verschiedenen Versuchen, mit sozialstatistischen Methoden und Beschreibungen gesellschaftliche Massenerscheinungen zu erklären.
Insbesondere wurden die Lebensverhältnisse der Arbeiter und ihrer Familien untersucht.
Die wachsende Unüberschaubarkeit von modernen Gesellschaften erhöht den Bedarf an Informationen über ihre Funktionen und Strukturen.
Der Einzelne erfährt zwar seine Umwelt direkt, ist aber immer mehr Informationen über Vorgänge ausgesetzt, die er selbst nicht mehr kontrollieren kann. Diese sind immer häufiger durch Umfrageergebnisse gestützt, erreichen den Empfänger durch Medien verkürzt und vermittelt, weshalb den Massenmedien eine besondere Bedeutung in der Informationsvermittlung zukommt.
Kaum etwas findet in den Medien eine ähnlich große Verbreitung wie Ergebnisse der empirischen Sozialforschung. Es gibt kaum eine Zeitung, die nicht in irgendeiner Spalte Umfragedaten verwendet und im Fernsehen werden regelmäßig Sendungen über politische Stimmungslagen produziert. Soziale Daten sind Medienalltag.
Inhaltsverzeichnis
VORWORT
1. EMPIRISCHE SOZIALFORSCHUNG
1.1. Ein objektives Urteil
1.2. Regeln in der empirischen Sozialforschung
1.3. Die Befragung
1.3.1. Durchführung einer Befragung mit dem Fragebogen
1.3.1.1. Faustregeln bei der Frageformulierung
1.3.1.2. Offene und geschlossene Fragen
1.3.1.3. Schema für das Erstellen eines Fragebogens nach Wellenreuther
1.3.1.4. Erstellung meines Fragebogens zum Thema "Fernsehkonsum"
1.3.1.5. Eine Fragebogenbefragung in einer Volksschulklasse
2. GESAMTAUSWERTUNG DES FRAGEBOGENS
3. DIE AUSWIRKUNGEN DES FERNSEHENS AUF DIE KINDHEIT...
3.1. Die Geschichte der Kindheit
3.1.1. Die Kindheit in der Antike
3.1.2. Die Kindheit im alten Rom
3.1.3. Die Kindheit im Mittelalter
3.1.4. Die Auswirkungen der Druckerpresse auf die Kindheit
3.1.5. Die Kindheit im 18. und 19. Jahrhundert
3.2. Die Kindheit im Zeitalter des Fernsehens
4. DIE KINDER UND DAS FERNSEHEN
4.1. Körperliche Schäden durch Fernsehen?
4.2. Wahrnehmen und Verstehen
4.3. Macht Fernsehen dumm?
4.4. Ersatz für Erlebnisse
4.5. Bewältigung der Filmerlebnisse
4.6. Die zehn Prinzipen der Fernseherziehung
4.6.1.Motive
4.6.2. Fernsehverbote
4.6.3. Tagesablauf
4.6.4. Standort
4.6.5. Auswahl
4.6.6. Druckmittel
4.6.7.Gemeinsamkeit
4.6.8.Gespräch
4.6.9.Verarbeitung
4.6.10. Nachbereitung
5. MEDIENERZIEHUNG IN DER SCHULE
5.1.Verordnungsblatt zur "Medienerziehung" des BMUK
5.1.1. Grundsätzliches
5.1.2. Begriffsdefinitionen
5.1.3. Zielsetzung der Medienerziehung
5.1.4. Durchführung
6. DER EINSATZ DES MEDIUMS FERNSEHEN IM MUSIKUNTERRICHT
6.1 Der Videoclip
6.1.1.Grundsätzliches zum Videoclip
6.1.2.Der typische Produktionsweg eines Videoclips
6.1.3. Analyse von Videoclips
6.1.4. Wirkung von Videoclips
6.1.5. Videoclips im Musikunterricht
6.1.5.1. Projekt Videoclips nach einem Song von Bryan Adams ..
6.1.5.1.1. Didaktische Begründung
6.1.5.1.2. Vorüberlegungen
6.1.5.1.3. Die Unterrichtseinheit
6.1.5.1.4. Weiterführende Unterrichtsstunden
6.2. Musik in der Werbung
6.2.1. Eine Unterrichtseinheit in der Volksschule
6.2.1.1. Ein Werbemusikquiz
6.2.1.2. Musikalische Klischees in der Werbung
6.2.1.3. Charakterisierung von vorgegebenen Produkten durch Musik
6.2.1.4. Experiment zur Demonstration der Beeinflussung durch Musik
6.2.1.5. Analyse des Einsatzes von Musik in Fernsehwerbespots
6.2.1.6. Erstellung eines eigenen Werbespots
6.3. Film und Musik - Musik und Film
6.3.1. Unterrichtseinheiten zum Thema Filmmusik
6.3.1.1. Einstieg
6.3.1.2. "Passt" oder "passt nicht"
6.3.1.3. Marschmusik für die Prinzessin
6.3.1.4. Top, die Wette gilt
6.1.3.5. Liebe und Diebe
SCHLUSSBEMERKUNGEN
LITERATURLISTE
Vorwort
Ich habe mir als erstes einmal gut überlegt, worüber ich meine Arbeit schreiben möchte, was mich wirklich interessiert. Denn man verbringt ja schließlich Wochen bis Monate damit, die Arbeit fertigzustellen. Es ist sicherlich bei den meisten von uns die bedeutsamste und größte Arbeit, die wir bis jetzt verfassten und für viele von uns wahrscheinlich auch die größte, die wir jemals schreiben werden. Also kam für mich eigentlich nur ein Thema in Frage, und das war "Fernsehen".
Ich war schon immer äußerst interessiert und fasziniert von allem, was mit dem Thema "Fernsehen" zu tun hatte und wollte auch stets einen Beruf in der Medienbranche ausüben. Am meisten fasziniert mich der Beruf des Programmplaners, der zu koordinieren hat, welche Sendungen wann und an welchem Tag laufen. Ich studiere schon seit mehr als 5 Jahren täglich die Einschaltquoten der bedeutendsten deutschsprachigen Fernsehsender auf den entsprechenden Teletextseiten und kann mittlerweile im Vorhinein schon recht zielsichere Prognosen abliefern, welche Sendungen welche Einschaltquoten haben. Interessant ist auch der Service der einem im Teletext geboten wird, dass man genau mitverfolgen kann, wie das Fernsehverhalten der unterschiedlichen Altersstufen ist. Dabei ist eine Gruppe in Kinder von 3 -13 Jahren aufgeteilt.
Wenn ich krank bin oder einen Tag lang überhaupt nichts zu tun habe und den ganzen Tag durch die verschiedenen Kanäle zappe, dann muss ich immer wieder feststellen, welcher “Schund” einem tagtäglich frei Haus geliefert wird. Angefangen von diversen Talkshows, die am Vormittag beginnen, sich bis zum Abend durchgehend über alle Sender verteilen und denen kein Thema zu schamlos ist, über sensationsgierige Boulevardmagazine bis hin zu gewaltverherrlichenden Action- und Science Fiction Serien. Nun habe ich aber schon ein Alter erreicht, in dem ich mir meine eigene Meinung zu den Dingen bilden kann und so weit gefestigt bin, dass mir und meiner Persönlichkeitsentwicklung der ganze TV-Alltag nichts mehr anhaben kann. Aber - man denke an die vielen Kinder, die oft den halben Tag vor dem Fernseher verbringen und Sendungen sehen, die ganz und gar nicht für ihre Altersstufe geeignet sind. Damit es nicht so weit kommt, ist es sehr wichtig, das Medium Fernsehen kontrolliert einzusetzten. Von den Eltern verlangt dies, dass sie sich mit der Thematik auseinandersetzen, im Interesse ihrer Kinder und nicht, dass sie den Fernseher für die Kinder aufdrehen um ein paar Stunden Ruhe zu haben.
Ich möchte in meiner Arbeit aufzeigen, wie viel Zeit die heutigen Kinder vor dem Fernseher verbringen und auf die damit verbundenen Gefahren hinweisen.
Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann fallen mir deutliche Unterschiede zum heutigen Kinderprogramm auf.
Das eigentliche Kinderprogramm dauerte vor zehn oder fünfzehn Jahren nur eine Stunde pro Tag und die meisten Kinder durften auch nicht länger fernsehen. Ausgehend von der Vielfalt der Kanäle, die fast jedes Kind heutzutage empfangen kann, ist praktisch den ganzen Tag irgendwo eine Kindersendung. Wenn die Eltern nicht dabei sind, können auch Sendungen gesehen werden, die für die Kinder gänzlich ungeeignet sind.
Ich möchte in meiner Hausarbeit ausführlich auf das Thema Kindheit und Fernsehen eingehen, weil es mich schon immer beschäftigte, was das Fernsehen bei den Kindern bewirkt und bewirken kann. Ich habe dazu ein großartiges Buch von Neil Postman gefunden, das meine Arbeit sicher entscheidend mitprägen wird.
Kontrolliertes Fernsehen von altersgemäßen Sendungen kann eine wunderbare Sache sein, unkontrollierter Fersehkonsum hingegen stellt eine Gefahr für das Kind in seiner Entwicklung dar. Die Phantasie wird stark eingeschränkt, da man nichts mehr erleben muss, weil man alles im Fersehen miterleben kann, typische Kinderspiele (im Freien und im Haus) geraten immer mehr in Vergessenheit und soziale Kontakte der Kinder untereinander werden weitgehend unterbunden!
Für mich ist klar, dass meine Arbeit eine objektive Analyse der momentanen Situation enthalten muss (Fragebogen, Internethomepage ORF und Teletext). Ich möchte aber auch eigene Verbesserungsvorschläge anbringen und auf einige der zahlreichen Möglichkeiten eingehen, die man als Lehrer im Musikunterricht mit dem Medium Fernsehen hat, denn gerade die Schule hat meiner Meinung nach einen wichtigen Auftrag darin, die Kinder zu kritischen Medienkonsumenten zu erziehen. Das Medium Fernsehen bietet im Schulalltag viele wunderbare Möglichkeiten, einen für die SchülerInnen abwechslungsreichen und interessanten Unterricht zu gestalten.
1. EMPIRISCHE SOZIALFORSCHUNG
Begriffsdefinition:
"Empirische Sozialforschung ist die systematische Erfassung und Deutung sozialer Erscheinungen. Empirisch bedeutet, dass theoretisch formulierte Annahmen an spezifischen Wirklichkeitenüberprüft werden. Systematisch weist darauf hin, dass dies nach Regeln vor sich gehen muss. Theoretische Annahmen und die Beschaffenheit der zu untersuchenden sozialen Realität sowie die zur Verfügung stehenden Mittel bedingen den Forschungsablauf.”1
Die empirische Sozialforschung entwickelte sich im 17. und 18. Jh. aus verschiedenen Versuchen, mit sozialstatistischen Methoden und Beschreibungen gesellschaftliche Massenerscheinungen zu erklären. Insbesondere wurden die Lebensverhältnisse der Arbeiter und ihrer Familien untersucht.
Die wachsende Unüberschaubarkeit von modernen Gesellschaften erhöht den Bedarf an Informationen über ihre Funktionen und Strukturen. Der Einzelne erfährt zwar seine Umwelt direkt, ist aber immer mehr Informationen über Vorgänge ausgesetzt, die er selbst nicht mehr kontrollieren kann. Diese sind immer häufiger durch Umfrageergebnisse gestützt, erreichen den Empfänger durch Medien verkürzt und vermittelt, weshalb den Massenmedien eine besondere Bedeutung in der Informationsvermittlung zukommt.
Kaum etwas findet in den Medien eine ähnlich große Verbreitung wie Ergebnisse der empirischen Sozialforschung. Es gibt kaum eine Zeitung, die nicht in irgendeiner Spalte Umfragedaten verwendet und im Fernsehen werden regelmäßig Sendungen über politische Stimmungslagen produziert. Soziale Daten sind Medienalltag.
“Selbstverständlich ist es in der Wirtschaftüblich geworden, Forschungsberichte dieser Art als tägliches Instrument modernen Managements zu verwenden. Nicht selten werden Umfrageergebnisse direkt in der Werbung verwendet.”2
1.1. Ein objektives Urteil
Um ein objektives Urteil über erhobene Daten zu erhalten, muss man den Zusammenhang folgender drei Bereiche bei der Analyse berücksichtigen:
- den Entdeckungszusammenhang: Ziel der Untersuchung, Motivation, Auftrag;
- den Begründungszusammenhang: Angewandte Forschungsregeln, Einsatz der Instrumente, Datenverarbeitung;
- den Verwertungszusammenhang: Publikation, Pressebericht oder unveröffentlichte Handlungsanweisunge;
“In vielen Fällen wird im Verwertungs zusammenhang nicht wichtig sein, was dargestellt wird, sondern was gerade nicht erwähnt wird. Andererseits ist beim Entdeckungszusammenhang wesentlich, Bereiche festzustellen, die nicht erfasst worden sind. Entweder, weil sie nicht erfasst werden konnten, oder weil man sie nicht erfassen wollte. Über die Wissenschaftlichkeit einer empirischen Untersuchung entscheidet also nicht nur die Einhaltung von Forschungsregeln, sondern auch der Forschungsverlauf insgesamt.”3
1.2. Regeln in der empirischen Sozialforschung
Für alle Vorhaben der empirischen Sozialforschung gelten im Grunde die gleichen Regeln. Es sind fünf Phasen zu unterscheiden:
1. Problembenennung
2. Gegenstandsbenennung
3. Durchführung (Anwendung von Forschungsmethoden)
4. Analyse (Auswertungsverfahren)
5. Verwendung von Ergebnissen
Unter Problembenennung versteht man laut Peter Atteslander die Formulierung sozialer Probleme in wissenschaftliche Fragestellungen. Dazu gehören die Abgrenzung des Problems, der Nachweis seiner Erklärungsbedürftigkeit und der Bedarf der empirischen Untersuchung. Der Forscher muss zu Beginn eine Vorstellung darüber haben, in welchen Zusammenhängen er untersuchen möchte und seine Idee muss nach bestimmten logischen Erfordernissen als Aussage formuliert und mündlich oder schriftlich ausgedrückt werden. Eine solche Aussage bezeichnet man als Hypothese.
Die Gegenstandsbenennung, so Atteslander, wird ganz allgemein von verschiedenen Bedingungen her beeinflusst:
- Zeit; Welcher Zeitabschnitt sozialer Vorgänge soll erfasst werden? Momentaufnahme, Veränderungen über Jahre, Jahrzehnte? Aber auch: Wie viel Zeit beziehungsweise wie viele Mittel stehen für die Forschung zur Verfügung?
- Gegenstandsbereich; Welche Gruppen von Erscheinungen oder Menschen wollen/können erfasst werden? Zum Beispiel: Alle Pflichtschüler in Salzburg oder nur die Grundschüler von 6 - 10 Jahren?
- Feldzugang; Angenommen, wir möchten den Drogenkonsum von Schülern untersuchen - finden wir Zugang zu den Betroffenen?
1.3. Die Befragung
Definition "Befragung" nach Atteslander:
“Befragung bedeutet Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen. Durch verbale Stimuli (Frage) werden verbale Reaktionen (Antworten) hervorgerufen: Dies geschieht in bestimmten Situationen und wird geprägt durch gegenseitige Erwartungen. Die Antworten beziehen sich auf erlebte und erinnerte soziale Erlebnisse, stellen Meinungen und Bewertungen dar.”4
1.3.1. Durchführung einer Befragung mit dem Fragebogen
Der Fragebogen ist die schriftlich fixierte Strategie einer Befragung und die Strategie wird vor der Kommunikation mit dem Befragten festgelegt. Ein Fragebogen ist sowohl nach logischen wie auch nach psychologischen Gesichtspunkten aufzubauen, wobei Fragen zum gleichen Themenkreis nacheinander folgen sollen, damit der Befragte nicht zu ständigen Gedankensprüngen gezwungen wird. Dabei folgt am besten das Besondere nach dem Allgemeinen, das Unvertraute nach dem Vertrauten, das Komplizierte nach dem Einfachen.
Der logische Aufbau hängt ab vom Untersuchungsgegenstand und dem Forschungsziel.
Der psychologische Aufbau sollte folgendermaßen ablaufen:
Heikle Fragen sollten erst dann angeschnitten werden, wenn ein guter Kontakt zum Befragten hergestellt worden ist und die ersten Fragen sollen das Interesse des Befragten am Interview wecken.
Wenn das Interesse geweckt ist und der Befragte sich am Interview zu beteiligen beginnt, wird er eher bereit sein, auf Fragen, welche ihn weniger interessieren oder welche mehr Überlegung und Anstrengung verlangen, zu antworten.
Die mehr herausfordernden oder heiklen Fragen werden gegen Ende der Untersuchung gestellt, damit (a) während dem Ablauf der Befragung der Befragte in seinem Zutrauen zum Interviewer bestärkt wird und daher eher geneigt ist auf heikle Fragen einzugehen und (b), wenn der Befragte bei heiklen Fragen zögernd und in seinen Antworten zurückhaltend wird oder die Befragung beendet, dann der Interviewer wenigstens Antworten auf die früheren unproblematischen Fragen erhalten hat.
Zur Fragebogendramaturgie gehören des weiteren:
-Fragen zum Abbau konventioneller Schranken
Zum Beispiel: "Viele Menschen sagen ja, dass es schädlich für das Haar und die Kopfhaut ist, wenn man allzu häufig den Kopf wäscht. Könnten Sie mir sagen, wann Sie zum letzten Mal Ihre Haare gewaschen haben?" Wenn die Frage so formuliert ist, bekommt man darauf sicher eher eine Antwort, als wenn die Frage lautet: “Wann haben Sie zum letzten Mal ihre Haare gewaschen”?
-Provokatorische Fragen sollen die Spontanität der Antworten steigern.
-Fragen mit Fallgruben zum Testen des tatsächlichen Wissens, von Unaufrichtigkeit, von Neigung zu Übertreibung.
“Dazu gehören auch die sagenannten Kontrollfragen . Widersprüche in den Antworten der Befragten führen oft zu Fehlschlüssen. Deshalb dienen die Kontrollfragen dazu, solche Widersprüche aufzudecken. Doch darf die Bedeutung der Kontrollfragen nichtüberschätzt werden. Oft erscheint ein Widerspruch in den Angaben einer Auskunftsperson nur dadurch, weil weitere relevante Daten nicht berücksichtigt werden.”5
Über die ideale Länge der Befragung mit Fragebogen konnte ich kaum Eindeutiges finden. Inhalt der Befragung, Art der Fragen und Qualität des Interviewers spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Laut Peter Atteslander ist es wichtig, dass in jedem einzelnen Fall der Befragung zu vermeiden ist, dass der Untersuchungszweck zu früh vom Befragten erkannt wird!
1.3.1.1. Faustregeln bei der Frageformulierung
Schnell et al. haben in Anlehnung an Dillmann, Louverse und Preber einige der bedeutendsten aufgelistet:6
- Fragen sollen einfache Worte enthalten, d.h. im wesentlichen: keine Verwendung von nicht gebräuchlichen Fachausdrücken und Fremdworten, keine Verwendung von Abkürzungen oder Slangausdrücken
- Fragen sollten kurz formuliert werden
- Fragen sollten konkret sein, abstrakte Begriffe sollten in konkrete umgeändert werden
- Fragen sollten keine bestimmte Beantwortung provozieren (keine Suggestivfragen)
Beispiel: die Frage "Haben Sie je den Film ,Titanic’ gesehen?" ist besser als die Formulierung: "Den Film ,Titanic’ haben mehr Menschen gesehen als jeden anderen Film dieses Jahrhunderts. Haben Sie diesen Film gesehen?"
