Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen komische Darstellungsformen in der deutschsprachigen Exilliteratur unter einem erweiterten Blickwinkel betrachtet werden.
Im ersten Schritt soll das Komische dabei zunächst als Begriff sowie dessen Funktion und Wirkungsweise auf ihre Anwendbarkeit für die Untersuchung der Exilliteratur hin überprüft werden, wobei mir eine literaturhistorische Herleitung komischer Darstellungsformen sinnvoll erscheint. In einem zweiten Schritt sollen dann vor dem Hintergrund aktueller Exilliteraturdebatten wesentliche Funktionen und Wirkungsweisen komischer Darstellungsformen innerhalb der Literatur des Exils herausgearbeitet werden. Diese bilden gleichzeitig den Untersuchungsschwerpunkt für die anschließenden Textanalysen.
Den Kern der Arbeit bildet die Analyse der Romane „Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall“ von Alfred Döblin und Irmgard Keuns „D-Zug dritter Klasse“, in denen komische Darstellungsformen eine konstituierende Rolle spielen, jedoch von der Literaturwissenschaft weitgehend unbeachtet blieben. Dabei wird zu zeigen sein, dass das Komische in den Romanen nicht nur als Gestaltungsmittel zur Vermittlung satirischer Gegenwartskritik fungiert, sondern auch Ausdruck eines reflexiven Verarbeitungsverfahrens des Autors sein kann, der Komik auch als Mittel zur Bewältigung existenzieller Geschichtserfahrung und als Ausweg aus dem drohenden dichterischen Verstummen begreift.
Zudem setzt sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, aufzuzeigen, dass Funktion und Wirkungsweise des Komischen auch innerhalb der Exilliteratur bestimmten Entwicklungen unterworfen sind. Insofern begründet sich auch die Auswahl der analysierten Romane, die von gänzlich unterschiedlichen Entstehungsvoraussetzungen ausgehen. Alfred Döblins 1934 verfasste „Babylonische Wandrung“ spiegelt vor allem die frühe Exilerfahrung eines etablierten Autors im Bewusstsein einer sich verfestigenden nationalsozialistischen Macht wieder. Irmgard Keuns 1938 erschienener Roman „D-Zug dritter Klasse“ verarbeitet dagegen bereits die Erkenntnisse eines langen Aufenthaltes im Exil und die Gewissheit eines ausgreifenden totalitären Hitlerdeutschlands. Beide Romane stehen in der Rezeption hinter ungleich berühmteren Romanen ihrer Autoren zurück, sodass die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Wiederentdeckung der Romane leisten und im weiteren Sinne einen Anstoß zur Neubewertung komischer Darstellungsformen in der deutschsprachigen Exilliteratur geben soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorüberlegungen zur Analyse komischer Darstellungsformen
- Zur Theorie des Komischen
- Funktion und Wirkungsweise der Komik in der Literatur
- Allgemeine Funktionen und Wirkungsweisen von Komik und ihre Bedeutung für die Literatur
- Funktion und Wirkungsweise der Komik in der Geschichte der deutschen Literatur
- Komische Darstellungsformen in der mittelalterlichen Literatur
- Komische Darstellungsformen in der frühen Neuzeit
- „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“ - komische Darstellungsformen in der Romantik
- Komik in der Literatur des geteilten Deutschlands
- „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ – Komik in der deutschen Gegenwartsliteratur
- Spielarten der Komik
- Die Satire
- Ironie
- Das Groteske
- Schwarzer Humor
- Parodie und Travestie
- Komische Darstellungsformen und NS-Exilliteratur
- Der Exilliteraturbegriff und seine Abgrenzung
- Stand der Exilliteraturforschung
- Lachen über den Nationalsozialismus – Eine Feldanalyse
- Die Exilsatire
- Historische Entwicklung der Satire des Exils
- Rezeptionsprobleme der Exilsatiren
- Satirische Darstellungsarten
- Der politische Witz im Nationalsozialismus
- Die Komödienproduktion im Exil
- Funktionen der Komik in der Exilliteratur
- Komik als Ausweg aus einer dichterischen Darstellungsproblematik
- Komik und Geschichtserfahrung
- Satirische Komik im Zeichen der Aufklärung
- Komik als Form der satirischen Kleinbürgerkritik
- Zur Analyse komischer Darstellungsformen in ausgewählten Texten des Exils
- Methodische Vorüberlegungen und Analysekriterien
- Alfred Döblins Exilroman: „Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall“
- Literaturhistorische Einordnung
- Positionen der Alfred-Döblin-Forschung
- Inhaltszusammenfassung
- Zur Funktion und Wirkungsweise komischer Darstellungsformen im Roman
- Das komische Spiel der Erzählerinstanz
- Der heitere Erzählstil als Bewältigungsstrategie
- Der komische Dialog zwischen Erzähler und Leser
- Zur Komik der Illustrationen
- Komische Darstellungsarten als Reflexion früher Exilerfahrung
- Groteske Körperdarstellungen als Ausdruck eines historischen Wandels
- Der tragikomische Humor der Figuren als Form der literarischen Trauerarbeit
- Andeutung einer düsteren Vermutung – satirische Zeitkritik im Roman
- Zusammenfassung
- Irmgard Keuns Exilroman: „D-Zug dritter Klasse“
- Literaturhistorische Einordnung
- Positionen der Irmgard-Keun-Forschung
- Inhaltszusammenfassung
- Zur Funktion und Wirkungsweise komischer Darstellungsformen im Roman
- Der naive Erzählstil als Ausgangspunkt komischer Darstellungsweisen
- Komische Darstellungsarten als Ausdruck der Kleinbürgerkritik
- Wahnsinn als Ausweg - Die Parodie des klassischen Außenseiters
- „...denn das Ende jedes Rausches ist ein kleiner Tod.“ Die Komik des Betrunkenen
- Satirische Herrschaftskritik
- Zusammenfassung
- Die Untersuchung des Komischen als Begriff und dessen Funktion und Wirkungsweise in der Literatur.
