Die Arbeit unternimmt den Versuch, Philosophieren mit Kindern als eine aussichtsvolle Methode der sprachlichen Bildung und Förderung im Setting der Ganztagsgrundschule zu begreifen. Im Zuge bildungspolitischer Diskurse stellt das derzeit im Fokus stehende Schulmodell nicht nur einen Bildungs- und Lernort für Schüler*innen dar, sondern versteht sich vor allem auch als ein Lebensort, der zahlreiche Dimensionen kindlicher Lebenswelten abbildet.
Da laut Statistiken von 2017 der Anteil der Kinder zwischen drei und sechs Jahren mit einem Migrationshintergrund in Deutschland bei 38 Prozent liegt, sind methodische Sprachbildungskonzepte in Einrichtungen wie der Ganztagsgrundschule angezeigt. Vor dem Hintergrund sprachlicher und kultureller Diversität an Grundschulen verdient das Philosophieren mit Kindern als eine Interaktionsform, die sprachliche Bildung als primärpräventive Aufgabe von Bildungseinrichtungen zu Gunsten von Chancengleichheit zu fördern vermag, besondere Beachtung.
Welche Wirkungen, Synergien und Chancen sie bereithält, soll in dieser Arbeit anhand einer Projektbetrachtung und Auswertung an einer Modellschule herausgestellt werden. Der Frage, wie sich das Format in den rhythmisierten Ganztag sinnvoll einbetten lässt und welche Bedeutung ihm im gesamten formalen wie auch non-formalen Spektrum des Schulalltags zukommt, soll ebenso nachgegangen werden wie der Fragestellung, ob über die sprachliche Bildung hinaus durch Philosophieren mit Kindern am Ort Ganztagsgrundschule auch Sprachförderung im Sinne einer Sekundärprävention möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Migrationsgesellschaftliche Entwicklung in Baden-Württemberg
2.1 Ganztagsgrundschule als migrationsgesellschaftliches Mikrosystem
2.1.1 Eine Hinführung
2.1.2 Modell einer Karlsruher Ganztagsgrundschule
2.2 Bedeutung der Sprache
2.3 Philosophieren als Methode
3 Philosophieren mit Kindern als Interaktionsform
3.1 Begriffsklärung Philosophieren mit Kindern
3.2 5-Finger-Methode nach Martens
3.3 Prinzip sustained shared thinking
3.4 Aspekte der Sprachbildung/-förderung beim Philosophieren mit Kindern .
4 Vorstellung des Projektes "Kinder philosophieren - kleine und große Fragen an die Welt" im Rahmen des AG-Angebots an der Grundschule am Wasserturm .
4.1 Ausgangssituation und Setting
4.2 Zielsetzung und Fragestellung
4.3 Vorbereitungsphase
4.4 Durchführung und Verlauf
4.5 Abschluss: Exkursion - Dokumentation und Auswertung
5 Untersuchung
5.1 Design
5.2 Analyse
5.3 Qualitative Interpretation
5.4 Auswertung des Projektes
6 Chancen und Potentiale von PmK im Setting Ganztagsgrundschule - ein Fazit ..
6.1 Aspekt des rhythmisierten Ganztags
6.2 Aspekt des migrationsgesellschaftlichen Kontextes
6.3 Aspekt der Sprache
6.4 Interdisziplinäre Verknüpfung und Anschlussfähigkeit
6.5 Soziale und gesellschaftliche Dimension
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der Arbeit wurde nach Einreichung des Themas ein Untertitel hinzugefügt:
Sprachliche Bildung und Förderung durch Philosophieren mit Kindern im migrationsgesellschaftlichen Kontext
Eine praxisorientierte Reflexion vor dem Hintergrund der Ganztagsgrundschule
Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, Philosophieren mit Kindern als eine aussichtsvolle Methode der sprachlichen Bildung und Förderung im Setting der Ganztagsgrundschule zu begreifen. Im Zuge bildungspolitischer Diskurse stellt das derzeit im Fokus stehende Schulmodell nicht nur einen Bildungs- und Lernort für Schüler*innen dar, sondern versteht sich vor allem auch als ein Lebensort, der zahlreiche Dimensionen kindlicher Lebenswelten abbildet. Da laut Statistiken von 2017 der Anteil der Kinder zwischen drei und sechs Jahren mit einem Migrationshintergrund in Deutschland bei 38 Prozent liegt (vgl. Statistisches Bundesamt 2018: 34), sind methodische Sprachbildungs- konzepte in Einrichtungen wie der Ganztagsgrundschule angezeigt. Vor dem Hintergrund sprachlicher und kultureller Diversität an Grundschulen verdient das Philosophieren mit Kindern als eine Interaktionsform, die sprachliche Bildung als primärpräventive Aufgabe von Bildungseinrichtungen zu Gunsten von Chancengleichheit zu fördern vermag, besondere Beachtung. Welche Wirkungen, Synergien und Chancen sie bereithält, soll in dieser Arbeit anhand einer Projektbetrachtung und Auswertung an einer Modellschule herausgestellt werden. Der Frage, wie sich das Format in den rhythmisierten Ganztag sinnvoll einbetten lässt und welche Bedeutung ihm im gesamten formalen wie auch non-formalen Spektrum des Schulalltags zukommt, soll ebenso nachgegangen werden wie der Fragestellung, ob über die sprachliche Bildung hinaus durch Philosophieren mit Kindern am Ort Ganztagsgrundschule auch Sprachförderung im Sinne einer Sekundärprävention möglich ist.
Nach einer Einordnung des Begriffs Migrationshintergrund in bildungspolitische Kontexte werden in Kapitel 2 migrationsgesellschaftliche Entwicklungszahlen für Baden-Württemberg und den Stadtkreis Karlsruhe für das Altersspektrum des Primarbereichs betrachtet und miteinander verglichen. Die Bedeutung migrationsgesellschaftlicher Kontexte im Setting der Ganztagsgrundschule wird zunächst in allgemeiner Einstellung thematisiert. Anschließend wird am Modell einer Karlsruher Ganztagsgrundschule im Konkreten ein migrationsgesellschaftliches Mikrosystem am Lebensort Schule skizziert und die darin enthaltenen Dimensionen von Sprache und Philosophieren als Methode werden in Augenschein genommen.
Das dritte Kapitel richtet einen detaillierten Blick auf die Interaktionsform Philosophieren mit Kindern. Nach einer begrifflichen und kurzen historischen Einordnung sowie einer Betrachtung aktueller Diskurse werden die Wesensmerkmale dieser Methode herausgearbeitet.
