The purpose and objective of this thesis is to examine the degree of impact WFM is facing due to implementation of AI-based tools within the banking and finance industry. To do this the author will select and classify under the chapter ‘Literature Review’ how, in which departments, and to what degree, banks and other financial institutions have implemented AI tools within their organization. Secondly, the author will conduct interviews with executive leaders as well as with AI researchers and experts, and analyze the data received.
For this study, the author focuses on AI’s impact on WFM within the banking and finance industry. The purpose of the following questions is to refine the present knowledge gap within the banking and finance industry regarding the WFM impact of AI. The author will emphasize via a literature review and interviews exactly how AI-based technology tools have been implemented in the banking and finance industry. To do so, three research questions have been chosen and will be further analyzed throughout this study paper. The first question focuses on WFM and HR teams. It predicts how many people and what kind of qualifications will be deployed. As well as where and when they will be deployed.
There are many consequences of banks and other financial institutions implementing more AI technology. In his book, Competing in the Age of AI, Iansiti and Lakhani mention that it is critical for leaders to understand the choice of model along with “navigating the ethics of digital scale”. The author emphasizes that leaders must be able to build a strong organization of safety, security and sustainability. Firms spend billions of dollars on new AI related technologies and innovations. Despite this, banks and other financial institutions face three main issues. The first challenge is an outdated operating model. The second challenge is the lack of a fitting talent strategy. Both challenges are interconnected to each other. Likewise, as a third challenge, Workforce Management (WFM), the core process that boosts performance levels and competency for an organization, has been reformed and disrupted by the introduction of AI.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Schriftspracherwerb
2.1 Bedeutung und Funktion von Laut- und Schriftsprache
2.2 Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schriftsprach-erwerb
2.3 Das Stufenmodell des Schriftspracherwerbs nach Valtin
3. Lesekompetenzentwicklung und ihre Fördermethoden
3.1 Lesekompetenz und Leseentwicklung in der Didaktik
3.2 Kompetenzen für eine eigenständige und flüssige Lesepraxis
3.3 Lesefördermethoden und ihre Auswirkungen auf die einzelnen Ebenen des Lesekompetenzmodells
4. Forschungsfrage
5. Methodisches Vorgehen und Auswertung
5.1 Auswertung der Interviews
5.2 Auswertung Elternfragebögen
6. Ergebnisse der Datenauswertung
7. Diskussion der Ergebnisse
8. Literaturverzeichnis
9. Abbildungsverzeichnis
10. Anhang I
10.1 Interview Transkript - Schulleitung
10.1.1 Dokumentarische Inhaltsanalyse: Befragung der Schulleitung
10.2 Interview Transkript - Lehrkraft A
10.2.1 Dokumentarische Inhaltsanalyse: Befragung der Lehrkraft A
10.3. Interview Transkript der Lehrkraft B XXXIX
10.3.1 Dokumentarische Inhaltsanalyse: Befragung der Lehrkraft B
10.4 Elternfragebogen
10.4.1 Qualitative Inhaltsanalyse: Elternfragebögen
1. Einleitung
Johann Wolfgang von Goethe sagte einmal: „Die guten Leutchen [manche Leser] … wissen nicht, was es einem für Zeit und Mühe gekostet, um lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dazu gebraucht und kann noch jetzt nicht sagen, daß ich am Ziele wäre.“ (Goethe, J.W., Gespräche. Mit Friedrich Soret, 25. Januar 1830). Dieses Zitat beschreibt gut, dass Lesenlernen mehr ist, als nur das Buchstabenentziffern. Lesen ist nicht nur ein zu Beginn schwieriger Prozess, der kognitive Aktivierung und Übung erfordert, sondern auch Teil der individuellen Platzierung in der Gesellschaft. Gehen die Wörter schließlich flüssig über die Lippen, gibt es immer noch die eigene Lebenswelt, die von dem Gelesenen profitieren möchte. Fantasie, Beruf, Selbstfindung, Freude, Kultur – dies alles sind nur wenige Begriffe, die innehaben, dass Lesenkönnen auch nach dem Erlernen in vielerlei Hinsicht wichtig ist und Welten eröffnet.
Ausschlaggebend für das Thema dieser Arbeit waren die erschreckenden Ergebnisse aus IGLU, die aufzeigten, dass deutsche Kinder im internationalen Vergleich zu schlecht im Lesen abschnitten. IGLU ist eine internationale Studie, die Schulleistungsuntersuchungen durchführte und als ,Internationale Grundschul- Lese-Untersuchung‘ in Deutschland bekannt ist (Bos & Valtin, 2003). Bei dieser Studie werden Viertklässler und Viertklässlerinnen alle fünf Jahre in ihrer Lesekompetenz getestet. Im Jahr 2016 zeigten die Ergebnisse dieser Untersuchung, dass deutsche Schüler und Schülerinnen (Im Nachfolgenden als ‚SuS‘ abgekürzt) sich nur im Mittelfeld des internationalen Vergleichs befanden. Die Russische Föderation lag in diesem Jahr an der Spitze und hatte im Vergleich zu Deutschland einen Punkteunterschied von einem gesamten Lernjahr an Lesefortschritt. Dadurch, dass Deutschland nur den 28. Platz auf der Rangliste erreicht hat, haben insgesamt 27 Staaten besser abgeschnitten als Deutschland und im EU- Vergleich sind es sogar mehr als die Hälfte der Grundschulkinder, die eine bessere Leseleistung erzielten. Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse brachte in Deutschland Diskussionen hervor, die das Bildungssystem stark kritisierten (Hornberg & Bos, 2007; Jörgens, Sander & Werner, 2021). Obwohl die schlechten Ergebnisse bekannt sind, scheint sich nicht wirklich etwas im Bildungssystem verändert zu haben, um die Lesekompetenz zu verbessern. Aus diesem Grund beschäftige ich mich in dieser Arbeit mit dem Lesenlernen in der Grundschule und zeige auf, wie wir als flüssige und selbstständige Leser und Leserinnen (im Nachfolgenden als ‚LuL‘ abgekürzt) Kinder dabei erfolgreich unterstützen können. Am Beispiel einer Grundschule, die sich u.a. Leseförderung als Entwicklungsziel gesetzt hat, stelle ich dar, wie Lesenlernen im schulischen Umfeld gefördert wird und zeige Beispiele, wie Eltern Zuhause mit ihren Kindern lesen üben. In dieser Arbeit geht es primär darum, Unterstützungsmethoden vorzustellen, und aufzuzeigen, wie Leseförderung im Idealfall ablaufen kann. Um Kinder beim Lesenlernen erfolgreich unterstützen zu können, werde ich zu Beginn der Arbeit die Entwicklungsprozesse darstellen, die Kinder durchlaufen müssen, sodass ggf. auftretende Schwierigkeiten beim Lernprozess nachvollziehbar sind. Im folgenden zweiten Kapitel stelle ich zunächst den Schriftspracherwerb vor, der wichtiger Bestandteil im Anfangsunterricht ist. Dieses Kapitel soll aufzeigen, welche Meilensteine Kinder erreichen und welche Schwierigkeiten überwunden werden müssen, um Teilprozesse zu automatisieren. Dazu erläutere ich die Bedeutung und die Funktion von Schriftsprache, die Voraussetzungen, die ein Kind besitzen sollte, und stelle das Stufenmodell des Schriftspracherwerbs von Valtin vor. Im dritten Kapitel geht es dann um die Lesekompetenz, die im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb gefördert werden sollte. Wie die Lesekompetenz und deren Entwicklung in der Didaktik definiert werden, welche Kompetenzen erlangt werden müssen und welche Lesefördermethoden aus Sicht der Leseforschung am geeignetsten sind, werden in diesem Kapitel näher behandelt. Mit dem vierten Kapitel beginnt dann meine Forschung, die ich an einer Grundschule in kleinem Rahmen anhand von Befragungen durchgeführt habe. Dazu erläutere ich meine Forschungsfrage und meine Intentionen dahinter, bis ich dann im fünften Kapitel mein methodisches Vorgehen erkläre. Um herauszufinden, wie Leseförderung in der Lebenswelt der Grundschulkinder Eingang findet, befrage ich eine Schulleitung, zwei Lehrkräfte und Eltern einer von mir ausgewählten Grundschule und werte die Ergebnisse in den Teilkapiteln des fünften Kapitels aus. Die Ergebnisse meiner Datenauswertungen erfolgen dann im sechsten und die Diskussion der Ergebnisse als Fazit, im siebten Kapitel. Im Abbildungsverzeichnis befinden sich nicht nur alle Quellen der verwendeten Abbildungen im Fließtext, sondern auch Abbildungen, die Gesagtes aus den Interviews näher erläutern. Die Fragebögen der Eltern und die Interviews der Lehrkräfte und Schulleitung sind ebenfalls im Anhang zu finden.
