Geschäftsmodelle für Finanzdienstleistungen
1 Fokus der Arbeit
Diese Arbeit behandelt Geschäftsmodelle von Finanzdienstleistungen. Es wird der Schritt von Modellen der traditionellen Wirtschaft zu denen im Internet vollzogen. Hierzu werden Internet-Geschäftsmodelle im allgemeinen klassifiziert und nach einer Momentaufnahme der Anwendung des Internet seitens der Finanzdienst- leister spezialisiert. Folgend werden die Besonderheiten der Finanzdienst- leistungen im Hinblick auf die Tauglichkeit des Vertriebs im Internet betrachtet. Der Erfolg eines Geschäftsmodells lässt sich aus dem Erreichen der Ziel- vorstellungen anhand von entwickelten Bewertungskriterien abschätzen.
2 Begriffliche Grundlagen und begriffliche Abgrenzung
2.1 Begriff und Typen von Finanzdienstleistungen
Finanzdienstleistungen sind rechtlich bindende, gegenseitige Zahlungsversprechen zwischen einem oder mehreren Anbietern und einem Nachfrager.1 Traditionell gibt es drei Finanzdienstleistungsanbieter: Banken bieten originär Produkte und Dienstleistungen betreffend Zahlungsverkehr, Geldanlage und Kreditwesen an. Versicherungen bieten Dienstleistungen zur Absicherung von Risiken und spezielle Geldanlageformen an. Vorwiegend in den Vereinigten Staaten sind Investmenthäuser getrennt von Banken und Versicherungen entstanden, die reine Geldanlageformen anbieten.2
Zur Erweiterung des Angebotes und zur Verbesserung der Kundenbindung bieten die traditionellen Dienstleister Allfinanzprodukte an. Ein Allfinanzkonzept ist gegeben, wenn im Rahmen einer vertraglichen und/oder einer kapitalmäßigen Bindung zwischen mindestens einem Kreditinstitut und einer Versicherungsunternehmung Finanzdienstleistungen beider Unternehmen mit Hilfe gemeinsamer funktionaler Strategien erstellt und vertrieben werden.3
2.2 Geschäftsmodelle im Internet
Die Geschäftsmodelle des Electronic Commerce4 lassen sich in Einstiegsmodelle, Einkaufs- und Verkaufsmodelle, Dienstleistungsmodelle und Kommunikationsmodelle einteilen.5
Einstiegsmodelle, wie die E-Portals, verfolgen das Ziel, Startseite des Benutzers beim Browser zu sein.6 Dazu bieten sie zusammengefasste und aufbereitete Informationen sowie Zusatzdienste an, die möglichst viele Besucher ansprechen sollen. Eine Portalseite wird täglich von mehreren Millionen Internetnutzern aufgesucht und bietet daher eine ideale Werbeplattform.
Bestellungen, Lieferung und Zahlung von Gütern werden über Einkaufs- und Verkaufsmodelle abgewickelt, die als E-Shop, E-Mall, E-Auction und E-Purchasing/E-Procurement bezeichnet werden. In einem E-Shop werden Produkte und Dienstleistungen angeboten und vom Kunden online bestellt. Die Zusammenfassung mehrerer E-Shops auf einer Website wird als E-Mall bezeichnet und stellt ein virtuelles Shoppingzentrum dar. Eine E-Auction unterscheidet sich von einer traditionellen Versteigerung durch eine verlängerte Auktionsdauer und der damit einhergehenden Möglichkeit für die Teilnehmer, ihre Gebote wohlüberlegt zu tätigen. Der Auktionator stellt nur die Plattform zur Verfügung und greift nicht in den Auktionsprozess ein. E-Purchasing oder E- Procurement ist die Online-Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Business-to-Business-Bereich. Dabei können die Unternehmen den Umsatz ihrer meist standardisierten Betriebsmittel in effizientere, elektronisch ausgestaltete Beschaffungsprozesse integrieren, was zur Einsparung hinsichtlich des administrativen Aufwandes führt.
