I. Definition Stalinismus
- von Stalin entwickelte und zum herrschenden Doktrin des Kommunismus erhobene Ausprägung des Marxismus-Leninismus
- Zentrum: “Aufbau des Sozialismus in einem Lande“ Rasche und gewaltsame Kollektivierung der Landwirtschaft
- seit XX. Parteitag der KpdSU 1956, als Chruschtschow Stalin öffentlich kritisierte, abwertend für den stalinistischen Totalitarismus
- Kennzeichen: willkürliche Unterdrückung der Massen, grotesker Personenkult, „Säuberung“ von Staat und Partei durch Hinrichtungen
- Stalinistisch auch Regime linker Diktatoren, die sich ähnlicher Methoden bedienten, z.B. Kambodscha > Pol Pot, Rumänien > Nicolae Ceausescu, Nordkorea > Kim Il Sung
- In Stalins letzten Lebensjahren einer Staatsregionen immer ähnlicher
- Versuch, die Entwicklung der Künste (sozialistischer Realismus), der Sozialwissenschaften, der Naturwissenschaften, insbesondere der Genetik zu bestimmen
- Stalinismus beruht auf der Annahme, dass der Aufbau des „Sozialismus in einem Land“ ungeachtet der umgebenden feindlichen kapitalistischen Länder möglich sei Ø russ. Kommunisten konnten an den russ. Nationalstolz appellieren
- von Revolutionären in anderen Ländern erwartet, notfalls für die Verteidigung des
„Vaterlandes aller Werktätigen“ zur Verfügung zu stehen
II. Die Rahmenbedingungen
- innere Entwicklung Polens nach 2.WK vor dem Hintergrund der Teilung Europas während des „Kalten Krieges“ gesehen werden
- „Anit-Hitler-Koaltion“ zerbrach bald nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland
- machtpolitische Gegensätze ausschlaggebend
- Jalta: Wiederherstellung der Souveränität und der Selbstregierung für alle europ. Staaten gefordert (Westmächte)
- SU errichtet in allen von Roten Armee eroberten Gebieten kommunist. Regime, die in Abhängigkeit von Moskau standen
- Polen: einer der ersten Staaten, denen die UdSSR das Selbstbestimmungsrecht vorenthielt
- Versuch poln. Kommunisten mit Unterstützung der Sowjetarmee, eine totalitäre Diktatur nach Moskauer Vorbild zu errichte
- Kennzeichen:
- Säuberung aller Bereiche des öffentlichen Lebens von demokratischen Elementen und Gleichschaltung
- Verbot demokratischer, nichtkommunistischer Parteien, bzw. zur Unterordnung unter den Führungsanspruch der KP gezwungen
- Umstellung der Wirtschaft auf zentral gelenkte Planwirtschaft
- Enteignung von Landbesitz und Privateigentum und Zwangskollektivierung
- Stimmung der polnischen Bevölkerung:
- Wunsch nach demokrat. und offener Gesellschaftsordnung
- Tief verwurzeltes Bewußtsein der kulturellen und zivilisatorischen Zugehörigkeit zu Westeuropa
- Historisch bedingte breite Ablehnung des Kommunismus und des Bündnisses mit der Sowjetunion
- Tiefe Verwurzelung der katholische Kirche im poln. Volk als bewährte Verteidigerin nationalen Selbstbewußtseins
- Unterdrückung jedes äußeren Zeichens einer Opposition durch Terror, mit Hilfe der
Demokratie, des Geheimdienstes, Polizeiapparates und Militärs
- Kommunisten konnten nie das sowjetische Herrschaftsmodell des „realen Sozialismus“ in Polen vollständig verwirklichen
- Genannte Faktoren zwangen in Krisenzeiten zur Rücksichtnahme
III. Reaktion der Westmächte
- rasch anwachsende Bedrohungsgefühle
- März 1946: „Eiserner Vorhang“, geprägt durch Winston Churchill, charakterisiert die Rivalität der gegensätzlichen politischen Systeme
- Zur Verhinderung eines weiteren Vordringens des Kommunismus: „Politik der Eindämmung“ durch Westmächte unter Führung der USA
- Verschärfung des Konfliktes, kaum Verständigung unter Bedingungen des „Kalten Krieges“ möglich
- Auch Gegensatz zwischen Bundesrepublik und der Volksrepublik Polen
IV. Zeit der kommunistischen Machtergreifung (1945-1947)
- Befreiung Polens begann kurz nach Einmarsch der Alliierten in Frankreich im Juli 1944
- Juni, Juli, August: Reihe von vernichtenden Niederlagen an der Ostfront durch die rote Armee
- Bis September: Rote Armee mit Unterstützung von Kontingenten poln. Truppen bis auf poln. Gebiet vorgerückt
