Das Ziel dieser Arbeit ist es, im ersten Schritt die Grundlagen der heutigen Sharing Economy zu untersuchen. Die Ermittlung der Grundstruktur der Sharing Economy hilft im weiteren Verlauf dieser Arbeit dabei abzuleiten, welche möglichen Folgen die Angebote der Sharing Economy im Mobilitätssektor haben. Daraus resultieren Rückschlüsse darauf, in welchen Handlungsfeldern die Automobilindustrie ansetzen kann, inklusive der Frage, welche Geschäftsbereiche gegebenenfalls umstrukturiert werden müssen. Es werden Anpassungsstrategien ausgearbeitet, um diesen Wandel mitgestalten zu können und mögliche negative Konsequenzen zu minimieren. Aufgrund der Aktualität dieser Arbeit gibt es zurzeit nur eine geringe Anzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Langzeitauswirkungen der Angebote der Shared Mobility. Demzufolge soll die vorliegende Bachelorarbeit einen Beitrag zur Erforschung möglicher Konsequenzen leisten und darauf aufbauend die Entwicklung unterschiedlicher Strategiemaßnahmen beinhalten. Um die Problemstellung dieser Arbeit analysieren zu können sowie darauf aufbauend Anpassungsstrategien zu entwickeln, wird sie in sieben verschiedene Kapitel unterteilt. Im ersten vorliegenden Kapitel wird in das Thema eingeführt. Darauf folgt das zweite Kapitel, in dem die Sharing Economy in ihren Grundlagen dargestellt wird, um einen guten Einstieg in die Thematik zu bekommen. Zudem wird darauf eingegangen, weshalb die Digitalisierung der ausschlaggebende Grund für die heutige Sharing Economy ist. Abgeschlossen wird das zweite Kapitel mit der Untersuchung der Zielgruppen. Im ersten Teil des dritten Kapitels werden unterschiedliche Sharing-Modelle Schritt für Schritt vorgestellt, um den Lesern einen angemessenen Einblick in die unterschiedlichen
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
2 Sharing Economy
2.1 Definition, historische Entwicklung und Bedeutung
2.2 Digitalisierung als Grundlage der Sharing Economy
2.3 Zielgruppen
3 Shared Mobility
3.1 Sharing Modelle.
3.1.1 Car-Sharing
3.1.2 Ride-Sharing / Ride-Hailing
3.1.3 Mikromobilität
3.2 Angebote von Sharing-Modellen in der Mobilitätsbranche
3.2.1 B2C
3.2.2 B2B
3.2.3 P2P
3.3 Motive für die Nutzung von Shared Mobility
3.3.1 Ökonomische Aspekte
3.3.2 Ökologische Aspekte
3.4 Aktueller Stand von Shared Mobility
4 Auswirkungen auf die Automobilindustrie
4.1 Veränderung des Konsumentenverhaltens
4.2 Wettbewerbseffekte
4.3 Wettbewerbsfähigkeit
5 Externe Analyse der Mobilitätsbranche
5.1 PEST(EL)-Analyse
5.2 5-Kräfte-Modell..
5.3 Strategische Gruppen
5.4 Chancen und Risiken
6 Entwicklung von Anpassungsstrategien
6.1 Zukünftige Geschäftsmodelle
6.2 Chancen und Risiken der Geschäftsmodelle
7 Fazit und Ausblick
IV. Literaturverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
BIP Bruttoinlandsprodukt
BMVIT Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
BMW Bayerische Motoren Werke AG
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
B2B Business-to-Business
B2C Business-to-Consumer
EU Europäische Union
GPS Global Positioning System
KI Künstliche Intelligenz
ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr
PKW Personenkraftwagen
PwC PricewaterhouseCoopers
P2P Peer-to-Peer
vdek Verband der Ersatzkassen e.V.
VW Volkswagen
III. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Collaborative Economy Honeycomb
Abbildung 2: Entwicklung von Shared Mobility
Abbildung 3: Nutzung von Sharing-Diensten verschiedener Branchen in Deutschland im Jahr 2018 nach Alter
Abbildung 4: Zusammenfassender Überblick über Shared Mobility
Abbildung 6: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Abbildung 7: Zusammenfassung der PESTEL-Analyse
Abbildung 8: Michael E. Porters 5-Kräfte-Modell der Shared Mobility-Branche
Abbildung 9: Karte der strategischen Gruppen
Abbildung 10: Einbindung der Geschäftsmodelle in die Karte der strategischen Gruppen
1 Einleitung
Wie lange wird die Automobilindustrie so, wie sie heute ist, noch überleben? Die jüngsten technologischen Innovationen verändern die Automobilindustrie rasch und radikal. Dadurch wird die Grundlage für Mobilitätslösungen geschaffen, die zusammen mit den kulturellen sowie sozioökonomischen Veränderungen auf der ganzen Welt die Tür für neue Zukunftsszenarien öffnen, die zwar derzeit noch schwer vorhersehbar sind, aber allmählich in den Vordergrund treten. Die stetig fortschreitende Urbanisierung sowie die Globalisierung sind einer der Hauptantreiber für eine veränderte Mobilität. Die Urbanisierung führt zu wachsenden Städten, sei es bezüglich der Größe oder der Bevölkerungsdichte. Infolgedessen müssen mehr Güter oder Personen auf einem engeren Raum bewegt werden. Zusätzlich führt die Globalisierung zu einer stetigen Verkehrszunahme, hin zu einer globalen Mobilitätsgesellschaft. Durch die technologischen Innovationen sowie die kulturellen und sozioökonomischen Veränderungen auf dem gesamten Globus wurden neue Mobilitätskonzepte entwickelt. Mit dem Aufstieg des Smartphones und der damit einhergehenden Digitalisierung der Gesellschaft wurde die Entwicklung der sogenannten „Sharing Economy“ erleichtert. Es entstand eine neue Art und Weise des Konsums, der „kollaborativer Konsum“ genannt wird. Diese neue Art des Konsums führte zu einem Aufschwung von Geschäftsmodellen der gemeinsamen Mobilität.1 Anhand von unumstrittenen Erfolgen von etablierten Unternehmen in der Shared Mobility zeigt sich, dass dieses Konzept zu einer nachhaltigen Veränderung führen wird, wie wir uns heute, aber auch zukünftig bewegen. Aufgrund dieser potenziell hohen Wirkung sollten diese Konzepte in das Portfolio der Automobilbranche integriert werden. Obwohl auf diesem Gebiet bereits einige Fortschritte gemacht wurden, bestehen noch Lücken in der genauen Betrachtung aller Shared Mobility-Angebote, gleichermaßen besteht die Frage, wie diese Konzepte optimal geplant und integriert werden können.
