Gliederung
Interpretieren sie die beiden vorliegenden Texte und vergleichen sie sie im Hinblick auf die Literatur als Herrschaftskritik.
I.) Interpretation von Gottfried August Bürgers Ballade „Der Bauer An seinen Durchlauchtigen Tyrannen.“
1. Aufbau und sprachliche Analyse
2. Interpretation
II.) Interpretation der Parabel von Edwin Hoernle „Der Herr und sein Knecht“
1. Aufbau und Inhalt
a) Wiedergabe des Inhalts
b) Untersuchen der Bildebene
2. Sprachliche Gestaltung
a) erster Abschnitt
b) zweiter Abschnitt
c) dritter Abschnitt
III.) Vergleich der Texte
1. Gemeinsamkeiten
2. Unterschiede
Der Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Willkür bleibt zu allen Zeiten unsere Aufgabe Die Ballade „Der Bauer An seinen Durchlauchtigen Tyrannen“ 1778 verfasst von Ernst August Bürger und die Parabel „ Der Herr und sein Knecht“ von Edwin Hoernle kritisieren beide die Tyrannei in totalitären Herrschaftssystemen. Bürger stellt in seiner Ballade seinen Fürsten zur Rede, und prangert die Willkür und die Gleichgültigkeit, die der Fürst gegenüber seinen Untertanen an den Tag legt an. „Wer bist du, Fürst, dass ohne Scheu / Zerrollen mich dein Wagenrad,/ Zerschlagen darf dein Ross“ (Z: 1 ff). Bürger selbst wurde durch die Willkür von Herzog Karl Eugen zehn Jahre auf dem Hohenasperg inhaftiert, und verarbeitete dieses Erlebnis in Balladen wie dieser oder auch der „Fürstengruft“. Hart hat ihn Schillers vernichtende Kritik „Über Bürgers Gedichte“ getroffen und ihm auch seinen restlichen Lebenswillen genommen, so dass er kurz darauf gestorben ist. Seine bekannteste und erste Ballade war „Leonore“, weitere allgemein bekannte Werke sind die „Die wunderbaren Reisen zu Wasser und zu Lande“ und „Die Feldzüge und lustigen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“.
Edwin Hoernle, erzählt von einem Kaufmann und seinem Sklaven, die große Gefahren zusammen überwinden müssen, doch der Kaufmann nutzt den Sklaven entgegen seinen Versprechungen nur aus. „ Als der Herr noch einen winzigen Brotrest hatte, schnitt er den sorgfältig in zwei Teile, gab dem Sklaven die Hälfte und aßdie andere.“(Z: 43 ff) Hoernle wurde am 11.12.1883 in Cannstadt (Württemberg) geboren. Er war Politiker und Pädagoge und in den 20er Jahren leitender Redakteur der Zeitschrift „Der junge Genosse“. In dieser Funktion trat er auch als Wiederstandskämpfer gegen das NS - Regime auf, bis er am 21.7.1952 in Bad Liebenstein starb. Die Parabel „Der Herr und sein Knecht“ ist sein einziges bekanntes Werk und wurde 1968 veröffentlicht.
Beim ersten Durchlesen der Ballade fällt einem sofort auf, dass sie keine Reime und Fremdwörter enthält, Bürger will so verdeutlichen, dass es sich um einen Bauern handelt der hier spricht. Außerdem ist das Gedicht in deutliche unterteilt. In den ersten drei Strophen fragt der Bauer den Fürsten, und steigert sich im weiteren Verlauf immer mehr in seine Ausführungen hinein, was dazu führt, dass er in den Strophen vier bis sechs gar keine Fragen mehr stellt, sondern nur noch Tatsachen nennt.
Die erste Strophe beginnt mit einer Anapher, einer direkten Frage an den Fürsten „ Wer bist du, Fürst“ (Z: 1) was sich am Anfang der zweiten Strophe genauso, und in der dritten verkürzt wiederholt. Der Autor verleiht dem Gedicht so einen provokanten und herausfordernden Ton und unterstreicht dies noch durch eine Wiederholung der Anrede „du, Fürst“ (Z: 1). In der zweiten Zeile findet man eine Alliteration „Zerrollen mich dein Wagenrad, /Zerschlagen darf dein Ross?“ (Z: 2 f). Das Lyrische Ich wirft dem Fürsten somit die Missstände und die Ungerechtigkeiten im Absolutismus vor, was durch die Alliteration unterstrichen wird und sich durch die gesamte Ballade wie ein roter Faden zieht.
