Was, wenn das Leben plötzlich eine unerwartete Wendung nimmt und uns vor scheinbar unüberwindbare Herausforderungen stellt? Dieses Buch beleuchtet die oft unvorhersehbaren und tiefgreifenden Auswirkungen kritischer Lebensereignisse, jene einschneidenden Momente, die unsere Welt aus den Angeln heben und eine Neuorientierung erfordern. Von normativen Übergängen wie Heirat und Pensionierung bis hin zu nicht-normativen Schicksalsschlägen wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit analysiert diese umfassende Untersuchung die vielfältigen Dimensionen von Lebenskrisen. Im Fokus stehen dabei die objektiven, objektivierten und subjektiven Parameter, die bestimmen, wie wir diese Ereignisse wahrnehmen und verarbeiten. Es werden die komplexen Wechselwirkungen zwischen Antezedenzmerkmalen, Personenmerkmalen, Situationsmerkmalen und Ereignismerkmalen aufgedeckt, um ein tieferes Verständnis für die individuellen Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Leser erfahren, wie Risiko- und Schutzfaktoren unser Schicksal beeinflussen und welche Bewältigungsmöglichkeiten uns zur Verfügung stehen, um gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über Präventions- und Interventionsstrategien, die uns helfen, auf kritische Lebensereignisse einzuwirken und deren Auswirkungen zu mildern. Anhand eines Beispiels der Verwitwung werden die spezifischen Herausforderungen, Bedrohungen, Verlusterlebnisse, Gewinnerwartungen und Bewältigungsstrategien verdeutlicht, die mit diesem einschneidenden Ereignis verbunden sind. Abschließend werden die Probleme der Erfassung und Analyse von kritischen Lebensereignissen diskutiert und ein Fazit gezogen, das die Bedeutung dieser Ereignisse für unsere persönliche Entwicklung und unser Wohlbefinden hervorhebt. Dieses Buch ist ein unverzichtbarer Leitfaden für alle, die sich mit den Herausforderungen des Lebens auseinandersetzen und Strategien für eine erfolgreiche Krisenbewältigung entwickeln möchten. Es bietet wertvolle Einblicke für Betroffene, Angehörige und Fachleute aus den Bereichen Psychologie, Soziologie und Beratung. Entdecken Sie die Kraft der Resilienz und lernen Sie, wie Sie aus Krisen gestärkt hervorgehen können.
Inhaltsverzeichnis
1) Was sind kritische Lebensereignisse
a) Begriffsdefinition
b) Normative vs. Nicht-normative Ereignisse
c) Untersuchungsschwerpunkte
d) Bedeutung von Kritischen Lebensereignissen
2) Ereignisparameter von Ereignissen
a) objektive Parameter
b) objektivierte Parameter
c) subjektive Parameter
3) Erfassung von Kritischen Lebensereignissen (Analyseeinheiten)
a) Antezedenzmerkmale
b) Personenmerkmale
c) Situationsmerkmale
d) Ereignismerkmale
e) Prozessmerkmale
f) Konsequenzmerkmale
4) Risiko- und Schutzfaktoren
5) Bewältigungsmöglichkeiten
6) Entgegen- und Einwirken auf Kritische Lebensereignisse
a) Prävention
b) Intervention
7) Beispiel eines Lebensereignisses bzgl. Bedrohung oder Verlusterleben, Gewinnerwartung und Bewältigungsstrategien
8) Probleme der Erfassung von Kritischen Lebensereignissen und deren Auswirkungen
9) Fazit
1) Was versteht man unter Kritischen Lebensereignissen
a. Def. KRITISCHE LEBENSEREIGNISSE:
Raum-zeitliche, punktuelle Verdichtung eines Geschehensablaufs, welcher zu einer für die Person belastenden Störung der Person-Umwelt-Passung führt, die zu einer Neuorganisation der Homöostase führt. (nach PHILIPP, SIGRUN)
- streßreich, da herausfordernd (+), überwältigend (-)
- nicht jedes Lebensereignis von jedem Menschen gleich erlebt
1. räumliche und punktuelle (im Lebenslauf lokalisierbar) Verdichtungen eines Geschehensablaufes (,,es kommt knüppeldick")
- äußerlich und innerlich
2. stellen relative Stadien des Ungleichgewichtes dar (zw. Mensch und Umwelt)
- Gleichgewicht muß wiederhergestellt werden = Entwicklungschance
- Durch Veränderung der Umwelt nach eigenen Bedürfnissen
- Eigene Einstellung ändern
- Neue Fähigkeiten entwickeln
3. immer durch hochgradige Affektivität gekennzeichnet (,,emotionale Nichtbetroffenheit")
4. schädigende Einflüsse? - aber auch positive Lebensereignisse
- meist verzögerte Wirkung von kritischen Lebensereignissen (psycho-somatische Störungen nach ½ - 1 Jahr)
5. Einfluß protektiver (beschützend) Lebensereignisse
6. Immer mit subjektiven Bewertungsprozessen einhergehend
- objektive Einflußparameter = Aufwand für Wiederherstellung des Gleichgewichts
b. Unterscheidung
i. normative Lebensereignisse
- durch biologische Veränderungen oder durch soziale Normierungen in einem mehr oder weniger begrenztem Altersabschnitt regelmäßig zu erwarten (Bsp.: Berufseintrag, Pensionierung, Großelternschaft)
- voraussagbar * Vorbereitung möglich, planbar (Heirat etc.)
