Die zukünftigen Entwicklungen des Arbeitsmarktes bestehen vor allem in den Treibern, die aufgrund des demografischen Wandels entstehen. Im Besonderen wird der Arbeitsmarkt durch sinkende Fertilitätsraten und eine erhöhte Lebenserwartung der Bevölkerung gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass ein ausgeprägter Fachkräftemangel feststellbar ist, welcher die Unternehmen vor intensive Herausforderungen stellt.
Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten sowie dem Ziel einer nachhaltigen Personalführung kommt der Personalpolitik eine besondere Bedeutung zu. Das Personalmanagement bestimmt nicht nur durch die Auswahl geeigneter MitarbeiterInnen, sondern auch durch eine Qualifizierung der bestehenden ArbeitnehmerInnen die Weiterentwicklung und den Erfolg des Unternehmens. Aktuelle sowie zukünftige Entwicklungen erfordern von Unternehmen sich laufend anzupassen und rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, um die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu ermöglichen und die Förderung der Employability sowie Gewinnung und Bindung der MitarbeiterInnen sicherzustellen.
Die Qualifizierung der MitarbeiterInnen im Rahmen einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung besitzt einen hohen Stellenwert. Qualifizierte ArbeitnehmerInnen können nicht nur dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenwirken, sondern auch einer Sicherstellung der Beschäftigungsfähigkeit dienen. Folgende Ziele einer lebensphasenorientierten Personalpolitik lassen sich dadurch ableiten: Erhalt und Förderung der Employability, Gewinnung und Bindung von MitarbeiterInnen, insbesondere potenzieller Fachkräfte, Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben, Entzerrung des Lebensstatus und Individualisierung der Personalpolitik.
Inhaltsverzeichnis
Kurzzusammenfassung
Abstract
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit und zentrale Fragestellung
1.3 Relevanz der Thematik
1.4 Struktur und Aufbau der Arbeit
2 Lebensphasenorientierte Personalpolitik und Personalentwicklung
2.1 Grundlegende Aspekte und Begriffsabgrenzung
2.1.1 Personalentwicklung im Kontext des Personalmanagements
2.1.2 Demografische Entwicklung in Österreich und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
2.2 Forschungsstand
2.3 Konzept der Lebens- und Berufsphasen
2.4 Lebensphasen
2.5 Berufsphasen
2.6 Lebensphasenorientierte Personalpolitik und deren Implikationen für die Personalentwicklung
2.7 Lebensphasenorientierte Personalentwicklung im Kontext der betrieblichen Weiterbildung
2.7.1 Betriebliche Weiterbildung und Personalentwicklung
2.7.2 Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung
3 Charakteristika von New Work Unternehmen
3.1 Begriffliche Abgrenzung
3.2 Arbeit 4.0 und Auswirkungen
3.3 Bedeutung von New Work für die Personalentwicklung
4 Lebensphasenorientierte Personalentwicklung im Kontext der New Work Unternehmen
4.1 Generelle Aufgaben und Herausforderungen einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung
4.1.1 Generationenmanagement
4.1.2 Erhöhung der ArbeitgeberInnenattraktivität
4.2 Instrumente und Methoden einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung
5 Methodendesign
5.1 Qualitative Untersuchungsmethodik
5.2 Kategoriensystem und Kodierregeln
5.3 Beschreibung der geplanten Befragungen
5.3.1 Sampling
5.3.2 Befragungszeitraum und Umfeld
5.4 Datenerhebungsmethode & -instrument
5.4.1 Konzeption des Interviewleitfadens
5.4.2 Auswahl und Beschreibung der Interviewpersonen
5.5 Datenauswertungsmethode
6 Ergebnisse der empirischen Untersuchung
6.1 Einzelanalysen
6.1.1 Generationenmanagement im Unternehmen
6.1.2 Personalentwicklung und Weiterbildung
6.1.3 Lebensphasenorientierte Personalentwicklung
6.1.4 New Work und Arbeit 4.0
6.1.5 Beschäftigungsfähigkeit und Gesundheitsförderung
6.1.6 Risiken und zukünftige Veränderungen
6.2 Generalisierende Untersuchung
7 Interpretation und Diskussion
8 Fazit
8.1 Zusammenfassung und Beantwortung der zentralen Fragestellung
8.2 Methodenkritik
8.3 Implikationen für Wissenschaft und Praxis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Interviewleitfaden
Kurzzusammenfassung
Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen für Unternehmen, wie Fachkräftemangel, demografischer Wandel und nachhaltige Personalführung, kommt der Personalpolitik eine besondere Bedeutung zu. Das Personalmanagement bestimmt nicht nur durch die Auswahl geeigneter MitarbeiterInnen, sondern auch durch eine Qualifizierung der bestehenden ArbeitnehmerInnen die Weiterentwicklung und den Erfolg des Unternehmens. Aktuelle sowie zukünftige Entwicklungen erfordern von unternehmen sich laufend anzupassen und rechtzeitig Maßnahmen zu setzten, um die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu ermöglichen und die Förderung der Employability sowie Gewinnung und Bindung der MitarbeiterInnen sicherzustellen.
Neben der theoretischen Betrachtung der vorliegenden Thematik erfolgte eine empirische Untersuchung in Form von qualitativen Interviews. Im Zuge dieser wurden Möglichkeiten der lebensphasenorientierten Personalentwicklung analysiert, die im Rahmen der Bedingungen von New Work eine erfolgreiche Ausrichtung des Personalmanagements unterstützen. Hierzu wurden InterviewpartnerInnen befragt, die den sogenannten New Work Unternehmen angehören. Zur Datenauswertung der qualitativen Analyse kam das Auswertungsverfahren nach Kuckartz zur Anwendung.
Im Allgemeinen lassen die Resultate darauf schließen, dass zwischenzeitlich ein hohes Bewusstsein hinsichtlich des generationenspezifischen Managements vorliegt und sich die Unternehmen Großteils auf die neuen Anforderungen der Arbeit 4.0 einstellen. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass New Work Unternehmen die angesprochenen Herausforderungen nur durch eine Flexibilisierung der Weiterbildungsangebote und Arbeitsbedingungen im Zuge der Lebensphasenorientierung bewältigen können. Zweifellos sollten die Unternehmen auf die Herausforderungen der Arbeitswelt in Zukunft reagieren und die damit erforderlichen Ressourcen bereitstellen. Zudem wird es wichtig sein das Bewusstsein der Unternehmen hinsichtlich der Veränderungen zu schärfen und die Notwendigkeit zu erkennen eine lebensphasenorientiertet Personalpolitik nachhaltig einzuführen. Dies bedeutet die unterschiedlichsten Bereiche und hierarchischen Ebenen im Unternehmen gleichermaßen in die Umsetzung miteinzubinden und die Orientierung nach Berufs- und Lebensphasen flexibel einzusetzen.
Schlagworte
Personalentwicklung, lebensphasenorientiert, berufsphasenorientiert, Generationen, New Work, Generationenmanagement
Abstract
Considering the the fact that companies are facing challenges like shortage of skilled workers, demographic change and sustainable personnel management, human resources policy is particularly important. Human resources management determines further development and success of the company not only through the selection of suitable employees, but also through the qualification of existing employees. Current and future developments require companies to adapt continuously and to implement interventions in time to enable the compatibility of work and private life. Furthermore, companies have to ensure the enhancement of employability as well as the recruitment and retention of employees.
In addition to the theoretical examination of this topic, an empirical study was conducted in several qualitative interviews. During these, possibilities of life-phase oriented personnel development were analyzed which should support a successful orientation of personnel management in the context of the conditions of New Work. For this purpose, interview partners were questioned who belong to the so-called New Work companies. For the qualitative analysis, the evaluation procedure according to Kuckartz was applied.
The results indicate a high level of awareness regarding generation-specific management and that companies are largely adapting to the new requirements of work 4.0. The results also show that new work companies can only handle the challenges addressed by offering trainings and more flexible working conditions in the course of life-phase orientation.
Undoubtedly, companies should respond to the challenges of the world of work in the future and provide the resources required. In addition it will be important to raise companies' awareness of the changes and to recognize the need to sustainably introduce a life-phase oriented HR policy. This implicates that various areas and hierarchical levels in the company need to be equally involved in the implementation to flexibly use the orientation according to professional and life phases.