2. Der Schriftspracherwerb
„Die Schrift entstand, als der Mensch lernte, seine Gedanken und Gefühle durch sichtbare Zeichen mitzuteilen, die nicht nur er, sondern auch alle anderen Personen, die dieses System kannten, verstanden.“ (Gelb, 1958, S.20)
Die Sprache ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel, mit denen sich Menschen aller Kulturen verständigen können. Jede Sprache hat seinen eigenen Aufbau, hat eigene Regeln und Zeichen. Diese Zeichen gilt es zu verstehen, zu lesen, zu sprechen und zu schreiben, um an dem kulturellen Leben teilhaben zu können. Der Schriftspracherwerb stellt in der Grundschule daher den typischen Lernprozess im Anfangsunterricht dar. Schon kurz nach der Einschulung lernen die SuS die ersten Buchstaben und dazugehörigen Laute kennen und üben diese zu lesen und zu schreiben. Innerhalb dieses Prozesses des Erlernens von Schrift und Sprache, erfolgt schließlich die Verbindung der einzelnen Buchstaben und Laute zu Silben, zu Wörtern und schließlich zu Sätzen. Der Erwerb dieser Fähigkeit ist für den weiteren Schulverlauf und die spätere Berufswahl unerlässlich. Was genau alles hinter diesem Prozess steckt, wird in diesem Kapitel näher erläutert.
2.1 Bedeutung und Funktion von Laut- und Schriftsprache
Bevor ich auf die Funktion von Laut- und Schriftsprache eingehe, erläutere ich deren Bedeutung für unsere Gesellschaft. Laut-, sowie Schriftsprache, das heißt Lesen und Schreiben, sind nicht nur wichtig, um am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, sondern auch, um sich selbst weiterzuentwickeln. Die Schriftsprache ist Teil unseres alltäglichen Lebens, denn wir finden sie in den Medien, im Schul- und Berufsalltag, in unserer Umgebung (Beispiel: Werbeplakate), zur Orientierung (Beispiel: Straßenschilder), im Ausüben von Hobbies und Freizeitaktivitäten (Beispiel: Kommunikation in einem Verein) , Lesen von Büchern und Zeitungen usw. Achtet man auf die Vielfalt von vorkommender Schriftsprache in unserem alltäglichen Leben, so wird einem bewusst, dass Lesen und Schreiben wesentliche Voraussetzungen sind, um sich in unserer Gesellschaft selbstständig zurechtzufinden. Mit dem Erlernen in der Schule kommt auch die Selbsteinschätzung der eigenen Person im Umgang mit Schrift und Sprache hinzu. Dies geschieht bei Erfolg und Misserfolg in der Schule, einerseits durch die Rückmeldung von Eltern und Lehrkräften und andererseits durch die eigene Selbstreflexion und durch eine bestimmte Erwartungshaltung. Laut- und Schriftsprache sind demnach sowohl für die persönliche Weiterentwicklung als auch für die persönlichen Stellung in der Gesellschaft wichtig. Der Aufbau einer Sprache ist durch den Bezug von Phonemen, den Lauten, und den Graphemen, den Zeichen, dargestellt. Die Verbindung dieser beiden nennt man Phonem-Graphem-Korrespondenz (kurz: PGK, oder GPK) und sie beschreibt die Zuordnung eines Lautes zu einem Buchstaben. Die Phoneme sind dabei die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten der Lautsprache und die Grapheme die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten der Schriftebene (Gümbel, 1993). Beim Erlernen der deutschen Sprache ist wichtig zu wissen, dass diese keine lautgetreue Schreibweise hat. Würde man davon ausgehen, dass jedem Buchstaben genau ein Laut zugeordnet wird, würde dies zu Fehlerschreibungen führen. Die deutsche Schrift wird als Buchstabenschrift bezeichnet, da sie nicht wie bspw. chinesische Schriftzeichen Inhalte direkt darstellt, sondern indirekt Bedeutungen durch Buchstabenabfolgen angibt (Bergk, 1980). Konkret bedeutet das, dass jeder gesprochene Laut einem bestimmten Buchstaben oder einer Buchstabenfolge (wie bspw. >Sch<) zugeordnet wird, die Zuordnung an sich allerdings beliebig vorgenommen wurde. Obwohl jedem Laut ein Buchstabe zugeteilt werden kann, gilt keine 1:1- Zuordnung von Graphemen und Phonemen. Das lässt sich damit erklären, dass Buchstaben und auch Buchstabenabfolgen für unterschiedliche Laute genutzt werden können. Ein verständliches Beispiel hierfür ist das ‚ ch ‘, das in verschiedenen Wörtern vorkommt, allerdings häufig anders ausgesprochen wird, wie bspw. in ‚ i ch ‘, ‚ Rau ch ‘ und ‚ Ch ef ‘. Genauso kann man den Laut ‚ a ‘ in ‚ W ah l ‘ und ‚ S aa l‘ hören, findet ihn aber einmal mit einem ‚ h ‘ zusammen und einmal in doppelter Ausführung. Diese mehrfache Zuordnung ist also in beide Richtungen möglich. Jürgen Reichen isolierte aus unserem Alphabet, das 26 Schriftzeichen enthält, 45 Einzellaute und bestätigte damit, dass es mehr Phoneme als Grapheme gibt. Das liegt vor allem daran, dass die Schriftzeichen des deutschen Alphabets dem Lateinischen entstammen (Bergk, 1980). Hinzu kommen grammatikalische Regeln, die bestimmte schriftsprachliche Phänomene erklären, wie bspw. die Regel, dass bei kurzgesprochenem Vokal doppelte Konsonanten folgen (Hass, Ebbe, Teller etc.). Doch auch in der Grammatik gibt es genug Ausnahmen, die das Erlernen erschweren (Bergk, 1980). Um zu verstehen, was für Schwierigkeiten Schreibanfänger und Schreibanfängerinnen haben, muss man sich über den Aufbau der deutschen Sprache sowie der Menge an Regeln und Ausnahmen bewusst sein.