1.1 Problemstellung
Sharing Economy ist kein neues Phänomen, aber es hat erst durch den Aufstieg des Internets wie auch der Digitalisierung einen hohen Stellenwert in unserer heutigen Gesellschaft erreicht. Die Menschen haben schon immer geteilt. Das Teilen reproduziert soziale Beziehungen und festigt kulturelle Praktiken.2 Durch die Digitalisierung sowie den Aufstieg des Smartphones ist es aber einfacher geworden, Dienstleistungen oder materielle Gegenstände online auszutauschen. Dadurch bekommt das Teilen heute eine ganz neue Bedeutung. Es geht hierbei nicht nur um rein soziale Praktiken, die Sharing Economy gewinnt auch an wirtschaftlicher Bedeutung. Nach einer Studie von McKinsey & Company werden bis 2030 gemeinsam genutzte Mobilitätsdienstleistungen in den USA einen Umsatz von bis zu 2 Billionen US-Dollar generieren. Im Jahr 2017 waren es bereits 70 Millionen US-Dollar aus der Shared Mobility.3 Aufgrund dieser Zahlen sowie der Erfolge jüngster Sharing-Plattformen, wie Uber oder BlaBlaCar, wirft die Shared Mobility neue Fragen und Herausforderungen auf, die den Automobilsektor betreffen. Die Automobilindustrie konzentriert sich hauptsächlich auf das Produkt, die stetigen Verbesserungen der Produkteigenschaften und die Senkung der Produktionskosten. Zukünftig liegt der Fokus jedoch auf dem Service und dem Zugang für die Kunden. Die Automobilindustrie ist für Deutschland die wichtigste Industriebranche und generiert den höchsten Umsatz, weshalb strategische, taktische sowie operative Anpassungen als Reaktion auf die Auswirkungen von Angeboten der Sharing Economy im Automobilsektor erforderlich sind, die den Geschäftserfolg stark beeinflussen werden.4
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Das Ziel dieser Arbeit ist es, im ersten Schritt die Grundlagen der heutigen Sharing Economy zu untersuchen. Die Ermittlung der Grundstruktur der Sharing Economy hilft im weiteren Verlauf dieser Arbeit dabei abzuleiten, welche möglichen Folgen die Angebote der Sharing Economy im Mobilitätssektor haben. Daraus resultieren Rückschlüsse darauf, in welchen Handlungsfeldern die Automobilindustrie ansetzen kann, inklusive der Frage, welche Geschäftsbereiche gegebenenfalls umstrukturiert werden müssen. Es werden Anpassungsstrategien ausgearbeitet, um diesen Wandel mitgestalten zu können und mögliche negative Konsequenzen zu minimieren. Aufgrund der Aktualität dieser Arbeit gibt es zurzeit nur eine geringe Anzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Langzeitauswirkungen der Angebote der Shared Mobility. Demzufolge soll die vorliegende Bachelorarbeit einen Beitrag zur Erforschung möglicher Konsequenzen leisten und darauf aufbauend die Entwicklung unterschiedlicher Strategiemaßnahmen beinhalten. Um die Problemstellung dieser Arbeit analysieren zu können sowie darauf aufbauend Anpassungsstrategien zu entwickeln, wird sie in sieben verschiedene Kapitel unterteilt. Im ersten vorliegenden Kapitel wird in das Thema eingeführt. Darauf folgt das zweite Kapitel, in dem die Sharing Economy in ihren Grundlagen dargestellt wird, um einen guten Einstieg in die Thematik zu bekommen. Zudem wird darauf eingegangen, weshalb die Digitalisierung der ausschlaggebende Grund für die heutige Sharing Economy ist. Abgeschlossen wird das zweite Kapitel mit der Untersuchung der Zielgruppen. Im ersten Teil des dritten Kapitels werden unterschiedliche Sharing-Modelle Schritt für Schritt vorgestellt, um den Lesern einen angemessenen Einblick in die unterschiedlichen
Mobilitätsangebote zu geben. Darauf aufbauend folgt die Vorstellung unterschiedlicher Organisationsformen von Sharing-Modellen, die dabei hilft, die Konsumenten-Anbieter-Struktur besser zu verstehen. Abgeschlossen wird Kapitel Drei mit den Motiven für die Nutzung solcher Mobilitätsangebote unter Berücksichtigung ökologischer sowie ökonomischer Faktoren. Zudem wird darauf eingegangen, welche Shared Mobility-Angebote es zurzeit gibt, um den aktuellen Stand zu erfassen. Im anschließenden vierten Teil wird darauf eingegangen, welche Auswirkungen die im Kapitel Drei vorgestellten Sharing-Angebote auf die Automobilindustrie haben. Dabei wird hervorgehoben, wie sich das Konsumentenverhalten verändert hat, zudem wird erarbeitet, welche Wettbewerbseffekte die Angebote auf die Automobilindustrie haben. Abschließend wird zusammengefasst, wie die Automobilindustrie handeln muss, um ihre Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu sichern. Aufbauend auf den Erkenntnissen aus den vorherigen Kapiteln, wird im fünften Kapitel die Mobilitätsbranche mittels externer Analysen untersucht, um die Entwicklung von Anpassungsstrategien zu ermöglichen. Im sechsten Kapitel werden mögliche Anpassungsstrategien formuliert. Dabei werden mögliche zukünftige Geschäftsmodelle vorgestellt und es wird auf die Chancen sowie Risiken dieser Geschäftsmodelle eingegangen. Im siebten und letzten Kapitel wird die Arbeit mit einem Fazit und einem kurzen Ausblick abgeschlossen.
