Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen medienpolitischer Themen
2.1 Duales Rundfunksystem
2.1.1 Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
2.1.2 Privater Rundfunk
2.1.3 Rundfunkgebühren
2.2 Neue IuK-Techniken
3. Medienpolitik der SPD
3.1 Neue Medien
3.2 Duales Rundfunksystem
4. Medienpolitik der CDU/CSU
5. Resümee
1. Einleitung
In der heutigen Zeit ist die Medienlandschaft einem ständigen Prozess der Veränderung unterworfen. Neue „Informations- und Kommunikationstechniken“ („IuK- Techniken) bekommen eine immer größere Bedeutung während sich die „alten Medien“ wie Zeitung/Zeitschrift und Rundfunk (TV und Radio) der neuen Situation anpassen müssen. Das erst seit 1984 existierende „duale Rundfunksystem“ mit den öffentlich- rechtlichen auf der einen und den privaten Sendern auf der anderen Seite sorgt durch polit isierende Themen wie Rechteverwertung (z.B. Fußball-Weltmeisterschaft) immer wieder für Diskussionsstoff. Wie der Schlussbericht der Enquetekommission des Bundestages „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ treffend fest stellt, leben wir heute „in einer Informationsgesellschaft, die sich in rasantem Tempo global weiterentwickelt“ und somit vor allem durch die Politik ihre Möglichkeiten und Schranken aufgezeigt bekommen soll.
Diese Arbeit soll sich mit den medienpolitischen Haltungen der beiden größten deutschen Parteien, der SPD und der CDU bzw. CSU, beschäftigen, nicht jedoch ohne zuvor kurz in die wichtigsten Streitpunkte einzuführen.
2. Theoretische Grundlagen medienpolitischer Themen
2.1 Duales Rundfunksystem
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1984 ein sogenanntes „Duales Rundfunksystem“, welches sich aus den zwei Elementen „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ sowie „Privater Rundfunk“ zusammensetzt (vgl. zum Folgenden: Tonnemacher 1996: 113-119).
2.1.1 Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen drei Säulen „ARD“, „ZDF“ und den „3. Programmen“ hat seinen Ursprung in der Nachkriegszeit der späten 40er und 50er Jahre. Die Gründung der Landesrundfunkanstalten als selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgestattet mit Selbstverwaltungskompetenzen und befreit von jeglicher staatlicher Programmkontrolle, ist auf die alliierte Besatzungspolitik zurückzuführen. Nach dem Ende der DDR gibt es heute zehn solcher Anstalten. 1950 erfolgte die Gründung der ARD als Zusammenschluss aller angeschlossenen Landesrundfunkanstalten, 13 Jahre später ging das ZDF auf Sendung. Es ist eine Institution aller Bundesländer, durch Gebühren und teilweise Werbung finanziert, zentralistisch aufgebaut und binnenpluralistisch („jeder Veranstalter [hat] innerhalb seines Programms für die Vielfalt und Ausgewogenheit zu sorgen, indem gesellschaftlich relevante Gruppen in Aufsichtsgremien der Anstalten mitwirken“1 ) . Bis jedoch Presseverlage und andere privatwirtschaftliche Kreise Einfluss auf die Medienlandschaft gewinnen konnten sollten noch mehr als 20 Jahre vergehen.
2.1.2 Privater Rundfunk
Mit „RTL plus“ und „Sat 1“ gingen 1984 die ersten privaten Fernsehsender auf Sendung, welche heute eine Reichweite von fast 100% besitzen (vgl. zum Folgenden: Tonnemacher 1996: 139 - 145). Das Entstehen dieses sogenannten „Dualen Rundfunksystems“ führte zu einer immer stärkeren Konkurrenz um Zuschauer und Werbemärkte, Übertragungsrechte (v.a. von Sportveranstaltungen) und Personal. Die Marktanteile und die Werbeanteile der „Öffentlich-Rechtlichen“ haben sich seit 1984 stetig verschlechtert.