- Fragen sollten neutral formuliert sein, keine "belastenden" Worte (wie z.B. Kommunist, Bürokrat, Boss oder Freiheit, Leistungswille, Ehrlichkeit) enthalten
- Fragen sollten nicht hypothetisch formuliert werden
zum Beispiel: Fragen wie "Angenommen, Sie würden im Lotto gewinnen! Würden Sie das Geld sofort ausgeben oder würden Sie das Geld sparen?" sind unzulässig
- Fragen sollten sich nur auf einen Sachverhalt beziehen (Vermeidung von Mehrdimensionalität); die Frage "Würden Sie Marihuana zwar für den Gebrauch im Privatbereich, nicht aber für den Gebrauch in der Öffentlichkeit legalisieren wollen?" ist eine Frage nach zwei Sachverhalten, sie sollte in zwei Fragen überführt werden.
- Fragen sollten keine doppelten Negationen enthalten
- Fragen sollten den Befragten nicht überfordern
Zum Beispiel: die Frage "Wieviel Prozent Ihres monatlichen Einkommens geben Sie für die Miete aus?" erfordert die Berechnung eines Prozentsatzes; besser wäre eine Frage nach der Höhe der Miete und eine zweite Frage nach der Höhe des Einkommens
- Fragen sollten zumindest formal "balanciert" sein, das heißt: in der Frage sollten alle - negativen und positiven - Antwortmöglichkeiten enthalten sein, um die gleichwertige Berechtigung jeder vom Befragten gewählten Antwort zu demonstrieren.
1.3.1.2. Offene und geschlossene Fragen
“Offenheit bzw. Geschlossenheit einer Frage bezeichnet den Spielraum, der dem Antwortenden gelassen wird. Die offene Frage enthält keine festen Antwortkategorien. Die befragte Person kann ihre Antwort völlig selbständig formulieren, und der Interviewer hat die Aufgabe, die Ä ußerungen der Auskunftsperson bei der Auswertung bestimmten Kategorien zuzuordnen.
Bei der geschlossenen Frage werden dem Befragten zugleich auch alle möglichen oder zumindest alle relevanten Antworten - nach Kategorien geordnet - vorgelegt. Die Aufgabe besteht lediglich darin, dass er aus diesen Antwortmöglichkeiten "seine" Antwort auswählt.”7
1.3.1.3. Schema für das Erstellen eines Fragebogens nach Wellenreuther
1) Präzisierung, Einengung des Themas, Klärung der8 zu erfragenden Inhalte, geordnet nach ihrer Bedeutsamkeit. Auftellung von Hypothesen
- Entscheidungen über Ausmaß der Standardisierung; ob schriftliche oder mündliche Befragung (Interview)
- Analyse der Literatur zum Thema
- Entscheidung über Gruppen, die befragt werden sollen
- Intensives Erfragen eines Bereichs oder oberflächliches Abfragen verschiedener Bereiche
2) Formulierung von Fragen zu den interessierenden Bereichen / zu den Hypothesen
- Balance der Fragen, Konkretheit, Verständlichkeit, Eindeutigkeit
- Trennung von unabhängigen und abhängigen Variablen
- Mischung geschlossener und offener Fragen
3) Ordnung der Fragen in einer Reihenfolge
- Einleitung: Allgemeine Information, Motivierung, Zusicherung der Anonymität
- Aufwärmfragen
- Peinliche Fragen nicht an den Anfang
- Abhängigkeit vom Fragekontext: Kontrollgruppen
4) Überprüfung des Fragebogens
- Vortest an ca. 20 Befragten
- Fragen nach Unebenheiten der Frageformulierung
- Statistische Auswertung
5) Vorbereitung der Hauptuntersuchung: Interviewerschulung und Auswahl der Stichprobe
- Versuchsplanung: Ist eine Variation der unabhängigen Variablen durch die Auswahl der Stichprobe möglich ?
- Interviewerschulung
- Organisation von Adressenlisten usw.
1.3.1.4. Erstellung meines Fragebogens zum Thema "Fernsehkonsum"
Meine Hypothese:
Ich gehe davon aus, dass die Kinder einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Fernseher verbringen.
Ich vermute weiters, dass der Fernsehkonsum damit zusammenhängt, ob kein, ein, oder beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit ausser Haus nachgeht bzw. nachgehen.
Meine Vermutung: Kinder sehen sehr viel alleine fern und besprechen die Sendungen kaum mit ihren Eltern.
Ich gehe auch davon aus, dass Kinder, die mit ihren Eltern fernsehen bzw. mit ihren Eltern über die Sendungen sprechen, eher Sendungen anschauen, die für ihr Alter geeignet sind als das bei Kindern der Fall ist die fast ausschließlich alleine fernsehen und mit ihren Eltern nicht darüber sprechen.
Weiters befürchte ich, dass Kinder viel zu viele Talkshows sehen und damit der täglichen “Volksverblödung” ausgesetzt sind.
1.3.1.5. Eine Fragebogenbefragung in einer Volksschulklasse:
Einen Fragebogen zu gestalten, der für Grundschüler bestimmt ist, stellt ein zusätzliches Problem in den Formulierungen dar. Wörter, wie "durchschnittlich", "Konsum" oder ähnliches sind besser zu vermeiden, weil es nicht sicher ist, ob sie von allen Kindern verstanden werden. Weiters ist es nicht sicher, ob sich alle Kinder bei den Fragen auch auskennen und die Fragen sinngemäß beantworten werden. Ich kam in meiner Fragestellung einmal um das Wort durchschnittlich nicht herum, was ich aber mit der Tatsache kompensieren kann, dass ich bei allen Befragungen anwesend sein war und persönlich etwaige Unklarheiten aus dem Weg räumen konnte. Weiters möchte ich anmerken, dass ein Fragebogen mit Kindern ein sehr heikles Thema ist. Zu den oben angeführten Problemen möchte ich noch ergänzen, dass es teilweise Kinder gibt, die auch bei einfachsten und unmissverständlichsten Fragen Probleme haben, weil sie die Antworten nicht wissen oder die Fragen nicht verstehen. Andere Kinder hingegen haben mit den gleichen Fragen absolut keine Probleme. Mein Vorteil ist, dass ich, wie schon erwähnt bei den Befragungen anwesend war und die Antworten, wenn nötig, in Einzelinterviews bekommen konnte. (Es sei denn, jemand will auf bestimmte Fragen keine Antwort geben.)
Ich habe mich dazu entschlossen, die Befragungen nur in der 3. und 4. Klasse der Volksschulen durchzuführen. Das enspricht Kindern im Alter von 8, 9 oder 10 Jahren.
Den Fragebogen in der 1. und 2. Klasse Volksschule auszuteilen erschien mir etwas zu verfrüht, da gerade in der 1. Klasse das Lesen und Schreiben noch große Probleme machen kann und es allgemein für die Kinder noch schwieriger ist, die Fragen sinngemäß zu verstehen.
2. GESAMTAUSWERTUNG DES FRAGEBOGENS:
St. Johann/Wbg.: 3.+4. Klasse VS (33 Schüler) Kleinzell: 3.+4. Klasse VS (30 Schüler) Eugendorf: 4.a Klasse (23 Schüler)
1. Geschlecht:
männlich: 42
weiblich: 44
2. Hast du Geschwister ?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Siehst du gerne fern ?
Wie man gut sehen kann, sitzen alle befragten Kinder gerne vor dem Fernseher, was natürlich auch zu erwarten war. Nur 1 Mädchen gab an, dass es nicht gerne fernsieht und sich jede Woche nur eine Sendung anschaut, und zwar am Dienstag Universum in ORF2.
Buben wie Mädchen machten so gut wie die gleichen Angaben, was ich aber erwartet hatte, da diese Frage mehr als Aufwärmfrage gesehen werden sollte. Dass Kinder gerne fernsehen ist natürlich und laut JanUwe Rogge hat dies folgende Gründe:9
Jedes Kind hat seine Fernsehhelden, mit denen es sich identifiziert. Ihre Helden kennen keine Grenzen, setzen jegliche Logik außer Kraft, stellen die Wirklichkeit auf den Kopf und sagen Autoritäten den Kampf an. Die Fernsehhelden verkörpern Stärke, List und Phantasie und dienen den Kindern als Flächen für ihre Träume, Wünsche und Phantasien.
“In die Helden können Kinder alles hineinlegen, was der Alltag nicht,oder nur in Grenzen zulässt, was man sich selber nicht getraut, wie man sein möchte, oder die Figuren stellen auf liebenswürdige Weise eigene Schwächen vor.”10
Kinder lieben die Aufhebung der Logik und der Naturgesetze, was größtenteils die Faszination vieler Zeichentrickfilme ausmacht. Ich denke dabei an Tom und Jerry, die sich ständig gnadenlos bekämpfen. Die Maus kann unglaubliche Lasten schleppen, kann fast alles vollbringen und die Katze müsste eigentlich in jeder Folge mindestens zehnmal sterben (sie wird vom Klavier erschlagen, in der Waschmaschine geschleudert, ). Die Kinder zittern sowohl mit der Maus mit und haben dennoch Mitleid mit der Katze. Sie lassen sich von den beiden in den Bann ziehen, was die Kinder erregt, zum Lachen bringt, aber auch verunsichert.
Kinder sehen auch sehr gerne die verschiedensten Serien, von Actionserien bis Familienserien. Ihre Serienhelden sind gute alte Bekannte für sie, von denen sie sich gerne “besuchen” lassen. Man identifiziert sich mit ihnen und bewundert, wie der Serienheld immer über das Böse triumphiert und mit List, Stärke und Überlegenheit selbst die kniffligsten Situationen übersteht.
Im Fernsehen ist alles so bunt, so interessant, so neu und so spannend. Klarerweise lieben es die meisten Kinder, vor dem “Kastl” zu sitzen. Aber auch Kinder haben einen ihre dramaturgischen Ansprüche:
- Der Wunsch nach einem klaren, überschaubaren Aufbau der Sendung (Vorspann, Haupthandlung, Nachspann)
- Kinder sind auf ein gutes Ende angewiesen. Ein offener Schluss kann zu Verunsicherungen führen.
- Ein überschaubares Personal ist für die Kinder wichtig. In den Haupthelden legen die Kinder ihre ganzen Träume, Phantasien und Wünsche, während man sich am Nebenhelden abarbeiten kann.
“Der Nebenheld verkörpert das Realitätsprinzip, ist mit vielen, ganz menschlichen und nachvollziehbaren Fehlern und Charakterschwächen behaftet.”11
- Der “weiche” Zeichenstil (Walt Disney) weckt positive Assoziationen. Malen Kinder ihre Lieblingshelden, verwenden sie diese runden Formen, mit eckigen Formen arbeiten sie, um negative Gefühle auszudrücken.
- Eine Hörwelt, die die Kinder anspricht, aber nicht überfordert
4. Welche Sendungen und Filme schaust du dir gerne an ?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Allgemeiner Favorit ist die Confetti Show, die um die Mittagszeit stattfindet und für Kinder ein altersgemäßes Programm bietet: einfache Zeichentrickfilme, das Confetti Studio und Reportagen aus der Welt der Kinder, sowie Rätsel für Kinder.
Die Vorabendserie “Full House” erfreut sich besonders bei den Mädchen allergrößter Beliebtheit. Full House ist eine typisch amerikanische Sitcom, bei der brav Gelächter im Hintergrund eingespielt wird, damit man weiß, wann man zu lachen hat. Ein alleinerziehender Vater lebt mit seinen drei Töchtern gemeinsam mit einem anderen Vater von Zwillingen und dessen Frau in einem großen Haus. Ein chaotischerJunggeselle steht ihnen auch noch zur Seite und alle zusammen erleben eine Menge lustiger Geschichten, die durchwegs völlig harmlos sind. Das Einzige, was hier anzumerken wäre, ist, wie Neil Postman in seinem Buch vom “Verschwinden der Kindheit” schon erwähnte, dass alle Kinder, die in der Serie dargestellt werden, sich einfach weder benehmen wie Kinder, noch gekleidet sind wie Kinder. Sie stellen vielmehr lauter neunmalkluge Erwachsene dar, die immer einen Spruch parat haben. Aber diese Tatsache ist in allen weiteren Vorabendfamilienserien auch zu beobachten und trifft nicht nur auf “Full House” zu.
Gleiches kann man auch von den amerikanischen Vorabendserien “Alle unter einem Dach” und “Hör mal, wer da hämmert” berichten. Aber im Großen und Ganzen sind diese Serien, wie schon erwähnt, völlig harmlos und ein seichter Spaß für jung und alt.
Die Simpsons, die täglich nach der Confetti Show gesendet werden, sind für Kinder unter 12 Jahren nicht geeignet . Die Simpsons sind eine Zeichentrickfamilie aus Springfield, die die amerikanische Durchschnittsfamilie ordentlich aufs Korn nehmen. Der Vater (Homer) ist ein Säufer und Nichtsnutz, der in einem Atomkraftwerk als Sicherheitsbeauftragter arbeitet. Die Mutter (Marge) ist eine Hausfrau und die Kinder Bart, Lisa und Maggie spielen eine wichtige Rolle. Bart ist ein zehnjähriger Lausbub, der ständig mit seinem Vater streitet. Lisa, seine jüngere Schwester ist der ganzen Familie vom Intellekt her stark überlegen und die kleine Maggie sitzt nur da und kaut am Schnuller herum. Da gibt es noch die hochreligiösen Nachbarn, die ständig von den Simpsons hereingelegt und verspottet werden, den nur halb so christlichen Pfarrer, den total verklemmten Schuldirektor Skinner, der immer seiner Mutter gehorchen muss, den Inder, der seinen Supermarkt rund um die Uhr offenhält, um durchzukommen, den völlig verblödeten Polizeiinspektor Chief Wiggum und viele schräger Gestalten mehr. Es werden Themen behandelt, die sich um Sex, Liebe, Gewalt und Streitereien drehen. Weiters bekommen viele Meisterwerke der Filmgeschichte ihr Fett ab.
Ich bin ein großer Fan der Serie, bin aber der Meinung, dass sie für Kinder unter zwölf nicht geeignet ist, sondern für Erwachsene konzipiert wurde.
Weiters folgt Herkules, der von Montag bis Freitag um 16.25 Uhr gesendet wird und sich bei Buben wie Mädchen großer Beliebtheit erfreut. Herkules behandelt sagenumwobene Themen und spart nie mit Gewalt, hilft aber immer den Schwachen und Armen und setzt seine Hiebe nur gegen die “bösen” Buben ein, die ihre “gerechte” Strafe bekommen. Er entlässt das Kind in bester Märchenmanier mit der Bestätigung, dass das Gute immer siegt.
Die schon seit über fünf Jahren täglich von Montag bis Freitag ausgestrahlte Seifenoper “Gute Zeiten, schlechte Zeiten” erfreut sich speziell bei den Mädchen größter Beliebtheit. “Gute Zeiten, schlechte Zeiten” wird immer von 19.40 Uhr bis 20.15 Uhr gesendet und ist in Deutschland mit täglich über 5 Millionen jungen Sehern das erfolgreichste Format des Privatsenders RTL. Auch in Österreich ist “Gute Zeiten, schlechte Zeiten” nun schon seit Jahren fast jede Woche die erfolgreichste Sendung eines Deutschen Privatsenders mit täglich zwischen 200 und 300 Tausend Sehern.
Auch die Daily Soaps “Unter Uns” und “Marienhof” wurden von einigen weiteren Mädchen als eine ihrer Lieblingssendungen genannt. Ungefähr die Hälfte der Mädchen sind Anhänger dieser Seifenopern, die speziell für Jugendliche konzipiert sind.
Dies stimmt mich etwas bedenklich, da ich die drei genannten Serien selbst schon oft gesehen habe und mir dadurch ein Urteil über sie bilden kann. Das Konzept spricht eindeutig die Jugendlichen ab 13 oder 14 Jahren an. Fast alle Schauspieler sind in der Altersgruppe der 14 bis 29 jährigen zu finden und alles dreht sich um ihre Probleme rund um die Liebe, Partnerschaft, Sex und Beziehungsprobleme. Die Handlung ist, wie man so schön lesen kann, voll aus dem Leben gegriffen und es könnte einem jeden von uns so ergehen wie einer der Figuren in einer Seifenoper. Nur kann ich es mir schwer vorstellen, dass mein totgeglaubter Vater plötzlich auftaucht, um mich aus meiner Adoptivfamilie zu sich zurückzuholen, meine Mutter mit einem Barkeeper nach Amerika durchbrennt, meine Freundin, ohne dass ich es weiß, auf den Strich geht , mich mit meinem besten Freund betrügt und ich von der Polizei wegen eines Verbrechens gesucht werde, das der Ex-Freund meiner Mutter gemeinsam mit meiner Arbeitskollegin und deren lesbischen Freundinnen begangen hat. Aber so ist der Alltag der heutigen TV-Seifenopern. Überall werden Intrigen gesponnen, dagegen war Joan Collins im Denver Clan der 80 iger Jahre geradezu ein frommer Engel !
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Seifenopern für Kinder unter 12 Jahren irgendetwas Positives vermitteln. Gerade in dem Alter, wo das Kind selbst anfängt, sich für das andere Geschlecht ein wenig zu interessieren und erste spielerische Annäherungsversuche gemacht werden, ist es meiner Meinung nach ein einschneidender Nachteil, schon im Vorhinein durch die harte Schule des Fernsehens alle Geheimnisse und dunklen Seiten der Liebe mit seinem Serienhelden durchlebt zu haben.Die Unvoreingenommenheit des Kindes geht dabei sicher zu einem gewissen Grad verloren und das finde ich sehr schade! Ich möchte mich an dieser Stelle auf Neil Postman berufen, der in seinem, wie ich finde, exzellent geschriebenen Buch “Vom Verschwinden der Kindheit” mehrmals warnend den Zeigefinger hebt, indem er schreibt:
“ ...es ist für die elektronischen Medien unmöglich, Geheimnisse für sich zu behalten, aber ohne Geheimnisse kann es so etwas wie Kindheit nicht geben ! “12
Sportsendungen benötigen keinen weiteren Kommentar und werden wie zu erwarten bevorzugt von den Buben geschaut.
Dass “Wetten, dass” in den Top 10 der Schüler zu finden war, hat mich auch nicht weiter verwundert, ist “Wetten, dass” doch die letzte große Samstagabendshow im deutschsprachigen Fernsehraum. Sie fasziniert durch die - meiner Meinung nach immer schlechter werdenden - Wetten, ein vielfältiges Angebot an nationalen und internationalen Topstars und durch Thomas Gottschalk, den König aller deutschen TV-Entertainer.
Somit ist “Wetten, dass” auch für Kinder ein vergnügliches Fernsehereignis und stimmt höchstens wegen der chronischen Überlänge (Ende fast nie vor 23.00 Uhr) bedenklich.
