Deutsche und tschechische Partikeln
1. Wesen der Partikeln
Als Partikeln werden sowohl im Deutschen als auch im Tschechischen unflektierbare Wörter bezeichnet, die nicht satzgliedfähig sind und infolge dessen nicht im Satz frei verschiebbar. Ihr semantischer Gehalt ist manchmal sehr gering, auf der kommunikativen Ebene drücken sie oft feine Nuancen aus. Die deutschen und die tschechischen Partikeln sind jedoch nicht identisch, die tschechischen Partikeln entsprechen am meisten den deutschen nicht, bzw. nicht ganz.
2. Deutsche Partikeln
Die deutsche Sprache ist im Verhältnis zu anderen Sprachen besonders partikelreich. Dieser Umstand führt zu Schwierigkeiten bei der Übersetzung der deutschen Partikeln, weil diese zumeist keine direkten Äquivalente in anderen Sprachen haben.
Die Klasse der deutschen Partikeln ist nicht zu umfangreich, sie werden aber häufig verwendet. Die Partikeln enthalten oft eine wichtige kommunikative Information, die semantisch nicht oder nur kompliziert ausgedrückt werden kann; der Wahrheitswert der Sätze wird dabei durch Auftauchen der Partikeln nicht verändert. Sie haben keine syntaktische Funktion, können keine selbständigen Satzglieder, sondern nur Teile von Satzgliedern sein. Sie nehmen nicht allein (ohne Bezugsglied) die erste Stelle im Satz ein. Partikeln fungieren nicht als selbständige Antworten auf Ergänzungsfragen (Einen Spezialfall bilden aber die Antwortpartikeln).
Je nach ihrer Funktion im Satz werden die deutschen Partikeln in 6 Klassen geteilt (vgl. Helbig 1994, 31):
1) Abtönungspartikeln
2) Gradpartikeln
3) Steigerungspartikeln
4) Antwortpartikeln
5) Negationspartikel
6) Infinitivpartikel
2. 1. Abtönungspartikeln
Die Abtönungspartikeln beziehen sich nicht auf einzelne Satzglieder, sondern auf das Prädikat und somit auf den ganzen Satz. Sie haben keine spezifische semantische Bedeutung, es überwiegt die kommunikative Funktion - sie drücken Einstellungen des Sprechers zur Präsupposition aus. Sie können in der Regel nicht die Thema-Position im Satz einnehmen. Unter die Abtönungspartikeln gehören z. B.: aber, auch, bloß, doch, eben, halt, ja, wohl, mal, nur, schon, etwa, einfach, u. a..
2. 2. Gradpartikeln
Die Gradpartikeln beziehen sich immer auf eine Konstituente des Satzes, die auf diese Weise markiert wird und der Satz dadurch quantifizierend (gerade, genau, eben) bzw. skalierend (sogar, selbst, nicht einmal) interpretiert werden kann. Die Gradpartikel steht in der Regel vor der Satzkonstituente, der sie syntaktisch zugeordnet sind, prinzipiell ist aber auch die Nach- und Distanzstellung möglich. Dabei trägt diese Bezugskonstituente den Hauptakzent. Bei den Gradpartikeln können wir auch unter einer exklusiven und inklusiven Funktion unterscheiden, je nach dem, ob sie zum Ausschließen (nur, bloß, erst, eben) anderer Werte aus dem Satz dienen, oder umgekehrt zu ihrem Einschließen (auch, sogar, noch, selbst).
2. 3. Steigerungspartikeln
Bezugswörter der Steigerungspartikeln sind meistens Adjektive (nur selten Verben); es wird der Grad der durch die Adjektive ausgedrückten Eigenschaften bezeichnet - entweder wird er verstärkt oder abgeschwächt, demnächst unterscheiden wir sog. Intensifikatoren (sehr, weit, weitaus, so, völlig, direkt) und De-Intensifikatoren (ziemlich, fast, etwas). Das Auftreten der Steigerungspartikeln ist von dem Steigerungsgrad abhängig, dabei stehen sie immer vor ihrem Bezugswort.