- Die Analyse verschiedener Spielarten der Komik, wie Satire, Ironie, Groteske, schwarzer Humor und Parodie.
- Die Herausarbeitung von Funktionen und Wirkungsweisen komischer Darstellungsformen in der Exilliteratur, wie z.B. als Ausweg aus einer dichterischen Darstellungsproblematik, als Mittel zur Verarbeitung von Geschichtserfahrungen, als Form der satirischen Kleinbürgerkritik und im Zeichen der Aufklärung.
- Die Analyse komischer Darstellungsformen in ausgewählten Exilromanen, wie Alfred Döblins „Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall“ und Irmgard Keuns „D-Zug dritter Klasse“.
- Die Verbindung von literaturwissenschaftlichen und historisch-politischen Ansätzen, um die Bedeutung des Komischen im Kontext der Exilliteratur zu beleuchten.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit komischen Darstellungsformen in der deutschsprachigen Exilliteratur zwischen 1933 und 1950. Sie zielt darauf ab, die Rolle des Komischen als literarisches Mittel zu untersuchen und dessen Funktionen und Wirkungsweisen im Kontext der Exilliteratur herauszuarbeiten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Themas und die Forschungslücke in der Exilliteraturforschung beleuchtet. Im zweiten Kapitel werden theoretische Grundlagen zum Komischen erarbeitet, die für die Analyse der Exilliteratur relevant sind. Hierbei wird zunächst auf die Theorie des Komischen und seine Funktion und Wirkungsweise in der Literatur eingegangen. Anschließend wird eine literaturhistorische Herleitung komischer Darstellungsformen in der deutschen Literatur vorgenommen.
Kapitel 3 widmet sich der Analyse der komischen Darstellungsformen in der NS-Exilliteratur. Hier wird der Exilliteraturbegriff eingeordnet und der Stand der Forschung beleuchtet. Die Analyse konzentriert sich auf verschiedene Formen des Komischen in der Exilliteratur, wie die Exilsatire, den politischen Witz und die Komödienproduktion. Zudem werden die Funktionen der Komik in der Exilliteratur untersucht, die als Ausweg aus einer dichterischen Darstellungsproblematik, als Form der Geschichtsverarbeitung, als Ausdruck satirischer Aufklärung und als Mittel der Kleinbürgerkritik dienen.
Kapitel 4 untersucht komische Darstellungsformen in zwei ausgewählten Exilromanen, „Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall“ von Alfred Döblin und „D-Zug dritter Klasse“ von Irmgard Keun. Die Kapitel betrachten die literaturhistorische Einordnung der Romane, die Positionen der jeweiligen Forschungslandschaft und die Inhaltszusammenfassungen der Werke. Die Analyse konzentriert sich auf die Funktionen und Wirkungsweisen der komischen Darstellungsformen in den Romanen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit komischen Darstellungsformen in der deutschsprachigen Exilliteratur zwischen 1933 und 1950. Die Schlüsselwörter umfassen: Komik, Exilliteratur, Satire, Ironie, Groteske, schwarzer Humor, Parodie, NS-Zeit, Geschichtserfahrung, Darstellungsproblematik, Literaturästhetik, Kleinbürgerkritik, Alfred Döblin, Irmgard Keun, „Babylonische Wandrung“, „D-Zug dritter Klasse“.
- Arbeit zitieren
- Carsten Mogk (Autor:in), 2008, Komik als eine Darstellungsform in der deutschsprachigen Exilliteratur von 1933-1950, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030362