Das Ziel der Arbeit ist, den Konflikt, der bei einem Rangrücktritt zwischen dem Insolvenzrecht und dem Bilanzrecht entsteht, zu beleuchten und eine Gestaltungsmöglichkeit zu entwickeln, die eine gewinnerhöhende Ausbuchung in Handels- und Steuerbilanz vermeidet. Zu Beginn der Arbeit werden die Grundlagen geklärt. Danach wird der Rangrücktritt im Insolvenzrecht genauer erklärt. Weiter wird auf den Rangrücktritt und dessen Folgen bei der Gläubigerin eingegangen. Hier wird besonders die Diskussion über eine Handelsrechtliche Passivierung mit Hinblick auf die Folgen in der Steuerbilanz ausgearbeitet. Um das Thema erschöpfend abzubilden, wird auf die Behandlung des Rangrücktrittes beim Gläubiger, oder dem möglichen Gesellschafter-Gläubiger eingegangen. Abgerundet wird die Arbeit durch einen Praxisfall, der die Folgen der im Hauptteil diskutierten, Behandlungsmöglichkeiten aufzeigt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitorische Grundlagen
2.1 Abgrenzung Unternehmenskrise und Insolvenz
2.1.1 Insolvenzgründe
2.1.1.1 Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO
2.1.1.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO
2.1.1.3 Überschuldung nach § 19 InsO
2.1.2 Aussetzung der Antragspflicht aufgrund der Covid-19-Pandemie
2.2 Unternehmenssanierung
2.3 Rangrücktritt im Insolvenzrecht
2.3.1 Rangrücktritt vor Einführung des MoMiG
2.3.1.1 Einfacher Rangrücktritt
2.3.1.2 Qualifizierter Rangrücktritt
2.3.1.3 Unterschiede zwischen den beiden Rangrücktritten
2.3.2 Rechtsgrundlagen nach Einführung des MoMiG
2.3.3 Inhalt der Rangrücktrittsvereinbarung
3 Der Rangrücktritt bei der Schuldnerin
3.1 Der Rangrücktritt in der Handelsbilanz
3.1.1 Ausbuchung der Verbindlichkeit
3.1.2 Ausbuchung der Verbindlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen
3.1.3 Passivierung der Verbindlichkeit
3.2 Rangrücktritt in der Steuerbilanz
3.2.1 Auflösung der Verbindlichkeit aufgrund der Maßgeblichkeit
3.2.2 Auflösung der Verbindlichkeit nach § 5 (2a) EStG
3.2.2.1 Rechtsprechung des BFH
3.2.2.2 Die Auffassung der Finanzverwaltung
3.2.3 Kompensation der gewinnerhöhenden Ausbuchung
4 Der Rangrücktritt beim Gläubiger
4.1 Forderung im Betriebsvermögen
4.2 Forderung im Privatvermögen
5 Fallbeispiel
5.1 Insolvenzrechtliche Würdigung
5.2 Bilanzrechtliche Würdigung
6 Zusammenfassung
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Anhang IV
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Rechtsquellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Bilanzierung dem Grunde nach
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Überschuldungsstatus Fallbeispiel
Tabelle 2 - Überschuldungsstatus Ausbuchung Vbl
Tabelle 3 - GuV Ausbuchung Vbl
Tabelle 4 - Überschuldungsstatus verdeckte Einlage
Tabelle 5 - Überschuldungsstatus Passivierung Vbl
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In Zeiten einer wirtschaftlichen Krise, wie der aktuellen „Corona-Krise“, wird klar dass sich auch in Deutschland mit dem Thema der Unternehmenskrise und der Unternehmensinsolvenz weiter beschäftigt werden muss. Wichtig ist in solch einer Situation, die Unternehmenskrise zu erkennen, den Grund dafür zu visualisieren und das Unternehmen wieder aus der Krise hinaus zu führen. Es stellt sich regelmäßig die Frage nach einer stillen Sanierungsmöglichkeit, die für GmbH und Gesellschafter recht einfach und ohne großen Aufwand umzusetzen ist.
Oft rückt hierbei der Rangrücktritt, vor allem vom Gesellschafter ausgeübt, in den Fokus. Die gestalterische Herausforderung liegt hier vor allem in der Vereinbarung des Rangrücktrittes. Die Schuld soll im Überschuldungsstatus außer Ansatz bleiben, zeitgleich soll in Handels - und Steuerbilanz die Passivierung weitergeführt werden können. Die Gefahr bei Ausbuchung der Verbindlichkeit in Handels- und Steuerbilanz, besteht darin eine gewinnerhöhende Ausbuchung vorzunehmen, die dann in einer höheren Steuerbelastung resultiert. Dies würde den primären Zweck der Rangrücktrittsvereinbarung, nämlich die Insolvenz der GmbH zu vermeiden, deutlich entgegenwirken.
In den letzten Jahren ist der Rangrücktritt vermehrt in die Aufmerksamkeit des BFH und der Finanzverwaltung geraten. Der Rangrücktritt gründet im Insolvenzrecht, führt aber in besonderen Konstellationen zu einer steuerlichen Mehrbelastung für die GmbH. Die handelsbilanzielle Passivierung des Rangrücktrittes wird ebenfalls zunehmend in Frage gestellt und in Fachzeitschriften rege diskutiert. Bei der Formulierung einer Rangrücktrittsvereinbarung sollte darauf geachtet werden, dass die grundlegenden Insolvenzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, jedoch ohne eine ergebniswirksame Ausbuchung zu erwirken.