Dann folgt eine amerikanische Serie, auf die ich nochmals näher eingehen möchte. Es ist dies die “Schrecklich nette Familie”. Der Held der Serie ist Al Bundy, ein frustrierter, sexistischer, franzosenfeindlicher Schuhverkäufer. Seine Frau Peggy sitzt den ganzen Tag vor dem Fernseher und hat noch nie für ihren Mann gekocht. Kelly, die Tochter, ist der personifizierte Blondinenwitz und ihre einzige Bestimmung ist es, alle Männer der Stadt herumzukriegen. Bud, der Sohn, ist ein verklemmter Junge, der sich jeden Tag mit Isis, seiner Gummipuppe vergnügt und nebenbei versucht, endlich sein erstes Mal hinter sich zu bekommen. Die Handlung und die Aussagen, die ständig getätigt werden, enthalten alles, was ich meinem Kind nie zumuten würde. Es gibt meiner Meinung nach keine perfektere Fernsehserie, die ich nie und nimmer einem Kind anschauen lassen würde. Nicht eine Minute! Menschen, die arbeiten, werden verhöhnt. Alles, was irgendwie heilig ist, wird gnadenlos durch den Kakao gezogen. Peggy will ständig Sex mit Al, doch er kontert immer mit Aussagen wie: “ ach nein, heute kann ich nicht, ich habe vergessen, mir als Beischlafhilfen eine Flasche Whisky und ein Tittenmagazin zu kaufen”. Weiters hat Al Bundy mit seinen Saufkumpanen einen “Verein gegen die emanzipierten Frauen” gegründet, der seine Versammlungen in der nahen Nacktbar abhält. Ich könnte noch hunderte Beispiele dieser Art bringen, aber ch denke mir, man kann sich einen ersten Eindruck der Serie verschaffen und verstehen, warum ich glaube, dass sie für Kinder ganz und gar nicht geeignet ist.
“Kommissar Rex” ist nicht umsonst die erfolgreichste ORF/SAT1 Produktion der neunziger Jahre. Spannende Fälle, ein witziges Personal der Wiener Mordkommission und vor allem der Hund als eigentlicher Held der Serie. Somit ist die Serie natürlich auch bei den Kindern sehr beliebt, wobei dieser Verdienst natürlich dem gescheiten Hund zuzuschreiben ist, auf den der Ausgang der Fälle zugeschnitten ist.
Sowie “Gute Zeiten, schlechte Zeiten” fast alleiniger Favorit der Mädchen ist, ist James Bond, der furchtlose Agent im Dienste seiner Majestät alleiniger Favorit der Buben. Ich habe unlängst eine seriöse Dokumentation über den Mythos James Bond in ORF2 (Im Brennpunkt) gesehen. Er erfreut sich vor allem bei den Männern größter Beliebtheit, da er so ist, wie sich jeder Mann selber auch gerne sehen würde. Er ist mutig, stark und listig, ihm erliegen alle Frauen und er steht immer über den Dingen. Die Buben bevorzugen die James Bond Filme aber vor allem wegen der aufwendigen Actionszenen, die sich durch die Filme hindurchziehen. James Bond ist, wenn man es so will, eine Comicfigur, die sich schon Jahrzehnte lang größter Beliebtheit bei Alt und Jung erfreut.
5. Besprechen deine Eltern mit dir die Sendungen, die du dir anschaust ?
Die Mehrheit der Kinder antwortete mit “eher nicht” oder “überhaupt nicht”. Ich habe einige Kinder befragt, die angaben, dass ihre Eltern mit ihnen die Sendungen, die sie anschauen, meistens besprechen. Der Großteil sagte mir, dass sich die Eltern danach erkundigen, ob ihnen die Sendung gefallen hat oder sie lassen sich kurz den Inhalt erzählen. Ein Bub antwortete mir folgendermaßen: “Ja, die Mama sagt immer, dass das ein Scheiß ist, was ich mir anschaue!” Es ist sicherlich sinnvoll, mit den Kindern über eine Sendung zu diskutieren und etwaige Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, aber man sollte die Kinder nicht zu sehr bedrängen. Ich bin in diesem Punkt ganz der Meinung von Jan-Uwe Rogge, der in seinem Buch “Kinder können fernsehen” zum Thema “Nachbearbeitung von Fernsehsendungen” folgendes meint:
“Kinder brauchen Zeit zum Nachbereiten. Die Dauer hängt allerdings vom jeweiligen Kind als auch davon ab, wie stark es von der Sendung emotional berührt worden ist.”13
Man sollte auf jeden Fall vermeiden, die Kinder im Anschluss an eine Sendung aus- und abzufragen und besser warten, bis das Kind von sich aus ein Gespräch anbietet, gut zuhören und mit der eigenen Anteilnahme und Meinung nicht hinter dem Berg halten.
Weiters muss auf Drohungen, Moralisieren und Nicht-Ernstnehmen unbedingt verzichtet werden.14
6. Siehst du meistens mit oder ohne deine Eltern fern ?
Nur rund jedes vierte Kind gab an, oft mit seinen Eltern fernzusehen. In meiner Fragebogenauswertung konnte ich sehen, dass dies oft auch die Kinder waren, die angaben, dass ihre Eltern die Sendungen meistens mit ihnen besprechen. Da der Großteil kaum mit den Eltern gemeinsame Zeit vor dem Fernseher verbringt, ist dem “Schwachsinn”, der im Nachmittagsprogramm läuft, größtenteils Tür und Tor geöffnet. Ich meine hier vor allem die Talkshows, vor denen man sich, sofern man Kabel- oder Satellitenfernsehen besitzt, kaum noch erwehren kann, da man von einer solchen Fülle an diversen Talkshows fast erdrückt wird. Dass Kinder nicht gerne mit ihren Eltern gemeinsam fernsehen ist verständlich, da vor allem die Mütter ständig irgendetwas an den Lieblingssendungen der Kinder auszusetzen haben. “Kommentare wie:”So ein Blödsinn”, “So etwas Unrealistisches und Kitschiges” oder “Die Sendungen werden immer blöder” etc. werden von den Kindern als sehr nervend empfunden. Außerdem trifft solch ein Kommentar, beispielsweise über den Helden, nicht nur die Sendung, sondern das Kind mitsamt seinen Gefühlen, die es in diesen Helden hineinlegt.15
Es wäre meiner Meinung nach am sinnvollsten, als Elternteil 2 - 3 Sendungen mit dem Kind gemeinsam auszuwählen, sich dies vorher einmal anzusehen und dann das Kind mit seinen Geschwistern oder Freunden fernsehen zu lassen. So ist man über die Sendung im Bilde, das Kind hat Freude daran, sie ohne Eltern sehen zu dürfen und man kann, wenn das Kind darüber sprechen will, mit ihm darüber reden.
7. Wie lange sitzt du ungefähr pro Tag durchschnittlich vor dem Fernseher ?
a) während der Woche:
Ich habe im Vorfeld schon damit gerechnet, dass Mädchen etwas weniger Zeit vor dem Fernseher verbringen, was sich in meiner Untersuchung auch bestätigte. Der Großteil der Mädchen gab an, täglich etwa eine Stunde oder eine bis zwei Stunden mit Fernsehen zu verbringen. Bei den Buben bestätigte sich meine Vermutung, dass sie während der Woche bis zu drei Stunden täglich oder mehr vor der Mattscheibe verbringen.
Ich habe den Durchschnittswert berechnet und dabei angenommen, dass 1 - 2 Stunden 1,5 Stunden, 2 - 3 Stunden 2,5 Stunden und > 3 Stunden 3,5 Stunden entspricht. Dabei komme ich auf einen Durchschnittswert von 103 Minuten pro Kind an einem Wochentag. Darauf habe ich beim ORF angefragt und um genaue Zahlen gebeten. Ich wurde auf das ORF-Internet verwiesen, wo ich die von der Medienanalyse erhobenen Zahlen finden konnte. Auf den ORF- Internetseiten werden Kinder als eine Altersgruppe von 3 bis 11 Jahren geführt. Dabei wird angegeben, dass die tägliche durchschnittliche TV- Nutzungszeit 1999 für Kinder (3 bis 11 Jahre) 71 Minuten betrug16. Anbei wird darauf verwiesen, dass es im Altersraum 3 - 7 Jahre sehr viele Nichtseher gibt oder welche, die nur sehr wenig fernsehen (dürfen). Darum sei die angegebene Zahl für den Altersraum 8 - 11 Jahre mit dem Faktor 1,62 zu multiplizieren. Das ergibt 115 Minuten durchschnittlich täglich.
Ich möchte an dieser Stelle gleich auf Punkt b) eingehen.
Ich kam mit der selben Rechnung wie bei Punkt a) auf 117 Minuten pro Schüler an einem Wochenendtag. Wochentag und Wochenende zusammengerechnet ergibt täglich durchschnittlich 110 Minuten pro Schüler in meiner Untersuchung. Dieser Wert deckt sich fast genau mit der Medienanalyse im ORF, was mich freut und für mich eine Bestätigung der Untersuchung ist, die ich durchführte. Laut Statistik sehen 20 % der 8 - 11jährigen pro Woche mehr als 40 Stunden fern, was einem täglichen TV-Konsum von ca. 6 Stunden (!!!) entspricht.
Wenn man sich die ORF Statistiken ansieht, kann man gut erkennen, wie der Fernsehkonsum, je älter man wird, deutlich zunimmt. Ein erwachsener Österreicher (12 Jahre und älter) sieht täglich durchschnittlich 151 Minuten fern.17 Wie der ORF zu diesen Zahlen kommt, möchte ich hier kurz beschreiben:
Der ORF-Teletest18
Seit Anfang 1991 werden Reichweiten und Beurteilungen aller in Österreich empfangbaren Fernsehangebote mit Hilfe des elektronischen Zuschauermesssystems “Teletest” erhoben. Vor 1991 geschah dies durch die Tagebuchmethode (Kontinuierlicher Infratest).
Zur Zeit ist in 1200 österreichischen Haushalten mit 2700 Erwachsenen (12 Jahre und älter) und 350 Kindern (3 -11 Jahre) der Schweizer Mikrocomputer “Telecontrol VI” installiert. Da die Daten täglich und in 30- Sekunden-Abständen erhoben werden, handelt es sich um einen gewaltigen Datensatz, der durch die Vielzahl der Einzelbeobachtungen eine enorme Stichprobe darstellt. Die Auswertungen werden mit der Software “PC#TV” durchgeführt und werden täglich via ORF-Text auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht (Seite 376 ff.).
Die Testhaushalte werden mit Hilfe von Repräsentativumfragen rekrutiert und decken alle Alters- und Sozialschichten, alle Regionen, sowie technische Empfangsformen (Kabel, Satellit, Zweit- und Drittfernsehgerät) ab.
In jedem Teletesthaushalt steht ein Teletest-Gerät und über ein kleines Fernbedienungsgerät mit Personentasten wird vom Mikrocomputer alle 30 Sekunden registriert, wer wann welches Programm sieht. Beim Einschalten des Fernsehgeräts erscheint eine Bildschirminformation: “Bitte Personentaste drücken und gegen Ende jeder Sendung eine Note geben.”
Die so gewonnenen Daten werden jeden Morgen zwischen 3:30 und 5:30 telefonisch abgerufen, durchgerechnet und in das ORF-Rechenzentrum transferiert. Damit erhalten das Management und die Programmverantwortlichen einen unmittelbaren Eindruck über die Publikumsakzeptanz der Sendungen vom Vortag.
Der Teletest stellt damit ein wichtiges Service für Sendungsmacher und Werbewirtschaft dar, da die Abweichung der Teletestergebnisse maximal 1,2% von der “Realität” beträgt.
Der Marktanteil
Der Marktanteil kann sowohl für eine Sendung als auch für einen Sender bestimmt werden. Die Sendung “X” hat zum Beispiel einen Marktanteil von 26%. Das bedeutet, das 26% aller Leute, die gerade den Fernseher eingeschaltet haben, diese Sednung schauen. Wichtig ist dabei, dass nicht 26% aller Österreicher, die ein TV-Gerät besitzen, diese Sendung schauen, sondern 26% der Österreicher, die gerade das TV-Gerät eingeschaltet haben. Man kann auf diese Weise natürlich auch den durchschnittlichen Marktanteil einer Sendung in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr ermitteln. Den Marktanteil eines einzelnen Fernsehsenders ermittelt man auf ähnliche Weise. Die Gesamtheit aller Sender sind 100% und wenn zum Beispiel 100 000 Leute ihr TV-Gerät eingeschaltet haben und 10 000 Leute den Sender ORF1 sehen, so hat dieser Sender einen Marktanteil von 10%.
Die beliebtesten Fernsehsender der Kinder in Österreich mit Kabel- oder Satellitenempfang sind folgende:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 19
Die eindeutigen Spitzenreiter der Kinder sind ORF1 und Super RTL, was durch das vielfältige Angebot an Kindersendungen begründet ist. ORF1 bringt während der Woche täglich von 12 bis 18 Uhr Zeichentrick-, Kinder- und Jugendsendungen und auf Super RTL läuft von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr abends Kinderprogramm.
b) am Wochenende:
Am Wochenende wird mehr ferngesehen, was aber aufgrund der erhöhten Freizeit zu erwarten war. Fast zwei Drittel der Mädchen gaben an, zwischen einer und drei Stunden fernzusehen und ein Drittel der Burschen schaut mehr als drei Stunden pro Wochenendtag in die Röhre.
8. Welche Programme kannst du zu Hause empfangen ? (86 Schüler)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bis auf elf Kinder können alle anderen Kinder Kabel- oder Satellitenfernsehen zu Hause empfangen.
Dies sind 87% der Haushalte, die auf eine große Programmvielfalt zurückgreifen können und damit etwas mehr als in der Heimelektronikentwicklungsstatistik, die seit 1986 geführt wird und besagt, dass 77,4% der österreichischen Haushalte über einen Kabel oder Satellitenanschluss verfügen. Gerade auf diesem Gebiet ist seit 1986 ein großer Zuwachs zu verzeichnen. Damals waren es nur 13%, die sich diesen Luxus leisteten. 1993 waren es schon 55%, 1995 67 % und heute sind es die schon erwähnten 77,4% der österreichischen Haushalte.20
9. Schaust du dir manchmal Talkshows an?
Genannt wurden folgende Talkshows:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie man sehen kann, sind die Kinder der dritten und vierten Klassen schon Freunde der Talkshows geworden.
Ich habe in der Karwoche einmal das Fernsehprogramm durchgeblättert und mir einige Talkshows angesehen. Ich möchte hier nur einen kurzen Auszug der insgesamt über 50 Themen bringen, die von Montag bis Freitag am Nachmittag auf PRO7, RTL,SAT1 und ORF2 “diskutiert” werden.
“Sexbombe sucht Mann! Wer will mich ?”
“Warum habe ich dich bloß geheiratet ?”
“Du hast aus meinem Leben ein Chaos gemacht”
“Mit meiner Familie traue ich mich nicht mehr auf die Straße”
“Ich bin fett und du bist schuld !“
“Ihr habt mich belogen! Erfahre ich heute wer meine Eltern sind ?”
”Mach mir nichts vor, du gehst doch fremd!”
“Sensationell! Heute krieg ich einen neuen Busen!”
“Ich bin zu schön für nur eine Frau. Siehst du das heute ein?”
“Für`s Bett bist du mir zu dick!”
Ich glaube es genügt an dieser Stelle, 10 Themen der Karwoche zu nennen, um sich ein Bild von den Themen der Talkshows machen zu können. Es gibt kein Thema mehr, das es nicht wert wäre, am Nachmittag durchgekaut zu werden. Ausgenommen Barbara Karlich auf ORF2 und Hans Meiser auf RTL, die sich wenigstens noch um ein Mindestmaß an Seriösität und Qualität bemühen, kann man den Rest der Talkshows mit gutem Gewissen als völlig unseriös, sensationsgeil und niederträchtig beschreiben. Es geht dabei wirklich nach dem Motto “Nichts ist zu blöd und zu intim, um “diskutiert” zu werden und kein Gast ist zu verrückt und zu dämlich, um nicht eine Chance zu bekommen, ins Fernsehen zu kommen”
Die Themen wiederholen sich in irgendeiner Form ständig, was aber bei mehr als 2500 “verschiedenen” Themen pro Jahr auch kein Wunder ist. Darum wird auch nach immer skurrileren Themen gesucht und ich warte schon auf das Thema: “Ich habe ein Wildschwein als Haustier und Sex mit ihm !” Lange muss ich bestimmt nicht mehr darauf warten ! Freunde der gehobenen Sprache oder zumindest jene einer halbwegs annehmbaren Sprach- und Diskussionskultur werden sich mit Grausen den Talkshows abwenden. Es wird durcheinandergeschrien, geflucht, geschimpft, mit vulgären Kraftausdrücken nur so herumgeschmissen und wenn man sich die Moderatoren ansieht, hat man höchstens das Gefühl, dass sie sich mit größter Freude daran ergötzen (Ich denke hier zum Beispiel an Andreas Türck, den Favoriten der Kinder, der sein breites, schelmisches Grinsen auch dann nicht ablegt - oder gerade dann aufsetzt - wenn eine “Freundin” der anderen wieder einmal an den Kopf wirft, welch große Schlampe sie nicht sei).
Mich erinnert das Ganze sehr an das Kasperltheater, das ich mir als Kind gerne angesehen habe. Nur sind Talkshows (nicht alle, aber fast alle) eben das Kasperltheater für Erwachsene.
Die “guten” Gäste werden euphorisch gefeiert und die “bösen” Gäste werden ausgebuht, es wird geschrien und getobt. Die Talkshowproduzenten setzen natürlich im Vorfeld auf möglichst kontroverse Meinungen zum jeweiligen Thema und ich frage mich immer wieder, wo sie diese Gäste herbekommen. Vermutlich aus den Entzugskliniken, vom Straßenstrich oder direkt aus dem Irrenhaus!
Ich kann zu diesem Thema mit meiner Meinung einfach nicht hinter dem Berg halten, denn ich ärgere mich jedesmal wieder, wenn ich auch nur fünf Minuten einer Talkshow zu sehen bekomme. Ich habe für mich die Konsequenzen daraus gezogen und bin schon seit einiger Zeit ein konsequenter Talkshowverweigerer.
Ich muss mich an dieser Stelle fragen, was für ein Bild ein möglichst unvoreingenommenes Kind von der Gesellschaft bekommt, in der es lebt, wenn es sich eine Woche lang durch ein paar Talkshows kämpft !?! Ich lasse diese Frage so stehen, denn eine Antwort darauf kann ich auch nicht geben.
Ich hoffe nur, dass möglichst viele Eltern ihren Kindern verbieten, Talkshows zu sehen. Für mich sind Talkshows das Gefährlichste, was es im Fernsehen zu sehen gibt, denn außer Sturheit, Ignoranz, , Gewaltbereitschaft, Sexbesessenheit und Menschenverachtung kann ein Kind dabei sicher nichts lernen.
10. Was ist dein Lieblingsfilm ?
Häufig genannt wurden folgende Filme:
“Doktor Doolittle”, “Ein Schweinchen namens Babe”, “Der König der Löwen”, Filme von und mit “Bud Spencer”, “Asterix”, “Kevin allein zu Hause”und “Star Wars”
Dies sind zum größten Teil Kinderfilme und somit weitgehend unbedenklich.
In der Hitliste der meistgesehenen Filme der Kinder 1999 im ORF ist Asterix mit drei verschiedenen Episoden auf den ersten drei Plätzen zu finden. Die anderen Filme, die von den Kindern in meiner Befragung genannt wurden, liefen im Jahr 1999 nicht im ORF (außer Bud Spencer Filme), aber ich nehme an, dass sie auch in der ORF Hitliste einen Spitzenplatz einnehmen würden.
11. Ist deine Mutter am Nachmittag meistens zu Hause oder in der Arbeit ?
10 Buben und 8 Mädchen gaben an, dass ihre Mutter am Nachmittag in der Arbeit ist. Die Auswirkungen auf deren Fernsehkonsum behandle ich etwas später bei den Detailauswertungen, nur soviel sei hier vorweggenommen, dass sich die Arbeitstätigkeit der Mutter am Nachmittag nicht nachweisbar auf den Fernsehkonsum der Kinder in meiner Untersuchung auswirkt !