Keywords
Personnel development, life-phase-oriented, career-oriented, life phase, generation, life cycle, New Work, generation management
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungen Bedeutung / Erläuterungen
Abb. Abbildung
Abs. Absatz
bzw. beziehungsweise
1 Einleitung
In diesem einleitenden Kapitel wird auf die neuen Herausforderungen im Personalmanagement von New Work Unternehmen eingegangen, welcher der demographische Wandel mit sich bringt, um die Aktualität und das Forschungsinteresse des Ansatzes der lebensphasenorientierten Personalpolitik hervorzuheben. In diesem Kontext werden im nächsten Abschnitt die Zielsetzung der Arbeit sowie die konkreten Fragestellungen erläutert. Die Relevanz des Themas sowie die Forschungslücke wird im darauffolgenden Abschnitt näher beleuchtet. Abschließend wird der Aufbau der Arbeit beschrieben und in die Thematik eingeführt.
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
Die zukünftigen Entwicklungen des Arbeitsmarktes bestehen vor allem in den Treibern, die aufgrund des demografischen Wandels entstehen. Im Besonderen wird der Arbeitsmarkt durch sinkende Fertilitätsraten und einer erhöhten Lebenserwartung der Bevölkerung gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass ein ausgeprägter Fachkräftemangel feststellbar ist, welcher die Unternehmen vor intensive Herausforderungen stellt. Es treten folglich Megatrends auf, die in Form des demografischen Wandels, der technologischen Entwicklungen, einer Ausrichtung zur Wissens- und Innovationsgesellschaft, der Nachhaltigkeit, der Feminisierung und des gesellschaftlichen Wertewandels bestehen (Rump und Eilers 2013, 23–25). Zudem ist seit Ende der 1990er-Jahre eine Veränderung der Produktionsfaktoren beobachtbar, die in einer Abwendung von IndustriearbeiterInnen hin zu WissensarbeiterInnen besteht. Bereits vor 60 Jahren beschrieb Peter F. Drucker (1960) in seinem Werk „The Age of Discontinuity“ den Wandel von der Industrie- zu einer Wissensgesellschaft. Diese aktuelle Umwandlung zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft wird heutzutage als New Work bezeichnet. Mit dem Begriff New Work werden sämtliche neuen Arbeitsformen, die als zukunftsweisend und sinnstiftend im Rahmen der Arbeit 4.0 gelten, verbunden.
Organisationen sind daher genötigt, rechtzeitig Maßnahmen zu überlegen, um den Personalbedarf an Fachkräften auch in Zukunft sicherzustellen. Aufgrund der beiden Entwicklungen ‚demografischer Wandel‘ und ‚Fachkräftemangel‘ hat sich der Arbeitsmarkt von einem anbieter- zu einem nachfrageorientierten Markt verschoben (Hagen 2011, 16).
Festzustellen ist, dass das Personalmanagement generell als strategischer Erfolgsfaktor der Unternehmensführung betrachtet wird. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass sich hauptsächlich in der westlichen Wirtschaftswelt ein wesentlicher Wandel hinsichtlich der Anforderungen an und Herausforderungen für den Personalbereich vollzogen hat (Holtbrügge 2018, 2). Im Speziellen erbrachte das Web 2.0 neue Anforderungen für das Personalmanagement in den vergangenen Jahren (Däfler 2015, V; Buchheim und Weiner 2014, 1–5). Die Personalarbeit ist „interaktiver, dialogorientierter, nachprüfbarer, kommentierbarer, individueller, bedürfnisorientierter, partizipativer und multimedialer als jemals zuvor“ (Beck und Hesse 2010, 16).
Der Untersuchungsgegenstand der lebensphasenorientierten Personalpolitik steht dabei in engem Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit. Es gilt dabei, dass eine lebensphasenorientierte Personalpolitik so zu gestalten ist, dass alle relevanten Unternehmensbereiche und Unternehmensfelder einbezogen werden, um die Lebensphasenorientierung umsetzen zu können. Es werden vor drei Bereiche berücksichtigt, nämlich die Förderung und Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit, die Lebensphasenorienntierung sowie die Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben sowie die Work-Life-Balance. Hier ist es wichtig, die Auswahl möglicher Instrumente und Maßnahmen sinnvoll und effektiv durchzuführen. Aufgrund dieser Dimensionen lassen sich folgende Ziele einer lebensphasenorientierten Personalpolitik ableiten: Erhalt und Förderung der Employability, Gewinnung und Bindung von MitarbeiterInnen, insbesondere potenzieller Fachkräfte, Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben, Entzerrung des Lebensstatus und Individualisierung der Personalpolitik (Armutat 2009, 15–25). Dadurch wird ausgedrückt, dass die lebensphasenorientierte Personalpolitik als wesentliche Ausrichtung des Personalmanagements der Zukunft gilt.
Die Qualifizierung der MitarbeiterInnen im Rahmen einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung besitzt einen hohen Stellenwert. Qualifizierte ArbeitnehmerInnen können nicht nur dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenwirken, sondern auch einer Sicherstellung der Beschäftigungsfähigkeit dienen.
Die angesprochenen Überlegungen verdeutlichen den Fokus der gegenständlichen Masterarbeit: Die vorliegende Arbeit analysiert Möglichkeiten der lebensphasenorientierten Personalentwicklung, die im Rahmen der Bedingungen von New Work eine erfolgreiche Ausrichtung des Personalmanagements unterstützen.
1.2 Zielsetzung der Arbeit und zentrale Fragestellung
Die gegenständliche Arbeit zielt auf eine Erkundung von Maßnahmen und Instrumenten der lebensphasenorientierten Personalentwicklung ab, welche das Personalmanagement unterstützen. Im Besonderen sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die sowohl der Unternehmensführung als auch den MitarbeiterInnen dienen. Diese Maßnahmen und Instrumente sind nicht nur an die Lebensphasen und notwendigerweise an die Qualifizierung angepasst, sondern können auch vor dem Hintergrund der flexibilisierten Arbeitsbedingungen umgesetzt werden.
Wie bereits erwähnt, finden sich zwischenzeitlich einige theoretische und empirische Befunde in der Literatur, die sich mit der Gestaltung einer lebensphasenorientierten Personalpolitik auseinandersetzen. Allerdings fehlt mitunter eine tiefer gehende Beschreibung einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung im Kontext der New Work Unternehmen.
Zur Annäherung an die gewählte Thematik werden Recherchen sowohl anhand aktueller Literatur als auch empirischer Studien durchgeführt. In weiterer Folge wird ein explorativer Zugang für die Arbeit gewählt, der in Form von Experteninterviews vorgenommen wird. Dabei werden die Erfahrungen und Meinungen ausgewählter InterviewpartnerInnen erfasst, um einerseits den Status der lebensphasenorientierten Personalentwicklung in den Unternehmen und andererseits theoriegeleitete Maßnahmen und Werkzeuge zu erörtern.
Aus diesen Erkenntnissen erfolgt eine Zusammenführung der theoretischen und empirischen Ergebnisse, um in weiterer Folge Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Daraus ergibt sich die folgende Forschungsfrage:
F1: Wie kann lebensphasenorientierte Personalentwicklung in New Work Unternehmen die neuen Herausforderungen im Personalmanagement bewältigen?
Um eine Annäherung an die Thematik zu ermöglichen, werden weitere forschungsleitende Fragen gestellt. Dabei werden vorerst mögliche Handlungsfelder einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung analysiert. Dies wird durch folgende Fragestellung ausgedrückt:
F2: Welche Handlungsfelder werden in der lebensphasenorientierten Personalentwicklung in New Work Unternehmen berücksichtigt?
Zudem werden konkrete Instrumente und Maßnahmen einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung analysiert, um Handlungsempfehlungen auch aus einer praxisorientierten Sichtweise ableiten zu können. Daraus ergibt sich die folgende Forschungsfrage:
F3: Welche Instrumente und Maßnahmen können im Rahmen einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung in New Work Unternehmen eingesetzt werden?
Des Weiteren sollen auch Effekte einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung analysiert werden, um mögliche Voraussetzungen und Risiken aufzuzeigen. Daraus ergibt sich die folgende Forschungsfrage:
F4: Welche Effekte und Risiken können sich aus einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung in New Work Unternehmen ergeben?
Eventuell ergeben sich im Zuge der Erarbeitung weitere Fragestellungen, die dann entsprechend ergänzt werden.
