Das Ziel der vorliegenden Arbeit kann als Versuch in zweierlei Hinsicht verstanden werden. Ausgehend von Gilles Deleuze’ Auffassung des Kinos als ein semiotisches System und der von ihm in seinen Kino-Bänden (Kino 1. Das Bewegungs-Bild und Kino 2. Das Zeit-Bild) aufgestellten Taxonomie, sollen postmoderne Filme beleuchtet werden. Der Fokus liegt dabei auf jenen Merkmalen und Bildern, die einen postmodernen Film als solchen charakterisieren. Der erste Versuch stellt somit eine – thematisch eingegrenzte – Fortsetzung der Arbeit von Deleuze dar. Anschließend wird der Frage nachgegangen, ob sich jene Bilder ohne weiteres nach der deleuzeschen Taxonomie klassifizieren lassen, oder ob es sich dabei um neuartige Bildtypen, um die das System erweitert werden müsste, handelt. Der zweite Versuch geht mit der Beantwortung eben jener Frage einher. Abschließend wird auf das Verhältnis von Kino und Sprache eingegangen. Als Grundlage für die Untersuchung wurden hauptsächlich die filmischen Werke von Jean-Luc Godard und Quentin Tarantino herangezogen.
Anfang der 1990er Jahre löste der Einzug einer neuen Generation von Filmschaffenden in das kommerzielle amerikanische Kino einen Bruch in der Filmgeschichte aus, der das Medium Film und dessen intermedialen Stellenwert innerhalb der Populärkultur nachhaltig verändern sollte. Man könnte es auch als den Durchbruch des postmodernen Kinos bezeichnen; jedoch ist eine solche Aussage insofern problematisch, als der Begriff Postmoderne ein umstrittener ist. Unumstritten bleibt, dass zu jener Zeit vermehrt Filme auf die Leinwand projiziert wurden, die sich stilistisch von den gängigen Hollywoodstreifen abgrenzten und dennoch ein vergleichbar breites Publikum erreichten. Dabei handelt es sich um vergleichsweise billige Produktionen, die auf filmästhetische und narrative Konventionen zugunsten von künstlerischem Anspruch verzichten und sich keinem spezifischen Genre zuordnen lassen. Sie weisen trotz ihrer Mannigfaltigkeit einige Merkmale auf, die ihnen allen gemeinsam sind, wie etwa Techniken, mithilfe derer die filmische Illusion aufgelöst wird (Selbstreferentialität), oder der auffällig häufige und meist ironisch bis parodisch gebrauchte Einsatz von Filmzitaten (Intertextualität).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Durchbruch des postmodernen Kinos
- Fragestellung und Zielsetzung
- Vorgehensweise: ein scheiternder Versuch
- Deleuze: der Film als denkendes Medium
- Hintergrundgedanken: über Materie & Gedächtnis
- Bild Bewegung = Materie
- Der innere Kinematograph
- Das Universum als Anordnung von Bewegungsbildern
- Die Dreiteilung des Bewegungsbildes
- Bilder als Zeichen - Kino als Sprache
- Sprache ohne Sprachsystem
- Die Zeichen des Bewegungsbildes
- Denkende Bilder: das Relationsbild
- Die Krise des Aktionsbildes
- Das sensomotorische Band
- Der Italienische Neorealismus: Alltag in der Nachkriegszeit
- Das Zeitbild: Auftakt des europäischen Autorenfilms
- Ozus Vase
- Von Gegenwartsspitzen und Vergangenheitsschichten
- Erinnerung und Gedächtnis
- Bergson zum Zweiten
- Das Kino denkt!
- Zusammenfassung und Ausblick
- Die Nouvelle Vague
- Die politique des auteurs
- Vorbilder
- Die Kamera als Federhalter
- Jean-Luc Godard als Inbegriff der politique des auteurs
- Le Mépris: erster Archetypus für einen postmodernen Film
- À bout de souffle: zweiter Archetypus für einen postmodernen Film
- Das postmoderne Kino
- Die Nouvelle Vague und der postmoderne Film: eine Zwischenbilanz
- Unterschiede zur Nouvelle Vague
- Zeitgeschichtlicher Aspekt: Massenkultur und Fernsehen
- Ideologischer Aspekt: Pluralismus in der Postmoderne
- Was bedeutet postmodern überhaupt?
- Der Postmoderne-Begriff nach Lyotard
- Der Pluralismus siegt
- Das Kino denkt... in Filmen
- Quentin Tarantino: der Idealtypus des postmodernen Kinos
- Diskontinuitäten und fehlende Erzählstruktur
- Intertextualität
- Selbstreferentialität
- Das Spiel mit dem Genre: eine Stilikone
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie sich das postmoderne Kino in Gilles Deleuzes Werk über das Kino einbinden lässt. Sie untersucht die charakteristischen Merkmale des postmodernen Kinos, insbesondere jene von Quentin Tarantinos Filmen, und analysiert, ob diese anhand von Deleuzes Bildtypologie klassifiziert werden können. Die Arbeit betrachtet auch die Nouvelle Vague als stilistisch vergleichbare Bewegung und untersucht, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden Strömungen bestehen.
- Das postmoderne Kino und seine stilistischen Merkmale
- Deleuzes Bildtypologie und ihre Anwendbarkeit auf das postmoderne Kino
- Die Nouvelle Vague als Vorläuferbewegung des postmodernen Kinos
- Die kulturellen und ideologischen Einflüsse auf das postmoderne Kino
- Die Bedeutung von Selbstreferentialität und Intertextualität im postmodernen Film
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des postmodernen Kinos ein und erläutert die Besonderheiten dieser Filmströmung. Sie beleuchtet die stilistischen Unterschiede zum klassischen Hollywoodkino und stellt den Zusammenhang zur Nouvelle Vague her. Die Arbeit stellt die Fragestellung und die Zielsetzung des Projekts dar.
Das zweite Kapitel analysiert Deleuzes Werk über das Kino und sein Verständnis des Films als denkendes Medium. Es werden seine Bildtypen und das Verhältnis zwischen Kino und Sprache beleuchtet.
Kapitel drei befasst sich mit der Nouvelle Vague als Vorläuferbewegung des postmodernen Kinos. Es werden die wichtigsten Filmemacher und ihre charakteristischen Merkmale analysiert.
Das vierte Kapitel beleuchtet die stilistischen Besonderheiten des postmodernen Kinos und stellt die These auf, dass sich die Merkmale dieses Genres nicht vollständig mit Deleuzes Bildtypologie erklären lassen. Die Arbeit untersucht den Einfluss von Massenkultur und Fernsehen auf das postmoderne Kino und analysiert die Bedeutung von Selbstreferentialität und Intertextualität in diesen Filmen.
Schlüsselwörter
Postmodernes Kino, Gilles Deleuze, Nouvelle Vague, Quentin Tarantino, Bildtypologie, Selbstreferentialität, Intertextualität, Massenkultur, Fernsehen, Filmgeschichte, Filmästhetik.
- Citation du texte
- Aleksandar Nikucic (Auteur), 2021, Gilles Deleuze und der postmoderne Autorenfilm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1026157