Kontrolliert und lizenziert werden die Privatsender durch die 15 Landesmedienanstalten, welche sich zur Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) zusammengeschlossen haben. Probleme ergeben sich hier aus der Tatsache, dass die zu vergebenden Posten stark von Parteienpolitik beeinflusst werden und die Möglichkeiten der Sanktionen aufgrund von schlechter Kooperation gering sind.
2.1.3 Rundfunkgebühren
Ein großer Streitpunkt sind heutzutage die Rundfunkgebühren. Jeder Bürger, der ein Rundfunkgerät (TV oder Radio) besitzt, ist verpflichtet, monatlich einen bestimmten Betrag (~ 25-30 DM) an die „Gebühreneinzugszentrale“ („GEZ“) zu zahlen. Auf diese Weise werden die öffentlich-rechtlichen Sender größtenteils finanziert. Da sich ARD und ZDF aber auch zu einem gewissen Anteil durch Werbung finanzieren, sind die Gebühren umstritten. Schließlich könnte dieser Tatbestand einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den privaten Sendern bedeuten.
2.2 Neue IuK-Techniken / Digitales Fernsehen
Unter dem Schlagwort „Neue IuK-Techniken“ versteht man die Nutzung interaktiver Medien wie Internet oder digitales Fernsehen. Im Schlussbericht der Enquetekommission des Bundestages wird wie folgt erläutert:
„Die neuen Medien verändern Qualität und Struktur des Medienangebots. Ein wesentliches Merkmal der neuen Medien ist die Interaktivität, wobei die Einbeziehung der Nutzer von gering über mittel bis zu intensiv reichen und in einem dreistufigen Modell mit den Begriffen der „Reaktion“, der „Beeinflussung“ und der „Gestaltung“ umschrieben werden kann“2
Neben die herkömmlichen, klassischen, analogen Rundfunkangebote tritt eine Vielzahl neuer Dienste. Damit sind nicht nur Fernsehprogramme gemeint sondern vielmehr neue „interaktive Nutzungsmöglichkeiten, wie Online-Angebote, pay-per-view- Angebote und andere Multimediadienste“3. Somit kommt es zu einer immer größeren Verschmelzung der bisher weitgehend getrennten Bereiche Rundfunk, Telekommunikation und Datenverarbeitung.
3. Die medienpolitischen Vorstellungen der SPD
Die „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ hat in diversen Publikationen ihre Meinung zu diesem Themenbereich offenkundig gemacht.
3.1 Neue Medien
In ihrem Diskussionspapier zum Kongress: „Ein Netz. Eine Welt. Eine Zukunft. Der Internet-Kongress“ (Hamburg, 7.7.01) hat sich die SPD intensiv mit den neuen Informations- und Telekommunikationstechniken auseinandergesetzt.
- Bedeutung des Internets für die Ökonomie:
Das World-Wide-Web hat zu einer Veränderung in der Wertschöpfungskette der hochgradig arbeitsteilig organisierten Marktwirtschaft geführt. Neue Märkte wie Online- Banking sind entstanden während „alte“ Vertriebs- und Verkaufswege revolutioniert wurden. Die Old- und New Economy sind miteinander verschmolzen. In Zukunft werden Informationen zu einer zentralen Ressource von Produktivitätssteigerungen4.
- Bedeutung für die Politik und Verwaltung:
Bereits vor der Regierungsübernahme 1998 haben sich die Sozialdemokraten für eine Informationsgesellschaft mit Chancen für mehr Demokratie und Bürgernähe ausgesprochen:
„Künftige Förderprojekte elektronischer Bürgerinformation müssen sich auch auf den kommunalen Anwendungsbereich erstrecken. Formulare oder Vorschriften z.B. sollten zu Hause per Computer oder über öffentliche Terminals abgerufen werden können, um Bürger und Verwaltung gleichzeitig zu entlasten [...] Wir wollen Modelle ‚elektronischer Demokratie’ nutzen, neue Formen demokratischer Teilhabe fördern und erproben.“5
- Bedeutung für Bildung und Qualifikation:
Auch im Bereich des Bildungswesens haben die neuen Medien zu einer Bereicherung des Angebots geführt. Die Beherrschung der IT-Techniken wird eine Basisqualifikation für die Berufschancen der Zukunft werden6.
