Einleitung
„Ich bin überzeugt, daß die Oper im traditionellen Sinne mit Wagner, Strauss und deren Nachfahren ihr Ende gefunden hat. Man muß selbst- verständlich das beste der Epoche konservieren; man kann den Weg a- ber nicht weiter fortsetzen. [...] Die mir vorschwebende neue Form ist richtiges, lebendiges, modernes ‚Musikalisches Theater‘, in dem die Mu- sik nach Ausdehnung und innerer Bedeutung gleichberechtigter Partner ist.“ (Hervorhbg. Im Original)1
Schon in seinen ersten Schaffensjahren wurde deutlich, daß Kurt Weill sich zum (Musik-) Theater hingezogen fühlte, daß er - wie er selbst in einem Brief an seinen Bruder 1919 schrieb - „Verse“ benötigte, „um meine Phan- tasie in Gang zu bringen; und meine Phantasie ist kein Vogel, sie ist ein Flugzeug!“2 Mit unaufhaltsamem Enthusiasmus, Neues für das musikali- sche Theater und damit auch für die Oper zu entwickeln, wurde Kurt Weill ein unermüdlicher Erneuerer des Musiktheaters in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Weill hat eine neue Form der Oper geschaffen. Indem er sie an das Theater heranführte, entstand, inhaltlich wie auch formal, eine neue Verbindung zwischen Drama und Musik und zwischen klassischer und po- pulärer Musik. Er stellte den über die Jahrhunderte verlorengegangen Kon- takt zwischen Oper und Theater wieder her. Die Bedeutung seines Schaf- fens und seiner Kompositionen liegt in dem kreativen Zusammenspiel zwi- schen treuem Festhalten an der Idee, ein neues Musiktheater zu schaffen und der Flexibilität und Bereitschaft, neue musikalische Impulse aufzuneh- men; und das immer, ohne daß Kurt Weill seinen eignen Stil vernachlässigt hätte. Kurt Weill hat in der Weimarer Republik Musik im Sinne der stürmi- schen Jahre zwischen den Weltkriegen geschrieben, und er hat in den USA, wo er sich auf eine gänzlich andersgeartete Musiktheaterszene ein- stellen mußte, nicht nur ‚amerikanische‘ Musik für den Broadway kompo- niert, sondern das amerikanische Musical erheblich weiterentwickelt und den Weg für eine amerikanische Oper geebnet, die es bis dato nicht gege- ben hatte.
1. Kurt Weill - Leben und Werk, eine Zusammenfassung
„Du meinst, ich ließe das Häßliche an mir abgleiten. Nein: ich schlürfe es bis zur Neige, denn es gehört zum Ausdruck der Zeit, in die ich geboren bin, und es weist mir den Weg zur Schönheit, die heute genauso blüht wie je. Aber ich packe zu, wo mir eine Empfindung begegnet, sei sie schön oder häßlich, und ich leere den Kelch jedes Gefühles bis zum Rande...“3
Am 2. März 1900 wird Kurt Weill als Sohn eines Synagogalkantors und ei- ner Rabbinertochter in Dessau geboren. Die erste erhaltene Komposition Mi Addir - J ü discher Trauergesang entsteht 1913. Bis zur Immatrikulation an der Hochschule für Musik 1918 in Berlin entstehen zahlreiche Liedkom- positionen. Nach Abbruch des Studiums an der Hochschule beginnt Kurt Weill 1921 ein dreijähriges Studium in der Meisterklasse von Ferruccio Bu- soni, eine der bestimmenden Persönlichkeiten für die Musikentwicklung An- fang des 20. Jahrhunderts. 1926 heiratet Kurt Weill seine Freundin und Ge- liebte Lotte Lenya, im selben Jahr erlebt er die erste erfolgreiche Urauffüh- rung seines Operneinakters Der Protagonist in Dresden. Mit der Arbeit an dem Songspiel Mahagonny 1927 (auf das drei Jahre später die ausgearbei- tete Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny folgen sollte) beginnt die mehrjährige Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht. Es folgt 1928 das wohl er- folgreichste Werk Die Dreigroschenoper und später unter anderem Das Berliner Requiem und Happy End.
Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 muß Kurt Weill Berlin verlassen und geht zunächst nach Paris. Hier entstehen unter anderem Marie Galan te und Die sieben Tods ü nden, ein Ballett mit Gesang - das letzte Werk, das Weill mit Brecht zusammen erarbeitet. Im September 1935 geht Kurt Weill zusammen mit seiner inzwischen geschiedenen Frau Lotte Lenya nach New York, sie heiraten ein zweites Mal.
In den USA entstehen die ersten amerikanischen Bühnenstücke Johnny Johnson, The Eternal Road und Knickerbocker Holiday. Mit Lady in the Dark schafft Kurt Weill dann 1941 den endgültigen Durchbruch am Broad- way. Noch im selben Jahr erwirbt Paramount die Filmrechte für Lady in the Dark. Nach dem Eintritt der USA in den zweiten Weltkrieg 1942 beteiligt sich Weill mit verschiedenen musikalischen Projekten am Anti-Hitler-„War effort“ des Landes. 1943 folgt sein nächster Erfolg am Broadway mit dem Musical Play One Touch of Venus. Im selben Jahr erhalten Kurt Weill und Lotte Lenya nach jahrelangem Bangen endlich die amerikanische Staats- bürgerschaft. 1947 entsteht die auch in Europa erfolgreichste Broadway- Oper des ehemaligen deutschen Komponisten Street Scene. Sein letztes vollendetes Werk Lost in the Stars entsteht 1949. Am 3. April 1950, einen Monat nach seinem fünfzigsten Geburtstag, stirbt Kurt Weill an den Folgen einer Herzattacke in einem New Yorker Krankenhaus.