Schließlich leitet die Methodendarstellung des ,5-Finger-Ansatzes‘ nach Ekkehard Martens hin zum Aspekt des Philosophierens als erlernbare Tätigkeit und Kulturtechnik. Die weiteren Unterkapitel befassen sich mit Lernprozessen im Zusammenhang mit besonders wirksamen Ausprägungsformen sprachlicher Interaktion, dem auf wechselseitigen Ko-Kon- struktionsprozessen unter hohem Engagiertheitsgrad der Beteiligten beruhenden Prinzip des sustained shared thinking und dem pädagogischen Unterstützungssystem scaffolding. Abschließend wird das Spektrum an Möglichkeiten durch Philosophieren mit Kindern speziell in Bezug auf Sprachbildung und Sprachförderstrategien beleuchtet.
Der Hauptteil der Arbeit stellt das Projekt "Kinder philosophieren - kleine und große Fragen an die Welt" vor, das im Rahmen eines AG-Angebots an einer Karlsruher Ganztagsgrundschule mit Schüler*innen der ersten Klassenstufe durchgeführt wurde. In einer ausführlichen Ablaufbeschreibung werden eine Vielzahl sprachlicher und sozialer Phänomene wie das kommunikative Verhalten der Kinder, Selbstwirksamkeitsprozesse, dynamische Entwicklungen und Wirkungen auf den rhythmisierten Ganztag sowie sozialraumbezogene Aktivitäten aus dem Praxisfeld einer Schule mit weitestgehend ausgeprägter sprachlicher Vielfalt porträtiert.
In der anschließenden Untersuchung nimmt eine ausführliche qualitative Inhaltsanalyse drei exemplarische Philosophieeinheiten anhand eines Kategoriensystems in den Fokus. Einer Interpretation der Analyseergebnisse, die zwei wesentliche Zusammenhangsstrukturen hinsichtlich der untersuchten Dimensionen herausbildet, folgt eine abschließende Gesamtauswertung des Projektes.
Das Fazit in Kapitel 6 reflektiert die eingangs aufgeworfenen Fragestellungen und führt neben Lösungsansätzen und Antworten Desiderate und Ausblicke an, die der Interaktionsform Philosophieren mit Kindern möglicherweise einen gesicherten Platz im Spektrum der Bil- dungs- und Lernprozesse am Lebensort Ganztagsgrundschule einzuräumen vermögen. In welchen Dimensionen und Verschränkungen mit anderen Disziplinen diese Verortung stattfinden kann, wird in einzelnen Unterkapiteln ausgeführt.
2 Migrationsgesellschaftliche Entwicklung in Baden-Württemberg
Um sich dem Phänomen der Migrationsgesellschaft zu nähern, sind zunächst begriffliche Einordnungen und Definitionen erforderlich. In der jüngsten Zeit werden vermehrt Diskurse darüber geführt, inwieweit der Begriff ,Migrationshintergrund‘ noch zeitgemäß und berechtigt hinsichtlich seines Bedeutungsgehalts sei oder wann dieser ,ende‘ (vgl. Treibel 2017: 15 ff). Diskussionswürdig gestaltet sich oft die Koppelung eines Migrationshintergrunds mit implizierten Förderbedarfen oder Nachteilskontexten. Annette Treibel wendet in ihrem Aufsatz Wann endet der Migrationshintergrund? den Blick darauf, welche Funktion dieser Begriff für eine Gesellschaft der Zukunft erfüllen soll (vgl. ebd.).
Migration bildet im Kern das Phänomen einer Wanderungsbewegung ab. Dabei können nähere Differenzierungen wie Ab-, Aus-, Ein- oder Zuwanderung ausgelassen werden. Entscheidend für Lebenskontexte von Kindern ist dabei sicherlich, ob sie selbst oder nur ihre Eltern(teile) eine Wanderungsbewegung erfahren haben (vgl. ebd.). Einen einheitlichen Nenner für die Abbildung einer komplexen und weitestgehend heterogenen Gruppe von Menschen könnte der Begriff Diversität von Gesellschaft bilden - mit und ohne, mit stärker oder schwächer ausgeprägten Erfahrungsformen von Wanderung. Die Verwendung des Begriffs Diversität birgt den Vorteil, dass er alle Dimensionen von Vielfalt anspricht: „sozio- ökonomischer Hintergrund, Bildung, Geschlecht, Religion oder auch Alter" (vgl. ebd.; Koch 2017). Da in dieser Arbeit der Fokus auf sprachlicher Diversität liegt, wird der Begriff ,Mig- rationshintergrund‘ als derzeit noch weitgehend alternativlose Bezeichnung im Sinne eines mehrsprachlichen Hintergrunds verwendet und seine Entstehungsgeschichte beleuchtet.
Nationale Bildungsberichte, Kinder- und Jugendberichte und Themenbände des Bundes sowie der Länder haben über die vergangenen nahezu zwei Jahrzehnte politische und gesellschaftliche Diskurse um Migration und Bildung vor dem Hintergrund veränderter Bevölkerungszahlen, Alters- und Herkunftsstrukturen verstärkt in den Blick genommen (vgl. DIPF Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation 2019). Zahlreiche Studien und Expertisen rückten Migrationskontexte von Familien in Deutschland, deren Zuwanderungshistorie, Rückbetrachtungen oder Auswertungen teilweise gescheiterter Integrationsprozesse und daraus resultierender Bedarfe in den Fokus von Politik und Kinder- und Jugendhilfe (vgl. Otyakmaz/Karaka§oglu 2015: V). Bereits die Stellungnahme der Bundesregierung zum Elften Kinder- und Jugendbericht aus dem Jahr 2002 beinhaltete zielgerichtete Bestrebungen, Integrationsprozesse von Kindern und Jugendlichen von Zu- wander*innen und damit einhergehende Chancengleichheit zu fördern (vgl. Deutscher Bundestag 2002: 20-21). Insbesondere die Sprachförderung wurde im Rahmen einer „konzeptionellen Neuorientierung der Integrationspolitik‘ (ebd.) als wichtiges Erfordernis betont.
Ein Korrektiv für die Kategorisierung von Personengruppen, die aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nicht als Ausländerinnen in bisherigen Statistiken geführt wurden, deren Familienhintergrund jedoch von Zuwanderung geprägt ist, stellte der Mikrozensus 2005 dar. Dieser erfasste erstmalig in seiner Durchführung seit 1957 das auf den Angaben der befragten Personen gründende Merkmal ,Migrationshintergrund‘ (vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2019; vgl. Landesinstitut für Schulentwicklung/Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2017: 50).
Während nach der Definition des Statistischen Bundesamtes zu den Menschen mit Migrationshintergrund „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“ (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2019) zählen, betonen andere Statistiken wie die Kinder- und Jugendstatistik oder die Einschulungsuntersuchung aus der Perspektive ihrer Domäne heraus andere spezifische Merkmale wie beispielsweise die im häuslichen Umfeld vorrangig gesprochene (Familien-) Sprache (vgl. Landesinstitut für Schulentwicklung/Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2017: 54)1. Da in der vorliegenden Arbeit die Altersgruppe des schulischen Primarbereichs betrachtet wird, wird die Definition der Kultusministerkonferenz im Rahmen der amtlichen Schulstatistik herangezogen, nach der ein Migrationshintergrund bei Schülerinnen vorliegt,
„..wenn sie mindestens eines der folgenden Merkmale erfüllen:
- Keine deutsche Staatsangehörigkeit,
- „nichtdeutsches“ Geburtsland,
- nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld (auch wenn der Schüler bzw. die Schülerin die deutsche Sprache beherrscht).“ (ebd.)