Die zweite Strophe beginnt genauso wie die erste mit einer direkten Frage „ Wer bist du, Fürst“ (Z: 4), und wird auch hier wieder durch die doppelte Anrede betont. Dann setzt das Lyrische Ich die Aufzählung der Ungerechtigkeiten aus der ersten Strophe fort und erwähnt in diesem Zusammenhang den Jagdhund als des Fürsten Freund „(...) dass in mein Fleisch/ Dein Freund, dein Jagdhund ungebläut / Darf Klau und Rachen haun?“ (Z:5f),womit er dem Fürst vorwirft, seine Tiere besser zu behandeln und ihnen mehr Rechte zu zugestehen als seinen Untertanen. Das wird wie auch schon in der ersten Strophe durch eine Alliteration betont „Dein Freund (...) Darf Klau“ (Z: 5 f).
Die dritte Strophe beginnt ähnlich wie die ersten beiden mit einer direkten Anrede, doch fehlt nun der Titel „Fürst“ (Z: 4) womit dem Fürsten auch noch die letzte Achtung verweigert wird. Das Lyrische Ich zählt weiter die Missstände auf, bekräftigt diese allerdings nicht wieder durch eine Alliteration, sondern durch einen Zeilensprung, der die letzte Zeile „Entatmet wie das Wild“ (Z: 9) besonders hervorheben soll. Ebenfalls in der letzten Zeile vergleicht er sich mit dem „Wild“ (Z: 9) das der Fürst auf der Jagd vor sich her treibt. Mit dieser Metapher klagt er wieder die menschenunwürdige Behandlung des einfachen Mannes im Absolutismus an.
In der nächsten Strophe, im zweiten Teil des Gedichts, spielt der Bauer auf die Abgaben, die er dem Fürst zahlen muss „Was Ross und Hund und du verschlingst“ (Z: 11) und die Rücksichtslosigkeit mit der die Fürsten ihre Untertanen im Absolutismus ausgebeutet haben „Die Saat, so deine Jagd zertritt“ (Z: 10) an. Der letzte Satz in der Strophe ist im Gegensatz zu den vorhergehenden keine Frage mehr sondern ein Ausruf „ Das Brot du, Fürst, ist mein“(Z: 12) mit dem er seiner Aussage Druck, und dem gesamten Gedicht einen aggressiven und fordernden Unterton gibt. Den Titel „Fürst“ verwendet er in diesem Zusammenhang als Schimpfwort, was seiner Wut und seiner Verachtung gegenüber dem Fürsten Ausdruck verleiht.
Die fünfte Strophe ist ähnlich aufgebaut wie die vierte. Der Bauer wirft dem Fürsten vor, nichts für seinen Wohlstand zu tun, sondern die Bauern arbeiten zu lassen. „Du Fürst (...) Hast nicht den Erntetag durchschwitzt.“ (Z: 14) Der letzte Satz ist wieder ein Ausruf, mit einer Wiederholung am Anfang „Mein, mein ist Fleißund Brot!“ (Z: 15) Mit dieser Aussage will er verdeutlichen, dass er hart gearbeitet hat, und dass sein Gewinn, hier das Brot, ihm gehöre. Der Fürst hat kein Recht darauf, solange er nicht dafür arbeitet wie seine Untertanen! Mit der Wiederholung unterstreicht er dies abermals.