2. Kurze Geschichte der Oper
Die Oper ist ein Bühnenwerk, das in der Zusammenwirkung von dichteri- schen, musikalischen und szenischen Elementen ein Gesamtkunstwerk der Gattung darstellt. Im 16. Jahrhundert versuchte ein Kreis kunstbegeisterter Adliger in Florenz, die Antike Tragödie, die man sich hauptsächlich gesun- gen vorstellte, neu zu beleben. Mit dem 1594 entstandenen musikalischen Bühnenwerk Dafne glaubte man, den dramatischen Stil der Griechen wie- dergefunden zu haben. Die ersten darauf folgenden Opern bestanden aus rezitativen Einzelgesängen, die eine natürliche, musikalische Deklamation des Textes geben wollten. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Gattung mit dem Stil des ariosen Elements Monteverdis, der dann zur Arie verdich- tet wurde. Damit geriet die Rolle des Sängers und der Musik immer weiter in den Vordergrund und wurde dem Drama übergeordnet. Von hier aus ging die Oper ihren eigenen Weg. Der Opera seria, mit ihren bevorzugt my- thologischen und heroischen Stoffen, trat die heitere Opera buffa gebenü- ber. Gegen die Erstarrung der Opera seria wandte sich vor allem Gluck. Mozart schuf, gefolgt von Beethoven, die Grundlagen für eine deutsche Oper. Wagner gelangte dann schließlich von der reinen ‚Nummern-oper‘ zum Gesamtkunstwerk des Musikdramas.
2.1. Der einsame Weg einer verwöhnten Kunst
Theater war in seinen Anfängen eine Volkskunst und benötigte deshalb auch Musik und Gesang als eines der ursprünglichsten und natürlichsten künstlerischen Ausdrucksmittel. Die ersten Opern waren daher musikali- sches Theater, denn sie stellten eine logische - weil natürliche - Verbin- dung zwischen Drama und Musik her und bildeten ein vollendetes Gleich- gewicht zwischen beidem. Nach der immer deutlicher werdenden Ausein- anderentwicklung von Oper und Drama blieb die Oper lange Zeit eine Kunstform, die ausschließlich den Fürstenhöfen und dem aristokratischen Mäzenatentum vorbehalten war. Sie wurde das typische Beispiel einer subventionierten Kunst. Da ihre Existenz gesichert war und sie für ein eng umgrenztes Publikum bestimmt war, geriet sie in Gefahr, sich von den ak- tuellen Ereignissen des Lebens und der Gegenwart zu entfernen. Je mehr sich die Institution Oper ihrer Sonderstellung als subventionierte Kunst be- wußt wurde, um so mehr begab sie sich auch in eine künstlerische Sonder- stellung und verlor den Kontakt zum Theater und damit zu einem breiteren Publikum. Kurt Weill wirkte mit seinem Schaffen gegen das Problem der I- soliertheit der Oper, indem er, aktuelle Handlungen benutzend, ihre musi- kalische Form mit neuen Elementen bereicherte.
„In einer Zeit gewaltiger sozialer Umwälzungen haben wir genug zu tun, um die Existenzberechtigung...unserer Arbeit nachzuweisen. Das können wir nur tun, wenn wir den Ideen unserer Zeit, zu denen wir uns bekennen, eine unanfechtbare künstlerische Form geben. [...] Sie [die Kunst] mu ß aber in ihren Ausdrucksmitteln ebenso ‚ aktuell ‘ sein wie in ihren Inhal- ten. “(Hervorhbng. Im Original)4
3. Auf der Suche nach einer neuen Richtung für das Musiktheater
Nach dem Abbruch des Studiums an der Hochschule für Musik im Sommer 1919 kam Kurt Weill erst im Früherbst 1920 wieder nach Berlin zurück. Im Januar 1921 nahm er dann sein dreijähriges Studium in der Meisterklasse von Ferruccio Busoni auf. Busoni, den man damals durchaus mit Schön- berg auf eine Stufe stellte, (wenn sie auch unterschiedliche Musiktheorien entwickelten), war um diese Zeit das musikalische und auch persönliche Idol der jungen Musikergeneration Deutschlands und Europas. Der Einfluß Busonis auf die späteren Ideen Kurt Weills, die Oper zu erneuern, war nicht unerheblich. Busoni stellte fest, daß die Oper für die freie Tonalität das rich- tige Medium sei, und daß Orchester und Stimme hier viel ausdrucksstärker eingesetzt werden könnten, als es bis dahin getan worden war. Auch für die Entwicklung des Musiktheaters hatte Busoni Bedeutendes geleistet, seine theoretischen Gedanken prägten das spätere Schaffen Kurt Weills. Als er sich 1923 Busonis Operneinakter Arlecchino ansah, bemerkte Weill später: „Ohne den Arlecchino, eine Oper, deren Hauptfigur kein Sänger, sondern ein Schauspieler war, gäbe es möglicherweise keine Musik zu Mahagonny...“5
Als sich das dreijährige Studium bei Busoni dem Ende zuneigte, waren die grundlegenden Ambitionen zu einer neuen Form der Musiktheaterkomposition bei Kurt Weill schon offensichtlich; die komplette Entfaltung seiner Fähigkeiten sollte allerdings erst einige Jahre später durch die Begegnung mit Brecht beginnen. Heinrich Strobel hat dies 1927 in einem Aufsatz über Kurt Weills Kinderballett Die Zaubernacht deutlich gemacht:
„Es bedarf nur noch der entscheidenden Anregung durch eine Dichtung, und der Strom einer von dramatischen Inhalten mächtig gespannten Musik ergießt sich auf das Theater.“6
Die Begegnung mit Georg Kaiser, einem der am häufigsten aufgeführtesten Bühnenautoren der 20er Jahre, war für Kurt Weill ein erster entscheidender Schritt zum musikalischen Theater und zum Opernkomponisten. 1924 be- gannen beide an einem Ballett zu arbeiten, aus dem schließlich eine Oper werden sollte: Der Protagonist erlebte im Frühjahr 1926 ihre Premiere in Dresden. Das Werk brachte Kurt Weill seinen bis dahin größten künstleri- schen Erfolg, es war Weills Start als Opernkomponist. Ein Jahr später sollte noch eine weitere Oper in Zusammenarbeit mit Georg Kaiser entstehen: Der Zar l äß t sich fotografieren. Diese Opera buffa war Weills letzte Büh- nenpartitur, die den gesamten Text in Musik setzte, was bis dahin noch üb- lich war und einen Aspekt des strengen Rahmens herkömmlicher Opern ausmachte. Bei dieser Oper setzte Weill zum ersten mal technische Mittel ein, um „eine Steigerung nach innen...durch eine völlige Änderung der Klangfarbe zu erreichen.“7 Er ließ in einer Szene nicht das Orchester die Musik spielen, sondern ein Grammophon, um erstens die Handlung voran- zutreiben und zweitens, allein durch den blechernen Klang des Grammo- phons, eine Jazzstimmung zu vermitteln, die bis dahin in einer Oper un- denkbar war. Kurt Weill hatte hier seine Bestrebungen, die Formen des herkömmlichen Musiktheaters zu sprengen, vorbereitet. Nun konnte eine neue Art von musikalischem Theater geschaffen werden.