„Der Schriftkundige erkennt aus dem Kontext, wie er das jeweilige Graphem lesen bzw. das Phonem schreiben muss, d.h. er wendet – unbewusst – die GPK – Regeln an. Schulanfänger jedoch, die diese Regeln erst durch häufiges Lesen und Schreiben von Morphemen erwerben müssen, können nicht von vornherein wissen, welches Schriftzeichen sie welchem Sprechlaut zuordnen müssen.“ (Bergk, 1980, S.138)
2.2 Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schriftsprach-erwerb
Den Schriftspracherwerb in der Grundschule zu meistern, ist eine schwierige, aber wichtige Aufgabe, mit der Kinder zurechtkommen müssen. Kinder sind dabei so einigen Lernanforderungen ausgesetzt, die man als Erwachsener oft unterschätzt. Möchte man Kinder beim Erlernen von Schrift und Sprache unterstützen, so sollte man sich vorher bewusst sein, mit was für Ansprüchen ein Kind zu tun hat und wie seine Lernprozesse überhaupt funktionieren. Darüber hinaus sind Voraussetzungen nötig, die den Kindern einerseits eine Umgebung liefern, in der sie Zugang zur Schriftsprache erhalten und andererseits Voraussetzungen, die die Kinder selbst mitbringen müssen. An den Anfangsunterricht kann man dahingehend die Ansprüche stellen, dass ein Umfeld geschaffen werden muss, in dem Kinder im Idealfall gerne und gut lernen und in dem sie die Elemente von Schrift und Sprache und deren Beziehungen, sowie Regeln und Funktionen durch den Input und die Steuerung der Lehrperson kennenlernen. Nach Bergk (1980) muss hierbei auch das Ziel der Sinnentnahme vorhanden sein, da dieser ein wichtiger Bestandteil der Schrift ist und die Motivation zum Lesen gibt. Die Kompetenz der Vergegenständlichung von Sprache spielt eine große Rolle, da gelernt werden muss, dass die Sprache Bedeutungsgehalt hat. Besonders kleine Kinder haben damit noch ihre Probleme und antworten auf Fragen wie: „Warum heißt Geburtstag Geburtstag?“ mit Ähnlichem, wie: „Weil man da Geschenke bekommt.“, was sich auf den Handlungskontext bezieht (Valtin, 2000).
Eine der Basisfähigkeiten für den erfolgreichen Schriftspracherwerb ist das Sprechen, das schon vor der Schulzeit erlangt wurde. Hierfür ist nicht unbedingt ein geleitetes Lernen nötig, um dem Kind das Sprechen beizubringen. Der Mensch lernt in seinen ersten Lebensjahren Sprache und Verhaltensmuster dadurch, dass er mit Sprache und Handlungen umgeben ist. Durch Mimik, Gestik und Sprache der Eltern lernt das Kind von sich aus Kommunikation und die Bedeutung verschiedener Wörter (Reichen, 2001). Den meisten Kindern begegnet Schrift und Sprache auch schon vor dem ersten Schultag auf vielfältige Art und Weise. Manche Kinder haben schon in frühen Jahren Zugang zu Kinderliteratur, bzw. Bilderbüchern, bekommen vorgelesen oder erkennen bestimmte Schriftmuster wieder, wie bspw. Markennamen wie ‚Coca-Cola‘. Auch können die meisten Kinder schon ihren Namen schreiben und identifizieren. Ich nutze an dieser Stelle das Wort identifizieren, da in der ersten Zeit des Schriftspracherwerbs Kinder häufig das Lesen imitieren und nachahmen. Bei ihrem eigenen Namen kennen sie bereits die Phoneme, wissen aber noch nicht, wie diese in Verbindung zu den Graphemen stehen. Die einzelnen Stufen, wie die Stufe der Nachahmung, werden in Kapitel 2.3 näher erläutert. Die Kinder erlernen das Sprechen aus dem Anreiz heraus, dass sie sich so mitteilen und verständigen können. Mit der Sprache kommt schließlich auch das Interesse an der Schrift, bzw. an dem Lesen. Häufig probieren sich Kinder hier gerne aus, ohne richtig zu wissen, wie Lesen eigentlich geht. Spätestens in der Schulzeit bekommen sie dann beigebracht, wie sie Laute und Buchstaben schließlich zu Wörtern und Sätzen verbinden können. Die Erfahrungen, die die Kinder je nach ihrem Umfeld mit Schrift und Sprache machen, sind Voraussetzungen, die ohne Anleitung schon vor Schuleintritt gegeben sind. Das heißt, dass Kinder vor dem Schulanfang auf jeden Fall schon mit Schrift und Sprache in Kontakt waren. Selbstverständlich hängt die Qualität dieser Erfahrungen aber von ihrem sozialen Umfeld und Kontext ab und dem gegebenen oder nicht gegebenen Zugang zu Literatur. Darüber hinaus benötigen Kinder auch die körperlichen Voraussetzungen, um zu verstehen, zu reflektieren und schließlich umsetzen zu können. Um den Prozess des Schriftspracherwerbs unproblematisch durchlaufen zu können, braucht es phonematische, optische, kinästhetische, melodische und rhythmische Differenzierungsfähigkeiten (Weiden, 1994).
2.3 Das Stufenmodell des Schriftspracherwerbs nach Valtin
Der Schriftspracherwerb in der Grundschule ist der wichtigste Bestandteil des Anfangsunterrichts, denn nur mit dessen erfolgreichen Durchlaufens kann ein Kind sich in der weiteren Schullaufbahn behaupten und später einen Beruf finden. Zu dem Ablauf dieses Prozesses gibt es mehrere Modelle, die die einzelnen Stufen des Erlernens darstellen. Diese Entwicklungsstufen sind an dem natürlichen Erwerb von Schrift und Sprache orientiert. Jedes Kind durchläuft diese Stufen unterschiedlich schnell und kann auch mal eine Stufe überspringen. Das bedeutet, dass jedes Kind einen individuellen Entwicklungsverlauf nimmt, wobei die Meilensteine des Lesen- und Schreibenlernens nicht unbedingt parallel verlaufen müssen. Bisher ist noch nicht eindeutig, wie die beiden Prozesse in Beziehung stehen. Der Blick auf die einzelnen Stufen bietet jedoch eine Erkenntnis über den Entwicklungsstand des Kindes. Möchte man ein Kind im Schriftspracherwerb fördern, so schaut man, auf welcher Stufe sich das Kind derzeit befindet und welche Stufe als nächstes erreicht werden soll. Je nachdem, welche Handlungsmuster in der nächsten Stufe vorkommen, nutzt man diese als Fördermaßnahmen, um das jeweilige Kind auf die Zone der nächsten Entwicklung vorzubereiten (Valtin, 2000).
Es gibt eine Vielzahl solcher Modelle, wobei manche etwas detaillierter dargestellt sind als andere. Ich werde mich auf das Stufenmodell von Valtin beschränken, da dieses Modell sehr verbreitet ist und ich die Darstellung der relevanten Stufen sehr übersichtlich finde. Die Vorteile dieses Modells sind, dass bereits die Entwicklungsphasen vor Schuleintritt beschrieben werden und Fehler nicht als Defizite angesehen werden, sondern als Hinweise für die jeweilige Entwicklungsstufe gelten.
