In dieser Hausarbeit sollen die Marktideen von Adam Smith und Karl Marx analysiert und einer egalitären Betrachtung unterstellt werden. Dabei soll geklärt werden, inwieweit die grundsätzlichen Gedanken über einen freien Markt zu einer gesellschaftlichen Gleichheit führen sollten und welche Rollen Smith und Marx dabei einnehmen.
In einer weltweiten Betrachtung der Vermögensverteilung konnte im Jahr 2017 das reichste Prozent der Weltbevölkerung über die Hälfte des gesamten globalen Vermögens aufweisen. Ebenso wuchsen die Vermögen der Milliardärinnen und Milliardäre im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts um jährlich 13 Prozent, während die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter lediglich um zwei Prozent stiegen. Diese Ungleichheit spiegelt sich besonders in den unterschiedlichen Lohnverteilungen zwischen Männern und Frauen wider.
In ihrer Auseinandersetzung mit privaten Regierungen in der heutigen Gesellschaft, befasst sich Elizabeth Anderson mit der historischen Entwicklung der Denkweisen über eine freie Marktgesellschaft und bezieht sich dabei besonders auf die Ideen von Adam Smith und Karl Marx zu Beginn der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Egalitarismus
3. Adam Smith
3.1 Theorie des freien Marktes
3.2 Egalitäre Ansätze
3.3 Egalitäre Kritik
4. Karl Marx
4.1 Mehrwerttheorie
4.2 Theorie der Entfremdung
4.3 Egalitäre Analyse von Marx' Theorie
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In einer weltweiten Betrachtung der Vermögensverteilung konnte im Jahr 2017 das reichste Prozent der Weltbevölkerung über die Hälfte des gesamten globalen Vermögens aufweisen. Ebenso wuchsen die Vermögen der Milliardärinnen und Milliardäre im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts um jährlich 13 Prozent, während die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter lediglich um zwei Prozent stiegen.1 Diese Ungleichheit spiegelt sich besonders in den unterschiedlichen Lohnverteilungen zwischen Männern und Frauen wider. „Weltweit verdienen Frauen im Durchschnitt 23 Prozent weniger als Männer, in Deutschland sind es 21 Prozent."2 Obwohl heutzutage eine solche ungleiche Gesellschaft, besonders durch die Ausprägungen des Kapitalismus, vorzufinden ist, waren es ursprünglich linke egalitäre Denker und deren Ideen, die eine freie Marktgesellschaft forderten.
Besonders die Levellers, deren Aufkommen auf die Zeit des englischen Bürgerkrieges im 17. Jahrhundert zurückzuführen ist, „[...] setzten eine der ersten egalitären sozialen Bewegungen der modernen Welt in Gang."3 Ihre Forderungen konzentrierten sich vor allem auf die Verfassung, die „[...] die legislativen und exekutiven Kompetenzen der Regierung bestimmen und sie von den individuellen Grundrechten der Bürger abgrenzen [sollte]."4 Sie traten darüber hinaus insbesondere für das Recht auf Privateigentum sowie für freie Märkte ein. Durch die Ausprägung von unterschiedlichsten Formen der Beherrschung und Hierarchien im frühneuzeitlichen England, sahen sie freie Märkte als eine Voraussetzung für persönliche Unabhängigkeit von Herrschaft an und stellten somit eine wichtige Grundlage für eine egalitäre Gesellschaft dar.5
In ihrer Auseinandersetzung mit privaten Regierungen in der heutigen Gesellschaft, befasst sich Elizabeth Anderson zunächst mit der historischen Entwicklung der Denkweisen über eine freie Marktgesellschaft und bezieht sich dabei besonders auf die Ideen von Adam Smith und Karl Marx zu Beginn der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert.6
Im Folgenden sollen die Marktideen von Smith und Marx analysiert und einer egalitären Betrachtung unterstellt werden. Dabei soll geklärt werden, inwieweit die grundsätzlichen Gedanken über einen freien Markt zu einer gesellschaftlichen Gleichheit führen sollten und welche Rollen Smith und Marx dabei einnehmen.
