen mir zwar, dass der Konkurrenzkampf unter den Sendern groß ist, aber auch, dass die öffentlich-rechtlichen ihre Position an sich gut behaupten.
4.2. Kultur und Versorgungsauftrag
Auch dieses Kapitel erweist sich für mich als kompliziert, da ich keine einschlägige Literatur in bezug auf ausschließlich Kultur und dem Versorgungsauftrag gefunden habe. Auch habe ich anhand der mir zur Verfügung stehenden Literatur festgestellt, dass der Versorgungsauftrag an sich eine erhebliche Problematik darstellt. Ich möchte mich für diesen Abschnitt wieder auf das Buch von J. Springer (Kapitel § 3, Abschnitt C) stützen, und somit auch keine einzelnen Fußnoten verwenden. Und auch auf meine eigene Interpretation.
Zunächst noch einmal zu den rechtlichen Grundlagen.
Die öffentlich-rechtlichen Anstalten und auch die privaten Anbieter stehen beide unter dem Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 (I) GG). Die beiden Säulen dieses Grundrechtes bilden die freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit. Die freie Meinungsäußerung hat eine essentielle Bedeutung für die demokratische Willensbildung, denn sie ermöglicht die ständige Auseinandersetzung der verschiedenen Meinungen. Die Informationsfreiheit ist insofern wichtig, als dass jeder Mensch sie braucht, um sich eine eigene, freie Meinung zu bilden. Der Zugang zu allgemein öffentlichen Informationsquellen muss also jedem offen stehen. Die bedeutet in der Konsequenz, dass die Medien ein breites Spektrum der in der Gesellschaft vertretenen Meinungen abbilden müssen. Sie tragen aber auch als Meinungsinterpreten dazu bei, die öffentliche Diskussion, also den Meinungsbildungsprozess, voran zu treiben. Die Rundfunkfreiheit bezieht sich nicht nur auf einzelne Bereiche wie z.B. Politik, sondern auf alle Lebensbereiche, also auch auf die Herausbildung von Werten, Weltbildern, Kultur, Bildung etc. Äußerst wichtig ist noch eine Zielsetzung der Verfassungsrechtsprechung: die Verhinderung von vorherrschender Meinungsmacht. Missbrauch beschränkt sich hierbei nicht nur auf die politische Meinungsbildung, sondern wiederum auch auf Wissens- und Wertbestände der Gesellschaft, individuelle Orientierungen und kommunikative Entfaltungsfreiheit.
Auf die einzelnen Rundfunkurteile von 1961, 1971, 1986, 1987, 1991, 1992 und 1994 möchte ich nicht im einzelnen eingehen. Nur insofern, als dass im Zuge der Entwicklung der Fernsehlandschaft auch entsprechende Veränderung der gesetzlichen Grundlagen notwendig waren. Gerade bei der Einführung des dualen Systems. So wurde bei den verschiedenen Rundfunkurteilen auch immer wieder die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Anstalten aufs neue beschrieben bzw. konkretisiert und gegen die privaten abgegrenzt.
Die Grundversorgung stellt einen wichtigen Bestandteil der Funktion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens dar. Auch ist es wiederum wichtig zu erwähnen, dass es sich hierbei nicht um eine Mindestversorgung handelt. Der Begriff der „Grundversorgung“ allerdings wird ersetzt durch die „klassischen Rundfunkaufgaben“. Diese umfassen: Meinungs- und Willensbildung, Unterhaltung, Information und kulturelle Verantwortung. Wie schon erwähnt ist der Weg der Zielerreichung freigestellt, also den Anstalten selber überlassen, weshalb man von Programmautonomie spricht. Die Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Sender ist in gewisser Weise ein Problem. Sie ermöglicht den Anstalten großen programmgestalterischen Spielraum. Somit können sie also politische und kulturelle Sendungen in die späten Nachtstunden verschieben, vermehrt Infotainment (Mischung aus Information und Entertainment) ausstrahlen im Vergleich zu klassischer politischer Information, etc. Hierbei ist es wichtig festzuhalten, dass die öffentlich-rechtlichen sich somit auch immer mehr den privaten annähern, was ihr Angebot an Unterhaltung anbelangt, und den Konkurrenzkampf verschärfen. Dennoch aber verletzen sie ihren Rundfunkauftrag nicht10. Dies kann dadurch zustande kommen, dass die öffentlich-rechtlichen zwar nicht