2 Sharing Economy
2.1 Definition, historische Entwicklung und Bedeutung
Definition:
Der Begriff Sharing Economy ist aus dem englisch-sprachigen Raum und steht für den deutschen Begriff der Ökonomie des Teilens. Jedoch ist der englische Begriff geläufiger, demzufolge wird er in diesem Zusammenhang immer verwendet. Dabei steht im Mittelpunkt der Gemeinschaftskonsum, auch kollaborativer Konsum genannt. Wie die deutsche Übersetzung schon andeutet, geht es bei der Sharing Economy um das zielgerichtete Teilen von materiellen oder immateriellen Gütern.5 „Nutzen statt Besitzen“ oder „Teilen statt Haben“ wird des Öfteren mit der Sharing Economy in Verbindung gebracht und ist das Motto dieser Bestrebungen. Unternehmen sowie Privatpersonen profitieren von diesen Geschäftsmodellen. Anstatt sich etwas zum Eigentum zu machen, wie es beim traditionellen Konsum üblich ist, verfolgt der Konsument nur eine zeitlich befristete Nutzung des Gutes.6 Bei der Sharing Economy geht es nicht ausschließlich um das Teilen von Gütern, die wir nicht dauernd brauchen, sondern auch um Objekte, die wir nur gelegentlich nutzen.7 Alex Stephany, der Autor des Buches „The Business of Sharing“, gibt durch seine Definition des Begriffs einen guten Eindruck davon, wie sich diese Organisationsform bildet: “The sharing economy is the value in taking underutilized asset and making them accessible online to a community, leading to a reduced need for ownership of those assets”.8 Dabei wird die Definition noch in weitere fünf Punkte gegliedert, um deren Sinn besser verstehen zu können. Value beschreibt einen wirtschaftlichen Wert durch den Austausch, entweder durch den Einsatz von Geld oder den Tauschhandel. Underutilized asset bezieht sich dabei auf eine Leerlaufkapazität, also eine geringe Auslastung bestimmter Güter. Durch das Teilen dieser Güter wird versucht, eine effizientere Nutzung und somit einen Vorteil für alle Beteiligten zu schaffen. Online accessibility bezieht sich dabei auf die Nutzung des Internets. Um die Nutzung dieser ineffizient ausgelasteten Güter zu gewährleisten, müssen diese dem Kunden zugänglich gemacht werden. Community beschreibt die Erleichterung eines flüssigeren Austausches durch gemeinschaftliches Vertrauen, soziale Interaktion oder gemeinsame Werte. Niemand würde seine private Wohnung oder sein privates Auto an eine unbekannte Person abgeben, wenn er dem Nutzer nicht voll und ganz vertraut. Durch die Bereitstellung dieser Communities wird Vertrauen geschaffen und dieses spielt eine entscheidende Rolle in der Sharing Economy. Zu guter Letzt bezieht sich Stephany mit „Reduced need for ownership“ auf das sich verändernde Nutzerverhalten: „Nutzen statt Besitzen“, aus Waren werden Dienstleistungen.9 Anhand der Definition und der Darstellung des Sinns und Zwecks der Sharing Economy wird deutlich, welche Ziele diese verfolgt. Die folgende Abbildung ist eine auf dem Industriesektor basierende Klassifizierung der verschiedenen Arten von wirtschaftlichen Aktivitäten, die nach Jeremiah Owyang „kooperativ“ sind. Seine "Collaborative Economy Honeycomb" gibt einen Eindruck davon, in welchen Branchen die Sharing Economy vertreten ist, und ist ein nützlicher Weg, um den Umfang und die Auswirkungen dieser neuen Form der Organisation wirtschaftlicher Aktivitäten in verschiedenen Branchen zu verfolgen. 10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Collaborative Economy Honeycomb (Quelle: Jeremiah Owyang, 2014, o. S.)
Historische Entwicklung:
Dass Menschen Güter und Leistungen teilen, ausleihen und wiederverwenden, ist kein kurzfristiger Hype. Basierend auf dem Prinzip des Teilens, haben die Menschen schon früher in den verschiedensten Formen miteinander gelebt und kommuniziert. Besonders in schwierigen Zeiten, beispielsweise im Krieg, war es wichtig, Dienstleistungen oder Güter zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Auch in der modernen Gesellschaft wurde dies schon praktiziert. Videotheken, Bibliotheken, Secondhandläden und Genossenschaften basieren auf der gleichen gemeinschaftlichen Nutzungssystematik wie die heutige Sharing Economy.11 Dadurch ergibt sich natürlich die Frage, ob die Sharing Economy überhaupt etwas Neues ist, wenn alle scheinbar „neuen“ Aktivitäten schon in der Vergangenheit weit verbreitet waren. Jedoch gibt es für den Aufschwung und die Neuausrichtung des Begriffs „Sharing Economy“ eine Vielzahl von Gründen. Nachhaltigkeit und Ressourcenknappheit treiben diesen Wandel voran und bekommen in der heutigen Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert.12 Der technologische Fortschritt, der Aufstieg des Internets, des Smartphones und die anschließende Digitalisierung der Gesellschaft scheinen die Menschen zu vertrauten Verhaltensweisen und auf Gemeinschaft basierte Formen zurückzuführen, die bereits in der Vergangenheit existierten. Jedoch gehen diese Gemeinschaftsformen nun weit über die Familienmitglieder oder Freunde aus der Nachbarschaft hinaus, bis hin zu einer digital verbundenen Gesamtbevölkerung.13 Ein Beispiel dafür, dass die Sharing Economy kein Phänomen aus der Generation „Smartphone“ ist, ist eBay. eBay wurde 1995 gegründet, gilt als der erste große internetfähige Peer-to-Peer-Markt und ist bis heute weiterhin erfolgreich.14 Wie bei eBay gilt bis heute allgemein, dass die Angebote auf den Sharing-Plattformen nur in seltenen Fällen das Hauptgeschäft der Anbieter sind. Der heutige Gedanke hinter der Sharing Economy unterscheidet sich nicht von dem Gedanken aus der Vergangenheit. Einzelne Personen bieten einer Gemeinschaft eine Leistung oder ein Gut an, um im Gegenzug dafür entlohnt zu werden. Diese Entlohnung kann in Form von Geld, Privateigentum oder eigener Arbeit untereinander geleistet werden. Dabei dient dieser Austausch einer Win-Win-Situation. Der Anbieter kann durch das ungenutzte Gut oder die Leistung Geld verdienen, wohingegen der Nutzer die Möglichkeit hat, dieses zeitlich befristet zu nutzen.15 Heutzutage geht es daher eher um die Erleichterung oder Bereitstellung von Dienstleistungen als um den Austausch von Waren. Das Geld wird durch den Verleih oder die Vermietung anstatt durch den Verkauf verdient. Die Dinge, die ausgeliehen werden können, reichen von einem ganzen Haus (Airbnb) bis hin zu einem freien Autositzplatz (BlaBlaCar).16
