Die Evolution in der Vorstellung der Menschen über das Weltall
Der Aufbau des Weltalls ist heute kein Geheimnis mehr. Durch intensive Forschungen - besonders in den letzten Jahren - können wir uns ein genaues Bild von ihm machen. Doch wem ist es zu verdanken, dass man bald dabei sein wird, die Erkenntnisse über unser Sonnensystem und die Planeten zu vervollkommnen? Sind es die Teleskope, die Tag für Tag den Himmel beobachten? Oder die Satelliten, welche pausenlos Informationen zur Erde senden?
Sicher, beide tragen dazu bei, dass sich unser Wissen über das Weltall enorm erweitert hat, doch ich glaube, es ist dem Forschergeist und der Neugier des Menschen zu verdanken, dass wir heute über diesen Wissensstatus verfügen. In meiner Belegarbeit möchte ich die Schritte der Evolution in der Vorstellung der Menschen über das Weltall darlegen.
Um die Entwicklung der Astronomie zu beschreiben, muss man schon sehr weit in der Geschichte zurückgehen, da ihre Wurzeln bis in die Zeit der Maya-Kultur zu verfolgen sind. Die Mayas waren ein für die damalige Zeit hochentwickeltes Volk. Sie erkannten, dass die Sterne des nächtlichen Himmels auffällige Gruppierungen bildeten. Diesen Gebilden gaben die Babylonier und Griechen später Namen aus ihrer Sagen- und Tierwelt. So entstanden die Sternbilder. Außerdem konnten die Mayas feststellen, dass die Sichtbarkeit einiger Sternbilder jahreszeitlich gebunden ist. Diese Erkenntnisse wurden für ihre Kalender genutzt, die aber mit dem Untergang der Maya-Kultur fast vollständig in Vergessenheit gerieten. Nur noch die Bauten und Reliefzeichnungen zeugen heute von dem hohen Wissensstand der Mayas in der Erforschung des Weltalls.
Den Nachthimmel zu erforschen, war auch eine Beschäftigung der Babylonier. Doch ihnen genügte nicht allein die Beobachtung, sie wollten gleichzeitig die natürlichen Eigenschaften des Himmels bestimmen. In der Wölbung des Himmelszeltes erblickten sie eine gewaltige Kuppelhalle, an deren Innenseite sie sich die Sterne als goldene Nägel befestigt dachten. Die Erde sollte als etwas aufgewölbte Scheibe in der Mitte der Kuppel ruhen. Heute kommt einem diese Vorstellung etwas absurd vor, doch muss man bedenken, dass die Erforschung des Weltraums gerade erst begonnen hatte. Die Babylonier schlossen ihre Vermutungen aus dem unmittelbaren Eindruck, den der Himmel auf sie machte.
Die indischen Brahmanen dachten sich die Erde als einen halbrunden Hügel, welcher aus dem uferlosen Ozean auftauchte. Die Erde selbst wird durch Säulen aus Elefanten gestützt, wobei die letzteren auf dem Panzer einer riesigen Schildkröte stehen sollten. Die Schildkröte aber schwamm im uferlosen Ozean. Die Unbegrenztheit der Wasserwüsten ging leichter ins Bewusstsein als die Grenzenlosigkeit der Erde. Dies war wohl der Leitgedanke bei diesem Weltbild.
In der Vorstellungswelt der Ägypter wurde die ruhende Erdscheibe von einem Himmelsgewölbe überdacht, das von den Randgebirgen der Erde und vier Pfeilern getragen wurde. Um die Bewegung der Sonne zu erklären, stellten sich die Ägypter vor, dass sie auf einem Boot fahrend das Himmelsgewölbe überquert und dann am Abend von Nut, der Himmelsgöttin, verschlungen wird, um morgens von ihr wieder freigegeben zu werden. Die Beobachtungen des täglichen und jährlichen Laufs der Sonne, der regelmäßigen Wiederkehr der Mondphasen und der Finsternisse nutzten vor allem die Priester, um ihre Macht zu festigen. So wurden z.B. die Sonnenfinsternis als Folge des Zorns der Götter gedeutet.