2. 4. Antwortpartikeln
Für die Antwortpartikeln ist charakteristisch, daß sie außerhalb des Satzverbandes, isoliert stehen, sie drücken entweder Antwort auf eine Entscheidungsfrage aus (ja, nein, doch), oder fungieren nur als Bestätigungs-, Verstärkungs- oder Einschränkunssignale, die als Replik auf vorangegangene Aussagesätze verwendet werden (genau, eben, schon).
2. 5. Negationspartikel
In diese Gruppe gehört die Negationspartikel nicht, die entweder den ganzen Satz negieren kann (Satznegation), oder nur ein einzelnes Glied (Sondernegation). Sie ist auch die einzige Partikel, die den Wahrheitswert des Satzes verändert.
2. 6. Infinitivpartikel
Die Infinitivpartikel zu ist semantisch leer und hat eine rein syntaktische Funktion.
3. Tschechische Partikeln
Als Partikeln (cástice) werden im Tschechischen unflektierbare Wörter verstanden, die nicht als Grundkomponenten des Satzbaus fungieren können und die die Beziehung des Sprechers zu dem Sachverhalt der Mitteilung, zum Rezipient, usw. ausdrücken. Die Klasse der tschechischen Partikeln bilden einerseits „besondere Wörter“ (at, kéž, ano, ne, ...), andererseits funktionell und semantisch verschobene Ausdrücke anderer Wortarten - Partikeln können also aus Adverbien entstehen (vážne, zrejme, patrne), aus Konjunktionen (i ani, také, však, zdali, aby,že), aus Pronomina (to, ono, což), und sogar auch aus Verben (tuším, prosím, járku, necht) (vgl. Petr I. 1986, 515).
Die Zahl der tschechischen Partikeln nähert sich der Zahl der deutschen Partikeln, verwendet werden sie aber viel seltener.
Auch im Tschechischen läßt sich die Klasse der Partikeln weiter differenzieren: Modalpartikeln (modální cástice), Steigerungspartikeln (intenzifikacní cástice), Fokuspartikeln (vytýkací cástice), Modifikationspartikeln (modifikacní cástice), Negationspartikeln (negacní cástice) und Optativpartikeln (prací cástice) (vgl. Prírucní mluvnice ceštiny 1995, 359 ff).
3. 1. Modalpartikeln (modální cástice)
Tschechische Modalpartikeln geben den Wahrscheinlichkeitsgrad einer Ausage an, sie können als epistemische Kommentare der Satzinhalte beschrieben werden, sie haben einen ähnlichen Effekt wie subjektiv verwendete Modalverben, bzw. Futurum. Sie erscheinen gewöhnlich in Aussagesätzen (On asi / snad / nejspíš/ možná/ pravdepodobne pujde s námi), bzw. in Entscheidungsfragen (Máš snad strach?).
3. 2. Steigerungspartikeln (intenzifikacní cástice)
Die Steigerungspartikeln spezifizieren die Intensität einer Eigenschaft (Cítil se velmi starý.) - mithilfe velmi, velice, hodne, zcela, mnohem; strašne, pekne, usw. kann sie verstärkt werden; durch Verwenden von trochu, ponekud, celkem, u. a. kann sie gemildert werden. Manche Steigerungspartikeln verstärken bzw. mildern die Intensität je nach dem semantischen Inhalt des Bezugswortes. Mit der Negationspartikel ne kann man die Steigerungspartikeln nur selten kombinieren (ne zcela uprímný), die Negation wird eher an das Verb gebunden (Ne byl tím príliš nadšený.)
Bestimmen die Steigerungspartikeln ein Adjektiv bzw. Adverb, werden sie immer vorgestellt; in Verbindung mit einem Verb können sie jedoch vor oder nachgestellt werden.
3. 3. Fokuspartikeln (vytýkací cástice)
Fokuspartikeln akzentuieren ein Satzglied (práve, prímo, zrovna, predevším, prinejmenším, jen, u.a.), in Verbindung mit ihrem Bezugswort implizieren sie die Presuposition.