2. Egalitarismus
Zunächst ist es erforderlich eine klare Bestimmung von dem voranzustellen, was in den folgenden Ausführungen unter einer egalitären Sichtweise zu verstehen ist. Dabei ist es möglich, diese unterschiedlich zu interpretieren. Für eine Analyse der Ideen von Smith und Marx unter egalitären Gesichtspunkten ist eine Konkretisierung allerdings notwendig. Dabei wird sich besonders auf die Vorstellungen des Egalitarismus von Wolfgang Kersting und Elizabeth Anderson bezogen.
Für Anderson zeichnet sich ein Egalitarist, gemäß des Ideals in den Sozialbeziehungen, dadurch aus, dass er „[...] eine Gesellschaft gutzuheißen und zu fördern [versucht], deren Mitglieder als Gleiche miteinander umgehen."7 Dies stellt allerdings eine vereinfachte Betrachtung des Egalitarismus in seiner Grundidee dar.
Kersting betrachtet den Egalitarismus darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit und der Frage nach den Zugeständnissen, die einem Jeden, auf Basis von Gerechtigkeit, gemacht werden.8 Dabei weitet sich die Antwort des Egalitarismus in zwei Richtungen auf. Einerseits kann nach dem Prinzip gerechtfertigter Ungleichheit gehandelt werden, um Verteilungsgerechtigkeit herzustellen. Als Beispiel fügt er das Rawlssche Differenzprinzip an. „Dabei liegt der Rechtfertigungsgrund der Ungleichheit in der distributivallgemeinen Vorteilhaftigkeit der Ungleichheitsordnung."9 Dies bedeutet, dass eine ungleiche Verteilung eigene Vorteile für das Gemeinwesen generieren kann. Andererseits kann eine Auslegung des Egalitarismus extremer ausfallen. Diese lässt keine Rechtfertigungen einer ungleichen Verteilung zu. Für sie ist es essenziell, dass jede Person das Gleiche erhält.10 Offen bleibt hierbei eine Spezifizierung dessen, was unter dem Gleichen zu verstehen ist, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gemeinwesens gleichermaßen erhalten sollen.
Für eine solche Konkretisierung empfiehlt Kersting die Unterscheidung von drei egalitären Theoriekonzeptionen der Verteilungsgerechtigkeit. Dabei betrachtet er den Strukturegalitarismus, Ressourcenegalitarismus und Wohlbefindensegalitarismus11, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Der Strukturegalitarismus betrachtet die Gestaltung der institutionellen Rahmenbedingungen für eine optimale Verteilungsgerechtigkeit. Konkret bedeutet dies, dass die verschiedenen Verfassungsbereiche in ökonomischer, rechtlicher und politischer Hinsicht unter der Maßgabe der Gleichheit für alle Mitgliederinnen und Mitglieder der politischen Gemeinschaft betrachtet werden. Ziel des Ressourcenegalitarismus ist eine Gleichverteilung von Ressourcen für alle Individuen, die dahinführt, dass alle Individuen dieselben Startbedingungen für ihre individuellen Karrieren haben. Schließlich ist es die Prämisse des Wohlbefindensegalitarismus, einen gleichen Zustand des individuellen Wohlbefindens für alle Individuen zu generieren.12 Letztere nehmen demnach die Individuen ins Zentrum der Betrachtung, während bei der Struktur die Rahmenbedingungen im Vordergrund stehen.
Fraglich bleibt nun, inwieweit egalitäre Bestrebungen und Konzeptionen mit den Forderungen nach einem freien Markt und Privateigentum einhergehen können, wenn die Tendenz der Marktgesellschaft darin besteht, Einkommens- und Vermögensungleichheit zu erzeugen.13 Anderson empfiehlt über eine enge Auslegung des Egalitarismus, in welcher heutige Annahmen zur Verteilungsgerechtigkeit einfließen, hinauszugehen und diesen von seiner Grundidee her zu betrachten. Demnach „[...] geht es grundsätzlicher betrachtet um den Abbau oder die Abschleifung sozialer Hierarchie."14
Im Folgenden soll die Marktidee von Adam Smith sowie die Theorien von Karl Marx über den Marktkapitalismus kurz vorgestellt und unter Zuhilfenahme der beschriebenen Annahmen über den Egalitarismus, in seinen verschiedenen Formen, analysiert werden.