Viele Völker der Erde erkannten, dass die Sichtbarkeit fast aller Sternbilder jahreszeitlich gebunden war. Jede Zeit des Jahres hatte für sich charakteristische Sternbilder, die dadurch zu Merkmalen des Kalenders wurden. So konnten die Hirten und Bauern an der Stellung der Gestirne ablesen, welche Zeit des Jahres herannahte und welche Arbeiten jeweils zu verrichten waren. Die Sterne wurden somit zu Wegweisern durch den Jahreslauf. Der Lichtwechsel des Mondes ermöglichte die Gliederung des Jahres in kürzere Zeitabschnitte, in Monate (Monde). Seitdem ist die Astronomie mit dem Kalender und der Zeitrechnung eng verschränkt.
Eine andere wichtige Entdeckung des Altertums waren die Planeten. Sie schienen ,lose' zwischen den ,festen' Sternen zu wandeln, so dass man sie auch als Wandelsterne und schließlich, in griechischem Sinne, als Planeten bezeichnete. Damit gab es offenbar zwei Arten von Sternen: solche, die feststehen und deshalb die Fixsterne bildeten und solche, die sich als Planeten unter den Fixsternen bewegten. Insgesamt kannte das Altertum fünf bewegliche Sterne, für die wir heute die lateinischen Bezeichnungen Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn verwenden. Ihnen gleichgestellt waren die Sonne und der Mond, so dass es insgesamt sieben Wandelgestirne gab. Nach ihnen wurden die sieben Tage der Woche benannt, man spricht auch von der Planetenwoche.
Die Bezeichnung der Planeten entstammt der Götterwelt des Altertums. Es wurde ihnen nicht nur der Namen gegeben, sondern auch noch die Eigenschaften der durch sie vertretenen Gottheit. Durch die Gleichsetzung der Planeten mit den Göttern, nahmen sie Einfluss auf das Leben der Menschen.
Die Götter spielten im Altertum schon immer eine große Rolle. Für viele Naturschauspiele konnte man keine Erklärung finden, und so wurden diese als Werk der Götter gedeutet. Man schuf gewissermaßen eine höhere Macht, die die Geschicke auf der Erde lenkte. Der Sitz der Götter wurde an den Himmel verlegt, weil dieser für die Menschen eine besondere Bedeutung hatte. Dies macht verständlich, warum die alten Religionen enge Verknüpfungen mit den Gestirnen aufweisen, so dass man praktisch von einer Sternreligion sprechen kann. Die Astronomie wurde somit zu einer Stütze des Glaubens.
Durch intensive Beobachtungen des Sternenhimmels mit speziell dafür vorgesehenen Messgeräten aus Holz oder Metall konnten die Gelehrten feststellen, dass sich die Planeten gemeinsam mit Sonne und Mond immer durch die gleichen Sternbilder bewegen. Dabei handelte es sich um insgesamt zwölf Gruppen von Sternen, die den Himmel in Gestalt eines Kreises umschließen. Und da unter diesen Sternbildern sieben Gruppen mit Tiernamen vertreten waren, wurde der von ihnen gebildete große Sternkranz als Tierkreis bezeichnet.
Im 6. Jahrhundert v.u.Z. verkündete der Gelehrte Anaximander, ein Schüler des Thales von Milet, die Lehre, dass der Himmel nicht auf der Erdscheibe aufliege, sondern eine Hohlkugel bilde, in deren Mittelpunkt die Erdscheibe schwebend so eingefügt sei, dass sie zur Bewegung keine Möglichkeit hätte.
Mit Thales von Milet begann ganz allgemein die wissenschaftliche Astronomie. Er lebte von 624 bis 546 v.u. Z. in Kleinasien. In der Jugend war er viel gereist und studierte bei den Ägyptern Mathematik und Astronomie. Zurückgekehrt in seine Heimatstadt ging er daran, über die Naturerscheinungen nachzudenken und diese Anschauungen vor seinen Schülern vorzutragen.
Thales lehrte, dass alles Existierende - das gesamte All - Ergebnis natürlicher qualitativer Umwandlungen einer einheitlichen Substanz sei. Doch auch er ging von der Vorstellung aus, die Erde sei flach und würde auf der Oberfläche des Wassers schwimmen. Er dachte sich den Himmel als ein großes Gewölbe, das die Erde und das Wasser umspannt, und die Sterne seien an der Sphäre angeheftet. Hinter der Sphäre befände sich das große Feuer, und die Sonne selbst sei nur eine Öffnung, durch welche das Feuer gesehen wird. Tritt eine Sonnenfinsternis ein, dann ist dieses große Himmelsloch verstopft. Thales von Milet führte auch die Mathematik in die Himmelskunde ein. Indem er die von ägyptischen Priestern erhaltenen astronomischen Kenntnisse vereinigte, konnte er Sonnen- und Mondfinsternisse sehr genau vorausberechnen. Damit hatte er eine neue Richtung in der Astronomie eingeschlagen, denn den Überlieferungen zufolge verzichtete er als erster auf die Hilfe der Götter bei der Erklärung von Naturerscheinungen.