Die Meilensteine des Schreibenlernens
Valtin weist darauf hin, dass bei der Schreibentwicklung zwei Erkenntnisse stattfinden müssen, nämlich zum einen das Wortkonzept, dass jedes gesprochene Wort auch aufgeschrieben wird und zum anderen das Phonembewusstsein, das Bewusstsein von lautlichen Einheiten eines Wortes und deren Graphem-Zuordnung. Der Schriftspracherwerb startet mit der Kritzelstufe, auf der das Kind das Schreibverhalten eines Erwachsenen imitiert. Hierbei nimmt es einen Stift in die Hand und kritzelt nicht nachvollziehbare Muster auf das Papier, da hier noch das Wortkonzept und das Phonembewusstsein fehlen. Auf der nächsten Stufe malt das Kind immerhin schon Buchstaben, die meistens nur großgeschrieben werden und willkürlich zu “Wörtern“ zusammengefügt werden. Manche gemalten Zeichen sind den Buchstaben auch nur ähnlich: Ein ‚E‘ bspw. kann spiegelverkehrt und mit 5 statt 3 Strichen geschrieben sein, oder auch vollkommen unverständlich aussehen. Die “Wörter“ werden dabei als Pseudo-Wörter bezeichnet. Ein Kind auf dieser Stufe kann ggf. auch schon den eigenen Namen malen. Auf der Vorphonetischen Stufe werden dann zumindest Ansätze einer lautorientierten Schrift deutlich. Typisch für diese Stufe ist, dass Wörter nur mit deren Anfangsbuchstaben verschriftlich werden oder nur einzelne, betonte Buchstaben eines Wortes aufgeschrieben werden. Lücken zwischen den Wörtern werden willkürlich gesetzt und haben nicht unbedingt eine Bedeutung. Der folgende Meilenstein ist die Skelettschreibung, bei der Kinder nur die ihrer Meinung nach wichtigsten Laute aufschreiben, oder sogar jede Silbe durch einen Buchstaben kennzeichnen. Die phonetische Verschriftlichung ist schließlich Hauptmerkmal der nächsten Entwicklungsstufe. Hierbei schreibt das Kind, wie es spricht. Dabei kommen Schreibungen zustande, die der Umgangssprache und dem Dialekt entsprechen, der vom Kind gedehnt vorgesprochen wird (Bsp.: >Esch< statt >ich < oder auch >HAMA< für >Hammer <). Erst mit dem nächsten Meilenstein folgt auch die Verwendung von sprachstrukturellen Elementen, bzw. orthografischen Mustern. Ein Kind auf dieser Stufe kennt schon einige Rechtschreibregeln, kann diese aber nicht immer richtig anwenden. Oft wird hierbei übergeneralisiert, was bedeutet, dass das Kind eine gelernte Regel immer anwendet. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Schreibweise des langen i (>ie<), wie bspw. in >dier<, anstelle von >dir <, oder auch >Oper< für >Opa< . Auf der 6. und letzten Stufe folgt schließlich die Automatisierung von Teilprozessen, bei denen die orthografischen Kenntnisse richtig entfaltet werden. Wörter können hier orthografisch richtig geschrieben werden, aber auch noch durch bestimmte andere Faktoren, wie bspw. eine schwierige Schreibung oder Stress, falsch geschrieben werden (Valtin, 2000).
Die Meilensteine des Lesenlernens
„Im Laufe des Lesenlernens ändern sich die bevorzugten Lesestrategien. Es läßt sich über verschiedene Kinder hinweg eine gewisse Systematik in der Entwicklung erkennen. Das bedeutet aber nicht, daß alle Kinder dem gleichen Entwicklungsweg folgen und schon gar nicht im Gleichschritt“ (Scheerer-Neumann, 1987, S.221).
Ähnlich wie beim Schreibenlernen ahmt das Kind zu allererst das Lesen nach. Hierbei kann das Kind zwar noch nicht lesen, tut aber so, als ob es lesen könnte. Das Buch, das das Kind gerade „liest“ kann dabei auch mal falsch herum gehalten werden. Typisch auf dieser Stufe ist, dass das Kind Dinge erfindet, die der Text angeblich offenbart und die sich auch immer wieder ändern können, wenn man nochmal nachfragt, was denn an einer Stelle im Text steht. Die zweite Stufe nennt sich ‚naiv- ganzheitliches Lesen‘, denn das Kind ist zwar schon in der Lage einzelne Buchstaben wiederzuerkennen, errät Wörter allerdings aufgrund von visuellen Merkmalen. Buchstaben werden durch figurative Eigenschaften identifiziert. Auf der dritten Stufe beginnt erst die Einsicht in den Buchstaben-Laut-Bezug, sodass Lautelemente benannt werden können. Das Kind versteht erst auf dieser Stufe, dass jeder Buchstabe auch einen bestimmten Laut darstellt. Jedoch wird sich bei der Entzifferung von Wörtern nur an dem Anfangsbuchstaben oder dem Kontext orientiert, sodass es hier auch mal zu Verwechslungen von ähnlichen Wörtern kommen kann. Mit der nächsten Stufe erfolgt die komplette Einsicht in die Buchstaben-Laut-Beziehung und das Kind kennt daher schon die meisten Buchstaben und die zugehörigen Laute. Das Erlesen eines Wortes erfolgt buchstabenweise und ist meist noch nicht flüssig genug, um die Bedeutung des Wortes verstehen zu können. Erst auf der fünften Stufe kann das Kind Buchstaben zu Silben zusammenziehen und Morpheme nutzen, um das Wort zu entziffern. Das Kind verwendet hier orthografische, bzw. sprachstrukturelle Elemente, verbraucht aber noch zu viel Aufmerksamkeit auf das Erlesen des Wortes, als auf die Bedeutung. Auf der letzten Stufe ist das Kind schließlich fähig, Teilprozesse zu automatisieren und somit Wörter zu erkennen und Hypothesen zur Wortbedeutung zu bilden. Bedeutungen von Wörtern werden durch flüssiges Lesen ersichtlicher, da sich das Gehirn nicht mehr vollständig auf Buchstaben und Laute konzentrieren muss, sondern sich dem Inhalt des Gelesenen widmen kann (Valtin, 2000).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Entwicklungsmodell des Lesen- und Schreibenlernens nach Valtin (2000; S.83).
Möchte man Kinder bei ihrem Lesekompetenzerwerb unterstützen, kann dieses Entwicklungsmodell helfen zu verstehen, wie das Kind Schrift und Sprache erlernt und was es schon kann und noch lernen muss. Dadurch, dass man dieses Modell als Darstellung eines Entwicklungsprozesses sieht, bietet es einige Erkenntnisse, die zur Unterstützung des Lesekompetenzerwerbs im Kontext an den Schriftspracherwerb hilfreich sind. Es ist wichtig zu wissen, dass jedes Kind Schriftsprache individuell in seinem eigenen Tempo und unter anderen Bedingungen erlernt. Es ist zu beachten, dass jede Stufe unterschiedlich schnell durchlaufen wird, und dass das längere Verbleiben auf einer Stufe Hinweise zur nötigen Förderung geben kann. Um die richtigen Fördermaßnahmen der Hinführung zur Zone der nächsten Entwicklung anwenden zu können, bietet sich an, das Kind unbekannte Wörter lesen zu lassen, sodass der derzeitige Entwicklungsstand festgestellt werden kann. An die jeweiligen Entwicklungsstufen der Kinder lässt sich Lesekompetenzförderung unterschiedlich anschließen, wenn das Kind noch im Kontext des Schriftspracherwerbs lesen lernt. Beispielsweise können beim Übergang von Stufe 3 zur Stufe 4 Wortdurchgliederungsübungen genutzt werden, um zusammengehörende Schriftzeichen beim Lesen zu identifizieren. Es wird vorgeschlagen, dass der Weg von Stufe 5 zur letzten Stufe des automatisierten Lesens, ein vielfältiges Angebot von motivierenden Texten gegeben ist, anhand dessen Kinder ihre Lesekompetenz weiterentwickeln können. Das nächste Kapitel folgt mit der Darstellung des Lesekompetenzbegriffs und Lesefördermethoden, die im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb genutzt werden sollten, um die Kinder auch im Anschluss an den Schriftspracherwerb im Leseprozess unterstützen zu können (Valtin, 2000).