3. Adam Smith
Mitte des 18. Jahrhunderts wuchs die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der bestehenden Feudalherrschaft. Neben den Gewerbetreibenden, die sich durch regional und örtlich beschränkte Märkte, Preisfestsetzungen sowie Zöllen für die Fürsten wirtschaftlich eingeschränkt sahen, wurden ebenso die leibeigenen Bauern durch die wachsende Konsumsucht des Adels immer stärker belastet. Das einheitliche Ziel beider Strömungen ist es gewesen, die bestehende Ordnung aufzubrechen.15 Die Bevölkerung wollte sich demnach von jeglichen staatlichen Eingriffen in wirtschaftliche Aktivitäten sowie den Handel lösen und freiheitlich agieren. Darin liegt auch der Grundgedanke des Liberalismus, der unter anderem diese Freiheit in der Wirtschaft als Ziel sieht.
3.1 Theorie des freien Marktes
Adam Smith, der zur Zeit des Beginns der industriellen Revolution geschrieben hatte und als Begründer des sogenannten ökonomischen Liberalismus galt, vertrat die Idee des Marktliberalismus in einem breiten Umfang. Im Vordergrund stehen bei ihm Überlegungen über die
Steigerung der Produktivität durch Arbeitsteilung, sowie der Ausweitung der Märkte durch den Abbau von Beschränkungen im Handeln.16 Die Idee der Arbeitsteilung liegt für Smith der Idee zugrunde, dass eine Gruppe von Arbeiterinnen und Arbeitern, in der Einzelne auf spezielle Aufgaben spezialisiert sind, produktiver arbeiten kann als eine Gruppe, in der alle die gleichen Arbeiten verrichten. Diese Vorstellung erfordert nach Smith einen freien Wettbewerb und Markt, indessen sich die Individuen mit ihren individuellen Fähigkeiten spezifizieren und somit privaten wirtschaftlichen Erfolg erzeugen können.17
3.2 Egalitäre Ansätze
Durch die Forderung von Smith nach einem freien Markt sei es jedem Individuum möglich, seine eigene wirtschaftliche Situation durch Arbeit zu verbessern und zu gestalten. Hierbei lassen sich die Forderungen des Ressourcenegalitarismus wiederfinden, indem jedes Individuum von der Theorie her die grundlegenden gleichen Möglichkeiten beziehungsweise Ressourcen besitzt und durch seine eigenen Fähigkeiten seine persönliche Karriere bestreiten kann.
Smith ignoriert dabei nicht die möglichen Profitunterschiede durch unterschiedliche politische Macht in den Klassen der Gesellschaft. „Dass den Kapitalisten dabei der größte Anteil zukommt, wird von Smith durchaus konstatiert. Allerdings [...] führen der freie Markt und der dort stattfindende Wettbewerb zu relativ geringen Profiten, über Zeit sodann zu höheren Löhnen und niedrigeren Preisen."18 Somit generiere ein freier Markt nach Smith mit der Zeit einen wachsenden Wohlstand für die gesamte Gesellschaft, was sich mit der egalitären Forderung nach einem Wohlbefinden, bei dem alle Individuen profitieren, vereinbaren lässt. Darin kann ebenso ein Rechtfertigungsgrund für Ungleichheit gesehen werden, da es einerseits größere Profite für einen Akteur geben kann, andererseits der Gesamtwohlstand der Gesellschaft wächst.
