Exzerpt (in Stichpunkten) zum Thema "Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen." Literatur: Max Weber (1976): Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen. In: Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen, S.234-244.
1. Einführung
1.1 Definition von Ethnizität
- (Def.) „Ethnizität bezeichnet eine Eigenschaft einer Gruppe bzw. eines Mitgliedes einer Gruppe“ (Bös 2008: 55).
- (Def.) „Nach Max Weber ist Ethnizität ein Konzept einer Gruppe von Menschen, welche sich durch den Glauben an gemeinsame Abstammung und Kultur konstituiert und so eine homogene Gruppenidentität bildet. Dabei werden gewisse kulturelle Elemente wie Sprache, Kleidung, Brauchtum und Religion als auch nach außen sichtbare Abgrenzungszeichen verwandt“ (Barth 1969: 12ff.).
- Aspekten : „Erstens nehmen sich die Mitglieder einer Gruppe selbst als verschieden von anderen Menschen wahr, zweitens wird diese Gruppe von anderen ebenfalls als verschieden wahrgenommen, und drittens nehmen die Mitglieder der Gruppe an gemeinsamen Aktivitäten teil, die sich auf ihre (reale oder mythische) gemeinsame Herkunft oder Kultur beziehen“ (Bös 2008: 55ff.).
- „Der Begriff „ethnische Gemeinschaft“ betont das Zugehörigkeitsgefühl der Gruppenmitglieder, während der Begriff „ethnische Gruppe“ auf die kategoriale Gemeinsamkeit der Gruppenmitglieder verweist“ (Bös 2008: 56).
1.2 Ethnizität als primordial und situational
- „Primordial ist ein Anglizismus und bedeutet „ursprünglich“. Ursprünglich meint hier etwa die starke Verbindung zur Gemeinde in der jemand aufwuchs oder zur Herkunftsfamilie. Diese Bindungen sind primordial, weil sie individuell als ursprünglich wahrgenommen werden, sie werden aus Sicht des Einzelnen „vorgefunden“ oder sind immer schon vorhandene Aspekte des eigenen Lebens“ (Bös 2008: 60).
- „Ethnizität als primordial im Sinne der jeweiligen Definition des Einzelnen, meint also „schon immer vorhanden“ für den Einzelnen, dem es aufgrund seines Lebenslaufs so erscheint“ (Bös 2008: 61).
- „Ethnizität als Ausdruck eines dynamischen, jeweils situational-bestimmten symbolischen bzw. kulturellen Differenzierungsprozesses“ (Jenkins 1997:12).
- „Egal, welchen Standpunkt man einnimmt, ob man Ethnizität als willkürliches Konstrukt oder als Ausdruck gefühlter historischer Kontinuität sieht, Ethnizität drückt sich notwendiger Weiße immer in einer aktuellen gelebten Situation aus“ (Bös 2008: 61ff.).
2. Die „Rassen“ Zugehörigkeit.
- (Def.) „Die „Rassenzugehörigkeit“- ist Abstammungsgemeinsamkeit beruhende Besitz gleichartiger ererbter und vererblicher Anlagen“(Weber 1976: 234).
- „Die „Rassenzugehörigkeit“ führt zu einer „Gemeinschaft“ natürlich überhaupt nur dann, wenn sie subjektiv als gemeinsames Merkmal empfunden wird, und dies geschieht nur, wenn örtliche Nachbarschaft oder Verbundenheit Rassen verschiedener zu einem (meist: politischen) gemeinsamen Handeln, oder (wenn) umgekehrt: irgendwelche gemeinsamen Schicksale der rassenmäßig Gleichartigen mit irgendeiner Gegensätzlichkeit der Gleichgearteten gegen auffällig Andersgeartete verbunden sind“(Weber 1976: 234ff.).
2.1 Gemeinschaftshandeln „negativ“
- „Absonderung und Verachtung“(Weber 1976: 234ff.).
- „Abergläubische Scheu gegenüber den Andersgearteten“(Weber 1976: 234ff.).
- „Primäre Abstoßung“(Weber 1976: 234ff.).
- „Normale Abstoßung“(Weber 1976: 234ff.).
2.2 Faktoren für eine Anziehung oder Abstoßung in einer Gemeinschaft
- „Dauer der Sexualbeziehungen“(Weber 1976: 234).
- (Def.) „Konnubium die Verbindung zwischen ursprünglich voneinander abgegrenzten gesellschaftlichen Gruppen durch Heirat“ (a. d. Frz., Neuausg: 1993).
- „Das bestehende oder fehlende Konnubium wäre dann naturgemäß bei allen zu einem ethnischen Sonderbewusstsein entwickelten Gemeinschaften eine normale Konsequenz rassemäßiger Anziehung oder Absonderung“(Weber 1976: 234).