Eine kugelförmige Erde hatte aber auch Thales noch nicht erwähnt. Erstmals tritt ein solcher Gedanke bei Parmenides auf. Doch konnte sich diese Vorstellung erst durchsetzen, als die gleiche Auffassung von Plato zu einem wissenschaftlichen Grundsatz erhoben wurde. Plato lehrte auch die Achsendrehung der Erdkugel und leitet daraus den Wechsel von Tag und Nacht ab.
Ein völlig andere Theorie über das Weltensystem hatte der griechische Philosoph Pythagoras. Er erfand das Monochord, ein altes Gerät zur Untersuchung der Schwingungsverhältnisse von Saiten. Die Erkenntnis, dass die Saitenlängenverhältnisse harmonische Intervalle lieferten, machte er sich zu eigen und versuchte die Bewegung der Gestirne in Zahlenverhältnissen auszudrücken. Die Sonne ging jeden Tag regelmäßig auf und unter, als ob unfehlbare Gesetze ihr Verhalten steuern. Ohne Abweichungen änderten sich auch die Mondphasen. Sind es nicht die Zahlen, die die Bewegungsgesetze aller Körper beherrschen? Sind die Zahlen nicht überhaupt das Wesen aller Dinge? - Dies fragte sich wohl Pythagoras und war davon überzeugt, das Geheimnis des Weltalls gelüftet zu haben. Die Harmonie der Welt wird durch die Zahlen gesteuert. So erhielten diese von Pythagoras und seinen Anhängern, den Pythagoreern, eine besondere Bedeutung.
In der Weiterentwicklung der Zahlentheorie kamen die Menschen allmählich zu dem Schluss, dass keine größte Zahl existierte. Man wollte die Unendlichkeit erforschen und messen, aber es zeigte sich, dass diese den gesunden Menschenverstand auf's Kreuz legte. Dies war auch ein Grund dafür, warum die Zahlentheorie der Pythagoreer kaum Widerhall fand.
Unter den Nachfolgern Pythagoras hatte sich Philolaos einen Namen gemacht. Er war der Meinung, dass die Welt einheitlich sei und sich vom Mittelpunkt aus zu bilden begonnen habe. In der Mitte ordnete Philolaos ein Zentralfeuer an, um das seiner Meinung nach durchsichtige Sphären rotierten, die die Erde und die Planeten sowie die unbeweglichen Sterne trugen. Noch weiter draußen befand sich der Wohnsitz der Götter. Es gab zehn Sphären: die der Erde, der Gegenerde, die Sphäre des Mondes, der Sonne, des Merkur, der Venus, des Mars, des Jupiters und des Saturns; die letzte Sphäre war die der unbeweglichen Sterne.
Die Erde und Gegenerde drehten sich an einem Tag einmal um das Zentralfeuer, welches ein in der Mitte ruhendes Zentrum darstellte. Dabei wendete die Erde dem Zentralfeuer immer die gleiche Seite zu, die durch die Hitze unbewohnbar war. Die Erde und die Gegenerde befanden sich immer auf einer Linie.
Zehn Sphären! Hier zeigte sich die Verehrung vor der Magie der Zahlen. Er war schließlich Pythagoreer. Bei den Zeitgenossen war das System des Philolaos nicht besonders anerkannt, da die Erde im Mittelpunkt des Weltalls stehen sollte. Hier wird klar, warum die Menschen sich gegen die Revolutionierung des Weltbildes sträubten, denn mit Erde stand im Denken der alten Völker auch der Mensch in der Weltmitte, um die sich die mit Sternen besetzte Kugel des Weltalls zu drehen schien. Darüber hinaus sollten alle Vorgänge am Himmel ausschließlich für die menschliche Rasse von göttlichen Wesen geschaffen sein, so dass der Mensch in dieser Welt eine sehr wichtige Stellung einnahm, die er sich von den Göttern zugewiesen dachte. Diese Vorstellung wird auch als das GEOZENTRISCHE WELTBILD bezeichnet, da die Erde im Weltmittelpunkt stand. Es bestimmte Jahrtausende das Denken der Menschen und entsprach ihrem unmittelbaren Empfinden. Würde die Erde nicht mehr im Mittelpunkt stehen, würden auch die Menschen ihre zentrale Stellung verlieren, und das war undenkbar. So konnte sich das geozentrische Weltbild bis ins Mittelalter behaupten.