Mit Dienstleistungsmodellen werden überwiegend immaterielle Leistungen über das Internet zur Verfügung gestellt.7 Nach Informationstiefe, Art der Geschäfts- beziehung und Interaktivität lassen sie sich in folgende Kategorien unterteilen: Value Chain Service Provider, Value Chain Integrator, 3rd Party Marketplace, Information Brokerage. Value Chain Service Provider bieten eine aus der Wertschöpfungskette eines Unternehmens isolierte Funktion als Outsourcing- anbieter im Internet an.8 Typischerweise handelt es sich dabei um Leistungen, die sich für die Auslagerung eignen, wie beispielsweise Logistik und Finanzen. Das Geschäftsmodell des 3rd Party Marketplace ist eine weitere Outsourcinglösung.9 Die Ausgestaltung des Internetauftrittes der kleinen und mittleren Unternehmen aber auch die weiteren Leistungen wie Bestellung, Auftragsbearbeitung, Lieferung und Bezahlung übernimmt dabei ein 3rd Party Marketplace Anbieter. Information Brokerage Anbieter befassen sich mit der Aufbereitung von Daten zu nachgefragter Information. Die reine Informationsaufbereitung, nämlich die Suche, Bewertung und Zusammenstellung von Daten, kann durch virtuelle Beratung ergänzt werden. Der Value Chain Integrator schafft durch die Aus- nutzung der Prozessfolge der Wertschöpfungskette einen höheren Kundennutzen und generiert damit einen Mehrwert. Der Kunde und dadurch die Kundenwünsche werden in die Prozesse der Wertschöpfung über das Internet integriert. Damit hat der Kunde die Möglichkeit, direkt am Bildschirm das von ihm gewünschte Produkt entsprechend seiner Bedürfnisse zusammenzustellen.10
Die Kommunikationsmodelle, unterteilt in Collaboration Platforms und Virtual Communities bieten Plattformen für den Austausch von Informationen und zur Unterstützung der Zusammenarbeit an.11 Die Collaboration Platform ist eine virtuelle Umgebung zur Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Markt- teilnehmern durch die Schaffung von günstigen Bedingungen. Dazu werden den überwiegend geschäftlichen Nutzern die spezifischen Werkzeuge, wie beispiels- weise die projektbezogene Organisation der Zusammenarbeit, zur Verfügung gestellt.12 Die Virtual Community ist eine Gemeinschaft von Internetnutzern mit einem oder mehreren gemeinsamen Merkmalen oder Interessen. Die Nutzer werden meist im Status der Mitglieder geführt und kommunizieren über ein bestimmtes, klar definiertes Thema. Eine Virtual Community wird häufig als Zusatzfunktion in anderen Modellen zur Steigerung der Attraktivität für die Besucher eingesetzt.
3 Verbreitung von Finanzdienstleistungen im Internet
Bei der Realisierung von Internet-Angeboten zeigen sich einige Unterschiede zwischen den beiden klassisch getrennten Finanzdienstleistungsbranchen Banken und Versicherungen. Versicherungsgesellschaften stellen ihre eigenen Finanz- produkte auf ihrer Website vor und befinden sich damit auf der ersten Ent- wicklungsstufe der Internet-Nutzung. Banken bieten ihren Kunden bereits an, im Rahmen des Multichannel-Banking einige Transaktionen per Internet zu tätigen und liegen auf der zweiten Nutzungsstufe des Internet. Die Direktbanken bieten zusätzlich zu Informationen und Transaktionen Mehrwertdienste an, beispielsweise Aktuelles aus Politik und Wirtschaft, Realtime-Aktienkurse, Wetterbericht etc. Außerdem wird den Besuchern in einer Community-Rubrik die Möglichkeit gegeben, ihre Informationen auszutauschen bzw. ihre Meinung zu äußern, so dass diese Zusatzdienste die Direktbanken auf der dritten Stufe der Internet-Nutzung erscheinen lassen.13
Direktabschlüsse von beratungsintensiven Finanzdienstleistungen im Internet sehen sich mehreren gesetzlichen und technischen Hürden konfrontiert, die ihre Verbreitung negativ beeinflussen.14 Eines der wichtigsten technischen Probleme bei den Online-Abschlüssen ist die Identifikation der Geschäftspartner, das mit Hilfe der digitalen Signatur gelöst werden soll. Dabei stellt ein Trustcenter als vertrauenswürdige Instanz die Identität von Kunde und Anbieter fest. Bevor für den Privatanwender durch den Trustcenter ein öffentlicher und ein privater Schlüssel errechnet wird, muss er seine Daten erfassen und beglaubigen lassen. Mit dem privaten, geheimen Schlüssel kennzeichnet und signiert der Benutzer die versendeten Dokumente und mit dem beglaubigten öffentlichen Schlüssel überprüft der Empfänger seinerseits empfangene Dokumente.15 Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die digitale Signatur der persönlichen Unterschrift gleichstellt, liegt bereits vor und soll nach der EU-Richtlinie bis Juli 2001 verabschiedet werden.