4. Weill und Brecht - Symbiose auf Zeit
Bertolt Brecht:
„Wenn man sieht, daß unsere heutige Welt nicht mehr ins Drama paßt, dann paßt das Drama eben auch nicht mehr in die Welt.“ (1927)8
Kurt Weill:
„Wenn also der Rahmen der Oper eine derartige Annäherung an das Zeittheater nicht verträgt, muß eben dieser Rahmen gesprengt werden.“ (1928)9
Als Weill und Brecht 1927 in Berlin das erste mal zusammentrafen, war die Entfaltung der Künste in den Jahren der Weimarer Republik auf ihrem Hö- hepunkt. Die veränderten politischen Verhältnisse nach dem ersten Welt- krieg, die besonders harten Jahre direkt nach dem Krieg und die daraus folgende Vergnügungssucht, die starke Zurücknahme der Zensur im Thea- ter waren einige von vielen Aspekten, die zu einer ungeheuren Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmittel führten. Obwohl Weill und Brecht in weltan- schaulichen Fragen kaum Berührungspunkte hatten, sich letzten Endes gar im Streit trennen sollten, begann hier eine intensive, fast vierjährige folgen- reiche Zusammenarbeit. Was sie einte, war die Absicht, Formen des insti- tutionalisierten bürgerlichen Theater- und Opernbetriebes aufzubrechen und nach neuen Wegen zu suchen, welche ich in den nächsten Kapiteln näher erläutern werde.
4.1. Zeitoper - ein neuer Begriff für eine neue Opernform
Mit der Dreigroschenoper entstand der Begriff Zeitoper und die damit ver- bundene Formulierung einer neuen Opernform die der Form des epischen Theaters nahe kam. Das Zeitstück oder die Zeitoper rückte - im Gegensatz zur herkömmlichen Oper - die äußeren Lebenserscheinungen der Zeit in den Mittelpunkt. Die Aufgabe des musikalischen Zeittheaters bestand darin, die Bühne endgültig zu technifizieren, das Theater in der Form, im Ge- schehen und im Gefühl aufzulockern und zu ‚entstauben‘. Ein reduziertes Bühnenbild sollte den Blick frei machen für die Wesentlichen Vorgänge auf der Bühne. Genau wie Brecht das Hauptgewicht seiner neuen Theaterform auf den epischen Charakter legte, so mußte für Weill das neue Opernthea- ter nicht mehr schildern, sondern berichten. In einem offenen Brief äußert Kurt Weill sich zu seinen Vorstellungen über die Zeitoper folgendermaßen:
„Die Musik im neuen Operntheater verzichtet darauf, die Handlung von innen her aufzupumpen...sie setzt erst an den statischen Momenten der Handlung ein, und kann daher...ihren absoluten, konzertanten Charakter wahren. Denn da die berichtende Form den Zuschauer niemals in Unge- wißheit über die Bühnenvorgänge läßt, so kann sich die Musik ihre eige- ne, selbständige, rein musikalische Wirkung vorbehalten. [...] Diese ver- änderte Grundeinstellung kann...die Gattung Oper von Grund aus neu schaffen.“10
4.2. Oper und Jazz
Die epische Form des Musiktheaters gab Kurt Weill die Möglichkeit, in die sonst vor kompositorischen Experimenten so verschlossenen Opernele- mente auch Jazzelemente und Elemente der Unterhaltungsmusik mit ein- fließen zu lassen. Daraus resultierte eine wesentlich größere Einfachheit und Verständlichkeit der Musik, die deshalb auch Zugang zu einer größe- ren Publikumsgruppe fand. Kurt Weill bezeichnete den Jazz als „internatio- nale Volksmusik“, weil sie eine der breitesten Auswirkungen überhaupt er- fahre. Das lag nicht unwesentlich an der Musizierform des Jazz, und hier überschneidet sich die Form des Jazz wiederum mit der berichtenden Form des epischen Theaters. Er hob das starre System der üblichen Musikübung auf und machte eine freiere, ungebundenere Form des Musizierens bis hin zur freien Improvisation möglich, nahm allen künstlichen Schmuck der Me- lodien heraus und wirkte in der Reduziertheit, und nicht in einer Überfülle an Tönen, bereichernd.
4.3. Die Dreigroschenoper
Für den Produzenten Ernst Josef Aufricht, der sich im Theater am Schiff- bauerdamm in Berlin eingemietet hatte und nun ein geeignetes Stück für die Eröffnung seines Theaters suchte, erarbeiteten Brecht und Weill Die Dreigroschenoper, die 1928 ihre Premiere in Aufrichts Theater erfahren sollte. Bereits ein Jahr nach der Uraufführung hatten mehr als fünfzig Thea- ter das Stück gespielt, das danach bis 1932 ganz Europa eroberte.
Die Handlung der Dreigroschenoper ist allgemein bekannt, so daß auf eine Wiedergabe verzichtet werden kann. Wichtig ist herauszufiltern, was nun an der Dreigroschenoper neu war und wodurch sie sich von herkömmlichen Opern unterschied.
Kurt Weill beschrieb die Dreigroschenoper als eine „Mischgattung“ aus Schauspiel und Oper. Er komponierte die Musik zur Dreigroschenoper für Schauspieler, d.h. für Laiensänger, wie es auch in den Ursprüngen des
Musiktheaters getan wurde. Was hier entstand, war also erst einmal nichts neues. Neu war das Heraustreten eines Opernkomponisten aus dem über die Jahrhunderte entstandenen, fest von anderen Bühnenkünsten abge- schlossenen Rahmen. Weill besann sich auf die Ursprünge des musikali- schen Theaters und gelangte über diesen Weg zu einer neuen Form der Gattung Oper. Der Schritt zurück zu den Ursprüngen war also im eigentli- chen Sinne ein großer Schritt nach vorn, denn „...was zunächst eine Be- schränkung erschien, erwies sich im Laufe der Arbeit als eine ungeheure Bereicherung.“11 Die Musik der Dreigroschenoper wurde von drei durch- greifenden Innovationen bestimmt, die ich im weiteren näher erläutern wer- de: Eine neue Zusammensetzung des Orchesters aus nur zehn (Jazz-) Musikern, die nicht, wie in der Oper sonst üblich, im Orchestergraben sa- ßen, sondern auf der Bühne in das Stück integriert waren; ein neuartiger Gesangsstil, der sich aus Elementen der populären Musik ableitete und hier zum erstenmal als Weillscher Songstil die Bühne betrat, sowie die in sich geschlossenen Nummern.
