Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema Emotionen in der Schule und im Unterricht aus zwei verschiedenen Perspektiven. Während zunächst die Theorie im Fokus steht, wird anschließend die Perspektive der Lehrkräfte auf Emotionen im Unterricht näher beleuchtet, um in der Verbindung beider Perspektiven mögliche Handlungsoptionen für Lehrkräfte zu finden. Der Begriff „Emotionen“ wird dabei vor allem auf die Emotionen der SuS und insbesondere der Verbindung zum Lernprozess bezogen.
Entsprechend fußt diese Arbeit auf zwei elementaren Fragen: Welche Wirkungsweisen haben Emotionen auf den Unterrichtsalltag? Wie wird in den Schulen damit umgegangen? Aus diesen beiden Fragen resultieren die beiden Teile, in die diese Arbeit untergliedert ist. Die Frage nach den Wirkungsweisen bezieht sich auf die Theorie zu Emotionen und wie sie das Lernen der SuS, aber auch das soziale Verhalten beeinflussen. Die Frage nach dem Umgang in den Schulen bezieht sich auf die Lehrpraxis. Um hierfür Antworten zu finden, reicht es nicht aus sich auf die Theorie zu beziehen. Daher werden im zweiten Teil Interviews mit Lehrkräften geführt, um ihren Umgang mit Emotionen zu erheben, aber auch ihre generelle Sicht auf Emotionen im Schulalltag in die Arbeit aufzunehmen. Das Ziel dieser zweiteiligen Betrachtungsweise ist es, am Ende beide Teile miteinander verknüpfen zu können, um zusätzliche Handlungsmöglichkeiten für Lehrkräfte zu finden. Relevant wird dabei sein, welche Perspektiven auf die Praxis sich aus dem Theorieteil ergeben.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Emotionsbegriff
3 Theoretische Annäherung im bildungswissenschaftlichen Kontext
3.1 Auswirkungen von Emotionen auf den Lernprozess
3.1.1 Emotion und Kognition
3.1.2 Emotion und Motivation
3.1.3 Emotion und Selbstwirksamkeit
3.2 Die Beziehung zwischen Emotionen und der sozialen Entwicklung
4 Erfolgreicher Umgang mit Emotionen aus Sicht der Theorie
5 Forschungsstand und -frage
6 Begründung des methodischen Vorgehens
6.1 Offenes Leitfadeninterview
6.2 Sampling
6.3 Durchführung
6.4 Qualitative Inhaltsanalyse
7 Darstellung der Ergebnisse
7.1 Wahrnehmungsbezogene Aussagen
7.2 Gründe für Emotionen
7.2.1 Schulische Gründe
7.2.2 Außerschulische Gründe
7.3 Auswirkungen von Emotionen
7.4 Umgang mit Emotionen
7.4.1 Umgang der Lehrkraft mit Emotionen
7.4.2 Fähigkeiten und Kompetenzen von Lehrkräften
7.4.3 Institutionelle Vorgaben und Angebote
7.4.4 Lehrerrollen
7.4.5 Methoden
7.4.6 Nicht-intendierte Auswirkungen vom Unterricht auf Emotionen
7.5 Schwierigkeiten und Einschränkungen für Lehrkräfte
7.5.1 Schwierigkeiten und Probleme
7.5.2 Einschränkungen
7.6 Aufgaben, Ziele und Verbesserungsmöglichkeiten
7.6.1 Institutionelle Verbesserungsmöglichkeiten
7.6.2 Aufgaben von Schule
7.6.3 Aufgaben und Ziele der Lehrkräfte
7.7 Unabhängige Wahrnehmungen
8 Einbettung der Ergebnisse
8.1 Diskussion der Ergebnisse
8.2 Theorie-Praxis-Verhältnis
9 Schlussfolgerungen für die Praxis
10 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A: Interviewleitfaden
Anhang B: Transkriptionsregeln
Anhang C: Transkriptionen
Interview B1
Interview B4
Interview B10
Interview B11
Anhang D: Ergebnisse
Anhang E: Codebuch
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Klassifikation von Leistungsemotionen (Quelle: Pekrun 2018, S. 216.)
Abbildung 2: Instruktionsdesign des ECOLE-approach (Quelle: Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 484.)
Abbildung 3: Effekte von Lehrerhumor auf die Dimensionen des Unterrichts (Quelle: Bieg/Dresel 2018, S. 202.)
Abbildung 4: Oberkategorien
Abbildung 5: Oberkategorie „Wahrnehmungsbezogene Aussagen"
Abbildung 6: Subkategorie „Wahrgenommene Emotionen"
Abbildung 7: Subkategorie „Bezogenheit der wahrgenommenen Emotionen" ...
Abbildung 8: Subkategorie „Wahrgenommene Handlungen von SuS"
Abbildung 9: Oberkategorie „Gründe für Emotionen"
Abbildung 10: Subkategorie „Außerschulische Gründe"
Abbildung 11: Oberkategorie „Auswirkungen von Emotionen"
Abbildung 12: Subkategorie „Auswirkungen auf Motivation und Anstrengungsbereitschaft"
Abbildung 13: Oberkategorie „Umgang mit Emotionen"
Abbildung 14: Subkategorie „Umgang der Lehrkraft mit Emotionen"
Abbildung 15: Subsubkategorie „Umgang der Lehrkraft mit Emotionen im Unterricht"
Abbildung 16: Subsubkategorie „Umgang der Lehrkraft mit Emotionen außerhalb des Unterrichts"
Abbildung 17: Subkategorie „Fähigkeiten und Kompetenzen von Lehrkräften" ..
Abbildung 18: Subkategorie „Lehrerrollen"
Abbildung 19: Subkategorie „Methoden"
Abbildung 20: Subsubkategorie „Schwierigkeiten bei dem Umgang mit Emotionen"
Abbildung 21: Subkategorie „Einschränkungen"
Abbildung 22: Oberkategorie „Aufgaben, Ziele und Verbesserungsmöglichkeiten"
Abbildung 23: Subkategorie „institutionelle Verbesserungsmöglichkeiten"
Abbildung 24: Subkategorie „Aufgaben von Lehrkräften"
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Kategorien der Kausalattribuierung
Tabelle 2: Stichprobe
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema Emotionen in der Schule und im Unterricht aus zwei verschiedenen Perspektiven. Während zunächst die Theorie im Fokus steht, wird anschließend die Perspektive der Lehrkräfte auf Emotionen im Unterricht näher beleuchtet, um in der Verbindung beider Perspektiven mögliche Handlungsoptionen für Lehrkräfte zu finden. Der Begriff „Emotionen" wird dabei vor allem auf die Emotionen der SuS1 und insbesondere der Verbindung zum Lernprozess bezogen.
Dass Emotionen für die Schule von Relevanz sind, spiegelt sich im Schulgesetz wider. Im Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen heißt es zum Bildungs- und Erziehungsauftrag: „Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen [...] die eigene Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeit sowie musischkünstlerische Fähigkeiten zu entfalten“ (§2 Absatz 6 Satz 6 SchulG NRW) Während in diesem Absatz die Verbindung zwischen Emotionen und Bildung explizit als Auftrag an die Schule formuliert ist, wird einige Absätze später eine implizite Verbindung hergestellt. „Der Unterricht soll die Lernfreude der Schülerinnen und Schüler erhalten und weiter fördern. Er soll die Schülerinnen und Schüler anregen und befähigen, Strategien und Methoden für ein lebenslanges nachhaltiges Lernen zu entwickeln.“ (§2 Absatz 9 SchulG NRW) In dieser Formulierung tritt die Lernfreude der SuS als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen auf. In diesen beiden Abschnitten zeigt sich ein ambivalentes Bild von Emotionen in der Schule. Einerseits wird die Entfaltung der Fähigkeiten Emotionen zuzulassen und auszudrücken als Ziel des Unterrichts gezeigt, andererseits werden Emotionen aber auch als Voraussetzung für und determinierender Faktor von Unterricht dargestellt. Es zeigt sich bereits im Schulgesetz der vielfältige Einfluss von Emotionen auf Schule. Durch diesen vielfältigen Einfluss ergeben sich für diese Arbeit zwei elementare Fragen: Welche Wirkungsweisen haben Emotionen auf den Unterrichtsalltag? Wie wird in den Schulen damit umgegangen? Aus diesen beiden Fragen resultieren die beiden Teile, in die diese Arbeit untergliedert ist. Die Frage nach den Wirkungsweisen bezieht sich auf die Theorie zu Emotionen und wie sie das Lernen der SuS, aber auch das soziale Verhalten beeinflussen. Die Frage nach dem Umgang in den Schulen bezieht sich auf die Lehrpraxis. Um hierfür Antworten zu finden, reicht es nicht aus sich auf die Theorie zu beziehen. Daher werden im zweiten Teil Interviews mit Lehrkräften geführt, um ihren Umgang mit Emotionen zu erheben, aber auch ihre generelle Sicht auf Emotionen im Schulalltag in die Arbeit aufzunehmen. Das Ziel dieser zweiteiligen Betrachtungsweise ist es, am Ende beide Teile miteinander verknüpfen zu können, um zusätzliche Handlungsmöglichkeiten für Lehrkräfte zu finden. Relevant wird dabei sein, welche Perspektiven auf die Praxis sich aus dem Theorieteil ergeben.
Die Zweiteilung wirkt sich auch auf die innere Struktur der Arbeit aus, indem sich aus dem Theorieteil der Fokus für die Erhebungsauswertung ergibt. Der Theorieteil geht somit der Erhebung des Praxisperspektive voraus. Innerhalb des Theorieteils wird in einem ersten Kapitel die definitorische Grundlage für die Arbeit gelegt, indem der zugrunde gelegte Emotionsbegriff abgegrenzt und erläutert wird. Anschließend folgt eine theoretische Annäherung, die sich, wie die gesamte Arbeit, auf den bildungswissenschaftlichen Kontext bezieht. Eine ganzheitliche Betrachtung des Themas Emotionen würde im Umfang dieser Arbeit eine zu oberflächliche Bearbeitung nach sich ziehen. Innerhalb der theoretischen Annäherung erfolgt eine Austeilung in die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Emotionen und dem Lernprozess der SuS sowie zwischen Emotionen und der sozialen Entwicklung der SuS. In Bezug auf den Lernprozess wird es dabei um die Kognition, die Motivation und die Selbstwirksamkeit der SuS gehen. Im vierten Kapitel wird aus der Annäherung herausgezogen, wie die Schule aus Sicht der Theorie mit Emotionen umgehen sollte. Mit dem fünften Kapitel endet der reine Theorieteil, indem aus dem Forschungsstand eine Forschungsfrage entwickelt wird, die den Fortlauf der Arbeit bestimmt. Im Anschluss wird auf Grundlage dieser Forschungsfrage die Methode zur Erhebung der Perspektive der Lehrkräfte dargestellt und begründet. Das siebte Kapitel widmet sich im Anschluss den Ergebnissen der Erhebung, die dargestellt, jedoch noch nicht diskutiert werden. Erst im achten Kapitel erfolgt die Einbettung in den Gesamtkontext der Arbeit, indem die Diskussion der Ergebnisse erfolgt und im Anschluss aus dieser Diskussion das Theorie-Praxis-Verhältnis bestimmt wird. Im neunten Kapitel werden dann aus dem Verhältnis der beiden Perspektiven dieser Arbeit konkrete Handlungsmöglichkeiten für den Unterricht abgeleitet. Das anschließende Fazit rundet die Arbeit ab und bietet einen Ausblick für mögliche weitere Forschungsansätze.