Seitens des Gesetzgebers, insbesondere nach dem Geldwäschegesetz sind die Banken in Deutschland dazu verpflichtet, Identität und Anschrift des Neukunden innerhalb von vier Wochen zu überprüfen. Die Identifizierung erfolgt bei deutschen Online-Banken nach dem sogenannten Post-Ident-Verfahren, wonach es nötig ist, das Formular bei der Deutschen Post persönlich abzugeben.16
Weitere gesetzliche Barriere für die Verbreitung des Internet-Angebots der Finanzdienstleister stellt der Verbot des Haftungsausschlusses bei OnlineBanking. Nach dem BGH-Urteil vom 12. Dezember 200017 dürfen die Geldinstitute die Haftung für zeitweilige Unterbrechung ihrer Online-Zugänge aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht ausschließen.
4 Geschäftsmodelle für Finanzdienstleistungen im Internet
4.1 Geschäftsmodelltypen bei Finanzdienstleistungen
Die Finanzdienstleistungen sind unstofflich und abstrakt, sie treten im Leistungsverbund auf und sind durch eine Dauerbeziehung mit dem Kunden gekennzeichnet.18 Daher eignen sich nicht alle Internet-Geschäftsmodelle für den Online-Vertrieb von Finanzdienstleistungen. Einige dafür geeignete Modelle mit ihren momentanen Ausprägungen und den zukünftigen Chancen werden nachfolgend vorgestellt.
E-Portal als Einstiegsmodell mit der Finanzierungsmöglichkeit als Werbeplattform bietet eine hohe Kundenbindung über private Bereiche (z.B. Postfach, Gratis-Homepage, Chat-Rooms) und hat in Verbindung mit einem personalisierten Werbeangebot vielfältige Marketingchancen. Die Vielfalt von möglichen Informationsgehalten einer Portalseite zieht unwahrscheinlich viele Besucher an und bietet den Finanzdienstleistern die Möglichkeit ihre Produktinformationen auf einer überdurchschnittlich frequentierten Seite zu platzieren. Daher sind Finanzportale als Erweiterung des Webauftritts aber auch als Vernetzung von verschiedenen Partnern unter den Finanzdienstleistern denkbar und z.T. auch schon realisiert.
Im Bereich der Finanzdienstleistungen übernehmen die Value Chain Service Provider hauptsächlich die Funktionen des Geldtransports und der Geldver- wahrung (Kontoführung, Überweisungen etc.) und Abwicklung bestimmter Geschäfte (Wertpapierhandel, Bonitätsprüfung). Die Implementierung des Internet in die Vertriebskonzeption des Value Chain Service Provider hat unter den Finanzdienstleistern, in dem Fall Kreditinstituten, Brokern, Emissions- häusern, zu unterschiedlichen Differenzierungen im Marktauftritt geführt. Zwischen den beiden Extrempositionen Filialbanken und Direktbanken existiert eine Vielzahl der Anbieter, die das bereits vorhandene Filialnetz um die Möglichkeit des Homebankings erweitern.19 Wie auch Online-Brokerage bietet Online-Banking dem Kunden die Option, ohne zeitliche und räumliche Schranken die gewünschten Konto- und Depotinformationen abzurufen und Transaktionen zu tätigen. Der Vorteil der Direktkunden gegenüber den Filialkunden liegt nicht nur in der unbegrenzten Erreichbarkeit des Internet, sondern auch in der erhöhten Transaktionsgeschwindigkeit und einer spürbaren Kostenersparnis. Das Problem der Authentifizierung wird mit dem bekannten Verfahren PIN und TAN20 gelöst, wobei davon auszugehen ist, dass diese durch die zeitgemäßeren Erkennungs- formen, wie beispielsweise die der digitalen Signatur, ersetzt werden.
Value Chain Integrators lassen den Kunden aktiv übers Internet in die Wertschöpfungskette eingreifen, um dadurch nur die den Kundenwünschen entsprechende Produkte zu erzeugen und zu vertreiben. Unter den Finanz- produkten sind es vor allem die Versicherungs- und Bausparleistungen, sowie Finanzierungsvorhaben und sonstige Bankprodukte wie z.B. Spar- und Termin- einlagen, die nur unter aktiver Mitgestaltung des Kunden entstehen können. Diese Finanzdienstleistungen entstehen in einem Beratungsprozess in drei Schritten, wie die folgende Abbildung zeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entstehung der Finanzdienstleistung in einem Beratungsprozess
Kunden setzen einer Beratung das Vertrauen dem Berater gegenüber und die Sicherheit und Zuverlässigkeit in bezug auf die ausgetauschten Informationen voraus. Diese Voraussetzungen kann eine virtuelle Online-Beratung nur mit Hilfe bestimmter Qualitätsmerkmale erfüllen.
1. Aktualität: Die Veränderungen der Daten kann einmalig von einer zentralen Stelle erfolgen, die Informationen sind für alle Kunden gleichermaßen up to date erhältlich.
