Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit sind in modernen, demokratischen Gesellschaften wie der Bundesrepublik Deutschland allgemein akzeptierte Werte. Eine realistische Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten zeigt aber recht deutlich, dass das deutsche Bildungssystem, als Verteilungsinstanz formaler Bildungsabschlüsse, noch weit von seinem Anspruch auf Chancengleichheit entfernt ist. Da aber Erfolg im Bildungssystem und das Erlangen formaler Bildungsabschlüsse direkte Auswirkungen auf den sozialen Status der Individuen haben, bedeutet eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen eine Reproduktion sozialer Ungleichheit.
Es scheint jedoch, dass die Schule nicht nur indirekt mit dem Problem der sozialen Benachteiligung einiger Schülergruppen konfrontiert wird, sondern durch ihre generelle Konzeption und durch im Unterricht tagtäglich auftretende kulturell bedingte Missverständnisse und Benachteiligungen seitens des Lehrpersonals, aktiv an der Reproduktion sozialer Ungleichheit beteiligt ist und damit die Chancenungleichheit verschiedener sozialer Gruppierungen produziert.
Ich werde mich im Folgenden mit dem Begriff der Chancengleichheit und der damit verbundenen Problematik auseinandersetzen und die Strukturen der sozialen Ungleichheit im deutschen Bildungssystem darstellen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werde ich Perspektiven eines sozial gerechten Bildungssystems, also eines Bildungssystems, das die Problematik der sozialen Ungleichheit im Bildungssystem als solche erkennt und aktiv bemüht ist sie zu bekämpfen, diskutieren. Einen hervorgehobenen Stellenwert nimmt dabei die Konzeption der Gesamtschule ein, die von vielen Interessengruppen zwar häufig kritisiert wird, aber gerade im Kontext der PISA-Studie wieder in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt ist, da der europäische Spitzenreiter Finnland mit seinem staatlichen Gesamtschulsystem sehr gute Ergebnisse, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt des Abbaus herkunftsspezifischer Chancenungleichheit, erzielt hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem
- Die Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse
- Chancengleichheit im Bildungssystem
- Soziale Ungleichheit trotz Bildungsexpansion
- Soziale Ungleichheit durch Habitus und Lebensstil
- Perspektiven eines sozial integrierenden Schul- und Bildungssystems
- Ökonomische Benachteiligung
- Benachteiligung durch das dreigliedrige Bildungssystem
- Soziokulturell bedingte Benachteiligungen
- Die Gesamtschule — Versuch einer Chancenungleichheit abbauenden Schulkonzeption
- Die Gesamtschule und Chancengleichheit
- Probleme der Gesamtschule
- Abschließende Stellungnahme
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Problematik der sozialen Ungleichheit im deutschen Schul- und Bildungssystem und beleuchtet insbesondere die herkunftsspezifische Chancenungleichheit. Die Arbeit befasst sich mit der Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse, den verschiedenen Interpretationen von Chancengleichheit und den Ursachen für die anhaltende soziale Ungleichheit trotz Bildungsexpansion. Im Fokus stehen die ökonomischen, strukturellen und soziokulturellen Faktoren, die zu Benachteiligungen führen, sowie die Rolle des dreigliedrigen Schulsystems und die potenziellen Chancen der Gesamtschule als chancengleichheitsfördernde Schulform.
- Die Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse für den sozialen Status und die Reproduktion sozialer Ungleichheit
- Die verschiedenen Interpretationen von Chancengleichheit im Bildungssystem und die Herausforderungen ihrer Umsetzung
- Die Ursachen für die anhaltende soziale Ungleichheit im Bildungssystem, insbesondere durch ökonomische Benachteiligung, das dreigliedrige Schulsystem und soziokulturelle Unterschiede
- Die Gesamtschule als Konzept zur Förderung von Chancengleichheit und ihre Stärken und Schwächen
- Die Notwendigkeit eines sozial integrierenden Schul- und Bildungssystems, das kulturelle Vielfalt fördert und die herkunftsspezifische Chancenungleichheit abbaut
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der sozialen Ungleichheit im Bildungssystem dar und verdeutlicht die Bedeutung von Chancengleichheit in einer demokratischen Gesellschaft. Die Arbeit zeigt auf, dass das deutsche Schulsystem trotz Bildungsreform und Bildungsexpansion noch weit von seinem Anspruch auf Chancengleichheit entfernt ist und die soziale Herkunft einen signifikanten Einfluss auf den Bildungserfolg hat.
Das Kapitel „Soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem“ analysiert die Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse für den sozialen Aufstieg und die Reproduktion sozialer Ungleichheit. Es werden verschiedene Interpretationen von Chancengleichheit im Bildungssystem diskutiert und die Ursachen für die anhaltende soziale Ungleichheit trotz Bildungsexpansion beleuchtet. Das Kapitel untersucht auch den Einfluss von Habitus und Lebensstil auf den Bildungserfolg und die Herausforderungen, die sich daraus für Schüler aus sozial unterprivilegierten Schichten ergeben.
Das Kapitel „Perspektiven eines sozial integrierenden Schul- und Bildungssystems“ befasst sich mit den verschiedenen Formen der Benachteiligung, die zu sozialer Ungleichheit im Bildungssystem beitragen, darunter ökonomische Benachteiligung, strukturelle Benachteiligung durch das dreigliedrige Schulsystem und soziokulturell bedingte Benachteiligungen. Es werden verschiedene Ansätze zur Integration und Inklusion von Schülern aus verschiedenen sozialen Schichten und kulturellen Hintergründen vorgestellt.
Das Kapitel „Die Gesamtschule — Versuch einer Chancenungleichheit abbauenden Schulkonzeption“ analysiert die Konzeption der Gesamtschule und ihre Rolle im Kontext der Chancengleichheit. Es werden die Stärken und Schwächen der Gesamtschule im Vergleich zum dreigliedrigen Schulsystem beleuchtet und die Herausforderungen ihrer Etablierung als Regelschule diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen soziale Ungleichheit, Bildungssystem, Chancengleichheit, Bildungsexpansion, Habitus, Lebensstil, dreigliedriges Schulsystem, Gesamtschule, ökonomische Benachteiligung, soziokulturelle Benachteiligung, Inklusion, Integration, herkunftsspezifische Chancenungleichheit und Bildungspolitik. Die Arbeit analysiert die Ursachen für die anhaltende soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem und untersucht verschiedene Konzepte und Perspektiven zur Förderung von Chancengleichheit und Inklusion.
- Arbeit zitieren
- Johannes Reimann (Autor:in), 2002, Soziale Ungleichheit im und durch das deutsche Schul- und Bildungssystem - Perspektiven und Konzepte zum Abbau der herkunftsspezifischen Chancenungleichheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10265
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