Bedeutung:
Airbnb und Uber dürften heutzutage den meisten Menschen so bekannt sein wie Google oder Facebook. Der Grund warum diese Sharing-Plattformen ihre Erfolge feiern können, ist, dass sie es geschafft haben, die menschlichen Bedürfnisse, wie zum Beispiel Gruppenzusammengehörigkeit, das Teilen untereinander sowie Freundschaften und Beziehungen miteinander zu verknüpfen und wieder hervorzuheben.17 Das gab es schon seit Generationen, es wird aber heute erleichtert. Zwischen 2010 und 2020 gab es einen regelrechten „Boom“18 von Sharing-Plattformen, wobei viele dieser Plattformen außergewöhnlich viel Geld von Investoren bekommen haben. Einige dieser „Unicorns“19 haben einen Wert von über eine Milliarde US-Dollar.20 Eine Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) belegt dieses Wachstum in der Sharing Economy. 2013 wurde die Wertschöpfung der Sharing Economy auf 15 Milliarden US-Dollar geschätzt, die nach Recherchen bis 2025 auf 335 Milliarden US-Dollar ansteigen wird.21 In der Europäischen Union (EU) zeigte sich ebenfalls eine signifikante Umsatzsteigerung. Nach einer Studie stieg der Umsatz 2015 in der EU um 28 Milliarden Euro und hat sich somit gegenüber 2014 nahezu verdoppelt.22 Das Potenzial wird bei der Betrachtung täglicher Nutzungszahlen deutlich. Airbnb hat durchschnittlich pro Nacht 425.000 Gäste und damit insgesamt mehr als 155 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Somit hat Airbnb knapp 22 Prozent mehr Übernachtungen als Hilton Worldwide, eine der größten Hotelketten überhaupt. Hilton Worldwide hatte im Jahr 2014 knapp 127 Millionen Gäste. Wird die Mobilitätsbranche betrachtet, ist Uber für diese ein gutes Beispiel.23 Uber ist in mehr als 250 Städten weltweit aktiv und wurde im Oktober 2017 mit circa 68 Milliarden US-Dollar bewertet.24 Dieser Wert ist höher als der von etablierten Unternehmen wie American Airlines oder United Continental.25 Werden diese Werte der Unternehmen, die auf der Grundlage einer Sharing Economy basieren, betrachtet, lässt sich festhalten, dass es sich bei diesem Wandel nicht nur um einen „Trend“ handelt und dieser in absehbarer Zeit auch nicht verschwinden wird. Einen genaueren Blick auf den Sharing Economy-Markt im Mobilitätssektor zeigt eine Studie des Strategiebewertungsunternehmens Strategy& von PwC aus dem Jahr 2017, die dies belegt und die Relevanz befürwortet. Im Jahr 2025 soll es bereits 470 Millionen vernetzte Privatkraftfahrzeuge auf den Straßen Europas, den USA und China geben. Durch diese vernetzte Mobilität formen sich neue Mobilitätsangebote zu einer Shared Mobility. Infolgedessen wird es eine Umwälzung in der Wertschöpfungskette der Fahrzeughersteller geben und das Nutzerverhalten wird sich drastisch verändern. Laut dieser Studie wird Mobilität als Service bis 2030 circa 20 Prozent des Gewinns auf dem Mobilitätsmarkt erzielen. Darüber hinaus wird erwartet, dass der Markt der geteilten, aber auch der gemeinsamen Mobilität in der EU, den USA und China von 2017 bis 2030 jährlich um 24 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro wächst. Bis 2030 werden rund 33 Prozent aller Neuwagen für die Shared Mobility genutzt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch den immensen Erfolg von Airbnb und Uber, das sich verändernde Nutzerverhalten sowie auch die Prognosen für den Mobilitätssektor die Sharing Economy eine wichtige Rolle spielt und somit von hoher Bedeutung ist.26
2.2 Digitalisierung als Grundlage der Sharing Economy
Nichts prägt uns heutzutage mehr als die Digitalisierung. Die Digitalisierung ist eine Grundvoraussetzung für den privaten Haushalt und auch für das Wachstum der Wirtschaft.27 Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, ist die Sharing Economy kein kurzfristiger Hype, sondern existiert bereits seit einer geraumen Zeit. Ebenso das Internet, das seit über zwei Jahrzehnten als Raum für kommerzielle Betriebe existiert. Jetzt, weit in das neue Jahrtausend hinein, lässt sich leicht übersehen, dass das Internet sowohl ein Platz für rasende Aufregung als auch ein Ort voller Angst, Furcht und moralischer Panik war.28 Um die Jahrtausendwende war der Online-Handel mit Verbrauchern bereits Teil des Mainstreams. Amazon, 2020 der weltgrößte Online-Händler, ging 1997 an die Börse und erwirtschaftete bis 2001 einen Umsatz von über drei Milliarden US-Dollar.29 Über das Internet gab es keine klaren Meinungen oder überhaupt ein Zukunftsbild sowie einige, teils paranoide Missverständnisse, die aber in den letzten zwei Jahrzehnten zurückgegangen sind. Das Internet wurde zu einem festen Element unseres Alltags. Obwohl der Peer-to-Peer-Austausch schon fast genauso alt ist wie das Internet selbst, hat er erst in jüngster Zeit eine Aufwärtsentwicklung erlebt. Die Sharing Economy ist weitestgehend auf das Zusammenkommen einer Reihe von digitalen Funktionen zurückzuführen. Einen großen Einfluss haben vor allem die Massenmarkt-Smartphones, die digitalen Vertrauenssysteme sowie soziale Netzwerke.30 Beispiele wie eBay oder Amazon