- betreffen viele Personen (keine Auseinandersetzung oft Frage nach Verursachung, Vermeidbarkeit, Gerechtigkeit - ,,Warum ich?")
ii. nicht-normative Lebensereignisse
- unerwartet (z.B. Krankheit, Arbeitslosigkeit)
- Frage nach Verursachung, Vermeidbarkeit, Gerechtigkeit bei Ereignissen, von denen Massen betroffen sind (bei Naturkatastrophen)
- Oft unvorhersehbar, zufällig
Nicht-normative Lebensereignisse, die einzelnes Individuum betreffen statt Gruppe von Personen werden i.d.R. schlechter verarbeitet.
c. Untersuchungsschwerpunkte
- Auswirkungen kritischer Lebensereignisse
- Wirkung von vorangegangenen Lebensereignissen auf spätere
- Wer lernt was in welcher Lebenskrise - individuelle Wirkung vorausgegangener Krisen
- Vorhersagbarkeit der Intensität und Stärke eines Ereignisses
- Auswirkungen auf Belastungsfähigkeit bei Wiederholung ähnlicher Ereignisse
- Suche nach Bedingungen für gute oder schlechte Bewältigung
- Möglichkeit der Umwandlung eines belastenden Ereignisses zum Nutzen
d. Bedeutung
- Modellvorstellung der lebenslangen Entwicklung:
Auseinandersetzung mit Lebensereignissen = Motor des intraindividuellen Wandels/Veränderung
- Erklärung für Multidirektionalität: unterschiedliche Personen von unterschiedliche Ereignissen betroffen - unterschiedliche Entwicklung
- Keine verbindliche Definition von Bewältigungszielen möglich - unterschiedliche Reaktionen auf gleiches Ereignis möglich
- Keine Universalität: unterschiedliche Auffassung und Bewältigung von Ereignissen
Bsp.: Bezeichnung als kritisch oder als Chance von unterschiedlichen Personen
- Lebensereignisse treffen auf unterschiedliche Vorbedingungen
- Keine Sequentialität: unterschiedliches Auftreten gleicher Ereignisse zu unterschiedlichen Zeitpunkten möglich
2) Ereignisparameter der Erfassung
a) Objektive Ereignisparameter
- Zeitpunkt des Auftretens
- Abfolge von Lebensereignissen (Dichte)
- Möglichkeit der Wiederholung des Ereignisses
b) Objektivierte Ereignisparameter
- Erhebung, durch Einschätzung des Aufwands des Individuums für die Bewältigung, von Experten