Schon die Ankündigung des Stückes und ihr Inhalt - die Geschichte spielt im Huren- und Gangstermillieu Londons - zeigt, daß Kurt Weill hier ein neu geartetes Opernsujet bearbeiten mußte: „Sie werden heute Abend eine Oper für Bettler sehen. Weil diese Oper so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen können, heißt sie die Dreigroschenoper.“12 Theodor
W. Adorno beschreibt die musikalische Vorgehensweise sehr treffend:
„Die Harmonien...sie klingen uns falsch - also muß Weill die Akkorde selber, die er da herholt, falsch machen, zu den Dreiklängen einen Ton hinzusetzen [...] muß die Melodieschritte verbiegen [...] oder muß, in den kunstvollsten Stellen der Partitur, die modulatorischen Schwergewichte so verschieben, daß die harmonischen Proportionen umkippen...“13
Bereits die Ouvertüre mit ihren bewußt falschen, ‚schäbigen‘ Akkorden, kündigte an, daß hier etwas Neues die Bühne betrat. Die Tatsache, daß Kurt Weill eine aus zehn Jazzmusikern bestehende Band einsetzte, die alle mindestens drei Instrumente spielen konnten, machte es dazu möglich, seine komponierten Opernelemente mit Jazzelementen zu verbinden. Die Verschmelzung verschiedener musikalischer Elemente sollte er schließlich in den USA zur Vollendung führen. Weill verwendete volkstümliche Instru- mente, wie die Gitarre, und ließ die opernüblichen Streicher weg. Damit entstand eine musikalische Eindringlichkeit, die Jazz und Empfindung, Volkstümlichkeit und Kunstfertigkeit in einer Weise verband, die es bis da- hin noch nicht gegeben hatte. Weills Musik fand hier eine Entsprechung zur ‚Dreigroschen‘-Kunstsprache Brechts: sie benutzte barocke Elemente, die sie gleichzeitig in den parodistischen Finales für die Attacke auf die Institu- tion Oper verwendete. Schäbige Floskeln der Unterhaltungsmusik, Balla- den und Moritatenformen mit Leierkastenklang verschmolzen hier mit gro- ßen melodischen Erfindungen. Weill stellte die Verbindung zwischen Un- terhaltungsmusik und ernster Musik - die übrigens in ihrer Begrifflichkeit nur in Deutschland diese Art von Trennung erfuhr - wieder her. Dies war eine seiner für die Entwicklung des neuen Opernstils wichtigste Einstellung und Schaffensphilosophie:
„Ich habe niemals den Unterschied zwischen ‚ernster‘ und ‚leichter‘ Musik anerkannt. Es gibt nur gute und schlechte Musik.“14
-Hörbeispiel 1 und 2
Zudem prägte Weill in der Dreigroschenoper, noch mehr als im Songspiel Mahagonny, den Begriff ‚Song‘. Nicht nur Titel wie der Barbara-Song, der Anstatt-Da ß -Song oder der Kanonen-Song wiesen auf die Neuartigkeit hin, sondern auch die Intention, die sich dahinter verbarg. Hier wurde die Idee des Stücks und die Bedeutung der Szene kurz und klar erhellt. Einer meist in der Melodie sehr einfach gehaltenen Strophe folgten hier nach einer Zä- sur die unvergleichlichen, weit ausladenden, eingängigen Refrain- Melodien. Diese Mischung aus einem ‚engelreinen‘ Gesang in den Re- frains, der Einfachheit der Strophen und den dazugehörigen ‚dreckigen‘ Themen der Lieder ergab einen ganz eigenen verfremdenden Kontrast.
-Hörbeispiel 3
Aber auch einige äußere Umstände wiesen auf den Versuch hin, einen neuen Weg zu beschreiten: Schon der Aufführungsort, nämlich das Theater am Schiffbauerdamm und nicht etwa ein Opernhaus, war ein Zeichen, die Oper näher an das Theater und an das Theaterpublikum heranzuführen. Weill und Brecht waren mit der Dreigroschenoper an ein Publikum heran- getreten, das weit über den Rahmen des Musik- und Opernpublikums hi- nausging. Auch in der Musik der Weimarer Republik, wie in vielen anderen Kunstrichtungen der 20er Jahre, war die Abwendung von individualisti- schen Kunstprinzipien hin zu Genre-übergreifenden Bewegungen (z.B. in der Filmmusik) schon ersichtlich. Allein die Oper verharrte mit ihrem spe- ziellen Opernpublikum in ihrem abgeschlossenen Rahmen und war von den gesellschaftlichen und künstlerischen Vorgängen der ausgehenden 20er Jahre scheinbar unberührt. Oper und Theater wurden bis dahin immer noch als zwei völlig getrennte Begriffe behandelt. Weill gelang mit der Drei- groschenoper zum ersten Mal der Einbruch in die Gebrauchsindustrie, so daß nach der Uraufführung in den Besprechungen der Presse über die Dreigroschenoper sogar von einer ‚soziologischen Bedeutung‘ derselben die Rede war. Kurt Weill beschreibt die künstlerisch-musikalische Gestal- tung dieses Aufbrechens so:
„Was wir machen wollten, war die Urform der Oper. [...] Ich hatte eine realistische Handlung, mußte also die Musik dagegen setzen, da ich ihr jede Möglichkeit einer realistischen Wirkung abspreche. So wurde also die Handlung entweder unterbrochen, um Musik zu machen, oder sie wurde bewußt zu einem Punkt geführt, wo einfach gesungen werden mußte. [...] hier wurde der Begriff ‚Oper‘ direkt zur Lösung des Konflikts, also als handlungsbildendes Element herangezogen und mußte daher in seiner reinsten, ursprünglichsten Form gestaltet werden.“15
Kurt Weill arbeitete schon zur Zeit seiner früheren Werke eng mit dem für die damalige Zeit noch neuen Medium Rundfunk zusammen. Die in sich geschlossenen Songs näherten sich stark dem amerikanischen ‚Popular Song‘ oder ‚Hit‘ an. (Sehr deutlich wurde das bei dem späteren Werk Hap- py End, das zwar vom szenischen Ablauf und von der Handlung her schwächer erscheint, dennoch aber ‚Hits‘ wie den Surabaya-Jonny und den Bilbao-Song beinhaltet, die durchaus für sich allein stehen können). Songs wie die Seeräuber-Jenny oder die Moritat von Mackie Messer fanden schnell Einzug in den Rundfunk und in die Plattenindustrie, so daß zusätz- lich zur ohnehin schon großen Gruppe von Zuschauern nun noch ein Publi- kum hinzukam, welches die Dreigroschenoper gar nicht unbedingt gesehen haben mußte und sie dennoch kannte. Die Songs wurden gar zu echten Schlagern, die man überall nachsang. Es war hier also möglich, musikali- sche Teile eines trotzdem in sich geschlossenen Gesamtkunstwerks für sich allein sprechen zu lassen, und dies war auch Weills Absicht:
„Daß meine Musik [...] industrialisiert worden ist, spricht ja nach unserem Standpunkt nicht gegen, sondern für sie, und wir würden in unsere alten Fehler zurückfallen, wenn wir einer Musik ihren künstlerischen Wert und ihre Bedeutung absprechen würden, nur weil sie den Weg zur Masse ge- funden hat.“16
Diese Vorgehensweise wäre für die traditionelle Oper undenkbar gewesen, da sie ihren geschützten Rahmen hätte aufbrechen müssen, den sie brauchte, weil sie nur in der Isolation eine (künstliche) Legitimation erhalten konnte.