- Kulturelle Bedeutung:
Nach Meinung der SPD müssen die Chancen der durch Online-Medien ausgelösten kulturellen Beschleunigung erkannt und genutzt werden. Fraglich ist hierbei jedoch, ob in diesem Sektor die kulturelle Vielfalt vergrößert oder eher reduziert wird; denn zwar wird die Durchsetzung einheitlicher Standards wie Englisch als Internetsprache beschleunigt, andererseits gibt es keine zentralen Kontrollinstanzen, die das Netz überwachen. Auch wird im WWW das kulturelle Niveau der Gesellschaft wiedergespiegelt. Dies hat zur Folge, dass Problemfelder wie Kommerzialisierung, „Infomüll“ sowie antidemokratische, gewaltverherrlichende oder perverse Grenzüberschreitungen hier nie ausgeschlossen werden können. Aufgabe der Politik ist es also, eine kulturelle Vermittlung durchzuführen.
International gesehen steht die BRD, was die Internetnutzung angeht, schlecht da. Der Startschuss für ein Reformprogramm soll daher durch den von der SPD verabschiedeten Plan „Innovation und Arbeitsplätze in der Infogesellschaft des 21. Jahrhunderts“ erfolgen7.
- Aufgaben für die Politik:
Aus oben genannten Bedeutungen des Internets für die Gesellschaft, leitet die SPD folgende Aufgaben ab:
1.) Onlinemedien müssen für jeden in seinem direkten Lebensumfeld zugänglich sein. Dazu sind Mindeststandards einer unabhängigen und komfortablen Nutzung nötig. Des weiteren soll das Internet auch für sozial benachteiligte Menschen zur Verfügung stehen. Der Staat soll hierbei eine Vorbildfunktion wahrnehmen und die Möglichkeiten des Internets zur Erleichterung des Alltags besser ausschöpfen. Ein Zugang zu allen verfügbaren Informationen muss gewährleistet werden und in diesem Zusammenhang wird besonders auf die Aktivitäten kommunaler und staatlicher Stellen hingewiesen, welche befürwortet und gefördert werden sollen.
Die Bürger sollen durch attraktive Angebote für die Partizipation an der politischen Willensbildung zur Nutzung der neuen Techniken abgeregt werden. Hierzu ist es erforderlich, dass das Spannungsfeld zwischen Interessen der Content-Anbieter (Gebühren?) und Nutzer (gratis?) gelöst wird. Des weiteren muss ein fairer Zugang zu digitalen Übertragungswegen gesichert sein, wobei hier das Kartellrecht kaum ausreichen wird8.
2.) Besonders bei älteren Menschen hat der Staat die Aufgabe für Orientierung zu sorgen um somit auch solche Gruppen zur Teilhabe an der digitalen Welt zu befähigen. Ein Ansatzpunkt könnte hierbei die Gründung einer „Stiftung Medientest“ (ähnlich der „Stiftung Warentest“) sein, welche Informationen über die Qualität von Internetangeboten und -Zugängen bereitzustellen hat.
Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss hier seine verfassungsrechtlich zugewiesene Orientierungs- und Integrationsfunktion wahrnehmen und verlässlich durch die Vielzahl der Angebote lotsen. Für bestimmte Gruppen sollen gezielte Anreize geschaffen werden, sich an der Internetnutzung zu beteiligen, eventuell auch durch finanzielle Unterstützung sozial Benachteiligter. Eine überzeugende Gestaltung des Portals „deutschland.de“ ist hierzu von Nöten9.