1.3 Relevanz der Thematik
Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen für Unternehmen, wie Fachkräftemangel, demografischer Wandel und nachhaltige Personalführung, kommt dem Personalmanagement eine besondere Bedeutung zu. Das Personalmanagement bestimmt nicht nur durch die Auswahl geeigneter MitarbeiterInnen, sondern auch durch eine Qualifizierung der bestehenden ArbeitnehmerInnen die Weiterentwicklung des Unternehmens. Durch Maßnahmen, welche der MitarbeiterInnenbindung und der Kompetenzerhöhung im Zuge einer lebensphasenorientierten Personalpolitik dienen, kann sich ein Unternehmen als attraktive/r ArbeitgeberIn positionieren (Scholz 2014, 489 f.; Rump, Eilers und Wilms 2014, 17 ff.). Folglich kommt der Personalentwicklung ein besonderer Stellenwert zu, da die Auswahl und der Einsatz gezielter Weiterbildungsmaßnahmen die weitere Entwicklung der MitarbeiterInnen fördern können (Kanning 2017, 156 ff.). Wichtig dabei ist, dass die Ausrichtung der Personalentwicklung anhand des jeweiligen Status bzw. der Lebensphase der MitarbeiterInnen erfolgt (Rump, Eilers und Wilms 2014, 17 ff.).
Im Zuge der Erarbeitung werden dementsprechend sowohl theoriegeleitet als auch in Form einer qualitativen Befragung für die Praxis Erkenntnisse gewonnen, die als Handlungsempfehlungen für Unternehmen dargestellt werden. Im Speziellen wird eine neue Sichtweise für Unternehmen geschaffen, die eine erfolgreiche Umsetzung einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung ermöglicht.
Für die wissenschaftliche Forschung dient die gegenständliche Arbeit aufgrund der empirischen Untersuchung als Weiterentwicklung der bestehenden Erkenntnisse. Daher können auf Basis der Ergebnisse weitere Forschungsvorhaben vorgenommen werden. Des Weiteren kann eine weiterführende Diskussion eröffnet werden.
1.4 Struktur und Aufbau der Arbeit
In Kapitel 1 werden die Ausgangslage, Problemstellung, Zielsetzung und die Relevanz der Thematik dargestellt. Zudem werden Struktur und Aufbau der Arbeit vorgestellt.
Danach werden in Kapitel 2 die lebensphasenorientierte Personalpolitik und -entwicklung erläutert. Es werden dabei sowohl die theoretischen Grundlagen als auch der aktuelle Forschungsstand dargestellt. Zudem werden die Lebens- und Berufsphasen sowie die betriebliche Weiterbildung im Sinne einer lebensphasenorientierten Personalentwicklung erörtert.
Das Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Charakteristika von New Work Unternehmen, wobei eine begriffliche Abgrenzung erfolgt und die Bedingungen von Arbeit 4.0 dargestellt wird.
Schließlich werden in Kapitel 4 grundlegenden Aufgaben und Herausforderung der lebensphasenorientierten Personalentwicklung diskutiert.
In Kapitel 5 wird das Methodendesign entwickelt. Dabei werden sowohl die Überlegungen zum Interviewleitfaden, dem Kategoriensystem, dem Sampling und der Datenerhebungs- sowie Auswertungsmethode erklärt.
In Kapitel 6 werden schließlich die Ergebnisse der qualitativen Befragung dargestellt. Dabei werden sowohl die Einzelanalysen als auch eine generalisierende Analyse durchgeführt.
Das Kapitel 7 beschäftigt sich mit einer Interpretation und Diskussion der gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse.
Abschließend werden in Kapitel 8 alle Erkenntnisse zusammenfassend dargestellt und die zentralen Fragestellungen beantwortet. Darüber hinaus werden eine kritische Betrachtung der Methodik vorgenommen und mögliche Implikationen für Wissenschaft und Praxis abgeleitet.
2 Lebensphasenorientierte Personalpolitik und Personalentwicklung
Um eine tiefer gehende Betrachtung der Thematik zu ermöglichen, wird auf die bisherigen theoretischen Erkenntnisse aus dem Personalmanagement und der Personalentwicklung zurückgegriffen. Dabei werden fundierte Erkenntnisse aus aktueller Literatur und empirischen Studien herangezogen. Zudem werden im Besonderen theoretische und empirische Ergebnisse aus den Beiträgen zur lebensphasenorientierten Personalpolitik betrachtet. Da die Begriffe zur lebensphasenorientierten Personalpolitik teilweise unterschiedlich verwendet werden, erfolgt vorab eine Abgrenzung der Begriffe.
In weiterer Folge werden die Unterschiede, die mit der lebensphasenorientierten Personalpolitik verbunden sind und im Vergleich zum klassischen Personalmanagement bestehen, erörtert. Einen wesentlichen Schwerpunkt stellt dabei die Personalentwicklung dar, die ebenso anhand der bisherigen Auswahl an Weiterbildungsmaßnahmen im Vergleich zu einer lebensphasenorientierten Ausrichtung erörtert werden.
Als weiterer Schwerpunkt gelten für die gegenständliche Arbeit die New Work Unternehmen bzw. New Work als Arbeit 4.0. Dabei erfolgen sowohl eine begriffliche Abgrenzung als auch eine Hervorhebung der Unterschiede und eine Darstellung der Maßnahmen im Kontext von New Work.
Schließlich erfolgt auf Basis der erzielten Erkenntnisse eine Zusammenführung der Konstrukte der lebensphasenorientierten Personalentwicklung und der Inhalte und Ausrichtung von New Work. Diese Ableitungen dienen in weiterer Folge als Basis der Entwicklung eines Interviewleitfadens bzw. der empirischen Untersuchung.
2.1 Grundlegende Aspekte und Begriffsabgrenzung
Vorab werden die wesentlichen Begriffe, die im Rahmen der lebensphasenorientierten Personalentwicklung eine bedeutende Rolle spielen, erläutert. Daher wird zunächst auf die Konstrukte „Personalmanagement“ und „Personalentwicklung“ eingegangen. Anschließend werden die demografischen Entwicklungen in Österreich im Überblick dargestellt.
2.1.1 Personalentwicklung im Kontext des Personalmanagements
Die Begrifflichkeiten in Bezug auf den Personalbereich werden teilweise synonym verwendet, wie z. B. die Begriffe Personalwesen, Personalmanagement und Personalwirtschaft (Jung 2017, 4). Im Englischen ist der Begriff des Human-Resources-Managements gebräuchlich, der auch in deutschen Unternehmen üblich ist und eher einem strategischen Unternehmensbereich zugeordnet wird (Jung 2017, 8).
Prinzipiell wird unter Personalmanagement der gesamte Aufgabenbereich verstanden, der sich mit den personellen Agenden eines Unternehmens beschäftigt. Die Politikfelder des Personalmanagements, also die Aktivitätsbereiche, die gestaltend auf das Personalmanagement einwirken, werden auch als Personalpolitik bezeichnet (Staehle 1999, 815). Jung (2011, 8) definiert Personalpolitik als „Gestaltungsrahmen für die Ziele der Personalwirtschaft“. Festgestellt wird, dass die Personalpolitik in Zusammenhang mit der Unternehmenspolitik gestaltet wird und der Entscheidung und Durchsetzung personalwirtschaftlicher Leitlinien dient. Ähnlich versteht auch Bröckermann (2012, 10) die Personalpolitik als Teil der Unternehmenspolitik, der folglich alle wesentlichen Entscheidungen für die Personalwirtschaft bezeichnet. Im Rahmen der Personalpolitik werden das menschliche Element und die Beachtung der Faktoren, die Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen haben, in alle Überlegungen einbezogen. Die Determinanten der Personalpolitik liegen dabei in den Rahmenbedingungen der Unternehmenskultur, der Unternehmensethik und der Unternehmensidentität (Jung 2017, 21).
Für das Personalmanagement kann festgehalten werden, dass es „vielmehr als Konsequenz aus konkreten Herausforderungen, die vom Markt, vom Unternehmen selbst und von seinen MitarbeiterInnen ausgehen“, bestimmt wird (Scholz 2014, 77).
Seit dem 19. Jahrhundert vollzog sich dabei ein ausgeprägter Wandel des Personalmanagements von der reinen Personalverwaltung zum Human-Ressource-Management, wobei es durch verschiedene Entwicklungen bestimmt wurde. Besonders ab dem Jahr 1980 wurden ausgehend von den USA strategische Ansätze des Personalmanagements entwickelt (Staehle 1999, 776). Folglich veränderte sich das Personalmanagement auch aufgrund einer neuen Perspektive hinsichtlich der Menschenbilder, die vom Homo oeconomicus über den Social Man und den Self-Actualizing Man bis hin zum Complex Man führten (Kirchler, Meier-Pesti und Hofmann 2011, 27–30).
