In einer Welt, in der Recht und Moral im grausamen Schatten des Zweiten Weltkriegs kollidieren, wagt eine junge Frau, Anne, das Undenkbare: Sie widersetzt sich einem totalitären Regime, um die Ehre ihres Bruders zu verteidigen. Rolf Hochhuths "Berliner Antigone" ist ein erschütterndes Drama über Widerstand, Schuld und die zerstörerische Macht des Krieges. Anne, deren Bruder wegen angeblicher Staatsfeindlichkeit hingerichtet wurde, stiehlt seinen Leichnam aus der Anatomie, um ihm ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen – ein Akt des Trotzes, der sie in einen unerbittlichen Konflikt mit den NS-Machthabern stürzt. Ein Gerichtsverfahren beginnt, geleitet von dem Vater ihres Verlobten, der zwischen seinem Gewissen, dem Wunsch seinen Sohn zu schützen und der unerbittlichen Staatsmacht hin- und hergerissen ist. Angesichts von Hitlers persönlicher Verurteilung muss Anne eine unmögliche Entscheidung treffen, die nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Liebsten bedroht. Hochhuth verwebt auf meisterhafte Weise die Motive der antiken Tragödie mit den düsteren Realitäten des nationalsozialistischen Deutschlands, wodurch die zeitlose Frage nach individueller Verantwortung in einem System der Unmenschlichkeit neu entfacht wird. Die Zerrissenheit der Charaktere, die moralischen Dilemmata und die allgegenwärtige Angst vor Denunziation schaffen eine beklemmende Atmosphäre, die den Leser bis zur letzten Seite in ihren Bann zieht. "Berliner Antigone" ist mehr als nur eine Adaption; es ist eine eindringliche Mahnung an die Schrecken des Krieges und die Bedeutung des zivilen Ungehorsams, ein Plädoyer für Menschlichkeit in einer Zeit, in der diese Tugend auf eine harte Probe gestellt wird. Die Themen Schuld, Sühne, Widerstand gegen die Tyrannei und die Fragilität der Menschenwürde werden eindrücklich behandelt. Die Leser werden sich mit Fragen der Moral, des politischen Handelns und der Konsequenzen von Entscheidungen auseinandersetzen müssen. Dieses Werk ist ein Muss für alle, die sich für Geschichte, Theater und die ewige Suche nach Gerechtigkeit interessieren. Ein beeindruckendes Zeugnis über die deutsche Geschichte, das die Leser noch lange nach der Lektüre beschäftigen wird.
Die Berliner Antigone von Rolf Hochhuth
Einleitung
Kaum ein anderer literarischer Stoff der Antike hat im Lauf der Jahrhunderte eine solche Beachtung und Verbreitung gefunden wie die „Antigone“ des Sophokles. Das erklärt wohl auch, dass das Thema immer wieder von verschiedenen Autoren aufgegriffen und neu interpretiert wurde, wie z.B. von Rolf Hochhuth, der die Berliner Antigone schrieb.
Hauptteil
a) Inhaltsangabe
Die Handlung der Berliner Antigone, die Rolf Hochhuth 1963 geschrieben hat, spielt während des zweiten Weltkriegs: Der Bruder der Hauptperson Anne, wird wegen angeblicher hochverräterischer Äußerungen hingerichtet. Sein Leichnam soll in die Anatomie einer Universität eingeliefert werden, wo die Hingerichteten von angehenden Ärzten zu Übungszwecken seziert wurden. Anne will dies verhindern und entwendet den Leichnam ihres Bruders von dort. Sie begräbt ihren Bruder auf dem Invalidenfriedhof in Berlin, wobei sie von einer Kommilitonin beobachtet wird, die Anne schließlich verrät.