2 Der Emotionsbegriff
Aufgrund der Weite des Themas Emotionen benötigt die Arbeit eine klare Definition des Emotionsbegriffs. Sollte dieser Begriff nicht eindeutig abgegrenzt und definiert sein, kann es dazu kommen, dass Phänomene, Meinungen und Theorien falsch interpretiert werden. Die Schwierigkeit des Vorhabens ergibt sich daraus, dass es verschiedene Perspektiven gibt, die auf Emotionen schauen und mit jeder Perspektive andere Definitionsansätze verbunden sind. Die Neurobiologie schenkt den physiologischen Eigenschaften und Auswirkungen beispielsweise mehr Beachtung als die Emotionspsychologie. Im bildungswissenschaftlichen Kontext stehen vor allem psychische Eigenschaften und Auswirkungen im Fokus, weshalb häufig von einem emotionspsychologischen Definitionsansatz ausgegangen wird. Doch selbst innerhalb dieses Kontextes weichen Definitionen voneinander ab (vgl. Hascher/Edlinger 2009, 106f). Die Komplexität des Themas führt dazu, dass es auch in der Emotionspsychologie keine einheitliche Definition gibt, allenfalls werden einzelne Aspekte akzeptiert. Diese Uneinheitlichkeit zeigt die Studie A Categorized List of Emotion Definitions, with Suggestions for a Consensual Definition (Kleinginna/Kleinginna 1981), deren Zusammenstellung von Definitionen auch für den bildungswissenschaftlichen Kontext von Relevanz ist. Diese Zusammenstellung entstand aus 101 emotionspsychologischen Texten und systematisierte daraus elf verschiedene Definitionsmöglichkeiten des Emotionsbegriffs. Im Anschluss stellen die AutorInnen ihre Idee einer einheitlichen Emotionsdefinition vor (vgl. Kleinginna/Kleinginna 1981, S. 354f). Es soll weder eine Beschreibung der durchgeführten Studie noch eine detaillierte Aufführung der Ergebnisse folgen. Doch da diese Kategorien in ähnlicher Form im bildungswissenschaftlichen Kontext auftreten, werden sie im Folgenden kurz dargestellt.
In den ersten fünf Kategorien stellen Kleinginna und Kleinginna Definitionen zusammen, die jeweils eine bestimmte Komponente von Emotionen in den Fokus rücken. Diese fünf zentralen Komponenten sind die Wahrnehmung (affective), die Prozessbewertung (cognitive), die externalen Ursachen für Emotionen (external emotional stimuli), der physiologische Aspekt (physiological) und das Antwort- /Ausdrucksverhalten (emotional/expressive behaviour). Die folgenden zwei Kategorien disruptive und adaptive stellen die Auswirkungen von Emotionen auf das menschliche Handeln in den Vordergrund. Die letzten vier Kategorien können als „Meta-Kategorien" bezeichnet werden. Sie blicken nicht auf den Emotionsbegriff oder die Struktur von Emotionen an sich, sondern auf unterschiedliche Emotionstheorien. Kleinginna und Kleinginna entwickelten die Kategorie der sceptical statements, welche der Notwendigkeit einer Konzeption des Emotionsbegriffs skeptisch gegenüberstehen. Zusätzlich gibt es zwei Kategorien, die Überschneidungen (motivational) und Abgrenzungen (restrictive) zwischen Emotionstheorien betrachten. Der letzten Kategorie sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es handelt sich um die multiaspect theory, nach welcher nicht eine zentrale Komponente von Emotionen im Mittelpunkt der Definition steht, sondern die Eigenschaft, dass Emotionen aus mehreren Komponenten zugleich bestehen (vgl. Kleinginna/Kleinginna 1981, S. 347-353).
Diesen Gedanken nehmen die AutorInnen in ihrem eigenen Vorschlag einer einheitlichen emotionspsychologischen Emotionsdefinition auf. Auch nach 1981 fand die Idee eines Mehrkomponenten-Modells großen Anklang in den Theorien der Emotionspsychologie (vgl. Izard/Abe 1999; Scherer 1984, 2005; Niedenthal et.al. 2006; Thagard/Aubie 2008). Obwohl diese Theorien nicht kongruent sind, gibt es Einigkeit über fünf Komponenten von Emotion, die bereits bei Kleinginna und Kleinginna unter den Kategorien zu finden sind. Emotionen bestehen demnach aus einer affektiven Komponente, die als subjektives Erleben verstanden wird, einer kognitiven Komponente, die als bewusste oder unbewusste Bewertung oder Erwartung der Emotion vorausgeht, einer physiologischen Komponente, die sich als körperliche Veränderung bemerkbar macht, einer expressiven Komponente, die in der Veränderung von Mimik und Gestik oder sogar in Handlungen münden kann und einer Motivationskomponente, die als Handlungstendenz verstanden wird. Huber fügt diesen fünf Komponenten noch den Aspekt der Emotionsregulation hinzu (vgl. Hascher/Edlinger 2009, S. 107; Geppert/Kilian 2018, S. 237; Huber 2018, S. 95f; Brandstätter/et al. 22018, S. 168). Diese Theorie der fünf Komponenten kann als Grundlage für das bildungswissenschaftliche Emotionsverständnis gesehen werden. Im Folgenden soll jedoch das innovative Potential des bildungswissenschaftlichen Ansatzes deutlicher herausgearbeitet werden, um eine Arbeitsdefinition zu schaffen, die sich für den Kontext des Schulalltags eignet. Dafür wird eine Unterscheidung von Begriffen im Fokus stehen, die im bildungswissenschaftlichen Kontext häufig verwendet werden. Im Anschluss werden die bildungswissenschaftlichen Funktionen von Emotionen als Definitionsaspekt erläutert.
„Unter Emotionen sind vorübergehende Gefühlsregungen zu verstehen. Emotionen unterscheiden sich von Stimmungen und Affekten darin, dass sie konkreter bestimmbar (z.B. als Erleichterung, Wut, Trauer, Freude) und meist auf ein spezifisches Ereignis (z.B. eine gute Note, ein Streit, ein Verlust, ein Lob) zurückführbar sind.“ (Hascher/Edlinger 2009, S. 106)
Hascher und Edlinger beziehen sich hier auf eine Begriffsunterscheidung von Ulich und Mayring, welche Emotionen von Stimmungen und Affekten abgrenzt.
Demnach haben Emotionen einen konkreten Bezugspunkt und eine durch einen Begriff bestimmbare Form. Stimmungen und Affekte haben dies nicht. Auch Brand- stätter et al. unterscheiden zwischen Emotionen und Stimmungen. Folglich unterscheiden sich Emotionen von Stimmungen, indem sie zeitlich kürzer, jedoch intensiver seien. Außerdem nennt auch er den Aspekt des konkreten Bezugspunktes (vgl. Brandstätter/et al. 220 1 8, S. 164). Laut Rothermund und Eder sind Emotionen „objektgerichtete, unwillkürlich ausgelöste affektive Reaktionen, die mit zeitlich befristeten Veränderungen des Erlebens und Verhaltens einhergehen“ (Rother- mund/Eder 2011, S. 166). Huber unterscheidet hingegen zwischen Emotion und Gefühl, indem er das Gefühl als das subjektive Erleben der Veränderung und die Emotion als Ausdruck jener Veränderung beschreibt. Deshalb sei Emotion bei einem Gegenüber wahrnehmbar, Gefühl jedoch nicht (vgl. Huber 2018, S. 97). Auch Brandstätter et al. sehen im Gefühl das subjektive, affektive Gegenstück zur Emotion (vgl. Brandstätter/ et al. 220 1 8, S. 164). Damit beziehen sie sich auf einen Ansatz der Emotionspsychologie (vgl. Kochinka 2004; Damasio 2007; Scherer 2009).
Es wird sehr schnell deutlich, dass in diesem Zusammenhang begriffliche Trennschärfe fehlt. Ein Aspekt, den auch Hascher, allerdings mit Blick auf die Begriffe Emotion und Wohlbefinden, bemängelt (vgl. Hascher/Edlinger 2009, S. 107). Um der fehlenden begrifflichen Trennschärfe entgegenzuwirken, bedarf es hier einer kurzen Zusammenfassung unter Berücksichtigung der einzelnen Begriffe. Demnach ist ein Gefühl ein rein affektives Phänomen, welches nur subjektiv wahrnehmbar ist. Gefühle sind außerdem nicht objektbezogen. Ebenfalls nicht objektbezogen sind Stimmungen. Diese sind von längerer Dauer und weniger intensiv als Emotionen. Emotionen sind kurz, intensiv, objektbezogen und expressiv. Für die vorliegende Arbeit sind vor allem die Begriffe Emotion und Stimmung von Relevanz. Im schulischen Kontext ist es schwierig genau zwischen Stimmungen und Emotionen zu unterscheiden. Dies wird sich in den Interviews widerspiegeln.
Im Kontext der Bildungswissenschaften definieren sich Emotionen vor allem durch den Einfluss auf das Lernen.
„Emotions serve the functions of preparing and sustaining reactions to important events and states by providing motivational and physiological energy, by focusing attention and modulating thinking, and by triggering action-related wishes and intentions. This would imply that emotions can profoundly affect students’ thought, motivation, and action.“ (Pekrun/et al. 2002, S. 96)
Emotionen können einen direkten Einfluss auf das Denken und Handeln nehmen. „[D]as Erleben positiver Emotionen fördert die Vergegenwärtigung von persönlichen Zielen und erweitert das Denk- und Handlungsrepertoire von Personen, wodurch persönliche Ressourcen gebildet werden.“ (Fränken/Wosnitza 2013, S. 15) Hascher und Hagenauer gehen von einem indirekten Einfluss von Emotionen auf Lernleistung aus, indem Lernverhalten und kognitive Prozesse beeinflusst werden (vgl. Hascher/Hagenauer 2011, S. 296). Bei dem Aspekt der Funktionen von Emotionen zeigt sich im bildungswissenschaftlichen Kontext ein eher enges Verständnis. Zwar werden durch Huber und Brandstätter et al. ursprüngliche Funktionen von Emotionen angedeutet, jedoch beschränkt sich der Großteil der Literatur auf den Lernbezug. Demnach sei Emotion vor allem durch ihren Einfluss auf Denk- und Handlungsprozesse zu definieren.
Bevor eine eigene Arbeitsdefinition erläutert wird, müssen drei Grundannahmen erklärt werden. Trotz seltener expliziter Erwähnung liegt jeglicher bildungswissenschaftlichen Literatur, die sich mit Emotionen auseinandersetzt, die Annahme zugrunde, dass sich Emotionen verändern oder beeinflussen lassen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Emotionen auf ein Objekt oder Ereignis bezogen sind. Verändert sich diese Variable, so ändert sich zwangsläufig auch die Emotion. Weder ändert sie sich direkt noch ist es absolut kontrollierbar, wie sie sich verändert, allerdings lassen sich Emotionen durch die Veränderung des Bezugsobjektes oder der entsprechenden Situation beeinflussen. Des Weiteren wird die Annahme zugrunde gelegt, dass sich Emotionen nicht pauschal in positiv und negativ einordnen lassen. Dies erwähnt auch Huber, der zwar eine individuelle positive oder negative Konnotation als gegeben hinnimmt, eine generelle Einordnung von Emotionen in positiv und negativ jedoch ablehnt. Dabei bezieht er sich auf Panksepp, der davon ausgeht, dass jede Emotion einen biologischen Zweck erfüllt (vgl. Huber 2018, S. 99f). Auch Hascher und Hagenauer lehnen eine pauschale Einordnung in positiv und negativ ab, unterscheiden im bildungswissenschaftlichen Zusammenhang hingegen zwischen aktivierenden und deaktivierenden Emotionen, die entsprechend mit einer hohen (aktivierend) oder niedrigen (deaktivierend) Lernleistung einhergehen (vgl. Hascher/Hagenauer 2011, S. 295f). Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass die in den durchgeführten Interviews befragten Lehrkräfte mit dieser Einteilung vertraut sind, wird aus dem Grund der Einfachheit die Einteilung in negative und positive Emotionen in dieser Arbeit beibehalten. Diese Einteilung hängt stark mit der subjektiven Wahrnehmung von angenehmen oder unangenehmen Folgen der Emotion zusammen. Die dritte Grundannahme bezieht sich auf einen philosophischen Versuch, die Intentionalität von Gefühlen und Emotionen zu erklären. Demnach gäbe es zwei definierende Bereiche, die der Emotion zugrunde liegen, der Verdichtungsbereich und der Verankerungsbereich. Der Verdichtungsbereich ist jener Bereich, in dem sich die Emotion häuft und letztlich zeigt. Bei der Wut aufgrund einer schlechten Note wäre der Verdichtungsbereich häufig die Lehrkraft, die vermeintlich ungerecht bewertet hat oder der Sitznachbar, der eine bessere Note erreicht hat. Im Gegensatz dazu ist der Verankerungsbereich jener Bereich, in dem sich die Emotion aufbaut und in welchem sie entsteht. In dem genannten Beispiel könnte es sich um hohen Erwartungsdruck der Eltern oder der Lehrkraft handeln. Ebenso könnte es sein, dass die Schülerin oder der Schüler bereits wegen schlechter Noten gehänselt wurde und sich die Wut auf diese Hänseleien beziehen. Der Verankerungsbereich kann sehr vielfältig sein (vgl. Demmerling/Landweer 2007, S. 29f).