Daher kann festgestellt werden, dass sich auch die Aufgabenstellungen der Personalentwicklung in den letzten 50 Jahren in ausgeprägtem Ausmaß verändert haben. Prinzipiell kann aus der Literatur abgeleitet werden, dass die Personalentwicklung sowohl die Berufsausbildung als auch die Weiterbildung umfasst (Drumm 2008, 319). Im Besonderen wurde die Personalentwicklung in den Organisationen seit dem Jahr 1970 immer wichtiger (Mandel und Pawlovsky 2009, 3–7).
Verdeutlicht werden kann die steigende Bedeutung der Personalentwicklung anhand der Phasen der Personalentwicklung im historischen Ablauf. Daran lässt sich erkennen, dass die Themenfelder sehr stark mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen verknüpft sind (siehe Abbildung 1). Ausgehend von der technischen Qualifizierung in einer Phase der Humanisierung der Arbeit in den 1970er-Jahren über eine standardisierte, individualisierte, kostenkontrollierte, strategische und multimediale Personalentwicklung beschäftigt sich die Personalentwicklung bis heute mit dem Demografiemanagement in Unternehmen und im Besonderen mit Diversity Management, Work-Life-Balance und Employability (Mandel und Pawlovsky 2009, 23 ff.). Diese Themenfelder entsprechen der Alterung der Gesellschaft, der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit und der internationalen Ausrichtung vieler Organisationen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Zusammenfassung der Phasen der Personalentwicklung (Quelle: Mandel und Pawlovsky 2009, 24)
Somit ist festzustellen, dass die wesentlichen Aufgaben der Personalentwicklung in der Qualifizierung der MitarbeiterInnen für zukünftige Anforderungen des Arbeitsbereichs bestehen. Auch die Errichtung attraktiver Karrierechancen für neue MitarbeiterInnen und das Angebot einer professionellen Unterstützung zur Weiterentwicklung liegen im Verantwortungsbereich der Personalentwicklung (Robbins 2001, 556–560).
Im Fokus der Personalentwicklung werden daher auch weiterhin Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung zu stehen haben. „Bildung als der traditionale Bereich der Personalentwicklung wird auf dem Weg in das Jahr 2015 sowohl in der Berufsausbildung, der Weiterbildung als auch in der Führungsbildung starke Veränderungen erleben“ (Becker 2010, 263). Insgesamt kann daher davon ausgegangen werden, dass die Personalentwicklung Megatrends der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung als Handlungsfelder aufgreifen muss (Becker 2010, 263).
„Die Personalentwicklung der Zukunft wird verstärkt Analysearbeit leisten müssen. Weil Individualisierung, Pluralisierung und Temporalisierung sich gegenseitig sowohl Ursache als auch Folge sind, muss herausgefunden werden, was gerade als Treiber (unabhängige Variable) und was als Einflussbereich (abhängige Variable) wirkt“ (Becker 2010, 263).
Außerdem ergeben sich Veränderungen hinsichtlich der Weiterbildungsmaßnahmen, sodass die klassische zweckfreie Bildung durch funktionales Know-how in stärkerem Maße als bisher verdrängt wird. „Die Modularisierung von beruflicher und akademischer Ausbildung verstärkt und beschleunigt diesen Prozess der profanen Substitution von Bildung durch Know how [sic!]. Die Ökonomisierung des Wissens zwingt die Personalentwicklung zu stärkerer betriebswirtschaftlicher Ausrichtung und zur ökonomischen Segmentierung ihrer Aktivitäten“ (Becker 2010, 263).
2.1.2 Demografische Entwicklung in Österreich und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
In Bezug auf die demografischen Entwicklungen greift die Arbeit auf die aktuellen Ergebnisse von Statistik Austria 2019a zurück, um die aktuelle Situation zu verdeutlichen (siehe auch Abbildung 2):
Auch zukünftig wird die Bevölkerung im Hinblick auf eine alternde Gesellschaft zusammengesetzt sein. Einerseits führen Wanderungsgewinne von jährlich rund 30.000 bis 35.000 zu einem Bevölkerungsanstieg. Und andererseits wird der Alterungsprozess auf gleichbleibende Geburtenzahlen und eine erhöhte Lebenserwartung der starken Geburtenjahrgänge zurückgeführt. Abgesehen wird davon ausgegangen, dass die österreichische Bevölkerungsanzahl von 8,84 Mio. (2018) bis 2040 um sieben Prozent auf 9,43 Mio. und bis 2080 schließlich um 12 Prozent auf 9,93 Mio. wachsen wird. Zudem wird der Anteil der Bevölkerung ab 65+ in den nächsten sechs Jahrzehnten von 18,8 Prozent (2018) auf 29,3 Prozent (2080) steigen (Statistik Austria 2019a, o. S.).
Hinsichtlich der Zuwanderung werden die folgenden Geburtendefizite erwartet: 1960 zählte Österreich noch sieben Mio. Einwohner und im Jahr 2000 waren es 8 Mio. Danach stieg die Anzahl bis 2018 um 800.000 auf 8,8 Mio. Dieser Zuwachs besteht zu rund 5 Prozent auf den Geburtenüberschuss und der größere Anteil auf Wanderungsgewinne. Die künftigen Anstiege werden ausschließlich durch Wanderungsüberschüsse begründet sein. Die Geburtenbilanzen sind hingegen vorerst noch ausgeglichen, sollten aber schon bald negativ werden. Insgesamt wird die Bevölkerungszahl im Jahr 2023 die 9 Mio.-Grenze überschreiten und auch künftig weiter ansteigen. Die Wanderungsgewinne der Zukunft werden die Verluste aus der Geburtenbilanz deutlich übertreffen (Statistik Austria 2019a, o. S.).
Ältere Menschen gewinnen weiterhin an Gewicht: Beobachtbar ist, dass der Anteil, der unter 20-Jährigen langfristig sinken wird. Hingegen wird die Generation ab 65 plus sowohl zahlen- als auch anteilsmäßig zunehmen. Erwartet wird, dass bis 2080 die Bevölkerung 65+ um 1 1/4 Mio. höher sein wird als im Jahr 2018 (Statistik Austria 2019a, o. S.).
Ebenso wird betont, dass das Bevölkerungswachstum regional unterschiedlich ausfallen wird. Das stärkste Wachstum wird dabei der Ostregion Österreichs zugeschrieben (siehe Abbildung 2) (Statistik Austria 2019a, o. S.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bevölkerungspyramide 2018, 2030, 2060 (Quelle: Statistik Austria 2019a, o. S.)
Die Prognosen stellen also fest, dass das Angebot an Arbeitskräften in Österreich künftig steigen wird, wobei dies sowohl auf die Zuwanderung als auch auf die aktuellen Trends in der Erwerbsbeteiligung zurückzuführen ist. Im Hinblick darauf wird gemäß der aktuellen Erwerbsprognose „die Zahl der Erwerbspersonen (Selbstständige und mithelfende Familienangehörige, unselbstständig Beschäftigte und Arbeitslose) bis 2050 um 3 Prozent zunehmen. Für den Jahresdurchschnitt 2018 wurden 4,58 Mio. Erwerbspersonen (inklusive erwerbstätiger Personen in Anstaltshaushalten) ermittelt, 2030 werden es laut Trendvariante der Prognose 4,71 Mio. (+3 Prozent) und 2050 schließlich 4,75 Mio. (+4 Prozent) sein. In der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts sind dann keine nennenswerten Zuwächse zu erwarten (2080: 4,77 Mio.)“ (Statistik Austria 2019a, o. S.).
Folgende Entwicklungen werden als sehr relevant angesehen (siehe auch Abbildung 3) (Statistik Austria 2019b, o. S.): In Bezug auf den Fachkräftemangel kann daher festgehalten werden, dass zukünftig eine höhere Erwerbsbeteiligung im Alter von 55+ vorliegen wird. Diese Entwicklung wird vor allem dadurch herbeigeführt, dass eine zunehmende weiterführende Bildungsbeteiligung der jüngeren Generation feststellbar ist. (Statistik Austria 2019b, o. S.)
Folglich werden zukünftig vier von fünf Personen zwischen 15 und 64 Jahren am Arbeitsmarkt tätig sein, wobei die Frauen anteilig von 46 (2018) auf 49 Prozent steigen werden. Insgesamt wird die altersspezifische Erwerbsbeteiligung bis zum Jahr 2030 auf 79,7 Prozent und bis 2050 auf 82,0 Prozent steigen (Statistik Austria 2019b, o. S.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Entwicklung der Erwerbspersonen 2018 bis 2080 nach breiten Altersgruppen (Quelle: Statistik Austria 2019b, o. S.)
