Gliederung:
1. Einleitung
2. Das deutsche Kartellrecht
2.1. Kartelle - Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen
2.1.1. Rechtsfolgen beim Verstoßgegen § 1 GWB
2.1.2. Ausnahmen vom Kartellverbot
2.2. Vertikalvereinbarungen
2.2.1. Preisbindung der zweiten Hand - § 15 GWB
2.2.2. Ausschließlichkeitsbindung - § 16 GWB
2.3. Marktbeherrschung und Missbrauchsaufsicht
2.3.1. Marktbeherrschung
2.3.2. Missbrauchsaufsicht
2.4. Fusionskontrolle § 35 ff. GWB
3. Das Europäische Kartellrecht im Vergleich zum Deutschen
3.1. Das Kartellverbot
3.2. Die Missbrauchskontrolle
3.3. Die Fusionskontrolle
4. Zusammenfasung
Einleitung
Das oberste Ziel von marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen ist ein freier Wettbewerb. Er ist Voraussetzung für ein Funktionieren und Bestehen unseres Wirtschaftssystems. Jedoch ist ein freier Wettbewerb auch gleichbedeutend mit einer starken Abhängigkeit von den Konkurrenten. Entscheidungen müssen vom Verhalten der Mitbewerber abhängig gemacht werden, was ein gewisses Risiko mit sich bringt. Der einfachste Weg, aus dieser Abhängigkeit zu entkommen, ist sich dem Wettbewerb zu entziehen oder in zu beschränken. Je größer ein Unternehmen ist, desto größer sind seine Chancen.
Deshalb ist es Aufgabe des Staates, den freien Wettbewerb durch entsprechende Rahmenbedingungen zu sichern und zu gewährleisten.
In Deutschland wurde das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB) geschaffen. In Europa finden wir die gesetzlichen Regelungen im EG-Vertrag (EGV). Diese Arbeit beschäftigt sich am Anfang mit den Rahmenbedingungen in Deutschland. Im zweiten Teil wird im Vergleich zu Deutschland auf Europa eingegangen.
2. Das deutsche Kartellrecht
Das deutsche Kartellrecht ist niedergeschrieben im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWG), was meist als „Grundgesetz der Wirtschaftsordnung“ bezeichnet wird.1 Es dient der Sicherung der Existenz des Wettbewerbes.2 Dabei soll verhindert werden, dass Teilnehmer, allein oder mit anderen, die Wirkungsmechanismen des Marktes außer Kraft setzen.3 Jedoch hat das GWB durch seine Vielzahl von Ausnahmen einen starken Kompromisscharakter.4
Die wichtigsten Punkte werden in 4 Abschnitte unterteilt:
- Kartelle (Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen);
- Vertikalvereinbarungen;
- Marktbeherrschung (wettbewerbsbeschränkendes Verhalten) ;
- Fusionskontrolle.5
Das Problem der Marktbeherrschung tritt auf monopolistischen Märkten auf, d.h. es existiert kein Wettbewerb. Die drei anderen Bereiche stellen eine Gefährdung des Wettbewerbes im Oligopol und Polypol dar.6
2.1. Kartelle - Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen
Ein Kartell ist ein Vertrag zwischen juristisch selbständigen Unternehmen des gleichen Marktes mit dem Ziel, den Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien zu beschränken.7 Die rechtliche und organisatorische Selbständigkeit der Kartellmitglieder bleibt erhalten. Jedoch geben die Vertragspartner einen Teil Ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit freiwillig auf, um einen kontrollierbaren Markt zu erreichen.8
Das GWB spricht ein grundsätzliches Kartellverbot im § 1 GWB aus. Er lautet: „Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten“.9
Als eine erste Voraussetzung nennt § 1 GWB 3 Verbotstatbestände, bei denen ein Kartellverbot ausgesprochen werden kann:
- Absprache einer Vereinbarung zwischen miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen.