3. Lesekompetenzentwicklung und ihre Fördermethoden
3.1 Lesekompetenz und Leseentwicklung in der Didaktik
In der Didaktik wird darauf verwiesen, dass eine geeignete Leseförderung nur stattfinden kann, wenn SuS Leistungen unter Bezug eines Lesekompetenzbegriffs betrachtet und bewertet werden können. Die Leseentwicklung eines jeden Kindes muss derart nachvollziehbar sein, sodass eine passende und erfolgsversprechende Lesefördermethode angewendet werden kann (Rosebrock & Nix, 2015). In der PISA-Studie wird Lesekompetenz als eine Kompetenz formuliert „geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“ (Baumert, 2001, S.23). Das Lesen ist mehr als nur eine einfache Aufnahme von Informationen, denn hinter diesem Prozess stecken Kompetenzen, die sich in mehreren Ebenen äußern. Das Lesekompetenzmodell von Rosebrock und Nix stellt den Prozess mit allen mentalen Leistungen verständlich dar, sodass man anhand dessen systematische Leseförderung, das heißt spezifische Förderung der einzelnen Kompetenzen, leisten kann. Die verschiedensten Lesefördermethoden fördern unterschiedliche Bereiche der einzelnen Ebenen, die als Prozessebene, Subjektebene und soziale Ebene bezeichnet werden. In dem Lesekompetenzmodell kann man sich diese Ebenen als einen Kreis mit einzelnen Ringen vorstellen. Der innerste Ring stellt die Prozessebene dar, der mittlere die Subjektebene und der äußerste Ring die soziale Ebene. Die Ebenen unterliegen keiner Hierarchie und greifen ineinander über. Nur auf der Prozessebene erfolgt die Leseentwicklung von innen nach außen, beginnend mit der Wort- und Satzidentifikation, die als erstes gemeistert werden muss (Rosebrock & Nix, 2015).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Mehrebenenmodell des Lesens nach Rosebrock und Nix (2015)
Die Prozessebene
Auf der Prozessebene erfolgen die kognitiven Anforderungen des Leseakts, die bei LuL, die flüssig lesen, bereits automatisiert wurden. Aus dem Schriftspracherwerb wissen wir, dass das Entziffern von Buchstaben vor allem eine Kompetenz ist, die Kinder zu Beginn ihrer Lesekompetenzentwicklung erlernen müssen und die oft viel Konzentration erfordert. Die Wort- und Satzidentifikation ist mit der Erfassung der Textoberfläche gleichzusetzen. Dabei wird der Sinngehalt eines Wortes meist noch nicht nachvollzogen, da noch zu viel mentale Aufmerksamkeit auf der Buchstaben-, Wort- oder Satzerkennung liegt. Die lokale Kohärenz zählt dabei auch noch zu den hierarchieniedrigen Fähigkeiten, die ein Kind zu Beginn der Leseentwicklung entfalten muss. Zu der lokalen Kohärenzbildung zählt die Schaffung kleinräumiger Sinnzusammenhänge von nur wenigen Sätzen. Im Vergleich zur Wort- und Satzidentifikation sucht der Leser hier nicht nach der Position eines Wortes, sondern erfasst dabei bspw. die ganze Handlung eines literarischen Charakters. Erst mit dem hierarchiehöheren Level, der globalen Kohärenz, erfolgt das Verstehen darüber, wovon der Text insgesamt handelt, indem großräumige Sinnzusammenhänge geschaffen werden. Die Bildung solcher Makrostrukturen bringt die LuL schließlich zur mentalen Rekonstruktion eines Textes, sodass die Organisation und die Gestaltung des Gelesenen verständlich werden. Komplexe Texte, wie zum Beispiel Sachtexte, sind im Vergleich zu Kinderliteratur so formuliert und organisiert, dass das Knüpfen von Zusammenhängen für den Verstehensprozess unabdinglich ist. Entstammt der Text aus einer bestimmten Gattung und ist mit dementsprechenden Darstellungsstrategien bestückt, so müssen diese auch erst einmal identifiziert werden, sodass verstanden wird, worum es in dem Text überhaupt geht und die Intention bspw. hinter Märchenparodien erschlossen werden kann. Alle diese Prozesse auf dieser Ebene finden miteinander im Prozess des Lesens statt und nicht nacheinander. Um einen Text schließlich vollends auf kognitiver Ebene zu verstehen, können zwei verschiedene Prozesse herangezogen werden: Einerseits der sogenannte ‚Top-down‘- Prozess, durch den Vorwissen oder auch Erfahrungswissen um Verstehen genutzt wird und andererseits der ‚Bottom-up‘-Prozess. Bei diesem Prozess kommt das Verstehen “von innen heraus“, indem zum Beispiel freiwillig ein Teil nochmals gelesen wird, um ihn zu verstehen (Rosebrock und Nix, 2015).
Die Subjektebene
Als LuL ist man nicht nur eine Person, die das Gelesene entziffert und versteht, sondern auch ein Individuum, das aktiv in das ‚Bedeutungsgeflecht‘ eingebunden ist. Die LuL können ein und den selben Text unterschiedlich empfinden, finden ihn interessant oder uninteressant, je nachdem was die Interessen des lesenden Individuums sind. Ein(e) LuL kann entscheiden, wann ein Text abgebrochen wird oder wie intensiv dieser gelesen wird. Das Gelesene wird individuell reflektiert und auf die eigene Lebenswelt bezogen. Ein Text kann ebenso aus bestimmten Intentionen gelesen werden, die einerseits aus einer intrinsischen Motivation, das heißt aus eigenem Wissensdurst heraus entstehen oder aus einer extrinsischer Motivation, weil bspw. die Lehrkraft das verlangt. Auf der Subjektebene steht dabei das Selbstkonzept des (Nicht-) Lesers im Vordergrund. Dieses beschreibt die eigene Haltung gegenüber sich selber als Leser oder Leserin. Das Leseengagement ist dabei abhängig von dem lesebezogenen Selbstkonzept, das das Individuum aufgrund von Erfahrungen mit dem Lesen gemacht hat. Wenn ein Kind bspw. viele Fehler zu Beginn des Leseprozesses gemacht hat und viel negative Rückmeldung erhalten hat, dann kann das lesebezogene Selbstkonzept dementsprechend negativ ausfallen. Gedanken wie „Ich bin kein guter Leser“ können dazu führen, dass das Kind nicht lesen möchte und sich als Nicht- Leser somit auch nicht im Lesen weiterentwickeln kann. Motivation, Wissen (Vorwissen), Beteiligung (Wie fühlt sich Figur xy?) und die Reflexion des Subjekts werden auf dieser Stufe zusammengefasst (Rosebrock und Nix, 2015).