Das Ziel der Arbeit ist den Konflikt, der bei einem Rangrücktritt zwischen dem Insolvenzrecht und dem Bilanzrecht entsteht zu beleuchten und eine Gestaltungsmöglichkeit zu entwickeln, die eine gewinnerhöhende Ausbuchung in Handels-und Steuerbilanz vermeidet. Zu Beginn der Arbeit werden die Grundlagen geklärt. Danach wird der Rangrücktritt im Insolvenzrecht genauer erklärt. Weiter wird auf den Rangrücktritt und dessen Folgen bei der Gläubigerin eingegangen. Hier wird besonders die Diskussion über eine Handelsrechtliche Passivierung mit Hinblick auf die Folgen in der Steuerbilanz ausgearbeitet. Um das Thema erschöpfend abzubilden, wird auf die Behandlung des Rangrücktrittes beim Gläubiger, oder dem möglichen Gesellschafter-Gläubiger eingegangen. Abgerundet wird die Arbeit durch einen Praxisfall, der die Folgen der im Hauptteil diskutierten, Behandlungsmöglichkeiten aufzeigt.
2 Definitorische Grundlagen
2.1 Abgrenzung Unternehmenskrise und Insolvenz
Wenn sich eine GmbH in einer Krise befindet, so ist sie ungewollt und ungeplant in einer Notsituation.1 2 3 Eine Krise liegt im allgemeinen Sinne dann vor, wenn der Zustand eines Unternehmens die Überlebensfähigkeit nicht mehr gewährleisten kann. Spezifiziert man den Begriff der Krise weiter hinein in die Betriebswirtschaftslehre, so besteht bei einer Unternehmenskrise eine akute Gefahr für das Unternehmen und dessen Fortführung.2 3 Das Unternehmen kann sich in verschiedenen Phasen der Krise befinden, wobei nicht jede Phase zur Verpflichtung der Stellung eines Insolvenzantrages führt. Die Krise führt ebenso nicht immer dazu, dass ein Unternehmen liquidiert werden muss. Oft besteht darin vor Allem die Chance, hin zu einer positiven Veränderung.4 Es gibt verschiedene Ansichten, in welche Arten und Abschnitte die Krise der GmbH einzuteilen ist. Häufig wird die Unternehmenskrise jedoch in 3 Phasen eingeteilt. Jede Phase wirkt sich unterschiedlich auf die Existenz aus, folglich liegt bei jeder einzelnen Phase ebenso eine eigene Existenzbedrohung vor. Die Krisenarten treten oft in zeitlicher Abfolge auf, sodass sie sich gegenseitig begünstigen. Zuerst tritt meist die Strategische Krise ein. Hier sind die grundsätzlichen Erfolgsfaktoren des Unternehmens bedroht, dies wäre beispielweise bei einem Schrumpfen der Absatzmärkte oder bei Fehlern im Produktmanagement der Fall. Klassische Symptome sind hier die sinkenden Arbeitsaufträge und der Verlust von Marktanteilen. Dies führt dazu, dass operative Verluste erzielt werden und Eigenkapital aufgezehrt wird. Die Gefahr der Überschuldung steigt in dieser Phase bereits leicht an. Die Strategische Krise führt nicht selten in die Ergebniskrise. Hier sind die Kreditlinien der GmbH voll ausgenutzt. Die Zahlungsstockung und auch der Verzicht auf den Skontoabzug sind klare Symptome für eine Strategie Krise. Spätestens mit Eintritt einer Zahlungsstockung werden Kreditgeber sowie Lieferanten auf die Krise aufmerksam. Die Ergebniskrise mündet mittelfristig in der Liquiditätskrise. Durch den Zeitablauf über die Strategie-, die Ergebnis-, bis hin zur Liquiditätskrise steigt die Erkennbarkeit der Probleme in der GmbH für Außenstehende, jedoch sinkt zugleich die Handlungsfähigkeit für den Geschäftsführer und die Gesellschafter.5 Oft muss eine grundlegende Sanierung erfolgen, um aus der Krise oder dem Insolvenzantragsgrund heraus zu kommen.6 7 8 Die Abgrenzung zwischen der Unternehmenskrise und der Insolvenz, lässt sich also am klarsten anhand der Insolvenzgründe entwickeln und darstellen.