Einige Zahlen aus der Bildungsberichterstattung Baden-Württemberg2 werden in der nachfolgenden Tabelle in den Blick genommen. Sie zeigen einerseits den prozentualen Anteil von Schüler*innen mit Migrationshintergrund an Grundschulen in BW und in Eingrenzung dazu im Stadtkreis3 Karlsruhe sowie in der betrachteten Modellschule4, zum anderen5 lassen sich Vergleichswerte am Übergang von der Grundschule auf das Gymnasium ablesen. Aus der Gruppe der weiterführenden6 Schulen wird einzig diese Schulform herausgegriffen, da im nachfolgenden Kapitel vor dem Hintergrund des Themenaspektes Chancengleichheit darauf eingegangen wird. Schließlich gibt der Bildungsbericht auch7 Aufschluss über eine Modellentwicklung der Bevölkerungszahl in BW bis zum Jahr 2030. Hier wird die anteilige Veränderung im Altersspektrum der Primarschüler*innen betrachtet, da im Weiteren auf den Anteil mit 8 Migrationshintergrund und die daraus resultierende Bedeutung der Ganztagsgrundschule geblickt wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab 1: Vergleichszahlen Land BW - SKR Karlsruhe
Quelle: Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Datenatlas zur Bildungsberichterstattung 2019.9
Nach der aktuellen Statistik in Baden-Württemberg stellt sich der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund unter 25 Jahren von 34% strukturell ,jünger‘ dar im Vergleich zum Anteil ohne Migrationshintergrund von 22% (vgl. ls/statistik-bw2017: 63). Und 38% (im Vergleich SKR Karlsruhe 40%) der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder unter sechs Jahren weisen einen Migrationshintergrund10 auf (vgl. ls/statistik-bw 2018: 8, C 1.1 (T1)). Letztgenannter Wert entspricht dem Anteil der Kinder unter fünf Jahren mit Migrationshintergrund in Deutschland von 38,1 %11 (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2018). Während 22,5 % aller Einwohner in Deutschland 2016 einen Migrationshintergrund hatten, steigt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an, je jünger die Altersgruppen sind (vgl. ebd.).
Vor diesem Hintergrund kann von einer weiterhin wachsenden Bedeutsamkeit migrationsgesellschaftlicher Realitäten im Primarbereich ausgegangen werden.
2.1 Ganztagsgrundschule als migrationsgesellschaftliches Mikrosystem
2.1.1 Eine Hinführung
Spätestens seit den Ergebnissen der Schulleistungsstudien PISA ab dem Jahr 2000 werden Zusammenhang und Wechselwirkungen zwischen schulischem Bildungserfolg und Faktoren wie Bildungs- und sozioökonomischer Status innerhalb der Familien, Migrationshintergrund und Sprachkenntnissen untersucht und diskutiert (vgl. ls/statistik-bw 2018: 100). Demnach besuchen Schüler*innen mit Migrationshintergrund überproportional häufig eine Werkreal-/Hauptschule, während sie in Gymnasien signifikant unterrepräsentiert sind, wie die Angaben aus dem Datenatlas zur Bildungsberichterstattung Baden-Württemberg Übergänge von Schülerinnen mit Migrationshintergrund im Schuljahr 2017/2018 belegen12 (vgl. ebd: 102).
Um Disparitäten bei der Bildungsbeteiligung und soziokulturell bedingter Benachteiligung von Kindern zu begegnen und die durch PISA aufgezeigte Verbindung von Bildungserfolg mit sozialer Herkunft zu entkoppeln, aber auch um soziokulturellen Entwicklungen einer sich wandelnden Gesellschaft und deren ideellen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, rückte der Ausbau von Ganztags(grund)schulen in den Fokus des politischen und gesellschaftlichen Diskurses. Beispielsweise initiierte der Bund ein Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung zur Aus- und Weiterentwicklung neuer Ganztagsschulen und zur „qualitativen Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten“. Zielsetzungen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, individuelle Förderung, Partizipation, Inklusion, Bildungs- und Chancengerechtigkeit und somit auch eine gelingende gesellschaftliche Integration von Heranwachsenden mit Migrationshintergrund wurden formuliert (vgl. Stötzel/Wagener 2014: 55, 62-63; vgl. Stadt Karlsruhe 2015: S.4; BMBF 2019).
Entscheidende Impulse zu einer gerechteren Förderung und Chancenverteilung der Ganztagsschule lieferten ein erweiterter Zeitrahmen sowie damit einhergehend ausgeweitete Lern- und Bildungsangebote und vielfältigere Lern- und Gestaltungskontexte. Schließlich sollte Ganztagsschule ihrer Doppelfunktion einer Bildungseinrichtung gerecht werden und einerseits als „institutioneller Akteur der Menschenbildung“ (Fend 2008:13 - zit. n. Bremm 2019: 27) die gesellschaftliche Integration gewährleisten und andererseits gerechte Chancen auf individuelle Bildungserfolge ermöglichen (vgl. Bremm 2019: 26-27).
Nach der Verankerung der Ganztagsgrundschule im Schulgesetz Baden Württemberg ab dem Schuljahr 2014/2015 wurde für Karlsruhe die Rahmenkonzeption und Richtlinie - Ganztagsangebote für Grundschulkinder der Stadt Karlsruhe formuliert (vgl. Stadt Karlsruhe 2018). An der Entwicklung dieser Konzeption wirkte der Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe13 als Träger der pädagogischen Nachmittagsbetreuung seit dem Schuljahr 2013/14 als Partner einiger Schulen - u.a. der Grundschule am Wasserturm in der Südstadt-Ost - in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe mit. In der Praxis bedeutet dies, dass sich der stja und die Schule das gemeinsame Ziel gesetzt haben, eine Bildungskultur für dieses neue Modell der Ganztagsgrundschule unter dem Motto Ganztagsschule als Lebens- und Lernort‘ zu gestalten unter Berücksichtigung des jeweils eigenständigen Bildungsauftrages beider Partner (vgl. stja 2016: S.12-13).