3.) In der digitalen Welt sind besondere Vorkehrungen im Bereich des Daten-, Verbraucher-, Urheberrechts- und Kinder-/Jugendschutzes notwendig. Dazu sollten gewissen internationale Mindeststandards geschaffen werden und Angebote durch Verleihung von Gütesiegeln durch staatliche Stellen geprüft und bekannt gemacht werden. Ziel dieser Anstrengungen ist eine Verbesserung des Selbstschutzes der Bürger10.
4.) Neben einem klaren Ordnungsrahmen für die „Digitalisierung“ von beispielsweise Prüfungen oder Wahlen muss die Sicherheitsinfrastruktur des WWW (digitale Signaturen, Datensicherheitsstandards, Bestrafung von Angriffen auf Informationsübertragung durch Hacker) ausgebaut werden11.
5.) Um die Internetnutzung in der BRD voranzubringen soll eine sog. „Internet Task- Force“ und ein „E-Beauftragter“ eingesetzt werden. Dadurch werden die staatlichen Aufgaben gebündelt und das Maßnahmenpaket sinnvoll ausbalanciert. Mittelfristig sollen auch bereits erste Vorbereitungen für den „Analog Switch-Off“ (Totale Umstellung auf internetbasierte Anwendungen) getroffen werden. Außerdem muss in den nächsten Jahren eine Rahmenordnung für elektronische Kommunikation gestellt werden. Dadurch soll dem zentralen Leitprinzip der Informations- und Wissensgesellschaft zum Durchbruch verholfen werden12.
3.2 Duales Rundfunksystem
Auf dem SPD-Parteitag in Hannover 1997 wurde auch über die Zukunft des öffentlich- rechtlichen Rundfunks debattiert (Vgl. zum Folgenden: Beschlüsse des SPD-Parteitags 1997: 277-278). So brauche Deutschland „neben leistungsfähigen privaten Medienhäusern und Rundfunkanbietern einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ein gesellschaftlichen Interessen verpflichtetes Korrektiv“. Die Qualität und das Profil des Rundfunks würden darüber entscheiden, ob er sich gegenüber der Konkurrenz der globalen Medienkonzerne behaupten könne. Dafür sei das Programm nicht nur durch die klassischen Formen und Inhalte ausgeschöpft, sondern müsse auch neuen Entwicklungen und Publikumsinteressen gegenüber offen sein, so die SPD. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe „für die unerlässliche mediale Grundversorgung der Bevölkerung zu garantieren“ und solle dabei neben einer Vollversorgung (Information, Beratung, Kultur, Bildung, Unterhaltung, Sport etc.) auch die Interessen relevanter Minderheiten nicht vernachlässigen. Was die Finanzierung angeht, so sprechen sich die Sozialdemokraten für die Beibehaltung der allgemeinen und einheitlichen Rundfunkgebühr aus, welche jedoch durch indexgestützte Verfahren der Gebührenermittlung zu optimieren sei.
Auch die bewährte föderale Struktur des Rundfunks in Deutschlands soll nach Meinung der SPD beibehalten werden (Vgl. zum Folgenden: Presseservice der SPD 1998: 314/98). Dies schließe auch eine Bestandssicherung der kleineren ARD-Sender ein, welche sich weitgehend selbst finanzieren und dabei insbesondere „effektive Formen von Kooperation und Aufgabenteilung“ nutzen sollten. An dem bisher festgehaltenen Finanzausgleich zwischen Großen und Kleinen sei festzuhalten. Des weiteren müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Sinne seines Programmauftrages versuchen, „alle Möglichkeiten effektiverer Leistungen und verbesserter Wettbewerbsfähigkeit auszuloten“, Sparsamkeit und Verschlankung dürften jedoch „nicht zu Auszehrung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags führen“.