Es kommt somit zu einer Gerichtsverhandlung, deren Vorsitzender ausgerechnet der Vater von Annes Verlobtem Bodo (der sich zu diesem Zeitpunkt an der Front befindet) ist, der sie natürlich um seines Sohnes willen vor dem Tode bewahren will. Dies führt sogar dazu, dass er Hitler die Worte im Mund verdreht, als dieser sagt, die Angeklagte solle „in eigener Person der Anatomie die Leiche erstatten“, als dieser von Annes „Verstoß gegen den Führerbefehl, politischen Verbrechern das Begräbnis zu verweigern“ erfährt. Natürlich war diese Äußerung so gemeint, dass Anne ebenfalls sterben sollte, damit die Anatomie auf diesem Wege ihre Leiche trotzdem erhält. Der Richter jedoch tut so, als würde er unter dieser Bemerkung verstehen, dass Hitler der Angeklagten das Angebot macht, die Leiche selbst wieder zurück in die Anatomie zu bringen, um mildernde Umstände für Anne zu erreichen. Anne behauptet, ihren Bruder auf dem Invalidenfriedhof zu den anderen Leichen, die in ein Massengrab gebracht werden sollten, gelegt zu haben. Dies kann aber widerlegt werden und deshalb soll Anne die wirkliche Begräbnisstelle bekannt zu geben. Sie weigert sich jedoch und bekommt unter Androhung eines Todesurteils 24 Stunden Bedenkzeit.
Daraufhin schreibt Anne einen Abschiedsbrief an Bodo, in dem sie ihm unter anderem auch von der Exekution schreibt, aber dabei behauptet, sie fände es nicht sinnlos, zu sterben. Außerdem verrät sie ihm die Stelle, an der sie ihren Bruder begraben hat - nämlich tatsächlich auf dem Invalidenfriedhof, aber in einer versteckten Ecke. Als Anne den Brief an Bodo abgeschickt hat, kommt es jedoch zu einem Bombenangriff, der die Bedenkzeit von Anne auf elf Tage verlängert. Da Bodo davon aber nichts erfährt, erschießt er sich in der Annahme, seine Verlobte sei zum Zeitpunkt des Eintreffens ihres Briefes schon tot und mit dem Wunsch, wieder bei ihr zu sein. Während der elf Tage wird jedoch eine Zellenmitbewohnerin von Anne abgeführt und ebenfalls exekutiert. Das hat die Auswirkung, dass Anne auf einmal - trotz der andauernden Versuche, sich davon abzulenken - eine riesige Angst vor dem Tod bekommt und sich überlegt, das Angebot des Richters anzunehmen. Durch einen Pfarrer erfährt Anne jedoch von dem Tod ihres Verlobten. Da Anne nun durch den Selbstmord ihres Verlobten, die Hinrichtung ihres Bruders und auch den Selbstmord ihrer Mutter nach der Exekution ihres Sohnes, alle Menschen, die sie je geliebt hat verloren und sich so verlassen fühlt, hat ihr Dasein hat für sie somit keinen Sinn mehr. Anne lässt die Exekution über sich ergehen.
b) Vergleich zu Sophokles Antigone
Personenvergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Inhaltsvergleich
Der auffallendste Unterschied zwischen den beiden Dramen besteht wohl darin, das Antigone - wie in der Tabelle beschrieben- niemals, auch nicht vor ihrem Tod, an der Richtigkeit ihrer Tat zweifelt. Genau das Gegenteil zeigt sich bei Anne: Sie kann ihr Handeln nicht mehr verstehen und möchte am liebsten alles rückgängig machen.
Dieser Unterschied macht deutlich, dass es bei der Berliner Antigone um Annes innere Wandlung geht, die sie von dem Mut, gegen das Gesetz zu verstoßen über Zweifel an ihrer Tat, die in Reue enden, bis zu der Gleichgültigkeit ihrem Tod gegenüber führt. Sophokles hingegen sah diese Wandlung in der Person von Kreon, der von der Überzeugung, er habe das Richtige getan zur Einsicht umschwankt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dass Kreons Umwandlung in der Berliner Antigone nicht vorhanden ist, lässt sich durch eine Spaltung der Kreonfigur erklären:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
c) Interpretation im Hinblick auf den Autoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rolf Hochhuth wurde 1931 geboren und erlebte deshalb den Zweiten Weltkrieg selbst mit. Dies spürt der Leser die ganze Erzählung hindurch. Hochhuth macht seine Einstellung gegenüber Hitler indirekt sehr deutlich: Er verabscheute ihn und seine Taten. Unter anderem nahm er einen Attentäter Hitlers in Schutz und betitelte ihn als Helden, und schrieb sogar ein Plädoyer für ihn, in dem er der Familie des Attentäters dafür dankte, „den einzigen Menschen des Zeitalters hervorgebracht zu haben, der in absoluter Gewissheit, vernichtet zu werden, [...] einreiste um Hitler zu erschiessen vor dem Krieg!“
Man sieht, das Hochhuth zum Thema Hitler eine feste Meinung hat, die er auch ohne Wenn und Aber vertritt, was man auch in Kleinigkeiten der Erzählung erkennt:
Zum Beispiel spricht er immer wieder von einer „Vernichtungsmaschinerie“, was den Leser zu dem Schluss kommen lässt, dass Gesetzesbrecher zu dieser Zeit ohnehin verloren waren und es kein Entrinnen vor einer Strafe gab.