2.1.2 Modell einer Karlsruher Ganztagsgrundschule
Am Modell der Grundschule am Wasserturm sollen die Charakteristika und Phänomene abgebildet werden, welche den ,Lebens- und Lernort‘ Ganztagsgrundschule zu einem migrationsgesellschaftlichen Mikrosystem machen. Die neue Schule war im Schuljahr 2013/14 als verpflichtende Ganztagsschule im Rahmen des städtischen Quartierentwicklungsprojekts Karlsruhe Citypark Südstadt-Ost mit einer zweizügigen ersten Klassenstufe gestartet und bietet zahlreichen Familien des neu entstandenen urbanen Wohnviertels sowie teilweise auch der angrenzenden „alten“ Stadtteile Süd- und Oststadt ein zeitgemäßes Schulangebot, das die Vereinbarung von Familie und Erwerbstätigkeit zulässt (vgl. Stadt Karlsruhe 2015). Wie aus Tabelle 1 Vergleichszahlen Land BW - SKR Karlsruhe ersichtlich ist, verfügen 31,4 % der Grundschulkinder in Karlsruhe über einen Migrationshintergrund. Die Grundschule am Wasserturm weist einen deutlich höheren Anteil an mehrsprachigen Kindern auf. Nach eigener Erhebung im Juni 2019 sprechen 67% der Schülerinnen mindestens eine nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld.
Die nachfolgende Grafik spiegelt den hohen Anteil lebensweltlich mehrsprachiger Grundschülerinnen sowie ein reiches buntes Spektrum an Herkunftsländern ihrer Eltern- und Großelternteile wider.
Quelle: eigene Erhebung durch Schülerinnen Befragung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Grafik; Quelle: eigene Erhebung14
Aus der Grafik geht nicht hervor, dass viele der Kinder in ihren Familien zwei nichtdeutsche Sprachen im simultan-bilingualen Erwerb sprechen, weil beispielsweise beide Elternteile eine unterschiedliche Sprachherkunft aufweisen. Bei ihnen ist teilweise ein Drittspracher- werb in Deutsch gegeben.
Während des Schulalltags, der von einer über den Ganztag von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr gespannten Rhythmisierung geprägt ist, herrscht Deutsch als Kommunikationssprache aller Grundschüler*innen untereinander vor. Dennoch manifestiert sich der sprachliche und kulturelle Reichtum an der Schule in unterschiedlichen Settings. Eine wichtige Komponente stellt hierfür das hinsichtlich Alter, Geschlecht und sprachlicher bzw. kultureller Herkunft sehr gut gemischte und breit aufgestellte pädagogische Team dar, das die Schülerinnen14 vorwiegend ab dem Mittagsband begleitet und betreut. Es bringt aus seinen spezifischen Lebens- und Erfahrungsbereichen unterschiedliche Themen, Talente, Interessen und Anregungen mit, die dienlich für Bildungsprozesse bei Kindern sind. Somit ergibt sich ein breitgefächertes non-formales Bildungsangebot, das die einzelnen Mitarbeiterinnen des Teams in der unterrichtsfreien Betreuungszeit in Form von AGs oder offenen Angeboten und Projekten an die Kinder richten und die oft eine kulturelle Facettenvielfalt abbilden.
Beispielsweise werden vom Team gemeinsam mit Eltern regelmäßig Länderprojekte an einem Nachmittag der Schulwoche gestaltet und durchgeführt. Ein Elternteil aus einem anderen Sprach- und Kulturraum stellt einer Gruppe von Kindern, die sich für dieses Angebot interessieren, sein jeweiliges Herkunftsland vor. Dabei werden ganz unterschiedliche Gestaltungsformen von Seiten der Eltern gewählt. Das Spektrum reicht von einer eigengestalteten Foto(PowerPoint)-Präsentation über das Land Kolumbien nebst Relieflandkarte über Lieder und Tänze aus der Türkei bis hin zum Kennenlernen von Bilderbüchern aus Brasilien. Im Rahmen einer Projektwoche Werkstatt des Wissens konnten die Schülerinnen in der Sprachwerkstatt Schriftzeichen zahlreicher Sprachen dieser Welt kennenlernen. An eine riesige Weltkarte wurden von den Kindern mit persönlichen Lieblingswörtern in der jeweiligen Sprache beschriebene oder mit Drucktechniken selbst bedruckte Kärtchen angepinnt. Im Ergebnis entstand auf der Karte ein bunt komponiertes Länderpotpourri.
Das kulturell vielfältige Zusammenwirken mit Eltern zeigt sich oft auch in der Abholsituation nach Schulende oder während der Spätbetreuungszeit. Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion und Kultur kommen zusammen, begrüßen ihre Kinder bzw. Enkelkinder in unterschiedlichen Sprachen und führen teilweise Tür- und Angelgespräche mit pädagogischen Fachkräften in gemeinsamen (nichtdeutschen) Muttersprachen.
Der Ganztag bietet den Kindern zahlreiche Gelegenheiten und Zeitfenster, ihre Vorlieben und Interessen - ihre ,Kultur‘ innerhalb der freien Lernzeit außerhalb des formalen Unterrichts auszuleben. Beispielsweise lebt das Tanzprojekt Wasserturm Dancers im Rahmen des AG-Angebots, das sich aus zahlreichen tanzbegeisterten Grundschüler*innen zusammensetzt, von der Vielfalt der individuellen Tanzstile der Tänzerinnen sowie der von ihnen selbst gewählten Musikgenres. Ein Genre-Mix entsteht oft aus Impulsen, die von einem Urlaubsort im Ausland oder aus den Charts des jeweiligen Heimatlandes der besuchten Verwandten beispielsweise der Türkei oder Spanien mitgebracht werden. Viele Wasserturm Dancers singen die Texte ihrer (meist in den Charts hoch platzierten oder aus Netflix- Serien bekannten) Songs in spanischer, portugiesischer, englischer, türkischer oder italienischer Sprache während des Tanzens mit - unabhängig davon, welchen sprachlichen Hintergrund sie selbst aufweisen. Auch die Mediennutzung und Musiktradition im familiären Umfeld und aus dem herkunftssprachlichen Kontext prägen die Interessen und den Musikgeschmack der peers, Songs werden von zu Hause ,mitgebracht‘ und gemeinsame Vorlieben im Schulalltag häufig mit Begeisterung zelebriert. Dabei sind durchaus Geschmacks- und Vorlieben-Wanderungen zu beobachten, wenn ein Song in türkischer Sprache beispielsweise Kinder mit deutschen oder rumänischen Wurzeln berührt und inspiriert oder von der Tanzgruppe als neuer track für den nächsten Auftritt ausgewählt wird.
Während zu Beginn des Tanzprojektes ab dem Schuljahr 2015/16 im Rahmen der AG komplexe Tanzchoreografien zu Latino-Popmusik mit Flamencoelementen unter Anleitung erlernt wurden, fließen mittlerweile eine Vielfalt von kreativen Impulsen und selbst erdachte Choreographien einzelner Kleingruppen in die Tanzperformances der gesamten Gruppe ein, die seit Jahren auf Bühnen bei zahlreichen Veranstaltungen der Schule, des Stadtjugendausschusses oder der Stadt auftritt. Beispiele hierfür sind das Südstadtfestival als Ort der multikulturellen Begegnung, die Offene Bühne beim Streetdance Contest the show im jubez oder der Tanzmarathon im Rahmen des Baden-Marathons mit Gruppen der internationalen Tanzszene Karlsruhes.