an die Quoten und Marktanteile gebunden sind, sich aber dennoch diesem Konkurrenzkampf mit den privaten stellen müssen, da sie ja über gesetzliche Gebühren finanziert werden, und diese der Bevölkerung gegenüber auch legitimieren müssen. Was ich hiermit vermuten möchte ist folgendes: Die öffentlich-rechtlichen Anbieter sind an einen Versorgungsauftrag gebunden, finanzieren sich hauptsächlich über gesetzliche Gebühren und besitzen Programmautonomie (solange sie den Auftrag nicht verletzen). Die privaten Anbieter unterstehen keinem Auftrag, finanzieren sich durch privatwirtschaftliche Gelder und besitzen auch Programmautonomie, bzw. orientieren sich an Quoten und Marktanteilen. Die öffentlich-rechtlichen gleichen sich dem Programminhalt her immer mehr den privaten an (Problematik der Konvergenz), und orientieren sich auch immer mehr an Quoten und Marktanteilen, um sich am Markt behaupten zu können, bzw. um den Einzug der Gebühren der Bevölkerung zu rechtfertigen. Denn wenn der Marktanteil der öffentlich-rechtlichen so erheblich sinken würde, wäre es sicherlich schwer, die Gebührenpflicht zu rechtfertigen. Und hier liegt meiner Meinung nach auch das Problem in bezug auf die Kultursendungen. Diese Rücken zu Gunsten von Unterhaltungsformaten (welche im Konkurrenzkampf mit den privaten auch nötig sind) immer mehr ins Hintertreffen, was aber nicht gleich eine Verletzung des Rundfunkauftrages bedeutet. Und dass die privaten Anbieter sowie die Unterhaltungsgenres so viel Aufmerksamkeit erfahren hat wiederum mit der Entwicklung der Gesellschaft zu tun.
4.3. Kultur und Rezipientenverhalten
Wie auch bei dem oben vorhergegangenen Kapitel stellt sich mir hier auch die Problematik der Literatur. So möchte ich mich bzgl. dieses Abschnittes vor allem auf das Buch von U. Sarcinelli (Hrsg.) „Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft“ stützen, da in ihm einige sehr aufschlussreiche Beiträge in bezug auf das Rezipientenverhalten und die Entwicklung der Gesellschaft zu finden sind. Auch hier allerdings fließt meine eigene Meinung wieder mit ein. Die Nutzung des Mediums Fernsehen - natürlich auch den anderen Medien wie Zeitung, Hörfunk und Internet - hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Es hat sich also eine Veränderung des Rezipientenverhalten vollzogen.
Der Stellenwert des Fernsehens ist stark angestiegen, mehr als ein Drittel der zu Hause verbrachten Freizeit wird dem Fernsehen gewidmet. Durch die enorme Angebotsvermehrung von Multimedia und den privaten Anbietern entfallen auf die öffentlich-rechtlichen Sender im allgemeinen weniger Zuschauer. Gerade Kinder und Jugendliche scheinen die privaten Angebote stärker anzunehmen als die der öffentlich-rechtlichen, sie konsumieren also mehr Unterhaltung als Informationen und Kultur. Das beschränkt sich aber nicht allein auf Kinder und Jugendliche, sondern ist ein allgemeiner Trend. Und auch der technische Fortschritt und Trend in Zusammenhang mit der vermehrten Zielgruppenausrichtung der Programminhalte lässt auf eine Individualisierung des Medienkonsums schließen. Durch die vermehrte Berücksichtigung der Zuschauerbedürfnisse hat sich auch eine Veränderung der Inhalte der Programmangebote vollzogen. Es werden immer mehr unterhaltende Elemente mit eingebaut und generell komplexere Darstellungen vermieden (Vereinfachung). Generell sinkt das Interesse an rein politischer Information, das Interesse aber an z.B. Katastrophen oder Sensationen steigt, und dementsprechend ändert sich auch das Angebot - bei den privaten sowohl als auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Auch die Nutzungsverhalten haben sich verändert. Die Sehdauer ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Gerade die Kultur- und Bildungsangebote leiden sehr unter diesen neuen Verhältnissen und werden - um beim oberen Kapitel mit anzuknüpfen - ,zu Gunsten der Quote, Akzeptanz und Konkurrenz mit den privaten Anbietern, an andere Sendeplätze verlegt. An dieser Stelle möchte ich mir nun eine abschließende Betrachtung über Kultur und Fernsehen erlauben.