Indessen bereiteten die Bewegungen der Himmelskörper große Schwierigkeiten. Um sie verständlich zu machen, verband der griechische Gelehrte Aristoteles die Fixsterne, die Sonne und den Mond fest mit kristallenen Schalen oder Sphären, die ineinandergelagert sein sollten und durch ihre Drehung die Bewegung der Gestirne um die Erde vollführten. Genauere Beobachtungen widerlegten aber diese Annahme, denn nach Aristoteles hätten sich alle Gestirne gleichförmig bewegen müssen, was sie aber nicht taten.
Um eine Lösung zu erhalten, musste Aristoteles schließlich 56 Sphären heranziehen. Hätte man die Stellung der Erde richtig erkannt, dann wäre die Bewegung der Gestirne leichter zu analysieren gewesen. Statt dessen nahm man lieber Zuflucht zu völlig unrealen Vorstellungen, die das Weltbild zusätzlich ungemein komplizierten. So muss man anerkennen, dass Phylolaos Weltsystem näher an der Wahrheit lag.
Der Realität noch näher kam Aristarch von Samos wenige Jahrhunderte später. Er lehrte die Drehung der Erdkugel um ihre Achse und gleichzeitig deren Bewegung um die Sonne. Doch auch dieser Gedanke konnte sich nicht durchsetzen, ohne allerdings völlig verloren zu gehen. Etwa um die Mitte des 2. Jahrhunderts machte sich der in Alexandria lebende griechische Astronom Ptolemäus einen Namen, als er sein großes Sammelwerk ALMAGEST verfasste. Darin trug er alles astronomische Wissen seiner Zeit zusammen und beschrieb das geozentrische Weltbild. Dieses Werk kennzeichnete einen gewissen Höhepunkt der griechischen Astronomie und wurde zu einer wichtigen Grundlage für spätere astronomische Berechnungen.
Ptolemäus hatte erkannt, dass die einfachen Kreisbewegungen der Planeten um die Erde die Beobachtungen nicht richtig wiedergaben. Er korrigierte deshalb diese Kreisbewegungen, so dass der Planet innerhalb seiner eigentlichen Bahn noch einen kleineren zweiten Kreis, den s.g. Epizykel, durchläuft, dessen Mittelpunkt sich auf dem Hauptkreis um die Erde bewegt. Durch diese Überlagerung von zwei kreisförmigen Bewegungen konnten die Recht- und Rückläufigkeit der Planeten erklärt werden. Grundlage aller Bewegungen blieb jedoch die Kreisbahn, da der Kreis und die Kugel nun mal die vollkommensten geometrischen Ausdrucksformen waren.
Ptolemäus glaubte, dass eine Urkraft - das Primum mobile - die Bewegung der Gestirne um die ruhend angenommene Erde vorrantrieb und so Tag und Nacht schuf. Durch die befriedigende Übereinstimmung von Theorie und Beobachtung wurden die meisten Zweifel an der Richtigkeit dieses Weltbildes beseitigt. Besonders trugen dazu die ungenauen Messgeräte bei. So ist es auch kein Wunder, dass das ptolemäische Weltbild 1400 Jahre unangetastet blieb. Da aber auch hier die Erde in der Weltmitte stand, revolutionierte es nicht die Weltanschauung, sondern festigte das geozentrische Weltbild.