Da die Tänzer*innen sich zum Ausleben ihrer Tanzbegeisterung nicht nur auf die festen AG-Zeiten begrenzen wollen, ,erobern‘ sie sich das Mittagsband und die Pausenzeiten, die Aula, den Schulhof und die umliegenden Wiesenflächen als Orte ihrer Tanzkultur. Nach Anschaffung mehrerer Boomboxen und spotify accounts tönen die Musikklänge der ,tan- zenden‘ und ,singenden‘ Wasserturm Schule mittlerweile durch den Stadtteil. Hier hat sich eine Öffnung von Ganztagsschule nach außen in Richtung des sie umgebenden Sozial- und Lebensraums in dynamischer Eigeninitiative ihrer jungen Akteur*innen vollzogen.
Aufgrund der Kopräsenz aller vier Klassenstufen über einen ausgeweiteten Tageszeitraum bis 16:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr (viele Schüler*innen nehmen an der Spätbetreuung nach Schulende bis 17:30 Uhr teil) im gemeinsamen ,Lern- und Lebensort‘ Ganztagsschule lassen sich Diversität und Dynamik einer sozialen Gemeinschaft vielschichtig erkennen. Zu beobachten ist ein selbstverständliches Miteinander, da die Strukturen des formellen Unterrichts durch Formen von Heterogenität hinsichtlich Alter, Geschlecht oder Klassenzuordnungen in den freien Spiel- und Lernzeiten und in den AG-Phasen abgelöst werden. Die Zusammensetzungen von peer-groups oder Spiel- und Lerngemeinschaften wechseln untertags mehrfach. Geschwister erleben sich im erweiterten Rahmen des Ganztagsschulalltags in anderen Konstellationen als im häuslichen Umfeld und im Unterschied zur Halbtagsschule begünstigen viele klassenübergreifende Settings für alle Schüler*innen die Bildung von differenzierten Netzwerken.
Auch beim gemeinsamen Mittagessen in der Schulkantine werden Vielfalt und Diversität der Kulturen abgebildet. Die Speisekarte wird von Seiten des Unternehmens, welches das gesunde Schulessen zubereitet und das eine offene multinationale Unternehmenskultur mit Küchenpersonal unterschiedlichster Herkunft lebt, entsprechend zusammengestellt und enthält oft Gerichte aus den verschiedenen Kulturräumen der Familien der Kinder. So entstehen oft neue Geschmacksrichtungen und Variationen aus der jeweiligen Heimat der Köche und die Kinder erleben Facetten einer teilweise bekannten oder unbekannten Esskultur (vgl. Rektorat der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe 2017: 60-64).
Außerdem sieht der Speiseplan von vornherein kein Schweinefleisch vor, so dass eine Unterscheidung der Gerichte aufgrund von Rücksicht auf unterschiedliche Religionszugehörigkeiten unterbleiben kann. Für eine Vielzahl von Kindern liegen dem Koch individuelle Anforderungen und Kriterien vor, die dieser bei der Essenszubereitung und -ausgabe berücksichtigt - ungeachtet dessen, ob eine Allergie vorliegt oder das Kind aufgrund der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religionsgemeinschaft auf den Verzehr von Rindprodukten verzichtet.
Der Lebensraum Ganztagsschule wird durch das Zusammenwirken vieler unterschiedlicher Akteur*innen, Professionen und Berufsgruppen geprägt (Schüler*innen, Eltern, Lehrkräfte, pädagogisches Team, Personal der Schulsozialarbeit und des Schul- und Sportamtes, Caterer bzw. Küchenpersonal, externe AG-Leiter*innen aus Sportvereinen, Musikschulen u.a. sowie Schulbegleiter*innen und Pflegekräfte für inklusiv beschulte Schüler*innen). In diesem System der am Bildungsort Schule agierenden Personen bildet sich eine komplexe Gesellschaftsstruktur ab, die aus sich selbst heraus Migrationsvielfalt und Diversität verkörpert und per se eine Selbstverständlichkeit der Migrationstatsache impliziert.
Folgt man der ökologischen Systemtheorie von Bronfenbrenner, so prägt das Mikrosystem Ganztagsschule als alltägliche unmittelbare Lebensumwelt durch die Gesamtheit aller darin stattfindenden Aktivitäten, Erfahrungen und Beziehungen den Entwicklungsverlauf der in diesem System agierenden Schüler*innen (vgl. Kienbaum/Schuhrke 2010: 29-30). Durch den erweiterten Zeitrahmen und die daraus resultierenden vermehrten Interaktionsmöglichkeiten mit peers und anderen Akteur*innen erweist sich Ganztagsschule allem Anschein nach höherkomplex als ihr halbtägliches Pendant. Da eine migrationsgesellschaftliche Wirklichkeit von einer Vielzahl von Phänomenen geprägt ist und sich in diskursiven Prozessen ständig im Wandel befindet, beinhaltet sie eine bildungsrelevante Bedeutung, die Bildungseinrichtungen wie die Ganztagsschule in hohem Maß betreffen (vgl. Mecheril 2010: 11).
2.2 Bedeutung der Sprache
Die in Abschnitt 2.1.1 erwähnten Diskurse über Koppelung von Migrationshintergrund von Schüler*innen mit deren Bildungsbeteiligung und Schulerfolg zeigen verstärkt auf die Schlüsselbedeutung von (Bildungs-) Sprache. Anknüpfend an die ausländerpädagogische Perspektive der 1970er Jahre richten bildungspolitische Bestrebungen im Nachgang zu den PISA-Studien nach wie vor ihr Hauptaugenmerk auf die Förderung von Kompetenzen in der Zweitsprache Deutsch und betonen das Konzept der ,Bildungssprache‘ sowie die kompensatorische Aufgabe der Bildungseinrichtungen hinsichtlich deren Aneignung zur Erhöhung von Chancengleichheit (vgl. Mecheril/Quehl 2015: 152-153; Dirim/Mecheril 2010: 99).
Vor diesem Hintergrund fordern Mecheril und Quehl die Einnahme einer ,migrationspäda- gogischen Perspektive^ die - losgelöst vom schulischen Erwartungshorizont mit dem Blick auf die Bildungssprache - den Zusammenhang von Sprache und Schulerfolg grundsätzlich betrachtet und die Implementierung der ,Disponiertheiten‘ von Lerner*innen in die Bildungsund Lernprozesse von Schule in den Blick nimmt (vgl. Thoma/Knappig 2015: 15; vgl. Mecheril/Quehl 2015: 151-152). Gleichzeitig verweisen Dirim und Mecheril auf die gesellschaftliche und soziale Bedeutung von Sprache und postulieren eine kritische Auseinandersetzung mit Machtdimensionen und ,gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen^ die durch eine Fokussierung der Bildungseinrichtungen auf die ,Sprache der Mehrheit‘ und die Durchsetzung der ,einsprachigen Norm‘ in Abgrenzung zu den Sprachen der ,anderen‘ impliziert werden (vgl. Dirim/Mecheril 2010: 99-100; vgl. Thomauske 2015: 95).