12. Kennst du ein paar Werbespots (Werbungen) ?
Die am häufigsten genannten Werbungen sind folgende:
Coca Cola, Red Bull, Mac Donalds, Wiskas, Pedigre Pal, Müller Milch, Pringels, Mazda, Haribo, Mars, Diesel und Frolic
Die Kinder kennen eine Reihe von Fernsehwerbungen, die sie täglich zu sehen bekommen. Von diesen werden sie natürlich ständig beeinflusst und man sollte nicht meinen, dass Kinder einen unwesentlichen Einfluss auf den Markt haben. Mit ihrem ersten Taschengeld werden sie zu selbständigen Verbrauchern. Dabei lernen sie, ihre Wünsche sich selbst zu erfüllen. Kinder werden immer bedeutender für die Hersteller der Produkte, die entweder von Kindern selbst gekauft werden oder die die Kinder sich von ihren Eltern kaufen lassen. Die folgenden Aspekte sollen die Bedeutung der Kinder für den Markt verdeutlichen:
1. Kinder bekommen Taschengeld und geben dies dafür aus, ihre Wünsche zu erfüllen.
2. Die Kinder beeinflussen zunehmend ihre Eltern.Sie veranlassen sie, ihnen Dinge zu kaufen, die sie sich nicht selbst kaufen können, weil ihr Taschengeld dafür nicht reicht, oder weil sie es dafür nicht ausgeben wollen.
3. Die Kinder beeinflussen außerdem die Kaufentscheidung ihrer Eltern, wenn es um die Markenwahl bestimmter Produkte geht, z.B. bei Getränken, Nahrungsmitteln, Sportartikeln, Schuhen und dergleichem.
4. Darüber hinaus diktieren Kinder die Kaufentscheidungen der Eltern. Dadurch, dass sie Dinge verweigern, die sie nicht mögen, zwingen sie ihre Eltern, in Zukunft solche zu kaufen, die sie mögen.
13. Kennst du ein paar Werbesprüche ?
Der Werbeslogan “Red Bull verleiht Flügel” wurde von jedem dritten Kind genannt. “Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso” wurde auch sehr oft angeführt genauso wie: “Pringels, einmal gepoppt, nie mehr gestoppt.”
Weitere Werbeslogans wurden noch mehrmals genannt:
Lutz, was der alles hat!
Es macht viel Spass mit Toffifee
Frolic bringt Hunde auf Zack
Almigurt von Ehrmann, keiner macht mich mehr an!
Schon Kinder erkennen eine Reihe von Werbeslogans, die sie sich durch ständige Wiederholungen einprägen. Ein Werbeslogan ist meist kurz, prägnant und reimt sich meistens, enthält einen Stabreim oder irgendein Wortspiel. Untermalt wird dieser oft von melodiöser und rhythmischer Musik, um die Wiedererkennung zu unterstützen. Kinder erfahren in der Werbung, dass zum Beispiel gerade Frolic Hunde auf Zack bringt oder dass, wenn man Red Bull trinkt Körper und Geist belebt wird und man somit ein vitalerer unt tatkräftigerer Mensch ist. Jede Werbung für sich erzählt eine kleine Geschichte und soll anregend, spannend oder lustig sein. Marshall McLuhann, der wohl bedeutendste Medienwissenschaftler seiner Zeit, der unter anderem revolutionäre Bücher wie “The global village” verfasste, wurde einmal gefragt, warum die Nachrichten im Fernsehen stets schlechte seien. Er entgegnete, dass das keineswegs so sei, denn die Fernsehwerbung bringe die guten Nachrichten. Es sei tröstlich zu wissen, dass man sich von der täglichen Schufterei durch einen Trip nach Mallorca erholen kann, dass man seinen Status erhöhen kann, indem man sich einen Mercedes kauft, dass man eine bessere Hausfrau wird, wenn man ein bestimmtes Waschmittel benutzt oder dass man seinen Sex-Appeal mit einem bestimmten Mundwasser steigern kann.21
Über diese und andere Motivationen ist ein Kind bereits ab 3 Jahren voll informiert und wird somit meiner Meinung nach durch die Fernsehwerbung schon ab der frühesten Kindheit zu einem in der Konsum- und Kaufgesellschaft gefangenen Verbraucher erzogen.
3. DIE AUSWIRKUNGEN DES FERNSEHENS AUF DIE KINDHEIT
"Zwischen 1950 und 1979 ist die Zahl der von Kindern und Jugendlichen unter fünfzehn Jahren begangenen schweren Verbrechen um das Hundertzehnfache oder elftausend Prozent gestiegen."22
Angehörige älterer Generation werden sich daran erinnern, dass es einmal einen bedeutsamen Unterschied zwischen der Kinder- und der Erwachsenenbekleidung gegeben hat. In den letzten zehn bis zwanzig Jahren hat die Kinderbekleidungsindustrie einen derart raschen Wandel durchgemacht, dass die "Kinderkleidung" praktisch verschwunden ist. Wie die Unterschiede in der Kleidung, so verschwinden auch die Kinderspiele der Kinder auf den Straßen unserer Dörfer und Städte immer mehr. Peter und Iona Opie, die bedeutenden englischen Historiker des Kinderspiels, haben Hunderte von Spielen ermittelt, die gegenwärtig von amerikanischen Kindern kaum noch gespielt werden. "Selbst das Versteckspiel, das schon vor zweitausend Jahren im Athen des Perikles gespielt wurde, ist aus dem Repertoire der selbstorganisierten Kindervergnügungen fast völlig verschwunden."23
Neil Postman ist der Meinung, dass die Kindheit, als solche wie wir sie kennen, vom Aussterben bedroht ist. Er sieht den tragendsten Beweis für seine These in der Tatsache, dass die Geschichte der Kindheit inzwischen zu einem wichtigen Zweig des Wissenschaftsbetriebs geworden ist. Er führt an, dass Historiker und Gesellschaftskritiker in den letzten beiden Jahrzehnten Dutzende gewichtige Werke über die Kindheitsgeschichte hervorgebracht haben., während in der Zeit etwa zwischen 1800 und1960 nur sehr wenig über dieses Thema geschrieben wurde. Warum gerade jetzt ? Eines lässt sich laut Postman zweifellos feststellen und zwar, dass die besten historischen Darstellungen immer dann geschrieben werden , wenn ein Ereignis abgeschlossen ist, wenn eine Periode zu Ende geht, wenn es unwahrscheinlich ist, dass sie einen neuen , kraftvollen Aufschwung erlebt.
"Die Historiker kommen im Allgemeinen nicht zur Hochzeit, sondern zum Begräbnis. In jedem Falle tun sie sich mit einer Autopsie leichter als mit der Berichterstattungüber offene Entwicklungsprozesse."24
3.1. Die Geschichte der Kindheit
3.1.1. Die Kindheit in der Antike
Über die Einstellung der Antike zum25 Kind weiß man sehr wenig. Die Griechen beispielsweise widmeten der Kindheit als einer besonderen Altersstufe nur geringe Aufmerksamkeit und ihre Wörter für "Kind" und "Jugendlicher" sind zumindest mehrdeutig und scheinen fast jedermann zwischen dem Säuglings- und dem Greisenalter zu umfassen. Doch zweifellos waren es die Griechen, die die Idee der Schule erfunden haben.
Dennoch hatten die Griechen ein ganz anderes Verständnis für die Kindheit und Lloyd deMause ist der Überzeugung, dass ein sehr großer Prozentsatz der vor dem 18.Jh geborenen Kinder "geschlagene Kinder" waren. Er vermutet weiters, dass "hunderte Generationen von Eltern" zusahen, wie ihre Kinder unter vielfältigen Qualen litten, weil sie nicht imstande waren, sich in ein Kind hineinzuversetzen.26
Sozusagen frei nach dem Motto: Die Rute macht aus bösen Kindern gute.
3.1.2. Die Kindheit im alten Rom
Die Römer übernahmen die Schulerziehung von den Griechen und entwickelten ein Bewusstsein für die Eigenart der Kinder, das über die griechische Anschauung hinauswies.
"Die römische Kunst etwa zeigt einen ganz außerordentlichen Sinn für Lebensalter, für das kleine und das heranwachsende Kind, wie man ihm in der abendländischen Kunst bis in die Zeit der Rennaissance nicht mehr begegnen sollte."27
Außerdem waren es die Römer, die als erste einen Zusammenhang zwischen dem Kind als solches und der Idee der Scham herstellten. Der entscheidende Punkt hierbei ist dieser, dass es ohne entwickeltes Schamgefühl Kindheit nicht geben kann. Was auf das römische Reich folgte, war der Abstieg Europas in das "finstere" Mittelalter.
3.1.3. Die Kindheit im Mittelalter
Was laut Neil Postman dabei in unseren Schulbüchern über diese Epoche meistens übersehen wird, sind vier Punkte, die für die Geschichte der Kindheit besonders wichtig sind.
Postman schreibt: "Erstens, es verschwindet die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben, kurz die "Literalität". Zweitens, es verschwindet die Erziehung. Drittens, es verschwindet das Schamgefühl. Und viertens, infolge der drei anderen Prozesse kommt es zum Erlöschen der Kindheit."28
Die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben war zwar nicht ganz verschwunden, doch war sie einer privilegierten Klasse vorbehalten. Die Buchstaben waren viel zu kompliziert und verschnörkelt und nur die sogenannten Gelehrten konnten damit umgehen. Man nennt dies die sogenannte "Fachliteralität" (Gegenteil: "soziale Literalität": Verhältnisse, in denen die meisten Menschen lesen können und dies auch tun), die im Mittelalter vor allem die Kirche zur Kontrolle der Bevölkerung zu ihren Gunsten nutzte.
Die mittelalterliche Form des Lernens in Schulen entsprach der Mündlichkeit, was wiederum dem heutigen "Lernen in der Praxis" entspricht.
"Mit Sicherheit kann man sagen, dass es in der mittelalterlichen Welt keine Vorstellung von kindlicher Entwicklung gab, keine Vorstellung von Bildungsvoraussetzungen oder einem Lernen in geordneten Schritten, keinen Begriff von Schulausbildung als Vorbereitung auf die Erwachsenenwelt. Sie hatten keine Vorstellung von Erziehung."29
Weiters hatten die Menschen im Mittelalter keine Vorstellung von Schamgefühl, wie wir es heute verstehen. Die Idee des Schamgefühls beruht ja zum Teil auf Geheimnissen.
"Einer der Hauptunterschiede zwischen dem Erwachsenen und dem Kind, so könnte man sagen, besteht darin, dass der Erwachsene bestimmte Seiten des Lebens - seine Geheimnisse, seine Widersprüche, seine Gewalttätigkeit, seine Tragik - kennt, von denen, wie man meint, das Kind nichts wissen soll und die ihm ohne weiteres zu offenbaren tatsächlich schamlos wäre. In der modernen Welt enthüllen wir den heranwachsenden Kindern diese Geheimnisse nach und nach, sodass sie sie, wie wir annehmen, psychisch verarbeiten können. Aber eine solche Idee kann es erst in einer Kultur geben, in der eine scharfe Trennung zwischen der Erwachsenen- und der Kinderwelt besteht und in der es Institutionen gibt, die diesen Unterschied zum Ausdruck bringen."30
Erwachsene sprachen im Mittelalter vor ihren Kindern gedankenlos über sexuelle Praktiken, führten eine derbe Redensart und hatten keinerlei Manieren.
3.1.4. Die Auswirkungen der Druckerpresse auf die Kindheit
Als Johann Gensfleisch Guttenberg Mitte des 15. Jh. die Druckerpresse und somit den Buchdruck erfand, löste das eine radikale Umwandlung des geistigen Lebens in der damaligen Zeit aus. Somit wandelte sich auch die Auffassung der Kindheit von neuem.
"Seit der Erfindung des Buchdrucks musste die Erwachsenheit erworben werden. Sie wurde zu einer symbolischen Leistung, war nicht länger Resultat einer biologischen Entwicklung. Seit der Erfindung des Buchdrucks mussten die Kinder Erwachsene erst werden, und dazu mussten sie lesen lernen, die Welt der Typographie betreten. Damit ihnen das gelang, brauchten sie Erziehung. Deshalb erfand die europäische Zivilisation die Schule von neuem. Und damit machte sie aus der Kindheit eine Institution."31
Der Weg, den die Kindheit ab dem 17. Jh. ging, war geprägt von Hochs und Tiefs , aber sie verschwand nie, obwohl es fast dazu gekommen wäre.
3.1.5. Die Kindheit im 18. und 19. Jahrhundert
Die Industrialisierung , die ab dem 18. Jh in Gang gekommen war, erwies sich als großer Feind der Kindheit. Kinder wurden bald als genügsame und billige Arbeitskräfte entdeckt und mussten vor allem im England des 18. und 19. Jh. unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften. Es waren dies vor allem Kinder aus der sozialen Unterschicht und deshalb konnte die Idee der Kindheit nie ganz ausgerottet werden, weil die Oberschicht sie am Leben hielt.
"Die Vorstellung, der Staat habe das Recht, als Beschützer der Kinder aufzutreten, war im 18. Jh. etwas fundamental Neues. Warum der Staat dazu tendierte, eine solche Verantwortung zuübernehmen, dafür gibt es mehrere Gründe. Zu ihnen gehört auch ein ganz Europa umfassendes Reform- und Bildungsbewusstsein."32
Das 18. Jh. war das Jh. Goethes, Voltaires, Kants, David Humes und nicht zu vergessen, es war auch das Jh. Lockes und Rousseaus. Die sogenannte Aufklärung hat damals wesentlich dazu beigetragen, die Idee der Kindheit zu entfalten und zu verbreiten.
"Locke förderte die Theorie der Kindheit durch seine Idee, der Geist des Menschen sei bei der Geburt eine leere, unbeschriebene Tafel, eine Tabula rasa."33
Damit fiel Eltern, Lehrern und später dem Staat große Verantwortung bei der Erziehung zu und ein ungezogenes Kind zeugte fortan vom Versagen der Eltern und nicht mehr vom Versagen des Kindes selbst. Rousseau leistete seinerzeit zwei wichtige Beiträge zur Fortentwicklung der Institution Kindheit.
Der erste Beitrag bestand in der Hervorhebung, dass ein Kind aus sich heraus wertvoll sei und nicht ein Mittel zu einem Zweck. Sein zweiter Beitrag bestand in der Hervorhebung des Kindes als ein Wesen, das dem, wie er es formulierte "Naturzustand", am nächsten komme. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Spontanität, Kreativität, Stärke und Freude der Kinder, die fortan von den Menschen verherrlicht wurden.
Rousseau akzeptierte die Vorstellung, dass das Kind eine eigene Logik und Psychologik aufweist.
"So war gegen Ende des 19. Jh. der Weg für zwei Männer geebnet, deren Werk schließlich die Grundlagen für den theoretischen und begrifflichen Rahmen schuf, in dem sich in unserem Jh. alle Debattenüber die Kindheit bewegten."34
Siegmund Freuds Traumdeutung und John Deweys “The School and Society”.
"Freud und Dewey zeichneten das Grundmuster der Kindheit nach, das sich seit dem Aufkommen der Druckerpresse herausgebildet hatte: das Kind als Schuljunge oder Schulmädchen, dessen Selbst und dessen Individualität durch Pflege und Erziehung bewahrt werden müssen, dessen Fähigkeit zur Selbstbeherrschung, zum Aufschub von Befriedigung und zum logischen Denken erweitert und dessen Kenntnis vom Leben von Erwachsenenüberwacht werden müssen. Gleichzeitig jedoch begreifen sie, dass das Kind seine eigenen Entwicklungsregeln besitzt undüber Charme, Neugier, Ausgelassenheit verfügt, die man nicht unterdrücken darf, weil dann die Gefahr besteht, dass es das reife Erwachsenenalter nie erreicht."35
3.2. Die Kindheit im Zeitalter des Fernsehens
"In der Zeit zwischen 1850 und 1950 erlebte die Kindheit ihre Hochphase."36
Man war sehr bestrebt, alle Kinder aus den Fabriken in die Schulen zu bringen, ihnen eigene Kleidung, eigene Bücher, eigene Spiele und eine eigene soziale Welt zu schaffen. Ihnen wurde bevorzugter Status und Schutz in hunderten von neuen Gesetzten gewährleistet.
Doch genau in dieser Zeit begann sich die Welt der Kinder entscheidend zu verändern. Eine Menge neuer Erfindungen auf dem Informationssektor bewegte die Menschen. Telefon, Fotokamera, Grammofon, Kino, Radio und Fernsehen vollzogen jenen Prozess, den Daniel Boorstin als die "optische Revolution" bezeichent hat, die Entstehung einer Symbolwelt aus Bildern.37
"Bilder fordern vom Betrachter eineästhetische Reaktion. Sie sprechen unsere Gefühle, nicht unseren Verstand an. Sie fordern uns auf, zu empfinden, nicht zu denken."38
Man denke nur an die Tatsache, dass heutzutage für einen Politiker sein Image schon wichtiger geworden ist als seine Inhalte. Die Politiker wissen das natürlich und speziell vor den Wahlen, zum Beispiel bei sogenannten Fernsehduellen zweier Parteispitzenkandidaten, werden eigene Imageberater, Modeberater, Stylingberater,..etc. engagiert, um dem Fernsehzuseher ein möglichst sympathisches Bild von sich zu vermitteln.
"Im Fernsehzeitalter geht es nicht so sehr darum, ob die Leute mit den Ansichten der Politikerübereinstimmen oder anderer Meinung sind, sondern darum, ob ihnen die Politiker sympathisch sind oder nicht."39
Ich denke gerade an meine Großmutter, die während Politiksendungen ständig irgendwelche völlig unwesentlichen Kommentare parat hat. Der schaut aber fad drein, der hat schöne Zähne, der Nächste ist hässlich und alt geworden und wieder dem Nächsten muss man glauben, weil der so ehrlich dreinschaut.
Wenn man als Lehrer Schulbücher für seine Schüler aussucht, dann bestimmt man diese nicht nur aufgrund des Wortschatzes, der darin vorkommt, sondern auch aufgrund des Inhalts, der Altersstufe entsprechend. Man geht davon aus, dass bestimmte Bücher Informationen, Erfahrungen und Ideen für Kinder der 2.Schulstufe, andere Bücher wiederum Informationen für Kinder der 4. Schulstufe enthalten.
Das Fernsehen wiederum entzieht dieser Informationshierarchie die Grundlage, da es in erster Linie ein visuelles Medium ist. Man braucht für Bilder kein ABC lernen und um ihre Bedeutung zu verstehen, muss man keine Grammatik, Logik oder Rechtschreibung lernen. Man benötigt keine Hausaufgaben und keine Ausbildung um richtig Fernsehen zu können und niemand wird durch mehr Fernsehen zu einem besseren Fersehzuschauer.
"Die erforderlichen Fähigkeiten sind so elementar, dass uns von einem Fall von Fernsehschwäche bisher noch nichts zu Ohren gekommen ist."40
Anders als bei Büchern, die sich aufgrund ihrer Komplexität verschiedenen Altersstufen und einem verschiedenen Bildungsgrad zuordnen lassen, ist das Fernsehbild für jeden, ungeachtet seines Alters, zugänglich.
"Untersuchungen von Daniel Anderson und anderen haben ergeben, dass Kinder mit 36 Monaten anfangen, das Geschehen auf dem Bildschirm mit systematischer Aufmerksamkeit zu verfolgen. In diesem Alter haben sie ihre Lieblingssendungen, können Reklamemelodien singen und verlangen nach den Produkten, für die im Fernsehen geworben wird."41
Man kann behaupten, dass das Fernsehen die Trennungslinie zwischen Kindheit und Erwachsenenalter aus 3 Gründen verwischt: Erstens, weil es keiner Einschulung bedarf, um es zu begreifen; zweitens, weil es an das Denken keine komplexen Anforderungen stellt; und drittens, weil es sein Publikum nicht in Altersstufen gliedert.