2. Die räumliche, zeitliche und technische Flexibilität ist sehr hoch, solange dem Kundenbedarf durch die Website entsprochen werden kann. Zusätzliche Fragen können per E-Mail und/oder in einer FAQ-Rubrik beantwortet werden.
3. Sachverstand des Beraters: Durch die hypermediale Oberfläche können die wesentlichen Informationen kurz dargestellt werden und Hyperlinks auf detaillierte Informationen verweisen.
4. Zuverlässigkeit: Die Angaben müssen richtig und vollständig sein und die zugesicherten Leistungen ausgeführt werden. Probleme bei Anwenderfehlern können dabei nicht ausgeschlossen werden.
5. Diskretion: Der unberechtigte Dritte darf keine Informationen über die Gesprächsinhalte erhalten können.
6. Kommunikation: Im Internet muss eine klare, höfliche Sprache gewählt werden, da Gestik und Mimik weitgehend ausgeschlossen sind. Einerseits ist es für den Kunden von Vorteil, weil die Verkaufsbeeinflussung eingeschränkt werden kann, auf der anderen Seite kann das ein Nachteil sein, weil Verständnisschwierigkeiten auftreten können.
7. Glaubwürdigkeit: Die Verkaufsinformationen im Internet können und sollen jederzeit von unabhängigen Verbraucherorganisationen überprüft werden.
8. Individualität: Der Kunde wünscht maßgeschneiderte Lösungen entsprechend seinen individuellen Bedürfnissen. Die individuellen Fragen müssen deshalb per E-Mail oder Chat beantwortet werden. Mündlich kann eine Frage allerdings schneller gestellt und in einem Gespräch gegebenenfalls präzisiert werden.
9. Umfeld: Bei einer Internetberatung sind es die gewohnten häuslichen Räumlichkeiten, die Darstellung von Corporate Design ist allein auf den Bildschirm beschränkt.
Die drei Phasen eines Beratungsprozesses müssen hinsichtlich dieser Qualitätsmerkmale untersucht und beurteilt werden. Allerdings kann bei einer Online-Beratung nicht sichergestellt werden, ob der Kunde die Inhalte, die ein Finanzprodukt betreffen, auch tatsächlich verstanden hat. Daher sind die in ihrer Darstellung weniger komplexe Finanzprodukte für den Internetvertrieb besser geeignet.21
Im Internet könnte der Versicherungskunde eine Anfrage starten und eine Kalkulation des zu zahlenden Tarifs zusammen mit den Leistungen der Gesellschaft anfordern. In einem weiteren Schritt könnte er das Antragsformular online ausfüllen und an den Anbieter übermitteln, identifiziert mit seiner digitalen Signatur. Da die angebotene Tarifberechnung nicht nur von Kunden, sondern auch von Wettbewerbern genutzt werden kann, steigt auf dem Online- Versicherungsmarkt die Markttransparenz und damit der Wettbewerbsdruck.22
Die virtuellen Immobilienmakler stellen verschiedene Softwaretools bereit, um den potentiellen Kunden eine Finanzierungsberechnung zu ermöglichen. Diese Kalkulationen können direkt auf der Homepage platziert werden und erstellen zuverlässige Tilgungs- und Annuitätspläne.23 Idealerweise soll auch das Finanzierungsvorhaben online abgeschlossen werden können, was jedoch daran scheitert, dass der Darlehensgeber sehr spezielle Angaben und Unterlagen des Kunden für die Geschäftsabwicklung benötigt.
Vom besonderen Interesse gerade im Hinblick auf die Markttransparenz, die im Internet erreicht wird, sind die Geschäftsmodelle der 3rd Party Marketplace Anbieter, die sämtliche Funktionen der Abwicklung einer Finanzdienstleistung übernehmen können. Der Marktauftritt gegenüber dem Kunden erfolgt durch den 3rd Party Marketplace Anbieter, der wiederum keine eigenen Lösungen, sondern die seiner Partner (Versicherungen, Banken, Investmentgesellschaften etc.) auf eigenen Seiten präsentiert.24 Lediglich aus dem auf das Kundenproblem gerichteten Finanzdienstleistungsangebot ist der Originalanbieter noch ersichtlich. Der zusätzliche Kundennutzen wird bei diesem Geschäftsmodell dadurch generiert, dass der Kunde aus einer Hand und im Idealfall absolut unabhängig die Angebote unterschiedlicher Anbieter zu einem Produkt einholen und gegeneinander vergleichen kann. Die Leistung und Marktmacht eines 3rd Party Marketplace Anbieters schlägt sich hauptsächlich in zwei Dimensionen nieder: zum einen in der angebotene Vielfalt der Finanzdienstleistungen und zum anderen in der Anzahl und Qualität der vertretenen Anbieter.