Vereinbarungen i.S.d. § 1 GWB sind alle übereinstimmenden Willenserklärungen mit einer Rechtsbindung, d.h. es sind Verträge. Und unter Wettbewerb versteht der § 1 GWB jede Art der wirtschaftlichen Handlung.10
- Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen.
- Abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, wobei abgestimmtes Verhalten dann vorliegt, wenn die Unternehmen ihr Verhalten voneinander abhängig machen.11
Aus diesen Tatbeständen muss dann, als eine weitere Voraussetzung, eine bezweckte oder eine bewirkte Wettbewerbsbeschränkung entstanden sein, die im nachhinein auch auf dem Markt auftritt und spürbar ist.12
2.1.1. Rechtsfolgen beim Verstoßgegen § 1 GWB
Es wird zwischen zivilrechtlichen und kartellbehördlichen Rechtsfolgen unterschieden. Zivilrechtlich ist §§ 134 und 33 GWB bedeutsam. Aus § 134 GWB ergibt sich, dass alle Vereinbarungen und Beschlüsse, die gegen den § 1 GWB verstoßen, nichtig sind. Jedoch ist nur der Teil unwirksam, der gegen den § 1 GWB verstößt. Der restliche Vertrag bleibt weiterhin bestehen. Vereinbarungen, die die Ausnahmen betreffen, auf die ich im folgenden eingehen werde, sind erstmals nur schwebend unwirksam, bis eine Freistellung erfolgte oder nicht.13
2.1.2. Ausnahmen vom Kartellverbot
In den §§ 2-8 GWB und §§ 28-31 GWB sind Ausnahmen vom grundsätzlichen Kartellverbot aufgeführt. Desweiteren bestehen noch ungeschriebene Ausnahmetatbestände, die hier nicht berücksichtigt werden sollen. Die in den §§ 2-8 GWB genannten Ausnahmen werden gegliedert in Widerspruchskartelle und Erlaubniskartelle.
Widerspruchskartelle sind bei der Kartellbehörde anzumelden und werden dann wirksam, wenn diese nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten revidiert werden. Erlaubniskartelle hingegen erlangen ihre Wirksamkeit erst dann, wenn die Behörde dieses Kartell für einen bestimmten Zeitraum freistellt bzw. genehmigt. Im Anhang werden Beispiele für Widerspruchs- bzw. Erlaubniskartelle näher erläutert.14
Eine besondere Regelung hat das GWB für die Einkaufskooperationen (§ 4 Abs. 2 GWB) getroffen. Diese sind zwar anmeldungspflichtig, werden aber ohne weiteres wirksam. Die Anmeldung dient lediglich als Information für die Kartellbehörde. Inhalt des Vertrages ist der gemeinsame Einkauf von Waren oder die gemeinsame Beschaffung gewerblicher Leistungen.15
2.2. Vertikalvereinbarungen
Vertikalvereinbarungen sind Verträge von Unternehmen auf verschiedenen Wirtschaftsstufen. Dazu gehören die Preisbindung der zweiten Hand und die Ausschließlichkeitsbindung.16
2.2.1. Preisbindung der zweiten Hand - § 15 GWB
Sie ist die Verpflichtung eines Händlers durch den Hersteller bei der Weiterveräußerung der Waren einen vom Hersteller vorgegebenen Preis einzuhalten.17
Ziel dabei ist es, den Preiswettbewerb auf diesem Markt auszuschalten. Damit werden Preise erzielt, die höher sind als auf einem funktionierenden Markt. Dies hat sowohl Vorteile für den Händler, der eine höhere Handelsspanne hat, als auch für den Hersteller, weil der Händler den Artikel im Sortiment behält.18
Aber gemäߧ 15 GWB sind solche Preisbindungen generell nichtig, weil diese trotz alledem den Wettbewerb ausschalten. Eine Ausnahme besteht nach § 15 GWB bei Verlagserzeugnissen (z.B. Bücher). Hier unterliegt die Preisbindung der Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörde.