Aus den vorangegangenen Definitionsansätzen entsteht ein Verständnis des Emotionsbegriffs, das dieser Arbeit als Grundlage dient. Es wird angenommen, dass Emotionen aus einer affektiven, einer kognitiven, einer physiologischen, einer expressiven und einer motivationalen Komponente bestehen. Der Aspekt der Emotionsregulation, den Huber erwähnt, wird dem Emotionsbegriff in dieser Arbeit nicht zugrunde gelegt. Emotionen sind meist von kurzer Dauer, intensiv, expressiv und objektbezogen. Durch diese Eigenschaften unterscheiden sie sich von Stimmungen und Gefühlen, wobei Gefühle in dieser Arbeit als affektives, rein subjektives Gegenstück zu Emotionen begriffen werden. Außerdem zeichnen sich Emotionen dadurch aus, dass sie Denken und Handeln unvermeidlich beeinflussen. Emotionen können extrinsisch hervorgerufen und beeinflusst werden. Zudem besitzen alle Emotionen einen Verdichtungs- und einen Verankerungsbereich.
3 THEORETISCHE ANNÄHERUNG IM BILDUNGSWISSENSCHAFTLICHEN Kontext
Das folgende Kapitel wird theoretische Konstrukte zu Emotionen im schulischen Kontext näher beleuchten. Diese bilden die Grundlage für die Eröffnung des The- orie-Praxis-Verhältnisses, aus welchem mögliche Handlungsoptionen abgeleitet werden. In der Theorie steht der Wirkungsbereich des Lernprozesses häufig im Vordergrund. Hier wird der Verbindung von Emotion, Kognition und Motivation hohe Bedeutung beigemessen (vgl. Astleitner 2000, S. 169). Der Selbstwirksamkeit wird mit Kapitel 3.1.3 ein eigenes Unterkapitel gewidmet, obwohl sie in der Theorie häufig als Nebenaspekt von Kognition und Motivation auftritt. Neben den Auswirkungen auf den Lernprozess werden die Einflüsse auf die soziale Entwicklung von SuS betrachtet. Das Ziel ist es aus den Konstrukten zu ermitteln, welche Eigenschaften die Theorie gutem Umgang mit Emotionen zugrunde legt.
3.1 AUSWIRKUNGEN VON EMOTIONEN AUF DEN LERNPROZESS
3.1.1 Emotion und Kognition
„Ohne die Bedeutung kognitiver Komponenten aus den Augen zu verlieren, wird heute ein starkes Gewicht auf emotionale Faktoren beim Lernen gelegt. “ (Hascher 2005, S. 610) Mit dieser Feststellung beginnt Tina Hascher ihren Beitrag zu Wirkungen und Regulationsformen von Emotionen im Schulalltag und stellt damit einen wichtigen Aspekt der Forschung zu Emotionen in der Schule an den Anfang ihrer Ausführungen. Die Verschiebung der Perspektive von kognitiven Prozessen hin zu emotionalen Prozessen bedeutet nicht, dass die kognitiven Prozesse keine Beachtung mehr finden. Das Gegenteil ist der Fall, sie bleiben im Fokus, werden jedoch ergänzt um den Aspekt der Emotionen. Wie bereits erwähnt, lassen sich die drei Bereiche Emotion, Kognition und Motivation nicht getrennt voneinander betrachten. Das gilt im Speziellen für Emotion und Kognition, da der Struktur von Emotionen bereits eine kognitive Komponente zugrunde liegt (vgl. Kapitel 2). Doch die Beziehung von Emotion und Kognition geht weit darüber hinaus, indem Emotionen den kognitiven Prozess stark beeinflussen können. In der Forschung werden drei Wirkungsbereiche der Emotion in Bezug auf die Kognition unterschieden - Aufmerksamkeit, Langzeitgedächtnisprozesse und Denkstil (vgl. Pekrun 2018, S. 217; Hänze 2009, S.44).
Emotionen nehmen unter anderem Einfluss auf die kognitive Leistung von SuS, indem sie Aufmerksamkeit beanspruchen. Diese Theorie geht zurück auf das Kapazitätsmodell von Ellis und Ashbrook (1988), die davon ausgehen, dass dem Menschen nur eine bestimmte Kapazität an kognitiven Ressourcen zur Verfügung steht. Ist diese Kapazität erreicht, können weitere Aufgaben nur eingeschränkt ausgeführt werden (vgl. Hänze 2009, S. 53). Diese Aufmerksamkeit wird jedoch bei kognitiven Prozessen benötigt. Emotionen können kognitive Ressourcen beanspruchen, die für Lernprozesse elementar sind. Dieser deaktivierende Einfluss tritt jedoch nicht bei allen Emotionen auf. Eine erste wichtige Einschränkung ist, dass nur intensive Emotionen einen kognitiven Prozess derart unterbrechen oder beeinflussen können. Bei weniger intensiven Stimmungen oder Emotionen ist eine Einbuße der kognitiven Leistung eher am Einfluss auf die Motivation festzumachen (vgl. Hänze 2009, S. 53-58). „Gute und schlechte Stimmungen, wenn sie im Hintergrund unseres Erlebens stehen, beeinträchtigen nicht unsere kognitive Leistungsfähigkeit.“ (Hänze 2009, S. 58) Des Weiteren beanspruchen intensive Emotionen diese Aufmerksamkeit nicht, wenn sie sich auf das Objekt der kognitiven Beanspruchung, beispielsweise einer Schulaufgabe, beziehen. In diesem Fall können sie sogar Aufmerksamkeit auf die Aufgabe lenken. Die kognitiven Ressourcen werden in dem Fall gesammelt auf den kognitiven Prozess gelenkt. Häufig geschieht das bei positiven Emotionen. Beispiele hierfür wären Neugier oder Spaß an der Bearbeitung. Jedoch lässt sich dieses Phänomen nicht pauschal auf positive Emotionen begrenzen, da auch negative Emotionen einen ähnlichen Effekt auslösen können. So kann sich beispielsweise aus Frustration Ehrgeiz entwickeln, der die kognitiven Ressourcen für die Aufgabe bereitstellt. Dennoch lässt sich zusammenfassen, dass sich positive Emotionen häufiger aktivierend auf kognitive Prozesse auswirken als negative Emotionen (vgl. Pekrun 2018, S. 217f). Trotz dieses Plädoyers für die Förderung positiver Emotionen gibt Pekrun zu bedenken, dass die Aufgabenbezogenheit der Schlüssel für die aktivierenden Effekte der Emotionen ist. „[G]ute Stimmung im Klassenzimmer allein reicht nicht aus, solange sie nicht auf die jeweilige Aufgabenstellung gerichtet ist.“ (Pekrun 2018, S. 218) Auch bei den Auswirkungen von Emotionen auf Gedächtnisprozesse kann negativen und positiven Emotionen nicht pauschal eine aktivierende oder deaktivierende Wirkung zugesprochen werden. Es ist in der Forschung anerkannt, dass bei Gedächtnisprozessen eine Verbindung von Emotion und Lernmaterial von Vorteil sein kann. Wenn das Lernobjekt emotional mit der eigenen Stimmung oder Emotion übereinstimmt, wird der Gedächtnisabruf erleichtert. Dieses Phänomen wird Stimmungskongruenz genannt. Dies gilt für negative ebenso wie für positive Emotionen (vgl. Pekrun 2018, S. 220; Hascher/Edlinger 2008, S. 56f). Obwohl die Theorie der Stimmungskongruenz anerkannt ist, lassen sich nur wenig Belege dafür finden. Löffler und Peter beobachteten beispielsweise in einer ihrer Studien zwar, dass eine emotionale Valenz von Begriffen zu einer besseren Gedächtnisleistung gegenüber Begriffen ohne emotionalen Wert für die jeweilige Person führt, jedoch konnten sie keine Signifikanz für die Stimmungskongruenz feststellen. In diesem Feldexperiment forderten sie ProbandInnen dazu auf, sich in ihrem Alltag eine Liste von Wörtern zu merken. Zu drei verschiedenen, den ProbandInnen unbekannten Zeitpunkten wurde die Gedächtnisleistung geprüft. Sowohl positiv als auch negativ emotionale Begriffe wurden besser eingeprägt als neutrale Begriffe. Nachweisbar war dies lediglich im alltäglichen Kontext, in dem es „möglicherweise relevanter ist, sich eher emotional bedeutsame Ereignisse als neutrale Informationen einzuprägen.“ (Löffler/Peper 2010, S. 132) Eine für den bildungswissenschaftlichen Kontext relevante Einschränkung kam bei den Experimenten von Löffler und Peper außerdem zum Vorschein. Die emotionale Valenz von Lernmaterial in Prüfungssituationen wirkte entweder nicht oder negativ auf die Gedächtnisleistung aus (vgl. Löffler/Peper 2010, S. 101-111). Dennoch ist der Umstand der besseren Gedächtnisleistung durch Emotionen in der Forschung anerkannt. Dies geht auch auf Experimente von G.H. Bower zurück, in denen er die Stimmungen von Pro- bandInnen durch Hypnose positiv oder negativ veränderte und durch Tests, wie das Erinnern an Details einer Geschichte, nachwies, dass sich die ProbandInnen in positiver Stimmung eher positive Details merken konnten und ProbandInnen in negativer Stimmung negative Details (vgl. Hascher/Edlinger 2008, S. 56f; Hänze 2009, S. 44-46). Neben der Erklärung durch die Stimmungskongruenz könnte auch die Theorie der zustandsabhängigen Erinnerung für diesen Umstand verantwortlich gemacht werden. In dieser Theorie wird der Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis dadurch erleichtert, dass beim erstmaligen Merken die gleiche emotionale Voraussetzung vorhanden war. Lernt eine Person etwas in einer traurigen Stimmung, so ist es bei einer erneuten traurigen Stimmung leichter, das Gelernte abzurufen. Beide Theorien können weder eindeutig belegt noch widerlegt werden (vgl. Hascher/Edlinger 2008, S. 57). Dennoch wird ersichtlich, dass sich Emotionen insbesondere über die emotionale Valenz des Lernobjekts, wohl aber auch über den emotionalen Zustand des Subjekts auf die Gedächtnisleistung auswirkt.