Der Bildungsplan BW hebt die Sprachkompetenz in der deutschen Sprache als ,Schlüsselfähigkeit für den Bildungserfolg‘ und die Wichtigkeit einer gezielten Förderung von Schüler*innen mit einer anderen Erstsprache hervor. Jedoch betont er auch die ,Vielfalt‘, sprachliche ,Heterogenität‘ und ,Unterschiedlichkeit‘ von Kindern als Chancen (vgl. BW 2016: 3). Der Orientierungsplan für Bildung und Erziehung BW hingegen nähert sich der grundsätzlichen ,Würdigung‘ und Wertschätzung ‘ von Sprache in stärkerem Maß und spricht deren Beziehungsfunktion an (vgl. BW 2011).
Die Evaluationsstudie zur Sprachförderung von Vorschulkindern EVAS beschreibt in ihrem Abschlussbericht den „bislang eher unbeachtete[n] Aspekt dass Sprache zwar als wesentliches Merkmal von Kultur gilt, alle bisher existierenden Sprachförderkonzepte die kulturspezifischen Ausprägungen von alltagssprachlichen Situationen, wie sie in den Sprachförderkonzepten vorkommen, aber weitestgehend vernachlässigen. ... Bisherige Sprachförderkonzepte sind alleinig auf die Sprach-, Denk- und Lernkultur des deutschen Kulturkreises zentriert und schränken somit Partizipationsmöglichkeiten und Chancengerechtigkeit von Kindern anderer kultureller bzw. soziokultureller Herkunft mit und ohne Migrationsgeschichte ein.“ (Pädagogische Hochschule Heidelberg/Landesstiftung BW gGmbH 2010: 67)
Diese Ausführungen kommen den von Mecheril und Co-Autoren aufgezeigten Phänomenen und Desideraten nahe und verdeutlichen die Notwendigkeit, Sprache in ihrer Identitätsfunktion zu begreifen und den Blick auf kulturelle Kontexte von Lerner*innen sowie deren Subjektivierungsprozesse zu wenden.
Eine Rückkehr zur Modellbetrachtung der Ganztagsgrundschule in der Südstadt-Ost nimmt im Folgenden beispielhaft Bezug auf diese Subjektivierungsprozesse und das Konzept des Spracherlebens (vgl. Busch 2015: 58).
Die weitreichende Präsenz von Sprachenvielfalt an der Grundschule am Wasserturm manifestiert sich neben den im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Phänomenen auch in Begegnungen und spontanen spielerischen Inszenierungen mit dem Mittel Sprache auf dem Pausenhof oder während Situationen beim Mittagessen. In spezifischen Situationen werden Begriffe aufgegriffen und (auf Nachfrage der pädagogischen Fachkraft) in die Sprachen der jeweils anderen übersetzt, Gemeinsamkeiten herausgehört oder kleine Wortkomplexe und Sätze gegenseitig beigebracht und erlernt. Für diese die Sprachen verbindenden Situationen werden nachfolgend zwei Beispiele genannt.
Auf der Wiese beim Blumenpflücken:
„Die Blume ist schön“- auf Türkisch „gigek güzei”
Kind hat zum Geburtstag eine Torte mitgebracht:
“Es gibt Torte” - auf Türkisch "pasta var”
Daraufhin wird entdeckt, dass “pasta” im Italienischen eine andere Bedeutung hat als “Torte” und wie auch im Deutschen mit “pasta” die “Teigwaren” gemeint sind, dass “pasta” aber als Gemeinsamkeit in allen drei Sprachen zum großen Wortfeld ‘Nahrung’ gehört.
Meist bedarf es dazu eines Impulses einer pädagogischen Fachkraft, so dass ein ko-kon- struktivistischer Prozess angestoßen wird. So hat sich ein spielerisches Ritual herausgebildet, bei dem eine verbale Unterhaltung zwischen mehreren Akteur*innen theatralisch entwickelt wird unter Einhaltung folgender Regel: Jeder einzelne der Teilnehmer*innen spricht eine nichtdeutsche Sprache, die von den jeweils anderen der Gruppe weder gesprochen noch verstanden wird. Eine Konversation wird geführt, indem jede*r die eigene L115 spricht und so tut, als würden die anderen Gesprächsbeiträge in den jeweils anderen Sprachen verstanden werden. Eine fiktive sprachbunte Konversation entsteht, bei der sich alle vermeintlich verstehen. Der Bedeutungsgehalt von ,Verstehen‘ wird erweitert durch die Dimensionen der Gestik, Mimik, der emotionalen Wärme und des Spaßes, den die Akteur*innen untereinander teilen.
Im Vordergrund steht bei diesen Beispielen die Interaktion zwischen mehreren Kindern und pädagogischer Fachkraft. In der ritualisierten Wiederholung von Situationen dieser Art geht es nicht um den Erwerb von Sprachkompetenzen, sondern um eine Anreicherung des Spracherlebens der Kinder in einem ,intersubjektiven, sozialen‘ Kontext und die Dimension des gemeinsamen emotionalen Erlebens (vgl. ebd.). Der zeitlich und räumlich erweiterte Aktionsradius der Ganztagsschule liefert zahlreiche Anlässe und Begegnungen zur Entwicklung von Spracherleben in Interaktionen zwischen peers, Mitschülerinnen und pädagogischen Akteur*innen. Die gegenseitige Wertschätzung der Sprachen und Kulturen am Ort Schule birgt schließlich das Potential in sich, markante Spracherlebnisse in der Kindheitsbiografie zu etablieren und positiv zu konnotieren.
Somit kann die Funktion von Ganztagsschule weiter gefasst werden als die der Vermittlung von Sprachkompetenz und kompensatorischer Aufgabe. Sprache in ihrer sozialen und kulturellen Dimension findet hier in zahlreichen Kontexten und Facetten intersubjektiven Erlebens ihren Raum und Ort.
2.3 Philosophieren als Methode
Vor dem Hintergrund der Bedeutung von Sprache als Merkmal von Kultur gilt es, Wirkungsräume zu definieren, in denen sprachliche Interaktionen die Tragweite kindlicher Interessen, Konflikte, Gedanken und Gefühle abzubilden vermögen. Auch bedarf es in der Übergangsphase vom Elementarbereich in die Primarstufe, die für die jüngsten Schülerinnen der ersten Klassenstufe oft von Fragen, Unsicherheiten oder Ängsten geprägt ist, einer Auseinandersetzung mit den neuen Themen und eigenen Gedanken und eines in-Bezug- Setzens mit der die Schulneulinge umgebenden Umwelt. Ganztagsschule bereitet Kindern ein wichtiges Übungsfeld für Selbstdenkprozesse und die Entwicklung eigener Urteile, Einsichten sowie Deutungs- und Handlungsmuster. Ein gemeinsames Philosophieren als Interaktionsform, das nicht nur den Komplex des Denkens und Fragens anspricht, sondern auch die sprachlich-kommunikative Dimension in den Vordergrund stellt, erscheint hier sinnhaft verortet werden zu können.