Die soziale Ebene
Diese Ebene umschreibt die Anschlusskommunikation an das Lesen, die in der Schule, mit der Familie, mit den Peers (den Gleichaltrigen), oder im kulturellen Leben stattfindet. Eine Kommunikationssituation über das Gelesene kann dazu dienen, im Unterricht etwas zu lernen und sich auf eine Klassenarbeit vorzubereiten, oder auch ein allgemeines Wissen über die eigene kulturelle Umwelt zu entwickeln, um am kulturellen Leben teilzuhaben. Im Gespräch mit der Familie oder mit den Peers können soziale Konstellationen geknüpft werden, indem über ein Buch gesprochen wird, das von mehreren Personen in der sozialen Gruppe gelesen wurde. Ein solches Gespräch über Leseerfahrungen kann den Zugang zu sozialen Gruppen eröffnen und soziale Beziehungen stärken. Rosebrock und Nix führen an dieser Stelle das Beispiel der Harry- Potter- Welle an, durch die soziale Bindungen geschaffen werden konnten. Auch die Vorlesesituationen, in denen Kindern von den Eltern vorgelesen wird und Kinder selber vorlesen, werden dieser Ebene zugeordnet. Eine solche ‚Urszene‘ des gemeinsamen Lesens wird besonders für kleine Kinder als intensive Lernsituation angesehen. Die sozialen Situationen, wie die kulturelle Anforderung von Leseaktivitäten, Belohnungen und Unterstützungen des Umfelds, sind für die Entwicklung von Lesekompetenz ebenso wichtig, wie die kognitiven Entwicklungen auf der Prozessebene (Rosebrock und Nix, 2015).
3.2 Kompetenzen für eine eigenständige und flüssige Lesepraxis
„Lesen ist der Prozess des Textverstehens -“ und „eine eigene Art und Weise des In-der-Welt-Seins“ (Rosebrock und Nix, 2019, S.8). Nur durch die Entwicklung bestimmter Kompetenzen kann das eigenständige und flüssige Lesen erreicht werden. Das eigenständige Lesen gilt als Ziel jeglicher didaktischer Leseförderungen und impliziert, dass der Leser oder die Leserin als selbstständiges Individuum literarische Handlungen vollzieht. Wie auf der Subjektebene des Lesekompetenzmodells von Rosebrock und Nix dargestellt, müssen LuL Motivation zum Lesen und zudem lesekulturelle Fähigkeiten entwickeln, die sich auf den hierarchieniedrigen Leveln der Prozessebene bewegen. Die lesekulturellen Fähigkeiten meinen die Fähigkeiten, Bücher selbstständig auswählen zu können, Zugang zu Literatur zu schaffen und zu nutzen, im Idealfall ein positives Selbstkonzept zu besitzen und über literarisches Vorwissen zu verfügen. Das Engagement, das Leser in die Lesepraxis stecken müssen, um zum eigenständigen Lesen zu gelangen, zielen auf die im Kapitel 3.1 beschriebene intrinsische Motivation und die Steuerung und Konzentration auf den eigenen Leseakt, der im Idealfall über einen längeren Zeitraum hinweg anhält. Auch müssen sich Leser selber reflektieren können, um sich selbst zu verbessern und Probleme lösen zu können. Diese Fähigkeiten, mit denen ein Leser oder eine Leserin eine „selbstbestimmte Praxis in literalen Räumen“ ausüben kann, sind wichtiger Teil der erfolgreichen Entwicklung von Lesekompetenz (Jörgens & Rosebrock, 2011). Da die Ebenen des Lesekompetenzmodells miteinander interagieren, sind selbst die basalen Lesekompetenzen wichtig für ein umfassendes Textverstehen. So ist die Leseflüssigkeit, die das genaue Dekodieren, die Automatisierung, die Lesegeschwindigkeit und die sinngemäße Betonung umfasst, eine der wichtigsten Voraussetzungen, um das Gelesene zu verstehen. Scheitert man an der kognitiven Anforderung auf der Prozessebene, so leiden auch die Teilkompetenzen der anderen Ebenen darunter. Am Beispiel der Leseflüssigkeit ist dies verständlich zu erklären. Wenn ein Kind mental noch damit beschäftigt ist, die Buchstaben den richtigen Lauten zuzuordnen, liest es stockend und fehlerhaft. Die Lesemotivation und das Textverständnis werden dabei beide in Mitleidenschaft gezogen. Nur durch weitere Lesepraxis und ggf. Unterstützung und Motivation von außen, kann dieser “Teufelskreis“ von mangelnder Motivation, die sich negativ auf die Lesekompetenz auswirkt, und andersherum, durchbrochen werden. Die richtige Unterstützung von Schule und Eltern ist dabei nicht nur zur Überwindung von Kompetenzproblemen auf der Prozessebene wichtig, sondern auch für die Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts. Sind die kognitiven Leseleistungen gut, so haben sie einen positiven Einfluss auf die Subjektebene und auch auf die Interaktion in der sozialen Ebene (Rosebrock, 2019). Im Laufe dieser Arbeit werde ich am Beispiel einer Grundschule sehen, ob Unterstützung der basalen Fähigkeiten auf der Prozessebene, die die Basis für eine erfolgreiche Lesekompetenzentwicklung ist, von den Eltern und der Schule geleistet werden und welche weiteren Förderverfahren genutzt werden.
3.3 Lesefördermethoden und ihre Auswirkungen auf die einzelnen Ebenen des Lesekompetenzmodells
In diesem Teilkapitel werde ich die wichtigsten Lesefördermethoden darstellen, die im Unterricht genutzt werden. Dazu nutze ich das Lesekompetenzmodell von Rosebrock und Nix und zeige auf, welche Teilkompetenzen auf den einzelnen Ebenen durch die Leseförderverfahren gefördert werden.
Vielleseverfahren
In der Didaktik sind Vielleseverfahren Methoden, bei denen die LuL frei lesen. Sie lesen hierbei leise für sich, meist indem sie im Unterricht feste Lesezeiten zur Verfügung haben. Die Lektüre kann von den Kindern selbst ausgewählt werden und muss nicht Gegenstand des Unterrichts werden. Durch die verschiedenen Ausführungen dieser Methode kann bspw. als Ziel festgelegt sein, eine bestimmte Anzahl an Büchern in einem Halbjahr zu lesen oder auch am Ende eines Schuljahres zu schauen, wie viele Bücher jedes Kind insgesamt geschafft hat zu lesen. Zu der Wirkung von Vielleseverfahren gibt es bislang nur unzureichende empirische Forschung, jedoch kann zusammenfassend gesagt werden, dass diese Verfahren besonders für diejenigen Kinder geeignet sind, bei denen Lesen nicht zur alltäglichen Gewohnheit gehört und die Zuhause wenig oder keinen Zugang zu Literatur erhalten haben. Neben der abneigenden Haltung gegenüber regelmäßiger Lesepraxis sind auch oft basale Lesekompetenzen dafür verantwortlich, dass diese Kinder zu wenig lesen. In der Theorie beginnt die Wirkkette der Vielleseverfahren mit der Herstellung von Nähe zur Literatur, wodurch die Lesemenge gesteigert wird, die wiederum für mehr Übung im Lesen sorgt und somit das Leseverstehen insgesamt verbessert. Dabei zielen diese Verfahren indirekt auf die Prozessebene und direkt auf die Subjektebene, denn zunächst soll das Kind sich als Leser oder Leserin identifizieren, selbstbestimmt Lesepraxis ausüben, wodurch Motivation entstehen soll und indirekt, quasi nebenbei, Kompetenzen auf der Prozessebene gefördert werden. Der Nachteil bei diesen Verfahren ist, dass die tatsächliche Lesemenge nicht zu bestimmen ist, da man nicht weiß, wie aufmerksam das Kind wirklich gelesen und auch verstanden hat. Auch kann man keine unterstützende Rolle einnehmen und das Kind korrigieren, da es leise für sich liest (Rosebrock & Nix, 2015).