- „Das Konnubium hängt von mannigfachen Umständen ab “ (Weber 1976: 234).
- „Es ist nicht der mindeste Zweifel, dass für die Intensität des Sexualverkehrs und für die Bildung von Konnubialgemeinschaften auch rassenmäßige, also durch Abstammungsgemeinschaft bedingte Momente eine Rolle spielen, zuweilen die ausschlaggebende“ (Weber 1976: 235ff.).
- (Def.) „Die Endogamie einer Gemeinschaft darunter versteht man einen Ablauf des Gemeinschaftshandelns, derart, dass nur endogen gezeugte Abkömmlinge als gleichstehende Genossen des Gemeinschaftshandelns akzeptiert werden“(Weber 1976: 235ff.).
Blutsgemeinschaft:
„Nicht nur die Tatsache, dass, sondern auch der Grad, in welchem das reale Blutsband als solches beachtet wird, ist durch andere Gründe als das Maß der objektiven Rassenverwandtschaft mitbestimmt (Blutsband = Rassenverwandtschaft)“ (Weber 1976: 235ff.).
3. Entstehung ethnischer Gemeinsamkeitsglaubens. Sprach- und Kulturgemeinschaft.
-„sozialen Verkehrsgemeinschaft knüpft erst recht an die größten Äußerlichkeiten der aus irgendeinem zufälligen historischen Grunde eingelebten Unterschiede der äußeren Lebensgewohnheiten genau ebenso an, wie an das rassenmäßige Erbgut“(Weber 1976: 236).
- „Entscheidend ist vielfach neben der Ungewohntheit abweichender Gepflogenheiten rein als solcher, dass die abweichende „Sitte“ in ihrem subjektiven „Sinn“ nicht durchschaut wird, weil dazu der Schlüssel fehlt“(Weber 1976: 236).
- „Fast jede Art von Gemeinsamkeit und Gegensätzlichkeit des Habitus und der Gepflogenheiten kann Anlass zu dem subjektiven Glauben werden, dass zwischen den sich anziehenden oder abstoßenden Gruppen Stammverwandtschaft oder Stammfremdheit bestehe“(Weber 1976: 236ff.) .
- „ethnische Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht“(Weber 1976: 236ff.) .
- „Von der Sippengemeinschaft scheidet sich die ethnische Gemeinsamkeit dadurch, dass sie eben an sich nur (geglaubte) Gemeinsamkeit, nicht aber Gemeinschaft ist, wie die Sippe, zu deren Wesen ein reales Gemeinschaftshandeln gehört“(Weber 1976: 236ff.) .
- „Die ethnische Gemeinsamkeit ist demgegenüber nicht selbst Gemeinschaft, sondern nur ein die Vergemeinschaftung erleichterndes Moment“( Weber 1976: 237) .
- „Diese „künstliche“ Art der Entstehung eines ethnischen Gemeinsamkeitsglaubens entspricht ganz dem uns bekannten Schema der Umdeutung von rationalen Vergesellschaftungen in persönliche Gemeinschaftsbeziehungen“ (Weber 1976: 238ff.) .
- „Der „ethnische“ Gemeinsamkeitsglaube ist sehr oft, aber nicht immer, Schranke sozialer Verkehrsgemeinschaften; eine solche wiederum ist nicht immer identisch mit endogamer Konnubialgemeinschaft, denn die von jeder von beiden (Gruppen) umfassten Kreise können sehr verschieden groß sein“( Weber 1976: 239) .
- „Der ethnische Ehre - Glaube an eine spezifische, von Außenstehenden nicht geteilte Ehre“ (Weber 1976: 240) .
- „Unterschiede in der Lebensführung des Alltags“ (Weber 1976: 240) .
- „Die Sprachgemeinschaft ist, bedingt durch ähnliche religiöse Vorstellungen und Gleichartigkeit der rituellen Lebensreglementierung, eine außerordentlich starke, überall wirkendes Element von „ethnischen“ Verwandtschaftsgefühlen , namentlich weil die sinnhafte „Verständlichkeit“ des Tuns den Anderen die elementarste Voraussetzung der Vergemeinschaftung ist“ (Weber 1976: 240ff.) .
4. Verhältnis zur politischen Gemeinschaft. „Stamm“ und „Volk“.
-„Die Entstehung eines spezifischen, blutsverwandtschaftsartig reagierenden Gemeingefühls für rein künstlich abgegrenzte politische Gebilde“ (Weber 1976: 240ff.).
[...]
- Citar trabajo
- M.A. Sergio Merz (Autor), 2015, Exzerpt zu Max Weber: Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030733