2.1.1 Insolvenzgründe
Im Insolvenzrecht sind allgemein drei Gründe für den Insolvenzantrag maßgeblich. Darunter fallen die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO, die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO und die Überschuldung gemäß § 19 InsO.7 8 Die Eröffnungsgründe werden in Insolvenzgründe für alle Schuldner und Insolvenzgründe für juristische Personen eingeteilt. In der Zahlungsunfähigkeit und der drohenden Zahlungsunfähigkeit liegen Eröffnungsgründe für alle Schuldner vor. Lediglich bei juristischen Personen kann der Insolvenzgrund der Überschuldung Anwendung finden, da hier keine natürliche Person mit ihrem Privatvermögen haftet.9
Befindet sich ein Unternehmen in der Krise, so kann es schnell zu einer Zahlungsstockung kommen. Dieser Fall, sollte aber klar von den Insolvenzgründen abgegrenzt werden. Liegt eine vorübergehende Zahlungsstockung vor, die der Schuldner kurzfristig beseitigen kann, liegt folglich keine Zahlungsunfähigkeit und somit kein Grund zum Antrag auf Insolvenzeröffnung vor. Diese Abgrenzung wurde mit dem BGH-Urteil vom 24.05.2005 festgelegt. Demnach geht man von einem Zeitraum von 3 Wochen aus, in dem der Schuldner die nötigen Mittel beschaffen kann. Des Weiteren ist zu beachten, dass für eine Zahlungsunfähigkeit eine Liquiditätslücke in Höhe von Zehn Prozent und mehr vorliegen muss. Alles was in diesem Zeitraum bei Zehn Prozent oder geringer an Liquiditätslücke vorliegt, wird als Zahlungsfähigkeit bewertet. Die Maßgeblichkeit der relativen Liquiditätslücke, führt aber nicht selten zu nicht oder schlecht nachvollziehbaren Ergebnissen. Beispielweise kann auch schon bei einer Liquiditätslücke die kleiner als 10 Prozent ist, eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Da es sich bei der Liquiditätslücke um Regelwerte handelt, sind begründete Abweichungen möglich. Diese Abweichungen müssen jedoch im zumutbaren Bereich liegen. Deshalb ist zum einen der Grad der Wahrscheinlichkeit, sowie die Gewichtung der äußeren Umstände umso höher anzusetzen, je größer die Liquiditätsunterdeckung vorliegt. Liegt die Unterdeckung der Liquidität dauerhaft unter 10 Prozent, so geht man von der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens aus.10 11 12 Liegt also eine Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vor, so muss im Rahmen der Unternehmenssanierung die Beseitigung ins Auge gefasst werden. Ist die Zahlungsunfähigkeit eingetreten, so kann man sie nicht mehr durch die selektive Gläubigerbefriedigung beseitigen.11 12
2.1.1.1 Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO
Die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ist ein allgemeiner Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren. Keine Rolle spielt dabei wer den Antrag stellt. Er kann vom Schuldner als auch vom Gläubiger gestellt werden. Um eine Zahlungsunfähigkeit festzustellen, müssen grundsätzlich Indizien vorliegen und umgehend geprüft werden. Die stärkste und konkret genannte Voraussetzung, ist die Zahlungseinstellung nach § 17 (2) S. 2 InsO durch den Schuldner. Dies kann sich durch eine klare Erklärung des Schuldners abbilden. Die ausschließliche Bitte um Ratenzahlung bildet keine oben genannte Erklärung ab. Fehlt es an der Erklärung des Schuldners über die Zahlungseinstellung, so müssen aus sonstigen Erklärungen oder gar dem Verhalten des Schuldners die Voraussetzungen für die Zahlungsunfähigkeit erkannt und abgeleitet werden. Eine klare Zahlungseinstellung ohne explizite Erklärung liegt beispielweise vor, wenn der Schuldner Zahlungszusagen nicht einhält, verspätete Zahlungen der Sozialabgaben durchführt. Die daraus folgende allgemeine Verspätung in der Erfüllung wiederkehrender Zahlungsverpflichtungen (Arbeitsverhältnisse, Steuern) über mehrere Monate indizieren die Zahlungseinstellung auch ohne explizite Erklärung. Es gilt jedoch zu beachten, dass die bloße Zahlungseinstellung nicht als Hauptindiz für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewertet werden kann. Zu beachten ist, dass die zumindest indizielle Wirkung nicht durch Stundung der Forderungen oder durch Teilzahlung an den antragstellenden Gläubiger aufgelöst werden. Die Beseitigung des Insolvenzgrundes kann nur durch Weiterverfolgung der Zahlungen gegenüber allen Gläubigern erfolgen.13 Die allgemeine Zahlungsunfähigkeit, wie sie in § 17 (1) (2) S.1 InsO genannt ist, knüpft ausschließlich an objektive Tatbestandsmerkmalen an. Verkehrsanschauungen oder gar das Verschulden des Schuldners bleiben außer Acht. Es liegen fünf Merkmale der Zahlungsunfähigkeit vor.
1. Zahlungspflichten
Nur wenn Geldschulden vorliegen, können daraus Zahlungspflichten hervorgehen. Die Entscheidung über den Antrag wird nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung getroffen, sondern es ist der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich. Grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind die, durch die Verfahrenseröffnung, entstandenen Geldschulden. Jedoch sind andere Forderungen erst zu berücksichtigen, sobald aus Ihnen Zahlungspflichten folgen. Hierunter fällt unter anderem seit der Neuregelung des § 30 (1) S: 3 GmbHG, die Tilgung von Gesellschafterdarlehen, die mit anderen Gläubigern konkurrieren. Die Ausnahme hiervon sind Gesellschafterdarlehen, die bereits nach §§ 32a ff. GmbHG A.F. gesperrt sind oder aufgrund einer Rangrücktrittserklärung nachrangig zu behandeln sind.14 Die im Eröffnungsverfahren vorgenommene Prüfung der Zahlungsunfähigkeit, dient eben nicht der Feststellung der Schulden.15
2. Fälligkeit
Die Beurteilung der Fälligkeit hat nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen (§§ 271,641 BGB). So sind Sozialversicherungsbeiträge zum „Zahltag" fällig. Zu beachten ist, dass Rechnungsstellung und auch Zahlungsverzug, jedoch keine Fälligkeitsvoraussetzungen im Sinne der Insolvenzordnung sind. Durch die Fälligkeit ist auch ein weiteres Zahlungsverlangen des Gläubigers abkömmlich. Die Fälligkeit einer Forderung umfasst zeitgleich ihre Durchsetzbarkeit.
