Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Schaedelsche Erbbegräbnisse in Ohrdruf.
Die Besonderheit der Schaedelschen Familiengruft betont erstmals Paul Weber in seinem „Führer furch Ohrdruf“ 1916: „Die im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert sehr beliebten Familien-Grabkapellen sind nur in einem Beispiele vertreten: Dem Schädel’schen Erbbegräbnis, an der Ostmauer.“ [...]
[...] Das Baumaterial – gelber Sandstein scheint heimischer Provenienz zu sein. Das Grabgewölbe hat die Form eines klassizistischen dreiachsigen antikisierenden Tempelchens mit einer säulengetragenen Vorhalle aus korinthischen Säulen und ebensolchen Kapitellen, Architrav, Fries und Dreiecksgiebel. Die Auswahl der korinthischen Säulenordnung kommt nicht von ungefähr. Durch den Bau korinthischer Tempel konnten Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit demonstriert werden. An Stelle des Schmuckfrieses finden sich hier links und rechts außen die teilweise erhaltenen Inschriften der Gruftanlage. Drei halbrunde Zugänge führen in das Innere.
Der Innenraum ist ungeteilt und enthielt ursprünglich hinter drei geteilten wohl offenen Eisentoren die Grabsteine der Schaedels und Göhrings. Die eigentliche Gruft befindet sich unterhalb. Über ihre heutige Situation ist nichts bekannt. Vermutlich sind die Gewölbe noch erhalten. Darin dürften sich die originalen Begräbnisse befinden. [...]"
Architektur- und Kulturhistorische Bedeutung des ehemaligen
Schaedelschen Erbbegräbnisses in Ohrdruf
Standort: Alter Friedhof / „Stadtpark“ zwischen Lindenau- bzw. Adolf-Schauder-Straße und Bahnhofstraße; östlich begrenzt durch die mittelalterliche Stadtmauer
Zum Friedhof:
„[…] Das Gelände zwischen Stadtmauer, Bahnhof- und Adolf-Schauder-Straße wurde nach der Verlegung des Friedhofes von der St. Michaeliskirche nach 1577 für mehr als 300 Jahre zum Ort des stillen und letzten Gedenkens. Bis zum August 1933 wurden hier 47.795 Menschen bestattet, ehe am 31. August 1933 der neue Friedhof in der Hohenkirchener Straße übergeben wurde.“ (1)
Die Besonderheit der Schaedelschen Familiengruft betont erstmals Paul Weber in seinem „Führer furch Ohrdruf“ 1916: „Die im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert sehr beliebten Familien-Grabkapellen sind nur in einem Beispiele vertreten: Dem Schädel’schen Erbbegräbnis, an der Ostmauer.“ (2)
Die „Friedhofsakte Ohrdruf“ im Stadtarchiv Ohrdruf (Sign. ?) beschreibt auf Seite 36 als achtzehntes Stück das „Erbbegräbniss [sic!] der Familie Schaedel“. Es ist eine Objekt- und Zustandsbeschreibung vermutlich der späten 1930er Jahre:
„Ein kreuzender Weg richtet unsern Blick nach rechts, auf ein griechisch, tempelartiges Familiengrab, an der Ostmauer, drei Rundbogeneingänge, versehen mit Eisentoren, welche in der Mitte geteilt, Tore sind auf Grund des Vierjahresplanes von 1937 entfernt, das vorstehende Dach wird von vier Säulen getragen.
Auf der Stirnseite ist eingehauen:
links: Erbbegräbniß Familie F. W. Schaedel
rechts: Erbbegräbniß Familie J. Ch… ---?? (Rest abgeblättert)
Diese Grabstätte wird von der Familie Schaedel nicht mehr benutzt. Angebracht sind an der Wand, die Grabtafel Hauptmann Göring, die andere Tafel verzeichnet die Familien Barthel, Bachoff und Schaedel. Die andern Reliefs sind zugesetzt 1938 […].“ (3)
Der Grabstein von Johann Gottfried Heinrich Göhring ist in den 1970er Jahren vom alten Friedhof geborgen worden und befindet sich heute im Museum Schloss Ehrenstein (vor der Instandsetzung aufgestellt in der westlichen Torfahrt).
