Geschlecht als gesellschaftliches Unterscheidungsmerkmal wird von West und Zimmermann bereits begrifflich durch den Titel ihres Werkes "Doing Gender" als gesellschaftliche Inszenierung entlarvt und damit aus seiner starren biologisch definierten Dualität gehoben.
Welche Leerstellen dieses Konzept in der Geschlechterforschung zu füllen vermag und ob es möglich ist, Gender nicht zu "tun", wird im Folgenden erläutert werden.
Das Konzept des Doing Gender nach C. West und D. H. Zimmermann:
Geschlecht als gesellschaftliches Unterscheidungsmerkmal wird von West und Zimmermann bereits begrifflich durch den Titel ihres Werkes Doing Gender als gesellschaftliche Inszenierung entlarvt und damit aus seiner starren biologisch definierten Dualität gehoben. Welche Leerstellen dieses Konzept in der Geschlechterforschung zu füllen vermag und ob es möglich ist Gender nicht zu tun, wird im Folgenden erläutert werden.
Als Einstieg in den ethnomethodologischen Ansatz dient sicherlich eine begriffliche Unterscheidung, die von den beiden vorgenommen wird und als Ausgangsbasis ihres Konzeptes dient: Zum einen wird die Kategorie sex mit ihrer ursprünglichen Bedeutung unbestreitbarer biologischer Merkmale als Geburtsklassifikation herangezogen. Diese erste Kategorie bildet den Grundbaustein für die noch folgenden Kategorien und erklärt die Vorstellung von einem vorherrschenden und vermeintlich natürlichen Dualismus, der ausgehend von den biologischen Kriterien lediglich Mann und Frau zulässt. Alle weiteren geschlechtlichen Varianten wurden und werden von ihnen als Prototypen abgeleitet.
Soziale Zuordnungen und das Verweisen in eine sogenannte sex category folgen aus dem gesellschaftlichen Bedürfnis heraus, Menschen der „maskulinen [oder] weiblichen Natur“1 zuzuordnen. Durch Interaktion wird das Individuum bezüglich seiner Geschlechtlichkeit so mithilfe von Identifikationsmerkmalen konstituiert2 und strukturiert wiederum die Interaktion in einem reproduktiven Prozess. Dies stellt daher weniger die „Ausprägung [von] (…) Differenzen“ als ihre „Erzeugung“3 auf gesellschaftlicher, institutioneller und damit kultureller Ebene dar. Anhand eines spezifischen Habitus können Individuen nun sicherstellen, von ihren Mitmenschen als das erkannt zu werden, was sie auszustrahlen beabsichtigen. Die eigenmächtige Teilhabe an der Konstruktion des eigenen Geschlechts ist hier hervorzuheben.
Dritte und letzte Kategorie ist schließlich gender, die sich in der interaktionellen Evaluation der Geschlechtskategorie Anderer Bahn bricht. Das Individuum vergewissert sich der zuvor willkürlich gesetzten geschlechtlichen Merkmale Anderer, während es seine eigenen bewertet und in Relation dazu setzt. Gender bedeutet eine „routinierte, methodologisch wiederkehrende Leistung“4 die performativ vor mir selbst und Anderen nach außen getragen wird. Als Ergänzung zur sex category verstanden, definiert es sich als Ausführung von demjenigen Verhalten, welches für die jeweilige sex category die zutreffenden Kriterien erfüllt. West und Zimmermann markieren damit gender deutlich als nicht festgesetzte „Merkmale, Variable, Rolle“ sondern als „Produkt sozialer Aktivitäten“5, die durch ihre Einbindung in gesellschaftliche Zusammenhänge unweigerlich vonstattengeht.6 Dieser dynamische Prozess wird durch den Rechenschaftscharakter verstärkt, der in der Konstruktion von Geschlechterkategorien enthalten ist: Unser Verhalten orientiert sich daran, dass wir und unsere Aktivitäten einer Einschätzung und gegebenenfalls Kommentierung seitens Anderer unterzogen werden.7 Daraus ergibt sich die Notwendigkeit Rechenschaft abzulegen, sobald das performativ Dargestellte den „kulturell akzeptierten Standards“8 zuwider läuft. Diese zwangsbehaftete Vorgehensweise kann allerdings auch eine Lösung herbeiführen, wenn die Routinisierung der Geschlechtszuschreibungen durch mehrfache Verstörungen in Frage gestellt wird.9 Hieraus könnte sich eine Öffnung des Interpretationsraumes von geschlechtlichen Merkmalen ergeben.
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1 Candace West, Don H. Zimmermann, Doing Gender, GENDER& SOCIETY, Vol. 1 No. 2, June 1987; S. 126
2 Ebenda, S. 129
3 Ebenda, S. 129
4 Ebenda, S. 126
5 Ebenda, S. 129
6 Ebenda, S. 137
7 Ebenda, S. 136
8 Ebenda
9 Ebenda, S. 139
- Citation du texte
- Malin Gnoth (Auteur), 2019, Das Konzept des "Doing Gender" nach C. West und D. H. Zimmermann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030475