2.2 Forschungsstand
Der gewählte Themenbereich lässt sich grundsätzlich dem Personalmanagement bzw. der Personalpolitik eines Unternehmens zuordnen. Die personalwirtschaftliche Forschung beschäftigt sich seit vielen Jahrzehnten mit den Auswirkungen personalpolitischer Maßnahmen auf den Unternehmenserfolg. Dabei ist festzustellen, dass die empirischen Befunde mitunter sehr unterschiedlich ausfallen und aus verschiedenen Perspektiven möglicher Einflüsse betrachtet werden (Hammermann und Stettes 2014, 33 f.).
Die Lebensphasenorientierung der Personalpolitik wird seit einigen Jahren intensiver beforscht. Beispielsweise erhebt das IW-Köln regelmäßig den Status quo der lebensphasenorientierten Personalpolitik in deutschen Unternehmen. Dabei zeigt sich, dass eine lebensphasenorientierte Personalpolitik nur in einem geringen Anteil der Unternehmen vorzufinden ist (siehe Abbildung 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verbreitungsgrad der demografiefesten Personalpolitik in deutschen Unternehmen nach Größenklassen (Quelle: Hammermann und Stettes 2014, 27)
Bei Rump und Eilers (2013) bzw. Rump, Eilers und Wilms (2014) finden sich die verschiedenen Handlungsfelder und Gestaltungsmöglichkeiten einer lebensphasenorientierten Personalpolitik. Begründet wird die Notwendigkeit solcher Ideen und Maßnahmen mit den Auswirkungen der aktuellen Megatrends (Rump, Eilers und Wilms 2014, 17).
Zudem finden sich auch empirische Befunde, welche die Lebensphasenorientierung in Unternehmen mit anderen Faktoren in Verbindung bringen (siehe z. B. Goesmann, Peters und Hellert 2016). Eine empirische Analyse von Gül, Boes und Kaempf (2016) zu lebensphasensensiblen Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten verdeutlicht die Notwendigkeit der Berücksichtigung der individuellen Lebensphasen der Individuen im Kontext der Karriereplanung.
Die beschriebenen Beispiele zeigen, dass vor dem Hintergrund der Lebensphasenorientierung einige empirische Befunde vorliegen, nicht zuletzt zur Erzielung des Unternehmenserfolgs. Allerdings beschäftigt sich die gegenständliche Arbeit nur indirekt mit der Einwirkung der lebensphasenorientierten Personalpolitik auf den Unternehmenserfolg. Vielmehr sollen Maßnahmen der lebensphasenorientierten Personalentwicklung analysiert werden, welche das Personalmanagement bei den aktuellen Bedingungen unterstützen.
Dabei werden im theoretischen Teil das Konstrukt der lebensphasenorientierten Personalpolitik sowie die Charakteristika des New Work erörtert. Daraus wird abgeleitet, wie eine lebensphasenorientierte Personalentwicklung aus theoretischer Sicht und auf Basis empirischer Befunde gestaltet werden kann.
2.3 Konzept der Lebens- und Berufsphasen
In dem Gedanken, die Mitarbeitenden nach ihren jeweiligen Lebens- und Berufsphasen zu entwickeln und fördern, werden nachfolgend die einzelnen Lebens- und Berufsphasen differenziert, um das zugrundeliegende Verständnis einer lebensphasenorientierten Personalpolitik und -entwicklung zu klären.
Prinzipiell sollten Organisationen ihren Mitarbeitenden ein Arbeitsumfeld ermöglichen, das eine ausgewogene Balance zwischen Privat- und Arbeitsleben anbietet. Hierzu sollten Instrumente, Methoden und Maßnahmen entwickelt werden, die den jeweiligen Lebens- und Berufsphasen entsprechen. Zu berücksichtigen ist dabei stets, dass sich die Individuen in jeweils unterschiedlichen Lebens- und Berufsphasen befinden können. Dennoch wird hier, der Literatur folgend, eine allgemeine Darstellung der einzelnen Lebens- und Berufsphasen vorgenommen (Gerlmaier und Latniak 2016, 78 ff.; Gül, Boes und Kämpf 2016, 60 ff.).
2.4 Lebensphasen
Angesichts der Darstellung der Lebensphasen ist zu beachten, dass verschiedene Ereignisse das jeweilige Individuum sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht beeinflussen können. Das bedeutet, die jeweiligen Lebensumstände können auf die Leistungsfähigkeit und die Motivation im Berufsleben in verschiedener Hinsicht einwirken. Levinson lieferte dazu bereits 1986 ein Konzept, welches in weiterer Folge von mehreren WissenschaftlerInnen als Grundlage ihrer erweiterten und modernisierten Modelle diente und in folgender Graphik dargestellt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Levinsons Modell von Entwicklungsphasen des Erwachsenenalters (Quelle: Faltermaier et al., 2014, 80)
Levinson gliedert sein Konzept in vier Lebensphasen, welche sowohl die Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation als auch kritische Ereignisse beinhalten. Zwischen diesen Phasen hat er noch jeweils Übergangsphasen definiert, in welcher die Menschen mit der vergangenen Phase abschließen und sich auf die kommende vorbereiten. Die erste dieser vier Phasen stellt die Kindheit und Jugend dar, welche mit einem Alter von 17 Jahren in das frühe Erwachsenenalter übergeht, bevor mit ca. 40 Jahren das mittlere Erwachsenalter beginnt, welches mit etwa 60 Jahren mit dem späten Erwachsenenalter abschließt.
Der Abschnitt der Kindheit und Jugend beschreibt den Verlauf vom Säuglingsalter, in dem die Kinder lernen, Gefühle aufzubauen und Vertrauen zu gewinnen, bis hin zur Pubertät, in der der die jungen Erwachsenen beginnen, sich auf ihre eigenen Fähigkeiten zu verlassen. Das Jugendalter ist meist sehr prägend, da hier Erfahrungen gemacht werden, die auf das Erwachsenenleben vorbereiten. Diese Phase leitet auch die erste Übergangsphase ein, welche die zunehmende Unabhängigkeit der Betroffenen kennzeichnet, sowie den Aufbau einer Erwachsenenidentität.
Das frühe Erwachsenenalter beschreibt eine Phase, in der die Menschen eigenständig sesshaft werden und soziale Verantwortung übernehmen, was oft starke Belastung und Stress mit sich bringt. Hier wird von ihnen am meisten Energie benötigt, um die Vielfalt der Ereignisse bewältigen zu können und die Lebensstrukturen zu verfestigen. Darauffolgend beginnt mit etwa 40 Jahren die Übergangsphase, wo die körperliche Leistungsfähigkeit langsam abnimmt.
Das mittlere Erwachsenenalter ist mitunter geprägt von Lebenskrisen und Lebenswenden, verursacht von Überqualifizierung, geringen Herausforderungen und das Gefühl fehlender Anerkennung. Menschen müssen nun realisieren, dass das Leben vergänglich ist und vielleicht nicht den erwünschten Verlauf nimmt. Die drauf folgende Übergangsphase bringt jedoch wieder Aufschwung und Neuorientierung mit sich, wodurch die Strukturen sich wieder festigen und die Bedürfnisse neu interpretiert werden.
Die letzte Phase beschreibt das späte Erwachsenenalter, welches typischerweise mit der Pensionierung startet. Hier steht der Rückzug aus dem Erwerbsleben im Fokus, wodurch sich die Individuen neu orientieren und sich in neuen Konstrukten integrieren müssen. Dazu kommen möglicherweise gesundheitliche Probleme und Pflegebedürftigkeit oder der Tod Angehöriger (Faltermaier et al., 2014, 80ff.).
Blankl hat das Modell von Levinson als Grundlage seiner Bausteine für eine lebensphasenorientierten Personalpolitik genommen und Ereignisse im Leben definiert, welche eine Phase prägen können. Seine Lebensphasen werden wie folgt beschrieben (Bankl 2014, 309 f.):
Elternschaft: Dies bedeutet, dass sich durch die Geburt bzw. die Adoption eines Babys neue Verpflichtungen ergeben, die sich langfristig auf die betreuenden Personen auswirken können, wobei sich dies vor allem in einer ausdrücklichen Verantwortung und zeitlichen Betreuungspflichten bemerkbar machen kann.