Andersons grundlegende Betrachtung des Egalitarismus in seiner Grundform, lässt sich ihrer Ansicht nach ebenso bei Smith wiederfinden. Für sie zeichnet sich bei Smith jede Marktbeziehung egalitär aus.19 Mit seinem Konzept der „Unsichtbaren Hand" beschreibt er, dass die Akteure beim Handeln zwar ihre Eigeninteressen verfolgen, deswegen aber beim Tauschgeschäft die Bedürfnisse des Partners versuchen zu befriedigen. Somit profitieren alle Beteiligten an ebendiesem Geschäft und die Akteure müssen sich auf einer gleichwertigen Ebene von gleichen Status, Ansehen und Autorität begegnen. Hierarchische Unterschiede liegen demnach nicht vor.20
3.3 Egalitäre Kritik
Kritik an der Arbeitsteilung aus egalitärer Sicht, bringt unter anderem Bernd Senf an. Dieser attestiert einer Arbeitsteilung eine fortschreitende Spezialisierung, welche dazu führen kann, dass Arbeiterinnen und Arbeiter mit einem geringen Qualifikationsniveau, leichter durch Maschinen oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ersetzen sind. Somit verringern sich ihre Rechte und ihr Anspruch auf einen höheren Lohn gegenüber anderen.21 Eine egalitäre Gleichstellung und Gleichbehandlung ist dann nicht mehr gegeben. Ebenso kritisch müssen bei einer egalitären Betrachtungsweise von Adam Smiths Theorie, die entstandenen hierarchischen Unterschiede durch die innerbetriebliche Arbeitsteilung angesehen werden. Senf zufolge sind durch die Trennung von „Hand- und Kopfarbeit" Entscheidungsstrukturen entstanden, bei denen der soziale Status einzelner Angestellten als höher angesehen und besser entlohnt wurde.22 Somit erzeugt die Arbeitsteilung nicht allein ungleiche Arbeitsbedingungen, sondern zugleich unterschiedliche Lebensbedingungen durch eine ungleiche Entlohnung. Ein Abbau sozialer Hierarchien, als grundlegender Anspruch des Egalitarismus, lässt sich damit nicht feststellen.
„Auch wenn es stimmt, dass durch Arbeitsteilung die Produktivität und [...] das Sozialprodukt gesteigert wurde, bedeutet das nicht zwangsläufig einen wachsenden Lebensstandard für die Arbeiter, [sondern] verschlechterten sich zunächst einmal nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Lebensbedingungen [...] der Lohnabhängigen."23 Dies hatte sich erst durch eine neue Form der Arbeiterbewegung und einer Kritik an der bürgerlichen Ökonomie durch Karl Marx verändert.
[...]
1 Vgl. Oxfam Deutschland e.V. (Hrsg.), Der Preis der Profite. Zeit, die Ungleichheitskrise zu beenden, Berlin 2018, S. 1.
2 Ebd., S. 2.
3 Elizabeth Anderson, Private Regierung. Wie Arbeitgeber über unser Leben herrschen (und warum wir nicht darüber reden), Berlin 2019, S. 39.
4 Manfred Brocker, Die Grundlegung des liberalen Verfassungsstaates. Von den Levellern zu John Locke, München 1995, S. 91.
5 Vgl. Anderson, Private Regierung, S. 41.
6 Vgl. ebd., S. 32 ff.
7 Ebd., S. 34.
8 Vgl. Wolfgang Kersting, Theorien der sozialen Gerechtigkeit, Stuttgart 2000, S. 34.
9 Ebd., S. 35.
10 Vgl. ebd.
11 Vgl. ebd., S. 36 f.
12 Vgl. ebd.
13 Vgl. Anderson, Private Regierung, S. 40.
14 Vgl. ebd., S. 40 f.
15 Vgl. Bernd Senf, Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise, München 2002, S. 21 f.
16 Vgl. ebd., S. 22.
17 Vgl. Dietmar Herz, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, in: Dietmar Herz/Veronika Weinberger (Hrsg.), Die 100 wichtigsten Werke der Ökonomie. Von Adam Smith bis Paul Krugmann, Stuttgart 2019, S. 222.
18 Ebd.
19 Vgl. Anderson, Private Regierung, S. 35.
20 Vgl. ebd., sowie: Herz, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, S. 222 f.
21 Vgl. Senf, Die blinden Flecken der Ökonomie, S. 33.
22 Vgl. ebd., S. 34.
23 Ebd.
- Citation du texte
- Felix Ehrich (Auteur), 2020, Elizabeth Andersons „Private Regierungen“ (2017) unter einer egalitären Analyse der Theorien von Adam Smith und Karl Marx, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030585
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