Noch zu bemerken wäre , dass unverbindliche Preisempfehlungen, zulässig sind, solange Sie keine „Mondpreise“ darstellen. Auch die Preisempfehlungen unterliegen der Missbrauchsaufsicht.19
2.2.2. Ausschließlichkeitsbindung - § 16 GWB
Die Ausschließlichkeitsbindung stellt die Beschränkung in der Auswahl der Abnehmer oder der Lieferanten dar. Beispiele hierfür sind der Benzinbezug der Tankstellen von bestimmten Raffinerien und der Bierlieferungsvertrag.20
§ 16 GWB genannten vertraglichen Bestandteile sind erstmals wirksam, aber unterliegen der Missbrauchsaufsicht, die sie unter bestimmten Voraussetzungen (Wettbewerbsbeschränkung) als nichtig erklären kann.21
2.3. Marktbeherrschung und Missbrauchsaufsicht
Durch Unternehmenszusammenschlüssen kann eine Marktbeherrschung entstehen oder verstärkt werden. Diese Marktbeherrschung kann zu ungunsten der Verbraucher ausgenutzt werden. Aufgabe der Missbrauchsaufsicht ist die Verhinderung dessen.22
2.3.1. Marktbeherrschung
Eine Marktbeherrschung im Sinne des § 19 Abs. 2 GWB kann in folgenden 2 Fällen vorliegen. Ein Unternehmen ist auf dem relevanten Markt, der sachlich, räumlich und zeitlich abzugrenzen ist, keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt
(§ 19 Abs. 2 S.1 Nr. 1 GWB). Oder das Unternehmen hat im Vergleich zu seinem Mitstreitern eine überragende Marktstellung , wobei „der Marktanteil, die Finanzkraft, der Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, der Verflechtung mit anderen Unternehmen, etc.“ eine wesentliche Rolle spielen (§ 19 Abs. 2 S.1 Nr. 2 GWB).23 Absatz 3 stellt ab auf die Vermutung der Marktbeherrschung. Danach liegt eine Marktbeherrschung vor, wenn
- ein Unternehmen einen Anteil von mind. 1/3 hat,
- drei oder weniger Unternehmen einen Anteil von 50% erreichen oder
- fünf oder weniger Unternehmen einen Anteil von 2/3 haben .24
2.3.2. Missbrauchsaufsicht
Gesetzlich untersagt ist nach § 19 Abs. 1 GWB nur die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, nicht aber die Erlangung.25 Im § 19 Abs. 4 GWB sind Beispiele für den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung niedergeschrieben, wie z. B. das „Behinderungsverbot“ (Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten von meinen Mitstreitern), der „Preis- und Konditionsmissbrauch“ (Forderung von Preisen u. Geschäftsbedingungen, die ohne diese Stellung nicht erreichbar wären), die „Verweigerung des Zuganges zu Netzen“, etc..26
Auch § 20 GWB ist zu berücksichtigen, welcher das Diskriminierungsverbot darstellt. Es ist eine weitere Maßnahme gegen den Missbrauch der Markstellung. Es richtet sich an marktbeherrschende, marktstarke u. preisbindende Unternehmen und Kartelle. Eine ungerechtfertigte Behandlung oder eine unbillige Behinderung gegenüber anderen Unternehmen wird nicht gestattet.27
2.4. Fusionskontrolle § 35 ff. GWB
Unter einer Fusion wird ein Unternehmenszusammenschluss verstanden. Die Legaldefinition des Zusammenschlussbegriffes steht im § 37 GWB.28 Die Unternehmen vergrößern dadurch Ihren Marktanteil und verringern den Wettbewerb.29 Gem. § 39 GWB sind Zusammenschlüsse vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt anzumelden. Anzuzeigen sind die beteiligten Unternehmen und gegebenenfalls die Veräußerer, die jeweiligen Marktanteile, Umsatzerlöse, etc..30
Das Bundeskartellamt prüft und verbietet Zusammenschlüsse, wenn dadurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Es sei denn, es kann von den beteiligten Unternehmen nachgewiesen werden, dass sich dadurch die Wettbewerbsbedingungen verbessern.31