4.2 Bewertungskriterien
Zur Wertung der finanzdienstleistungsrelevanten Geschäftsmodelle ist fest- zulegen, nach welcher Systematik bewertet wird. Hierzu können unterschiedliche Ansätze zum Einsatz gelangen. Eine Wertung kann beispielsweise durch Über- prüfen des Erreichens der Ziele des Dienstleistungsunternehmens beschrieben werden.
Ziele von gewinnorientierten Unternehmen werden in der folgenden Tabelle nach Zielartkategorien dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Zielarten, Kennzahlen und Kriterien nach Basiskategorien 25
Der Einsatz der Mittel zum Erreichen der Unternehmensziele soll im folgenden anhand von geeigneten Bewertungskriterien beurteilt werden. Als Dimensionen von Bewertungskriterien können unterschieden werden26:
- beteiligte Personen und Rollenverteilung
- Erlösquellen des Geschäftsmodells
- unterstützte Phasen der Interaktion
- Aspekte der marketingorientierten Umsetzung
Geschäftsmodelle geben den äußeren Rahmen der beteiligten Personen, der Transaktionen und deren Rollenverteilung vor. Es lassen sich unspezifisch die folgenden Gruppen unterscheiden:
Der Anbieter von Dienstleistungen informiert über die eigenen Fähigkeiten27 und Leistungen28 und sucht Informationen29 bezüglich des externen Faktors. Der Nachfrager als Transaktionspartner bietet konkrete individuelle Informationen des externen Faktors an und ist - auf der Suche nach dem eigenen höchsten Nutzen - auf die transparente Darstellung der Dienstleistungsanbieter angewiesen.
Häufig können Anbieter und Nachfrager ihren Informationsbedarf wegen der Komplexität der Leistungen und einer hohen Marktintransparenz nicht hin- reichend decken.30 Als Sammler von Information und zum gegenseitigen effizienten Austausch befriedigt der Vermittler die Bedürfnisse beider. Die beteiligten Personen können sich in ihren Rollen aktiv und unterstützend am Handel teilnehmend oder passiv und abwartend verhalten. Im Rahmen des Geschäftsmodells 3rd Party Marketplace nimmt der Anbieter eine aktive Rolle ein, wenn er Angebote ausschreibt, eine passive Rolle, wenn er auf Nachfrager wartet. Dem Vermittler kommt im Bereich der Informationsverteilung eine unterstützende Rolle zu, da er selbst nicht in den Verkaufsprozess eingreift, sondern nur Informationen bereitstellt. Als Bewertungskriterium kann das Ver- halten der Marktteilnehmer herangezogen werden.
Erlösquellen sind integraler Bestandteil eines Geschäftsmodells im E-Commerce.31 Sie bestimmen die direkten Einkünfte eines Unternehmens und bilden die Basis der Wirtschaftlichkeit eines Geschäftsmodells. Im Internet lassen sich Erlöse über den Verkauf oder die Vermittlung der Dienstleistung direkt oder über weitere Erlösquellen, wie die Kontakt- und Informationsvermarktung erschließen. Die Akteure im Internet können personalisierte Kontakte durch zielgerichtete Werbung oder Sponsoring nutzen. Des weiteren entstehen durch die statistische Auswertung der Benutzer beim Besuch der Web-Seiten Informationen, die anonymisiert verkauft werden dürfen32. Hier handelt es sich zum Beispiel um Nutzerprofile oder Web-Statistiken, die Hinweise auf das Verhalten des externen Faktors geben. Speziell im Bereich Finanzdienstleistungen ist die Informations- vermarktung eine wichtige Erlösquelle. Meldungen und Neuigkeiten aus der Finanzwelt werden von Content-Providern anboten oder von Nachrichten- Sammelstellen aufgenommen und aufbereitet weiterverkauft. Hierbei kommt es im wesentlichen auf die Aktualität und Richtigkeit der Informationen an. Als Beteiligungsform können Unternehmen selbst als Content-Provider auftreten, eigene Informationen zur Verfügung stellen33 oder weitere Informationen zum Tätigkeitsumfeld beziehen und auf der eigenen Web-Seite für Kunden bereit- halten. Die Verwendung der Erlösquellen ist abhängig von der gewünschten Darstellung des Selbstverständnisses und der erwünschten Wirkung. Erlösquellen finden sich in unterschiedlichen Ausprägungen in den Geschäftsmodellen wieder und können anhand ihrer Verwendung bewertet werden.