4.4. Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
Im März 1930 fand die Uraufführung der Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny in Leipzig statt, die einen der nachhaltigsten Theaterskandale der Weimarer Republik hervorrufen sollte. Erstmalig gingen hier organisier- te Störtrupps der rechten politischen Kräfte gegen Weill und Brecht vor. Doch nicht nur die langsam wachsende nationalsozialistische ‚Atmosphäre‘ in Deutschland löste diesen Skandal aus, auch Liebhaber der traditionellen Oper zeigten sich entsetzt ob des Zerrspiegels, der hier dem bürgerlichen Leben und der Oper vorgehalten wurde.
Die Handlung soll auch hier nicht im einzelnen geschildert werden, einen kurzen Eindruck der Neuartigkeit des Sujets gibt eine Beschreibung des Komponisten selbst: „Der Inhalt dieser Oper ist die Geschichte einer Stadt, ihre Entstehung, ihre ersten Krisen, dann der entscheidende Wendepunkt in ihrer Entwicklung, ihre glanzvolle Zeit und ihr Niedergang.“17 Dieses Handlungsgerüst zeigt den Menschen in der Bösartigkeit seiner nur durch gesellschaftliche und moralische Konventionen eingezwängten Triebe. Attribute wie Fressen, Sex, Geld und Saufen werden in Bildern als die eigentlichen Inhalte menschlicher Existenz dargestellt.
Vor allem die Tatsache, daß im Verlauf der langen Arbeit an dem Werk (ü- ber zwei Jahre) wesentlich die Theorie des epischen Theaters und der epi- schen Oper diskutiert und geprägt wurde, die die Entwicklung von Schau- spiel- und Operntheater entscheidend beeinflussen sollte, war hier aus- schlaggebend für einen weiteren, entscheidenden Schritt zu einer neuen Opernform. Weills theoretische Überlegungen zur Erneuerung des Thea- ters haben Brechts Theorien zum epischen Theater in der Zeit der Zusam- menarbeit genauso beeinflußt, wie umgekehrt. Dies sei an dieser Stelle be- tont, da der Einfluß Weills doch zu oft verkannt wird und die damalige Wir- kung Weills auf die Erneuerung des (musikalischen) Theaters zu Unrecht in den Hintergrund gerückt wird. Im Gegensatz zur Dreigroschenoper, oder besser: in Fortsetzung der Dreigroschenoper, die Weill noch zwischen Schauspiel und Oper sah, ermöglichte ihm die Mahagonny -Oper durch ihre epische Form, ihr Sujet nach rein musikalischen Gesichtspunkten zu ges- talten:
„Die epische Theaterform ist eine stufenartige Aneinanderreihung von Zuständen. Sie ist daher die ideale Form des musikalischen Theaters, denn nur Zustände können in geschlossener Form musiziert werden, und eine Aneinanderreihung von Zuständen nach musikalischen Gesichts- punkten ergibt die gesteigerte Form des musikalischen Theaters: die O- per.“18
Die Songs, für die Kurt Weill in der Dreigroschenoper eine stilbildende Ges- talt gefunden hatte, bildeten auch in der Mahagonny -Oper einen musikali- schen Mittelpunkt. Das Milieu der Gangster und Huren tritt zwar auch hier wieder in Erscheinung, dennoch hat sich aber die künstlerisch-musikalische Ausarbeitung im Vergleich zur Dreigroschenoper wesentlich hin zum o- pernhaften Element verändert. Ziel war es, „‘Sittenbilder aus unserer Zeit‘, auf eine vergrößerte Ebene projiziert“19 zu schaffen. In noch ausgeprägte- rer Form als in der Dreigroschenoper standen hier Songs (diesmal mit gro- ßer Symphonie-Orchesterbesetzung) neben einem umfangreichen En- semble, Arien neben Melodramen und Duette neben großen Chorszenen. Hans Heinz Stuckenschmidt schreibt hierzu: „ Mahagonny macht die Mög- lichkeiten der Oper für Gegenwart und Zukunft wieder plausibel und sprengt gleichzeitig ihre Grenzen.“20 Theodor W. Adorno bezeichnet Maha- gonny sogar als die ‚erste surrealistische Oper‘ und gibt eine sehr passen- de Beschreibung der Musik wieder:
„Die surrealistischen Intentionen von ‚Mahagonny‘ werden getragen von der Musik, die von der ersten bis zur letzten Note dem Schock gilt, den die jähe Vergegenwärtigung der verfallenen Bürgerwelt erzeugt [...] diese Musik, aus Dreiklängen und falschen Tönen zusammengestoppelt, mit den guten Taktteilen alter Music-hall-songs, die gar nicht gekannt, son- dern als Erbgut erinnert werden, festgehämmert, mit dem stinkenden Leim aufgeweichter Opernpotpourris geleimt, diese Musik aus Trümmern der vergangenen Musik ist gänzlich gegenwärtig. [...] die Musik dient nicht mehr, sondern herrscht in der durchkomponierten Oper...“21
-Hörbeispiel 4 und 5
5. Kurt Weill in Amerika