Bereits in der Pressemitteilung 270/97 vom 25.7.97 sprach sich die Kommission Medienpolitik der SPD gegen eine „Zwei-Klassengesellschaft bei großen Sportereignissen im Fernsehen“ aus. Es solle dem Vorbild anderer europäischer Länder gefolgt werden, welche bereits Listen mit Sportereignissen von großer nationaler Bedeutung erstellt hätten um eine exklusive Senderverwertung auszuschließen. Rechteverwertern solle es nicht gelingen, „solche Großereignisse künftig nur noch exklusiv und teuer im Bezahl-Fernsehen zu vermarkten“ und so die öffentlich- rechtlichen Programme auf zeitversetzte und gekürzte Angebote zu beschränken.
4. Medienpolitik der CDU/CSU
Auch die Christdemokraten haben sich des öfteren mit der Zukunft der Medien auseinandergesetzt. Bereits in ihrem Grundsatzprogramm von 1994 sprach man sich für eine Beibehaltung des bestehenden dualen Rundfunksystems aus. Dabei müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner „kulturellen, föderalen und gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht werden“ und leiste dadurch einen Beitrag für die Qualität der Medienkultur. Dies sei nicht durch eine „Beibehaltung der Vielzahl öffentlich-rechtlicher Sender und Programme“ erforderlich sondern vielmehr durch bessere Wirtschaftlichkeit und Bereitschaft zur Reform „durch effiziente und kostengünstige Organisationsformen“. Auch die privaten Sender ständen ebenso in der Verantwortung für die Demokratie. Hier sprach sich die CDU für ein „plurales Angebot“ und „gegen eine Übermacht in Druck- und elektronischen Medien“, also gegen Medienkonzentration, aus13.
Auch Edmund Stoiber, Ministerpräsident von Bayern, hat sich in seiner Rede zur Eröffnung der Münchner Medientage 1999, für eine neue Rolle des dualen Systems ausgesprochen. So sei für ihn ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk ohne jegliche Werbung zwar wünschenswert, jedoch politisch kaum durchsetzbar. Dies hätte nämlich nach Berechnungen der unabhängigen „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) eine Erhöhung der Rundfunkgebühr um 3 DM pro Monat zur Folge. Daher sprach sich Stoiber für einen „stufenweisen Abbau von Werbung und Sponsoring“ aus, da sich ansonsten die Akzeptanz der Rundfunkgebühr verschlechtern würde und negative Auswirkungen auch auf das Pay-TV nicht auszuschließen wären. Der öffentlich- rechtliche Rundfunk solle sich daher vermehrt auf programmliche Aspekte konzentrieren und damit den verfassungsmäßigen Anforderungen „gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt“ entsprechen:
„Für mich ist die Sicherung der Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unmittelbar mit der Frage verknüpft, inwieweit es gelingt, seine kulturellen und gesellschaftlichen Funktionen nicht nur zu erhalten, sondern zu stärken und ihn nicht lediglich als Wirtschaftsfaktor zu betrachten.“14
Das bedeute, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk „aufgrund seines besonderen Auftrags und seiner besonderen Stellung [...] nicht derselben Mittel [...] wie die privaten Sender“ bedienen dürfe. Stoiber sprach sich auch gegen eine weitere Programm- bzw. Senderdifferenzierung aus, welche ja durch Anstalten wie „Arte“, „3 Sat“ oder den „Kinderkanal“ bereits begonnen hat. Vielmehr sollten „Bündelung der Kräfte und Ausspielen der Stärken die Devise sein“.