Die Theorien zur Auswirkung von Emotionen auf den menschlichen Denkstil gehen unter anderem zurück auf Studien von Daubman, Isen und Nowicki (1987) sowie Greene und Noice (1988). In ihren Studien untersuchten die ForscherInnen den Einfluss von induzierter positiver Emotion auf die kreative Problemlöse-Fähigkeit. Daubman, Isen und Nowicki führten zu diesem Zweck vier Experimente durch, in denen College-Studenten zwei Arten von Problemlöse-Aufgaben (Duncker’s candle task und Mednick, Mednick und Mednick’s remote association test), für deren erfolgreiche Absolvierung Kreativität notwendig ist, lösen sollten. Zuvor wurden die Studenten in den verschiedenen Experimenten auf unterschiedliche Art und Weise in bestimmte Stimmungen versetzt. Positiv-emotionale Manipulationen wie kurze Filmsequenzen oder kleine Geschenke, führten dazu, dass die Aufgaben im Schnitt besser gelöst wurden als bei Kontrollgruppen ohne Manipulation. Negativemotionale Manipulationen wie dramatische Filmsequenzen hatten keinen Einfluss. Die Forschergruppe kam zu dem Schluss, dass eine positive Stimmung helfen kann kreatives Denken in Problemlösesituationen anzuregen (vgl. Daubman/I- sen/Nowicki 1987, S. 1122-1131). Ein Jahr später adaptierten Greene und Noice den Grundgedanken und führten ein ähnliches Experiment mit SuS der achten Klasse durch. Auch in diesem Experiment wurde Duncker’s candle test verwendet und zuvor eine Gruppe der SuS mit kleinen Geschenken und Komplimenten in eine positive Stimmung versetzt. Gegenüber der Kontrollgruppe, denen keine Geschenke gegeben oder Komplimente gemacht worden waren, schnitten auch bei Greene und Noice die ProbandInnen in positiver Stimmung im Schnitt besser ab (vgl. Greene/Noice 1988, S. 895-898). Dieser Gedanke wird auch in der Broaden- and-Built-Theory von Fredrickson (2001) aufgenommen. Diese Theorie versucht, das von Greene und Noice sowie Daubman, Isen und Nowicki beobachtete Phänomen zu erklären. Positive Emotionen entstehen typischerweise nicht in Gefahrensituationen, sondern in Situationen der Sicherheit. Bei Gefahr sei der Mensch unbewusst darauf bedacht, schnelle und sichere Entscheidungen zu treffen, um die Gefahr abzuwehren. Bei positiven Emotionen sei dies jedoch nicht notwendig, weshalb die menschlichen Gedanken in diesen Situationen offener und vielfältiger seien. „They broaden people's momentary thought-action repertoires, widening the array of the thoughts and actions that come to mind.“ (Fredrickson 2001, S. 220) Positive Emotionen würden somit nach Julius Kuhl (1983) einen intuitiv-holisti- schen Denkstil und negative Emotionen einen sequenziell-analytischen Denkstil eröffnen, wobei sich der Begriff Denkstil darauf bezieht durch welche Arten von gedanklichen Prozessen Aufgaben gelöst werden (vgl. Hänze 2009, S. 61). Clore und Huntsinger ergänzen dies um den Gedanken der Zugänglichkeit und der Verfügbarkeit bestimmter Denkstile. „[T]he standard link between positive and negative moods and specific cognitive processing styles depends critically on what style of processing is already most accessible.“ (Clore/Huntsinger 2009, S.51) Positive Emotionen würden zugängliche Denkstile eher unterstützen, wohingegen negative Emotionen diese eher abhalten. Obwohl dieser Forschungsbereich auf kein einheitliches Ergebnis zurückgreifen kann, lässt sich feststellen, dass Emotionen aufgrund ihrer positiven oder negativen Valenz unbestreitbar einen bestimmten Einfluss auf den Denkstil des Individuums haben. Für die Bildungswissenschaft sind vor allem jene Studien von Bedeutung, die belegen, dass bei kreativen, offenen Aufgaben positive Emotionen förderlich sein können.
Durch die genannten Prozesse, in Verbindung mit den folgenden Aspekten Motivation und Selbstwirksamkeit, ergibt sich, dass sich bestimmte Emotionen aktivierend auf den Lernprozess und andere wiederum deaktivierend auswirken. Aktivierende Emotionen lenken die Aufmerksamkeit auf die Aufgabe und sind mit ihr verknüpft. Dadurch wird die Gedächtnisleistung verbessert und der passende Denkstil unterstützt. Deaktivierende Emotionen hingegen sind irrelevant für den kognitiven Prozess, verbrauchen jedoch kognitive Ressourcen. Es ist schwierig Emotionen eindeutig eine aktivierende oder deaktivierende Funktion zuzuschreiben, da dies von vielen Variablen abhängig ist, die nicht allein mit der Emotion zusammenhängen. Dennoch gibt es einige Emotionen, wie Freude oder Stolz aufgrund einer Aufgabe, sowie aus Angst oder Ärger entstehender Ehrgeiz, die eher den aktivierenden Emotionen zugeordnet werden können. Ebenso können Langeweile oder Erleichterung vor allem als deaktivierende Emotionen wahrgenommen werden (vgl. Abbildung 1; Pekrun 2018, S. 222).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Klassifikation von Leistungsemotionen (Quelle: Pekrun 2018, S. 216.)
3.1.2 Emotion und Motivation
Neben der Kognition ist auch der Einfluss von Emotionen auf die Motivation elementar. Die geläufigste Systematisierung von Motivation ist die der intrinsischen, von innen kommenden, und extrinsischen, von außen kommenden, Motivation. Martin Hänze macht jedoch darauf aufmerksam, dass einige ForscherInnen zu einer Unterscheidung in prozessbezogene und ergebnisbezogene Motivation übergegangen sind. Diese Unterscheidung wird in dieser Arbeit aufgegriffen. Für die prozessbezogene Motivation sind emotionale Voraussetzungen wie Interesse, Spaß oder Neugier von Relevanz (vgl. Hänze 2009, S. 80-83). Eine Studie von Hirt zeigt, wie sich dieser Zusammenhang auf das Lernen auswirkt. ProbandInnen zählten in dieser Studie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von ProtagonistInnen unterschiedlicher Fernsehshows auf. Unterteilt wurde die Gruppe der ProbandInnen dadurch, dass ein Teil der Gruppe so lange arbeiten sollte, bis er der Meinung war ausreichend Ergebnisse zu haben und der andere Teil so lange arbeiten sollte, bis es ihm keinen Spaß mehr macht. Zusätzlich waren die ProbandInnen der Stimmungslage nach in eine Gruppe mit positiver und eine Gruppe mit negativer Stimmung unterteilt. Die Studie fand heraus, dass die ProbandInnen mit positiver Stimmungslage länger arbeiteten und zusätzlich angaben, ein größeres Interesse an dem Thema zu haben. Außerdem gaben die gut gelaunten ProbandInnen laut den Ergebnissen kreativere Antworten, was wiederum auf die Veränderung des Denkstils zurückzuführen ist (vgl. Hänze 2009, S. 83f). Es bleibt der Gedanke, dass sich die gute Stimmung aktivierend auf das Interesse und darüber auf die Motivation ausgewirkt hat, was wiederum die Leistung der ProbandInnen beeinflusst hat.
Ein weiteres Phänomen, das mit prozessbezogener Motivation verknüpft ist, ist das Flow-Konzept von Csikszentmihalyi. Dieser beschreibt die im Flow-Zustand entstehende Motivation als emergent motivation. Diese Art der Motivation entsteht nicht durch ein präexistentes Ziel, sondern aus dem Prozess selbst. Die Motivation für die Fortsetzung der Tätigkeit folgt umgehend aus der Aktivität zuvor und diese Tätigkeit löst wiederum die Motivation für eine folgende Tätigkeit aus (vgl. Nakamura/Csikszentmihaliy 2002, S. 91). Um diesen sich erhaltenden motivationalen Zustand zu erreichen, benötigt es unter anderem einen bestimmten emotionalen Ausgangszustand (vgl. Nakamura/Csikszentmihaliy 2002, S. 94-95). Dies lässt erkennen, dass Emotionen über die Wirkung auf die prozessbezogene Motivation einen Einfluss auf den Lernprozess haben. Emotionen können die Motivation zur Bearbeitung einer Aufgabe positiv oder negativ beeinflussen (vgl. Gep- pert/Kilian 2018, S. 234).
Im Vorfeld ihrer Studie zum nachhaltigen Lernen begabter SuS im Biologieunterricht führen Claas Wegner, Andreas Dück und Norbert Grotjohann (2013) diesen Einfluss auf die Motivation auf die Stimmungskongruenz zurück. Dadurch, dass bei positiver Stimmung eher positive Informationen aufgenommen und positive Situationen erinnert werden, würde sich auch die Freude an der Arbeit und das Interesse am Thema steigern, wodurch die Motivation steige. Die Studie selbst erhob, dass das Projekt Kolumbus Kids, eine naturwissenschaftliche, außerschulische Begabtenförderung, das Interesse an den behandelten Themen sowie positive Emotionen förderte. Kontrollgruppen eines Gymnasiums, denen diese Förderung nicht zu Teil wurde, gaben im Verlauf der Studie einen Zuwachs an negativen Emotionen und einen Abfall von positiven Emotionen an (vgl. Wegner/Dück/Grotjo- hann 2013, S. 45-56). Dies belegt zwar keinen signifikanten Einfluss von Emotionen auf die Motivation, da dieser Zusammenhang nicht untersucht wurde, jedoch zeigt sich in dieser Studie ein Zusammenhang von Interesse am Thema, positiven Emotionen und der Lernmotivation. In der Studie wird allerdings nicht deutlich, ob die SuS durch ihr ohnehin vorhandenes Interesse und die Motivation, daran zu arbeiten, die positiven Emotionen entwickelten oder ob sie durch die positiven Emotionen hinsichtlich der Förderung das Interesse und die Motivation ausbildeten.
Die Komplexität der Auswirkungen von Emotionen auf das menschliche Denken und Verhalten zeigt sich, wenn man versucht, bestimmte Emotionen ihrer Auswirkung auf Motivation nach zu sortieren oder systematisieren. Ähnlich wie bei dem Einfluss auf Kognition gibt es positiv aktivierende und negativ deaktivierende Emotionen, die sich relativ eindeutig ausprägen. So können positiv aktivierende Emotionen wie die Freude am Lernen, Neugier oder Spaß an einer Aufgabe das Interesse am Thema und dadurch die intrinsische und prozessbezogene Motivation fördern. Negativ deaktivierende Emotionen wie Langeweile und Hoffnungslosigkeit oder Resignation hingegen führen zu einer Verringerung der Motivation und können bei hoher Intensität zu enormen Leistungseinbrüchen führen (vgl. Pekrun 2018, S. 219). Positiv deaktivierende Emotionen wie Erleichterung und Entspannung und negativ aktivierende Emotionen wie Wut oder Versagensangst, sind in ihrer Auswirkung auf die Motivation von SuS jedoch sehr vielfältig. Je nach Situation und Individuum können diese Emotionen zu einer Erhöhung oder einer Verringerung der Motivation führen. Hier greift die Unterscheidung zwischen prozessbezogener und ergebnisbezogener Motivation. Versagensangst kann beispielsweise zu einer Verringerung der prozessbezogenen Motivation führen, da sich die Person durch die Emotion nur ungern mit einer Aufgabe oder einem Thema beschäftigt. Gleichzeitig kann jedoch die ergebnisbezogene Motivation gesteigert werden, da die Person verhindern möchte, ein schlechtes Ergebnis zu erzielen. Bei Erleichterung wäre der Prozess umgekehrt. Die prozessbezogene Motivation würde steigen, da jedoch von einem guten Ergebnis ausgegangen wird, würde die ergebnisbezogene Motivation sinken (vgl. Pekrun/et al. 2007, S. 26f). Es lässt sich nicht immer vorhersagen wie sich eine bestimmte Emotion auf die Lernmotivation der SuS auswirkt. Auf Grundlage dessen fasst Pekrun zusammen:
„Auch für Effekte auf die Lernmotivation ergibt sich damit als Schlussfolgerung, dass es irreführend wäre, positiven Emotionen immer positive Wirkungen und negativen Emotionen durchweg negative Wirkungen zuzuschreiben. Vielmehr ist es notwendig, die unterschiedlichen motivationalen Funktionen unterschiedlicher Emotionen in Rechnung zu stellen. Auch hier aber dürfte es wieder eine Gruppe von Emotionen geben, die sich in der Regel positiv auswirken: Freude und Begeisterung beim Lernen(vgl. Pekrun 2018, S. 219)
Es ist deutlich geworden, dass Emotionen über motivationale Prozesse ebenso Einfluss auf das Lernen nehmen wie über kognitive Prozesse. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang relevant ist und sowohl mit Kognition als auch mit Motivation zusammenhängt, ist der Einfluss von Emotionen auf die Selbstwirksamkeit von SuS, der im folgenden Unterkapitel betrachtet wird.