3. Erfüllungsverlangen / tatsächliche Stundungen
Im Begriff des Erfüllungsverlangen wird insolvenzrechtlich mehr erwartet, als die zivilrechtliche Bedeutung abbildet. Auch hier wird das ernsthafte Verlangen der Zahlung im abgeschwächten Sinne, eine Gläubigerhandlung zugrunde gelegt. Das heißt, dass Forderungen, zu denen Rechnungen zugestellt werden, auch ohne eine weitere Handlung des Gläubigers als eingefordert gelten. Als nicht mehr vom Gläubiger ernsthaft eingeforderte Forderungen, gelten vor allem Forderungen aus Steuerbescheiden, deren Vollziehung auf Grund ernsthafter Zweifel an deren Rechtmäßigkeit ausgesetzte ist oder Forderungen für die ein vereinbarter Nachrang vorliegt.16 17
4. Stundung
Eine Stundung die zivilrechtlich wirksam ist, schiebt deren Fälligkeit hinaus. Stundungen können ausdrücklich vereinbart werden, dies kann ohne eine bestimme Form erfolgen.18 19
5. Mangel an Zahlungsmitteln / Zahlungsunwilligkeit
Die Zahlungsunfähigkeit muss auf den objektiven Mangel an Zahlungsmitteln (Geldliquidität) zurückgeführt werden können. Unter Zahlungsmitteln versteht man Bar- und Buchgeld sowie kurzfristig abrufbare Kredite und auch andere kurzfristig realisierbare Mittel. Es muss in diesem Entscheidungsbereich die reine Zahlungsunwilligkeit des Gläubigers abgegrenzt werden. Der zahlungsunwillige Gläubiger zeigt nach außen ein Verhalten, dass seine Zahlungseinstellung impliziert. Dieses Verhalten kann ab dem Zeitpunkt, von dem an nicht mehr Zahlungsmittel ausgewiesen werden können, als Zahlungseinstellung bewertet werden. Somit kann die Zahlungsunwilligkeit eines Schuldners nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ausschließen. Dies ist vor allem der Fall, wenn die erforderlichen liquiden Mittel fehlen.16 17 18 19 20
2.1.1.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO
Ein weiterer Insolvenzgrund liegt mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO vor. Die drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, seine bestehenden Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit zu erfüllen. Der Insolvenzantrag kann in diesem Fall nur vom Schuldner selbst gestellt werden, damit der Antrag von Gläubigern nicht als Druckmittel gegen den Schuldner angewendet werden kann.21 22 Die Definitionsmerkmale gründen auf den Merkmalen der Zahlungsunfähigkeit in § 17 (2) InsO. Lediglich der Prognosezeitraum wird angepasst. Grundsätzlich kommt es bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht nur auf den Zeitraum an, sondern auch auf die bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit fällig werdenden Zahlungspflichten und Einzahlungen. Die Dauer des Vermögenszeitraums ist bestehend unklar. Es herrscht ein Meinungsspektrum von einigen Monaten bis hin zu zwei bis drei Jahren oder als Grundlage mit dem Fälligkeitsdatum der spätestens Forderung. Es gilt jedoch grundsätzlich zu beachten, dass eine verlässliche Finanzplanung nicht über das laufende oder kommenden Geschäftsjahres hinausgehen sollte.23 24
2.1.1.3 Überschuldung nach § 19 InsO
Der Dritte und letzte Insolvenzgrund liegt in der Überschuldung im Sinne des § 19 InsO. Von der Insolvenzrechtlichen Überschuldung ist die bilanzielle Überschuldung zu unterscheiden. Diese liegt vor, wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist und folglich die Passivposten höher als die Aktivposten sind. Eine bilanzielle Überschuldung indiziert das Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung. Es gilt zu prüfen ob, ebenfalls eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt. Diese liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners, die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decken kann. Die Überschuldung führt nicht zur Insolvenzeröffnung, insoweit die Fortführung des Unternehmens nach Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Der § 19 InsO bestimmt einen weiteren Eröffnungsgrund der Insolvenz, für juristische Person mit haftungsbeschränktem Vermögen und ihre gleichgestellten Vermögensträger. Da die Überschuldung durchaus vor der21 22 23 24
Zahlungsunfähigkeit eintreten kann, würde eine frühere Verfahrenseröffnung die Folge sein. Offen blieb bisher, wie die Ertrags- oder Liquiditätsgesichtspunkte, die reine Feststellung der Abhängigkeit von Vermögen und Schulden beeinflussen dürfen und sollen. Der Überschuldungstatbestand besteht aus 2 Merkmalen, bekannt als 2-stufiger Überschuldungsbegriff. Es sind 2 Prüfungen erforderlich, die beide ein negatives Ergebnis hervorbringen müssen. Ist nur ein Tatbestand positiv liegt keine Überschuldung i. S. d. §19 InsO und somit auch kein Grund für die Insolvenzeröffnung vor. Zum einen muss eine rechnerische Überschuldung, bei Ansatz von Einzelveräußerungspreisen (Liquidationswerte) vorliegen. Zum anderen darf keine positive Fortführungsprognose gegeben sein. Bei Fortführung, sowie auch bei Liquidation sollen die Verbindlichkeiten der Gesellschaft beglichen werden können.25 Auf der ersten Stufe der Prüfung werden die Aktiva-Posten und die Passiva-Posten des Unternehmen gegenübergestellt. Die Bewertung dieser Posten, wird aber nicht zu den Fortführungswerten nach Handelsrecht vorgenommen, sondern zu den Liquidationswerten vorgenommen.26 Dies wird bei der Liquidation aus der Schuldendeckung und bei Fortführung aus der entsprechenden positiven Prognose gefolgert. Ebenfalls gilt es zu beachten, dass eine positive Fortführungsprognose den allgemeinen Tatbestand der Überschuldung ausschließt.27
2.1.2 Aussetzung der Antragspflicht aufgrund der Covid-19-Pandemie