In ihrem Diskussionspapier mit dem Titel „Rundfunk im digitalen Zeitalter. Für eine zukunftsgerichtete Medienpolitik“ hat sich die CDU-Landtagsfraktion NRW stellvertretend für die Bundespartei insbesondere mit dem Einfluss der neuen Medien auf das duale Rundfunksystem beschäftigt. So sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk an den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zu beteiligen:
„Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss technisch und finanziell in die Lage versetzt werden, seinen verfassungsrechtlich v erbürgten, spezifischen Auftrag auch mit Hilfe der neuen Technologie zu erfüllen, um seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden zu können.“15
Teilhabe an neuen Technologien dürfe allerdings nicht dazu führen, „dass sich öffentlich-rechtlicher Rundfunk schrankenlos betätigen darf“, so das Diskussionspapier. Wie schon die Bundes-CDU und Ministerpräsident Stoiber sprach sich auch die Landtagsfraktion NRW dafür aus, „dass auch in Zukunft die Allgemeinheit die zur Erfüllung dieser spezifischen Aufgabe erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stellt“. Werbeeinnahmen sollten in Zukunft nicht mehr zur Finanzierung des Grundversorgungsauftrags erlaubt sein. Dies würde die Position der öffentlich- rechtlichen Sender „im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Publikums mit anderen Anbietern medialer Inhalte durch ein werbefreies, qualitativ hochwertiges und damit letztlich attraktives Programm“ stärken. ARD, ZDF sowie die angeschlossenen Landesrundfunkanstalten sollten auch in Zukunft durch die Rundfunkgebühr finanziert werden. Es sei jedoch insbesondere ein Verfahren zu prüfen, „bei dem der Gebührenzahler selber entscheidet, für welchen Sender er seine Gebühren oder Teile derselben bezahlt“. Die technischen Möglichkeiten hierzu seien mittlerweile vorhanden. Des weiteren sprach sich die CDU-Landtagsfraktion NRW dafür aus, den Einfluss der Bürger auf die Programmgestaltung zu erhöhen:
„Eine noch stärkere Einbindung der Allgemeinheit gewährleistet auch die Berücksichtigung des tatsächlich vorhandenen Informationsinteresses und ist so eigenständiger Garant für eine gesteigerte Attraktivität des Programms und für Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.“16
Die CDU-Landtagsfraktion NRW tritt zudem dafür ein, „die rundfunk- und medienrechtlichen Regelungen für den privaten Rundfunk übersichtlicher und transparenter zu gestalten“. Dies sei vor allem durch zukunftsweisendere Gestaltung der speziellen rundfunkrechtlichen Sonderreglungen zur Vermeidung der Medienkonzentration und vorherrschenden Meinungsmacht zu erreichen. Die bestehenden Regelungen des Kartellrechts würden hierzu ausreichen „dennoch bedarf der nationale Ordnungsrahmen für den Rundfunk im Hinblick auf die Veränderungen einer teilweisen Harmonisierung und Vereinheitlichung“. Was Werbung betrifft, so sollten die privaten Sender selber entscheiden dürfen, wie viel sie ausstrahlen.
„Die Zuschauer haben es in der Hand, zu bestimmen, ob sich Programme mit vielen Werbeunterbrechungen oder werbefreie Programme durchsetzen. Notwendig ist dafür eine weitere Lockerung der Werberegelungen für den privaten Rundfunk. Besondere Regelungen sollten jedoch im Bereich der Kinder- und Jugendsendungen gelten.“17
Diese Lockerung der Rahmenbedingungen dürfe jedoch nicht dazu führen, dass „die Multimedia-Zukunft in einem rechtsfreien Rahmen stattfindet“. Daher solle künftig „auch bei neuen Medien wie Computern, CD-Brennern, Druckern und ISDN-Anlagen für Urheberrechte geschützt und honoriert werden“. Erforderlich seien hierzu internationale Regelungen.
5. Resümee
Insgesamt gesehen ist festzustellen, dass sich die Vorstellungen der beiden größten deutschen Parteien im Bezug auf die Zukunft des Internets bzw. der neuen Medien nur unwesentlich unterscheiden:
Sowohl SPD als auch CDU/CSU plädieren für die Schaffung eines internationalen Rechtsrahmen um Gesetzesüberschreitungen im World-Wide-Web besser ahnden zu können. Des weiteren sprechen sich beide Parteien für eine Einbeziehung aller Menschen in die neuen Techniken aus - die CDU/CSU durch eine stärkere Einbindung der Allgemeinheit am Programm der Öffentlich-Rechtlichen (also mehr Interaktivität), die SPD durch den Grundsatz „Internet für alle / Orientierung bieten für benachteiligte Gruppen“. Auch den Schutz von Rechten, seien es Urheberrechte (CDU/CSU) oder Jugend-/Verbraucherschutz (SPD) empfinden die Parteien als wichtig.