Der Prozess der Bedarfsdeckung im Internet lässt sich aus Kundensicht in ver- schiedene Phasen einteilen. Ein einfaches Grundmodell geht von den drei Phasen der Information, Verhandlung und Abwicklung aus.34 Detaillierter lassen sich jedoch weitere Phasen unterscheiden. Am Anfang jedes Bedarfsdeckungs- prozesses steht die Erkennung des Bedarfs seitens des Kunden. Durch eine geschickte Problembeschreibung, mit der sich der potentielle Kunde identifizieren kann, und dem Anbieten einer möglichen Lösung in Form von Werbung oder Produktpräsentation, wird ein Bedarf beim Kunden geweckt. In der an- schließenden Produktfindungsphase kann der Kunde durch Kataloge, Software- tools und Suchmaschinen unterstützt werden. Als Ergebnis dieser Phase stehen eine oder mehrere Lösungsvorschläge zur Disposition, die mit der Selektion eines Finanzdienstleistungsanbieters zu einem Produkt konkretisiert werden. Anbieter und Nachfrager treten in Kontakt und nähern ihre Vorstellung über die Aus- prägung des Finanzproduktes im Verlauf der Verhandlungsphase gegenseitig an. Kommt es zu einer Einigung, so müssen die Geschäftspartner rechtsgültige Unterschriften leisten. Bis zur Änderung des Signaturgesetzes ist ein rechtlich bindender Vertragsabschluß online nicht möglich.35 Stattdessen weichen Anbieter auf papierbasierte Unterschriften aus. Die Vertragsleistung kann - abhängig von der Produktbeschaffenheit - online erfolgen oder wird auf traditionellem Weg erbracht. Serviceleistungen nach der Leistungserbringung können ebenfalls online oder über andere Medien erfolgen.
Anhand der Online-Integrationstiefe des Bedarfsdeckungsprozesses lässt sich die Umsetzung eines Geschäftsmodells bewerten. Die Realisierung der einzelnen Phasen im Internet kann mit den Werten „nicht oder nur geringfügig unterstützt“, „im wesentlichen vorhanden“ und „besonders unterstützt“ belegt werden.
Einem Finanzdienstleistungsunternehmen stehen marktbeeinflussende Instrumenten zur Verfügung, mit deren Hilfe die in Tabelle 1 formulierten Ziele erfolgreich umgesetzt werden. Die Kombination dieser Instrumente ist im Marketing-Mix36 zusammengefasst.
Im Rahmen der Leistungspolitik eines Finanzdienstleisters wird bestimmt, welche Finanzprodukte in welcher Qualität wie am Markt angeboten werden sollen. Die im Internet angebotenen Finanzdienstleistungspalette kann in Kernleistungen und Zusatzleistungen unterteilt werden. Kernleistungen stellen den Grundnutzen für einen Kunden dar, reichen aber vielfach nicht zu einer Profilierung eines Anbieters aus. Daher ist für die Anbieterwahl der angebotene Zusatznutzen von entscheidender Bedeutung.37
Die Aufgabe der Kommunikationspolitik ist es, einen Kontakt zwischen dem Anbieter und potentiellen Nachfragern herzustellen und die dafür erforderlichen Instrumente und Kommunikationskanäle bereitzustellen.38 Kommunikation kann einerseits ein wichtiges Leistungsmerkmal39 sein, andererseits auch als reines Instrument im Sinne der Kommunikationspolitik zur Leistungsdarstellung eingesetzt werden (z.B. klassische Werbung, Sponsoring, Direktmarketing, Öffentlichkeitsarbeit).40 Zur Bewertung eines Geschäftsmodells kann das Vorhandensein dieser Werbeformen als Kriterium herangezogen werden, da mit der Dienstleistungswerbung immaterielle Güter sichtbar gemacht werden und der Aufbau eines positiven Firmenimages unterstützt wird.
Die Distributionspolitik bestimmt, über welche Vertriebskanäle und durch wen die Leistung angeboten und erbracht werden soll. Die Phasen Vertragsabschluß und Vertragsleistung, die bereits im Rahmen des Prozesses der Bedarfsdeckung diskutiert wurden, sind gleichzeitig Gestaltungsobjekte der Distributionspolitik und können einer analogen Bewertung unterzogen werden.
Das Internet ist ein preissensitiver Markt und schafft beim Verkauf von Finanz- dienstleistungen hohe Preistransparenz41. Die Preispolitik muss für den Kunden einen Preis in einem angemessenen Verhältnis zum Produkt liefern. Bewertet werden können hierbei die Konditionen, der Preis sowie Rabatt- und Bundling- Angebote.
Anhand der dargestellten Beurteilungsmaßstäbe lässt sich eine Bewertungsmatrix aufstellen, die auf Geschäftsmodelle für Finanzdienstleistungen angewendet werden kann und diese im Hinblick auf ihre Zielerreichung beurteilt.