Bereits der Orientierungsplan für Bildung und Erziehung BW formuliert in den Bildungs- und Entwicklungsfeldern „Sprache", „Denken" und „Sinn, Werte und Religion" Ziele, die das Erleben und Gestalten in der Gemeinschaft durch Kommunikation, gemeinsames Nachdenken und Philosophieren beinhalten (vgl. BW 2011). In seinen Leitperspektiven thematisiert der Bildungsplan BW eine breite Palette von Leitgedanken wie Teilhabe, Mitbestimmung, Demokratiefähigkeit, personale und gesellschaftliche Vielfalt, wertorientiertes Handeln, Toleranz, Formen interkulturellen und interreligiösen Dialogs, denen Schule als Ort der Menschenbildung verpflichtet ist (vgl. BW 2016).
In den Texten zur Didaktik der Philosophie skizziert Ekkehard Martens ein „Konzept der schrittweise erlernbaren Methodenkompetenz" (Martens 2010: 160). Um Philosophieren als eine ,Tätigkeit‘ im Sinne einer Disziplin an Orte der didaktischen Bildung wie Schule zu implementieren, bedürfe es einer methodischen Struktur. Als Methodenkompetenz präsentiere sich das Philosophieren ebenso wie die klassischen schulischen Disziplinen des Lesens, Schreibens und Rechnens als erlernbare ,elementare Kulturtechnik‘ im Sinne einer künstlerischen Fertigkeit und zugleich als Bildungsprinzip, weil es das selbständige autonome Denken fördere (vgl. ebd.: 167-169).
Den philosophischen Methoden, die sich im Wesentlichen auf die antike Praxis und Reflexion bei Sokrates und Aristoteles zurückführen lassen, liegen einfache sprachliche und aktionale Kontexte zugrunde. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Sprachhandlung - Methode; Quelle: Rentsch, 2002: 26 zit. n. Martens 2010: 166
An den in Tab. 3 aufgelisteten Sprachhandlungen lässt sich ablesen, dass Grundschüler*in- nen diese in alltäglichen und natürlichen Einstellungen fortlaufend produzieren.
Vor dem Hintergrund mehrsprachiger Vielfalt und teils vorhandener bildungssprachferner familiärer Kontexte eignet sich das Philosophieren insbesondere hinsichtlich der Bedeutung von Umgangssprache. Die natürlichen grundsätzlichen Fragen, Formulierungen und Sprachmuster von Kindern bewegen sich in der Regel innerhalb eines kulturell und familiär geprägten (Umgangs-)Sprachrepertoires. Innerhalb dieser basalen Gewohnheitssprache ist es Kindern möglich, eigene Gedankengänge zu artikulieren, zu reflektieren, zu hinterfragen und schließlich zu eigenen Antworten zu gelangen. Der Autor Geert Keil bezeichnet dieses Phänomen als „Problemlösungspotential ... über das wir >immer schon< verfügen" (Keil 1988: 194 - zit. n. Martens 2010: 166). Im Schulkontext kann eine Ansiedlung gemeinsamen Philosophierens in einen von den formellen Strukturen und Bewertungsmaßstäben der Schulfächer losgelösten zeitlichen und räumlichen Rahmen diesen Aspekt noch verstärken.
3 Philosophieren mit Kindern als Interaktionsform
Davon ausgehend, dass Bildungseinrichtungen nicht nur Wissen vermitteln, sondern Lernende im Sinne einer Menschenbildung befähigen sollen, in sozialen Gemeinschaften partizipatorisch und gerecht für demokratische und Menschen achtende Werte einzustehen, kommt dem Philosophieren mit Kindern aufgrund seiner vielversprechenden Potentiale eine tragende Bedeutung zu. Im Wesentlichen geht es um die Vermittlung einer fragenden, philosophischen Haltung, die in einer immer komplexer werdenden Lebenswelt zu einer essentiellen Gegenwartsaufgabe zu werden scheint (vgl. Sinhart-Pallin/Ralla 2015: 16 ff). Vor dem Hintergrund dieser offenen neugierigen Haltung vermögen Fragen zu philosophischen Fragen zu werden und die Annäherung an mögliche Antworten erfolgt über die Schritte des Denkens und Urteilens - bestenfalls versehen mit dem Mut, sich des eigenen Verstands zu bedienen. Das Training dieser Selbstdenk- und Lernprozesse hat schließlich das Ziel, zu einer Einsicht zu gelangen und Muster für das eigene Handeln zu konstruieren (vgl. ebd.).
In den von Jean Piaget definierten kindlichen Entwicklungsphasen des anschaulichen Denkens und der konkreten Operationen, die dem Vor- und Grundschulalter entsprechen und die eine entscheidende Grundlage für Sozialisationsprozesse darstellen, vollzieht sich die kognitive Entwicklung im Denken und Urteilen von Kindern nach einer „beständigen erfahrungsabhängigen Umorganisation“ des Gehirns - der sogenannten „Neuroplastizität“ des Gehirns (Spitzer 2011: 106 - zit. n. Sinhart-Pallin/Ralla 2015: 23). Einen enorm hohen Stellenwert haben deshalb stimulierende Erfahrungsumgebungen, Lernsettings und Interaktionsanlässe in der Kindheit.
In der Interaktionsform des Philosophierens mit Kindern in ko-konstruktivistischen Einstellungen, d.h. unter Mitwirkung einer pädagogischen Kraft, die nach Wygotskis Prinzip des scaffolding agiert, indem sie Gedankenverläufe und Lernprozesse der Kinder durch Denkanstöße oder andere Hilfestellungen unterstützt, scheint ein synergie- und facettenreiches Wirkungsfeld vorzuliegen, dessen konkrete Ausgestaltungsformen es zu erkunden gilt.
3.1 Begriffsklärung Philosophieren mit Kindern
In der berühmten Warum-Frage von Kindern manifestiert sich ihre ureigene Eigenschaft: das ,Verstehenwollen‘. Ihre Neugier auf Zusammenhänge und Sinnhaftigkeit der sie umgebenden Umwelt zeigt sich in der Aktivität des Sich-an-jemanden-Wendens, der zumeist eine erwachsene Person ist. Darin lässt sich die intuitive Haltung des Kindes erkennen, sich gemeinsam - also in Interaktion mit einem Gegenüber auf die Suche nach Sinnfindungen zu machen. Das Erlangen von Antworten und Erklärungen auf große und kleine Fragen durch eine gemeinsame Suchbewegung scheint ein existentielles Bedürfnis von Kindern zu sein. Bereits seit der Antike existieren Vorstellungen und Überzeugungen über den elementaren Stellenwert von Philosophieren mit Kindern (vgl. Sinhart-Pallin/Ralla 2015: 9).