Im Verlaufe des Mittelalters wurden keine grundlegend neuen Erkenntnisse gewonnen. Die Himmelskundigen sahen ihre Aufgabe im Wesentlichen darin, die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Altertums nach Europa zu übermitteln und zu bewahren. Dabei verloren viele Errungenschaften der Vergangenheit, soweit sie mit dem von Ptolemäus überlieferten geozentrischen Weltbild nicht übereinstimmten, unter dem Einfluss der Kirche an Bedeutung. Um das Jahr 1252 entstand im spanischen Toledo ein bedeutsames Tabellenwerk, die Alfonsinischen Tafeln, an denen spanische, arabische und jüdische Astronomen gearbeitet hatten. Diesem Werk lag das geozentrische Weltbild zu Grunde und galt wegen seiner Genauigkeit als wichtige Stütze des ptolemäischen Systems, welches nun erneut an Bedeutung gewann.
Im 15. Jahrhundert regten sich im Zusammenhang mit der aufkommenden Hochseeschifffahrt immer stärker werdende Bestrebunge n, die astronomischen Hilfsmittel für die Seefahrt zu einer höheren Genauigkeit zu entwickeln. Es wurde damit begonnen, Seekarten anzufertigen, die es gestatteten, die Gestirne zu Ortsbestimmung zu nutzen. Dazu waren genauere Beobachtungen erforderlich, so dass aus dieser praktischen Notwendigkeit heraus der Anlass zu einer neuen Epoche der astronomischen Beobachtungskunst gegeben wurde.
Dabei kamen erste Zweifel am geozentrischen Weltbild auf, da die Unterschiede zwischen Berechnung und Beobachtung auch mit genaueren Messinstrumenten nicht zu beheben waren. Johann von Königsberg war einer der ersten, die versuchten, die Ungenauigkeiten nicht durch die Instrumente, sondern durch die falsche Auffassung der Erdstellung zu begründen. Sein früher Tod verhinderte jedoch die Vollendung seiner Arbeiten.
Indes konnte durch die Weltumseglung Magellans 1519-1522 die Kugelform der Erde bewiesen werden. Dennoch brachte diese Zeit keine wesentlichen Fortschritte, die durch Himmelsbeobachtungen gewonnen wurden.
Trotz allem stand die Erneuerung der Astronomie und die Begründung einer neuen Planetentheorie unmittelbar bevor. Sie entstammte aber nicht dem Kreis der beobachtenden Astronomen, sondern wurde aus einem neuen Durchdenken der alten Grundlagen der Planetenbewegungen geboren. Diese Entwicklung ist mit dem Schaffen des großen Astronomen Nikolaus Kopernikus unlösbar verbunden.
Nikolaus Kopernikus wurde am 19.02.1473 in Polen geboren. Während seines Studiums in Polen und Italien kam er mit Astronomen in Berührung, die gleichfalls um eine Erneuerung der Astronomie rangen und in Kopernikus den Zweifel an der Richtigkeit des geozentrischen Weltbildes verstärkten. So kam es, dass Kopernikus, der später zum Domherrn in Frauenberg ernannt wurde, im Jahre 1543 sein in fast vierzigjähriger Arbeit geschaffenes großes Werk „Über die Kreisbewegungen der Weltkörper“ veröffentlichte, das mutig und revolutionierend mit allen Überlieferungen brach, eine entschiedene Abkehr vom geozentrischen Weltensystem vollzog, eine überzeugende Hinwendung zur heliozentrischen Weltauffassung einleitete und dieser schließlich zum Durchbruch verhalf.
In diesem neuen, nach Kopernikus benannten Weltbild steht die Sonne im Mittelpunkt des Planetensystems. Die Erde ist aus der Weltmitte verdrängt; sie ist zum Planeten geworden und umkreist zusammen mit allen anderen Planeten die Sonne. Nur der Mond vollzieht noch im alten Sinne seine Bahn um die Erde. Wie aber aus dem erwähnten Titel des Werkes von Kopernikus bereits hervorgeht, hielt auch er noch an der überlieferten Kreisform der Planetenbahnen fest, da ja der Kreis von alters her als die vollkommenste geometrische Form galt. Es gelang ihm jedoch ohne weiteres darzulegen, dass die Schleifenbewegungen der Planeten, zu deren Erklärung Ptolemäus die Epizykeltheorie entwickelt hatte, scheinbare Spiegelbilder der Erdbewegung sind, wodurch für den gesamten Aufbau des Planetensystems ein Bild von bezeichnender Einfachheit entstand. Die ungleichförmigen Geschwindigkeiten der Planeten am Himmel versuchte Kopernikus dadurch zu erklären, dass er sich zu einer exzentrischen Planetenbahn bekannte. Die Reihenfolge der Planeten blieb im kopernikanischen Weltsystem, das auch als HELIOZENTRISCHES WELTBILD bezeichnet wird, dieselbe wie bei Ptolemäus. Lediglich Sonne und Erde hatten ihren Platz getauscht.