Eine Zusammenschlusskontrolle wird nicht durchgeführt, wenn folgende Schwellenwerte (§ 35 Abs. 1 GWB) erreicht sind. Die Unternehmen hatten im letzten Geschäftsjahr vor der Fusion einen Umsatz von mehr als 1 Mio. DM gehabt oder mind. ein „beteiligtes Unternehmen hatte im Inland Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio. DM. Keine marktbeherrschende Stellung hingegen liegt vor, wenn „ein Unternehmen, dass nicht unabhängig ist und weniger als 20 Mio. DM weltweite Umsatzerlöse erzielt hat, sich mit einem anderen Unternehmen zusammenschließt (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 GWB) oder ein Markt betroffen ist, der seit mind. 5 Jahren existiert und auf dem im letzten Kalenderjahr weniger als 30 Mio. DM umgesetzt wurden (§ 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB)“.32
3. Das Europäische Kartellrecht im Vergleich zum Deutschen
Das Ziel des Europäisches Kartellrechtes ist nach Art. 3 Abs. 1 EGV „die Schaffung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt“. Es kann gesagt werden, dass das Europäische mit dem Deutschen Recht weitgehend übereinstimmt. Nur bezieht sich das Deutsche auf den nationalen und das Europäische auf den Gemeinsamen Markt. Die Regelungen der §§ 86,87 f., 90 ff. EGV sollen die Unternehmen an bestimmte und faire Verhaltensweisen binden, die den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.33 Sie wenden sich an alle Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, bei denen das Merkmal der wirtschaftlichen Tätigkeit gegeben ist. Grundsätzlich gelten Sie für alle Wirtschaftszweige. Ausgenommen ist die Montanindustrie und Teile der Verkehr- u. Landwirtschaft. Desweiteren muss erwähnt werden, dass der EGV nur Wettbewerbsbeschränkungen erfasst, „die sich auf den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten auswirken“ und die eine negative Beeinträchtigung des Wettbewerbes auf dem gemeinsamen Markt zur Folge haben.34
Das Europäische Kartellrecht ist, im Gegensatz zum Deutschen, in nur 3 Bestandteile untergliedert:
- das Kartellverbot,
- die Missbrauchsaufsicht einer marktbeherrschenden Stellung,
- die Fusionskontrolle.
Somit entfallen die Vertikalvereinbarungen, die im Kartellverbot enthalten sind.
3.1. Das Kartellverbot
Wie in Deutschland sind nach Art. 85 EGV „alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken“, verboten.35
Unter einer Vereinbarung im Europäischen Recht werden auch Willenserklärungen verstanden, wobei die Verbindlichkeit noch in Frage gestellt wird.36 Eine Wettbewerbsbeeinträchtigung bzw. -verfälschung liegt dann vor, wenn die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eingeschränkt sind und sich dies auch besonders bemerkbar macht.37 Als Beispiele werden explizit „die Festsetzung von Preisen und sonstige Geschäftsbedingungen, Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung d. Absatzes, der techn. Entwicklung oder der Investition, Marktaufteilungen, sowie Kopplungsverträge“ genannt.38 Auch sind im europäischen Recht, anders als zum Deutschen Recht, Zahlen, ab wann eine Wettbewerbsbeschränkung spürbar ist, zu finden. Bei horizontalen Vereinbarungen (gleiche Wirtschaftstufe) reichen 5% Marktanteil und bei vertikalen Vereinbarungen 10% Marktanteil aus.39