Die sechste und letzte Strophe beginnt mit dem letzten Satz der fünften Strophe „Mein, mein ist Fleißund Brot!“ (Z: 17) Mit diesem Geminatio intensiviert er die letzte Aussage ein drittes Mal, und zeigt auf, wie viel Bedeutung er ihr zumisst. Dann vergleicht er den Fürsten mit Gott, nachdem es im Absolutismus üblich war, dass sich die Herrscher als von Gott Gesandte darstellten. Ludwig der XIV nannte sich selbst „Le Roi de soleil“ , der Sonnenkönig, und von ihm kommt auch der Satz „ L’Etat c’est moi“ , der Staat bin ich. Bei diesem Vergleich zeigt sich, das Gott Gutes verkörpert, während der Fürst grausam und böse ist „Gott spendet Segen aus; du raubst!“ (Z: 17)Bürger kritisiert in seiner Ballade eindeutig das Verhalten der Monarchen im Absolutismus allgemein, und bringt dies mit der letzten Strophe, und besonders der letzten Zeile, in der er den Fürsten nun offen angreift, auf den Punkt „Du nicht von Gott, Tyrann!“ .
Die Parabel handelt von einem Kaufmann und seinem Sklaven, die auf ihrer Reise einen Wald durchqueren müssen. Der Kaufmann schlägt dem Sklaven „freundlich“ (Z: 5) vor „jetzt treu zusammen“(Z: 5) zu halten, und verspricht ihm eine Belohnung. Damit macht er dem Sklaven Hoffnung, ihm die Freiheit zu schenken. Als sie tatsächlich überfallen werden, reicht er ihm eine Waffe. Die Räuber greifen aber hauptsächlich den Kaufmann an, doch stellt sich der Sklave vor ihn und fängt die Schläge mit seinem Körper ab. Die einzige Reaktion des Kaufmanns ist den Sklaven zu loben „Brav, brav!“ (Z: 14), doch kommt kein Wort der Dankbarkeit über seine Lippen. Er sieht also seine Rettung als des Sklaven natürliche Pflicht an, da sein Leben seiner Meinung nach viel mehr wert ist als das eines Sklaven. Dann schlagen sie die Räuber „zusammen“ (Z: 15) in die Flucht, und ziehen „Einträchtig“ (Z: 16) weiter. Somit scheint es so, als ob Sklave und Kaufmann hier gleichgestellt wären. Als der Sklave dann wegen seiner Verletzungen Probleme hat weiterzugehen sieht es sein Herr als seine „Ehrenpflicht“ (Z: 20 ) an, ihm zu helfen, also hilft er ihm nicht aus Dankbarkeit oder weil der Sklave die Verletzungen erlitten hat, um ihn zu schützen, sondern nur weil es seine Pflicht als Ehrenmann ist. Er schneidet ihm einen Stock ab, damit er „nicht allein im Walde zurückbleib(t) und elend zugrunde“ (Z:23f) geht, denn er würde nicht sein Leben aufs Spiel setzten, um auf den Sklaven Rücksicht nehmen. Hier wirkt der Sklave zum ersten mal „enttäuscht“ (Z: 26) ob der mangelnden Dankbarkeit seines Herrn. Ihr Weg führt sie in eine „unfruchtbare Steppe“ (Z: 28). Der Kaufmann spricht seinem Sklaven Mut zu, indem er ihm verspricht, sein „letztes Brot“ und seinen „letzten Schluck Wasser“ mit ihm zu teilen. Was sich später allerdings als Täuschung herausstellt. Dem Sklaven jedoch macht es wieder Hoffnung und er „folgt(e) dem Herrn“ (Z: 43f) mit letzter Kraft. Hier „folgt“ also nun der Sklave seinem Herrn wieder, wobei sie vorher „einträchtig“ gegangen sind. Der Kaufmann stellt also, jetzt wo keine Gefahr mehr droht die alten Verhältnisse wieder her. Als sie eine Pause machen fängt der Kaufmann an zu essen und zu trinken, und lässt den halb verdursteten Sklaven zuschauen. Nur den letzten Brotrest, und den letzten Schluck Wasser teilt er mit ihm, womit er zwar sein Versprechen , das letzte zu teilen, einhält, den Sklaven jedoch trotzdem betrügt und ausbeutet. Der Kaufmann ist sich jedoch keiner Schuld bewusst, und sieht sich als gnädig und äußerst Großzügig. „„Nun haben wir unser Letztes redlich geteilt“, sagte er leutselig“ (Z: 46). Damit war es dem Sklaven genug, er besinnt sich kurz und fängt dann an auf seinen Herren einzuprügeln. Dieser weißgar nicht wie ihm geschieht, und scheint sich auch immer noch keiner Schuld bewusst zu sein. „Hab ich mein Wort nicht ehrlich gehalten? Lohnst du so meine Güte?“ (Z: 51f). Der Sklave befreit sich damit von der Herrschaft des Kaufmanns und kümmert sich auch nicht um sein Geschrei, sondern „reckt(e) (...) den Kopf in die Höhe“ (Z: 53f), und ist sich erstmals seiner eigenen Würde bewusst. Er lässt sich nicht länger unterdrücken, sondern „aufrecht“ (Z: 54) gehend sieht er jetzt ein anderes Leben vor sich und macht sich „rüstig“ (Z: 58) auf seinen eigenen Weg.
