Die heilige Johanna der Schlachthöfe von Bertold Brecht
Die heilige Johanna der Schlachthöfe wurde 1929/30 von Bertold Brecht in Berlin geschrieben. Das am 30.04.1959 am Deutschen Schauspielhaus uraufgeführte Drama schildert den Kapitalismus um den Schwarzen Börsen-Freitag im Jahre 1929.
Mauler, einer der zwei größten Fleischkönige Chicagos, erhält einen Insider-Tipp von Börsenfreunden aus New York, sich so schnell es möglich ist von seinem Geschäft zu trennen. Mauler verkauft sein Geschäft an Cridle, einen Geschäftspartner, unter der Bedingung, dass Lennox, der zweite große Fleischkönig Chicagos, vorher bankrott ist.
Aufgrund der Überproduktion der Fleischwaren und Maulers Dumping-Preisen, machen alle Schlachthöfe Chicagos zu und es entstehen 50.000 Arbeitslose. Die Schwarzen Strohhüte, eine Heilsarmee, die den Armen hilft, unter Leutnant Johanna Dark versuchen die Arbeitslosen auf den Schlachthöfen zu ermuntern. Da aber Johanna bald merkt, dass die Leute, sobald es nichts mehr zuessen gibt, ihn nicht mehr zuhören, versucht sie Mauler zu überzeugen, seine Höfe wieder zu öffnen. Mauler aber ist der Meinung, dass die Leute selbst Schuld sind und dies vor allem durch ihre Schlechtigkeit, Johann aber sieht ihrer Armut als das Problem der Schlechtigkeit. Mauler, der vorher mit den Packherren ein Abkommen abgeschlossen hatte, dass diese bei Fleischlieferung Büchsenfleisch für einen Preis von 55 an ihn verkaufen, scheint von Johannas Perspektive des Arbeiter-Problems überzeugt und verspricht ihr die Höfe zu öffnen. Da aber Mauler das ganze Vieh vom Markt hält, ist es noch unwahrscheinlich, dass die Höfe öffnen. Die Schwarzen Strohhüte erscheinen daraufhin und der Viehbörse und Johanna erzählt den Brokern von der Schlechtigkeit der Armen. Es entsteht daraufhin ein Kontakt zwischen den Händlern der Viehbörse und den Schwarzen Strohhüten. Beim nächsten Treffen dieser beiden Gruppen wollen die Händler den Schwarzen Strohhüten finanziell aushelfen, Johanna jedoch sieht das nicht ein und wirft sie aus dem Domizil der Schwarzen Strohhüte, welches nicht mehr für die Schwarzen Strohhüte bezahlbar ist. Daraufhin wird sie ebenfalls aus der Heilsarmee geworfen und lebt fortan 8 Tage mit den Arbeitslosen auf den Schlachthöfen, bis sie sich entschließt Mauler zu besuchen.
Als Mauler Johann sieht, erkennt er, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Als sie auch noch eine freche Frage stellt, versucht Mauler die Unentbehrlichkeit des Kapitalismus und der Religion zu erklären. Zuerst fragt er sie, warum sie das Geld nicht mag und warum sie so verändert aussieht, wenn sie keines hat.[S.83 ,,Warum bist du gegen Geld? Und siehst | Wenn du keins hast, so sehr verändert aus?]
Damit möchte er ihr seinen Grundgedanken deutlich machen, Geld würde jeden verändern, auch den, der es nicht hat oder mag. Dann versucht er sie zum Denken zu inspirieren, aber nicht, dass sie das Geld subjektiv betrachtet, sondern so, wie es tatsächlich in der Welt wäre, das Geld öffne eben Türen, helfe weiter und sei ein mittel zum Zweck, ohne das es manchmal auch gehe, aber nicht immer. Das Problem liege nicht am Geld, sondern an den Menschen, die das Geld und seine Funktion missbrauchen. Seiner Meinung nach ist auch jeder Mensch käuflich, es hängt ab, wann der Mensch dem Geld verfällt und in welcher Situation er sich befindet.[S.83 ,,Eben wahr, dass alles schwankend ist und preisgegeben | Dem Zufall beinah"]
Der einzelne Mensch wäre vielleicht gut, aber gucke man sich das ganze System an, die ganze Gesellschaft, wäre es schnell deutlich, dass Geld die Gesellschaft regiere. Es gäbe im Verlaufe der Jahrhunderte verschiedene Herrschaftssysteme und alle wären sie dem Geld verfallen oder danach geeifert.[S.83 ,,...: dieser Aufbau! | Seit Menschengedenken errichtet, wenn auch immer | aufs neu | Weil immer verfallend, doch ungeheuer..."]