Daß Kurt Weills Musik im dritten Reich, ebenso wie viele andere Werke deutscher Künstler, als ‚entartet‘ behandelt wurde, liegt schon deshalb auf der Hand, weil er Jude war. Das Verhältnis der Nazis zu Kurt Weill soll hier nicht näher erläutert werden, denn die Vertreibung Weills aus Deutschland und der Umgang der Nazis mit seiner Musik ist hier nicht Thema und würde in dieser Hausarbeit zu weit führen. Nur soviel soll gesagt werden, weil es für die künstlerische Weiterentwicklung Weills in Amerika eine wichtige Rol- le spielte: Bereits in Paris, seinem ersten Aufenthaltsort nach der Flucht aus Deutschland, sagte Kurt Weill einem dänischen Journalisten: „Schon in Berlin, letztes Jahr, fühlte ich, daß ich Luftveränderung nötig hätte, alles wurde allmählich zu leicht für mich, [...] Also, bevor Hitler und die Nazis daran dachten, mich zu erneuern, bin ich selbst auf den Gedanken ge- kommen!"22 Kurt Weill hat sich nie - und vor allem nicht in Amerika - als Emigrant empfunden, er sah die USA nicht als zeitweiliges Gastland, son- dern bald schon als neue Heimat. Ja, er protestierte sogar später öffentlich, als man ihn in der Presse als ‚deutschen Komponisten‘ bezeichnete. Das hatte unweigerlich Konsequenzen für seine künstlerischen Produktionen in Amerika:
„Sie können sich vorstellen, was es für mich bedeutete, als ich in diesem Land ankam und hier ein Theater voller schöpferischer Impulse, Freiheiten und technischen Möglichkeiten vorfand - alles was ich brauchte, um da fortzufahren, wo ich aufzuhören gezwungen worden war.“23
Kurt Weill war davon überzeugt, daß sein Gedanke, die Oper zu erneuern, bzw. diese Form in Amerika neu zu etablieren, hier ein fruchtbares Feld ge- funden hatte. Bei seiner Ankunft 1935 gab es in Amerika so gut wie gar keine Komponisten, die sich mit einer ernsthaften Verbindung von Theater und Musik auseinandersetzten. Im selben Jahr hatte George Gershwin mit Porgy and Bess zwar eine der ersten ‚amerikanischen Opern‘ für den Broadway geschrieben; nach seinem frühen Tod 1937 wurde aber von den meisten amerikanischen Komponisten der Weg einer solchen Verschmel- zung aus gehobener Unterhaltungsmusik mit Jazzelementen nicht in quali- tativer Vollendung weiterverfolgt. So stellte Kurt Weill 1936 fest: „Situation des musikalischen Theaters hierzulande: Metropolitan - schlimmstes Bei- spiel für altmodische Oper (Museum) einerseits, musical comedy [...] ande- rerseits. Nichts dazwischen. Enormes Feld für ein musikalisches Thea- ter.“24 Kurt Weills erste Arbeiten für das amerikanische Musiktheater waren daher der Beginn der Entwicklung des Musicals, zu der er einen erhebli- chen Teil beitragen sollte. Ihm war sehr wohl bewußt, daß er sich auf eine ganz neue Situation einzustellen hatte und hier nicht mit Kompositionen der in Europa avancierten Musik fortfahren konnte. Dies war für ihn allerdings kein Hinderungsgrund, sondern ein Ansporn, auch in den USA neue Wege im Bereich des Musiktheaters zu beschreiten.
„Wenn wir an Stelle des Wortes ‚Oper‘ den Begriff ‚musikalisches Thea- ter‘ einführen, so erkennen wir viel deutlicher die Entwicklungsmöglich- keiten in einem Lande, das nicht mit einer Operntradition belastet ist und daher ein offenes Feld für den Aufbau einer neuen...Form bietet. [...] Die- se Form wird sich aus dem amerikanischen Theater entwickeln...und mehr als alles andere möchte ich einen Anteil an dieser Entwicklung ha- ben.“25
Eine Art ‚amerikanische Oper‘ in den USA zu etablieren - diese Frage be- schäftigte nicht nur Kurt Weill. Bis weit in die 30er Jahre hinein gab es in Amerika nur einen kleinen, elitären Kreis von einem Opernpublikum, der lediglich die Reproduktion der europäischen Oper des 19. Jahrhunderts gewohnt war. Einige amerikanische Komponisten waren davon überzeugt, man könnte dieses Opernpublikum an neuartige Werke heranführen - nicht so Kurt Weill, der aus Erfahrung wußte, daß die Opernhäuser Innovationen gegenüber weitestgehend verschlossen waren. Ihn beschäftigte vielmehr zunehmend die Frage, wie man die von ihm angestrebte neue Form unab- hängig von den Opernhäusern dennoch realisieren könnte. Kurt Weill, der sich nie davor gescheut hatte, seine (Opern-) Kompositionen aus dem ‚ver- schlossenen, geschützten Turm‘ der Begrifflichkeit von ernster Musik he- rauszuheben, wollte mit seiner Musik eine unmittelbare, möglichst breite und auch akute Wirkung erzielen. Er sah sich zwar in der Tradition großer klassischer Komponisten, verfiel aber nicht dem Glauben, man könnte die traditionelle Oper mit neuen Experimenten des musikalischen Theaters zu einer konstruktiven Mischung führen. Kurt Weill wollte auch in Amerika et- was völlig neues auf dem Gebiet des musikalischen Theaters schaffen.
5.1. Lady In The Dark - von der Musical Comedy zum Musical Play
Im Januar 1941 wurde das Musical Lady in the Dark am Broadway in New York (mit Songtexten von Ira Gershwin) uraufgeführt und wurde zu einem der größten Broadway-Erfolge der frühen 40er Jahre. Die Musik von Lady in the Dark war ein großer Schritt in der Entwicklung des Genres von der Musical Comedy hin zum Musical Play.