1. Grad der Belastung
2. Grad der Kontrollierbarkeit (Möglichkeit der Vorhersage durch Vpn. - Vorbereitung möglich?)
3. Grad der Erwünschtheit aus der Sicht des Individuums
c) Subjektive Ereignisparameter
1. Stärke der empfunden Belastung des Menschen
2. Stärke der Kontrollierbarkeit aus Sicht des Menschen
3. Grad der Erwünschtheit aus Sicht der Person
3) Erfassung von kritischen Lebensereignissen
a) Antezedenzmerkmale:
Merkmale der Lebensgeschichte in verschiedenen Abständen zum Kritischen Lebensereignis * Vulnerabilitätskonzept; Umgang mit vergleichbaren Kritischen Lebensereignissen; antizipatorische Sozialisation, z.B. Geburtsvorbereitungskurse
b) Personenmerkmale:
z.B. in früherer Lebensgeschichte erworbene Vulnerabilität - mehrfach Opfer von Gewaltverbrechen, aktuell auch Krankheit * Einfluß auf subjektive Perzeption Kritischer Lebensereignisse . Je nach Ereignis auch demografische Merkmale wichtig, z.B. Geburt / soziales eher für Frauen; Alter, Kontrollüberzeugung - selbst nach Unfällen! * Kombinationen von Merkmalen z.B. als Konstrukt der Widerstandsfähigkeit)
c) Situationsmerkmale:
z.B. soziale Unterstützung (Partner; Eltern, ...), gesellschaftlicher Kontext (,,epochalnormierte Kritische Lebensereignisse " wie Kriege, aber auch Gesetzesänderungen * Kohortenbegriff) ®Mikro-Makro-System nach Bronfenbrenner
d) Ereignismerkmale:
objektive (Datum, Dauer; Anfang - Geburt vs. Ende eines Prozesses - Scheidung) i.d.R. auf mehr Dimensionen als der ,,Belastung", z.B. Universalität, Genormtheit: ,,kontextuelle Reinheit", d.h. inwieweit Kritisches Lebensereignis auf einen Lebensbereich beschränkt ist oder in alle ausstrahlt bzw. von Kritischen Lebensereignissen in anderen
Lebensbereichen beeinflusst wird;
objektivierte (allgemein zugeschriebene Bedeutung - durch Expertenratings; Umfragen mit Q- Sort o.ä.-* Belastung, Erwünschtheit/Valenz; Kontrolle; Vorhersehbarkeit); subjektive = wirksame Bedeutung: Problem - sollte möglichst in-situ = online erfaßt werden, weil sich Bedingung ändert. Negative Ereignisse werden eher vergessen, alle Dimensionen, die auch bei den objektivierten Merkmalen auftauchen, ggf. individueller operationalisiert. z.B.: Erwünschtheit = Kongruenz mit persönlichen Zielen; Erlebnis von Kritischen Lebensereignissen als Herausforderung
e) Prozessmerkmale
= Formen der Auseinandersetzung mit dem Kritischen Lebensereignis , hängen von a) - d) ab, z.B. Coping (Def.: Summe aller problemlösenden Anstrengungen - kognitiv, behavioral,... - einer Person, die sich ein einer für sie bedeutsamen, gleichwohl die individuellen Anpassungsf ä higkeitenüberfordernden Situation befindet) - allerdings sind nicht alle Kritischen Lebensereignisse ,,traumatisierend"/emotional überflutend wie die typischen Kritischen Lebensereignisse aus der Bewältigungsforschung * Thomae, Daseinstechniken
f) Konsequenzmerkmale:
In Forschung meist ohnehin nur rückwirkend betrachtet: Syndrom Y gemessen, nach Kritischen Lebensereignissen geguckt, andernfalls aber aus praktischen Gründen Konzentration auf normative Kritische Lebensereignisse nötig. Außerdem Effekte je nach a) -
e) unterschiedlich; Untersuchung macht nur bei vorhandenen Konzepten dort Sinn -
außerdem: was soll untersucht werden und was ist erwünscht und bis wie lange nach Ereignis wird gemessen (retrospektive Bedeutungsänderung!)
4) Risiko- und Schutzfaktoren
Eigenschaften:
-Stresserfahrung, erfahrungsbedingtes Selbstvertrauen in der Bewältigung kritischer Situationen, Selbstwirksamkeit, internale Kontrollüberzeugung, breites Repertoire von Problemlösungsstrategien.
-Soziale Unterstützung als protektiver Faktor; kann allerdings auch mit der Entwicklung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen interferieren.
-Negative soziale Reaktion gegenüber den Opfern von Kritischen Lebensereignissen ist Risikofaktor.
5) Bewältigungsmöglichkeiten (Ferring & Filipp, 1989)
- Suche nach Sinn und Erklärung
- Positive Illusionen
- Emotionsdämpfende Vergleiche mit anderen
- Suche nach Hilfe und Unterstützung
- Konkrete Anstrengungen, die Probleme zu lösen
- Schaffung eines multiplen möglichen Selbstbildes, um Adaptation an Situation schneller zu vollziehen
Besondere Strategien: Daseinstechniken von THOMAE (1952/1958)
1. Leistungstechniken
- Einsatz zur Lösung des Problems auf sachlicher Ebene durch eine nachweisbare Leistung
2. Anpassungstechnik
- Veränderung des eigenen Erlebens oder Verhaltens; Ziel: Übereinstimmung mit Umweltanforderungen
3. defensive Technik
- Abwehr /Aufschub einer drängenden Problemsituation, die zunächst nicht bewältigt werden kann
4. evasive Technik
- zeitweiliges Verlassen des Konflikt- und Spannungsfeldes
5. aggressive Technik
- Schädigung anderer
Formen: Unterdrückung /Unterwerfung anderer; direkte Aggression
Welche Möglichkeit gewählt wird ist auch abhängig von dem jeweiligen Ereignis und der damit verbundenen Zweckmäßigkeit.