Lautleseverfahren
Wie der Name dieser Verfahren schon verrät, wird hier laut (oder halblaut) vorgelesen. Lautleseverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie in regelmäßigen Übungssituationen stattfinden, und dass meist ein schwacher Leser oder eine schwache Leserin mit einem starken Leser oder einer starken Leserin zusammen übt. In der Forschung gelten diese Verfahren als ‚direkte Übungsmethoden‘, da die kognitiven Teilprozesse durch das laute Lesen ersichtlich werden und direkt am Kind gefördert werden können. Der Leser oder die Leserin lernt durch die Vorlesesituationen wie Wörter richtig dekodiert werden, wie sich eine übliche Lesegeschwindigkeit anhört, wie automatisiert gelesen und wie sinngemäß betont wird. Damit werden alle Fertigkeiten von Leseflüssigkeit geschult. Im Unterschied zu den Vielleseverfahren, kann die empirische Forschung gute Ergebnisse der verschiedenen Lautleseverfahren aufweisen. Dabei wurden nicht nur signifikante Verbesserungen der Leseflüssigkeit bestätigt, sondern auch Transfereffekte auf das Leseverstehen nachgewiesen, das auf dem hierarchiehöheren Level der Prozessebene liegt und von Leseflüssigkeit indirekt positiv beeinflusst wird. Obwohl Lautleseverfahren so gute Forschungsergebnisse aufweisen, werden sie meist nicht ausreichend in den Deutschen Unterricht integriert. Lehrkräfte lassen die Kinder meist nur „Reihumlesen“, indem ein Satz nach dem anderen von einem Kind zum nächsten vorgelesen wird. Die kurze Lesezeit eines jeden Kindes kommt daher zu kurz, um Fortschritte in der Lesekompetenz zu erlangen. Neben verschiedenen, tatsächlich fördernden Lautlesemethoden möchte ich hier eine besonders geeignete Methode vorstellen: das sogenannte Lautlesetandem. Wie oben beschrieben, bilden dabei schwache und starke LuL ein Lesetandem. Das kooperative Vorlesen kann unterschiedlich gestaltet werden, aber es ist wichtig, dass die Kinder die festen Rollen zugeteilt bekommen. Der starke Leser oder die starke Leserin ist der ‚Trainer‘ und der schwache Leser oder die schwache Leserin der ‚Sportler‘. Der Trainer ist dafür da, den Sportler im Lesen zu trainieren. Wenn synchron vorgelesen wird, dann weist er somit direkt auf die Fehler des Sportlers hin, korrigiert ihn und liest richtig vor. Der Vorteil an dieser Methode ist, dass die Kinder gemeinsam im Team üben, sich gegenseitig verbessern können und in einer Lesezeit mehrere Kinder gleichzeitig gefördert werden können, da die Lehrkraft nicht von einem Kind zum nächsten gehen muss. Somit wird in einem positiven Nebeneffekt Zeit gespart und das Teamgefühl gestärkt. Somit profitiert die gesamte Lerngruppe davon, da alle SuS in ihren basalen Lesefähigkeiten gefördert werden (Rosebrock, 2019).
Leseanimationsverfahren
Zu den Leseanimationsverfahren gehören alle Verfahren, die die SuS so zum Lesen animieren, dass diese motiviert werden selbstständig zu lesen und somit Teilkompetenzen des Lesens zu erlangen. Diese Verfahren können Buchvorstellungen, Lesenächte oder Lesewettbewerbe sein. Sie sind eher als eine Art Werbung für das Lesen anzusehen, das suggerieren soll: „Lesen macht Spaß“. Hauptsächlich werden dadurch die Motivation, das Selbstkonzept und die Anschlusskommunikation angeregt, denn der Leseprozess an sich wird nicht beeinflusst. Kritisch zu sehen ist, dass Kinder, bei denen Lesen keine Gewohnheit ist, durch die Animationsverfahren nicht unbedingt motiviert werden und trotzdem zurückbleiben. Am ehesten werden SuS zum Lesen motiviert, die auf der Prozessebene keinerlei Probleme mehr haben, denen aber das anregende Umfeld fehlt (Rosebrock & Nix, 2015).
Lesestrategien
Bei den Lesestrategien unterscheidet man zwischen wiederholenden, ordnenden und elaborierenden Lesestrategien. Dies sind geistige Aktionen, die den Inhalt eines Textes verständlich machen. Lesestrategien werden während des Lesens genutzt, um den Sinngehalt des Textes eigenständig während des Leseprozesses zu erarbeiten. Damit zielen sie auf die globale Kohärenz, das Textverstehen, und nicht auf die basalen Lesefähigkeiten. Bei der wiederholenden Lesestrategie wird der Text oder der Textabschnitt noch einmal gelesen oder zusammengefasst. Werden nur Abschnitte zusammengefasst (Reduzierung des Textes) oder Teile im Text markiert, dann wird eine ordnende Lesestrategie angewendet. Durch elaborierende Lesestrategien wird der Text im Unterschied zur ordnenden Lesestrategie nicht reduziert, sondern angereichert, indem eigene Erfahrungen, Vorwissen genutzt werden, um Fragen an den Text zu beantworten. Diese Verfahren sollten von SuS angewendet werden, die Probleme bei der Verarbeitung von Leseinhalten haben, da noch zu viel kognitive Anstrengung auf den Leseprozess an sich gerichtet ist (Rosebrock & Nix, 2015).