- August 1944: Polnische Heimatarmee übernahm die Hauptstadt Warschau, löste auf
Veranlassung der Londoner Exilregierung den 2. Warschauer Aufstand aus
- Sowjets aber nicht im Stande oder nicht willens, den Aufstand zu unterstützen
- Oktober. Einnahme der Stadt durch die Deutschen, Evakuierung der Bevölkerung,
Zerstörung
- Januar 1945: Ruinenstadt von Roter Armee eingenommen
- März: Vertreibung der letzten deutsche Truppen aus dem Land
- Juli 1944: sowjet. Führung hatte die Bildung des poln. Nationalen Befreiungskomitees unterstützt, deutlich kommunistisch dominiert
- Auch „Lubliner Komitee“ genannt
- Dezember 1944: Gremium rief sich zur poln. Regierung aus
- Nach mehreren Versuchen gelang die Versöhnung zwischen der Londoner Exilregierung und dem Lubliner Komitee
- Poln. Bevölkerung wollte weder eine kommunistische Regierung noch eine von der SU abhängige „Volksrepublik“ als Staatsform
- Allmähliche Machtübernahme durch Kommunisten nicht ohne Widerstand hingenommen
> bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen
- 28.Juni 1945: „Provisorische Regierung der Nationalen Einheit“, +einige Exilpolitiker
- Regierung von GB und USA im Folgemonat anerkannt, nachdem SU auf Konferenz von Jalta freie Wahlen für Polen zugesagt hatte
- An Spitze der Regierung Bierut als Staatspräsident und Osóbka-Morawski als
Ministerpräsident
- Mit bürgerlich-demokratischer Opposition konfrontiert
- bestand im wesentlichen aus der von dem nach Polen zurückgekehrten Exilpolitiker Mikolajczyk gegründeten „Polnischen Volkspartei“ (PSL)
- trat für freie und geheime Wahlen und Errichtung einer parlamentarischen Regierung ein Ø aufgrund ihrer antikommunistischen Politik anfangs großer Zulauf von seiten der Bauernschaft und Intelligenz
- Behinderung der Arbeit, Verfolgung der Anhänger mit Terror und Schikanen Ø Viele Polen traten aus Angst vor Repressalien der KP bei
- Regierung schürt Angst vor Deutschen und diffamiert die PSL als Verbündete des deutschen Revisionismus
- Gleichzeitig: Rechtfertigung der eigenen Herrschaft und des Bündnisses mit der SU als Schützerin der neuen polnischen Westgrenze
- 19.Januar 1947: hinausgezögerte Parlamentswahlen enden mit überwältigendem Sieg des von den Kommunisten geführten „Demokratischen Blocks“
- ausländische Beobachter: Stimmenanteil der PSL 60%
- Block erhielt 394 von 444 Mandaten
- Ergebnis mit Terror, Manipulationen und Verhaftungen herbeigeführt
- 5.Februar: Verfassungsgebende Nationalversammlung wählt Bierut zum
Staatspräsidenten
- ein wesentlicher Schritt zur Eingliederung Polens in das sowjetische Herrschaftssytem war damit vollzogen
V. Von der Sowjetisierung Polens bis zum „ polnischen Oktober “ (1947-1956)
- Umstrukturierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne einer
möglichst getreuen ideologischen und institutionellen Übereinstimmung mit dem stalinistischen sowjetischen Vorbild
a) politische Umstrukturierung
- Nach Wahlen: PSL durch Verhaftungswelle bis zur Bedeutungslosigkeit dezimiert
- Mikolajczyk resignierte nach Androhung eines Hochverratsprozesses und floh im
Oktober ins Ausland
- Innerhalb der KP Machtkampf:
- „Moskauer“ unter Bierut setzten sich gegen die „Partisanen“ unter Gomulka durch Ø waren während der deutsche Besatzungszeit im Land verblieben Ø waren für polnischen „nationalen Weg zum Sozialismus“ und Beibehaltung des Privateigentums (Nationalkommunisten)
- als „Bourgeois“ diffamiert und aus der KpdSU ausgeschlossen Ø Gomulka abgesetzt und 1951-1954 inhaftiert
- Säuberung der Sozialisten (PSS) von bürgerlichen Elementen
- 21.Dezember 1948: Vereinigung der Sozialistischen Partei mit der Kommunistischen
Partei zur „Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei“ (PZPR)
b) Umstrukturierung der Verwaltung
- wichtige Positionen mit den Sowjets ergebenen Vertrauensleuten besetzt - 1949: sowjet. Marschall Konstantin Rokosovskij wird Oberbefehlshaber der polnischen