Das Werk von Kopernikus fiel in die Zeit der Aufklärung, der Befreiung aus den feudalen Fesseln. Die Stellung der römischen Kirche in der Wissenschaft schwand und die Erweiterung des Erdbildes wurde durch die Entdeckung neuer Länder durch die Seefahrer vorangetrieben. Kopernikus war sich bewusst, dass sein Werk bei der am mittelalterlichen Denken orientierten Kirche auf wenig Gegenliebe stoßen würde, da seine Auffassung vom Aufbau des Weltalls im Gegensatz zu dem stand, was die Kirche predigte. Die Autorität der Bibel schien erschüttert, da ihr das geozentrische Denken zugrunde lag. So kam es, dass die Kirche das neue Werk scharf angriff und in der Folgezeit heftig bekämpfte. Schließlich wurde die Lehre von Kopernikus bis ins 19. Jahrhundert hinein verboten.
Darüber hinaus brach das neue Weltsystem konsequent mit dem feudalen Weltbild, das den Menschen in den Mittelpunkt alles kosmischen Geschehens stellte. Mit der kopernikanischen Aussage, dass die Erde ein Planet unter Planeten ist, wurden auch den Auffassungen vom scheinbaren Unterschied zwischen Himmel und Erde und von einer Sonderstellung der Erde im Weltall widersprochen. Doch Kopernikus sah der sich erhebenden Reaktion mutig ins Auge, denn er war von seiner Theorie überzeugt.
Auch die Astronomen lehnten anfänglich das kopernikanische Weltbild ab. Das lag daran, dass es noch keinen unmittelbaren und nicht widerlegbaren Beweis für die Wahrheit des neuen Systems gab. Wohl konnte Kopernikus Planetentafeln vorlegen, die eine Vorausberechnung der Planetenbahnen am Himmel für lange Zeit mit größerer Genauigkeit gestattete, als dies die bis dahin gebrauchten Tafeln zu tun vermochten. Dass diese Tafeln dennoch nicht die letzte Genauigkeit hatten, lag daran, dass Kopernikus die Kreisbahnen des Altertums übernahm, während erst Kepler entdeckte, dass sich die Bewegungen der Planeten in elliptischen Bahnen vollzogen. Dies war auch der einzige Punkt, im dem das kopernikanische Weltbild sich von dem uns heute bekannten unterscheidet.
Wenn man das ptolemäische Weltbild mit dem von Kopernikus erdachten vergleicht, muss man feststellen, dass sich mit beiden Theorien die Bewegungen der Planeten vorausberechnen ließe, wenn auch mit dem Unterschied, dass Ptolemäus hierzu ein sehr kompliziertes theoretisches System benötigte, während Kopernikus auf viel einfachere Weise zum gleichen Ziel gelangte. Man kann folglich nicht ohne weiteres sagen, das ptolemäische Weltsystem wäre ganz und gar unwissenschaftlich gewesen, doch muss man hervorheben, dass sich beide Weltbilder wie eine niedere Stufe der Erkenntnis zu einer höheren verhielten. Was das Weltsystem des Kopernikus gegenüber dem des Ptolemäus auszeichnet, war seine durch die Annäherung an die Wirklichkeit bedingte Einfachheit und überzeugende Theorie. Seine Schwäche wurde jedoch darin sichtbar, dass Kopernikus für die Richtigkeit seines Systems noch keine eigentlichen Beweise geben konnte. Doch gewann er immer mehr Anhänger unter den Astronomen.
Giordano Bruno, der die Unendlichkeit des Weltalls lehrte und die Auffassung vertrat, die Sonne sei nur eine von unendlich vielen im All, musste wegen seiner Bekenntnis zu Kopernikus und dem heliozentrischen Weltbild in Rom den Scheiterhaufen betreten. In seinem Schicksal wurden die Mächte und Kräfte sichtbar, die sich gegen den Fortschritt der Naturerkenntnis stemmten, womit gleichzeitig klar zuwerden begann, welchen empfindlichen Stoß die in der Bibel angeblich bezeugten und von der Kirche mit allen Mitteln der Gewalt verteidigten "Wahrheiten" - die in Wirklichkeit astronomische Irrtümer waren - davongetragen hatten.