verdeutlichen, dass die Ursprünge zwar mindestens zwei Jahrzehnte zurückliegen und Unternehmen wie eBay heute noch existieren, die Sharing Economy selbst, so wie wir sie heute kennen, konnte allerdings erst vollständig verwirklicht werden, nachdem die Wirtschaft angemessen digitalisiert worden war. Die wichtigsten und innovativsten digitalen Produkte wie Smartphones, Social-Media-Plattformen wie Youtube und Facebook sowie auch Anwendungen wie Google Maps wurden im Laufe des folgenden Jahrzehnts erschaffen, für Verbraucher entwickelt und im Anschluss von Unternehmen übernommen. Insbesondere mit der Einführung von Facebook wurde ein Meilenstein gesetzt. Durch Facebook war es möglich, dass sich Personen weltweit miteinander vernetzen, austauschen und unterstützen können. Dadurch gelang den Menschen eine barrierefreie Nutzung des World Wide Web.31 Mit der Vorstellung und der Einführung des iPhones im Jahr 2007 begann das große Smartphone-Zeitalter und das letzte fehlende Mittel für die Entstehung der heutigen Sharing Economy wurde eingesetzt. Seitdem können die Smartphone-Besitzer uneingeschränkt von Ort und Zeit auf Applikationen und Portale zurückgreifen. Durch den Aufstieg des Smartphones erlebten die unterschiedlichsten Mobilitätsangebote und -konzepte einen enormen Marktaufstieg.32 Folgende Abbildung gibt eine gute Übersicht darüber, wie der Zugang zum Word Wide Web und der Aufstieg des Smartphones den Shared Mobility-Angeboten zu einem signifikanten Aufschwung verhalfen, wobei hier zwischen „Mitfahrgelegenheiten“ und reinem Sharing unterschieden wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung von Shared Mobility
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Chinh Duong u. a., Mobilität der Zukunft, 2016, S. 17)
Viele dieser Plattformen und Dienstleistungen gibt es schon seit geraumer Zeit, es entwickelten sich jedoch immer neuere und verbesserte Technologien, die die Sharing Economy modifizierten. Heute ist es möglich, den Führerschein kurz vor eine Kamera zu halten und ein Dienst überprüft die Identität in wenigen Minuten. Airbnb nutzt diese Dienste beispielsweise im Rahmen ihres Programms „Verified Identification“. Dies wird stetig optimiert und führt zu einer besseren Vertrauens-Infrastruktur, was für Sharing-Plattformen von hoher Bedeutung ist.33 Alles im allem stehen und fallen die unterschiedlichsten Sharing-Angebote mit der Digitalisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft. Man stelle sich Uber ohne Global Positioning System (GPS) vor – das wäre in dieser Größenordnung einfach nicht möglich.34
2.3 Zielgruppen
Die Definition der Sharing Economy führt zu dem Indiz, dass die Digitalisierung der Hauptantreiber der teilenden Gesellschaft ist, weshalb die Zielgruppe mit relativ jungen Konsumenten verbunden wird. Doch welche Zielgruppen werden tatsächlich im Sharing Economy-Markt bedient? Mehrere Studien und Umfragen belegen, dass die Hauptzielgruppe die sogenannte Generation Y ist. Die Menschen aus der Generation Y werden auch Millennials oder Digital Natives genannt.35 Unter Generation Y werden aus Unternehmenssicht Konsumenten verstanden, die zwischen 1984 und 1994 geboren sind.36 Zwar war die Generation Y ausschlaggebend für das Wachstum der Sharing Economy, jedoch gehört auch die Generation Z zur Zielgruppe. Die Generation Z ist die erste vollkommen digitalisierte Generation, die seit ihrer Kindheit mit der digitalen Technik aufgewachsen ist.37 Zur Generation Z gehören Konsumenten der Geburtsjahrgänge zwischen 1995 und 2010.38 Die Menschen aus den Generationen Y und Z werden beschrieben mit dem Wunsch nach Teilen, der Informationsgewinnung über das Internet und der Leichtigkeit im Umgang mit neuen Technologien beschrieben.39 Um die Dienste anbieten zu können, stellen die meisten Sharing-Anbieter eine webbasierte Plattform oder eine App zur Verfügung, um mit ihren Zielgruppen kommunizieren zu können. Das Zusammenspiel der Nutzung der sozialen Netzwerke sowie der Sharing-Plattformen führt zu einem Wertewandel, der bei diesen Generationen zu erkennen ist. Die Generationen Y und Z schätzen diese nachhaltigen Konsummodelle sowie auch die sozialen Interaktionen, die dabei entstehen.40 Dies wird durch eine Studie belegt, in der 1.000 Frauen und Männer im Alter ab 18 Jahren angeben sollten, ob und welche Sharing-Dienste die Befragten nutzten. Die folgende Grafik veranschaulicht, dass vor allem die Altersgruppen zwischen 18 – 49 Jahren Sharing-Dienste in Anspruch nehmen.41
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Nutzung von Sharing-Diensten verschiedener Branchen in Deutschland im Jahr 2018 nach Alter
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statista, 2018 B, o. S, nach Gadeib, Andera, 2018, o. S.)
3 Shared Mobility
3.1 Sharing Modelle
Shared Mobility ist der Oberbegriff für alle Mobilitätsdienstleistungen, die unter Konsumenten geteilt werden. Zu den Mobilitätsdienstleistungen gehören beispielsweise Ride-Sharing, Car-Sharing, Bike-Sharing und Park-Sharing.42 Heute gibt es unzählige Sharing-Modelle in der Mobilitätsbranche, weshalb es wichtig ist, sich bei dieser Arbeit auf spezielle Sharing-Modelle zu konzentrieren und diese analytisch zu prüfen. Im Laufe der Zeit haben sich vor allem die Car-Sharing-Modelle, wie ShareNow, Ride-Hailing-Modelle wie Uber, aber auch die Sharing-Modelle in der Mikromobilität wie zum Beispiel Bike-Sharing oder E-Scooter-Sharing in unseren Mobilitätsalltag integriert und sind fester Bestandteil in den Städten. Daher sollen in dieser Arbeit vor allem diese Sharing-Modelle näher beschrieben und untersucht werden, um ein besseres Verständnis dieser Geschäftsmodelle zu vermitteln.