5 Ausblick
Schätzungen zufolge werden mittel- bis langfristig nur noch ca. 20% aller Bankkunden ihre Geschäfte nur in der Filiale abwickeln. Weitere 20% werden die Filialen überhaupt nicht in Anspruch nehmen, sie sind reine „Direktbanking- Kunden“. Der Rest wird alle angebotenen Zugangswege nutzen, sie lassen sich in einer Filiale persönlich beraten, informieren sich im Call-Center über die Dienst- leistungen und tätigen ihre Überweisungen und Abschlüsse via Internet.42 Auch das Volumen der online verwalteten Versicherungen wird laut Forit-Schätzung in den nächsten Jahren nachhaltig steigen.43
Mit der Erhöhung der Preis- und Informationstransparenz wird sich auch das Kundenverhalten ändern; die Kunden zeigen eine deutlich verminderte Loyalität, da die Eintrittsbarrieren anderer Anbieter weiter sinken werden. Der erhöhte Konkurrenzkampf verändert die Produktpalette der Finanzdienstleister grund- legend und verstärkt die Gewichtung der Zusatzleistungen als ausschlaggebende Kaufentscheidung.
6 Literaturverzeichnis
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Betsch, Oskar (2000):
Bankmanagement, Skript zur gleichnamigen Vorlesung an der TU Darmstadt, Darmstadt, 2000.
Birkelbach, Jörg (1998):
Cyber Finance: Finanzgeschäfte im Internet. 2. aktualisierte Auflage, GablerVerlag, Wiesbaden, 1998.
Fiutak, Martin (2000):
First-E: ID-Verfahren mit Rechnungen, 01.09.2000. Online verfügbar unter: http://www.zdnet.de/news/artikel/2000/09/01002-wc.html (Abfrage am 28.11.2000)
Hamann, Götz (2000):
Wer ist wer im Netz?, in: Die Zeit, Nr. 49, 2000
Heydebreck, Tessen von (1999):
Deutsche Bank 24: Aufbruch in die neue Bankenwelt, in: Die Bank, Nr. 7, 1999, S. 444-448.
Höper, Julia (2000):
Das Internet als Beratungsmedium - Stärken und Schwächen, in: Die Bank, Nr. 6, 2000, S. 396-400.
Krägenow, Timm (2000): Bundesregierung fördert die digitale Unterschrift, in: Financial Times Deutschland, 16.08.2000. Online verfügbar unter: http://www.ftd.de/pw/de/FTD966365415765.html (Abfrage am 08.01.2001)
Krause, Jörg (1999): Electronic Commerce und Online-Marketing - Chancen, Risiken und Strategien, Carl Hanser Verlag, München, 1999.
Meffert, Heribert / Bruhn, Manfred (2000): Dienstleistungsmarketing, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2000.
Merz, Michael (1999): Electronic Commerce: Marktmodelle, Anwendungen und Technologien, dpunkt-verlag, Heidelberg, 1999.
Praxmarer, Marc A. (1993): Allfinanzstrategien aus der Sicht der Banken. Verlag Paul Haupt, Bern, Stuttgart, Wien, 1993.
Reinking, Jörg (2000): Auf dem Weg zu modernen Finanzarchitekturen in Banken und Versicherungen, in BDU-Datenbank 2000/2001, Fachaufsätze von Unternehmensberatern, URL: http://www.unternehmensberater.de/beraterauswahl/fach/fach/77.htm (Abfrage am 5.11.2000).
Roemer, Mark (1998): Direktvertrieb kundenindividueller Finanzdienstleistungen: Ökonomische Analyse und systemtechnische Gestaltung. Physica-Verlag, Heidelberg, 1998.
Sonnleitner, Sarah und Märzendorfer, Thomas (2000): Geschäftsmodelle des Electronic Commerce, 2000. Online im Internet, URL : http://web.idv.uni-linz.ac.at/lehre00s/i4/GeschaeftsmodelleHTML.htm (Abfrage am 5.11.2000).
Stolpmann, Markus (2000): Online-Marketingmix - Kunden finden, Kunden binden im E-Business. 3. Nachdruck der 1. Auflage, Galileo Press GmbH, Bonn, 2000.
Timmers, Paul (1998): Business Models for Electronic Markets, in: International Journal of Electronic Markets, Vol. 8, No. 2 - 1998, S. 3-8.
Weis, Hans Christian (1999): Marketing, 11. Auflage, Kiehl Verlag, Ludwigshafen, 1999.
[...]
1 Vgl. Roemer, 1998, S. 32.
2 Zum Umfeld der Finanzdienstleister gehören Finanz-Informationsanbieter, Finanzmakler, Vermögensverwalter, Broker, Kreditkarteninstitute, Bausparkassen und Leasing-Gesellschaften.