3.1.3 Emotion und Selbstwirksamkeit
In der Forschung wird der Aspekt der Selbstwirksamkeit sowohl dem Bereich der Kognition als auch der Motivation zugeschrieben (vgl. Hänze 2009, S. 82f; Gep- pert/Kilian 2018, S. 239ff; Deci/ Ryan 1993, S. 224-229). In dieser Arbeit wird dem emotionalen Einfluss auf Selbstwirksamkeit jedoch aus zwei Gründen ein eigenes Unterkapitel gewidmet. Einerseits lassen sich anhand der Selbstwirksamkeit einige wichtige Argumente zu Emotion und Kognition sowie zu Emotion und Motivation anschaulich zusammenfassen und andererseits bietet der Zusammenhang von Emotion und Selbstwirksamkeit besonders konkrete Beispiele, die die theoretischen Überlegungen zu Kognition und Motivation unterfüttern. Der Begriff
Selbstwirksamkeit ist der Theorie der self-afficacy von Albert Bandura entlehnt, in der er die Überzeugungen des Menschen, durch eigenes Wirken und Handeln ein Ziel erreichen zu können, auf die Kausalitätswahrnehmung von Ursache, Erwartung und Wirkung zurückführt. Ausdrücklicher Teil dieser Theorie sind Emotionen und Gefühle, die als Ausdruck des Grads der Selbstwirksamkeit, aber auch als Einfluss auf die Selbstwirksamkeit auftreten können. Ausdruck fehlender Selbstwirksamkeit können Emotionen wie Angst oder Nervosität sein, wohingegen eine hohe Selbstwirksamkeit durch Entspannung oder auch Freude und Neugier gekennzeichnet sein kann (vgl. Bandura 1977, S. 191-200). Dieses Verständnis von Selbstwirksamkeit hängt im bildungswissenschaftlichen Kontext eng mit der Attributionstheorie von Weiner zusammen. Emotionen sind durch diese Theorie als Einflussfaktor auf Selbstwirksamkeit anschaulich darstellbar. Weiners Attributionstheorie stellt ebenfalls die kausale Verbindung von Ursache und Wirkung in den Mittelpunkt. Bildungswissenschaftlich gewendet, rückt die Ursachensuche für eine erbrachte Leistung in den Fokus. SuS attribuieren demnach einen Erfolg oder Misserfolg unterschiedlich. Je nachdem welcher Grund dafür gefunden wird, attri- buiert die Person entweder internal oder external, stabil oder variabel sowie kontrollierbar oder nicht kontrollierbar (vgl. Weiner 1985, S. 550-552). Beispielhafte mögliche Zuschreibungen von Gründen nach dem Prinzip Weiners sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Tabelle 1: Kategorien der Kausalattribuierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Weiner 1985, S. 550-552.
Die mit der Attribuierung verbundenen Emotionen wie Freude über die eigenen Fähigkeiten, Ärger über mangelnde Anstrengung oder Frustration aufgrund von fehlendem Wissen lösen ihrerseits wieder einen neuen Prozess aus. Sie beeinflussen neue Erwartungshaltungen sowie die Selbstwirksamkeitserfahrung der SuS. Über diesen Prozess wirkt sich auch die Attribuierung auf sich selbst aus. Je nach Erwartung und Erfahrung werden die SuS ihre kommenden Leistungen neu attribuieren. Dieser Umstand beeinflusst außerdem die Motivation aus und letztlich den gesamten Lernprozess (vgl. Geppert/Kilian 2018, S. 239f). Hascher und Bran- denberger weisen in diesem Zusammenhang auf die Gefahr der falschen Attribu- ierung hin. SuS, die Misserfolge internal stabil, auf fehlendes Wissen oder mangelnde Fähigkeiten zurückführend, und Erfolg external variabel, auf Hilfe oder Glück zurückführend, attribuieren, sind stärker von Prüfungsangst bedroht. Dieses Beispiel zeigt, dass sich Emotionen nicht nur auf den Attributionsstil auswirken, sondern der Attributionsstil ebenso auf die Emotionen (vgl. Hascher/Brandenber- ger 2018, S. 296). Hänze formuliert es folgendermaßen: „Mißerfolge stellen dann generell keinen Anreiz zu besserer Leistung dar, sondern nur eine weitere Bestätigung der - nicht kontrollierbaren - eigenen Unzulänglichkeit(Hänze 2009, S. 72) Anhaltende schlechte Leistungen und deren falsche Attribuierung führen zu negativen Emotionen. Hänze weist darauf hin, dass der konstruktive Umgang mit negativen Emotionen Voraussetzung für eine hohe Selbstwirksamkeitswahrnehmung ist, allerdings durch häufige Hilflosigkeitserfahrungen verlernt werden kann. Die Hilflosigkeitserfahrung wird somit zum Beginn einer Abwärtsspirale, die es in der Schule zu verhindern gilt. Eine individuelle Bezugsnormorientierung und Reattributionstraining können zur Verhinderung der Abwärtsspirale beitragen. Die individuelle Bezugsnormorientierung verhindert den sozialen Leistungsvergleich und implementiert eine Bewertung anhand der Weiterentwicklung des Individuums. Dadurch wird die Leistung eher internal variabel und damit kontrollierbar attribuiert. Das Reattributionstraining soll SuS helfen, Misserfolge nicht auf die Leistungsfähigkeit zu beziehen und so negative Lernerfahrungen durch positive zu ersetzen (vgl. Hänze 2009, S. 73f).
Welche Emotionen aufgrund von Attribuierungen entstehen, lässt sich nicht mit Sicherheit voraussagen. Allerdings bestimmt die control-value-theory von Pekrun et al. zwei Determinanten, die wiederum bestimmen, welche achievement emotion, leistungsbezogene Emotion, entstehen kann. Ein bestimmender Faktor sind die control appraisals, die Kontrolle, die die Person vermutet über die Leistung zu haben. Damit bezieht sich dieser Faktor auf die Aktivität des Lernens und der Leistung. Der zweite Faktor sind die value appraisals, der Wert, den die Person der Leistung beimisst. Dieser Faktor bezieht sich auf die Leistung als solche. Je nachdem, wie viel Kontrolle die Person über die Leistung zu haben glaubt und wie viel Wert sie ihr beimisst, ändert sich die Emotion gegenüber der bevorstehenden Leistung oder Aufgabe (Pekrun/et al. 2007, S. 16). Dabei unterscheiden Pekrun et al. die achievement emotions ebenfalls zwischen aktivierenden und deaktivierenden Emotionen (vgl. Kapitel 3.1.1, Abbildung 1).
Wie viel Kontrolle sich die Person zutraut, hängt wiederum stark mit der Selbstwirksamkeitserfahrung zusammen. Würde beispielsweise ein unterdurchschnittlicher Schüler bei Misserfolgen zu einem internalen Attributionsstil neigen, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er dadurch seine Kontrolle über die Leistung eher gering einschätzen würde. Sollte er in diesem Fall der bevorstehenden Leistung einen hohen Wert zuschreiben, so würde er zu Hoffnungslosigkeit oder Frustration neigen. Wird eine Variable dieses Beispiels geändert, so ändert sich auch die entsprechende Emotion. Diese Emotionen entstehen, da „[...] Menschen den intrinsischen (angeborenen) Wunsch haben, ihre Umwelt zu erforschen, zu verstehen und ,in sich aufzunehmen‘ (assimilieren).“ (Deci/Ryan 1993, S. 235) Die Ausbildung von Leistungsemotionen ist demnach Teil der individuellen und sozialen Entwicklung. Darum wird es detaillierter im folgenden Kapitel gehen.
3.2 Die Beziehung zwischen Emotionen und der sozialen Entwicklung
Dass Emotionen und die soziale Entwicklung miteinander verknüpft sind, ist bereits an der Beschaffenheit von Emotionen zu erkennen. Emotionen sind Ausdruck unseres subjektiven Fühlens und als solche einer kommunikativen Funktion unterworfen. Gefühle werden ununterbrochen durch Emotionsausdrücke mitgeteilt und Emotionen des Umfelds wahrgenommen - bewusst oder unbewusst. Kommunikation läuft nie ohne Emotionen ab, daher sind Emotionen Teil des sozialen Lebens und somit auch Teil der sozialen Entwicklung von SuS. Als ständiger Begleiter des Lebens sind sie zudem auch Teil der Identitätsentwicklung. Diese Entwicklungen finden zu einem großen Teil im Kontext Schule statt. In der bildungswissenschaftlichen Theorie hat sich daher der Begriff des sozial-emotionalen Lernens durchgesetzt. Ziel des sozial-emotionalen Lernens ist es, emotionale und soziale Kompetenzen der SuS zu stärken, um so „psychische Widerstandsfähigkeit/Resilienz und psychosoziale Gesundheit, soziale Integration und gesellschaftliche Verantwortung“ (Reicher/Matischek-Jauk 2018, S. 253) zu fördern und so einen positiven Einfluss auf die soziale und emotionale Entwicklung der SuS zu nehmen. Soziale und emotionale Kompetenzen und damit zusammenhängend soziale und emotionale Entwicklung finden sich im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung wieder. Dort sind sie fester Bestandteil einer gelingenden Persönlichkeitsbildung (vgl. Budde/Weuster 2018, S. 21-24). Durch die soziale Komponente von Emotionen ergeben sich zusätzlich gegenseitige Beeinflussungen. Beispielsweise sind bestimmte soziale Prozesse Voraussetzung für die emotionale Entwicklung. Bei der emotionalen Entwicklung durchläuft der Mensch im Laufe seiner frühen Kindheit drei Phasen. Zunächst entwickelt sich die Fähigkeit, subjektive Gefühle als Emotionen auszudrücken. Dabei bilden sich die verschiedenen Emotionsausdrücke unterschiedlich schnell aus. Im Anschluss erfolgt die Ausprägung des Wissens über Emotionen und das Verstehen derselben. Dabei geht es um weit mehr als das bloße Erkennen und Zuordnen von Emotionen bei sich und anderen. Es beinhaltet auch das Verstehen von Ursache und Wirkung sowie das Wissen um die Möglichkeit der Veränderung von Emotionen. Erst danach werden Emotionsregulationsstrategien entwickelt. Zunächst werden hierfür Bezugspersonen benötigt, beispielsweise beim Trösten. Erst später lernen Kinder Strategien, durch die sie selbst ihre Emotionen regulieren können (vgl. Brandstätter/et al. 22018, S. 244-256). In allen drei Phasen sind soziale Prozesse von elementarer Bedeutung. Brandstätter et al. weisen auf die Wichtigkeit von Bezugspersonen für den Vollzug dieser Phasen hin. So ist die Imitation von Emotionsausdrücken der Bezugsperson ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eigener Ausdrucksfähigkeit.