Auf den Eintritt der Corona-Krise und immer stärker steigenden Infektionszahlen folgte der Shutdown der deutschen Wirtschaft.28 Es wurden produzierende Betriebe, Einzelhandelsgeschäfte als auch Freizeit- und Kultureinrichtungen im März diesen Jahres bis auf Weiteres geschlossen.29 Aufgrund dieser Schließungsanordnung kamen betroffene Betriebe und auch deren Zulieferer in enorme Schwierigkeiten.30 Die deutsche Gesetzgebung verabschiedete als Reaktion darauf, das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie. Da schon zu Beginn dieser Maßnahme absehbar war, dass die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu enor men Einkommensverlusten bei den Betroffenen führen würde, sollte das Gesetzespaket dem betroffenen Personenkreis helfen, die Krise zu bewältigen. Der Inhalt des Gesetzespaket besteht aus Maßnahmen im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht.31 Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie, beinhaltet unter anderem auch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG). Auf diesen Teil des Gesetztes wird in diesem Abschnitt genauer eingegangen. In Artikel 1 des COVInsAG wird die Insolvenzantragspflicht für Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Unternehmen rückwirkend vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.32 Diese Regelung soll den Betroffenen die Möglichkeit geben, die drohende Insolvenz, mithilfe staatlicher Unterstützung abzuwenden. Grundsätzlich gilt die Befreiung der Antragspflicht jedoch nicht, wenn keine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann oder die Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung bereits zum 31.12.2019 vorlag.33 Als Folgen der ausgesetzten Antragpflicht werden die gesellschaftsrechtlichen Zahlungsverbote, wie beispielsweise § 64 GmbHG, gelockert. Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, gelten als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters getätigt.34 Dies soll besonders für Zahlungen gelten, die der Aufrechterhaltung, der Wiederaufnahme oder der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, gelten. Eine weitere Folge des Gesetzes ist die Privilegierung von Überbrückungskrediten. In § 2 (1) Nr. 2 COVInsAG sind erhebliche Erleichterungen für die Rückzahlung von Krediten vorgesehen. Die betroffenen Unternehmen sollen durch diese Regelung nicht von der Kreditvergabe abgeschnitten sein. Grundsätzlich gilt für alle Schuldner, dass die Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten Darlehens, als nicht gläubigerbenachteiligend angesehen wird (§ 2 (1) Nr. 2 COVInsAG). Auch Gesellschaften die sich ihre Liquidität durch Gesellschafterdarlehen erhalten möchten, sollen nicht abgeschnitten werden. Aufgrund dessen, ist der § 135 InsO zeitlich begrenzt ausgesetzt. Sobald die Voraussetzung des § 2 (1) Nr. 2, 2. HS COVInsAG erfüllt sind, so können Gesellschafterdarlehen anfechtungsfrei gewährt und zurückgewährt werden. Folglich tritt die Prägung als nachrangiges Gesellschafterdarlehen nicht ein, insoweit der neue Kredit im Zeitraum vom 01.03.2020 bis 30.09.2020 gewährt wurde und die Rückgewähr, die eine GmbH betrifft, über deren Vermögen bis spätestens zum 30.09.2023 ein Insolvenzantrag gestellt worden ist. Bis zu diesem Stichtag, kann die Gesellschaft die Darlehensforderung anfechtungsfrei an ihren Gesellschafter zurückzahlen. Strikt beachtet werden muss allerdings, dass es sich bei diesen gewährten Krediten zwingend um neue Kredite oder um eine neue Liquiditätszufuhr handeln muss. Eine reine Prolongation oder Novation, also das schlichte Hin- und Herschieben von Geldwerten, ist nicht von der Anfechtung nach § 135 InsO befreit.35 36
Ebenfalls sind Änderungen im Gesellschaftsrecht in Bezug auf die GmbH vorgenommen worden. Für die Gesellschafterversammlungen in der GmbH, wurde zeitweise die Möglichkeit der erleichterten Beschlussfassung in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe realisiert. Somit kann abweichend divergierend zu § 48 (2) GmbHG Beschlüssen der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe auch ohne Einverständnis aller Gesellschafter gefasst werden. Diese Erleichterung betrifft nur Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse, die im Jahr 2020 Gefasst werden.35 36 37
2.2 Unternehmenssanierung
Unter der Sanierung versteht man die Durchführung organisatorischer, führungstechnischer, unternehmenspolitischer sowie auch finanz- und leistungswirtschaftlicher Maßnahmen. Diese Maßnahmen haben die Eignung das betroffene Unternehmen während und nach dem Zusammenbruch wieder ertragsfähig zu machen. Aus der ertragssteuerlichen Sicht wird die Unternehmenssanierung nur als finanzwirtschaftliches Instrument angesehen. Das oberste Ziel, das mit einer Sanierung verfolgt wird. ist das betroffene Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren.38 Ein Unternehmen in der Krise kann sowohl außergerichtlich als auch im Insolvenzverfahren saniert werden. Die außergerichtliche Sanierung, auch als stille Sanierung bezeichnet, wird dann angestrebt, wenn das Unternehmen noch sanierungsfähig und ebenfalls sanierungswürdig ist. Darüber hinaus besteht der Weg der Liquidation des Unternehmens. Dies ist als sinnvoll zu erachten, wenn die Unternehmenssanierung keine Aussicht auf Erfolg haben wird oder aber die Sanierung im Insolvenzverfahren erfolgen soll. Hier würde man dann von Sanierungswegen im Insolvenzverfahren sprechen.39 Im Falle liegt hier ein Insolvenzgrund vor, für den zwingend innerhalb der 3 Wochen-Frist ein Insolvenzantrag zu stellen ist. Liegt ein Insolvenzgrund vor, so ist kein stille Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens mehr möglich.40 Grundsätzlich muss vor der Sanierung, mit Hilfe einer betriebswirtschaftlichen Sanierungsprüfung evaluiert werden, ob eine Sanierung sinnvoll ist.