Mittels Fokuspartikeln kann die Gültigkeit einer Aussage begrenzt (restriktive Fokuspartikeln: jen, pouze, výhradne, toliko, usw.) oder erweitert (aditive Fokuspartikeln: také, i též, rovnež, u.a.) werden.
Die Fokuspartikeln sind Bestandteile ihrer Bezugswörter, nur mit ihnen können sie im Satz verschoben werden.
3. 4. Modifikationspartikeln (modifikacní cástice)
Diese Klasse von Partikeln bilden spezifisch für die gesprochene Sprache verwendete Ausdrücke, die primär anderen Wortarten angehören (ale, copak, jen, klidne, pekne, proste, snad, tedy, však, zrovna, usw.).
Sie verbinden gemeinsame prosodische, semant ische, syntaktische und pragmatische Züge. Auf ihre Weise kommentieren sie den Aussageinhalt, im Vergleich zu den Modalpartikeln tragen sie aber diesen Kommentar nicht implizit mit, dieser ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel der Bedeutung der Partikel, des Kontextes, des Satzinhaltes und anderer Faktoren.
3. 5. Antwortpartikeln (odpovedové cástice)
Mittels Antwortpartikeln können die Entscheidungsfragen bejaht bzw. verneint werden (ano, ne, jo, ba, baže, u.a.). Weil ihr Inhalt dem Inhalt des Satzes entspricht, werden sie als Satzäquivalente verstanden. Als Antworten auf Entscheidungsfragen erscheinen auch Satzmodalpartikeln (vetné modální cástice), die mit den Partikeln ano / ne kombinierbar sind (ovšemže ano / ne, urcite ano / ne). In der Regel signalisieren sie entschiedene Bejahung bzw. Zurückweisung.
3. 6. Negationspartikeln (negacní cástice)
Im Tschechichen gibt es eine Sonderform für die Sondernegation, neben der Partikel ne taucht noch nikoli(v) auf (Zaujalo ji ne / nikoli jeho postavení, ale jeho šarm.).
(Soll die ganze Aussage negiert werden, wird Präfix ne- verwendet, dabei ist Kombination mit anderen Negationsausdrücken nicht ausgeschlossen.)
3. 7. Optativpartikeln (prací cástice)
Optativpartikeln nehmen Teil an dem Wunschausdruck eines Wunschsatzes. Sie nehmen immer die Erststellung im Satz ein (Kéž by prišel! At už prijde! Kdyby tak prišel!).
4. Zusammenfassung
Die Problematik der Übersetzung der Partikeln ist deswegen so kompliziert, weil die Partikeln in beiden Sprachen verschiedene kommunikativ-pragmatische Funktionen erfüllen und weil sich ihre Wirkungsfelder nur teilweise oder gar nicht decken. Deswegen können die Partikeln nicht automatisch aus einer Sprache in eine andere übersetzt werden. Die Verwendung einzelner Partikeln hängt immer von dem Kontext und gleichzeitig auch von dem Sprecher bzw. Übersetzer ab.
5. Literaturverzeichnis
Drosdowski, Günther (Hrsg.): Duden. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache (1995). Mannheim.
Havránek, B. / Jedlicka, A. (2000): Strucná mluvnice ceská. Praha.
Helbig, G. (1994): Lexikon deutscher Partikeln. Leipzig / Berlin / München. Helbig, G. / Buscha, J (1998): Deutsche Grammatik. Leipzig.
Hentschel, E. / Weydt, H (1994): Handbuch der deutschen Grammatik. Berlin / New York Petr, J. & kol. (1986): Mluvnice ceštiny. Praha.
Prírucní mluvnice ceštiny (1995). Karlík, P. / Nekula, M. / Rusínová, Z.. Praha.
- Arbeit zitieren
- Veronika Harmathová (Autor:in), 2001, Deutsche und tschechische Partikeln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102138
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