Streitkräfte, entfernt nationale Element und strukturiert sie nach dem Vorbild der Roten Armee um
- Höhepunkt der Sowjetisierung: 22.Juli 1952 neue Verfassung, die alle Macht im Staat der
PZPR übertrug
- Grundprinzip: Aufhebung der Gewaltenteilung innerhalb des gesamten Staatslebens
- Bildung und Kontrolle der Regierung oblag der Nationalversammlung, aber nur die
Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros der PZPR für alle Staatsorgane verbindlich
c) wirtschaftliche Umstrukturierung
- 1947-1956 Industrialisierung, Kollektivierung der Landwirtschaft, Verstaatlichung der
Betriebe
- verschärfte die negativen Folgen der Kriegszerstörung, der sowjet. Demontage und der durch die Westverschiebung Polens ausgelösten Wanderungen der Bevölkerung Ø zunehmende Versorgungsschwierigkeiten durch die einseitige Bevorzugung der Schwerindustrie bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Landwirtschaft und der konsumgüterproduktion
- Lebensmittelimporte aus SU, die an die Bevölkerung nur rationiert weitergegeben wurden
- Unzufriedenheit der Menschen wächst > Machtanspruch der Parteiführung nur noch durch
Terror und Repressalien durchsetzbar
- Februar 1956: Rede auf XX. Parteitag: kritisiert die Auswüchse des Stalinismus
- Juni 1956: während Internationaler Messe Ausbruch eines Streiks unter Fabrikarbeitern gegen Arbeitsnormerhöhungen, Lohnsenkungen und Versorgungsmängel
- Führte zu einem politischen Aufstand mit anitsowjetischer Tendenz
- Durch Einsatz von Truppen niedergeschlagen
- Neue Machtkämpfe in der PZPR führen zum Wiedererstarken der Nationalkommunisten, die im Juli 1956 die Rehabilitierung Gomulkas und dessen Wiederwahl in das Politbüros erzwangen
- Begeistert von Bevölkerung aufgenommen
- Gomulkas Programm eines „polnischen Weges zum Sozialismus“ hat genügend Anziehungskraft, um den Auflösungserscheinungen im öffentlichen Leben entgegenzuwirken
- Gomulka gelang die Überzeugung der sowjetischen Führung, das mit dem Programm weder eine Konterrevolution noch eine Gefahr für den 1 Jahr zuvor gegründeten Warschauer Pakt bestehe
- Blutvergießen durch Rote Armee verhindert, Weg frei für Reformen:
- vorsichtiger Kurs zwischen fester Einbettung ins sowjetisch-sozialistische Lager und den nationalistischen Gefühlen der Polen
- Bei Wahlen 1957 auch Nichtkommunisten und unabhängige zugelassen
VI. Konflikt zwischen Staat und Kirche
- bedeutende Rolle im religiösen, aber auch politischen, kulturellen und sozialen Leben Polens
- Verkörperte Einheit des Landes zur Zeit der Fremdherrschaft, da verschiedene Konfessionen
- katholische Kirche = Nationalbewußtsein und Zugehörigkeit > Rolle einer nationalen Ideologie
- Kirche während kommunist. Herrschaft zum Hort des Widerstandes gegen die atheistische
Ideologie des Marxismus-Leninismus und gegen die als russische Fremdherrschaft empfundene kommunistische Regierung
- 1949: massive Unterdrückungsmaßnahmen > Enteignung von katholischen Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten und des gesamten Grundbesitzes
- 1953: Treueeid der Priester,sonst Freiheitsstrafen
Primas von Polen, Kardinal Wyszynski, interniert nauch Kritik an Schauprozessen gegen Priester
- des Klerus in Haft
- Selbstbewußtsein der Kirch bleibt ungebrochen
- Keine Verbietung der öffentlichen Ausübung der Religion
- Kirchliche Verlage konnten Schriften verbreiten, Religionsunterricht, Weiterbestand der Orden, öffentliche Gottesdienste, Wallfahrten und Prozessionen
- Stärkung der Stellung der Kirche durch gleich politische Linie wie Kommunisten in Frage der „wiedergewonnenen Westgebiete“
- Wichtiger Faktor bei Integration der Oder-Neiße-Linie durch nationalpolnische Haltung
- Organisation des kirchlichen Lebens für Neueinwanderer
- Arbeit zitieren
- Jana Beer (Autor:in), 2001, Stalinismus in Polen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103511
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