Naturalismus (1880-1900)
Historischer Hintergrund:
- Bismarck setzte sich mit den Sozialisten auseinander (soziale Spannungen)
- Mangelnde gesellschaftliche Integration der Arbeiter
- 1878 „Sozialistengesetze“ (Verbot der Versammlungsfreiheit und einiger Schriften)
- Sozialgesetzgebung: Aufmerksamkeit auf die Arbeiter
- Viele technische Erfindungen
- Schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen der Proletarier (Verelendung)
Rolle der Wissenschaften:
- Wissenschaftsgläubigkeit stark verbreitet
- Positivismus: Glaube nur an das Fassbarem, die Naturwissenschaften
- Ablehnung des Übernatürlichen
- Naturwissenschaftliche Methoden werden auf die Kunst übertragen
- Verarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus Soziologie (Milieutheorie). Psychologie (Sigmund Freud) und Biologie ( Charles Darwins Selektionstheorie)
- Die Naturwissenschaften als Grundlage aufgrund naturwissenschaftlicher Erfolge, Verdrängung des Metaphysischen (»Kunst = Natur - x«, Arno Holz)
Menschenbild:
- Determiniertheit durch Rasse, Geschichte, Gesellschaft, Erbanlagen
- Mensch und sein Handeln sind abhängig von seiner Umgebung, der sozialen Herkunft und der biologischen Abstammung
- Ausbrechen aus dem Milieu nicht möglich
- Menschen von unterbewussten Trieben gelenkt (weniger vom Verstand), Laster
- Kein Willensfreiheit oder innere Weiterentwicklung
- Mensch ist Produkt seiner Umwelt
- Keine Möglichkeit zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit
- Pessimistisches Menschenbild
Forderungen des Naturalismus:
- Modernität
- Wirklichkeitsnähe
- Loslösung von tradierten Normen
- Poesie ist keine Nachahmung, sondern Naturerschaffung
- Gegen alles Veraltete, für alles Neue, jedoch ohne klares Konzept
Ziele:
- Publikum aufrütteln
- Schonungslose Aufdeckung der Verhältnisse
- Z.T. Gleichberechtigung der Frau
- Gesellschaftskritik, Aufruf zu Humanität und Toleranz, Interesse am Sozialismus, aber mehr aus Solidarität mit dem Proletariat und den verbotenen Parteien
Drama des Naturalismus
- Bevorzugte Form, kaum Romane
- Wenig auftretende Personen
- Sehr ausführliche Regieanweisungen, aber keine Kommentare
- Vielfach offenes Ende (Fragen, auf die es keine Antwort gibt)
- 5 Akte, aber strenge Dramenform wird fast durch epische abgelöst (Vorläufer des e.Theaters)
- Kein einzelnen Dramenheld, sondern Kollektiv (z.B. Die Weber von Hauptmann)
- Kaum Monologe(entsprechen nicht der Wirklichkeit), dafür viele Dialoge (Veranschaulichung)
- Spielt in Elendsquartieren, Fabriken, Hinterhöfen, Kneipen oder im „Dirnenmilieu“
- Figuren sind z.T. Säufer, Dirnen, Arbeiter (der vierte Stand), allerärmste Menschen
- Veränderung häufig nur von „Boten aus der Fremde“, da Charaktere sich passiv verhalten
- Hauptmanns Dramen: Bahnwärter Thiel, Die Weber, Vor Sonnenaufgang, Der Biberpelz
Merkmale des Naturalismus/Stil:
- möglichst getreue Wiedergabe der Natur, geprägt durch exakte Beschreibungen
- Hang zum »Modernen«
- Radikal und zeitkritisch
- Herbe Alltagssprache, Dialekt, Umgangssprache (Wahrheit nur durch „echte Sprache“ nicht in Phrasen und Hochsprache)
- Sekundenstil: erzählte Zeit= Erzählzeit (Schilderung des Vorgangs dauert so lange wie der Vorgang selbst)
- Keine Idealisierung
- Keine Kommentare, weil Szenen für sich sprechen
- Darstellung der Schattenseite des Lebens, des Hässlichen, Niedrigen und des Elendes
- Einseitig, da nur negativen Seite des Lebens gezeigt wird (nicht mehr objektiv)
- Wertschätzung skandinavischer Literatur (Ibsen)
- Naturalismus hat sich im Vergleich zu den anderen Ländern erst sehr spät durchgesetzt
- Epoche war eine sehr „heftige Erscheinung“, aber auch nur sehr kurz
Kunstverständnis:
- Kunst = Natur – x
- X = je kleiner x, desto größeres technisches Vermögen des Künstlers
- Kunst soll eigene Naturerschaffung sein
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