Das „Sterbebuch von St. Trinitatis 1842-1862“ vermerkt 1849: „Herr Johann Gottfried Heinrich Göhring Königlich Niederländischer Hauptmann, ausser Diensten, ein Wittwer [sic!], [gest.] 14. August [begr.] 17. […] August. Auf hiesigem Gottesacker, mit einer Rede an der Gruft 76 J. 1 M. 6 T. Stronogurie“ (4)
Dies ist die erstmalige Nennung des Gebäudes. In der nachmaligen Danksagung fehlt dieser Hinweis. Die Ohrdrufer Wöchentlichen Anzeigen bemerken hierzu in einer Danksagung der Göhringschen Familie: „Dank. Die unserm theuern Entschlafenen bei Lebzeiten von allen Seiten gezollte Achtung und Liebe hat sich auch in dessen letzten Lebens= und Leidenstagen und bei der Beerdigung kund gegeben. Eine so große und herzliche Theilnahme hat uns tief bewegt und wir fühlen uns gedrungen, verehrten Gönnern, Freunden und Nachbarn, insbesondere auch den beiden wohllöblichen Corps der Bürgergarde und der Wehrmannschaft allhier unsern herzlichen und aufrichtigen Dank dafür auszusprechen. Ohrdruf, den 22. August 1849. Andreas Göring. Martha Göring.“(5)
Demzufolge war das Erbbegräbnis 1849 zum Tode Göhrings bereits vollendet. Bei Lehfeldt findet es 1891 aufgrund seines damals jungen Alters keinerlei Erwähnung. Dieser erwähnt allerdings den seinerzeit großen Reichtum an „verhältnismässig […] älteren, wegen der hier begrabenen Persönlichkeiten bemerkenswerthen Grabmälern, welche zum Theil auch künstlerisch, bezw. stilistisch oder kalligaphisch hervorragen. (6) Heute ist das Schaedelsche Erbbegräbnis das letzte Relikt, das vor Ort an die historische Entwicklung des Funeralwesens in Ohrdruf erinnert. Nur einige der bei Lehfeldt skizzierten Grabdenkmäler konnten bis in die 1970er Jahre geborgen werden und sind heute im Museum Schloss Ehrenstein zu besichtigen.
Da es in den Archivalien und der Sekundärliteratur keinerlei konkretere Baubeschreibungen und –datierungen gibt, kann man die genaue Entstehung des Erbbegräbnisses nur schätzen. Hilfreich bei sind die Aufzeichnungen von Carl W. Jacobs (+1988) aus dem Archiv der Schleswig-Thüringischen Familie Jacobs:
„Am 26. Januar 1851 verheiratete sich mein Grossvater [gemeint ist Carl Theodor August Victor Jacobs, d. Verf.] in seinem 28. Lebensjahr mit Wilhelmine Charlotte Schaedel, einer der 4 Töchter des Kaufmanns (Knopffabrik) Friedr. Wilhelm Schaedel in Ohrdruf. […]
Vom Urgrossvater Schaedel schreibt mein Vater noch: ‚er war ein kluger Kopf und machte auch Gedichte, die er in der Ohrdrufer Zeitung veröffentlichte. Einmal war er aber schwer hereingefallen mit einem Spottgedicht auf einen Geistlichen. Der Spass kostete ihn 500 Mark. (Letzteres wirft ja nun kein gutes Licht auf die Gesinnung meines Urgrossvaters) Er war der Begründer der Knopfindustrie in Ohrdruf und der Erbauer eines Erbbegräbnisses (Grabgewölbe) zusammen mit einem Hauptmann Göring.’
Zu dem Erbbegräbnis, das ich auch als Junge gesehen habe, ist zu bemerken, dass der Urgrossvater Jacobs (1857) darin nicht beigesetzt wurde, da es in erster Linie doch wohl, nach Ansicht meines Vaters, für die Familie Schaedel bestimmt war. Der einzige Bruder meines Vaters, der als 5jähriger Junge starb, wurde jedoch darin beigesetzt. […]“ (7)
Das Gebäude muss demnach 1849 – noch vor dem Tode Göhrings errichtet worden sein. Bauherr war neben Göhring der erwähnte Johann Heinrich Wilhelm Schaedel (1781-1855), genannt Friedrich Wilhelm. 1823 erhielt er die Funktion eines Gemeindevormunds und Unterkämmerers. Auf ihn – den Posamentier, Kauf- und Handelsmann - geht die Einführung der Knopffabrikation zurück.