Die Parabel ist in Prosa geschrieben und weist deshalb auch nicht besondere sprachliche Feinheiten auf. Allerdings würde man sie nicht in den 50iger Jahren des 20. Jahrhunderts einordnen, sondern eher im 18. Jahrhundert, da die Sprache recht alt ist und Wörter wie „laben“ (Z: 31), „redlich“ (Z: 47) oder „leutselig“ (Z: 48) heute kaum noch verwendet werden. Man kann die Parabel grob in drei Teile aufteilen. Einmal der Kampf mit den Räubern, bis sie in die Wüste kommen, allerdings gibt es hier keine sprachlichen Besonderheiten. Der zweiten Abschnitt endet kurz vor der Befreiung des Sklaven. Hier wäre eine Wiederholung zu nennen „letztes Brot (...) letzten Schluck Wasser“. Hoernle stellt damit den Kaufmann als großzügig und aufopfernd dar.
Im letzten Abschnitt gibt es anfangs viele kurze aneinandergereihte Sätze, durch die die Geschwindigkeit ausgedrückt wird in der sich die Szene abspielt. „Dann sprang er auf, ergiff seinen Wanderstab und verprügelte den Herrn aus Leibeskräften.“ (Z: 49 ff) Die kurz hintereinander folgenden Fragen „Was tust du, Undankbarer? (...) Hab ich mein Wort nicht ehrlich gehalten? Lohnst du so meine Güte?“ (Z: 52 ff) drücken das Entsetzen und die Fassungslosigkeit des Herrn aus.
Das Gemeinsame der Texte besteht darin, dass sich in beiden das Volk gegen ein totalitäres System erhebt. Bei Bürger ist es ein Bauer, der sich gegen den Fürsten, den Monarchen im Absolutismus, auflehnt „Du bist nicht von Gott, Tyrann“ (Z: 18) Hoernle der sich auf dem Hintergrund der Erlebnisse mit einem totalitären System, dem Nationalsozialismus, mit diesem Thema auseinandersetzt, zeigt in seiner Parabel den gelungenen Widerstand gegen die unterdrückende Herrschaft auf. Man soll also genauso wie er sich gegen das NS-Regime gewehrt hat, Widerstand gegen Unterdrückung und Willkür leisten. Auf der psychologischen Ebene heißt das, dass es generell im Leben darum geht seine Fesseln zu sprengen und sich aus der Abhängigkeit zu lösen, um seinen eigenen Weg zu finden. Sehr anschaulich stellt Hoernle dies in dem Bild dar, wo der Sklave sich nach seiner Befreiung aufrichtet und erst dann sein neues Leben vor sich sieht.
Während also in der Parabel der Widerstand zum Erfolg führt, bleibt es in der Ballade bei der bloßen Anklage. Die Ballade beschreibt gesellschaftlich Missstände, während die Parabel als Lehrstück fungiert und so die Menschen darüber hinaus zur Handlung auffordert.
Zwischen den beiden Texten liegen mehr als hundert Jahre. Trotzdem sind sie miteinander vergleichbar und lassen sich auch auf heutige Verhältnisse übertragen, weil sie ein Thema zur Sprach bringen, das immer aktuell bleibt. Der Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Willkür bleibt zu allen Zeiten unsere Aufgabe.
- Citation du texte
- Christoph Scholze (Auteur), 2001, Bürger, Gottfried August - Der Bauer An seinen Durchlauchtigen Tyrannen - Interpretation der Ballade und der Parabel von Edwin Hoernle "Der Herr und sein Knecht", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105138
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