Als natürliche implizite1 Form des Philosophierens sieht Martens das erste Interagieren des Kindes mit seiner Umwelt, während dessen sich erste Aktions- und Sprachmuster etablieren. In dieser Phase gehe es um die zentralen W-Fragen des ,Woher‘ und ,Wohin‘ und um die Bedeutung von Wörtern (vgl. Martens 2010: 164). Insofern können Kleinkinder in Anbetracht ihrer kindlichen Naivität bereits als Philosophen gelten, wenn sie für (Natur-) Phänomene in der ersten Phase der präoperationalen Intelligenz nach Piaget (ca. 2-4-Jährige) beispielsweise animistische Erklärungsversuche anwenden. Dass sie dies tun, indem sie auf den sozialen Bereich des Menschen rekurrieren (vgl. Kienbaum/Schuhrke 2010: 167) lässt ein Denken in (dyadischen) sozialen Beziehungen erkennen sowie eine frühe Auseinandersetzung mit ihren sozio-kulturellen Kontexten, in denen Kinder aufwachsen und die sie offensichtlich prägen.
Nachfolgend einige Beispiele für kindliche Aussagen:
animistische Erklärungen:
Mama, warum ist Weihnachten einfach weggegangen?
Ich liebe den Schnee, ich möchte den Schnee heiraten ... dann hat der Schnee irgendwo einen Ring. artifizialistische Erklärung:
... und dann hat der Gott die Bäume in die Erde reingesteckt. finalistische Erklärung:
. dann muss man die Wolken wegmachen, damit der Gott runterschauen kann.
An das natürliche Philosophieren schließt sich nach Martens die Phase des ,elementaren expliziten‘ Philosophierens an, die der konkret-operationalen Phase bei Piaget zuzuordnen ist. Grundschulkinder sind demnach in der Lage, beim Philosophieren Gedankengänge konkret zu entwickeln und sich differenzierter verbal auszudrücken. In einer weiterentwickelten Stufe setzt sich schließlich die ,akademische‘ Variante mit den Theorien von Philosophen und Vordenkern auseinander. Der Autor mahnt das Fernhalten einer Abgrenzung der drei Formen an, da die originären Kinderfragen als Leitmotive und ,Ausgangspunkt‘ in der Tradition der Philosophie stets erhalten bleiben (vgl. Martens 2010: 165).
Der heutige Diskurs um das Philosophieren mit Kindern geht in seiner Begrifflichkeit zurück auf den Philosophieprofessor Matthew Lipman, der in den USA der 1970er Jahre die Implementierung der Kinderphilosophie als Bildungsdomäne in den schulischen Kontext einforderte sowie eine Didaktik dazu entwickelte und an die ein weiterer, Gareth Matthews mit dem Fokus auf die Praxis von Gesprächen mit Grundschüler*innen weltweit anknüpfte (vgl. Sinhart-Pallin/Ralla 2015: 11, 70 ff). In Deutschland widmete sich Ekkehard Martens in Anlehnung an die beiden amerikanischen Kollegen der Methodik für den Philosophie- und Ethikunterricht und entwickelte das ,Integrative Methodenparadigma‘ für Lehrer*innen, auf das im nachfolgenden Unterkapitel näher eingegangen wird (vgl. ebd.).
Martens definiert Philosophieren als Tätigkeit, als einen Prozess des Selbstdenkens im Sinne eines Durchdenkens und Prüfens von Wissensbeständen mit dem Ziel, zu eigenen Urteilen zu gelangen. Nach ihm hebt sich das philosophische Selbstdenken in der Haltung, im Inhalt und in der Methode ab (vgl. Martens 2007: 161). In seiner Bildungsfunktion soll Philosophieren Kindern einen Raum anbieten, in dem sie eine Kultur des (Nach)Denkens entfalten und diese unter Aspekten des Wissens, der Gefühle, Inhalte, Methoden und Werteorientierung ausgestalten können. Pädagog*innen als Dialogpartner*innen kommt dabei eine Schlüsselaufgabe zu. Im besten Fall vollziehen sie selbst ein Rückbesinnen auf Fragestellungen und Gefühlswelten der eigenen Kindheit, um angestoßene Denk- und Erkenntnisprozesse bei Kindern einfühlsam und konstruktiv mitbegleiten zu können (vgl. Sinhart- Pallin/Ralla 2015: 13 ff).
Nach Sokrates‘ Manier geschieht Kinderphilosophie an alltäglichen Orten wie Schulen oder Kindertageseinrichtungen als Praxis des Alltags. Wie im sokratischen Gespräch ist ein Austarieren zwischen dem seine Selbstdenkprozesse frei konstruierenden Kind und der stützenden Begleitung des Mentors erforderlich. Dessen Anstoß soll das Kind lediglich befähigen, in einen Selbstbildungsprozess einzutreten und sich seiner Verortung in der Welt gewahr zu werden (vgl. ebd.: 55-56).
3.2 5-Finger-Methode nach Martens
Martens ,Konzept der schrittweise erlernbaren Methodenkompetenz‘ und das Postulat des Philosophierens als ,vierte Kulturtechnik‘ sind in Kapitel 2.3 beschrieben. Die Tabelle Sprachhandlung - Methode (Tab. 2) ordnet Sprach- und Handlungszusammenhänge, wie sie von Kindern in der Alltagspraxis auftauchen, dem ,sokratisch-aristotelischen Methoden- paradigma‘ zu.
[...]
1 Landesinstitut für Schulentwicklung/Statistisches Landesamt Baden-Württemberg wird im Folgenden abgekürzt mit ls/statistik-bw
2 Baden-Württemberg kann im Folgenden mit BW abgekürzt werden
3 Stadtkreis kann im Folgenden mit SKR abgekürzt werden
4 Siehe Kapitel 2.1.2
5 Migrationshintergrund kann im Folgenden mit MH abgekürzt werden
6 Ganztagsgrundschule im Karlsruher Stadtteil Südstadt-Ost
7 Merkmal: nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld (auch wenn Schülerin die deutsche Sprache beherrscht), Quelle: ls/statistik-bw 2017
8 Stand Juni 2019, Werte aus eigener Erhebung durch Schülerinnen Befragung
9 Für Migrationshintergrund wird im Datenatlas die Definition nach der amtlichen Schulstatistik verwendet
10 Hier wird Migrationshintergrund „im engeren Sinne" nach der Definition des Mikrozensus zu Grunde gelegt
11 Stand 2016
12 vgl. Tabelle 1 in Kap. 2
13 Im Folgenden wird der Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe auch mit „stja" bezeichnet.
14 Hier sind die Herkunftsländer der Sprachen angegeben
15 L = Lernersprache
- Citar trabajo
- Silke Habermaier (Autor), 2019, Sprachliche Bildung und Förderung in der Ganztagsgrundschule. Philosophieren mit Kindern, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1031381
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