Zur gleichen Zeit wurde das Fernrohr erfunden. Seine Erfindung war ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Erforschung anderer Planeten. Man hatte jetzt die Möglichkeit, bestimmte Phänomene genauer unter die Lupe zu nehmen und konnte so mehr Eindrücke über unser Sonnensystem sammeln.
Der italienische Physiker und Astronom Galileo Galilei war einer der Ersten, der es auf den Himmel richtete und die Welt mit aufsehenerregenden Entdeckungen überraschte. Er fand in der Nachbarschaft des Jupiters vier winzige Sterne, die sich als Monde des Planeten erwiesen. Sie umkreisten den Jupiter und bewiesen damit, dass es nicht nur Bewegungen um die Erde gab. Galilei entdeckte außerdem den Phasenwechsel der Venus, die Sonnenflecken und die Bergwelt des Mondes, so dass nunmehr keine Zweifel daran blieb, dass die Planeten der Erde verwandte Himmelskörper waren und dass das kopernikanische Weltbild der Wahrheit entsprach.
Galilei hatte sich schon zuvor, im Jahre 1597, zu Kopernikus bekannt und ist dieser Überzeugung niemals schwankend geworden. Mit seinem 1632 entstandenen Werk DIALOGE, in dem er sich für das heliozentrische Weltbild aussprach, geriet er in offenen Gegensatz zur Kirche und wurde 1633 vor Gericht gestellt, wo er die kopernikanische Lehre widerrufen musste und lebenslang in die Gewahrsam der Inquisition gestellt wurde. Allein die Wahrheit ließ sich dadurch nicht aufhalten.
Der dänische Astronom Tycho Brahe hatte einen ungeheuren Schatz an Himmelsbeobacht ungen zusammengetragen und die Messkunst an den Fixsternen auf eine neue und hohe Stufe emporgehoben. Bei seinen Berechnungen mit dem kopernikanischen System stellte er fest, dass die Sterne mindestens zweitausendmal weiter von der Erde entfernt sein mussten als die Sonne. Diese riesige Leere ging über das Vorstellungsvermögen des Menschen im ausgehenden Mittelalter hinaus und ließ bei Tycho Brahe Zweifel aufkommen, die ihn zu einem Gegner des Kopernikus werden ließen.
Der junge Mathematiker Johannes Keple r war seit 1600 Mitarbeiter bei Tycho Brahe in Prag. Brahe ließ ihn seine genauen Berechnungen durcharbeiten. Dabei geschah es, dass Kepler bei seinen Arbeiten die Feststellung machte, dass die Beobachtungen des Tycho Brahe mit den von Kopernikus vertretenen Kreisbewegungen unvereinbar waren. Die weitere mühevolle Nachprüfung dieses merkwürdigen Befundes führte schließlich zu der überraschenden Entdeckung, dass sich die Planeten gar nicht in Kreisbahnen, sondern in Ellipsen um die Sonne bewegten. Weiter zeigte sich, dass zwischen der Sonnenentfernung eines Planeten und seiner Bahngeschwindigkeit ein gesetzmäßiger Zusammenhang besteht und dass zwischen der Umlaufzeit um die Sonne und der Entfernung des Planeten von der Sonne gleichfalls gesetzmäßige Zusammenhänge auftreten.
Kepler hat diese Erkenntnisse in zwei großen Werken, die 1609 und 1619 gedruckt wurden, niedergeschrieben. Damit hob er die Kreisbewegungen konsequent auf und beseitigte damit zugleich die wesentlichen Mängel des kopernikanischen Weltsystems. Außerdem erstellte Kepler unter Zugrundelegung seiner Gesetze neue Planetentafeln, die es ermöglichten, die Bewegung der Planeten für einen längeren Zeitraum vorauszuberechnen. Hierbei zeigten sich kaum Unterschiede zwischen den berechneten und den beobachteten Planetenörtern, so dass das Weltsystem des Kopernikus als endgültig gesichert gelten konnte.