Neil Postman schreibt dazu folgendes: "Unter diesen Bedingungen ist es für die elektronischen Medien unmöglich, irgendwelche Geheimnisse zu bewahren. Ohne Geheimnisse aber kann es so etwas wie Kindheit nicht geben."42
Das Fernsehen zwingt die gesamte Kultur ins Scheinwerferlicht. Es arbeitet rund um die Uhr und ist ständig auf Nachschub von neuen interessanten Informationen angewiesen, um sein Publikum bei der Stange zu halten. Deshalb muss das Fernsehen ständig kulturelle Tabus brechen. Ob in Talk Shows, Seifenopern, Infomagazinen oder in der Werbung. Es braucht ständig neues Material und kann daher nicht lange bei einem bestimmten Thema verweilen, geschweige denn, es lange auf seine Richtigkeit untersuchen. Fernsehen erzeugt beim Publikum ein unersättliches Bedürfnis nach Neuigkeiten und Enthüllungen, das zu stillen ist. Ereignisse wie etwa die Oscar-Verleihung oder die Miss World Wahlen sind solche, die speziell für das Fernsehen inszeniert worden sind. Es ist genau so, wie es Neil Postman bezeichnet, wenn er davon schreibt, dass das Fernsehen nicht über die Ereignisse berichtet, sondern sie herstellt.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen man den Zugang zu den niedergeschriebenen Geheimnissen und dem Wissen erst erlernen musste, indem man das Lesen lernte und auch noch weitere Hindernisse überwinden musste, ist es heute kein Problem mehr, über alles und jedes schon als Kind durch das Fernsehen seine Informationen zu erlangen. Wollte man beispielsweise in vergangenen Tagen über die Sexualität Bescheid wissen, musste man zuerst ein Buch darüber finden, es erwerben und dann musste es auch noch gelesen werden.
Man braucht sich heute als Kind nur einen ganzen Tag vor den Fernseher setzen und kann angefangen von den diversen "Mittagsmagazinen" - die aufgrund steigender Quote, wenn ein Sexthema gebracht wird auch ständig verlässlich ein solches bringen -, über Talkshows am Nachmittag, in denen sich sowieso niemand ein Blatt vor den Mund nimmt und sich fast jede Sendung ums Thema Nummer 1 dreht - den Tag bei den vielen verschiedenen Erotiksendungen ausklingen lassen (Peep!, Wahre Liebe, Liebe Sünde, ). Am Ende eines solchen Tages weiß das 8 jährige Enkelkind wahrscheinlich mehr über Sex (theoretisch) als seine Oma mit 50 Jahren !
Ich möchte keineswegs als prüde gelten, aber ich bin der Meinung, dass die öffentliche Darbietung sexueller Geheimnisse die Würde der Sexualität verletzt und dem an sich positiven Charakter der Sexualität einen negativen Beigeschmack in den Augen der Kinder zuführen kann. Wenn Erwachsene sprechen, dann können sie flüstern oder Worte gebrauchen, die das Kind nicht versteht.
"Das Fernsehen aber kann nicht flüstern, seine Bilder sind konkret und erklären sich von selbst. Die Kinder sehen alles, was es vorführt."43
Man denke hierbei auch daran, dass jeder erwachsene Mensch weiß, dass die Menschheit schon seit jeher einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Energien daran setzt, sich gegenseitig Leid zuzufügen, sich gegenseitig umzubringen und Gewalt auszuüben. Aber ist es notwendig, einem Kind, dessen Urvertrauen in die Welt und seine positven Seiten noch größtenteils vorhanden ist, dies schonunglos zu offenbaren ? Ist es "scheinheilig", wenn man Kindern dieses Wissen vorenthält ? Ich bin ganz entschieden der Meinung, dass es nicht notwendig ist, Kinder mit der schonungslosen Realität vertraut zu machen. Man sollte dies zum Wohle der Kinder und ihrer gesunden Entwicklung unterlassen.
Bruno Bettelsheim sagte über die Vorstellung des Kindes von einem "guten" Erwachsenen, der sein Tun unter Kontrolle hat:
" aus diesem Glauben heraus können Kinder eine positive Einstellung zu sich selbst gewinnen, die ihnen die Kraft gibt, ihren Verstand auszubilden, und dieser wiederum versetzt sie in die Lage, Notlagen zu meistern."44
Bettelsheim beschreibt in seinem Buch "Kinder brauchen Märchen", dass das Böse, das in den Märchen dargeboten wird, dem Kind bestens ermöglicht, seine Existenz ohne Trauma zu verarbeiten. Diese Bedeutung kommt speziell den Märchen zu und die vertraute und beruhigende Stimme der Mutter, die das Ende nach ihrem Geschmack verändern kann, hat sozusagen eine therapeutische Wirkung auf das Kind.
Ganz anders ist es, wie schon erwähnt, wenn man die Informationen über das Fernsehen ungeeigneter Sendungen erhält, in denen die Kinder der Gewalt und Brutalität schonungslos ausgeliefert sind ! (vor allem in den Nachrichtensendungen und Mittagsmangazinen, die wie, auch Kinder wissen, real sind, im Gegensatz zu den "Pseudo- Märchen" der Fernsehserien und Filme.)
"Eine soziale Gruppe wird zu einem erheblichen Teil durch die Exklusivität des Wissens bestimmt, das ihren Mitgliedern gemeinsam ist. Kinder sind eine Gruppe von Menschen, die von bestimmten Dingen,über die die Erwachsenen Bescheid wissen, keine Ahnung haben. Im Mittelalter gab es keine "Kinder", weil auch die Erwachsenen keine Möglichkeit hatten, exklusives Wissen zu erlangen. Im Zeitalter Guttenbergs entwickelte sich ein solches Mittel. Im Zeitalter des Fernsehens zerfällt es wieder."45
Solange um irgendetwas der Hauch eines Geheimnisses schwebt, es noch als Tabu angesehen wird oder es von den Erwachsenen mit vorgehaltener Hand diskutiert wird, umgibt es etwas Irritierendes, nicht Alltägliches für das Kind.
Und wenn uns jemand die Mittel wegnimmt - sowie es das Fernsehen tut - um Geheimnisse zu bewahren, dann nimmt es uns zugleich das Geheimnis selbst. Und so verschwindet auch das Irritierende an der Gewalt, der Geisteskrankheit, der Transsexualität, sobald diese Sachverhalte für jedermann zugänglich sind und in der Öffentlichkeit für ein breites Publikum ausgebreitet und zerlegt werden.
"Denn wenn es keine dunklen, ungreifbaren Geheimnisse mehr gibt, die die Erwachsenen den Kindern zunächst vorenthalten und dann später, wenn sie es für nötig, möglich und angebracht halten, offenbaren, dann wird der Trennungsstrich zwischen Erwachsenen und Kindern außerordentlich dünn."46
"Erwachsenheit bedeutet per definitonem, dass die Rätsel gelöst und die Geheimnisse gelüftet sind. Aber wenn die Kinder von Anfang an die Rätsel und Geheimnisse kennen, wie sollen wir sie dann noch von allen anderen unterscheiden ?"47
Es gibt zwar in den Fernsehzeitschriften gelegentlich Warnungen, dass bestimmte Filme oder Serien mit einem Kinder- und Jugendverbot belegt sind, aber was nützen all diese Warnungen, wenn sie von den Eltern nicht beachtet werden oder die Kinder sowieso meistens alleine fernsehen. Sendungen mit Kinder- und Jugendverbot machen die Kinder nur neugierig und werden eher von noch mehr Kindern gesehen als die übrigen Sendungen ohne solche Verweise.
4. DIE KINDER UND DAS FERNSEHEN
4.1. Körperliche Schäden durch Fernsehen ?
Vor allem viele Eltern fragen besorgt nach48 der Schädlichkeit des Fernsehens für Körper und Sinnesorgane. Akute Probleme, wie Augenbrennen, Kopfschmerzen, Ermüdungserscheinungen und dergleichen hängen meist mit falschem Abstand zum Bildschirm, mit Blendeffekten, Sauerstoffmangel und einseitiger Belastung des Augenmuskels zusammen.
Problematisch ist das lange bewegungslose Sitzen vor dem Fernseher, das meist in verkrümmter Haltung geschieht. Dies kann zu Verspannungen im Bereich der Halsmuskulatur und in der Folge zu Nackenschmerzen, Migräne, Sehstörungen und zu ernsten Haltungsschäden führen.
Die Ess-, Nasch-, und Trinkgewohnheiten vor dem Fernseher können zu unkontrollierter Gewichtszunahme führen und einen weiteren gesundheitlichen Risikofaktor bilden.
Einige Probleme lassen sich bei vernünftiger Handhabung des Mediums Fernsehen durchaus auf ein Minimum beschränken:
+ Verkürzung der Fernsehdauer
+ optimale Einstellung des Fernsehgerätes in Bild und Ton
+ Einhalten eines Mindestabstandes von ca. 5 mal Bildröhrendiagonale
+ Fernseher in Augenhöhe
+ Lüften
+ Auslauf
+ Kinder müssen sich vor dem Fernseher bewegen dürfen
+ Bauchliegen mit hartem Polster unter dem Brustbein
+ Beschränkung des Naschangebotes
4.2. Wahrnehmen und Verstehen
Ein Zuviel an Fernsehkonsum reicht, um die Verstehens- und Verarbeitungsleistungen eines Kindes zu überfordern. Der Schwenk der Kameras, eine zu rasche Bildfolge, zeitliche Rückblenden und dergleichen bereiten dem Kind Verständnisprobleme, ganz zu schweigen von komplizierten inhaltlichen Verknüpfungen. Eine raffinierte Filmtechnik macht es schon dem Erwachsenen schwer, Wirklichkeit von Schein zu unterscheiden und Kinder unterliegen dem Scheinerlebnis “Film” meist hoffnungslos !
4.3. Macht Fernsehen dumm ?
Unbestritten ist eine effiziente Wissensvermittlung, denn Fernsehen kann gleichzeitig zeigen, benennen und hörbar machen. Dies sind alles gute Voraussetzungen für das Behalten von Informationen, altersgemäße Darbietungen vorausgesetzt.
Es gilt als erwiesen, dass Fernsehkinder früheren Wissenszuwachs aufweisen können.
Dies bezieht sich auf Länder, Völker, Tiere usw. , aber, und das ist der große Nachteil, ohne unmittelbaren Zugang, ohne eigenen Kontakt mit/zu der Umwelt, ohne eigenes Erleben geht leider mit der wissensmäßigen Bereicherung oft auch ein Wegweiser in eine fernsehgestaltete Welt einher.
Fernsehen macht nicht dumm!
Schlechte Schulleistungen sind vorwiegend auf geringe Intelligenz und Kreativität, mangelnden Leistungswillen oder auf das Milieu zurückzuführen, aus dem das Kind stammt. Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder aus Fernsehhaushalten im Schnitt täglich nur etwa acht Minuten mehr arbeiten als Nichtfernsehkinder.
“Negative Auswirkungen des Fernsehens im Zusammenhang mit Schulleistungen beziehen sich vor allem auf zu viel Fernsehkonsum, zu viele unverdaute Inhalte, falsche Filmauswahl und zu langes Aufbleiben.”49
4.4. Ersatz für Erlebnisse
Für viele Kinder ist das Fernsehen ein Ersatz für die eigenen Erlebnisse. Es befriedigt aber nur scheinbar den Drang nach Erlebnis und Abenteuer, da das Kind passiv konsumiert und keine Mitgestaltungsmöglichkeiten hat. Das Bedürfnis nach direktem eigenen Erleben bleibt auf Dauer unbefriedigt. Eigene Gefühle und Wünsche verbinden sich nicht nur mit den filmischen Scheinerlebnissen, sondern können dadurch verändert werden, indem das Kind so zu handeln beginnt, wie es aus dem Film lernt.
Dies kann bei einem kindgemäßen Programmangebot durchaus wünschenswert sein, kann aber bei “unverdaulichen” Inhalten zu einer falschen Einschätzung der Realität führen.
4.5. Bewältigung der Filmerlebnisse
Der Einfluss des Fernsehens auf die psychisch-intellektuelle Entwicklung des Kindes gilt als erwiesen. Ob dies nun ein positiver oder ein negativer ist, hängt unter anderem von der Auswahl der Inhalte, aber auch von der Möglichkeit ab, das Gesehene aufzuarbeiten.
Aufarbeitung beginnt schon während des Schauens und deshalb können Kinder dabei meist nicht ruhig sein oder still sitzen.
Weiters ist es sehr wichtig, dass Kinder einen Film zu Ende sehen dürfen! Wenn dies nicht geschieht, dann wirkt so ein Film unter Umständen lange nach, weil der Schluss - meist die Lösung des Konflikts - fehlt. Dies ist natürlich abends oft ein Problem, da die Filme manchmal ziemlich lange dauern und die notwendige Erholungsphase zwischen Film und Schlafengehen die Nachtruhe unzumutbar verkürzen würde. Es ist daher besser, nur solche Filme oder Serien auszusuchen, die mindestens eine halbe Stunde vor der normalen “Bettgehzeit” des Kindes zu Ende sind.
4.6. Die zehn Prinzipien der Fernseherziehung
Angst vor dem Fernsehen ist ein schlechter Ratgeber, da50 Angst verunsichert, behindert und einschränkt. Zweifelsohne wirft das Fernsehen Probleme auf und solange das Fernsehen Gegenstand von Machtkämpfen ist, gibt es keine Lösungen. Man soll immer nach gemeinsamen Absprachen suchen, aber auch Grenzen setzen. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger ist es, dass sie selber nach Lösungen suchen und lernen, selbständig zu handeln.
Wenn man sich als Lehrer oder Erzieher mit dem Thema “Fernsehen” beschäftigt, ist es meiner Meinung nach auch wichtig, mit den Eltern über das Thema zu reden. Vielen Eltern ist sicherlich gar nicht bewusst, wieviel ihre Kinder eigentlich fernsehen und was daran negativ sein sollte. Natürlich kann man als Lehrer nicht nur gegen das Fernsehen Stimmung machen, sondern muss auch konstruktive Vorschläge im Umgang mit dem Medium Fernsehen anbringen können.
Hier einige Tipps in Anlehnung an Jan-Uwe Rogge, die ich persönlich sehr sinnvoll finde:
4.6.1.Motive
Man soll sich bewusst machen, aus welchen Motiven die einzelnen Haushaltsmitglieder fernsehen und dabei zwischen überdauernden und momentanen Bedürfnissen unterscheiden lernen.
Zu einem momentanen Bedürfnis sollte man stehen, weil man gerade jetzt diese bestimmte Sendung sehen will.
Hingegen beim überdauernden Bedürfnis schlägt man nur die Zeit tot und man sollte versuchen, sich andere Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung zu suchen.
Zu viel fernsehen, schreibt Rogge, kann schwer definiert werden, da die Motivation des Zuschauers und die bewusste Wahl einer Sendung entscheidend sind und nicht die Zeitdauer oder die Anzahl der konsumierten Sendungen.
4.6.2. Fernsehverbote
Fernsehverbote helfen grundsätzlich wenig und führen eher zu einem Machtkampf zwischen den Kindern und den Eltern. Fernsehverbote haben meistens keinen Rückgang des Fernsehkonsums zur Folge, sondern fördern nur das “heimliche” Fernsehen bei Freunden und Verwandten.
4.6.3. Tagesablauf
“Das Fernsehen muss sich dem Tagesablauf des Kindes unterordnen und nicht umgekehrt.”51
Die Fernsehdauer ist im Hinblick auf die sonstigen Freizeitaktivitäten zu begrenzen, da Medien zwar notwendige, aber nur ergänzende Freizeitaktivitäten sind. Das Bedürfnis der Kinder nach dem Fernsehen wird umso weniger, je intensiver sie andere Freizeitangebote nutzen können.
4.6.4. Standort
Der Fernseher sollte nach Möglichkeit in irgendeiner ruhigen Ecke der Wohnung, in einem Schrank mit einem Rolladen oder einer Schiebetür stehen. Dies signalisiert nämlich, dass das Fernsehen in diesem Haus nicht so wichtig genommen wird.
Der Vorteil, den man hat wenn der Fernseher nicht im Mittelpunkt eines Raumes steht, ist weiters der, dass sich ein Familienmitglied eine Sendung ansehen kann, ohne zwangsläufig andere Familienmitglieder zu stören oder in seine Aktivitäten miteinzubeziehen.
4.6.5. Auswahl
Kinder sollten sich ihre Sendungen aussuchen dürfen und mit den Eltern aushandeln, welche und wie viele es sein dürfen. An die Abmachung müssen sich die Kinder dann halten, genauso wie die Eltern. Man muss auch an die Vorbildwirkung denken, die man als Erwachsener hat. Wenn man selbst den “Aus”-Knopf nur schwer findet, werden ihn die Kinder auch schwer finden.
4.6.6. Druckmittel
Fernsehen sollte keine Belohnung, keine Bestrafung und auch kein Babysitter sein. Falls es doch einmal dazu kommen sollte, ist es wichtig dass die Eltern den Kindern ihre Verhaltensweise erklären und begründen um vor späteren Erpressungsversuchen der Kinder gefeit zu sein.
4.6.7.Gemeinsamkeit
Kinder sollten nach Möglichkeit nicht alleine fernsehen. Sie wünschen sich vor allem Gleichaltrige oder Freunde als Partner, weil sie sich besser einfühlen können als Erwachsene. Mütter werden dagegen meist als Aufpasser erlebt.
4.6.8.Gespräch
“Gesprächeüber das Fernsehen müssen auf Drohungen, Moralisieren, Ausfragen oder Nicht-Ernstnehmen unbedingt verzichten.”52
Man sollte als Erwachsener nur in Ich-Botschaften (Ich mag nicht...) reden und auf Verallgemeinerungen verzichten, da sich Kinder sonst abgewertet und unverstanden fühlen.
4.6.9.Verarbeitung
Kinder sehen anders als Erwachsene und gehen anders mit dem Fernsehen um, indem sie schneller versuchen, das Geschehene durch Mimik und Gestik zu verarbeiten.
Häufig machen Erwachsene den Fehler und fordern ihre Kinder zum Stillsitzen und zur Ruhe vor dem Fernsehapparat auf, aber die Kinder brauchen die Dynamik, um Ängste, Aggressionen und Spannungen vor dem Fernseher abzubauen.
4.6.10. Nachbereitung
Kinder brauchen Zeit zum Nachbereiten, wobei die Dauer vom jeweiligen Kind abhängt und davon, wie stark es von der Sendung emotional berührt wurde.
Man sollte auf jeden Fall vermeiden, die Kinder im Anschluss an eine Sendung auszufragen und darauf warten, bis das Kind zu einem Gespräch bereit ist und nach Möglichkeit von sich aus anfängt.
5. MEDIENERZIEHUNG IN DER SCHULE
Es wäre vermessen, für den Umgang mit den verschiedenen Medienmöglichkeiten ein Patentrezept auszustellen. Medienerziehung muss vielmehr zu einer Bewusstmachung der Problematik, zu einer Sensibilisierung von Eltern und Lehrern führen, damit diese den Kindern im Umgang mit den Medien mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Ganz sicher verfehlt wäre es, die Medienerziehung immer anderen zu überlassen, denn dann landet sie garantiert bei den Medien selbst. Mit dem Medienerlass 1989 des BMUK ist an die Adresse der Schulen diesbezüglich ein klarer Auftrag erteilt: Medienerziehung ist als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip an allen Schulstufen verbindlich verankert.
5.1.Verordnungsblatt zur "Medienerziehung" des BMUK
5.1.1. Grundsätzliches
- Der Stellenwert der Medien in unserer täglichen Umwelt wird immer größer
- Medien gehören zur natürlichen Umgebung des Schülers und sind ein Teil ihrer Wirklichkeit
- Mediale Erfahrungen durch Sprache und Medien haben schon seit jeher die Wirklichkeit des Menschen geformt
- Massenmedien ermöglichen einerseits Chancen zu einer weltweiten Kommunikation und Weltoffenheit, bergen aber andererseits die Gefahren der Manipulation in sich.