Pflege: Wenn Mitarbeitende in ihrem Privatbereich die Betreuung von pflegebedürftigen Verwandten übernehmen müssen, ändern sich die grundsätzlichen Bedingungen des pflegenden Individuums hinsichtlich seiner Verfügbarkeit der zeitlichen, emotionalen oder auch körperlichen Ressourcen für das pflegende Individuum.
Lebens- und Arbeitssituation des Partners: Die privaten Umstände eines Mitarbeitenden können sich durch Jobwechsel, unterschiedliche Arbeitszeiten oder Kinderbetreuung des Partners und dessen Anforderungen verändern. Dabei gelten die koordinativen Fähigkeiten des Mitarbeitenden und des Unternehmens als wesentliche Faktoren.
Krankheit: Bei einer Erkrankung können sowohl für den Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen beeinträchtigende Herausforderungen entstehen. Diese Beeinträchtigungen können dementsprechend schwerwiegende Auswirkungen auf das Berufsleben haben.
Traumatische Ereignisse: Darüber hinaus können Schicksalsschläge, beispielsweise familiäre Krankheits- und Todesfälle oder Gewaltakte auf eine Person, zu erheblichen Störungen der Lebensqualität eines Mitarbeitenden führen. Demnach sind auch in diesen Fällen personalpolitische Maßnahmen einzurichten.
Hobby: Als Ausgleich zur Berufstätigkeit gehen viele Mitarbeitende Freizeitaktivitäten nach, die eine positive Ergänzung zu den beruflichen Anforderungen darstellen können.
2.5 Berufsphasen
Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten werden die Berufsphasen zwischenzeitlich ergänzt bzw. anders erfasst. Dabei erfolgt, zusätzlich zur klassischen Aufteilung nach Ausbildung, Arbeitsleben und Ruhestand, eine Ergänzung durch individuelle Berufsphasen. In diesem Kontext besitzt die Idee vom „lebenslanges Lernen“ einen bedeutenden Stellenwert, wodurch ausgedrückt wird, dass fortlaufende Aus- und Weiterbildungen weitgehend altersunabhängig angeboten werden. Allgemein werden demnach die folgenden Berufsphasen unterschieden (Bankl 2014, 310 f.).
Einstieg/Orientierung: Diese Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass Individuen die erste Arbeitstätigkeit, beispielsweise die erste Berufstätigkeit nach einem absolvierten Studium, aufnehmen. Dabei bezieht sich die Phase der beruflichen Orientierung auf einen Stellenwechsel zwischen zwei Organisationen oder einer anderen Tätigkeit im gleichen Unternehmen.
Reife: Da sich diese Mitarbeitenden als Fachkräfte in einem bestimmten Themenbereich entwickelten, sind Planungen hinsichtlich der weiteren Karriere und Laufbahn erforderlich. Der Betrieb sollte seinem Personal jedenfalls Möglichkeiten für weitere persönliche Entwicklung ermöglichen.
Führung: Wenn Mitarbeitende für eine weitere Führungslaufbahn geeignet erscheinen, sind ebenso entsprechende Maßnahmen zu setzen. Dabei müssen Führungskräfte nicht nur über Fachkompetenz verfügen, sondern auch über spezielle Eigenschaften und soziale Kompetenzen.
Ausstieg: Das Ausscheiden aus einem Unternehmen kann auf verschiedenen Gründen beruhen. Dabei können eine berufliche Neuorientierung, die Inanspruchnahme einer Eltern- oder Pflegezeit sowie eines vorübergehenden Sabbaticals oder auch der Eintritt in den Ruhestand eine Rolle spielen.
Eine weitere Aufteilung der Berufsphasen erfolgt nach Graf (Abbildung 5), welcher zu den oben von Blankl erwähnten Phasen noch zwei weiter ergänzt, und welche im Folgenden näher erläutert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Phasen des beruflichen Zyklus nach Graf (2002, 143)
Die Phase des Wachstums ist geprägt durch ein höheres Einkommen und verantwortungsvollere Aufgaben sowie mehr Handlungsspielraum. Typischerweise übernehmen die MitarbeiterInnen in dieser Phase Führungsaufgaben und erleben auch fachlich ein Wachstum. Die Entwicklung kann dabei in mehreren Varianten erfolgen, entweder vertikal durch eine Beförderung, horizontal durch das Durchlaufen mehrerer gleichwertiger Abteilungen oder zentripetal durch die Zugehörigkeit zu wichtigen Gremien.
Die zweite Phase, welche in diesem Modell hinzukommt, ist die Phase der Sättigung, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass die Anforderungen und die Leistungen nicht mehr übereinstimmen. Ein weiteres Merkmal ist die nachlassende Leistungsbereitschaft, welche meistens durch Über- oder Unterforderung oder fehlende Entwicklungsmöglichkeiten zustande kommt. Auch Stress oder gesundheitliche Probleme können sich hier negativ auf die Motivation auswirken (Graf, 2002, 114).
Aus der Darstellung der Lebens- und Berufsphasen ist aus Sicht des Personalmanagements eine Verbindung zwischen den einzelnen Phasen herzustellen sowie geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Folgende Abbildung zeigt, welche privaten und beruflichen Ereignisse die drei Karrierephasen prägen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Zusammenhang von Karriere- und Lebensphasen (Quelle: Berthel, Becker 2013, 493)
Gerade in der Zeit zwischen der Berufsauswahl und dem Austritt aus dem Unternehmen variieren die individuellen Berufs- und Lebensplanungen der MitarbeiterInnen sehr stark, da diese durch verschiedene Ereignisse geprägt sind, wie beispielsweise Elternschaft, Pflegetätigkeiten, Krankheit, Hobby, Ausbildung oder beruflicher Austritt. In diesen verschiedenen Phasen können die Bedürfnisse und der Fokus mehr auf dem Beruf oder auf dem Privaten liegen. Um hier jedoch den/die MitarbeiterIn bestmöglich zu unterstützen aber auch für die Organisation einen Mehrwert zu schaffen, ist ein flexibler und nachhaltiger Ansatz wichtig. Dazu gehört es auch, auch in personenzentrierten Gesprächen die Interessen abzuwägen und eine Überlappung der Berufs- und Lebensphasen zu ermöglichen. Es sollte also zum Beispiel möglich sein, sich beruflich weiterzuentwickeln und aufzusteigen und zeitgleich Kinder zu bekommen oder Pflegetätigkeiten übernehmen zu können.
Die Berücksichtigung und Gegenüberstellung der Lebens- und Berufsphasen kann die Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit in jedem Alter und in jeder Phase erhalten oder steigern. Wenn also Angebote und Maßnahmen entsprechend angepasst werden, können auch die Ziele der Organisation zielführender erreicht werden (Berthel, Becker 2013, 493f.).
2.6 Lebensphasenorientierte Personalpolitik und deren Implikationen für die Personalentwicklung
Aus den bisherigen Ausführungen ist darauf zu schließen, dass weitgehende Überlegungen angestellt werden müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation zu erhalten bzw. zu erhöhen. Beispielsweise sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der MitarbeiterInnen zu berücksichtigen. Hammermann und Stettes (2014, 10) schlagen in diesem Zusammenhang eine schrittweise Vorgehensweise zu einer lebensphasenorientierten Personalpolitik vor:
- In Stufe 1 wird die komplementäre Personalpolitik berücksichtigt, die auf einander ergänzenden Maßnahmen beruht, welche die MitarbeiterInnen in der jeweiligen Lebensphase unterstützen.
- In Stufe 2 wird eine bedarfsgerechte Personalpolitik eingeführt, die auf einer Berücksichtigung der Bedürfnisse und Wünsche der MitarbeiterInnen hinsichtlich der komplementären Maßnahmen abzielt. Mit dieser Ausrichtung werden die Unternehmensziele dadurch unterstützt, dass diese von den MitarbeiterInnen mitgetragen werden. Um eine bedarfsgerechte Personalpolitik umsetzen zu können, ist der Einsatz von entsprechenden Planungs- und Erhebungsinstrumenten notwendig.
- Schließlich wird in Stufe 3 eine lebensphasenorientierte Personalpolitik entwickelt, die an den unterschiedlichen Lebenssituationen der MitarbeiterInnen ausgerichtet wird. „Dazu ist es erforderlich, dass ein Unternehmen nicht nur über die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert ist, sondern seine Personalpolitik sich verändernden Bedürfnissen anpasst“ (Hammermann und Stettes 2014, 10).