„Vielleicht haben Sie auch bereits einmal beobachtet, dass Kleinkinder ab einem Alter von etwa 8-12 Monaten, wenn sie in einer Situation unsicher sind, was zu tun ist, zunächst in das Gesicht ihrer vertrauten Bezugsperson schauen, bevor sie handeln. Dieses als »soziale Bezugnahme« (»social referencing«) bezeichnete Verhalten dient den Kindern zur Informationsgewinnung.“ (Brandstätter/et al. 22018, S. 242)
Diese „soziale Bezugnahme“ zeigt sich auch bei der Entwicklung von Emotionswissen und Emotionsverständnis sowie der Emotionsregulation (vgl. Brandstätter/et al. 220 1 8, S. 248-251) in Form von Kommunikation und Interaktion. „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im schulischen Bildungsdiskurs Emotionen immer eingebettet in den sozialen Kontext zu sehen sind.“ (Reicher/Matischek- Jauk 2018, S. 264)
Dass Emotionen auch Auswirkungen auf die soziale Entwicklung haben wird häufig erwähnt, jedoch selten detaillierter ausgeführt (vgl. Wiedebusch/Petermann 2011, S. 209f; von Marées/Petermann 2009, S. 244). Denham, et.al. (2002) führen tiefer in diesen Zusammenhang ein, indem sie ein Modell emotionaler Kompetenz vorstellen und dessen Beziehung zu sozialer Kompetenz erläutern. Anders als die von Brandstätter et al. beschriebenen Phasen teilen Denham, et.al. die emotionale Kompetenz in experience of emotions, expression of emotions und understanding emotions ein. Unter experience of emotion verstehen sie nicht nur das Erfahren eigener und Bemerken fremder Emotionen, sondern auch die Regulation dessen im sozialen Kontext (vgl. Denham/et.al. 2002, S. 309). „Ability to access and manage emotions, and to communicate (or not communicate) them to others, is important to relationships’ success.“ (Denham/et.al. 2002, S. 309) Um dies zu erreichen, müssen die Emotionen wahrgenommen und die automatisch ablaufende Kommunikation der Emotion ebenfalls erkannt und eingeordnet werden. Es gehört wiederum zur sozialen Kompetenz, eigene Emotionen entsprechend des sozialen Kontextes einordnen und darauf reagieren zu können. Daran schließt die Komponente der expression of emotions an. In einer kommunikativen Situation oder einer Beziehung ist es elementar zu wissen, welche Emotionen durch Aktionen oder Reaktionen bei anderen Personen ausgelöst werden. Dabei können durch emotionale Kompetenzen sowohl die eigenen Ziele als auch der soziale Kontext im Blick behalten werden. In der Mitte dieser beiden Komponenten veror- ten Denham, et.al. das understanding emotions. Dazu gehört neben dem Verstehen der eigenen Emotionen im sozialen Kontext vor allem das Verständnis für die Emotionen des Gegenübers. Es sollten nicht nur Emotionen, die der kommunizierten Nachricht zugrunde liegen, wahrgenommen werden, sondern es sollte parallel der emotionale und soziale Kontext des Gegenübers einbezogen werden, um die relevanten Informationen der Nachricht herausfiltern zu können (vgl. Den- ham/et.al. 2002, S. 309-315). Diese elementaren Bestandteile sozialer Interaktion können durch die Förderung der emotionalen Kompetenz im frühen Kindesalter verbessert werden. In ihrem Emotionstraining in der Schule nennen Petermann, Petermann und Nitkowski (2016) im Gegensatz zu Denham, et.al. „vier globale emotionale Kompetenzen [...], die eine Person aufweisen sollte“ (Petermann/Pe- termann/Nitkowski 2016, S. 54) und beziehen sich damit auf Southam-Gerow’s Emotion regulation in children and adolescents: A practitioner’s guide. Diese vier Kompetenzen umfassen Emotionsbewusstsein, Emotionsverständnis, Empathie und Emotionsregulation (vgl. Petermann/Petermann/Nitkowski 2016, S. 55-58). Die Relevanz der Verzahnung von emotionaler und sozialer Kompetenz für den Kontext Schule soll im Folgenden anhand von zwei Beispielen skizziert werden, die den beidseitigen Einfluss von Emotionen und sozialen Konstrukten anschaulich darstellen. Im ersten Beispiel geht es um die Rolle der Emotion Scham in Inklusions- und Exklusionsprozessen, die Wertenbruch und Röttger-Rössler (2011) untersuchten. Anhand eines Fallbeispiels stellen sie dar, wie Scham die Exklusion aus einer Peer-Group veranlassen kann. In diesem Fallbeispiel richtet sich eine Aktion eines Schülers gegen einen Mitschüler innerhalb der Peer-Group. Als es zu einer Rangelei kommt, bei der der Mitschüler sich nicht wehren kann, zeigt dieser im Anschluss eindeutige Anzeichen von Scham. Danach fällt es ihm schwer in die Peer-Group zurückzukehren (vgl. Wertenbruch/Röttger-Rössler 2011, S. 247251).
Wertenbruch und Röttger-Rössler schließen daraus, dass „Scham ein bedeutsames Element zur Regelung sozialer Zugehörigkeiten und Normkonformitäten“ (Wertenbruch/Röttger-Rössler 2011, S. 253) darstellt. Die Emotion Scham führte in diesem Beispiel zu einer, wenn auch kurzfristigen, Veränderung des sozialen Konstrukts, in dem sich beide Schüler befanden. Das Gegenstück zu diesem Beispiel bietet Stefan Wellgraf (2014), der bei seiner Untersuchung zu der Emotion Verachtung an Hauptschulen in Interviews einige Emotionen feststellte, die auf soziale Konstrukte zurückzuführen sind.
„Dazu gehören beispielsweise Scham angesichts schlecht bewerteter Schulleistungen, Neid auf Bessergestellte, Wut auf den Lehrer und Angst vor Hartz IV, sowie manche ironisch verspielte und cool distanzierte Verhaltensweisen.“ (Wellgraf 2014, S.323)
An diesem Beispiel wird deutlich, wie soziale Konstrukte in Form von Machthierarchien zu bestimmten Emotionen führen können. Diese Machthierarchien reichen von der sozialen Bezugsnorm bei der Bewertung einer Leistung über die Beziehung zu Lehrkräften bis hin zu gesellschaftlichen Hierarchien, die Neid, Scham, Wut und Angst auslösen können.
Hänze spricht in diesem Zusammenhang von sozialen Rahmenbedingungen (Hänze 2009, S. 27), von denen Emotionen im Kontext Schule abhängen. Zunächst geht er dabei auf Leistungsemotionen ein, dessen Entstehung, wie in Kapitel 3.1.3. erwähnt, auch von der Art der Bewertung von Leistungen abhängt. Der Vergleich mit anderen SuS provoziert Emotionen wie Neid und Wut, aber auch Freude. Eine weitere soziale Rahmenbedingung wäre das soziale Gefüge innerhalb der Klasse. Je positiver die Beziehungen der SuS untereinander sind desto positiver sind die Einstellung zu Schule und Unterricht sowie die dort entstehenden Emotionen. Laut Hänze hätten ein offener Unterrichtsstil sowie ein „sozial-integra- tiver Führungsstil“ (Hänze 2009, S. 29) positive Auswirkungen darauf. Ebenso kann sich die Einschätzung der Lehrkraft, aber auch die Einschätzungen der anderen SuS auf das Selbstkonzept und darüber auf die Emotionen einzelner SuS auswirken (vgl. Hänze 2009, S.27-36).
Emotionen beeinflussen nicht nur den Lernprozess, sondern auch soziale Prozesse und Konstrukte. Was sich aus diesen Zusammenhängen für den Unterricht ergibt und welche Ansatzmöglichkeiten die Theorie bietet, wird im folgenden Kapitel betrachtet.
4 Erfolgreicher Umgang mit Emotionen aus Sicht der Theorie
„Die Schule ist grundsätzlich gefordert, den Emotionen der Schülerinnen mehr Platz einzuräumen. Nicht die Unterdrückung von Emotionen, sondern ihre Nutzung für das Lernen sollte bei SchülerInnen und Lehrpersonen in den Mittelpunkt rücken. Beide Seiten müssen lernen, Sensibilität für Emotionen zu entwickeln. Die Nutzung und Regulation der emotionalen Zustände darf jedoch nicht ausschließlich pädagogisch oder didaktisch vermittelt erfolgen. Ziel muss es vielmehr sein, die Schüler und Schülerinnen selbst zu befähigen, ihre Emotionen konstruktiv für das Lernen einzusetzen.“ (vgl. Hascher/Edlinger 2008, S. 68)
Diese Zusammenfassung Hascher und Edlingers, die ihre Überlegungen in Bezug auf die Wirkung von Emotionen im schulischen Kontext mit den daraus resultierenden Forderungen an Schule und Lehrkräfte verbindet, spiegelt den Tenor der Forschung zu Anforderungen an Lehrkräfte wider. Sensibilität für Emotionen, Nutzung statt Unterdrückung, Selbstbefähigung der SuS zur Nutzung und Regulation. In einem anderen Aufsatz formuliert Hascher gemeinsam mit Brandenberger in dem Kapitel „Positive Emotionen im Unterricht fördern, negative Emotionen reduzieren“ (vgl. Hascher/Brandenberger 2018, S. 296), wie Lehrkräfte eben dieses Ziel erreichen können und stellt in den Folgekapiteln konkrete Programme zu diesem Zweck vor. Auch wenn immer wieder formuliert wird, dass man nicht pauschal positiven Emotionen aktivierende und negativen Emotionen deaktivierende Eigenschaften zuschreiben kann, so haben positive Emotionen, insbesondere Freude, Neugier und Interesse, auf kognitive und motivationale Prozesse sowie auf die Selbstwirksamkeit der SuS eher förderliche Auswirkungen. Sie können einen kreativen, offenen Denkstil fördern, die prozessbezogene Motivation und nicht zuletzt die Kontroll-Bewertung (control appraisal) steigern. Um dies zu erreichen formulieren Hascher und Brandenberger drei grundlegende Bedürfnisse, die man in ähnlicher Form auch in Deci und Ryan‘s (1993) Selbstbestimmungstheorie der Motivation findet: Kompetenz-/ Wirksamkeitserleben, soziale Eingebundenheit und Autonomieerleben (vgl. Hascher/Brandenberger 2018, S. 297f; Deci/Ryan 1993, S. 229). Die Aufgabe von Schule und Lehrkräften in Bezug auf Emotionen ist es, diese Bedürfnisse der SuS zu erfüllen. Demnach könne Kompetenzerleben beispielsweise dadurch gefördert werden, dass die Leistungsanforderungen kontinuierlich mit den SuS wachsen und keine plötzlichen Sprünge machen. Bei der Leistungsbewertung könne die individuelle Bezugsnorm das Kompetenzerleben stärken. Ebenfalls hätten die Schwierigkeit und die Quantität der Aufgaben und die Qualität der Instruktionen sowie das Unterrichtstempo einen Einfluss auf das Kompetenzerleben der SuS. Der Aspekt der sozialen Eingebundenheit könne verbessert werden, indem die Lehrkraft versucht, alle SuS in das soziale Konstrukt Klassengemeinschaft einzubinden und Exklusionsprozesse zu unterbinden. Zudem könne das langfristige Bestehen einer Klassengemeinschaft sowie wenige Wechsel der Klassenlehrkraft die soziale Eingebundenheit einzelner SuS verbessern. Ein weiterer wirkmächtiger Aspekt sei die Lehrer-Schüler-Beziehung2, da diese die Atmosphäre der Klasse beeinflussen kann (vgl. Eichhorn 2015, S. 36ff). Bei dem Autonomieerleben von SuS sei die Unterrichtsgestaltung der Lehrkraft von besonderer Relevanz. Nicht nur sollte der Unterricht möglichst offen gestaltet werden, sodass SuS selbstständig arbeiten, zusätzlich ist der Bezug zur Lebenswelt der SuS bedeutsam. Haben die SuS keinen Bezug zum Gelernten und wissen nicht wo sie dies in ihrem Leben einsetzen können, so werde das Autonomieerleben darunter leiden und darüber auch die emotionale Verfassung der SuS. Zusätzlich könne die Einbeziehung von SuS in die Unterrichtsgestaltung sowie schulinterne Entscheidungen das Autonomieerleben verbessern. Diese Bedürfnisse würden insbesondere beim Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe I vernachlässigt werden (vgl. Hascher/Brandenberger 2018, S. 297f; Hagenauer 2011, S. 205-223, 299-302). Sann und Preiser weisen darauf hin, dass prüfungsängstliche SuS auf einen lehrkraftzentrierten Unterricht tendenziell positiv reagieren. Dies steht im Konflikt mit dem Autonomieerleben durch offene Unterrichtsformen. Daher seien eine gute Lehrer-Schüler-Interaktion und eine ausgeglichene Unterrichtsgestaltung Schlüssel zum Autonomie- und Kompetenzerleben aller SuS (vgl. Sann/Preiser3 2017, S. 224f). Auch Hagenauer schlägt offenere Unterrichtsformen vor, in denen die SuS ihr eigenes Lerntempo einhalten können. Dies erhöhe einerseits das Selbstwirksamkeitsgefühl der SuS und fördere zusätzlich die Kontroll- kognitionen. In ihrer Studie zur Lernfreude von SuS der Hauptschule wurde erhoben, dass die Unterteilung in Leistungsgruppen diesem Effekt entgegenwirke, wodurch sich auch die Lernfreude verschlechterte. In diesem Zusammenhang sei die Attribuierung von Leistungen und Bewertungen von Relevanz. Zudem sei das Verständnis von SuS für den Sinn des schulischen Lernens enorm wichtig Dies könne durch Workshops gefördert werden (vgl. Hagenauer 2011, S. 296-299).