„Das Neue der Form [...] besteht darin, daß zu einem realistischen Spiel umfangreiche, abgeschlossene musikalische Szenen treten. Der Dialog wird mehrfach für längere Zeit unterbrochen. Es kommt dann zu einer Art Oper mit Chor und Ballett.“26
Um zu verstehen, was an Weills Werk neu war und in welcher Theatersitu- ation Lady in the Dark am Broadway Premiere hatte, muß der bis dahin gängige Standard der Musical Comedy in ein paar Sätzen beleuchtet wer- den: Die Musical Comedy des Broadway Anfang der 40er Jahre verband zwar auf der Bühne Text und Musik, hatte aber nicht die Absicht, eine Ver- schmelzung der beiden Elemente herbeizuführen; auch fehlte ihr eine durchgehende Handlung. Eine Mischung aus Komischem und Tragischem gab es kaum, der Schwerpunkt lag in der leichten Unterhaltung. Musik war hier lediglich Untermalung der Show, nicht aber treibende Kraft für die sze- nische und gestische Dynamik auf der Bühne. Diesen Hintergrund berück- sichtigend, wird deutlich, was für ein großer Durchbruch Weill mit Lady in the Dark gelungen war, wenn Moss Hart, der Autor des Stückes, sagt: „Von Anbeginn der Arbeit war die Musik wesentlicher Bestandteil der Grundstruktur des Werks.“27
Aber nicht nur die Form, sondern auch die Handlung wagte sich auf unge- wohntes Terrain: Das Stück erzählt die Geschichte von Liza Elliott, einer Frau Ende dreißig, die sich in einer psychischen Krise befindet. Die ver- schiedenen Sitzungen mit ihrem Analytiker, in denen Lizas verborgene Wünsche zum Vorschein kommen, münden jedesmal in eine große Traum- sequenz (Glamour Dream, Wedding Dream, Circus Dream). Beim Child- hood Dream löst sich schließlich mit dem Song My Ship eine lang ver- drängte Kindheitsneurose.
Das für die Bühne ungewohnte Sujet und die treibende und verbindende Kraft der Musik für die Darstellung veranlaßte die Presse dazu, das Musical als ‚Wunderwerk‘ und ‚Sensation‘ zu bezeichnen. Brooks Atkinson schreibt in seinen „Bemerkungen über das Theaterwunder Lady in the Dark “:
„Das bildende Element ist Kurt Weills Musik [...] Er ist kein einfacher Songschreiber, sondern ein Komponist von organischer Musik, [...] Ohne Mr. Weills wunderbar integrierte Musik wäre es schwer, zu jener starken und bildlichen Sprache zu gelangen, die dieses Musical Play von der herkömmlichen Musical Comedy unterscheidet.“28
-Hörbeispiel 6, 7, 8 und 9
5.2. Street Scene - Oper am Broadway
Street Scene spielt an zwei heißen Sommertagen in New York und handelt von einfachen, ungebildeten Leuten. Es sind Szenen aus dem Mikrokos- mos eines heruntergekommenen Mietshauses, in dem Menschen unter- schiedlicher Herkunft und unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten le- ben. Im Mittelpunkt steht die Familie Maurrant; an Hand ihres Alltags spitzt sich die Geschichte um Einsamkeit, Liebe und Eifersucht zu.
1947 fand die Uraufführung der Broadway-Oper Street Scene in New York statt. Die Produktion wurde mit dem Apparat der Oper, d.h. mit ausgebilde- ten Sängern und einem Orchester von 35 Musikern erarbeitet. Langston Hughes, damals Amerikas bedeutendster schwarzer Dichter, schrieb die Songtexte. Um die Musik für Street Scene zu komponieren, machte Kurt Weill Millieustudien in verschiedenen Lokalen in Harlem, in den Armenvier- teln von New York und hörte sich viele Blues- und Jazzaufnahmen an; er beobachtete Kinder und Jugendliche beim Spielen auf den Straßen von New York und hörte ihren Liedern und Reimen zu. Hier wurde nun der Ein- fluß Busonis in seiner radikalsten Form sichtbar, der damals gefordert hatte „jedes irgendwie wirksame Mittel in die Werkstatt unserer Möglichkeiten aufzunehmen.“29 Es standen Songs im Blues-Stil neben Arien und Ariosi, Songs im Musical-Stil neben Song-and-Dance-Nummern. Kurt Weill charakterisierte in der Musik von Street Scene die ethnische Vielfalt der Figuren. Das Musical wurde zu einer echten Verschmelzung zwischen großer opernhafter Musik und der multikulturellen Musik der Straße. Ein Großteil der „Mood music“ - wie er seine ineinandergreifende Musik verschiedener Genres nannte - war auf Dialogbegleitung angelegt. Das war eine Technik, die insbesondere in der Filmmusik praktiziert wurde. Die musikalische Untermalung der Dialoge war zwar auch am Broadway keine neue Kompositionstechnik, Weill verfeinerte und systematisierte allerdings die Anwendung und erreichte damit eine neue Komplexität. Er brachte ins amerikanische Musiktheater einen Sinn für Bühnenwirksamkeit ein, wie es damals keineswegs üblich war. Mit Street Scene sollte es Kurt Weill gelingen, eine der ersten original amerikanischen Opern zu komponieren. Verglichen mit den Broadway-Musicals der 40er Jahre stellte Street Scene einen bedeutenden Richtungswechsel dar. Olin Downes schreibt hierzu:
„Wir hatten schon lange den Verdacht, daß eine amerikanische Oper, im vitalen, zeitgenössischen Sinne...eher aus unserem populären Theater erwachsen würde als aus den Tempeln der Opernkunst. Nach Ansehen und Anhören von Street Scene...fühlen wir, daß dieser Verdacht voll und ganz gerechtfertigt war.“30
-Hörbeispiel 10, 11 und 12
Weill erreichte mit seiner Broadway-Oper (für die er den Special-Tony für herausragende Leistungen am Theater erhielt) ein wesentlich größeres Publikum, als es ihm mit einer für Amerika adaptierten ‚herkömmlichen‘ Oper gelungen wäre. Vor allem erreichte er das amerikanische Publikum, indem er eine von der europäischen Oper unabhängige ‚amerikanische Oper‘ schuf. Weill ließ sie bewußt aus dem populären Theater entstehen und fragte nicht mehr nach der Bindung zur herkömmlichen Oper. Er mach- te mit Street Scene den Weg frei für Musicals, die schließlich in den 50er Jahren in solch opernhaften Werken wie der West Side Story von Leonard Bernstein münden sollten.