3.1.1 Car-Sharing
Car-Sharing heißt ins Deutsche übersetzt „Autoteilen“. Wie die Übersetzung schon andeutet, nutzen die Konsumenten die Fahrzeuge nicht nur alleine, sondern teilen sie mit anderen. Der Eigentümer vom Fahrzeug ist normalerweise der Car-Sharing-Anbieter. Die Konsumenten schließen vor der ersten Fahrt einen Rahmenvertrag ab und können anschließend alle Fahrzeuge des Sharing-Anbieters über eine Plattform buchen. Beim Car-Sharing gibt es grundlegend drei Formen. Hierbei wird zwischen kommerziellen Free-Floating- sowie dem stationsbasierten Sharing und privatem Car-Sharing unterschieden.43 Die erste Form des kommerziellen Car-Sharings sind die stationsbasierten Car-Sharing-Anbieter. Diese Form des Car-Sharings zeichnet sich dadurch aus, dass die Autos an einem festen Parkplatz stehen. Die Kunden müssen das Auto an einem bestimmten Ort abholen und wieder dorthin zurückbringen. Ein Beispiel hierfür ist das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn Flinkster. Die zweite Form des kommerziellen Car-Sharings ist das Free-Floating. Dabei stehen die Autos nicht an einem festen Parkplatz, sondern irgendwo in der Stadt, wo der letzte Nutzer das Fahrzeug abgestellt hat. Die Nutzer orten und buchen durch eine Plattform das Fahrzeug und können es frei bestimmbar an irgendeinem Ort im jeweiligen Nutzungsgebiet wieder abstellen. Ein Beispiel hierfür ist das Joint-Venture von BMW und Daimler ShareNow.44 Als letzte, nicht allzu weitverbreitete Variante gibt es noch das Peer-to-Peer Car-Sharing. Hier wird ein Fahrzeug von einer privaten Person zum Teilen angeboten. Der Eigentümer des Fahrzeugs kann auf der Plattform unterschiedliche Rahmendaten zum Fahrzeug inserieren, etwa, in welchem Zeitraum das Auto verfügbar ist und zu welchem Preis es vermietet wird. Das Auto kann im Anschluss auf einer Plattform des Vermittlers gefunden und gebucht werden.45 Jedoch fehlen bei dieser Art des Car-Sharings noch rahmenvertragliche Regelungen und die Aspekte der Verlässlichkeit, weshalb das Peer-to-Peer Car-Sharing noch keinen Aufschwung erfahren hat. Ein Beispiel hierfür ist das Unternehmen Getaround.46
3.1.2 Ride-Sharing / Ride-Hailing
Grundsätzlich geht es bei Ride-Sharing um die gemeinsame Nutzung eines PKWs für den Transport einer Person von einem zu einem anderen Ort. Jedoch wird Ride-Sharing des Öfteren mit Ride-Hailing in Zusammenhang gebracht.47 Ride-Sharing ist das klassische private Teilen einer Autofahrt, bei dem ein Fahrer einen freien Platz in seinem Auto für eine bestimmte Strecke anbietet. Andere Personen, die dieselbe Strecke zurücklegen wollen, haben die Möglichkeit, diese Fahrt gegen Bezahlung zu buchen. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass bei dieser Art des Ride-Sharings der Fahrer den Zielort bestimmt. Dadurch spart zum einen der Fahrer, in dem die Kosten der Fahrt geteilt werden, zum anderen hat der Fahrgast eine schnellere und zum Teil kostengünstigere Alternative zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.48 Als Beispiel dieser Form des Ride-Sharings dient BlaBlaCar, welches eine Plattform zur Verfügung stellt und Fahrer und Fahrgast zusammenführt. Ride-Hailing verfolgt prinzipiell dasselbe Ziel, wobei hier der Fahrgast das Ziel bestimmt. Ein Anbieter bietet Fahrten mit seinem privaten Fahrzeug an und ein Fahrgast kann mittels eines (Online-) Portals einen Zielort bestimmen und wird anschließend mit einem Fahrer verbunden, der bereit ist, diese Strecke gegen Entgelt zurückzulegen.49 Ein Beispiel hierfür ist Uber. Hier strebt der Fahrer einen Nebenverdienst an und der Fahrgast hat ebenso wie beim Ride-Sharing eine schnelle und kostengünstige Alternative zu Taxis oder öffentlichen Verkehrsmitteln.50
3.1.3 Mikromobilität
Mikromobilität ist ein Oberbegriff für motorisierte, aber auch nicht motorisierte Kleinst- und Leichtfahrzeuge. Dabei ist der Begriff Mikromobilität vor allem auf ihre kompakte und leichte Bauweise zurückzuführen. E-Bikes, E-Scooter und Pedelecs sind nur einige Beispiele, die unter die Definition von Mikromobilität fallen, sie dienen in erster Linie für den individuellen Personentransport. Als Mobilitätslösung für die „letzte Meile“. Dies wird oft mit der Mikromobilität in Verbindung gebracht, weil es eine herausragende, kostengünstige und einfache Mobilitätslösung ist, beispielsweise für die letzten Meter zwischen der Bahnstation und dem Arbeitsplatz.51 Nach einer Studie von McKinsey könnten im Jahr 2030 alle Strecken, die unter 8 km sind, durch Mikromobilität zurückgelegt werden. Durch den aktuellen „Boom“ im Mikromobilitätssektor wird diese Prognose bestärkt. Zudem ist das Geschäft mit Elektrorollern, E-Bikes und E-Tretrollern so erfolgreich, dass der Markt zwei- bis dreimal so schnell wächst wie bei Car-Sharing- oder Ride-Hailing-Diensten. Dies lässt sich auf zwei Faktoren zurückführen. Zum einen ist es für die Nutzer günstig, schnell und macht Spaß. Zum anderen ist es auch aus der Sicht der Anbieter rentabel.52
3.2 Angebote von Sharing-Modellen in der Mobilitätsbranche
Die im vorherigen Abschnitt vorgestellten Sharing-Modelle unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihren Organisationsformen. Der folgende Abschnitt hilft dabei, die unterschiedlichen Geschäftsbeziehungen zwischen Konsumenten und Anbietern zu verstehen und gibt einen besseren Eindruck davon, inwiefern sich das Teilen hinsichtlich kommerzieller oder privater Absichten unterscheidet.
3.2.1 B2C
Bei den Business-to-Consumer-Modellen (B2C) besitzen und kümmern sich die Anbieter in der Regel um eine Fahrzeugflotte und ermöglichen den Nutzern den Zugang zu diesen Fahrzeugen über Mitgliedsgebühren und/oder Nutzungsgebühren.53 Als Beispiele hierfür gibt es in der Shared Mobility ShareNow, im Car-Sharing-Sektor, Lime im E-Scooter-Sektor sowie im Bike-Sharing-Bereich Call a Bike.