Brandstädter und Renner (1992)* Gerade ältere Menschen, die flexible Akkomodation der Ziele an die Gegebenheiten vollzogen, zeigten weniger depressive Symptome nach Kritischen Lebensereignissen als Menschen, die zäh an einmal gewählten Zielen festhielten. Wichtige Anpassungsstrategie: Gestaltung des Selbstbildes
6) Entgegen- und Einwirken auf Kritische Lebensereignisse
a) Krisenprävention: Prävention weniger in bezug auf Verhinderung von Kritischen Lebensereignissen (was oft auch nicht geht), sondern Befähigung der Person zu konstruktiven Umgang damit * Wachstumschancen,: Schaffung sozialer Ressourcen bzw. Befähigung der Person zum Nutzen derselben. z.B. Vorbereitung alter Menschen auf Unterbringung in Pflegeheimen.
b) Krisenintervention: braucht Normen z.B.: darüber, ab wann Trauer pathologisch ist etc.; ,,differentielle Indikation von Bewältigungsverhalten" + Training.
Viele Betrachtungsweisen, alle verknüpft
- Schwierigkeit, sauber operationalisierte Aussagen zu machen,
die sich dann überprüfen lassen.
- Fallzentrierung (auch wegen idiografisch-subjektiver Bedeutung von Kritischen
Lebensereignissen), dann aber Schwierigkeiten mit Nomothetik / Verallgemeinerbarkeit
7) Beispiel eines Lebensereignisses bzgl. Bedrohung oder Verlusterleben, Gewinnerwartung und Bewältigungsstrategien
Verwitwung
- Einschneidendes Lebensereignis mit weitreichenden Folgen
- Übergang aus Dyade in Einzeldasein
- Wird unterschiedlich erlebt (Krise oder Befreiung)
Bedrohung/Verlusterleben
- persönliche Belastung
- Sorgen um finanzielle Situation
- Verstärkung der eigenen Todesangst; Konfrontation mit Todesproblematik
- Verlust von sozialem Kontakt
- Zunehmende Abhängigkeit von Umwelt
- Hilflosigkeit bei Krankheit etc.
- Zunehmende Sorge um Nachwuchs
Gewinnerwartung
- Ggf. Befreiung
- Eigene Gestaltung des Lebens (LOPATA, 1973)
- Aufleben erloschener Kontakte
Bewältigungsstrategien
- Auseinandersetzung mit Anforderungen zur Bewältigung von Schwierigkeiten und Erzeugung des Gefühls, den Dingen gewachsen zu sein - positives Selbstwertgefühl
- coping = Prozeß der konstruktiven Anpassung (OLBRICHT; 1984)
- coping - Verhalten notwendig bei neuen Anforderungen, die mit eingeübten und gewohnten Verhaltensweisen nicht bewältigt werden können
- Entweder neuer Verhaltensweisen in Form konstruktiver Einfälle, Weiterentwicklung vorhandener Fähigkeiten, Entdecken neuer Möglichkeiten der
eigenen Person, proxy control
Drei Möglichkeiten der Entwicklung neuer Verhaltensweisen für Adaptationsproze ß
- Verfestigung bewährter Verhaltensweisen, die angesichts neuer Anforderungen stabilisiert werden
- Weiterentwicklung, ausgelöst durch das Nichtgenügen gewohnter Verhaltensweisen in neuer Situation
- Auflösung und Neustrukturierung entsprechender Verhaltensprogramme
Prozeß
a) primäre, kognitive Abschätzung der Situation
b) Abschätzung der eigenen Möglichkeiten einschließlich der Hilfestellungen durch die Umgebung zur Bewältigung der Aufgabe
c) 3. Abschätzung aufgrund von Fehlschlägen und neuer Infos
d) günstiges Ende: Bewältigung der Situation
- Phasen können ineinander übergehen oder sich gegenseitig beeinflussen
Risikovariablen, die negativ auf Verwitwung einwirken können
- Fehlendes soziales Stützsystem
- Physische oder psychische Hilfsbedürftigkeit
- Gemeinsame längerfristige Pläne
- Positive _eziehungsqualität
- Geringes Alter
- Art des Todes
Ergebnisse und Befunde
- Unterschiedliche Ergebnisse bei Untersuchungen, je nach unterschiedlicher Beziehungsqualität und Interaktion zwischen Person-, Situations- und Umweltmerkmalen