- "Angesichts der Herausforderung durch die elektronischen Medien muss sich die Schule verstärkt dem Auftrag stellen, an der Heranbildung kommunikationsfähiger und urteilsfähiger Menschen mitzuwirken, die Kreativität und die Freude an eigenen Schöpfungen anzuregen und sich im Sinne des Unterrichtsprinzips "Medienerziehung" um eine Förderung der Orientierung des einzelnen in der Gesellschaft und der konstruktiv- kritischen Haltung gegenüber vermittelten Erfahrungen zu bemühen."53
5.1.2. Begriffsdefinitionen
Medienerziehung:
Medienerziehung ist das praktische Handlungsfeld von Medienpädagogik, die auf Theorie und Praxis der Medien Hörfunk, Fernsehen, Film, Presse, Plakat, Schallplatte, Tonband und neuer Medien (Computer, Digital- TV, ) bezogen ist.
Medieneinsatz:
Medieneinsatz ist das praktische Handlungsfeld von Mediendidaktik, das sich mit den Funktionen und Wirkungen der Medien in den Lehr- und Lernprozessen befasst.
Mediendidaktik
Mediendidaktik ist die Bezeichnung für den Unterrichtsgegenstand, der Ziele der Medienerziehung und des Medieneinsatzes vereinigt.
5.1.3. Zielsetzung der Medienerziehung
- Mediennutzung:
Die Schüler sollen erkennen, dass Massenmedien gezielt versuchen, das Konsumbedürfnis zu wecken.
Die Schüler sollen weiters erkennen, dass die neue Form der Massenkommunikation ihre Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung am wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben erweitert und dass die Medien somit die Freizeitgestaltung wesentlich mitbestimmen.
- Medienabhängige Kommunikation:
"Die Schüler sollen durch die Medienerziehung befähigt werden, sich in einer Welt zurechtzufinden,über die sie zum großen Teil durch Medien informiert werden."54
Die Schüler sollen erkennen, dass sie durch die Medien die Möglichkeit haben, besser informiert zu sein, sei es im politischen Bereich oder in sonstigen Bereichen. Aber die Wirklichkeit, die die Medien erschaffen, ist nicht immer absolut die Richtige und soll nicht bedingungslos hingenommen werden.
Weiters sollen die Schüler die Gestaltungsmöglichkeiten und Wirkungsmöglichkeiten der einzelnen Medienarten wie Dia, Overheadprojektor usw. kennenlernen und dabei die Einsicht gewinnen, dass identische Inhalte unterschiedlich präsentiert werden können.
- Eigene Medienschöpfungen:
Im Sinne von Handlungs- und Erfahrungslernen sollen die Schüler im Rahmen der Medienerziehung zu eigenen Medienschöpfungen ermutigt werden. Die Eigentätigkeit hilft mit, die verschiedenen Arbeitsfelder der Medienerziehung selbst zu erfahren und zu reflektieren.
Möglichkeiten ergeben sich wie Fotografie, Schülerradio, Film, Video usw.
5.1.4. Durchführung
Vorschulstufe, 1. bis 4. Schulstufe:
In der Grundschule bietet sich der Vergleich von eigenen Erlebnissen und Erfahrungen mit durch Medien vermittelten Erfahrungen an. In Sachbereichen werden Medienprodukte, die sich an Kinder richten (Comics, Kindersendungen, usw.) zu berücksichtigen sein. Aber man sollte auch die Medienprodukte, die nicht speziell für Kinder produziert, aber von ihnen konsumiert werden, nicht vergessen.
"Durch Förderung der Selbsttätigkeit und Einsicht in die charakteristischen Eigenschaften der Medien sollen, wenn möglich, eigene Erfahrungen in der Herstellung von Medien gemacht werden."55
6. DER EINSATZ DES MEDIUMS FERNSEHEN IM MUSIKUNTERRICHT
6.1 Der Videoclip
6.1.1.Grundsätzliches zum Videoclip
Wenn ein Videoclip von einem Regisseur 56 entworfen wird, sind diesem Entwurf schon eine Reihe marketingtechnischer Schritte vorausgegangen, von denen der Käufer der CD nur die Ergebnisse erfährt und erfahren soll. Die Industrie investiert selbstverständlich nicht Geld für eine Videoclipproduktion, wenn sie vorher keine Anhaltspunkte dafür hat, dass sich ein solcher Schritt lohnt.
Es müssen Anzeichen vorhanden sein, dass der Videoclip aufgrund einer besonderen Bildästhetik oder einer bestimmten Bedeutung des Interpreten von Musiksendern angenommen wird.
Gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit, wo fast täglich neue Boybands, Girlbands oder sonstige Gruppen aus dem Nichts auftauchen, ist der Videoclip von besonderer Bedeutung. Noch vor zehn Jahren kannte man die meisten Bands, ihre Werte und Einstellungen und identifizierte sich mehr oder weniger mit den von ihnen vermittelten Botschaften. Aber im Jahr 2000, wo die Musikbranche zu einem Wirtschaftszweig gewachsen ist, wird von findigen Produzenten nichts mehr dem Zufall überlassen.
Viele "Bands" werden bunt zusammengewürfelt, die "Bandmitglieder" bekommen eigene Tanzlehrer und müssen keinen einzigen Song mehr selber schreiben. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, schön zu sein, in die Kamera zu lächeln und bei zahlreichen Playbackauftritten ihre Lippen zu bewegen. Hier hat der Videoclip eine entscheidende Bedeutung. Den Interpreten können durch die verstärkende, audiovisuelle Erscheinung in einem fiktiven Rahmen innerhalb kurzer Zeit Werte, Einstellungen und Images verpasst werden, die dem Zuschauer Raum für Identifikation bietet.
Wichtig ist nun, die Fernsehsender dazu zu bringen, einen Videoclip in einer möglichst hohen Rotation zu senden.
6.1.2.Der typische Produktionsweg eines Videoclips
Zuerst fordert der Artist & Repertoire-Manager in der Plattenfirma von einem Regisseur Scripts für einen Videoclip an, in denen Drehbuchentwürfe für eine Konzeption erstellt werden. Nach Absprache mit allen Mitwirkenden wird der Clip in Auftrag gegeben. Entscheidend für die Qualität des Clips ist neben dem schauspielerischen Können der Interpreten in erster Linie das zur Verfügung gestellte Budget, das bei bereits etablierten Bands im Regelfall höher ist als bei Newcomern.
Nun müssen Requisiten organisiert werden und Studio- oder Außenplätze präpariert werden. Dies ist die Phase der Pre-Produktion. Die Phase, in der der Videoclip gedreht wird, dauert in den meisten Fällen nur wenige Stunden oder Tage.
"In der Phase der Post-Produktion wird das mehrstündige Filmmaterial in Clip-Länge geschnitten, geplante Verfremdungen, Texteinblendungen, Computeranimationen und sonstige technische Bildeffekte werden vorgenommen."57
6.1.3. Analyse von Videoclips
Videoclips werden von mindestens drei künstlerischen Ausdrucksmitteln (Musik / Fotographie / Cineastik ) geprägt, die allesamt isoliert analysiert werden können.
Eine Analyse von Videoclips erfordert gewisse Kenntnisse über die Filmsprache, über Kino- bzw. Fernsehproduktionen und Filmtechnik. Weiters sollte man ein bisschen über die aktuelle musikalische Strömung in der aktuellen Popmusik Bescheid wissen, speziell dann, wenn man die Videoclips in den Unterricht miteinbeziehen möchte.
Es ist ratsam, sich vor der Analyse mit den führenden Musiksendern MTV und VIVA auseinanderzusetzen und einige Videoclips zu betrachten. Man sollte es vermeiden, eine Analyse mit Wertungen oder Vorurteilen zu vermischen.
Folgende Tabelle hat sich bisher bei der Analyse von Videoclips laut Pape und Thomson am besten bewährt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
6.1.4. Wirkung von Videoclips
Es gibt nicht sehr viele empirische Untersuchungen zu diesem Thema. Die wichtigsten Untersuchungsergebnisse sollen im Folgenden etwas erläutert werden.
Wenn jemand nach dem Anschauen eines Videoclips nur die Musik hört, erscheinen vor dem geistigen Auge die Bilder, die durch den Clip vermittelt wurden.
Es gibt eine Untersuchung von H. G. Wallbott (1989), die sich mit der Frage beschäftigte, ob und inwieweit im Vergleich zum Nur-Hören eines bestimmten Musikstücks unterschiedliche Eindrücke durch das Sehen- Hören eines die gleiche Musik enthaltenden Videoclips hervorgerufen werden. Die Ergebnisse legen die Annahme nahe, dass Videoclips im Unterschied zu Musikstücken mehr positive Emotionen vermitteln, während das Nur-Hören bestimmter Stücke eher negative Emotionen erzeugt.
Ergebnisse einer Studie von W.Jauk deuten darauf hin, dass ein Video allgemein als "aktiver" empfunden wird als die Musik alleine.
"Auch wenn die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen aufgrund der meist zahlenm äß ig geringen Stichproben und der Tatsache, dass oft nur ein bestimmter Beurteilerkreis (z.B. StudentInnen) an einer Untersuchung beteiligt war, nicht zu verallgemeinern sind, sollte darauf hingewiesen werden, dass -nicht zuletzt in musikdidaktischen Diskussionen - Vorsicht geboten scheint vor einfachen, nur das Negative betonenden Argumenten ("Vidiotie", "Reizbombardement", "Analphabetisierung, "Kaugummi für das Auge" und Ä hnliches), mit denen man meint, das Thema Videoclips ad acta legen zu können."58
6.1.5. Videoclips im Musikunterricht
Die Anzahl der Publikationen, die sich mit59 Videoclips im Musikunterricht befassen, ist relativ gering. Der Trend zum Hören-Sehen wird sich aber nun sicherlich steigern, da durch neue interaktive Kommunikationsformen (CD-Rom, Multimedia, Internet) ganz neue Möglichkeiten entstanden sind.
Bevor man Videoclips analysiert und in den Unterricht einbezieht, ist es notwendig, sich mit den Produktionsbedingungen zu beschäftigen, was für allem für Videoclips gilt, die auf den Musikkanälen MTV oder VIVA von den Kindern gesehen werden.
Laut Pape und Thomson gibt es bis 1996 nur vier Veröffentlichungen, welche die unterrichtliche Behandlung von Videoclips thematisieren. Es sind dies Veröffentlichungen von Franz Niermann (1987), Wolfgang Franke und Gerald Freytag (1989), Rüdiger Gramm (1990) und Knut Dembowsky (1992).
Eine Übereinstimmung besteht bei allen Beispielen darin, dass die Aktualität des Videoclips eine besondere Aufmerksamkeit bei den Schülern findet.
Im Musikunterricht, der auch populäre Musik behandelt, eignen sich zunächst ausgewählte Videoclips als musik- und filmhistorische Anschauungsmaterialien, um verschiedene Präsentationsformen aufzuzeigen.
Um den Sachgegenstand Videoclip bestmöglich zu behandeln, empfiehlt sich hierzu immer ein fächerübergreifender Unterricht oder ein Projekt bzw. eine Projektwoche.
Im Zuge eines fächerübergreifenden Unterrichts kann man im Fachgegenstand Musik die dem Clip zugrundeliegende Musik, sowie die außermusikalischen Faktoren erarbeiten. In Deutsch bietet sich eine Analyse der Erzählweisen in Text und Bild (narratives Bildgeschehen) an. In der Bildnerischen Erziehung kann man über die Bildästhetik (Perspektiven, Kameraführung etc.) diskutieren und in Englisch die Songtexte analysieren (soweit dies in der Volksschule möglich ist). Ich würde Projekte zum Thema "Videoclip" allerfrühestens gegen Ende der dritten Klasse, aber besser erst in der vierten Klasse durchführen. Der gesamte Englischunterricht an den Volksschulen wird ja zur Zeit reformiert und so kann ich mir gut vorstellen, dass ein Viertklassler in Zukunft schon über ziemlich passable Englischkenntnisse verfügt. Auch die Thematik Videoclip macht den Viertklasslern sicherlich eine Menge Spass und sie sind mit Begeisterung am Werk.
Ich möchte nun ein Projekt zum Thema Videoclips von Knut Dembowsky vorstellen, das mir besonders gut gefällt und das ich auch gerne durchführen würde.
6.1.5.1. Projekt Videoclips nach einem Song von Bryan Adams
6.1.5.1.1. Didaktische Begründung
Die didaktische Begründung für das Projekt liegt darin, dass60 das Thema aus dem zentralen Lebensbereich von Schülern stammt.
"In den aktuellen Pop-Charts suchen und finden Schülerinnen und Schüler Identifikationsobjekte in Gestalt von Hits, Lieblingsinterpreten und bevorzugten Stilrichtungen. Es ist zumeist der Musikgeschmack, der über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Peer-group entscheidet und damit einen signifikanten Einfluss auf das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen ausübt"61
6.1.5.1.2. Vorüberlegungen
Natürlich reichen dafür die bestenfalls zwei Musikstunden pro Woche nicht aus und daraus folgt der Schluss, fächerübergreifend und handlungsorientiert zu unterrichten. Fächerübergreifend, weil die Sache es verlangt und handlungsorientiert, weil vor allem durch Selbsttätigkeit Erfahrungen gemacht, Einsichten gewonnen und Kenntnisse gefestigt werden. Knut Dembowsky führte den fächerübergreifenden Unterricht in einer Hauptschulklasse durch. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies mit kleinen Abänderungen - die ich nach meinem eigenen Dafürhalten mache - genausogut in einer Volksschulklasse durchgeführt werden kann.
Ich möchte den Unterricht anhand des Liedes "Everything I Do I Do It For You" von Bryan Adams beschreiben. Knut Dembowsky und seine Klasse wählten dieses Lied, da es zur damaligen Zeit gerade besonders beliebt und aktuell war. Das Lied steht in Verbindung mit dem Film "Robin Hood" und auch im Videoclip sind Szenen aus dem Film zu sehen. Die Kinder können natürlich den zur gegebenen Zeit aktuellsten und beliebtesten Videoclip wählen.
Der Videoclip soll nun gemeinsam aktiv analysiert, strukturiert und beschrieben werden.
Dies geschieht auf vier Bearbeitungsebenen:
- Inhaltsebene:
Der Mythos und die Darstellung der Romanfigur Robin Hood werden gemeinsam erarbeitet (Deutsch); Wechselbeziehungen von Bild und Text werden analysiert und Szenenbeschreibungen des Videoclips vorgenommen (Deutsch/BE). Textinhalt des Liedes wird ergründet und gedeutet (Was könnte damit wohl gemeint sein ?). Dies geschieht in den Fächern Englisch und Deutsch.
- Formebene:
Wechselbeziehung zwischen Musik und Text (Musik, Deutsch, Englisch) und Bild und Musik (Musik, BE); Arrangement und Instrumente (Musik);
- Ästhetikebene:
Technik und Gestaltung von Videoclips (BE); Farben und Bilder (BE)
-Funktionsebene:
Intensivierung von Emotionen (Musik, BE), Wirkung, Funktion und Gebrauch von Videoclips (Musik, Deutsch, Sachunterricht), gesellschaftliche und kommerzielle Hintergründe von Musik (Musik).
Gegen Ende der Unterrichtseinheit sollte man noch einen eigenen Videoclip drehen.
"Dahinter steht die Absicht einer möglichen Entmystifizierung derüber Bild und Ton vermittelten Medien-Botschaft: Selbst einen Videoclip drehen, hilft, sich bewusst zu machen, dassüber das Medium Fernsehen Ausgestrahltes nicht unantastbar ist."62
Außerdem wird das erreichte Arbeitsergebnis durch eine gute und gelungene Darstellung in Form eines Videoclips aufgewertet und bewirkt persönliche Befriedigung und Anerkennung, wenn es vorgeführt wird. Zur Herstellung eines Videoclips ist es notwendig, die Schüler mit den Möglichkeiten vertraut zu machen, die man mit einer Videokamera hat. Ich denke hier an Kameraeinstellungen, Perspektiven, Zoomen, Arbeiten mit Standbildern, etc.
Auch ist es notwendig, mit den Schülern einen gemeinsamen Drehplan zu erstellen, bei dem jedoch die Kreativität der Kinder nicht allzusehr beschnitten werden sollte.
6.1.5.1.3. Die Unterrichtseinheit
Die Einheit wurde von Knut Dembowsky in zwölf Unterrichtsstunden durchgeführt, wobei ich glaube, dass man in der Volksschule etwas länger brauchen wird.
Ich würde vorschlagen, das Thema in einem Projekt abzuhandeln, wobei ich mir folgenden Zeitplan vorstellen könnte:
Montag bis Freitag täglich 3 Unterrichtsstunden Projekt.
Am darauffolgenden Montag könnte die Aufnahme des Videoclips vor sich gehen.
1. Tag
-Vorspielen des Liedes (Everything I Do von Bryan Adams). Das Lied sollte allen Schülern bekannt sein.
-Beschäftigung mit historischen und geographischen Aspekten des Mythos Robin Hood. Weiters wurde dieses Thema in einer Vielzahl von Filmen schon verarbeitet.
-Abspielen des Clips ohne Ton. Welche uns bekannten Details aus der Geschichte können wir in szenischen Ausschnitten des Videoclips wiedererkennen ?
Anschließend wird der Arbeitsschwerpunkt bekanntgegeben: Das Video zu "Everything I Do " analysieren und ein eigenes Video dazu drehen.
-Der Zusammenhang von Bild und Ton; Video ohne Ton: Gibt es filmtechnische Besonderheiten im Video, die ihrerseits auf musikalische Besonderheiten hinweisen ? (Zum Beispiel setzen genau dann alle Instrumente ein, wenn die Pfeilspitze im Clip genau in die Mitte trifft!)
-Weiteres Überprüfen solcher Stellen im Videoclip.
2.Tag
-Umsetzen auffälliger musikalischer Besonderheiten des Liedes durch spontane, individuelle Bewegungen. Kinder tanzen spontan und gerne ! Ausprobieren von Standposen und Einnehmen von passenden Körperhaltungen. Wann müssen wir wieder eine andere Pose einnehmen? Welche würde passen ?
-Gemeinsames Übersetzen des englischen Textes mit Hilfe eines Fremdwörterlexikons in Gruppenarbeit. (Einige Vokabeln werden natürlich vom Lehrer in der Volksschule vorgegeben, denn die Arbeit mit einem Fremdwörterlexikon ist vielleicht für viele gänzlich neu)
-Weiters wird das Lied einstudiert, jeder Schüler bekommt einen Text und das Lied wird mehrmals gesungen.
3. Tag + 4. Tag
-Eine spielerische Art der Textsicherung, z.B.: "Wie viele Zeilen des Textes können wir schon auswendig ?"
-Analyse des Liedes: "Welche Besonderheiten sind bei diesem Lied erkennbar?", “Wann wird laut, wann wird leise gespielt?”
-Instrumentenkunde: "Welche Instrumente können wir heraushören?"
"Warum passen sie an bestimmten Stellen besser als sie an anderen Stellen passen würden ?"
-Singen des Liedes zum instrumentalen Playback. Dembowsky empfiehlt die Sozialform des engen Beieinandersitzens im Sitzkreis auf dem Boden, weil es schwächeren Sängern das Singen erleichtert.
-Nun ist das genaue Timing bei den Einsätzen wichtig und muss erlernt werden. Die Pausen müssen genau eingehalten werden und man muss darauf achten, wo leiser und wo energischer artikuliert werden muss.