3.2.2 B2B
Business-to-Business-Sharing-Modelle (B2B) sind im Mobilitätssektor zwischen Unternehmen noch nicht weit verbreitet. Jedoch ist es ein aufstrebender Markt der gemeinsam genutzten Mobilität. Als Beispiel dient hier das Car-Sharing in Unternehmen. Die Autos sind nicht mehr einzelnen Abteilungen oder Mitarbeitern zugeordnet, stattdessen wird die gleiche Systematik wie im öffentlichen Car-Sharing verwendet. Die Fahrzeuge werden minuten-, stunden- oder tageweise angemietet. Dies macht Fuhrparks von Firmen effizienter und kostengünstiger.54 Auch im Logistikbereich ist Shared Mobility im Aufwärtstrend. Unter dem Begriff Shared-Logistic wird auf allen Ebenen versucht, die Wertschöpfungskette anhand des Prinzips der Sharing-Economy effizienter zu gestalten. Ein Beispiel hierfür ist die eigene Plattform von DHL, mit deren Hilfe Verlader und Spediteure verknüpft werden können. Mittels dieser Plattform können LKW-Ladungen maximal ausgelastet, Leerfahrten auf das Minimum gesetzt und die Versandzeiten verkürzt werden. Neben DHLs eigener Plattform, Saloodo, gibt es noch weitere nennenswerte Frachtvermittlungsplattformen wie Freightos, Convoy und Loadsmart in den USA sowie Huochebang in China.55
3.2.3 P2P
Peer-to-Peer (P2P) ist hingegen die Geschäftsbeziehung zwischen Privatpersonen. Bei P2P-Geschäftsmodellen beaufsichtigen Unternehmen die Transaktionen zwischen den Privatpersonen, indem sie die für den Austausch erforderliche Plattform sowie die erforderlichen Ressourcen bereitstellen. P2P-Geschäftsmodelle unterscheiden sich insofern von B2C-Geschäftsmodellen, als dass die P2P-Unternehmen in der Regel nicht die Eigentümer der Fahrzeugflotten, Fahrräder etc. sind, die beim Austausch genutzt werden. Es gibt Car-Sharing-Anbieter, die dieses Geschäftsmodell verfolgen, wie zum Beispiel Getaround und P2P-Fahrrad-Sharing wie Spinlister, welche die gemeinsame Nutzung von Fahrrädern ermöglichen.56
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Zusammenfassender Überblick über Shared Mobility
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Chinh Duong u. a., Mobilität der Zukunft, 2016, S. 21)
3.3 Motive für die Nutzung von Shared Mobility
3.3.1 Ökonomische Aspekte
Aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ist bereits heute erkennbar, dass in naher Zukunft die Höhe der privaten Haushaltsausgaben in den europäischen Staaten zunehmen wird. Darauf werden die Konsumenten mit neuen Einkommens- und Sparstrategien reagieren, infolgedessen ergeben sich auch Verhaltensanpassungen. Da die Mobilität aber eine Grundvoraussetzung für den privaten Haushalt ist, verzichten sie in der Regel nicht auf Mobilität beziehungsweise werden den Konsum von Mobilitätsgütern nicht bedeutend verringern. Durch die bereits genannten Nutzerkennzahlen ist ersichtlich, dass von den meisten Haushalten günstigere Mobilitätsalternativen in Erwägung gezogen werden. Gängig ist der Umstieg auf Öffentlichen Personalnahverkehr (ÖPNV), vor allem auch auf den Rad- und Fußverkehr. Angebote der Shared Mobility erweitern die Nutzungsmöglichkeiten von Mobilitätsalternativen, da für diese kostengünstigen Alternativen lediglich Nutzungskosten anfallen.57 Verglichen mit dem Kauf eines Fahrzeugs, gibt es bei der Nutzung von Shared Mobility keine „versteckten Kosten“ wie beispielsweise Reparaturen, was für mehr Transparenz sorgt. Beim Car-Sharing fallen keine hohen Anschaffungs- und Instandhaltungskosten an, auch eine Kfz-Versicherung ist nicht mehr abzuschließen. Dies kann auch bei anderen Fortbewegungsmitteln betrachtet werden, wie zum Beispiel beim Kauf eines Motorollers oder E-Tretrollers. Vor allem ermöglicht die Shared Mobility durch die transparente Kostenaufstellung und das Fehlen von Anschaffungs- und Instandhaltungskosten einen Zugang auch für einkommensschwächere Personen.58 Zudem bietet die Shared Mobility Personen die Möglichkeit, ihr eigenes Fahrzeug zu vermieten, wie zum Beispiel bei Peer-to-Peer-Car-Sharing, oder sie können Ihre Dienstleistung anbieten, indem sie Personen von Ort zu Ort fahren (Ride-Sharing oder Ride-Hailing) und somit einen Nebenverdienst anstreben.59 Menschen, die vorher ein eigenes Auto gekauft haben, werden zukünftig darauf verzichten und eher auf Sharing-Angebote umsteigen, dies senkt die Mobilitätskosten und es ermöglicht eine flexiblere Nutzung der Fahrzeuge.