Zu den Möglichkeiten der stillen Sanierung im Unternehmen, gehört primär die regelmäßige Zufuhr von Eigenkapital durch Gesellschafter. Jedoch bestehen etliche weitere Möglichkeiten im Bereich der Gläubiger, beispielweise Forderungsverzichte, Rangrücktritte, Zahlungsaufschübe und Schuldumwandlungen. Banken die bereits beteiligt sind sollten notwendigerweise Umschuldungen, die Gewährung weiterer Kredite, Forderungsverzichte, Rangrücktritte und Stundungen vor nehmen und anwenden.41
Nachdem nun die Insolvenzrechtlichen Grundlagen im Falle der Überschuldung geklärt wurden, wird im weiteren Verlauf der Arbeit auf den Rangrücktritt bei der GmbH als Möglichkeit der stillen Sanierung eingegangen.
2.3 Rangrücktritt im Insolvenzrecht
Der Rangrücktritt regelt die Nachrangigkeit der Forderung im Konkurs- und Insolvenzverfahren. Mit dem Rangrücktritt eines Gläubigers wird versucht die Insolvenzreife einer GmbH zu verhindern. Mit der Rangrücktrittsvereinbarung soll erreicht werden, dass die Rangrücktrittsverbindlichkeit bei der Schuldnerin nicht in der Überschuldungsbilanz gezeigt wird. Die Überschuldungsbilanz ist für die Würdigung der Überschuldungslage der GmbH grundlegend. Wird eine Verbindlichkeit also nicht gezeigt, verschwindet die potentielle Überschuldung der GmbH. Oft findet der Rangrücktritt seine Anwendung zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass Gesellschafter-Forderungen zur Überschuldung und schließlich in die Insolvenz führen. Dies würde für den Gesellschafter schließlich eine wertlose Beteiligung bedeuten.42
Bis zur Einführung des MoMiG zum 01.11.2018 gab es keine gesetzliche Regelung zum Rangrücktritt. Erst nach Einführung, wurde der Rangrücktritt als Vereinbarung des Nachrangs im Insolvenzverfahren im § 19 (2) S. 2 InsO erwähnt. Trotzdem gilt, der Rangrücktritt ist nicht klar mit Tatbestandsmerkmalen definiert, sondern wird lediglich sekundär am Rande erwähnt.43 Die grundsätzliche Nachrangigkeit von Gesellschafterforderungen im Insolvenzrecht, wurde bereits mit dem § 39 (1) Nr. 5 InsO in der Fassung vom 05.10.1994 in Verbindung mit dem § 32a GmbHG a. F. geregelt. Dennoch gilt hier keine Befreiung der Passivierungspflicht in der Überschuldungsbilanz. Da die Gesellschafterforderungen ohne explizit vereinbarten Rangrücktritt bis zum Zeitpunkt der Insolvenz zurückgezahlt werden dürfen, liegt keine präventive Durchsetzungssperre vor, so sind die Verbindlichkeit immer in der Überschuldungsbilanz auszuweisen. Diese grundsätzliche Nachrangigkeit im Insolvenzrecht wird durch zwei Ausnahmen durchbrochen. Gesellschafterdarlehen, die mit dem Sanierungsprivileg einhergehen, somit dem § 39 (4) S. 2 InsO unterliegen und Gesellschafterdarlehen, die dem Zwerganteilsprivileg nach § 39 (5) InsO besitzen keine grundsätzliche Nachrangigkeit im Insolvenzrecht.44
2.3.1 Rangrücktritt vor Einführung des MoMiG
2.3.1.1 Einfacher Rangrücktritt
Bis zum Jahr 2001 wurde insolvenzrechtlich lediglich ein einfacher Rangrücktritt verlangt. Der Gläubiger hatte also nur zu erklären, dass er mit seiner Forderung hinter die Forderungen der anderen Gläubiger zurücktritt. Es wurde ebenfalls erklärt, dass er im Rang hinter die anderen Gläubiger zurücktritt. In Folge dessen, wurde die Forderung gleichartig wie ein eigenkapitalersetzendes Darlehen angesehen. Die bei der GmbH angesiedelte Verbindlichkeit, wurde daraufhin wie ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen behandelt. Sobald dieser Rangrücktritt jedoch in der Unternehmenskrise hingegeben wurde, konnte die Forderung vom Gesellschafter nach § 32a GmbHG a.F., nicht mehr zurückgefordert werden.45 46 47 Somit lag deutlich die Gleichstellung zum funktionalem Eigenkapital vor.46 47
2.3.1.2 Qualifizierter Rangrücktritt