Ein Gleichgewicht herzustellen sei fast unmöglich, denn immer gäbe es Leute, die unten stünden und dann ihre Gegenspieler, die oben seien. Somit gäbe es auch immer einen Klassenunterschied, welches ein Gleichgewicht unmöglich mache.[S.83-84 ,,... wenn auch | Opfer fordernd | Sehr schwierig herzustellen immerfort und mit |Gestöhn | Immerfort hergestellt..." ,,...von den Besten Verteidigt."]
Der Mensch sei egoistisch und würde immer das Beste für sich. Er interpretiere Sachen für sich gut, d.h. er versuche sich die Welt subjektiv gut zu machen. Steht in der Bibel, er solle über Land und Tiere herrschen, verbinde der Mensch damit auch das Recht diese Dinge auszubeuten.[S.84 ,,...Abpressend der Ungunst des Planeten das Mögliche..."]
Der einzelne sei nur eine Schraube im ganzen System, d.h. falle einer aus, würde er einfach ersetzt werden. Manche hätten eben Glück und seinen eine Schraube auf einer wichtigen Verbindungsstelle und könnten sich das zunutze machen, andere aber seinen einen von den Millionen einheitlichen Schrauben, mit Systemstützender Funktion, jedoch ohne großer Bedeutung, und halten das ganze System am Laufen.
Wenn Mauler sich verabschieden würde, seinen gleich 30 neue an seiner Stelle die das gleiche machen würden und nur ihren Profit im Kopf hätten.[S.84 ,,Ich würd | Ein Nichts im selben Augenblick und über mich weg | ging´s weiter"]
Klar wäre es möglich ein neues System aufzubauen, jedoch wie solle dies aussehen und wer verspricht nicht nach oben zu wollen, sondern einfach einer von allen zu bleiben? Um etwas Neues zu schaffen bräuchte man eine Revolution, bei der einen totale Umkremplung der Gesellschaft und des Bewusstseins des Menschen stattfinden müsste.[S.84 ,,Denn sonst müsst alles umgestürzt werden von | Grund aus | Und verändert der Bauplan von Grund aus nach | ganz anderer | Unerhörter neuer Einschätzung des Menschen]
Wie sollte das aber gehen, denn der Mensch sei egoistisch und Gott versuche ihm zu helfen, da aber bei einer Revolution alles perfekt wäre, alle zufrieden, wer würde noch an Gott glauben, wer würde diesen brauchen, oder was wäre ein Grund sich an Gott zu wenden?[S.84 ,,... denn dies geschähe ohne uns und Gott, | der | Abgeschafft würd, weil ganz ohne Amt."]
Daher sei die Aufgabe der Religion, die Arbeiter des Kapitalismus zu beschwichtigen und durch den Trost, in der Religion, das Kapitalistische System zu stützen.[S.84 ,,Darum | müsst ihr | Mitmachen, und wenn ihr schon nicht opfert, was | Wir auch nicht von euch wollen, so doch gutheißen | die Opfer."]
Wenn man etwas mache, solle man es richtig machen und vor allem mit klarem Ziel, dann führe es auch zum Erfolg.[S.85 ,,Nimm, was du bekommst, aber wisse wofür..."]
In seiner Rede versucht Mauler Johanna die Abhängigkeit der Religion von dem Kapitalismus, und umgekehrt, aufzuzeigen.
- Citation du texte
- Dario Guljas (Auteur), 2001, Brecht, Bertolt - Die Heilige Johanna der Schlachthöfe - Interpretation zu Bild 8, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101843