Meiner Meinung nach - im Anschluss an die getroffenen Betrachtungen - lässt sich also festhalten, dass die Kultur im Fernsehen keinesfalls „abhanden“ gekommen ist, sondern vielmehr ins „hinterrücken“ geraten ist, und dass - leider ? - der Versorgungsauftrag der öffentlich- rechtlichen Sender von ihnen nicht vorsätzlich oder definitiv durch das „verlegen“ von Kultur-, Bildungs- und Informationssendungen verletzt wird. Weiter ist diese Verlegung für mich durch folgendes bedingt: Die Konkurrenz zu den privaten Anbietern ist groß. Die öffentlich-rechtlichen müssen sich meiner Meinung nach zu einem gewissen Maß am Markt behaupten, um damit auch ihren Gebühreneinzug und die Erfüllung des Versorgungsauftrages der Öffentlichkeit gegenüber zu rechtfertigen. Das Resultat dieses Konkurrenzkampfes und der Behauptung am Markt hat allerdings zur Folge, dass zunehmend mehr Unterhaltung produziert und ausgestrahlt wird, und vermehrt auf die Quote und Marktanteile geachtet wird, sowie eine Verlegung bestimmter Ressorts in sgn. Spartenkanäle stattfindet. Der Fernsehmarkt funktioniert - meiner Information nach - auch nach dem Prinzip der Nachfrage und Angebot. Und je mehr Unterhaltung gewünscht wird, desto mehr wird auch Unterhaltung für die breite Masse produziert. Aber gerade die Frage der Evolution der Gesellschaft, also der Frage nach dem Warum es dazu gekommen ist, dass immer weniger Kultur, Bildung, etc. verlangt wird, ist sehr schwierig zu beantworten. In meinen Augen hat sich eine
Auseinanderdifferenzierung der Gesellschaft vollzogen. Und diejenigen, die nach wie vor Kultur und Bildung und Information wünschen, werde diese auch bekommen, allerdings eben nur in den entsprechenden Spartenkanälen.
5. Literaturverzeichnis
Görres-Everding, Christiane und Weber, Richard (Dokumentation): Die Kultur und die Medien, Referate einer Tagung, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998
Krüger, U.M.: Unterschiedliches Informationsverständnis imöffentlich- rechtlichen und privaten Fernsehen, in: Media Perspektiven 7/2000, S. 278ff
Ludes Peter: Programmgeschichte des Fernsehens, S. 255 bis 276, in Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung,1999
Sarcianelli, Ulrich (Hrsg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998
Springer, Jochen: Die Reform der ARD, Notwendige Reformen zur künftigen Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrages bei gleichzeitiger Bündelung der Kräfte zur Erzielung von Synergieeffekten - Frankfurt am Main; Berlin; Bern; Bruxelles; New York; Oxford; Wien: Lang, 2000
Steinmetz, Rüdiger: Initiativen und Durchsetzungen privat-kommerziellen Rundfunks, S. 167 bis 191, in Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung,1999
Weiß, Hans-Jürgen: Kultur- und Bildungsprogramme im bundesdeutschen Fernsehen: Begriffsdiskussion und Programmanalyse; Erstellt im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, München; BLM Schriftenreihe; Bd. 22, München: Fischer, 1992
ZDF Schriftenreihe 54: Aufgabe und Wert desöffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Gesellschaft, am Beispiel des ZDF, Mainz: Zweites Deutsches Fernsehen, 1998
ZDF: Jahrbücher 1997, 1998, 1999, Mainz: Zweites Deutsches Fernsehen 1997, 1998, 1999
[...]
1 Vgl.: Wilke, 1999, S. 799-814
2 Vgl.: Ludes 1999, S. 257
3 Vgl.: Springer 2000, S. 37/38
4 Vgl.: Springer 2000, S. 49, S. 56
5 Vgl.: Springer 2000, Kap. § 3
6 Vgl. zu diesem Abschnitt über die privaten Anbieter Steinmetz 1999, S. 167
7 Vgl. zu diesem Abschnitt ZDF Schriftenreihe 54, 1998, S. 7/8
8 Dieser Abschnitt beruht auf den Annahmen der Studie von Weiß 1992, S. 5-9
9 Vgl. U.M. Krüger
10 s. die Etablierung der Spartenkanäle z.B. Phönix und Kinderkanal -> Zusatz- und Ersatzfunktion. Kritik der privaten setzt u.a. auch hier an.
- Citar trabajo
- Johanna Lehmann (Autor), 2001, Kultur im Fernsehen, oder: wo ist die Kultur geblieben?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105675
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