Somit spricht das Deutsche und das Europäische Kartellrecht ein Kartellverbot aus. Nur bezieht sich das Europäische im Vergleich zum Deutschen auf die Wettbewerbsbeschränkung am Gemeinsamen Europäischen Markt. Auch die Rechtsfolgen beim Verstoßgegen diese Regelung sind in beiden Gesetzen gleich geregelt. So sind nach Art. 85 Abs. 3 EGV die Vereinbarungen oder Beschlüsse, die gegen Art. 85 Abs. 1 EGV verstoßen, nichtig.40 Die EG-Kommission kann die Unternehmen verpflichten, weitere Verstöße zu unterlassen und Zuwiderhandlungen mit Geldbußen verfolgen.41
Anders als im Deutschen Recht umfasst der Art. 81 EGV auch die Vertikalvereinbarungen, d.h. Vereinbarungen zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsstufen. In Deutschland gilt das Kartellverbot nur für Absprachen, etc., die eine Wettbewerbsbeschränkung auf der gleichen Wirtschaftsstufe durchführen. Somit umfasst Art. 81 EGV für den Gemeinsamen Markt auch Ausschließlichkeits- u. Vertriebsbindungen, Preis- u. Konditionsbindungen, etc..42
Ausnahmen vom Kartellverbot
Das Europäische Recht beschreibt im Art. 85 Abs. 3 EGV auch Ausnahmen (wie das Deutsche), in denen die Kommission Vereinbarungen, etc. für legal erklären kann. Jedoch werden folgende Voraussetzungen genannt:
- „Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts als Ziele
- unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn
- nur Beschränkungen, die für die Verwirklichung jener Ziele unerlässlich sind und
- ohne dass für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren der Wettbewerb ausgeschaltet werden könnte.“43
Es können sowohl Einzel- oder Gruppenfreistellungen erfolgen. Eine Freistellung kann nur durch die Kommission ausgesprochen werden und auch von bestimmte Auflagen abhängig gemacht werden.44
Im Gegensatz zum GWB enthält der EGV keine direkt genannten Ausnahmetatbestände wie in den §§ 2-8 GWB.
3.2. Die Missbrauchskontrolle
„Art. 86 S.1 EGV verbietet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt“.45 Art. 86 S.2 EGV enthält 4 Regelbeispiele, z.B. den Preis- u. Konditionsmissbrauch, Einschränkung der Erzeugung des Absatzes, etc..46
Zur Feststellung der Marktbeherrschung muss, wie im Deutschen Recht, erst mal der relevante Markt bestimmt werden. Das bedeutet die Abgrenzung nach sachlichen, räumliche und zeitlichen Gesichtspunkten47, um festzustellen, wer mit wem im Wettbewerb steht.48
Der Unterschied zum Deutschen Recht ist der, dass der EGV keine Legaldefinition der Marktbeherrschung enthält. Aber ein wesentliches Merkmal ist der Marktanteil.49 So ist ein Unternehmen marktbeherrschend, wenn es sich unabhängig von seinen Mitstreitern verhalten kann oder wenn es keinem Wettbewerb ausgesetzt ist. Auch werden wieder Zahlen genannt, ab wann das Gesetz eine Marktbeherrschung vermutet. Im Gegensatz zum Deutschen Recht, wo dies schon bei 1/3 Marktanteil der Fall ist, liegt nach Europäischen Recht eine marktbeherrschende Stellung vor, wenn ein Marktanteil von mehr als 40% vorliegt.50 Und wenn dieser grundlegende Vorteil ausgenutzt wird, greift die Kommission ein und verbietet dieses Verhalten nach Art. 3 der VO.51
Ziel der Missbrauchskontrolle im Deutschen und im Europäischen Recht ist die Verhinderung der Monopolisierung der Märkte.52 Das Missbrauchsverbot richtet sich in beiden Gesetzen gegen den Ausbeutungsmissbrauch (Preispolitik der Unternehmen in einer marktbeherrschenden Stellung), den Behinderungsmissbrauch („klassische Kampfpreisunterbietung“53 ) und den Strukturmissbrauch.54
3.3. Die Fusionskontrolle
Wie bereits im Deutschen Recht erwähnt, können internationale Unternehmenszusammenschlüsse zu einer marktbeherrschenden Stellung führen, durch die wiederum der Wettbewerb negativ beeinflusst werden kann.