Die untenstehende Graphik zeigt ein Ablaufmodell für die Prozessbegleitung. Rump und Eilers (2016) ergänzen die drei oben genannten Schritten noch um weitere vier wesentliche.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Prozessbegleitung in den Modellbetrieben (Quelle: Rump, Eilers, 2016, 51)
Der Prozess beginnt mit einer Bestandsaufnahme der Personalpolitik, wo auch mögliche Ansätze eines lebensphasenorientierten Personalmanagement herausgearbeitet werden. Darüber hinaus werden die Felder ermittelt, bei denen Handlungsbedarf besteht. Im zweiten Schritt werden die angestrebten Ziele unter Einbeziehung der MitarbeiterInnen formuliert. Die Integration der Angestellten ist dabei unerlässlich, da die Maßnahmen dann an deren individuelle Bedürfnisse besser angepasst werden können. Anhand dieser Ziele lassen sich Handlungsfelder und Instrumente definieren, die zur Zielerreichung beitragen können. Nun kann anhand der Analysen ein Aktivitätenplan zur Implementierung erstellt werden. Nach Abschluss der theoretischen Phase geht es um Implementierung der Maßnahmen, welche im nächsten Schritt kontinuierlichen Erfolgskontrollen unterzogen werden müssen, um sie an zukünftige Entwicklungen anpassen zu können (Rump, Eilers, 2016, 347ff.).
Als Voraussetzungen für diese Durchführung wird eine regelmäßige Überprüfung der Stärken und Schwächen der Personalpolitik und die Implementierung eines Leitbildes für die MitarbeiterInnenführung gefordert. Auf Basis dieser Maßnahmensetzung werden die strategischen und personalpolitischen Ziele mit den erforderlichen Analyseinstrumenten verbunden (Hammermann und Stettes 2014, 10).
Lebensphasenorientierte Personalpolitik sollte daher auf Nachhaltigkeit fokussiert sein. Das „magische Dreieck der Nachhaltigkeit“ in der Personalpolitik mit seinen Perspektiven lebenslanges Lernen und lebenslanger Kompetenzerhalt, lebenslange Motivation sowie lebenslange Gesundheit und lebenslanges Wohlbefinden, bildet so die zentralen Ziele ab. Nicht nur eine, sondern mehrere Lebensphasen stehen im Mittelpunkt! (Hammermann und Stettes 2014, 10).
In der Betrachtung der Konsequenzen der Megatrends erscheinen vor allem drei Themenbereiche bedeutsam (Rump et al., 2014, 17):
- Beschäftigungsfähigkeit bzw. Employability/Wissen und Kompetenzen
- Demografieorientierung/Altersstruktur
- Work-Life-Balance/Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben
In diesem Sinne setzt sich eine nachhaltige Personalpolitik daher mit der Beschäftigungsfähigkeit, der Demografie-Orientierung und der Work-Life-Balance für die MitarbeiterInnen auseinander. Mit dem Begriff „Employability“ werden Faktoren assoziiert, die „… den Menschen dazu befähigen, eine bestehende Beschäftigung zu behalten oder aber eine neue Beschäftigung zu finden. Diese können sowohl innerhalb als auch außerhalb der aktuellen beruflichen Tätigkeit erworben worden sein.“ (Rump und Völker 2007, 4) Als Voraussetzung der Beschäftigungsfähigkeit gilt generell die Arbeitsfähigkeit, die als „die Summe von Faktoren, die eine Frau oder einen Mann in einer bestimmten Situation in die Lage versetzen, eine gestellte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen“. (Ilmarinen und Tempel 2002, 166) Sie umfasst neben den Arbeitsbedingungen die menschlichen Ressourcen Gesundheit, Ausbil-dung, Kompetenz und Motivation (Ilmarinen und Tempel 2002, 166). Verdeutlicht wird dadurch, dass die Berücksichtigung von Trends sowie die Bewältigung der Konsequenzen mit lebenslangem Lernen und lebenslangem Kompetenzerhalt, lebenslanger Motivation sowie lebenslanger Gesundheit und lebenslangem Wohlbefinden verknüpft werden. In der nachfolgenden Abbildung 9 werden die Lebensverläufe von früher und heute einander gegenübergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Lebensverläufe heute und morgen (Quelle: Blazek et al. 2011, 2)
Die Beschäftigungsfähigkeit impliziert die steigende Bedeutung von Wissen und Kompetenzen, den zunehmenden Bedarf an Fachkräften und die Einbeziehung aller Wissensträger durch Nutzung der Vielfalt. Die Orientierung auf die Demografie bedeutet aus der Sicht einer nachhaltigen Personalpolitik, dass durch eine Verschiebung der Altersstruktur in einem Unternehmen mit einem sinkenden Bestand an Fachkräften sowie einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu rechnen ist. Zur Bewältigung der Konsequenzen des demografischen Wandels sind daher lebenslanges Lernen sowie die lebenslange Erhaltung der Motivation und Gesundheit als Determinanten einer nachhaltigen Personalpolitik essentiell. Unter Berücksichtigung der Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist jedenfalls davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Lebensphasen bei der Gestaltung der Personalpolitik zu berücksichtigen sein wird. Um Nachhaltigkeit zu schaffen, müssen Maßnahmen getroffen werden, „die nicht zuletzt zu einer Entzerrung des Lebensstaus und einer Auflösung der Rush Hour des Berufslebens beiträgt“ (Rump et al., 2014, 19).
Diese Vorgehensweise kann gewährleisten, dass Motivation und Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen erhalten bleiben und sich nicht aufgrund permanenter Überlastung reduzieren, „sondern auch über einen verlängerten Erwerbslebenszyklus hinweg in allen Lebensphasen Bestand haben und sich weiter entfalten können“ (Rump et al., 2014, 19).
Als weiterer wesentlicher Aspekt gilt in diesem Zusammenhang die Work-Life-Balance, die vor allem die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben betont. Prinzipiell ist mit dem Begriff „Work-Life-Balance“ der Ausgleich zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben gemeint, wobei unterstellt wird, dass im Bereich der beruflichen Tätigkeit vorwiegend Belastungen herrschen und im Privatbereich eher Erholung vorzufinden ist. Trotzdem sind diese Angaben kritisch zu sehen, da beispielsweise Frauen noch immer die Hauptverantwortung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tragen. Mit der Auflösung des Lebensstaus sollte also ein entsprechender Zeitgewinn verbunden sein (Rump et al., 2014, 17).
Die Maßnahmen im Sinne einer lebensphasenorientierten Personalpolitik werden in Form von elf Handlungsfeldern berücksichtigt (siehe Abbildung 6), die nachfolgend im Überblick veranschaulicht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Handlungsfelder der lebensphasenorientierten Personalpolitik (Quelle: Blazek et al. 2011, 1)
Personalmarketing und Personalgewinnung
Das Personalmarketing zielt nicht nur auf eine erfolgreiche Positionierung des Unternehmens als attraktiver ArbeitgeberIn ab, sondern auch auf den Einsatz von Rekrutierungsmaßnahmen, um geeignete MitarbeiterInnen für die Organisation gewinnen zu können. Berücksichtigt werden muss dabei, dass die „Arbeitsplatzanforderungen von Älteren, Frauen und Personen mit Migrationshintergrund … aufgrund unterschiedlicher Präferenzen und Erfahrungen in der Erwerbsbiografie von denen jener Bewerber abweichen [können], die bislang eher im Fokus standen“ (Hammermann und Stettes 2014, 13). Folglich sind Organisationen gefordert, BewerberInnen anzusprechen, die nicht den bisherigen Standards entsprechen. Gemeint ist damit, verstärkt auch weiblichen, älteren und Personen mit Migrationshintergrund Aufmerksamkeit zu schenken.
Arbeitsorganisation und Arbeitszeit
In Bezug auf die Arbeitsorganisation und die Arbeitszeit werden flexible Arbeitszeitregelungen, Lebensarbeitszeitkonten und flexible Arbeitsmethoden wie z. B. Homeoffice in Betracht gezogen. Durch derartige Maßnahmen kann eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die MitarbeiterInnen gewährleistet werden. Darüber hinaus können auch individuelle Lebensphasen von den MitarbeiterInnen besser überbrückt werden (Blazek et al. 2011, 3–6).
Leistungsmanagement und Vergütung
Da grundsätzlich vor allem nach dem Senioritätsprinzip entlohnt wird, sollen hier Maßnahmen geschaffen werden, die auch für jüngere MitarbeiterInnen Anreize schaffen, ihre Fähigkeiten bestmöglich im Unternehmen einzusetzen bzw. im Unternehmen zu verbleiben. „Damit wird auch der Umstand berücksichtigt, dass flexible Formen der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeiten eher einer Output- und zielorientierten Vergütungsform bedürfen, um das MitarbeiterInnenverhalten in Richtung der Unternehmensziele zu lenken“ (Hammermann und Stettes 2014, 14).