3.3.2 Ökologische Aspekte
Der Begriff Dekarbonisierung ist und wird zukünftig die Basis für unser wirtschaftliches Handeln sein und zum essenziellen Antreiber der Neuordnung innerhalb der Mobilität werden.60 Für viele Menschen spielen ökologische Faktoren wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine wichtige Rolle und sie sind bereit, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern sowie eine Reihe von Einschränkungen zu akzeptieren. Kinder vermitteln ihren Eltern einen bewussteren Umgang und jüngere Kollegen den älteren, siehe die Bürgerbewegung Fridays for Future.61 Die Nachfrage nach grünen Produkten ist sehr hoch, jedoch können die Angebote die Nachfrage bisher nicht abdecken. Das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt haben dies auch anhand einer Studie aus dem Jahr 2015 belegt. Für insgesamt 63 Prozent der Befragten ist Umwelt- und Klimaschutz ein Kriterium, um zukünftige Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können. Insgesamt 56 Prozent geben an, dass der Klimaschutz eine Bedingung ist, um den Wohlstand zu sichern. Zudem gaben 82 Prozent der Befragten an, dass die Städte und Gemeinden die Infrastruktur so umgestalten müssen, dass der Bedarf nach einem Auto auf das Minimum reduziert wird und es einen stärkeren Fokus auf Car-Sharing-Angebote gibt.62 Diese Studie belegt, dass Car-Sharing einen umweltfreundlichen Ruf hat und diese Bedeutung durch den Einsatz von E-Fahrzeugen noch gefördert wird. Für viele Haushalte ist der private Kauf von Elektrofahrzeugen zu teuer, weshalb die Nutzung von Elektro-Car-Sharing eine attraktive Alternative ist. Zudem wird dadurch auch dem dringlichen Problem von vollen Straßen in Ballungsräumen entgegengewirkt. Dieselben Prinzipien verfolgen auch E-Scooter Anbieter wie Lime oder E-Bike-Sharing-Anbieter wie Uber. Für Personen, denen der private Kauf zu teuer ist, ist das eine kostengünstige Alternative.63 Die tatsächliche Klima- und Umweltsituation hat sich erheblich verschlechtert und die Akzeptanz wissenschaftlich belegter Erkenntnisse – vor allem jüngere Menschen legen einen größeren Wert auf dieses Thema – hat zu einer nachhaltigen sozialen Veränderung geführt. Das zentrale Thema der Mobilität ist heute nicht mehr nur, kostengünstig, schnell und bequem von einem Ort zum anderen Ort zu gelangen, sondern wird kontinuierlich um Nachhaltigkeitskriterien erweitert.64
[...]
1 Vgl. Hamari, Juho / Sjöklint, Mimmi / Ukkonen, Antti, 2015, S. 2047.
2 Vgl. Bucher, Eliane / Fieseler, Christian, 2015, S. 67.
3 Vgl. Baltic, Troy, u. a., 2020, o. S.
4 Vgl. Verband der Chemischen Industrie e.V., 2020, S. 44 ff.
5 Vgl. Kreutzer, Ralf T. / Land, Karl-Heinz, 2015, S. 59.
6 Vgl. Botsman, Rachel / Rogers, Roo, 2011, S. 100.
7 Vgl. Botsman, Rachel / Rogers, Roo, 2011 , S. 88.
8 Stephany, Alex, 2015, S. 9.
9 Vgl. Stephany, Alex, 2015, S. 9 ff.
10 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 82 ff.
11 Vgl. Schneider, Anja, 2015, S. 3 f.
12 Vgl. Stephany, Alex, 2015, S. 31.
13 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 5.
14 Vgl. eBay, 2020, o. S.
15 Vgl. Botsman, Rachel / Rogers, Roo, 2011, S. 88.
16 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 48.
17 Vgl. Botsman, Rachel / Rogers, Roo, 2011, S. 44.
18 (Plötzlicher) wirtschaftlicher Aufschwung.
19 Unicorns sind neue Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar.
20 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 6.
21 Vgl. PricewaterhouseCoopers LLP, 2015, S. 14.
22 Vgl. Juul, Maria, 2015, S. 2.
23 Vgl. PricewaterhouseCoopers LLP, 2015, S. 14.
24 Vgl. Statista, 2018 A, o. S.
25 Vgl. PricewaterhouseCoopers LLP, 2015, S. 14.
26 Vgl. Hegge, Meike, 2017, o. S.
27 Vgl. Hildebrandt, Alexandra / Landhäußer, Werner, 2020, S. 91.
28 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 47.
29 Vgl. Brandt, Richard L., 2012, S. 190.
30 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 47.
31 Vgl. Meyer, Uli / Schaupp, Simon / Seibt, David, 2019, S. 208.
32 Vgl. Brünglinghaus, Christiane, 2014, o. S.
33 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 64.
34 Vgl. Sundararajan, Arun, 2016, S. 55.
35 Vgl. Wagner, Thomas, u. a., 2015, S. 13.
36 Vgl. Parment, Anders, 2013, S. 15 ff.
37 Vgl. Kleinjohann, Michael / Reinecke, Victoria, 2020, S. 17.
38 Vgl. Kleinjohann, Michael / Reinecke, Victoria, 2020, S. 4.
39 Vgl. Parment, Anders, 2013, S. 15 ff.
40 Vgl. Wagner, Thomas, u. a., 2015, S. 13.
41 Vgl. Gadeib, Andera, 2018, o. S.
42 Vgl. Sikorska, Olena / Grizelj, Filip, 2015, S. 326.
43 Vgl. Egger, Rudolf / Posch, Alfred, 2016, S. 249.
44 Vgl. Bundesverband CarSharing, o. J. A, o. S.
45 Vgl. Egger, Rudolf / Posch, Alfred, 2016, S. 249.
46 Vgl. Bundesverband CarSharing, o. J. A, o. S.
47 Vgl. Daskalakis, Maria u. a., 2019, S. 34.
48 Vgl. Sommer, Carsten u. a., 2016, S. 29.
49 Vgl. Heinrichs, Dirk / Thomaier, Susanne / Parzonka, Roman, 2017, S. 8.
50 Vgl. Randelhoff, Martin, 2014, o. S.
51 Vgl. Vargas Diaz, Andres / Wagner, Nicole / Lietz, Simon, 2019, S. 8.
52 Vgl. Heineke, Kersten u. a., 2019, S. 2.
53 Vgl. Stocker, Adam / Shaheen, Susan, 2017, S. 8.
54 Vgl. Bundesverband CarSharing, o. J. B, o. S.
55 Vgl. Gesing, Ben, 2017, S. 21 f.
56 Vgl. Stocker, Adam / Shaheen, Susan, 2017, S. 9.
57 Vgl. Duong, Thuy Chinh u. a., 2016, S. 26.
58 Vgl. Sonnberger, Marco / Gallego Carrera, Diana, 2012, S. 4.
59 Vgl. Busch, Christoph u. a., 2018, S. 46.
60 Vgl. ADAC e.V., 2017, S. 25.
61 Vgl. Weber, Julian, 2020, S. 303.
62 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, 2015, o. S.
63 Vgl. Bundesverband CarSharing, 2012, o. S.
64 Vgl. Weber, Julian, 2020, S. 303.
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- Anonymous,, 2020, Sharing Economy in der Mobilitätsbranche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1026159
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