Das Baumaterial – gelber Sandstein scheint heimischer Provenienz zu sein. Das Grabgewölbe hat die Form eines klassizistischen dreiachsigen antikisierenden Tempelchens mit einer säulengetragenen Vorhalle aus korinthischen Säulen und ebensolchen Kapitellen, Architrav, Fries und Dreiecksgiebel. Die Auswahl der korinthischen Säulenordnung kommt nicht von ungefähr. Durch den Bau korinthischer Tempel konnten Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit demonstriert werden. (8) An Stelle des Schmuckfrieses finden sich hier links und rechts außen die teilweise erhaltenen Inschriften der Gruftanlage. Drei halbrunde Zugänge führen in das Innere.
Der Innenraum ist ungeteilt und enthielt ursprünglich hinter drei geteilten wohl offenen Eisentoren die Grabsteine der Schaedels und Göhrings. Die eigentliche Gruft befindet sich unterhalb. Über ihre heutige Situation ist nichts bekannt. Vermutlich sind die Gewölbe noch erhalten. Darin dürften sich die originalen Begräbnisse befinden.
Folgende sechs Personen aus der Schaedelschen Familie sind zweifelsfrei im Erbbegräbnis beigesetzt:
1. Otto Barthels *29.11.1852 + Ohrdruf 26.12.1852 (Sohn von Virginie Schaedel und Wilhelm Robert Barthels)
2. Johann Heinrich Wilhelm Schaedel genannt Friedrich Wilhelm *Ohrdruf 21.01.1781 + Ohrdruf 27.05.1855
3. Wilhelm Christian Bachof, Kaufmann in Suhl, Knopffabrikant in Ohrdruf, erster Ehemann von Caroline Schaedel (1816-1902) - *Erfurt 22.05.1802 + Ohrdruf23.03.1855
4. Rudolph Jacobs *07.09.1852 +27.05.1857
5. Johanne Margarethe Marie Henriette Schaedel geborene Meisel genannt Johanne Catherine *Arnstadt 28.03.1791 + Ohrdruf 21.11.1867
6. Otto Hess *Ohrdruf 25.04.1866 + Ohrdruf 17.04.1868 (Sohn Aurora Schaedels aus der Ehe mit dem Lehrer am Ohrdrufer Gymnasium Johann Georg Hess)
Allerdings irrt Rudolf W. L. Jacobs hinsichtlich seiner Datierung der Gruft auf das Jahr 1852, denn das Erbbegräbnis wurde 1849 erstmals durch die Göhrings benutzt und vorab zu Lebzeiten Friedrich Wilhelm Schädels und Johann Gottfried Heinrich Göhrings errichtet. (9)
Von den Gruftbegräbnissen gibt es heute noch zahlreiche auf dem alten Friedhof. In seinem Aufsatz über „Alte Nachrichten von Ohrdruf und seinen Gebäuden“ bemerkt Superintendent Ernst Krügelstein hierzu im 19. Jahrhundert: „Alle diese Grabgewölbe wurden mit Rasen bedeckt u. soweit die irdischen Ueberreste ungestört gelassen“. (10) Diese acht Gruftgewölbe befanden sich in der bis 1840 inmitten des Friedhofs gelegenen Gottesackerkirche. Nach ihrem Abbruch und Verkauf nach Wechmar blieben die Gruftgewölbe in situ erhalten, während die Deckplatten zu den Gräbern auf dem Friedhof gebracht wurden bzw. an den Mauern befestigt wurden.
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- Arbeit zitieren
- Hartmut Ellrich (Autor:in), 2012, Schaedelsche Erbbegräbnisse in Ohrdruf. Architektur- und kulturhistorische Bedeutung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1031992
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