Der BGH traf im Jahr 2001 zwei Grundsatzentscheidungen, die mit dem Rangrücktritt einhergingen. Um den Ausweis der Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz zu vermeiden, verlangte der BFH nun den sogenannten Qualifizierten Rangrücktritt. Der Gläubiger musste nun fortan erklären, dass er seinen Anspruch nur zur gleichen Zeit, mit den Einlagenrückgewähransprüchen dern anderen Mitgesellschafter, zurückerhält. Präzisiert man diese Angaben, war der einfache Rangrücktritt nicht mehr gültig, da der Gesellschafter-Gläubiger trotzdem am Insolvenzverfahren teilnehmen konnte und seine Forderung vor den Forderungen seiner Mitgesellschafter geltend machen konnte. Infolge dessen hielt es der BFH nicht mehr für gerechtfertigt, die Verbindlichkeiten, die nur mit einem einfachen Rangrücktritt versehen wurden, in der Überschuldungsbilanz nicht mehr zu berücksichtigen.48
2.3.1.3 Unterschiede zwischen den beiden Rangrücktritten
Der maßgebliche Unterschied der beiden Rangrücktritte, besteht in der Rangtiefe der Forderung. Beim einfachen Rangrücktritt tritt der Gesellschafter-Gläubiger hinter die Forderungen aller anderen Gläubigern zurück. Er bleibt jedoch als nachrangiger Insolvenzgläubiger im Sinne des § 39 (1) Nr. 5 und (2) InsO bestehen. Somit bleibt er den Einlagenrückgewähransprüchen seinen Mitgesellschaftern gegenüber privilegiert. Die Gesellschafter-Forderung wird bei der GmbH, im Falle des einfachen Rangrücktrittes, schließlich zwischen den Bilanzpositionen des sonstigen Fremdkapitals und dem Eigenkapital der Gesellschaft ausgewiesen. Beim qualifizierten Rangrücktritt tritt der Gesellschafter-Gläubiger hinter alle Forderungen der anderen Gläubiger und erhält seine Forderung nur gleichzeitig mit dem Einlagenrückgewähr der anderen Gesellschafter. Insolvenzrechtlich wird die Verbindlichkeit bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Bilanzposten des Eigenkapitals ausgewiesen. Dies führt in der Überschuldungsbilanz dazu, dass die Verbindlichkeit bei der Schuldnerin nicht zu passivieren ist.49 50 51
2.3.2 Rechtsgrundlagen nach Einführung des MoMiG
Der Rangrücktritt wurde in den § 19 (2) S. 2 InsO mit aufgenommen. Er wird als Vereinbarung des Nachrangs im Insolvenzverfahren erwähnt. Der § 19 InsO bestimmt, dass Verbindlichkeiten, für die ein Rangrücktritt im Sinne dessen besteht und mit dem hinter die in § 39 (1) Nr. 1 - 5 InsO genannten Forderungen, zurückgetreten wird, keine Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz zu passivieren ist. Aufgrund der fehlenden Passivierungspflicht wird die Überschuldung vermieden und daraufhin folglich die Eröffnung des Insolvenzverfahren gem. § 16 InsO verhindert. Insolvenzrechtlicht wird jedes Gesellschafterdarlehen als Nachrangig behandelt. Dies geschieht nach § 39 (1) Nr. 5 InsO. So wird der Gesellschafter-Gläubiger im Insolvenzrecht immer nach den übrigen Gläubigern bedient. Diese Nachrangigkeit allein, reicht aber nicht aus um eine Nicht-Passivierung herbeizuführen. Somit ist die Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz grundsätzlich zu passivieren. Um die Passivierung trotzdem zu vermeiden muss ein ausdrücklicher Rangrücktritt nach § 19 (2) InsO vereinbart werden. Dies betrifft seit dem 01.11.2008 und der Einführung des MoMiG alle Gesellschafter-Darlehen, die nach dem 01.11.2008 eröffnet wurden.50 51
Der Rangrücktritt ist ein Vertrag, der zwischen Schuldnerin und Gläubiger abgeschlossen wird. Häufig wird ein Rangrücktritt mit einem Gesellschafter abgeschlossen, sodass ein Gesellschafter-Gläubiger vorliegt. Grundsätzlich kann ein Rangrücktritt aber mit jedem Gläubiger, also auch fremden Dritten abgeschlossen werden. Der Rangrücktritt kann für Forderungen, aber auch auf Zinsforderungen abgeschlossen werden. Der BGH hat mit seiner Grundsatzentscheidung am 05.03.2015 geklärt, dass der Rangrücktritt ein Schuldänderungsvertrag im Sinne des § 311 (1) BGB ist. Die Forderungen werden folglich dahingehend umgewandelt, dass sie bei der Schuldnerin als Verbindlichkeit nicht mehr zu passivieren sind. Zugleich wird die Rangfolge der Gläubiger durch den Rangrücktritt abgeändert. Trotz der fehlenden Passivierung bleiben die Forderungen bei den Gläubigern bestehen, sowie auch potenzielle Sicherheiten bestehen bleiben. Der Rangrücktritt in seiner heutigen Form ist ein Vertrag zugunsten nichtbeteiligter Dritter. Er wirkt zu Gunsten der übrigen sowie den zukünftigen Gläubigern. Da ein Vertrag zu Gunsten Dritter vorliegt, darf der Rangrücktritt im Falle der Insolvenzreife auch nur dann aufgehoben werden, wenn die Zustimmung aller Gläubiger vorliegt. Liegt zum Zeitpunkt der Aufhebung des Rangrücktritts keine Insolvenzreife vor, so darf dies jederzeit ohne Mitwirkung der übrigen Gläubiger erfolgen. Durch das MoMiG ist insolvenzrechtlich seit dem 01.11.2008 der qualifizierte Rangrücktritt, wie er vom BGH im Jahr 2001 eingeführt wurde, entbehrlich. Es reicht aus, wenn man die Mindestanforderungen erfüllt. Die allgemeinen Grundsätze der Rangrücktrittsvereinbarung gelten Grundsätzlich auch dann, wenn die Schuldnerin keiner operativen Geschäftstätigkeit nachgeht und folglich kein freies Vermögen vorliegt.52