3 Vgl. Praxmarer, 1993, S. 27.
4 Electronic Commerce (kurz E-Commerce) ist die Abwicklung von Handelstransaktionen über elektronische Medien. Vgl. Krause, 1999, S. 569.
5 Vgl. Sonnleitner und Märzendorfer, 2000. Die Einteilung nach geschäftlicher Internet-Nutzung (Online-Promotion, -Shopping, -Service und -Collaboration) beschreibt auch Stolpmann, 2000, S. 73. Eine Klassifizierung nach teilnehmenden Gruppen (Administration, Business, Consumer) ermöglicht sechs grundlegende Ausprägungen von Internet Commerce: Administration-to- Administration, Business-to-Business, Consumer-to-Consumer, Administration-to-Business, Administration-to-Consumer, Business-to-Consumer. Vgl. Becker, 2000, S. 80.
6 z.B.: www.freenet.de, www.comundo.de, www.msn.de, www.web.de, www.t-online.de
7 Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 22.
8 z.B.: www.ups.com
9 z.B.: www.cendant.com
10 z.B.: www.dell.com
11 z.B.: www.dooyoo.de, www.combinate.de
12 z.B.: www.andate.de
13 Vgl. Reinking, 2000.
14 Einige Versicherungsgesellschaften bieten den Online-Abschluss einer AuslandsreiseKrankenversicherung an. Dabei gilt die Online-Berechnung des Beitrags, die man wenige Minuten später auch per E-Mail erhalten kann, als Angebot seitens der Gesellschaft, die Überweisung des Beitrags an die Gesellschaft gilt als Annahme des Angebots seitens des Versicherten. Die entsprechenden Policen bekommt der Kunde einige Tage danach übersandt.
15 Vgl. Hamann, 2000.
16 Ein einfacheres ID-Verfahren verwendet die Online-Bank First-E. Zur Kontoeröffnung reicht es aus, zwei Original-Haushaltsrechnungen, wie beispiels weise Strom- und Telefonrechnung, mit einer Kopie von Personalausweis oder Reisepass zum Nachweis der Identität an die Bank zu senden. Vgl. Fiutak, 2000.
17 Vgl. Die Welt, 13.12.2000, S. 15.
18 Vgl. Betsch, 2000, S. 44-45.
19 Vgl. Birkelbach, 1998, S. 45-68.
20 Persönliche Identifikations Nummer und Transaktions Nummer.
21 Vgl. Höper, 2000, S. 396-400.
22 Vgl. Birkelbach, 1998, S. 69-81.
23 Vgl. Birkelbach, 1998, S. 101.
24 z.B.: www.awd.de, www.einsurance.de
25 Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 148 f.
26 Vgl. Timmers, 1998, S. 3 ff.
27 zum Beispiel: Darstellung der Leistungs- und Lieferkonditionen, Angabe von Referenzkunden.
28 Auch Informationsaussendung oder “Signaling“ genannt. Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 68 ff.
29 Auch als “Screening” bezeichnet. Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 68 ff.
30 Vgl. Krause, 1999, S. 214 f.
31 Vgl. Timmers, 1998, S. 3 ff.
32 Die Erfassung und Verwendung ist im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben nur anonymisiert und mit besonderem Hinweis möglich.
33 zum Beispiel in Form von Ad-Hoc-Meldungen.
34 Vgl. Merz, 1999, S. 116.
35 Vgl. Krägenow, 2000.
36 Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 277. Im Marketing-Mix wird eine Systematisierung der Marketing-Instrumente in folgende Bereiche vorgenommen („4P“): Leistungspolitik (product), Kommunikationspolitik (promotion), Distributionspolitik (place) und Preispolitik (price).
37 Es gibt z.B. mehrere Online-Broker, die als Kernleistung Aktienhandel anbieten, sich jedoch in den Zusatzleistungen (Watchlist, Daytrading, Realtime-Kurse und WAP-Anbindung) unterscheiden.
38 Vgl. Weis, 1999, S. 58.
39 Mögliche Ausprägungsformen sind: Kommunikationsmedien, Beratung, Beschwerdepolitik, Domain-Wahl, verwendete Technologien, Sprachniveau und Dokumentstruktur.
40 Vgl. Meffert/Bruhn, 2000, S. 330.
41 Vgl. Stolpmann, 2000, S. 22.
42 Vgl. Heydebreck, T. v., 1999, S. 444-448.
43 Vgl. Reinking, 2000, S. 2.
- Citar trabajo
- Frank Elias (Autor), 2001, Geschäftsmodelle für Finanzdienstleistungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101743
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