- Normale Verhaltensreaktion ist Trauer (FREUD, 1915)
- Üblicherweise völlige Desorganisation, zunächst körperliches und psychisches Chaos
- Ältere Menschen zeigen weniger Trauer nach Verwitwung als jüngere (WORTMANN & SILVER, 1990)
- Bei Verwitwung ist ruminativer Coping-Stil bewältigungsstörend (PARKER & LARSON, 1994)
- Stärkste Auswirkung hat Verwitwung auf Personen, deren Weltbild dadurch erschüttert wird (WORTMANN & SILVER, 1992)
8) Probleme der Erfassung von Kritischen Lebensereignissen und deren Auswirkungen
- Gerade bei der Untersuchung von Kritischen Lebensereignissen bei älteren Menschen ist Längsschnittstudie selten durchführbar
- Oftmals unvorhergesehener Verlust von Probanden
- Bei einigen Ereignissen (Bsp.: Verwitwung) meist nur post-hoc Untersuchengen
- Umwelt als mitentscheidender Faktor der Bewältigung kann kaum standardisiert werden
- Messbare Auswirkungen von Kritischen Lebensereignissen können zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach ihrem Eintreten auftauchen
- Hohe inter- wie intraindividuelle Variabilität des Erfolges durch Coping
9) Fazit
Häufig gestellte Fragen
Was sind kritische Lebensereignisse laut Philipp und Sigrun?
Kritische Lebensereignisse sind raum-zeitliche, punktuelle Verdichtungen eines Geschehensablaufs, welcher zu einer für die Person belastenden Störung der Person-Umwelt-Passung führt, die zu einer Neuorganisation der Homöostase führt. Sie sind stressreich, herausfordernd und können überwältigend sein, wobei nicht jedes Lebensereignis von jedem Menschen gleich erlebt wird.
Was unterscheidet normative und nicht-normative Lebensereignisse?
Normative Lebensereignisse sind durch biologische Veränderungen oder soziale Normierungen in einem bestimmten Altersabschnitt regelmäßig zu erwarten und oft voraussagbar (z.B. Berufseintritt, Pensionierung). Nicht-normative Lebensereignisse sind unerwartet und oft unvorhersehbar (z.B. Krankheit, Arbeitslosigkeit).
Welche Untersuchungsschwerpunkte gibt es im Bezug auf kritische Lebensereignisse?
Zu den Untersuchungsschwerpunkten gehören die Auswirkungen kritischer Lebensereignisse, die Wirkung vorangegangener Ereignisse auf spätere, das individuelle Lernen aus Krisen, die Vorhersagbarkeit der Intensität und Stärke eines Ereignisses, die Auswirkungen auf die Belastungsfähigkeit bei Wiederholung, die Bedingungen für gute oder schlechte Bewältigung und die Möglichkeit der Umwandlung eines belastenden Ereignisses zum Nutzen.
Welche objektiven Ereignisparameter gibt es?
Objektive Ereignisparameter umfassen den Zeitpunkt des Auftretens, die Abfolge von Lebensereignissen (Dichte) und die Möglichkeit der Wiederholung des Ereignisses.
Was sind objektivierte Ereignisparameter?
Objektivierte Ereignisparameter werden durch die Einschätzung des Aufwands des Individuums für die Bewältigung von Experten erhoben und umfassen den Grad der Belastung, den Grad der Kontrollierbarkeit und den Grad der Erwünschtheit aus Sicht des Individuums.
Welche subjektiven Ereignisparameter gibt es?
Subjektive Ereignisparameter umfassen die Stärke der empfundenen Belastung des Menschen, die Stärke der Kontrollierbarkeit aus Sicht des Menschen und den Grad der Erwünschtheit aus Sicht der Person.
Welche Antezedenzmerkmale werden bei der Erfassung berücksichtigt?
Antezedenzmerkmale umfassen Merkmale der Lebensgeschichte in verschiedenen Abständen zum kritischen Lebensereignis, wie z.B. der Umgang mit vergleichbaren kritischen Lebensereignissen.