-Für die Endproduktion des Videoclips ist es wichtig, dass ein Schlagzeug, zwei E-Gitarren, ein E-Bass, ein Keyboard, ein Synthesizer und ein Mikrophon organisiert werden. Dies ist sicherlich in den meisten Orten kein Problem, wenn man Kontakt mit dem hiesigen Musikkapellmeister aufnimmt.
Beim Abspielen des Playbacks stellt sich ein Teil der Schüler hinter die Instrumente.
Hierzu ist es nötig, sich das Lied mehrmals unter besonderer Aufmerksamkeit auf die einzelnen Instrumente anzuhören.
-Wir unterteilen das Musikvideo in verschiedene Abschnitte. Bei dem Lied "Everything I Do.." bietet es sich an, das Video in vier Sequenzen zu unterteilen. Die Schüler teilen sich in vier Gruppen und studieren passende Bewegungen und Standposen zu ihrer Sequenz ein. Sechs Schüler (die Band) bleiben übrig und lernen eine Choreographie für das Playbackspielen an den Instrumenten.
Wir besprechen anschließend, nachdem uns die unterschiedlichen Gruppen ihre ausgearbeiteten Bewegungsabläufe vorgetragen haben, was gut passt, was man noch verändern könnte und was wohl für die einzelnen Gruppen das Motiv für ihre Bewegungen war.
-Jede Gruppe (inklusive Band) erstellt einen Regieplan, in dem die Bewegungsabläufe genau festgehalten werden.
Die Schlussszene empfiehlt sich dafür, eine gemeinsame Choreographie zu entwerfen.
-Beschäftigung mit den Gestaltungsmöglichkeiten: Standbilder bauen.
5. Tag
Analyse des Videoclips:
- Welche Farben wurden verwendet ?
- Warum ist der Videoclip trotz der vielen wechselnden Bilder nicht hektisch?
- Welche Kulisse wird verwendet ?
- Wie sind Bild, Text und Musik aufeinander abgestimmt ?
Die Schüler werden sicher eine Menge Übereinstimmungen finden, wenn man sich das Video oft genug ansieht (z.B. Textzeile:"I´ll fight for you..." und im Video sieht man Kevin Costner dazu kämpfen")
Als Abschluss wird das Lied von der Klasse zum laufenden Clip (ohne Ton) gesungen. Frage: Kann man sich an den Szenen orientieren ? Wir überlegen uns nun, welche Kulisse wir einsetzen möchten und welche Materialien und Kleidungsstücke wir noch brauchen.
Produktionstechnische Fragen:
- Was genau soll aufgenommen werden ?
- Welche Tricks sind mit der Kamera möglich? (Zoomen, Kippen, Schwenks, Fade In/Out, Beleuchtung, usw.)
- Wie können wir unsere Regieplananweisungen am besten umsetzen ?
6.Tag
-Nun muss unser Video gedreht werden. Der Lehrer übernimmt das Filmen. Die Szenen werden besser mehrmals gefilmt und alle entscheiden gemeinsam, welche uns am besten gefällt oder ob wir generell noch etwas verändern und nochmals drehen müssen. Das Endprodukt muss der Lehrer noch schneiden und dann kann es den Schülern vorgeführt werden.
6.1.5.1.4. Weiterführende Unterrichtsstunden
Als weiterführende Unterrichtsstunden zu diesem Thema bieten sich noch mehrere Möglichkeiten:
- Wir schauen kurz willkürlich einige Videoclips, finden Parallelen zu unserem Video und besprechen diese kurz.
- Wir analysieren andere Videoclips. Was ist das für ein Clip ? Welche Farben werden verwendet ? Welche effektvollen Tricks werden mittels Computer erzeugt ? usw.
- Marktwirtschaftliche Aspekte von Videoclips.
Zum Beispiel eine Diskussion über Videoclips als Mittel der Verkaufsförderung = Videoclips als Werbespots ?;
Welche Vorteile haben Videoclips gegenüber CDs ?;
Haben die Firmen, die in Videoclipproduktionen investieren, ein Risiko zu tragen ? usw.
6.2. Musik in der Werbung
Die Fernsehwerbung hat in den letzten63 zwanzig Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen, sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht. Dies steht sicherlich im Zusammenhang mit der Einführung des Privatfernsehens, das sich ausschließlich durch Werbung finanziert. Unter dem Zwang stehend, möglichst viel Werbung unterzubringen, wird das Programm ständig durch Werbung unterbrochen, die immer unterhaltsamer und ästhetischer gestaltet wird, sodass die Grenzen zum Programmumfeld zunehmend verwischt werden.
Wenn man bedenkt, wie stark die Werbung des Vorabendprogramms auf die Kinder als Zielgruppe abgestimmt ist, so ist eine kritische Behandlung des Themas in der Schule sehr wohl gerechtfertigt.
Äußerst auffällig an den Fernsehwerbungen heutzutage ist ihre Ähnlichkeit mit dem Musikvideo, dem Werbemittel für Rock- und Popmusik.
"Baut die konventionelle Werbung noch auf die Musik als Gedächtnisstütze für den Produktnamen oder als Akzentuierung eines mehr oder weniger überzeugenden Textes durch die werbeüblichen Musikstile, so verlässt sich die neuere Form allein auf die stimmungsmodulierende Kraft der Musik."64
Man darf nicht unterschätzen, dass die Kinder durch die Werbung oft die ersten Erfahrungen mit vielfältigsten Musikarten machen.
"Einerseits liegt darin eine Chance, andererseits mag dies zur Zementierung von musikalischen Klischees beitragen. Allerdings kann nur eine aktive Beschäftigung mit dem Thema Kindern und Jugendlichen Wirkungsmechanismen von Musik in der Werbung bewusst machen und zu einer differenzierteren Sichtweise beitragen, und dies sollte bereits in der Grundschule begonnen werden, da für Kinder dieses Alters Werbung bereits fest etabliert zur Lebenswelt gehört."65
6.2.1. Eine Unterrichtseinheit in der Volksschule
6.2.1.1. Ein Werbemusikquiz
Der Lehrer nimmt verschiedene Werbemusikestücke aus der Radio- oder Fernsehwerbung auf Musikkassette auf und spielt diese den Schülern vor. Nun sollen die Schüler das dazugehörende Produkt oder den Markennamen erraten. Wenn sich jemand an den dazugehörenden Fernsehwerbespot erinnert, so soll dieser der ganzen Klasse die Bilder dazu beschreiben oder den der Musik unterlegten Text wiedergeben.
Ziel des Quiz ist es, dass die Schüler zu der Erkenntnis kommen, dass die Werbemusik häufig Signalfunktion hat und die Aufnahme und Verarbeitung des Bildes und der Sprache im Werbespot unterstützen soll bzw. die Erinnerung an Bild und Sprache erleichtern kann. Beim zweiten Anhören der Werbespots soll immer ein anderer Schüler (der vom Lehrer eine Stoppuhr bekommt) die Länge der Musik jedes einzelnen Werbespots stoppen.
Anschließend wird der unterschiedliche Einsatz der Musik in den verschiedenen Werbespots diskutiert und die Schüler sollen zu der Einsicht kommen, wie kurz Werbemusik eigentlich ist und was sie in dieser kurzen Zeit alles leisten muss.
6.2.1.2. Musikalische Klischees in der Werbung
Der Lehrer nimmt einige Werbespots auf Videokassette auf und nimmt extra auf einer Musikkassette die dazugehörige Werbemusik auf. Ich würde ca. 8 verschiedene Werbespots auf Videokassette aufnehmen, die jeweils sehr viel Werbemusik und fast keine Sprache enthalten. Die dazugehörigen Werbemusikstücke werden natürlich in vertauschter Reihenfolge auf Kassette aufgenommen und der Lehrer nimmt sie so auf, dass er vor jedem Hörbeispiel eine Nummer (von 1 - 8) ansagt. Es ist natürlich von Vorteil, möglichst unterschiedliche Webespots aufzunehmen, da man so die Klischeehaftigkeit der Werbemusik besser verdeutlichen kann.
Ich denke dabei zum Beispiel an
- die Taschentuchwerbung (Feh), die in der Kirche spielt
(sanfte Streichermusik und leise Orgelmusik)
- die Griechenlandwerbung
(feurige Gitarrenklänge)
- die Sahnejoghurtwerbung (Ehrmannn)
(harmonische Klaviermusik)
- den Charitaswerbespot, der hungernde Kinder zeigt und zum Spenden aufruft. (Streichermusik - vor allem Kontrabass- in Moll) usw.
Soviel zur Vorbereitung.
Nun werden die vorbereiteten 8 Werbespots den Kindern ohne Ton vorgeführt. Wir halten nach jedem Spot an und überlegen uns kurz, welche Musik und Instrumente wohl passen könnten, ob die Musik schnell oder langsam gespielt werden sollte und warum dies so sein sollte.
Weiters schreibt jedes Kind auf einen Zettel untereinander
Werbung 1
Werbung 2 usw.
Nun werden den Kindern einmal die 8 dazugehörigen Werbemusikstücke von der Musikkassette vorgespielt.
Jetzt wird der erste Werbespot gezeigt, ungefähr in der Mitte angehalten (Standbild) und die 8 Hörbeispiele werden vorgespielt. Jeder Schüler trägt nun neben der "Werbung 1" die Nummer des Hörbeispiels ein, das er für die passende Untermalung zum Spot hält.
In gleicher Weise wird nun fortgefahren, bis der achte Werbespot gezeigt wurde und die Schüler immer alle Hörbeispiele gehört und zugeordnet haben.
Es bietet sich nun noch einmal an, über die Erlebnisse zu diskutieren und als Auflösung zeigt der Lehrer den Kindern die Fernsehwerbespots mit dem dazugehörigen Ton. => Wer hat möglichst viele richtig ?
6.2.1.3. Charakterisierung von vorgegebenen Produkten durch Musik
Auch hierbei geht es wieder um musikalische Klischees.
In einer Gruppenarbeit sollen verschiedenen Hörbeispielen bestimmte Waren zugeordnet werden. Jede der Gruppen bekommt die gleichen Hörbeispiele, einen Kassettenrecorder und die gleichen Waren (Fotos der Produkte, Zettel mit dem Namen der Produkte oder die Produkte selbst) zur Verfügung gestellt. Unabhängig voneinander nehmen die einzelnen Gruppen nun die Zuordnung vor.
Bei der gemeinsamen Besprechung der Ergebnisse werden die Schüler viele Gemeinsamkeiten in ihren Zuteilungen erkennen und die Überlegungen werden ausgetauscht.
Wiederum erkennen die Schüler, dass Musik in der Werbung oft klischeehaft für bestimmte Produkte eingesetzt wird (z.B. Spieluhrenmusik für Windeln, Südamerikanische Musik für Kaffee).
6.2.1.4. Experiment zur Demonstration der Beeinflussung durch Musik
Der Lehrer teilt die Klasse in zwei Gruppen. Die eine Gruppe bleibt in der Klasse und die andere Gruppe geht in einen freien Raum. Nun klebt der Lehrer an die Tafel der beiden Klassen ein großes Bild mit einer "geheimnisvollen" Kiste, deren Inhalt nicht bekannt ist.
Die erste Gruppe erhält nun die Aufgabe, mit lang klingenden Instrumenten (z.B. Metallophone, Triangel) auf der Basis eines vom Lehrer vorgegebenen Moll-Akkordes langsam und leise zu improvisieren und eine geheimnisvolle Atmosphäre zu erzeugen.
Die zweite Gruppe soll auf der Basis eines Dur-Akkordes mit kurz klingenden Instrumenten (z.B.Xylophone) laut und schnell improvisieren. Wenn beide Gruppen eine Zeit lang gespielt haben, werden sie vom Lehrer angewiesen, sich auf das Bild zu konzentrieren und sich zu überlegen, was wohl in der Kiste sein mag.
Anschließend tragen die beiden Gruppen ihre Ergebnisse zusammen, reden über ihre Erfahrungen und Eindrücke und tragen der jeweils anderen Gruppe ihre Improvisation vor.
Es wird deutlich werden, dass der Inhalt der Kiste jeweils sehr von der Musik, die die Kinder gemacht haben, beeinflusst wird.
"Durch dieses kleine "Experiment" kann den Schülern viel besser als durch abstrakte Analyse von Werbespots die Wirkung von Musik begreifbar gemacht werden, da die Wirkung unmittelbar am eigenen Leibe erfahrbar ist."66
6.2.1.5. Analyse des Einsatzes von Musik in Fernsehwerbespots
Man wählt als Lehrer drei möglichst unterschiedliche Werbespots aus und die Schüler untersuchen diese unter Anleitung des Lehrers gemeinsam oder in Gruppen hinsichtlich folgender Kriterien:
Bild: Was ist zu sehen? Wie wird es dargestellt?
Musik: Welche Art von Musik erklingt und an welchen Stellen ist sie zu hören? Welche Instrumente werden verwendet?
Geräusche: Welche Geräusche stehen im Vordergrund?
Sprache: Wer spricht? Welche Produktinformationen werden gegeben?
Texteinblendungen: Welcher Art sind die Texteinblendungen? Wann erscheint das Logo?
Es ist sicher günstig, wenn der Lehrer DIN A3 Blätter mit den bereits darauf geschriebenen Fragen (eventuell in Tabellenform) austeilt. Bei der Zusammenfassung bzw. Vorstellung der Ergebnisse soll deutlich werden, wie komplex ein solcher Spot aufgebaut ist.
Der Lehrer lenkt danach noch einmal gezielt das Augenmerk auf den musikalischen Background. Die Machart der Musik wird nochmals genauestens unter die Lupe genommen.
Die drei Autoren dieses Praxisartikels geben an, dass ihre Schüler sehr viel Spaß daran hatten, "den Machern der Spots auf die Schliche gekommen zu sein" und danach sehr motiviert waren, selbst einen Werbespot zu drehen.
6.2.1.6. Erstellung eines eigenen Werbespots
Die Schüler können nun ihr bis jetzt erworbenes Wissen und ihre angeeigneten Erfahrungen mit den Werbespots praktisch umsetzen. Sie sollen nun einen musikbetonten Radiospot entwerfen und können sich dabei das Produkt, das sie bewerben wollen, selbst aussuchen. Es empfiehlt sich meiner Meinung nach, die Klasse in 3 bis 4 Gruppen zu unterteilen, die sich jeweils einen Produktnamen sowie einen Werbeslogan ausdenken. Weiters muss der Einsatz der Musik besprochen werden.
"Je nach musikalischen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler probieren diese ihre Entwürfe mit dem Orff-Instrumentarium, Blockflöten, Gitarren, Keyboards etc. aus. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden aufgenommen, im Plenum vorgestellt und diskutiert."67
6.3. Film und Musik - Musik und Film
Filmmusik, ein interessantes68 Thema für den Musikunterricht ?
Ich glaube schon. Erstens sind Film und Musik eine untrennbare Lebensgemeinschaft, die schon seit den Anfängen des Filmes existiert und zweitens ist die Verbindung von Musik und Bildern ein Bereich unserer Lebenswelt.
“In Richtlinien und Lehrplänen fristet Filmmusik gemeinhin ihr Schattendasein im thematischen Kontext. Wie sehen aber nun die Funktionen aus, mit denen Musik dem Film dienen kann ?”69
“Musik kann...
1. Atmosphären herstellen
2. Ausrufezeichen setzen
3. Bewegungen illustrieren
4. Bilder integrieren
5. Emotionen abbilden
6. Epische Bezüge herstellen
7. Formbildend wirken
8. Geräusche stilisieren
9. Gesellschaftlichen Kontext vermitteln
10. Gruppengefühl vermitteln
11. Historische Zeit evozieren
12. Irreal machen
13. Karikieren und Parodieren
14. Kommentieren
15. Nebensächlichkeiten hervorheben
16. Personen dimensionieren
17. Physiologisch dimensionieren
18. Rezeption kollektivieren
19. Raumgefühl herstellen
20. Zeitempfindungen relativieren”70
Mehrere Funktionen können einander gleichzeitig überlagern, da Filmmusik auf unterschiedlichen Ebenen funktioniert.
a)Die Musik kann Bestandteil der großformatigen Gliederung eines Films sein, zum Beispiel als Vorspann, Nachspann oder als in die Handlung eingebettete Musiknummer.
b) Musik kann entscheidend in die Erzählstruktur des Films eingreifen und Szenenhöhepunkte hervorheben oder Real- und Traumhandlungen voneinander trennen.
c) Als Element der inhaltlichen Gestaltung des Films kann Musik:
- eine Szene gefühlsmäßig bereichern
- durch ein bestimmtes Motiv auf eine nicht anwesende Person hinweisen
- auch auf sich selbst verweisen: zum Beispiel das Lied, das der Held des Films für seine Angebetete komponiert hat, steht im Mittelpunkt.
d) Filmmusik kann ein bestimmtes Publikum zufriedenstellen (z.B. aktuelle Popmusik zu einem bestimmten Jugendfilm) oder die Distanz zwischen dem Publikum und dem Film überbrücken. So findet üblicherweise die optische Seite großer Hollywoodfilme ihr musikalisches Äquivalent in einem üppigen Soundtrack.
6.3.1. Unterrichtseinheiten zum Thema Filmmusik
6.3.1.1. Einstieg
Der Einstieg erfolgt mit71 einem Ausschnitt (ca.2 Min) aus dem ItaloWestern “Zwei glorreiche Halunken”, in dem die Musik von Ennio Morricone den Ritt eines einsamen Cowboys von Lagerfeuer zu Lagerfeuer begleitet.
Der Ausschnitt wird den Schülern zuerst ohne und dann mit Ton vorgeführt, um ihnen die auditive Ebene des Films und ihre Wirkung bewusst zu machen.
Das Leitmotiv (a -d - a -d - a - f - g - d) erinnert Filmfans wie mich sofort an das Motiv des Sergio Leone Films “Spiel mir das Lied vom Tod”, und auch vielen Kindern wird es von irgendwoher ein Begriff sein.
Im Anschluss daran wird die Filmmusik von den Schülern mittels Orffinstrumenten nachgespielt und der Filmausschnitt mit der eigenen Version unterlegt.
Anhand des fertigen Produkts wird die auditive Ebene auf die Sprache, die Musik und auf Geräusche hin untersucht.
Stefan Hillers, der die Unterrichtseinheit durchführte, beschreibt die Gründe, warum er gerade diesen Ausschnitt wählte, folgendermaßen:
- Er hat bereits in früheren Unterrichtssituationen die Erfahrung gemacht, dass Morricones Musik von den Schülern sehr gut aufgenommen wird.
- Das der Filmszene unterlegte Musikstück eignet sich sehr gut zum Nachspielen mit einfachen Mitteln.
- Der Filmausschnitt hat keine offensichtliche Handlung.
Dies sei besser, um die Wirkung der Musik besser verdeutlichen zu können. Die Handlung sollte in diesem Fall nicht zu sehr die Aufmerksamkeit des Zuschauers beanspruchen.
Hillers beschreibt, dass die Schüler beim ersten Anschauen des Ausschnitts ohne Ton lediglich Kommentare wie: “Der Film ist langweilig”, “Der Mann scheint Steine zu suchen” abgaben, während sie den selben Ausschnitt mit Ton spannend fanden und Kleinigkeiten bemerkten. Dies geschah vor allem deshalb, da die Musik die Aufmerksamkeit auf den Film richtete, Emotionen auslöste und die Schüler, obwohl sie den Ausschnitt zum zweiten Mal sahen, viel konzentrierter bei der Sache waren.
Für die Vertonung des Ausschnitts wählte Hillers die ersten zwölf Takte aus der Originalmusik aus, die in leicht veränderter Form viermal wiederholt wurden.