Der FEASP-Ansatz von Astleitner (2000), dessen Name sich von den Emotionen fear, envy, anger, sympathy und pleasure ableitet, bietet einen Ansatz, um positive Emotionen zu fördern und gleichzeitig negative Emotionen einzudämmen. In diesem Modell nennt Astleitner fünf Emotionen, die aus seiner Sicht elementar für den Unterricht sind und beschreibt, wie diese Emotionen gesteigert oder vermindert werden können. Das Modell setzt sich aus den im Namen genannten negativen Emotionen Angst, Neid und Wut und positiven Emotionen Sympathie und Freude zusammen. Zur Reduzierung der Angst soll erfolgreiches Lernen versichert, Fehler als Lernmöglichkeiten gesehen, Entspannungsmöglichkeiten etabliert und Kritik aus einer positiven Perspektive gegeben werden. Zur Verminderung von Neid sind die individuelle Bezugsnorm, eine konsistente und transparente Bewertung, Authentizität und Offenheit sowie die Verhinderung von ungerechten Privilegien elementar. Zur Einschränkung von Wut soll das Aufzeigen von Multiper- spektivität, konstruktiven Wegen der Wutverarbeitung und die Nicht-Akzeptanz von Gewalt führen. Die Sympathie soll durch die Intensivierung von Beziehungen, die Installation von sensitiven Interaktionen und kooperativen Lernstrukturen gesteigert werden. Für die Freude am Lernen sind individuelle Freiheit, offene Lernmöglichkeiten, Humor und spielerische Aktivitäten wichtig (vgl. Astleitner 2000, S. 177-190). Dieser Ansatz korreliert mit den Ideen der drei grundlegenden Bedürfnisse: Kompetenzerleben, soziale Eingebundenheit und Autonomieerleben.
Auch der ECOLE-approach von Gläser-Zikuda et al. setzt nicht bei den SuS an, sondern bei der Lehrkraft. Durch specific teaching strategies (Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 482) sollen positive Emotionen gestärkt und so die Leistung der SuS verbessert werden. Laut Gläser-Zikuda et al. verbessern schülerzentrierte4 und direkte Instruktion die Leistungen von SuS durch einen Einfluss auf „students' emotions (interest, well-being), intrinsic motivation, positive self-concept of abilty, positive valuation of self-regulation and of the quality of instruction“ (Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 484). Diese Hypothese war der Ausgangspunkt für die Studie zum ECOLE-approach. In dieser Studie wurden Lehrstrategien kombiniert, die Auswirkungen auf die Selbstregulation, das Kompetenzerleben, die soziale Interaktion, die Struktur und das Wertempfinden der SuS haben sollen (vgl. Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Instruktionsdesign des ECOLE-approach (Quelle: Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 484.)
Die Studie wurde in 37 Klassen des achten und neunten Jahrgangs unterschiedlicher deutscher Schulformen in den Fächern Biologie, Physik und Deutsch durchgeführt. Untersucht wurde, welche Auswirkungen die Strategien des ECOLE-ap- proach im Gegensatz zu lehrkraftzentrierten Unterrichtsstunden haben. Dazu wurden die bestehenden Noten als Prätest, eine Klausur in dem jeweiligen Fach als Posttest gewertet sowie ein zweiter Posttest sechs Wochen später durchgeführt. Neben den Leistungsdaten wurden Emotionen und Bewertungen von Situationen seitens der SuS erhoben, indem sie bestimmte Aspekte auf einer Notenskala bewerteten (vgl. Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 484-487). Die Ergebnisse zeigen, dass die Leistung durch den ECOLE-approach tatsächlich besser waren als in der Kon- trollgruppe. In Biologie und Physik verbesserte sich zudem die Einschätzung des selbstregulierten Lernens. Signifikante Verbesserungen der emotionalen Erfahrungen der SuS im Unterricht wurden jedoch nicht nachgewiesen, was vor allem durch eine zu kurze Dauer der Studie begründet wurde (vgl. Gläser-Zikuda/et al. 2005, S. 489-493).
Ein weiteres Programm, welches sich auf die Sekundarstufe I bezieht, nennt sich EMo-Math und ist speziell auf den Mathematikunterricht abgestimmt. Es wurde im siebten Schuljahr in einer schweizerischen Realschule durchgeführt. Dem Programm ist eine Studie angeschlossen, die den Unterschied zwischen zwei Gruppen dokumentiert. In einer Gruppe wurden Schülerworkshops zu den Themen Emotionen, Motivation, Selbstregulation, dem Formulieren von Lernzielen und dem Nutzen von Mathematik gegeben. In diesen Workshops wurden in lebensund unterrichtsnahen Situationen Wissen über Emotionen vermittelt und Kompetenzen wie Empathie gefördert. In der zweiten Gruppe wurden, zusätzlich zu den Workshops für SuS, die Lehrkräfte in das Programm eingebunden. Sie erhielten Workshops zu den Themen Umgang mit Emotionen, Motivationsförderung, positive Fehlerkultur und Feedback. Sie wurden zusätzlich dazu angehalten, auch die Inhalte der Workshops der SuS in den Unterricht zu integrieren. Nach einem Jahr zeigte sich, dass in der Gruppe, in der die Lehrkräfte ebenfalls Workshops bekamen, die Versagensängste abnahmen und die Lernfreude stieg. In der Gruppe, in der lediglich die SuS an Workshops teilnahmen, sank die Angst ebenfalls, jedoch auch die Lernfreude. Dadurch wurde eine Korrelation zwischen der Lernfreude der SuS und den Kompetenzen der Lehrkraft erkennbar (vgl. Hascher/Brandenberger 2018, S. 301-305; Brandenberger/Moser 2018, S. 323-335).
An diesen Beispielen wird deutlich, dass die Lehrkräfte einen großen Einfluss auf das emotionale Erleben von Unterricht und Schule haben. Dieser Einfluss kommt jedoch nicht ausschließlich durch Strategien und didaktische Mittel, sondern auch durch die Persönlichkeit der Lehrkraft und die gezeigten Emotionen. Im Zuge ihrer Studie zur Auswirkung von Emotionen der Lehrkräfte auf die der SuS sagen Becker et.al. dazu:
„Teachers need to acknowledge the power of their emotions and that teaching involves more than just instructional behavior. The emotions that teachers bring to the classroom have important effects on their students’ emotions“ (Becker et.al. 2014, S. 25)
In dieser Studie wurden Emotionen von Lehrkräften und SuS überwacht und so festgestellt, dass die Emotionen der Lehrkräfte auch unabhängig von der Unterrichtsgestaltung und Instruktion mit den Emotionen der SuS verbunden sind, wodurch sie sich gegenseitig beeinflussen können (vgl. Becker et.al. 2014, S. 1128). Neben der Gestaltung des Unterrichts durch Parameter wie Sozialform, Arbeitsform, Methoden oder Materialien ist auch die Rolle der Lehrkraft und dessen Einwirkung auf die Atmosphäre in der Klasse von Relevanz. Die Lehrkraft kann allein durch ihr Auftreten und das offene Zeigen von Emotionen und Stimmungen Emotionen seitens der SuS hervorrufen und dadurch wiederum ihren Lernprozess beeinflussen (vgl. Geppert/Kilian 2018, S. 240f). In diesem Zusammenhang ist auch der Faktor Humor von Relevanz. In einer Studie untersuchten Bieg und Dresel (2018) den Effekt von verschiedenen Kategorien von Lehrerhumor auf Unterrichtsdimensionen und Emotionen der SuS. Durch Schülerbefragungen fanden sie heraus, dass nicht jede Art von Humor positive Auswirkungen auf den Unterricht und die Emotionen der SuS hat. So wirke sich ein zu aggressiver Humor negativ sowohl auf die kognitive Dimension als auch auf die sozial-emotionale und motivationale Dimension des Unterrichts aus. Humor, der nicht auf den Lerngegenstand oder den Unterricht bezogen ist, hätte einen negativen Effekt auf das Interesse der SuS und die Klarheit des Lerngegenstandes. Im Gegensatz dazu wirke sich ein lerngegenstandsbezogener Humor auf alle Unterrichtsdimensionen positiv aus, inklusive der Emotionen der SuS. In diesem Zusammenhang gaben SuS seltener negative Emotionen wie Langeweile oder Ärger an (vgl. Bieg/Dresel 2018, S. 197-208; Abbildung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Effekte von Lehrerhumor auf die Dimensionen des Unterrichts (Quelle: Bieg/Dresel 2018, S. 202.)
Eine der Schlussfolgerungen dieser Erhebung ist, dass Lehrkräfte sich schon im Vorfeld der Unterrichtsstunde überlegen können, an welchen Stellen und in welchem Zusammenhang und Kontext Humor sinnvoll einsetzbar ist. Als Beispiel kann ein humorvoller Einstieg in das Stundenthema das Interesse der SuS steigern, indem Emotionen wie Freude und Neugier geweckt werden (vgl. Bieg/ Dresel 2018, S. 206f). Dies ergänzt den Befund von Hagenauer, dass „Humor oder auch Abwechslungsreichtum im Unterricht [...] von vielen Schü- ler/inne/n als Lernfreude fördernd genannt [wurden], allerdings nur dann, wenn die Lernsituation gleichzeitig kontrollierbar ist und das Lernen als sinnvoll eingestuft wird.“ (Hagenauer 2011, S. 297)
Eine andere Art des Einflusses auf die Emotionen der SuS kann die Schule über die Vermittlung von emotionalen Kompetenzen nehmen. Während der Fokus in den vorgestellten Studien und Programmen darauf lag, wie Lehrkräfte im Unterricht auf Emotionen von SuS einwirken können, um den Unterricht oder den Lernprozess zu verbessern, geht es bei der Ausbildung der emotionalen Kompetenz darum, den SuS einen selbstständigen Umgang mit ihren Emotionen zu ermöglichen. Für die Förderung der emotionalen Kompetenz von SuS gibt es eine Vielzahl von Programmen und Trainings, die in dieser Arbeit nicht alle in ihren Einzelheiten vorgestellt werden können. Ziel dieser Programme ist es, die verschiedenen emotionalen Kompetenzen (vgl. Kapitel 3.2.) zu fördern, um die Empathiefähigkeit oder die Emotionsregulation der SuS zu verbessern (vgl. Petermann/Petermann/Nit- kowski 2016; Petermann et.al. 42016; Petermann/Wiedebusch 320 1 6; Reicher/Ma- tischek-Jauk 2018). Diese Förderung durch sozial-emotionales Lernen erfordert einerseits „eine förderliche Lernumweltgestaltung, adäquate didaktische Lernarrangements und eine reflektierte Beziehungsdidaktik [...] [und andererseits] [...] eine gezielte individuelle Förderung sozial-emotionaler Lern- und Entwicklungsprozesse durch curriculare Programme“ (Reicher/Matischek-Jauk 2018, S. 250f).
Zu diesem Zweck muss sich Schule als sozialer Raum verstehen, der die Verflechtung von kognitiven, sozialen und emotionalen Prozessen beheimatet. Als solcher muss er den SuS Sicherheit im Sinne von Bestärkung und Unterstützung, Fürsorglichkeit, kooperative Lernmöglichkeiten, klare Schul- und Klassenorganisation und die Möglichkeit der Partizipation bieten (vgl. Reicher/Matischek-Jauk 2018, S. 263).