Da die Kontrolle der Fusionen im EG-Vertrag nicht mit berücksichtigt wurde, wurde am 21.12.1989 die EG-Fusionskontrollordnung (FKVO), die sehr stark vom Deutschen System beeinflusst wurde, verabschiedet. Somit finden sich viele Gemeinsamkeiten.55
Die FKVO berücksichtigt Zusammenschlüsse, Kontrollen eines Unternehmens über ein anderes (z.B. Besitz der Mehrheit der Anteile) und Gemeinschaftsunternehmen.56 Generell werden nur solche Handlungen betrachte, die zu einer dauerhaften Strukturänderung führen.57
Nach Art. 1 Abs. 2 FKVO sind alle Fusionen mit einer „gemeinschaftsweiten Bedeutung“ darauf hin zu untersuchen, ob durch sie eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Von gemeinschaftsweiter Bedeutung wird gesprochen, wenn
- „alle beteiligten Unternehmen einen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 5 Mrd. ECU erzielen,
- zwei der beteiligten Unternehmen einen Gemeinschaftsumsatz von mehr als 250 Mio. ECU oder
- die Unternehmen jeweils nicht mehr als 2/3 ihre Gemeinschaftsumsatzes in ein und dem selben Land verdienen.“58
Weiterhin wird die FKVO bei Unternehmen angewendet, wo die Fusion sich in 3 Mitgliedsstaaten auswirkt und wenn 2 der Unternehmen dabei einen Umsatz von 25 Mio. ECU überschreiten.
Zuständig für die Kontrolle ist nach Art. 21 Abs. 1 FKVO die Kommission. Wenn die Schwellenwerte nicht erreicht werden, sind die nationalen Gesetze wirksam.
Wie in Deutschland müssen die Fusionen im Vorfeld angemeldet (Art. 4 Abs. 1 FKVO) und überprüft werden, ob eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Dabei gelten die gleichen Kriterien wie im GWB, welche die wirtschaftliche Macht, die Finanzkraft, die Marktstellung und den Wettbewerb darstellen. Wobei der Marktanteil das wichtigste Kriterium ist. Anders als in Deutschland sind die Schwellenwerte für eine Marktbeherrschung in Europa deutlich höher angesetzt.59
Wenn eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird und sich diese wesentlich auf dem Markt bemerkbar macht, ist nach Art. Zusammenschluss zu untersagen.60
4. Zusammenfassung
Abschließend kann gesagt werden, dass das oberste Ziel, die Sicherung des freien Wettbewerbes in beiden Gesetzen gesichert ist. Das deutsche sowie das Europäische Kartellrecht sprechen ein Kartellverbot aus. Sie untersagen den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und bieten durch die Fusionskontrolle einen guten Schutz bei neuen Zusammenschlüssen.
Aber man muss auch betonen, dass durch die Vielzahl der Ausnahmen die Gesetze einen starken Kompromisscharakter aufzeigen. Dabei entstehen eine Vielzahl von Angriffspunkten, die zum Nachteil des Wettbewerbes und der Nachfrager ausgenutzt werden können.
Das deutsche Kartellrecht wurde durch die 6. Novelle von 1998 sehr stark an das Europäische Recht angeglichen. Aber es wurden auch Regelungen, die sich im Deutschen Recht bewährt hatten, beibehalten und ins Europäische Recht übernommen. Somit ist das Europäische im großen und ganzen übereinstimmend mit dem Deutschen. Es existieren nur einige geringe Unterschiede zwischen beiden Gesetzen.