2.3.3 Inhalt der Rangrücktrittsvereinbarung
Die Insolvenzordnung gibt nicht vor, in welcher Form der Rangrücktritt geregelt sein muss. Grundsätzlich sind Gesellschafter und GmbH in der Formulierung unbeschränkt. Nach dem Urteil des BGH vom 05.03.2015, ist ein Rangrücktritt nämlich insolvenzrechtlich bereits dann wirksam, wenn ein einfacher Rangrücktritt vorliegen würde. Der Gläubiger tritt in diesem Fall hinter die Forderungen aus § 39 (1) Nr. 5 InsO (Forderungen eines Gesellschafters) zurück und hat den Rang im Sinne von § 39 (2) InsO. Die Mindestanforderungen, die für einen Insolvenzrechtlich wirksamen Rangrücktritt vorliegen müssen sind:
- Der Rücktritt im Rang hinter die anderen Gesellschafter,
- Die vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre, die zudem während der wirtschaftlichen Krise gilt, und
- Die Tilgung, die nicht zu einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der GmbH führen darf.53
[...]
1 Vgl. Siebert/Lickert (2006), S. 3.
2 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2005), S. 26.
3 Vgl. Sibert/Lickert (2006), S. 4.
4 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2006), S. 27.
5 Vgl. Schulte-Krumpen (2010), S. 1.
6 Vgl. Siebert/Lickert (2006), S. 4.
7 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2005), S. 28.
8 Vgl. Siebert/Lickert (2006), S. 3.
9 Vgl. Gehrmann (2020), S. 5.
10 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 17 InsO, Rz. 16.
11 Vgl. Sonnleitner (2017), S.19.
12 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 18 InsO, Rz. 17-19.
13 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 17 InsO, Rz. 2-3.
14 Vgl. Sonnleitner (2017), S. 15.
15 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 17 InsO, Rz.4-5.
16 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 17 InsO, Rz. 7-9.
17 Vgl. Braun (2017), §17 InsO, Rz. 19-22.
18 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 18 InsO, Rz. 1-2.
19 Vgl. Sonnleitner (2017), S.13.
20 Vgl. Graf-Schlicker (2019), §17 InsO, Rz. 11.
21 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 18 InsO, Rz. 1-2.
22 Vgl. Braun (2017), § 18 InsO, Rz. 19-21.
23 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 18 InsO, Rz. 3 -10.
24 Vgl. Braun (2017), § 19 InsO, Rz. 1-3.
25 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 19 InsO, Rz. 8-15.
26 Vgl. Grewe/Lauscher (2018), S. 1396.
27 Vgl. Graf-Schlicker (2019), § 19 InsO, Rz. 23-26.
28 Vgl. Pape (2020), S. 1.
29 Vgl. Happe (2020), S. 1.
30 Vgl. Pape (2020), S. 2.
31 Vgl. Happe (2020), S. 1.
32 Vgl. § 1 COVInsAG.
33 Vgl. Happe (2020), S. 5.
34 Vgl. § 1 COVInsAG.
35 Vgl. Pape (2020), S. 9.
36 Vgl. § 2 COVInsAG.
37 Vgl. Happe (2020), S. 5-6.
38 Vgl. Siebert/Lickert (2006), S. 5.
39 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2006), S. 26.
40 Vgl. Gehrmann (2020), S. 5.
41 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2006), S. 27.
42 Vgl. Rätke Bernd (2019), S. 1.
43 Vgl. Rätke Bernd (2019), S. 2.
44 Vgl. Heyd/Kautenburger-Behr/Wind (2019), S. 220.
45 Vgl. Rätke (2019), S. 2.
46 Vgl. Rätke (2019), S. 3.
47 Vgl. Schmittmann (2019), S. 1.
48 Vgl. Dennerlein (2016), S. 2.
49 Vgl. Siebert /Lickert (2006), S. 27- 34.
50 Vgl. Schulz/Lessing/Bert (2006), S. 35.
51 Vgl. Römermann (2016), S. 80.
52 Vgl. FG Münster Urteil vom 13.09.2018, 10K 504/15 K,G,F.
53 Vgl. Rätke (2019a), S. 4.
- Citar trabajo
- Lena Vögt (Autor), 2020, Die Auswirkung des Rangrücktrittes auf die Passivierung von Verbindlichkeiten in Handels- und Steuerbilanz bei der GmbH, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040490
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