Was die Zukunft des Dualen Rundfunksystems anbelangt, so weisen die medienpolitischen Vorstellungen doch gewisse Differenzen auf:
Die SPD spricht sich ganz klar dafür aus, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Abbild öffentlicher Interessen zu betrachten. Dies schließt also auch die Berücksichtigung relevanter Minderheitsinteressen durch differenzierte Spartenprogramme, neben einem Vollprogramm für die Allgemeinheit, mit ein. Nach Meinung der CDU bedeutet eine Beibehaltung der Vielzahl an Sendern eine Verschlechterung der finanziellen Lage der Rundfunkanstalten. Daher plädiert sie für effizientere und kostengünstigere Organisationsformen. In Bezug auf die Rundfunkgebühr ist man bei der SPD der Meinung, diese beizubehalten, jedoch durch indexgestützte Verfahren zu optimieren. Werbung soll auch in Zukunft zur Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen erlaubt sein. Dies sieht die CDU/CSU anders: nach ihren Vorstellungen sind auf lange Sicht werbefreie öffentlich-rechtliche Sender anzustreben, im Gegenzug müsste natürlich die Rundfunkgebühr erhöht werden.
Bibliographie:
- CDU-Bundesgeschäftsstelle: Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands. In: CDU. http://www.cdu.de/politik-a-z/grundsatzprogramm/gp2.htm#Media <14.11.01>
- CDU-Landtagsfraktion NRW (199?): Rundfunk im digitalen Zeitalter. Für eine zukunftsgerichtete Medienpolitik. Diskussionspapier. Ort?. Verlag?
- Deutscher Bundestag (Hg.) (1998): Schlussbericht der Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft. Zum Thema Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft. Bonn. BT-Drs. 13/11004.
- Parteivorstand der SPD (1997): Von der Utopie zur Wirklichkeit. Aufbruch in die Informationsgesellschaft. In: Beschlüsse des SPD-Parteitags. Hannover, S. 269-280
- Parteivorstand der SPD (2001): Diskussionspapier zum Kongress „Ein Netz. Eine Welt. Eine Zukunft. Der Internet-Kongress“. Hamburg.
- Presseservice der SPD (1997): SPD-Medienkommission gegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei großen Sportereignissen im Fernsehen. Bonn.
- Presseservice der SPD (1998): SPD fordert Kurswechsel in der Medien- und Kommunikationspolitik. Bonn.
- Stoiber, Edmund: Rede zur Eröffnung der 13. Medientage München am 18. Oktober 1999. In: Bayerische Staatskanzlei. http://www.bayern.de/Presse-Info/Reden/1999/991018.html <26.10.01>
- Tonnemacher, Jan (1996): Kommunikationspolitik in Deutschland. Eine Einführung. Konstanz. UVK Medien.
[...]
1 Tonnemacher (1996: 216)
2 BT -Drs. 13/11004 (1998: 11)
3 BT -Drs. 13/11004 (1998: 12)
4 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 1-2)
5 Beschlüsse des SPD-Parteitags (1997: 279-280)
6 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 2-3)
7 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 3-4)
8 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 5-7)
9 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 7-8)
10 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 8-9)
11 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 9)
12 Vgl. SPD-Parteivorstand (2001: 9-10)
13 Vgl. http://www.cdu.de/politik-a-z/grundsatzprogramm/gp2.htm#Media
14 Stoiber (1999: 4)
15 CDU-Landtagsfraktion NRW (199?: 5)
16 CDU-Landtagsf raktion NRW (199?: 7)
17 CDU-Landtagsfraktion NRW (199?: 9)
- Citar trabajo
- Moritz Oehl (Autor), 2002, Die medienpolitischen Vorstellungen der SPD und der CDU/CSU unter besonderer Berücksichtigung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105195
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