Karriere- und Laufbahnplanung
Im Speziellen sollen bei der Laufbahnplanung die jeweiligen Lebensphasen der MitarbeiterInnen Berücksichtigung finden, um deren Individualisierung zu fördern. Als Maßnahmen kommen Potenzialanalysen und Beratungsprogramme zum Einsatz (Blazek et al. 2011, 3–6).
Wissensmanagement
Um zu gewährleisten, dass vorhandenes Wissen im Speziellen bei älteren MitarbeiterInnen für das Unternehmen erhalten bleibt, sind altersheterogene Gruppen ein bewährtes Mittel, um die Stärken der jüngeren und älteren Beschäftigten zu nutzen. Angedacht werden in diesem Zusammenhang auch die Implementierung eines Ideenmanagements, Weiterbildungsbörsen sowie Weiterbildungskaskaden (Blazek et al. 2011, 3–6; Hammermann und Stettes 2014, 16).
Gesundheitsmanagement
Durch dieses Handlungsfeld kommt die bereits angesprochene Employability zum Tragen. Unternehmen sollen ihre MitarbeiterInnen dabei unterstützen, gesundheitsfördernde Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Beschäftigungsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Denkbar sind hier eine gesundheitsförderliche Arbeitsplatzgestaltung, die Durchführung von Gesundheitsprogrammen und die Einrichtung von Gesundheitszirkeln, um Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz zu vermeiden (Blazek et al. 2011, 3–6; Hammermann und Stettes 2014, 15).
Qualifizierung und Training
Die verschiedenen Lebensphasen bedeuten auch eine Anpassung an neue berufliche Herausforderungen der MitarbeiterInnen. Die Maßnahmensetzung sollte sich daher auf eine lernförderliche Arbeitsumgebung, auf Höherqualifizierungen zur Vermeidung von Engpässen und Schulungsmaßnahmen von weniger qualifizierten MitarbeiterInnen beziehen. Dabei muss im Besonderen die Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen gefördert werden; darüber hinaus sollten entsprechende Qualifizierungsgespräche angeboten werden (Blazek et al. 2011, 3–6; Hammermann und Stettes 2014, 15 f.).
Austritts- und Übergangsmanagement
Der angesprochene Wissenserhalt steht in engem Zusammenhang mit einem geplanten Austritts- und Übergangsmanagement älterer MitarbeiterInnen. „Dazu sollten die Betriebe frühzeitig und systematisch die Nachfolge für Schlüsselpositionen planen und zudem Arbeitszeitmodelle entwickeln, die den Wünschen älterer Belegschaftsangehöriger nach einer individualisierten Arbeitszeitgestaltung zum Ende des Erwerbslebens nachkommen“ (Hammermann und Stettes 2014, 16).
Die genannten Handlungsfelder der lebensphasenorientierten Personalpolitik werden teilweise in der empirischen Analyse der Arbeit berücksichtigt.
Da im Mittelpunkt der gegenständlichen Arbeit die Faktoren der lebensphasenorientierten Personalentwicklung stehen, werden in diesem Zusammenhang vor allem die Konstrukte
- Qualifizierung und Training
- Karriere- und Laufbahnplanung
- sowie betriebliche Weiterbildung generell
in den Fokus der Erarbeitung und Erkenntnisgewinnung gestellt.
Anschließend an die Handlungsfelder von Blazek et al. (2011) zeigt die untenstehende Graphik das gesamtheitliche Konzept der Lebensphasenorientierten Personalpolitik. Dieses Konzept gleicht die Berufsphasen und die Lebensphasen miteinander ab und entwickelt aufgrund dessen mitarbeiterindividuelle Handlungsfelder.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Das Konzept der Lebensphasenorientierten Personalpolitik (Quelle: Rump, Eilers, 214, 21)
Private Ereignisse, wie sie in Abbildung 10 zu sehen sind, beeinflussen nicht nur das persönliche Umfeld, sondern können auch Herausforderungen für den Betrieb darstellen. Sollten beispielsweise eine Krankheit im Familienkreis oder ein traumatisches Ereignis die Situation im familiären Kontext prägen, so wird sich dies auch auf die Leistungsfähigkeit und Motivation am Arbeitsplatz auswirken. Somit besteht ein bereits in Abschnitt 2.5 erläuterter Zusammenhang zwischen den Lebens- und Berufsphasen; eine Abgrenzung der Phasen ist dann nicht immer möglich. Hier ist es dann im weiteren Verlauf wichtig, die Handlungsfelder zu erkennen und diese auf die individuelle Situation angepasst einzusetzen, was bedeutet, dass berufliche Werdegänge nicht immer nach einem Standard- Modell ablaufen sollten und auch die Führung und Weiterentwicklung von MitarbeiterInnen einen sehr individuellen Ansatz benötigt, bei dem die private Situation miteinbezogen wird. Hierfür ist wichtig, das Konzept in die Unternehmens- und Führungskultur zu integrieren, wo die wirtschaftlichen Ziele und Bedürfnisse sowie Wünsche der MitarbeiterInnen gleichwertig behandelt werden (Rump, Eilers, 214, 21).
2.7 Lebensphasenorientierte Personalentwicklung im Kontext der betrieblichen Weiterbildung
Wie aufgezeigt wurde, ist zu erwarten, dass zukünftig komplexere Aufgabenstellungen mit weniger Fachkräften und vor allem weniger jüngerem Personal zu bewältigen sein werden. Diese Entwicklungen verstärken den Bedarf an kontinuierlicher Weiterbildung der bestehenden ArbeitnehmerInnen. Die wesentlichen Aufgaben der Personalentwicklung werden es daher sein, alle Mitarbeitenden für zukünftige Anforderungen des Arbeitsbereichs zu qualifizieren (Rose 2019, 28-30). Als zentrale Aufgabe der Personalentwicklung wird die Personalbildung1 angesehen, die in Aus-, Fort- und Weiterbildung differenziert werden kann (Bröckermann 2016, 309). Dabei bezeichnen im engeren Sinn die Begrifflichkeiten „Ausbildung eine neue Qualifizierung, Fortbildung eine weiterführende Qualifizierung innerhalb des Berufsfelds und Weiterbildung eine Qualifizierung außerhalb der ursprünglichen Basisqualifikation“ (Lindner-Lohmann, Lohmann und Schirmer 2016, 155).
Darüber hinaus ist die Personalentwicklung verantwortlich dafür, neuen Mitarbeitenden attraktive Karrierechancen zu bieten und durch entsprechende Weiterbildungsangebote professionelle Unterstützung zur Weiterentwicklung zu offerieren (Holtbrügge 2018, 133 f.).
2.7.1 Betriebliche Weiterbildung und Personalentwicklung
Prinzipiell hat die betriebliche Weiterbildung ausgehend von den USA seit den 1960er Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, wenn es darum geht, die technologischen Entwicklungen, die fortlaufende Wissenserneuerung sowie die stetigen Veränderungen der verschiedenen Aufgabenbereiche zu bewältigen. Wie bereits erwähnt, veranlasst der Mangel an qualifizierten Fachkräften die Organisationen dazu, ihre Mitarbeitenden weiterzubilden. Im Gegensatz zur beruflichen Fortbildung, die die gesamten Aktivitäten an Wissenserwerb bzw. -erweiterung umfasst, bezieht sich die betriebliche Weiterbildung lediglich auf die Lernprozesse, die vom Unternehmen zur Weiterbildung der ArbeitnehmerInnen initiiert werden. Zur betrieblichen Fortbildung zählt auch die Umschulung (Gerlmaier und Latniak 2016, 78 ff.; Gül, Boes und Kämpf 2016, 60 ff.). Die betriebliche Weiterbildung kann neben den internen und externen betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen auch die Maßnahmen der Erwachsenenbildungseinrichtungen wie jene der Volkshochschulen, Einrichtungen der Gewerkschaften, Schulen und Akademien umfassen (Gül, Boes und Kaempf 2016, 145.168).
[...]
1 Diese begriffliche Differenzierung wird hier zwar erläutert, in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht weiter ausgeführt. ‚Betriebliche Weiterbildung‘ wird als Synonym für alle verbundenen Bildungsformen verwendet.
- Citar trabajo
- Lisa Smekal (Autor), 2021, Neue Herausforderungen im Personalmanagement. Lebensphasenorientierte Personalentwicklung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040489
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