Diese Verachtung zeigt sich unter anderem auch in der Szene, als Hitler verlangt, Anne ebenfalls hinzurichten und dafür die Begründung liefert, die für die Anatomie verlorengegangene Leiche müsse schließlich ersetzt werden. Hier wird sehr deutlich gemacht, wie materialistisch und menschenverachtend die Überlegungen Hitlers waren.
Schluss
Mir persönlich hat die Berliner Antigone viel besser gefallen als die Antigone von Sophokles. Erstens ist die Sprache viel verständlicher und das Lesen fällt einem so leichter. Zweitens ist bei der Berliner Antigone dadurch, dass sie so kurz ist und nur 14 Seiten hat, wirklich kein Satz überflüssig. Das Lesen zieht sich nicht so in die Länge, da jeder Satz für die Handlung wichtig ist.
Häufig gestellte Fragen zur Berliner Antigone von Rolf Hochhuth
Worum geht es in der Berliner Antigone von Rolf Hochhuth?
Das Stück spielt während des Zweiten Weltkriegs. Anne, die Hauptperson, beerdigt den Leichnam ihres Bruders, der wegen angeblicher hochverräterischer Äußerungen hingerichtet wurde, entgegen eines Befehls Hitlers. Sie wird verraten und muss sich vor Gericht verantworten.
Was ist der Unterschied zwischen der Berliner Antigone und der Antigone von Sophokles?
Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass Antigone bei Sophokles niemals an der Richtigkeit ihrer Tat zweifelt, während Anne in Hochhuths Stück eine innere Wandlung durchlebt, von Mut zu Zweifeln und schließlich zur Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod. Bei Sophokles wandelt sich Kreon, während Kreons Wandlung in der Berliner Antigone nicht stattfindet.
Welche Rolle spielt Hitler in der Berliner Antigone?
Hitler wird als eine Figur der Unterdrückung und Menschenverachtung dargestellt. Seine Äußerungen und Befehle, insbesondere seine Forderung, Anne solle als Ersatz für die "verlorene" Leiche dienen, verdeutlichen seinen Materialismus und seine Geringschätzung des menschlichen Lebens.
Was sind die Hauptthemen der Berliner Antigone?
Zu den Hauptthemen gehören Widerstand gegen Unterdrückung, die Auseinandersetzung mit Schuld und Gewissen in Kriegszeiten, der Konflikt zwischen individuellem Gewissen und Staatsräson, sowie die menschlichen Folgen von Krieg und politischer Verfolgung.
Wie spiegelt sich Rolf Hochhuths eigene Erfahrung im Stück wider?
Da Rolf Hochhuth den Zweiten Weltkrieg selbst erlebt hat, spiegelt sich seine kritische Haltung gegenüber Hitler und dem Nationalsozialismus im Stück wider. Er thematisiert die "Vernichtungsmaschinerie" des Regimes und die Ausweglosigkeit der Situation für Gesetzesbrecher.
Wie endet die Berliner Antigone?
Nach dem Selbstmord ihres Verlobten Bodo, der vom Tod Annes ausgeht, und dem Verlust ihrer Familie durch Hinrichtung und Selbstmord, sieht Anne keinen Sinn mehr in ihrem Leben und lässt die Exekution über sich ergehen.
Warum findet der Autor die Berliner Antigone besser als die Antigone von Sophokles?
Der Autor findet die Berliner Antigone zugänglicher und prägnanter. Außerdem sei das Stück sehr ergreifend erzählt und lasse den Leser mit dem Schicksal der Menschen im Zweiten Weltkrieg mitfühlen.
- Quote paper
- Julia Klein (Author), 2001, Hochhuth, Rolf - Die Berliner Antigone, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103002