Das erste Teilmotiv und das sich anschließende, in variierter Form auftretende Teilmotiv wird in Frage- und Antwortform von verschiedenen Schülergruppen realisiert.
So wird z.B. das erste Teilmotiv mit einem Stabspiel oder Glöckchen gespielt und das zweite als Antwort gepfiffen oder gesungen. Ein Ostinato aus Trommeln, Claves und dem gesprochenen “Hey-Ho” bildet die rhythmische Grundlage. Ergänzt kann das Ganze durch Sprache (die Gedanken des Mannes) und Geräusche (Wolfsgeheul) werden. Im Anschluss an die Vertonung wird das Produkt vorgeführt.
Bei der Abschlussbesprechung werden Geräusche, Sprache und Musik als drei unterschiedliche Komponenten der auditiven Ebene herausgearbeitet, was den Schülern sicherlich nicht mehr allzu schwer fallen wird, da sie sich ja gerade selbst damit aktiv auseinandergesetzt haben.
6.3.1.2. "Passt" oder "passt nicht"
Wenn man sich in der Klasse mit Filmmusik beschäftigt, kommt irgendwann sicherlich die Behauptung der Schüler, diese Musik passe zu dem Filmausschnitt, jene aber wieder überhaupt nicht. Filmausschnitte können von den Kindern unterschiedlich wahrgenommen werden, was erstens auf die Vorerfahrung der Kinder mit dem Medium Film zurückzuführen ist und zweitens in der Mehrdeutigkeit der Bild-Ton Ebene begründet ist.
Nun kann man sich von den einzelnen Schülern den Charakter der Musik und das musikalische Material beschreiben lassen, um so zu einer Begründung für das von ihnen empfundene "Passen" bzw. "Nichtpassen" der Musik zum Bild zu kommen.
In der nächsten Phase sollte den Schülern vermittelt werden, dass die Musik Inhalte bzw. Stimmungen des Films transportieren kann. Die Schüler hören zunächst nur den Ton eines Filmausschnitts, um dann frei zu assoziieren, was gerade in der Szene passieren könnte und aus welchem Film die Szene stammen könnte.
Als Hilfestellung kann man gemeinsam mit den Schülern überlegen, ob sich die Musik traurig, fröhlich, unheimlich , spannend oder geheimnisvoll anhört. Anschließend wird der Filmausschnitt als Auflösung gezeigt. Stefan Hillers benutzte als Beispiele vier Filmausschnitte:
Im ersten Ausschnitt aus dem Film Der Dieb von Bagdad (GB 1940), verliebt sich der Dieb in die Prinzessin. Der Komponist untermalte den Ausschnitt mit einer pentatonisch aufgebauten Musik und begleitete die Großaufnahme der Prinzessin mit schwelgerischen Streicherklängen. Seine Schüler interpretierten die Filmmusik als "Chinamusik" und die Streicherklänge als "Liebesmusik".
"Folglich bestand die Handlung aus 'einer Chinesin und einem Chinesen, die ineinander verknallt sind.' "72
Im nächsten Ausschnitt aus dem Film Tote tragen keine Karos (USA 1981) versucht ein Gangster einen Detektiv umzubringen, was von den Schülern Stefan Hillers sofort szenengetreu interpretiert wurde.
Der dritte Ausschnitt wurde einem Dokumentarfilm über Break-Dance entnommen. Die Tänzer bewegen sich wie Roboter, was auch die Schüler sofort zur Musik einstimmig assoziierten.
Im letzten Ausschnitt aus dem Film Doktor Schiwago (USA 1965) steht der Hauptdarsteller am Winterfenster und denkt an den letzten Sommer zurück. In einer Rückblende geht er, begleitet vom Filmmusikhit "Laras Thema", durch die Sonnenblumenfelder. Bei diesem Ausschnitt taten sich die Schüler schwer, die Musik mit konkreten Situationen in Verbindung zu bringen.
6.3.1.3. Marschmusik für die Prinzessin
Nun kann man zur Auflockerung ein Bewegungsspiel mit dem Musikmaterial der Filmausschnitte durchführen. Man einigt sich gemeinsam mit den Schülern auf ein passendes Symbol oder eine Zeichnung zu jedem der vier im vorigen Teil behandelten Ausschnitte. Nun hängt man die Symbole oder die Zeichnungen auf die vier Wände verteilt auf. Auf einer Kassette muss der Lehrer kurze Sequenzen der Musikstücke mehrmals aufnehmen. Nun sollen die Schüler beim Hören einer Sequenz zur richtigen Wand laufen.
"In der folgenden Vertonungsarbeit und in dem sich anschließenden Versuch sollen die Schüler erfahren, dass sich die Wirkung eines Filmausschnitts durch die Unterlegung mit verschiedenen Musiktiteln verändert"73
Man muss den Schülern schon im Vorhinein den Auftrag geben, Musikkassetten oder CDs zur Vertonung mitzubringen. Man sollte eine ziemlich große Palette verschiedenster Musikrichtungen und Musikstile bekommen. Als Lehrer ergänzt man gegebenenfalls die bunte Palette noch mit der einen oder anderen Musikrichtung.
Die Klasse wird nun in vier Gruppen geteilt. In diesen Arbeitsgruppen suchen sich die Schüler einen der vier Filmausschnitte aus und unterlegen ihn mit ihrer Musik. Ich kann mir vorstellen, dass dies sehr lustig und spannend für die Schüler ist. Anschließend stellen sich die Gruppen ihre Ergebnisse gegenseitig vor und überlegen gemeinsam, inwieweit sich durch die “eigene Filmmusik" die Wirkung der Filmausschnitte verändert hat.
Stefan Hillers beschreibt: "Manche der Produkte wirkten sehrüberzeugend: Die Marschmusik passte sich dem schreitenden Gefolge der Prinzessin aus dem Dieb von Bagdad genau an. Durch ein Volksmusikstück im Dreivierteltakt wirkten die Break-Dance-Tänzer wie Figuren auf einer Spieldose. Ein Höhepunkt war aber sicher die Unterlegung von Doktor Schiwago mit 'Herzilein'."74
Zum Abschluss dieser Phase kann man noch einen Versuch durchführen, der die Manipulation der Bilder durch die Musik besonders deutlich machen soll:
Die Schüler werden in zwei Gruppen unterteilt und bekommen in zwei verschiedenen Räumen die gleiche Filmszene vorgesetzt, jedoch mit zwei verschiedenen Musikstücken unterlegt. Die Schüler sollen dann kurz erste Eindrücke in ihrer Gruppe austauschen und sich einen möglichen Handlungszusammenhang für die Szene überlegen.
Stefan Hillers führte diesen Versuch mit einem Ausschnitt aus dem Film Lovestory (USA, 1969) durch. In diesem Ausschnitt fährt ein Pärchen in einem Cabrio mit dem Auto und unterhält sich (keine Hintergrundmusik). Eine Gruppe erhielt den Ausschnitt mit dramatischer Musik von Max Steiner unterlegt (aus dem Film King Kong), die andere mit japanischer, romantischer Flötenmusik von James Galway (Song of the Seashore).
Beim Zusammentragen der Ergebnisse charakterisierte die eine Gruppe ihren Ausschnitt als spannenden Krimi mit einem ängstlich dreinblickenden Pärchen und die andere Gr uppe berichtete von einer gemütlichen Spazierfahrt eines frisch verheirateten, glücklichen Pärchens.
Nach der Auflösung des Versuchs können die Schüler sehr gut die manipulative Wirkung der Filmmusik erkennen.
Stefan Hillers Kinder brachten das Ergebnis auf die Formel: "Ist doch klar, wenn die Musik spannend ist, ist der Film auch spannend, wenn die Musik langweilig ist, ist der Film auch langweilig."75
6.3.1.4. Top, die Wette gilt
In der dritten Phase der Unterrichtseinheit werden Musiktitel in Form eines Quiz unterschiedlichen Filmgenres zugeteilt. Die Schüler sollen dabei in der Lage sein, relativ eindeutige Musikbeispiele als typische Vertreter des jeweiligen Genres zu identifizieren und richtig zuzuordnen. Für die Schüler ist das Quiz erstens als eine erneute Übung zur Beschreibung von Musik gedacht und zweitens als eine Erweiterung des Repertoires, auf das sie bei der später folgenden Vertonung zurückgreifen sollen.
Es bietet sich aus Gründen der Überschaubarkeit an, sich auf nur einige wenige Genres zu beschränken.
Stefan Hillers tat dies und beschränkte sich auf die vier Genres Western, Tanzfilm, Liebesfilm und Krimi, auch aus dem Grund, da es sehr leicht ist, eindeutige Musik dafür zu finden.
Man sollte sich dabei in Richtung Filmmusik-CDs orientieren, da man dabei eine Fülle von Musikbeispielen zu jeder denkbaren Szene finden kann.
Nun zur Durchführung:
Der Lehrer gibt jedem Schüler vier Karten (z.B. eine blaue, eine rote, eine gelbe und eine grüne). Man einigt sich nun auf eine Zuteilung der Farben zu den entsprechenden Genres (z.B. rot=Liebesfilm) und der Lehrer spielt kurz Ausschnitte der einzelnen (relativ eindeutigen) Lieder vor. "Um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden, sollten beim Vorspielen der Musikbeispiele die entsprechenden Farben möglichst unauffällig herausgesucht und nach dem Ausklingen des Beispiels auf ein Signal hin hochgehalten werden."76
Für ein anschließendes Bewegungsspiel muss der Lehrer kurze Sequenzen der Musikbeispiele, unterbrochen durch ca. 5 Sekunden lange Pausen, mehrmals hintereinander aufnehmen.
Die Schüler bekommen nun die Aufgabe, sich frei zur Musik zu bewegen und in den Pausen ihre Bewegungen einzufrieren.
Beim zweiten Durchgang wird die Aufgabenstellung dahingehend erweitert, dass sich die Schüler wie die Hauptpersonen aus dem jeweiligen Film bewegen sollen (Dieb, der schleicht; Verliebte, die gehen,...). Für die Schüler ist dies sicherlich sehr unterhaltsam.
6.1.3.5. Liebe und Diebe
In der abschließenden Praxisphase werden nun gemeinsam mit den Schülern zwei kurze Filme geplant, gedreht und im Anschluss daran vertont. Man kann zum Beispiel einen Krimi und einen Liebesfilm entstehen lassen.
Dazu sollen die Schüler zwei Entwürfe liefern (alle gemeinsam) und der "Kurzfilm" sollte eine Länge von 3 Minuten nicht überschreiten, ca. 3 Minuten deshalb, weil längere Szenen die Konzentrationsfähigkeit der Schüler überfordern könnte, wenn man bedenkt, dass sie zuerst die Szene selbst und dann den Einsatz von Sprache, Geräuschen und Musik planen müssen.
Die ganze Klasse plant gemeinsam den Krimi und den Liebesfilm und stellt beide nacheinander fertig.
Im Anschluss an die Dreharbeiten (der Lehrer filmt mit einer Videokamera) werden beide Male zwei Arbeitsgruppen gebildet. Eine Gruppe plant und probt den Einsatz von Sprache und Geräuschen und die andere Gruppe sucht die passende Musikuntermalung (freier Zugriff zu den vom Lehrer mitgebrachten Filmmusik-CDs).
Die Gruppen präsentieren anschließend ihre Ergebnisse und erstellen gemeinsam einen Aufnahmeplan für die Vertonung der Kurzfilme. Nun wird die auditive Ebene aufgenommen (Kassettenrecorder und Mikrophon) und vom Lehrer zusammengegeben (zu Hause). Fertig ist der eigene Film !!!
Stefan Hillers beschreibt die Arbeit seiner Schüler bei der Erstellung der zwei Kurzfilme folgendermaßen:
"Erfreulich war, wie konzentriert und engagiert die Schülerüber zum Teil lange Phasen mitgearbeitet haben. Erstaunlich waren der ungewohnte Ideenreichtum beim Planen der Szenen und das Einbringen der im Vorfeld gewonnenen Erfahrungen mit dem Thema Filmmusik."77
Ich muss sagen, dass ich noch nie vorher irgendwo eine Idee für eine Unterrichtseinheit gefunden habe, die mich so begeistert hat. Stefan Hillers hat diese Unterrichtseinheit für die Sonderschule für geistig Behinderte konzipiert, wobei ich aber glaube, dass sie sich für die Volksschule ebenfalls bestens eignet. Wegen der Verständlichkeit und der verblüffenden Einfachheit, mit der den Kindern das komplexe Wesen der Filmmusik nähergebracht wird, kann man die Unterrichtseinheit meiner Meinung nach schon ab der dritten Klasse Volksschule durchführen.
Auf jeden Fall wird dies eine der ersten Unterrichtseinheiten sein, die ich einmal als Lehrer in Musik in Angriff nehmen werde.
Schlussbemerkungen
Das Erstellen dieser Arbeit hat mir größtenteils viel Freude bereitet. Das Schreiben war sehr anstrengend, aber das Studieren der Literatur zum Thema Fernsehen war äußerst interessant. Die Fragebogenauswertung war mehr Arbeit, als ich gedacht habe, aber jetzt, wo sie getan ist, bin ich froh, dass ich so viele Kinder befragt habe.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich mir genau das richtige Thema ausgesucht habe und mir die Arbeit auch persönlich viel gebracht hat. Ich habe eine Menge Literatur zum Thema Fernsehen gelesen und bin dadurch zu einem viel kritischeren Fernsehkonsumenten geworden. Ich sehe viele Sendungen jetzt mit einem ganz anderen Auge und auch mein täglicher Fernsehkonsum ist stark gesunken. Ich überlege mir jetzt immer, bevor ich mir etwas im Fernsehen anschaue: Bringt mir der Inhalt der Sendung irgendetwas? Versäume ich etwas wenn ich die Sendung nicht sehe? Könnte ich nicht besser andere Dinge tun?
Durch das intensive und kritische Beschäftigen mit dem Medium Fernsehen hinterfrägt und durchschaut man, was einem vorher nicht bewusst war oder aufgefallen ist.
Ich möchte an dieser Stelle noch kurz auf den amerikanischen Professor für Media Ecology Neil Postman hinweisen, dessen Buch “Vom Verschwinden der Kindheit” mich sehr beeindruckt hat. Ich habe es sorgfältig studiert und bin dabei immer wieder in meinen eigenen Meinungen bestätigt worden worauf ich auch noch sein Buch “Wir amüsieren uns zu Tode -Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie” gelesen habe, von dessen Inhalt ich aber leider in diese Arbeit nichts einbringen konnte, da dies sonst zu weit geführt hätte. Genauso habe ich mich dazu entschlossen, Themen wie “Fernsehen und Gewalt” oder “Fernsehen und Angst” gar nicht oder nur ganz wenig zu behandeln, da einfach kein Platz mehr dafür war.
Ich möchte an dieser Stelle noch Herrn Professor Dr. Humer und Herrn Professor Dr. Faulhammer danken, die auch außerhalb der offiziellen Besprechungstermine immer ein offenes Ohr für Probleme bezüglich der Hausarbeit hatten.
Abschließend möchte ich noch meinen Eltern danken, die viel Geduld mit mir hatten und sich schließlich auch noch dazu bereit erklärten, meine Hausarbeit auf Schreibfehler zu korrigieren. Danke.
Literaturliste
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PAPE, Winfried / THOMSEN, Kai: Videoclips im Musikunterricht. In: Musik und Unterricht, Heft 40/1996, S.24 - 31.
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http://mediasearch.orf.at/ferna13.htm, 20.4.2000
http://mediasearch.orf.at/ferna21.htm, 20.4.2000
http://mediasearch.orf.at/ferna43.htm, 20.4.2000
http://mediaresearch.orf.at/fernc11.htm, 20.4.2000
http://www.tiscover.com/st.johann.wimberg, 17.5.2000
http://www.eduhi.at/schule/vs.stjohann, 17.5.2000
[...]
1 Atteslander, 1993, S.13
2 Atteslander, 1993, S.25
3 Atteslander, 1993, S.29f.
4 Atteslander, 1993, S.126
5 Atteslander, 1993, S.191
6 vgl. Schnell et al., 1988, S.306f.
7 Atteslander, 1993, S.176
8 Wellenreuther, 1982, S.179
9 vgl. Rogge, 1990, S.18 - 28
10 Rogge, 1990 S.19
11 Rogge, 1990 S:27
12 Postman, 1999, S.95
13 Rogge, 1990, S.148
14 vgl. Rogge, 1990 S.148
15 vgl. Rogge, 1990, S.21
16 vgl. Internet, http://mediasearch.orf.at/ferna43.htm, 20.4.2000
17 vgl. Internet, http://mediasearch.orf.at.ferna21.htm, 20.4.2000
18 vgl. Internet, http://mediaresearch.orf.at/fernc11.htm, 20.4.2000
19 vgl. Internet, http://mediaresearch.orf.at/ferna13.htm, 20.4.2000
20 vgl. Internet, http://mediasearch.orf.at/fernb13.htm, 20.4.2000
21 vgl. Postman, 1999, S.113
22 Postman, 1999, S.13
23 Cowley, 1971, S.14
24 Postman, 1999, S.15
25 vgl. Postman, 1999, S.13 - 77
26 vgl. DeMause,1977, S.33 u. S.66
27 Plumb, 1971, S.7
28 Postman, 1999, S.20
29 Postman, 1999, S.25
30 Postman, 1999, S.25
31 Postman, 1999, S.48
32 Postman, 1999, S.69
33 Postman, 1999, S.70
34 Postman, 1999, S.75
35 Postman, 1999, S.76
36 Postman, 1999, S.81
37 vgl. Boorstin, 1964, S.64
38 Postman, 1999, S.88
39 Postman, 1999, S.118
40 Postman,1999, S.93
41 Postman, 1999, S.93f.
42 Postman, 1999, S.95
43 Postman, 1999, S.100
44 Bettelheim,1980, S.9f.
45 Postman, 1999, S.100f.
46 Postman, 1999, S.104
47 Postman, 1999, S.104
48 vgl. Oberlechner, 1992, S.27 - 29
49 Oberlechner, 1992, S. 28
50 vgl. Rogge, 1990, S.146 - 148
51 Rogge, 1990, S.147
52 Rogge, 1990, S.148
53 BMUK,Verordnungsblatt, Nr.32, Stück 4, S.1
54 BMUK,Verordnungsblatt, Nr.32, Stück 4, S.2
55 BMUK,Verordnungsblatt, Nr.32, Stück 4, S.3
56 vgl. Pape, Tomson, 1996 S.24 - 31
57 Pape, Thomson, 1996 S.26
58 Pape, Thomson, 1996, S.30
59 vgl. Pape, Thomson, 1996, S.24 - 31
60 vgl. Dembowski, 1992, S.38 - 43
61 Fischer, 1992, S.36
62 Dembowski, 1992, S.39
63 vgl. Bullerjahn, Morr, Paland, 1994 S.9 - 14
64 Bullerjahn, Morr, Paland, 1994 S.9
65 Bullerjahn, Morr, Paland, 1994 S.9
66 Bullerjahn, Morr, Paland, 1994, S.11
67 Bullerjahn, Morr, Paland, 1994, S.12
68 vgl. Maas, 1992, S.4 - 9
69 Maas, 1992, S.8
70 Schneider, 1986, S.90f.
71 vgl. Hillers, 1992, S.12 - 16
72 Hillers, 1992, S.14
73 Hillers, 1992, S.14
74 Hillers, 1992, S.15
75 Hillers, 1992, S.15
76 Hillers, 1992, S.15
77 Hillers, 1992, S.16
- Citar trabajo
- Sageder, Christian (Autor), 2000, Fernsehkonsum von Grundschülern - Kreative musikalische Gestaltungsmöglichkeiten von Fernsehszenen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101713
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