Was sind wichtige Personenmerkmale?
Wichtige Personenmerkmale sind z.B. erworbene Vulnerabilität in der früheren Lebensgeschichte, demografische Merkmale (Alter, Geschlecht) und Kontrollüberzeugungen. Diese beeinflussen die subjektive Perzeption kritischer Lebensereignisse.
Welche Situationsmerkmale spielen eine Rolle?
Situationsmerkmale umfassen soziale Unterstützung (Partner, Eltern, etc.) und den gesellschaftlichen Kontext (epochalnormierte kritische Lebensereignisse wie Kriege oder Gesetzesänderungen).
Was sind Ereignismerkmale?
Ereignismerkmale können objektiv (Datum, Dauer), objektiviert (allgemein zugeschriebene Bedeutung durch Expertenratings) oder subjektiv (wirksame Bedeutung) sein. Wichtig ist die "kontextuelle Reinheit", d.h. inwieweit ein kritisches Lebensereignis auf einen Lebensbereich beschränkt ist oder in alle ausstrahlt.
Was sind Prozessmerkmale?
Prozessmerkmale sind Formen der Auseinandersetzung mit dem kritischen Lebensereignis, z.B. Coping. Coping ist die Summe aller problemlösenden Anstrengungen (kognitiv, behavioral) einer Person in einer bedeutsamen, aber die Anpassungsfähigkeit überfordernden Situation.
Was sind Konsequenzmerkmale?
Konsequenzmerkmale sind die resultierenden Auswirkungen des kritischen Lebensereignisses, z.B. psychische oder physische Gesundheit, soziale Beziehungen, etc.
Welche Risiko- und Schutzfaktoren gibt es?
Risikofaktoren sind z.B. negative soziale Reaktionen gegenüber den Opfern von kritischen Lebensereignissen. Schutzfaktoren sind z.B. Stresserfahrung, Selbstwirksamkeit, internale Kontrollüberzeugung und soziale Unterstützung.
Welche Bewältigungsmöglichkeiten gibt es?
Zu den Bewältigungsmöglichkeiten gehören die Suche nach Sinn und Erklärung, positive Illusionen, emotionsdämpfende Vergleiche, die Suche nach Hilfe und Unterstützung, konkrete Problemlösungsbemühungen und die Schaffung eines multiplen Selbstbildes.
Was sind Daseinstechniken nach Thomae?
Daseinstechniken nach Thomae umfassen Leistungstechniken (sachliche Problemlösung), Anpassungstechniken (Veränderung des Erlebens/Verhaltens), defensive Techniken (Aufschub), evasive Techniken (Verlassen des Konfliktfeldes) und aggressive Techniken (Schädigung anderer).
Wie kann man auf kritische Lebensereignisse entgegenwirken?
Entgegenwirken kann man durch Krisenprävention (Befähigung zum konstruktiven Umgang) und Krisenintervention (Training von Bewältigungsverhalten).
Was ist ein Beispiel für ein Lebensereignis und dessen Bewältigung?
Ein Beispiel ist Verwitwung. Hierbei gibt es Bedrohungen/Verluste (persönliche Belastung, finanzielle Sorgen), aber auch Gewinnerwartungen (Befreiung, eigene Lebensgestaltung). Bewältigungsstrategien umfassen die Auseinandersetzung mit Anforderungen, die Entwicklung neuer Verhaltensweisen und die Nutzung sozialer Unterstützung.
Welche Probleme gibt es bei der Erfassung von kritischen Lebensereignissen?
Zu den Problemen gehören die Seltenheit von Längsschnittstudien, unvorhergesehener Verlust von Probanden, post-hoc Untersuchungen, die Schwierigkeit der Standardisierung der Umwelt, zeitlich verzögerte Auswirkungen und hohe inter- und intraindividuelle Variabilität des Erfolgs durch Coping.
Was ist das Fazit?
Kritische Lebensereignisse sind normaler Bestandteil des menschlichen Entwicklungsprozesses. Die Bewältigung sollte das Selbstbewusstsein stärken und zur Entwicklung von Kompetenzen, protektiven Eigenschaften und Überzeugungen führen. Ältere Menschen benötigen mehr Unterstützung durch ihre Umwelt. Erfolgreiches Altern im Hinblick auf kritische Lebensereignisse zeigt sich in gelungenen Selektions- und Kompensationsbemühungen.
- Quote paper
- Felix Acker (Author), 2001, Kritische Lebensereignisse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105382