Johann Wolfgang Goethe: Faust I
Interpretation der Szene „Garten“ (V. 3073-3204)
Die Szene „Garten“ stammt aus Johann Wolfgang Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ und beschreibt das zweite Zusammentreffen zwischen Margarete und Faust bzw. Marthe und Mephistopheles.
Das Versmaßwechselt zwischen 4- und 5-hebigem Jambus, die Reimform ist ein Kreuzreim, dem ein Paarreim folgt. Ein Teil der Reime ist unrein, z.B. beschämen - nehmen.
Einige Zeit vor dem hier beschriebenen treffen sind sich Faust und Gretchen das erste Mal begegnet. Obwohl sie sich dabei nicht richtig kennenlernen konnten, sind sie voneinander fasziniert und können jeweils den anderen nicht mehr vergessen. Mephistopheles teilt Margaretes Nachbarin Marthe nun mit, ihr Mann sei gestorben. Auf diese Nachricht wartet sie schon lange, da sie so wieder neue Verbindungen eingehen kann, ohne ihrem Ruf zu schaden. Um Faust ins Spiel zu bringen, soll er den Tod ihres Mannes bezeugen.
In dieser Szene wurde jener Vorgang schon hinter sich gebracht und es bilden sich zwei Pärchen, die daraufhin durch den Garten spazieren. Zum einen Gretchen und Faust, auf der anderen Seite Marthe und Mephistopheles.
Im Gespräch mit Faust spürt Margarete, dass er ihr weit überlegen ist und sie ihm nichts bieten kann „Ich weißzu gut, daßsolch erfahrnen Mann/ Mein arm Gespräch nicht unterhalten kann.“ (V. 3077 f.), worin sich ihre Bescheidenheit und auch Ehrlichkeit zeigt, die er so an ihr liebt. Er wertet sie auf und meint, dass ihm allein schon ein Blick von ihr reiche und ihn zufrieden stelle „Ein Blick von dir, ein Wort mehr unterhält/ Als alle Weisheit dieser Welt.“ (V. 3079 f.). Des weiteren erklärt er ihr, sie könne sich ruhig als etwas Besonderes sehen „Ach, daßdie Einfalt, daßdie Unschuld nie/ Sich selbst und ihren heil’gen Wert erkennt.“ (V. 3103 f.). Gretchen erzählt ihm nun von ihrer täglichen Arbeit. Obwohl die Wirtschaft ihrer Familie nur klein ist, pflegt sie, zu Hause zu helfen, zu kochen, stricken, nähen,... , weil sie keine Magd haben. Da ihre Mutter nach der Geburt von Margaretes Schwester zu schwach war, um das Kind aufzuziehen, übernahm Gretchen dies. Darin erkennt man ihr Liebe zu Kindern und wie schwer es ihr später gefallen sein muss, ihr eigenes zu töten. Trotz ihres schweren Lebens (ihre Schwester starb und ihr Bruder ist Soldat), klingt sie doch zufrieden und beschwert sich nicht darüber. Am Ende der Szene zeigt sich auch ihr romantische Seite, als sie beginnt, an einer Blume zu „ermitteln“, ob Faust sie liebt, was nicht nur die Blüten, sondern auch durch ihn selber bestätigt wird „Laßdieses Blumenwort/ Dir Götterausspruch sein. Er liebt dich!/ Verstehst du, was das heißt? Er liebt dich!“ (V. 3184 ff.). Faust lässt in dieser Szene von seinen ursprünglichen Absichten, sie nur ins Bett zu bekommen, ab, er beginnt sie wirklich zu lieben und so ist auch in seiner Verhaltens- und Ausdrucksweise eine Veränderung sichtbar. Er bezeichnet Margarete immer wieder mit „süßen“ Wörtern, wie z.B. Engel, holdes Himmelsangesicht, Liebchen,..., kann aber seine Gefühle zu ihr nicht richtig in Worte fassen „Laßdiesen Blick,/ Laßdiesen Händedruck dir sagen,/ Was unaussprechlich ist:“ (V. 3188 ff.).
Gleichzeitig findet ein Gespräch zwischen Marthe und Mephistopheles statt, das immer wieder dazwischen geschoben ist und sich so mit dem anderen kreuzt.
Marthe scheint über den Tod ihres Mannes nicht sonderlich traurig und man erkennt, dass ihre vorige Betrübtheit nur gespielt war. Sie ist sofort für eine neue Bindung offen, flirtet mit dem Teufel und möchte etwas mehr von ihm, doch er stellt sich dumm und tut bei entscheidenden Fragen so, als ob er sie nicht verstehen würde „Sagt grad, mein Herr, habt Ihr noch nichts gefunden?/ Hat sich das Herz nicht irgendwo gebunden?/ - Das Sprichwort sagt: Ein eigner Herd,/ Ein braves Weib sind Gold und Perlen wert./ - Ich meine: ob Ihr niemals Lust bekommen?/ - Man hat mich überall recht höflich aufgenommen.“ (V. 3153 ff.), „Ach, Ihr versteht mich nicht!“ (V. 3161). Als Marthe bemerkt, dass Mephisto sie nicht versteht, erzählt sie ihm noch von den Nachbarn, die auf jeden ihrer Schritte achten „Es ist, als hätte niemand nichts zu treiben/ Und nichts zu schaffen,/ Als auf des Nachbarn Schritt und Tritt zu gaffen,/ Und man kommt ins Gered, wie man sich immer stellt.“ (V. 3198 ff.). Darin wird die damalige Gesellschaft gut beschrieben und man findet eine Erklärung dafür, dass sie endlich den Tod ihres Gatten bekannt geben möchte. So kommt sie nämlich nicht ins Gerede ihrer Mitmenschen und auch ihr Ruf wird nicht geschädigt.
Ich finde, diese Szene spiegelt sehr gut die Charakterzüge der einzelnen Personen wider.
Gretchen wird unschuldig, unerfahren, bescheiden, aber auch fleißig und mit der Fähigkeit zu lieben, dargestellt, Marthe ist eigentlich das Gegenteil von ihr und spürt daher auch nicht das Böse und Verlogene in Mephisto. In Faust wird hier eine Veränderung spürbar und er wandelt sich vom liebestollen Draufgänger zum romantischen und auch leidenschaftlichen Liebhaber. Nach dieser Szene entwickelt sich zwischen Heinrich und der streng gläubigen Margarete eine Affäre, die in der Schwangerschaft Gretchens gipfelt. In ihrer Verzweiflung tötet sie das Kind. Faust liebt sie nicht mehr richtig (was sie ihm Kerker auch merkt), vernachlässigt sie und erfährt erst sehr spät, dass sie hingerichtet werden soll. Die Rettung gelingt ihm nicht, Margarete meint, schon sehr viel für ihn getan zu haben (auch den Tod ihrer Mutter hat sie verschuldet), aber nun am Ende ihrer Kräfte angelangt zu sein. Als Mephistopheles auftaucht, entscheidet sie sich endgültig dafür, zu sühnen. Sie wird hingerichtet und kann dadurch „gerettet“ werden und in den Himmel kommen.
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- Marlene Rath (Autor), 2001, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust I: Interpretation der Szene "Garten", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102764
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