Nun bekannten sich auch die berühmtesten Astronomen zu ihm. Dennoch hatten die Keplerschen Gesetze manche Frage offengelassen, z.B.: Warum bewegen sich die Planeten überhaupt um die Sonne? Von welcher Kraft werden sie zu solchen Bewegungen veranlasst? Warum bewegt sich ein Planet entsprechend dem zweiten Keplerschen Gesetz in der Sonnennähe seiner elliptischen Bahn schneller als in Sonnenferne?
Die Antwort hierauf fand der englische Physiker Isaac Newton in dem von ihm begründeten Gesetz von der allgemeinen Schwere, dem Gravitationsgesetz, das er 1687 in seinem großen Werk „Die mathematischen Prinzipien der Naturwissenschaft“ veröffentlichte. Er entwickelte dabei die Idee Keplers über eine von der Sonne ausgehende Kraft weiter.
Im Gesetz wird ausgesagt, dass die Bewegung der Planeten die Folge einer allgemein zwischen den Körpern wirksamen Anziehungskraft ist, wonach sich alle Körper proportional ihrer Massen anziehen. Infolgedessen zwingt die Sonne mit ihrer gewaltigen Masse die Planeten zu Umlaufbewegungen. Kommt ein Planet der Sonne im sonnennahen Teil seiner Bahn näher, nimmt die Anziehungskraft der Sonne zu. Als Folge davon erhöht sich die Bahngeschwindigkeit des Planeten, so dass sich die vergrößerte Sonnenanziehung wieder aufhebt. In Sonnenferne verlangsamt der Planet infolge der verringerten Anziehung seine Geschwindigkeit, so dass zwischen Sonnenabstand und Geschwindigkeit eine durch die Gravitation bewirkte ständige Beziehung vorhanden ist. So konnte Newton den Nachweis erbringen, dass sich die von Kepler aufgestellten Gesetze aus der Gravitation ergeben.
Mit der Entdeckung der Gravitationskraft und seiner Anwendung in der Astronomie wurde ein neues Kapitel der Weltraumforschung aufgeschlagen. Es stellte sich heraus, dass sich dieses fundamentale Naturgesetz überall im Weltraum als gültig erwies. Nun konnte man noch genauere Berechnungen über die Planetenbewegungen anstellen.
Als 1781 Wilhelm Herschel mit Hilfe des weiterentwickelten Teleskops den Planeten Uranus entdeckte, schien dessen Bewegung nicht eindeutig der Gravitationskraft der Sonne zu folgen. Entweder galt das newtonische Gesetz in seiner Entfernung nicht mehr, oder es musste noch einen unbekannten Planeten geben, der einen störenden Einfluss auf die Uranusbewegung verursachte. Mit Hilfe des Gravitationsgesetzes konnte man 1846 die Stelle berechnen, an der der unbekannte Himmelskörper stand. So wurde der Planet Neptun gefunden, dessen Entdeckungsgeschichte bewies, dass sich die Naturgesetze nicht nur auf bereits bekannte, sichtbare Himmelskörper anwenden lassen, sondern dass mit ihrer Hilfe auch unbekannte, nur aus ihrer nachweisbaren Wirkung heraus errechnete Himmelskörper gefunden werden können.
Mit der Entdeckung des Neptuns waren aber nicht alle Störungen des Uranus restlos zu erklären, so dass die Vermutung eines weiteren Planeten nahe lag, aber erst 1930 mit der Entdeckung des Plutos bewiesen werden konnte.
Unser heutiges Bild vom Aufbau des Weltalls hat sich seit der Ersetzung der kreisförmigen Umlaufbahnen der Planeten im kopernikanischen Weltsystem durch die Ellipsenform kaum geändert. Durch Newtons Erklärung über die Ursache der Planetenbewegung wurde die Richtigkeit des heliozentrischen Weltbildes grundsätzlich bewiesen.
So konnte man sich in diesem Jahrhundert der Weiterentwicklung der Teleskope und der in den sechziger Jahren aufkommenden Raumfahrt zuwenden. Dadurch schritt die Erforschung der Planeten und der Sonne schneller voran, so dass man heute erschöpfende Aussagen über fast jeden Planeten unseres Sonnensystems treffen kann. Maßgeblichen Anteil daran haben die künstlichen Satelliten und Sonden, die der Mensch erschaffen hat, um seinen Wissensdurst über das Universum zu stillen.
- Arbeit zitieren
- E. Roock (Autor:in), 1993, Die Evolution in der Vorstellung der Menschen über das Weltall, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103188
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