Widerspruchskartelle (§§ 2-4 Abs. 1)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten61
Erlaubniskartelle (§§ 5-8 GWB)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten62
Literaturverzeichnis
Alpmann, Josef A., Kartell- und Wettbewerbsrecht, Münster 2000
Baron, Michael, Das neue Kartellgesetz: Einführung in die 6. GWB-Novelle und das Vergaberecht, Köln 1999
Bartling, Hartwig, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Einführung in die Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, München 1998
Basseler, Ulrich, Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, Köln 1991
Bender, Dieter, Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, München 1988
Ememrich, Volker, Kartellrecht, München 1999
Fischer. Hans-Lothar, Praktisches Lehrbuch Wirtschaft und Staat, Landsberg am Lech 1987
Rittner, Fritz, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Heidelberg 1999
Stobbe, Alfred, Mikroökonomie, Berlin 1991
www.omnia-verlag.de/html/download/europa
[...]
1 Vgl. U. Basseler, Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, Köln 1991, S. 201
2 Vgl. H.-L. Fischer, Praktisches Lehrbuch Wirtschaft und Staat, Landsberg am Lech 1987, S. 350
3 Vgl. M. Baron, Das neue Kartellgesetz, Köln 1999, S.13
4 Vgl. U. Basseler, a.a.O., S. 212
5 Vgl. J. A. Alpmann, Kartell- und Wettbewerbsrecht, Münster 2000, S. I,II
6 Vgl. H. Bartling, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, München 1998, S. 107
7 Vgl. U. Basseler, a.a.O., S.202
8 Vgl. D. Bender, Vahlens Kompendium d. Wirtschaftstheorie u. Wirtschaftspolitik, München 1988, S. 254
9 § 1 GWB
10 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 5-6
11 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 10
12 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 11
13 Vgl. F. Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Heidelberg 1999, S. 214
14 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 13
15 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 15
16 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 4
17 Vgl. H.-L. Fischer, a.a.O., S. 353
18 Vgl. A. Stobbe, Mikroökonomie, Heidelberg 1991, Seite 448
19 Vgl. U. Basseler, a.a.O., S. 210
20 Vgl. U. Basseler, a.a.O., S. 210
21 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 37
22 Vgl. H.-L- Fischer, a.a.O., S. 354-355
23 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 40
24 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 41
25 Vgl. M. Baron, a.a.O., S. 28
26 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S, 42
27 Vgl. M. Baron, a.a.O., S. 29
28 Vgl. GWB § 37
29 Vgl. H. Bartling, a.a.O., S. 109
30 Vgl. GWB § 39
31 Vgl. GWB § 36 (1) GWB
32 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 55
33 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 61
34 Vgl. www.omnia-verlag.de/html/download/europa/ (13.09.2001)
35 Vgl. V. Emmerich, Kartellrecht, München 1999, S. 409
36 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 413
37 Vgl. www.omnia-verlag.de/html/download/europa/ (13.09.2001)
38 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 415
39 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 418
40 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 438
41 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O. S. 63
42 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 414
43 Vgl. F. Rittner, a.a.O., S. 228
44 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 63
45 J. A. Alpmann, a.a.O., S. 64
46 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 447
47 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 64
48 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 448
49 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 64
50 Vgl. V. Emmerich , a.a.O., S. 453
51 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S. 65
52 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 456
53 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 458
54 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 456
55 Vgl. M. Baron, a.a.O., S. 32
56 Vgl. . www.omnia-verlag.de/html/download/europa/ (13.09.2001)
57 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 480
58 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 481
59 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 487
60 Vgl. V. Emmerich, a.a.O., S. 482/483
61 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S.13/14 und D. Bender, a.a.O., S. 271/272
62 Vgl. J. A. Alpmann, a.a.O., S.15/16 und D. Bender, a.a.O., S. 272/273
- Citar trabajo
- Susen Pabst (Autor), 2001, Das Kartellrecht der Europäischen Union im Vergleich zum Deutschen Kartellrecht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105117
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