Die konkreten Programme beziehen sich häufig auf eine Verbesserung des Sozialverhaltens durch die emotionalen Kompetenzen und können zwar in der Schule durchgeführt werden, sind jedoch nicht in den Unterricht implementiert, weshalb auch wenig auf die Rolle der Schule oder Lehrkräfte hingewiesen wird. Stattdessen werden Methoden oder Materialien vorgestellt, die bei der Förderung der emotionalen Kompetenz helfen sollen. Als Beispiele finden sich Achtsamkeitsübungen, Rollenspiele oder Wahrnehmungsübungen (vgl. Petermann/Petermann/Nitkowski 2016, S. 59f; Schick/Cierpka 2016, S. 46ff). Durch die Trainingsprogramme wird ein Raum geschaffen, in dem SuS ihre Gefühle und Emotionen bewusst und achtsam wahrnehmen und darüber sprechen können. Dieser Raum wird jedoch außerhalb des Unterrichts geöffnet, weshalb kein direkter Bezug zu Unterricht und Schulgeschehen besteht. Dennoch können diese Ansätze einzelnen SuS helfen, ihre emotionalen und sozialen Kompetenzen zu verbessern, was sich wiederum auf den Unterricht auswirken würde.
Es wird deutlich, dass es auch in der Theorie keinen einzelnen Ansatz gibt, der es schafft, die kognitiven, motivationalen und sozialen Effekte von Emotionen so zu integrieren, dass die Leistungen und die emotionalen Kompetenzen der SuS gesteigert werden. Stattdessen gibt es verschiedene Ansätze, die die Lehrkraft und die Institution Schule in die Pflicht nehmen. Dabei steht das Ziel im Fokus, die drei Grundbedürfnisse Kompetenzerleben, Autonomieerleben und soziale Eingebundenheit zu erfüllen. Um dies zu erreichen, müssen nicht nur die Lehrkräfte viele Aspekte beachten, sondern zunächst muss sich die Schule als sozialer Raum begreifen, in dem klare Strukturen, Unterstützung, Fürsorge, Partizipation und kooperative Lernmöglichkeiten vorhanden sind. Insbesondere der letzte Aspekt taucht in vielen Ansätzen auf. Durch eine offene Unterrichtsgestaltung in Verbindung mit kooperativen Lernmöglichkeiten, die von einer starken Lehrer-SchülerBeziehung geprägt ist, können die drei Grundbedürfnisse der SuS am besten erfüllt werden.
5 Forschungsstand und -frage
In der vorgestellten Forschung zu Emotionen im bildungswissenschaftlichen Kontext zeigt sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Perspektiven. Ohne diese im Einzelnen zu wiederholen, wird deutlich, dass sich die Forschung zu Emotionen in der Schule aus verschiedenen Fachrichtungen speist. So sind pädagogische, didaktische, psychologische oder auch soziologische Ansätze in der Frage, wie mit Emotionen in der Schule umgegangen werden soll, integriert. Diese verschiedenen Ansätze unterscheiden sich jedoch nicht nur in ihrem Bezugsfeld, Kognition, Motivation, Selbstwirksamkeit und soziale Entwicklung, sondern auch in ihrer inhärenten Struktur. Von theoretischen Modellen und Ansätzen (vgl. Weiner 1985; Deci/Ryan 1993; Geppert/Kilian 2018; Brandstätter/et al. 22018; Csikszentmihalyi 2002; Pekrun et.al. 2007; Fredrickson 2001; Edlinger/Hascher 2008) über empirische Studien zur Wirkung von Emotionen (vgl. Löffler/Peper 2010; Hänze 2009; Hascher 2009; Kleinginna/Kleinginna 1981; Pekrun et.al. 2002; Becker et.al. 2014; Pekrun 2018), Beiträge zu einzelnen Emotionen (vgl. Wertenbruch/Röttger-Röss- ler 2011; Hascher/Edlinger 2009; Pekrun 2002; Wegner 2013; Brandenberger/Mo- ser 2018; Wellgraf 2014), vornehmlich pädagogische Ansätze (vgl. Peter- mann/Wiederbusch 32016; Petermann/Petermann/Nitkowski 2016; Petermann et.al. 42016), praxisnahe Überlegungen der Einbindung von Emotionen in den Schulalltag (vgl. Astleitner 2000; Gläser-Zikuda/et al. 2005; Hascher 2005; Bieg/Dresel 2018; Hascher/Brandenberger 2018; Reicher/Matischek-Jauk 2018; Sann/ Preiser 32017; Hascher/Hagenauer 2011) bis hin zur theoretischen Sammlung verschiedener Perspektiven von Huber und Krause (2018) wird ein breites Spektrum abgedeckt.
Eine Perspektive tritt jedoch in all diesen Ansätzen nur selten in Erscheinung - die Perspektive der Lehrkräfte. Am 23.11.2020 wird ein Buch mit dem Titel „Emotionen in Schule und Unterricht - Bedingungen und Auswirkungen von Emotionen bei Lehrkräften und Lernenden", herausgegeben von Charlott Rubach und Rebecca Lazarides, erscheinen, welches voraussichtlich einige der hier genannten Themen aufnimmt. Ob dabei auch die Lehrerperspektive integriert wird, bleibt abzuwarten. Bisher gibt es in der Literatur lediglich an einigen Stellen Verweise auf die Meinung von Lehrkräften, die als pauschale Meinung zumindest eines Großteils der Lehrkräfte dargestellt wird. Häufig ist sie impliziter Begleiter von Fragestellungen, selten wird explizit darauf eingegangen, nie wird auf eine konkrete Erhebung dieser Meinung hingewiesen. Ein gutes Beispiel für die vermeintliche Abbildung der Lehrerperspektive findet man bei Astleitner.
„Many teachers believe that emotional goals are so long range and intangible that regular classroom time restrictions prohibit the development of desired emotional outcomes. Others think that the emotional education of students is the task of parents or peers and not of teachers who are not educated well enough to be successful in this intimate area of human life.“ (Astleitner 2000, S. 171)
Weder wird in den beiden Sätzen gesagt, wie viele Lehrkräfte so denken, noch wird gesagt, wann und wo diese Bedenken geäußert wurden. Es wird stattdessen ein logisch erscheinender Einwand seitens der Lehrkräfte konstruiert und dieser als pauschale Meinung eingesetzt. Dabei kann die Erhebung eben jener Gedanken von Lehrkräften in diesem Zusammenhang nicht nur interessant, sondern auch fundamental für die weitere Forschung sein, da sich die theoretischen Ergebnisse direkt auf die Praxis der Lehrkräfte beziehen. An diesem Punkt setzt diese Arbeit an. Es wird eine Erhebung der Perspektive der Lehrkräfte durchgeführt, um durch das entstehende Theorie-Praxis-Verhältnis mögliche Handlungsoptionen für die Praxis von Lehrkräften erarbeiten zu können. Dabei soll überprüft werden, welche praktischen Probleme und Schwierigkeiten in der Theorie bearbeitet werden und welche Herausforderungen sich in der Praxis ergeben. Ebenso sollen die in der Praxis vorherrschenden Wahrnehmungen und Handlungen auf Grundlage der Theorie reflektiert und um mögliche Handlungsoptionen ergänzt werden.
6 Begründung des methodischen Vorgehens
Im folgenden Kapitel wird die durchgeführte Methode zur Erhebung der Lehrerperspektive auf Emotionen in Unterricht und Schulalltag erläutert. Bei jener Erhebung müssen einige Aspekte berücksichtigt werden. Da sich die Fragen weder auf eine bestimmte Emotion noch auf eine bestimmte Schulform oder einen bestimmten Aspekt von Emotionen im Schulkontext beziehen, sondern die Gesamtheit dieses Themas betrachtet wird, muss eine möglichst offene Erhebungsform gewählt werden. Zusätzlich kommt hinzu, dass es sich bei den Ergebnissen nicht um Fakten handelt, sondern um Erfahrungen, Meinungen und Perspektiven. Unter diesen Umständen kann nur eine qualitative Forschungsform herangezogen werden. Es bietet sich daher an, ein Leitfadeninterview als Methode zur Datenerhebung und die qualitative Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode zu wählen. Um eine in den Daten begründete Theorie aus diesen Methoden herausziehen zu können, werden vereinzelt Aspekte der Grounded Theory zugrunde gelegt. Ziel der Grounded Theory ist es nicht, die einzelnen Perspektiven der Lehrkräfte zu betrachten, sondern durch eine qualitativ-datenbasierte Auswertung auf eine Theorie zu schließen, die die gesamte Erhebung einschließt (vgl. 4Kuckartz 2018, S. 79-82).
Jede wissenschaftliche Arbeit muss sich bestimmten Gütekriterien stellen. Für die qualitative Forschung müssen jedoch die klassischen Gütekriterien der quantitativen Forschung - Reliabilität, Validität und Objektivität - überdacht werden. Flick zweifelt sogar „angesichts der Diversifizierung qualitativer Forschung und angesichts dessen, dass sie im Wesentlichen vom Verzicht auf Standardisierung von Vorgehensweisen geprägt ist und lebt“ (Flick 2014, S. 422) an der Sinnhaftigkeit feststehender Kriterien für die qualitative Forschung. Er nennt hingegen Ansprüche, denen die qualitative Forschung gerecht werden müsse, um anerkannt zu werden - eine begründete Wahl der Methode, Explizität des konkreten Vorgehens, Nennung elementarer Ziel- und Qualitätsansprüche und Transparenz in den Vorgehensweisen (vgl. Flick 2014, S. 422). Um diesen Ansprüchen zu genügen, werden im Folgenden die Methoden begründet und die Arbeitsschritte konkretisiert. Ziel- und Qualitätsansprüche sind der Forschungsfrage und der Form der Arbeit bereits inhärent und die Transparenz des Vorgehens ergibt sich aus der ausführlichen Beschreibung der Durchführung. Im Folgenden werden daher die Schritte der Planung, Durchführung und Auswertung dargelegt.
6.1 Offenes Leitfadeninterview
Um die Perspektive der verschiedenen Lehrkräfte zu erheben, wurden offene teilstandardisierte Leitfadeninterviews durchgeführt. Diese boten ausreichend Spielraum, um auf die Erfahrungen der Lehrkräfte einzugehen und einzelne Aspekte zu vertiefen. Damit der gedankliche Rahmen der verschiedenen Interviews nicht erheblich abweicht und somit eine Vergleichbarkeit gefährdet sein könnte, wurde ein Leitfaden zugrunde gelegt, dessen Struktur jedem Interview als Orientierung diente. Dieser Leitfaden enthielt zwar ausformulierte Fragen, auf die zurückgegriffen werden konnte, die jedoch in erster Linie als Orientierung dienten. Es wurde durch dieses Vorgehen gewährleistet, dass der Interviewer die Möglichkeit behielt, Nachfragen oder Konkretisierungsfragen zu stellen oder auf Fragen der Interviewten einzugehen, ohne die gedankliche Tiefe einzuschränken oder die grundsätzliche Richtung des Leitfadens zu verlassen. In ihrer Konzeption ähnelten die Interviews den biographischen Interviews, da die Interviewten aus ihrem Erfahrungsschatz frei erzählen konnten, jedoch mit dem Fokus auf das Thema Emotionen in Unterricht und Schulalltag (vgl. Helfferich 42011, S. 178-180; Hopf 12201 7, S. 351357). Aufgrund dieses narrativen Charakters der Interviews wurde ein Querschnittsdesign gewählt.
[...]
1 Um den Lesefluss zu erleichtern, wird in dieser Arbeit die Abkürzung SuS für Schülerinnen und Schüler verwendet.
2 Um den Lesefluss zu erleichtern, werden in dieser Arbeit die Begriffe „Lehrer-SchülerBeziehung“ und „Lehrer-Schüler-Interaktion“ verwendet, unter denen auch die Beziehun
3 gen und Interaktionen zu Schülerinnen gefasst werden.
4 Um den Lesefluss zu erleichtern, wird in dieser Arbeit der Begriff „schülerzentriert“ verwendet, unter dem auch die Zentrierung auf Schülerinnen gefasst wird.
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