6. Schlußwort
Daß Kurt Weills amerikanische Werke in Deutschland heute noch weitest- gehend unbekannt sind, liegt nicht etwa daran, daß er seinen Bestrebun- gen, die Oper zu erneuern, nicht weiter nachgegangen wäre. Die Gründe hierfür liegen woanders: zum einen kann man die amerikanischen Werke Kurt Weills in Deutschland nicht als eigenes Kulturgut anerkennen, so daß es den Anschein hat, als wäre nach Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny nichts mehr gefolgt. Die amerikanischen Kompositionen sind vom ‚ameri- kansichen‘ Kurt Weill komponiert. Diese Schaffensphase kann man in Deutschland nicht für sich verbuchen. Zum andern hat er in Amerika viel ausgeprägter, als in Europa, Theatermusik für ausgebildete Sänger ge- schrieben, die nicht so ohne weiteres von Schauspielern gesungen werden können. Somit bleibt ihm hier der Theaterbereich für seine amerikanischen Werke weitestgehend verschlossen. Für die deutschen Opernhäuser ist Kurt Weill nach wie vor eine Verwirrung, da er nicht in die Klassik einzuord- nen ist, sich ihrer aber dennoch bedient, um wiederum mit Hilfe der Klassik aus ihr herauszutreten. Zum dritten ist nicht zu leugnen, daß Kurt Weill, trotz seiner großartigen Musik in der Zeit der Zusammenarbeit mit Brecht unter der Größe des Dichtergenies zu leiden hatte. Noch heute ist zu spü- ren, daß - obwohl die Dreigroschenoper ohne Weills Musik niemals ihren Weltruhm erlangt hätte - bei den gemeinsamen Werken der Name Brecht stets zuerst genannt wird und die Musik eher als dienendes Element ange- sehen wird. Für viele ist daher der Name Weill ohne Bertolt Brecht an- scheinend nicht zu denken. Die Tatsache, daß Weill unabhängig von Brecht seinen eigenen Weg gegangen ist, scheint nur schwer vorstellbar.
Was Weill von anderen Opernkomponisten seiner Zeit unterschied, war sein Vermögen, sich den Schwächen der Oper zu stellen, die darin bestan- den, daß sich die Oper den aktuellen Geschehnissen der Zeit verschloß, und damit in eine Isolation geraten war. Indem Weill aus der herkömmli- chen Form der Oper heraustrat, bekannte er sich zu ihr und zu ihren Ur- sprüngen. Er sprengte ihren traditionellen Rahmen, indem er sich ihrer E- lemente bediente und andere moderne Elemente hinzufügte, um sie neu wieder zusammenzusetzen. Diese neu (wieder-)gefundene Opernform brach alles auf, was vorher statisch war, sie war frech genug, sich heraus- zutrauen aus dem Korsett hrer Isolierung und Kontakt aufzunehmen mit anderen Musikrichtungen. Weil sie in hrer Einfachheit wirkte und doch nicht banal, sondern vorantreibend, weil ihre für sich stehenden Songs Schlagercharakter hatten und dennoch sensibel komponiert waren, deshalb hat sie heute noch mmer neue Gültigkeit nicht nur für Interpreten aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen, sondern auch für ein großes Publi- kum.
-Hörbeispiel 13
Hausarbeit zum Seminar „Seien Sie innovativ“ - Das Neue in der Kultur bei Prof. Dr. H. Voesgen 22 Von Ines Otto, SoSe 2000 (6. Sem.)
Literaturverzeichnis
Weill, Kurt: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Frankfurt a.M. Hrsg.: Drew, David
Schebera, Jürgen: Kurt Weill. Leben und Werk. Mit Texten und Materialien von und ü ber Kurt Weill, Athenäum Verlag 1984, Leipzig
Schebera, Jürgen: Weill. Eine Biographie in Texten, Bildern und Dokumen ten, Schott Verlag - Deutscher Verlag für Musik Leipzig 1990 (Lizenzausgabe für B. Schott’s Söhne), Mainz
Schebera, Jürgen: Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hamburg
Lys Symonette und Kim H. Kowalke (Herausgeber und Übersetzer): Sprich leise, wenn du Liebe sagst. Briefwechsel Kurt Weill / Lotte Lenya, Kiepenheuer & Witsch 1998, Köln
[...]
1 Kurt Weill: Musikalisches Theater 1942 in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 90)
2 zit. n. Jürgen Schebera: Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 18)
3 Kurt Weill in Sprich leise wenn du Liebe sagst. Briefwechsel Kurt Weill / Lotte Lenya, Kurt Weill an seine Schwester, Herausgegeben und übersetzt von Lys Symonette und Kim H. Kowalke, Kiepenheuer & Witsch 1998, (S. 45)
4 Kurt Weill: Aktuelles Theater 1929 in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 46)
5 in Jürgen Schebera: Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000
6 Heinrich Strobel zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 31 f.)
7 Kurt Weill über Der Zar l äß t sich fotografieren 1928, zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 51)
8 Bertolt Brecht zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S 54)
9 Kurt Weill zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S 54)
10 Kurt Weill: Zeitoper 1928, in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S.
39 f.)
11 Kurt Weill zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 59)
12 aus Die Dreigroschenoper, zit. n. Kurt Weill in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 55)
13 T.W. Adorno Zur Musik der „ Dreigroschenoper “ in Jürgen Schebera: Kurt Weill. Leben und Werk, Athenäum Verlag 1984, (S. 274)
14 Kurt Weill zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 114)
15 Kurt Weill: Über Komposition, in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 55)
16 Kurt Weill 1929 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 67)
17 Kurt Weill: Anmerkungen zu meiner Oper „ Mahagonny “, in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 57)
18 Kurt Weill: Vorwort zum Regiebuch der Oper „ Mahagonny “ 1930 in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 57 f.)
19 Kurt Weill: Anmerkungen zu meiner Oper „ Mahagonny “ 1930 in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 57)
20 Hans Heinz Stuckenschmidt in Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 70)
21 Aus Theodor W. Adorno: Mahagonny, in Jürgen Schebera: Kurt Weill. Leben und Werk, Athenäum Verlag 1984, (S. 296 f.)
22 Kurt Weill 1934 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 94)
23 Kurt Weill 1941 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 105)
24 Kurt Weill 1941 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 106)
25 Kurt Weill: Oper in Amerika in Kurt Weill: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp Taschenbuch Verlag 1975, Hrsg.: David Drew, (S. 79 f.)
26 Kurt Weill 1942 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 115)
27 Moss Hart zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 115)
28 Brooks Atkinson in der New York Times 1941 zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 116 f.)
29 Ferruccio Busoni zit. n. Jürgen Schebera Kurt Weill. Monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2000, Hrsg.: Wolfgang Müller, Uwe Naumann, (S. 127)
30 Olin Downes zit. n. Jürgen Schebera: Kurt Weill. Leben und Werk, Athenäum Verlag 1984, (S. 257)
- Citar trabajo
- Ines Otto (Autor), 2000, Kurt Weill und die Erneuerung der Oper, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102409
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