Literaturunterricht
Der Literaturunterricht ist ein Fachunterricht, in dem Kindern durch das Erlernen von Darstellungsstrategien bestimmter Texte, die Teilnahme am kulturellen Leben ermöglicht werden soll. Zudem soll dieser Unterricht neben den Merkmalen von Texten auch die Freude am Lesen fördern. Literaturunterricht gilt nicht unbedingt als Verfahren für Leseförderung, schafft aber nachweislich tatsächlich mehr Lesemotivation (Rosebrock und Nix, 2015):
4. Forschungsfrage
Aus der Forschung wissen wir, wie Kinder die Schriftsprache erlernen und welche Kompetenzen sie entwickeln müssen, um erfolgreich zum flüssigen und selbstständigen Lesen zu gelangen. Wir wissen auch, dass der Prozess des Lesenlernens Kinder auf vielen Ebenen vor Schwierigkeiten stellt, die ohne Unterstützung kaum überwindbar sind. Es wurden viele Theorien und Methoden entwickelt, die die Kinder dahingehend unterstützen sollen. Allerdings wird auch erwähnt, dass bisherige empirische Studien herausgefunden haben, dass Leseförderverfahren noch nicht wirklich Eingang in den Deutschunterricht der Grundschule gefunden haben. Im Unterricht findet sich stattdessen das Prinzip des ‚Reihumlesens‘, bei dem ein meist unbekannter Text mit der ganzen Klasse gelesen wird. Meist werden Sätze oder Abschnitte der Reihe nach vorgelesen, sodass die einzelnen Lesezeiten sehr kurz sind. Aus diesem Grund wird diese Methode in der Leseforschung stark kritisiert, da hierbei keinerlei Lesekompetenzen gefördert werden (Rosebrock, 2019). Das Wissen über den Lesekompetenzbegriff ist in der Didaktik Voraussetzung, um die richtige Fördermethode auswählen zu können. Dabei ist es ebenfalls wichtig, zu wissen, dass Lesenlernen nicht mit dem Schriftspracherwerb endet, sondern im Anschluss noch weiterhin aktiv gefördert werden muss. Ich denke, dass die Förderung von Lesekompetenz parallel zum Schriftspracherwerb, und erst recht im Anschluss, vernachlässigt wird und dass dies einer der Gründe sein könnte, warum deutsche Kinder im Lesen so schlecht abschneiden. Vor dem Hintergrund dieser Annahme und den Darstellungen aus der Leseforschung möchte ich erfahren, wie die Lesekompetenz an einer Grundschule gefördert wird. Trotz des gut organisierten Bildungssystems in Deutschland, können zu viele SuS durchschnittlich nicht gut genug für ihre Altersgruppe lesen. Obwohl dieses Problem bekannt ist, scheint im Bildungssystem nicht genug Fokus auf der Förderung der Lesekompetenz zu liegen. Wie wir aus Kapitel 3 wissen, bezieht sich die Lesekompetenz nicht nur auf das Erlesen einzelner Buchstaben mit der richtigen Laut- Buchstaben- Zuordnung, wie es im Anfangsunterricht gelehrt wird, sondern umfasst ebenso die Leseflüssigkeit und andere Teilkompetenzen, die über die kognitive Ebene hinausgehen. Was wir aber nicht wissen, ist, wie sich die Unterstützung außerhalb der Theorie, also in der unterrichtlichen Praxis, tatsächlich ereignet. Diese Erkenntnis brachte mich zur Formulierung meiner Forschungsfrage, wie die Unterstützung des Lesekompetenzerwerbs im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb in der Grundschule eigentlich erfolgt. Denkt man darüber nach, wie diese Unterstützung aussehen sollte, kommt man zu dem Schluss, dass die Kinder aus mehreren Richtungen Hilfestellungen beim Lesenlernen erhalten sollten: Von der Lehrkraft, die den Unterricht dementsprechend gestaltet und das Wesentliche beibringt, von den Eltern oder auch anderen Familienmitgliedern, die das Erlernte durch bspw. unterstützendes Lesen festigen und auch indirekt von der Schulleitung, die Unterstützungsmaßnahmen bereitstellt und in einem gewissen Rahmen Leseförderung verankert. Aus dem Geschilderten in Kapitel 2 und 3 ist offensichtlich, dass Kinder auch nach dem Schriftspracherwerb auf Unterstützung angewiesen sind. Doch geht die Schule überhaupt auf diese von der Didaktik postulierte Unterstützung ein? Inwiefern wird diese Unterstützung wirklich geleistet und wie sieht diese Hilfestellung aus? Um die Forschungsfrage beantworten zu können, versuche ich diese durch drei Teilfragen an die jeweiligen Unterstützungsinstanzen zu beantworten:
- Was unternimmt die Schulleitung einer Grundschule konkret, um den Lesekompetenzerwerb im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb zu unterstützen?
- Wie gestalten Grundschullehrkräfte ihren Unterricht, um den Lesekompetenzerwerb im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb zu unterstützen?
- Mit welchen Mitteln unterstützen Eltern ihre Kinder beim außerschulischen Lesekompetenzerwerb im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb?
Am Beispiel einer Grundschule versuche ich diese Fragen zu beantworten, damit die einzelnen Befragungen einen Beitrag zur Forschungsfrage leisten können. Da ich aus der Theorie weiß, dass Kinder beim Lesenlernen im Kontext und im Anschluss an den Schriftspracherwerb Unterstützung benötigen und ich davon ausgehe, dass sie diese Unterstützung auch tatsächlich in irgendeiner Form erhalten, beschäftige ich mich in der Empirie mit dem ‚Wie‘ der Unterstützung.
Ich möchte von der Schulleitung wissen, was diese konkret macht, um die Lesekompetenz zu fördern. Mich interessiert dabei im Besonderen, welche Rahmenbedingungen die Schulleitung hinsichtlich einer Lesekompetenzförderung aufstellt und welche Anweisungen oder Vorgaben die Schulleitung von dem Kultusministerium bekommt. Die Lehrkräfte befrage ich mit dem Fokus auf die Gestaltung des Unterrichts, um zu erfahren, wie Lesen im Deutschunterricht überhaupt stattfindet und welchen Handlungsrahmen Lehrkräfte bei der Durchführung ihres Unterrichts haben. Da ich nur aus eigenen Kindheitserfahrungen sprechen kann, möchte ich zudem einen Einblick darin bekommen, was Eltern Zuhause konkret machen, um ihren Kindern beim Lesenlernen zu helfen und auf welche Hilfsmittel sie dabei zurückgreifen.
5. Methodisches Vorgehen und Auswertung
Zur Beantwortung der Forschungsfrage ist es von Nöten, die einzelnen Instanzen, die den Kindern Unterstützung zum eigenständigen und flüssigen Lesen bieten sollten, nach ihrer Rolle als Unterstützungsinstanz zu befragen. Aus der Forschungsfrage entwickeln sich viele kleinteilige Fragen, die es zu beantworten gilt, um das „große Ganze“ der tatsächlichen Lesekompetenzförderung zu erfassen. Für meine Untersuchungen habe ich mich aus diesem Grund auf nur eine Grundschule beschränkt, von der ich aus meiner Praktikumszeit dort weiß, dass die Förderung der Lesekompetenz Teil ihres schulischen Alltags ist. Dadurch erhoffe ich mir einen Einblick, einerseits in die Durchführung von Leseförderung und andererseits darin wie diese in den Schulalltag integriert ist. Hierzu werde ich die Schulleitung dieser Grundschule befragen, zwei Lehrkräfte, die an derselben Schule lehren, interviewen und den Eltern einer Klasse dieser Grundschule Fragen stellen. Aufgrund der Corona-Pandemie habe ich Telefoninterviews mit der Schulleitung und den beiden Lehrkräften geführt und den Eltern einen Fragebogen zukommen lassen, den sie handschriftlich oder per Mail beantworten konnten. Die Befragungen waren anonym und jegliche mögliche Zurückverfolgung wurde ausgeschlossen. Aus diesem Grund sind die Eltern nicht dazu verpflichtet, ihren Namen oder den Namen ihres Kindes anzugeben. Auch sämtliche erwähnten Namen werden durch fiktive Abkürzungen, wie bspw. Herr B., angegeben. So kann trotzdem auch nachvollzogen werden, ob ich mit einer weiblichen oder einer männlichen Person gesprochen habe, um sich so gut wie möglich in die Interviewsituation reinzudenken. Die Befragungen dienen hauptsächlich dem Zweck, dass sie das Wissen darüber eröffnen, wie die Unterstützung zur Lesekompetenzförderung am Beispiel einer Grundschule gehandhabt wird. Die Auswertung dieser Ergebnisse kann daher auch nur auf diese einzelne Grundschule bezogen werden. Je nachdem, wie detailliert die einzelnen Fragen beantwortet werden, kann zudem aktive Leseförderung im Unterricht Raum für Inspiration für den eigenen Unterricht bieten.
Die Interviews erfolgten entlang eines von mir selbst erstellten Frageleitfadens, den ich mit Blick auf die einzelnen Erkenntnissinteressen angefertigt habe. Da ich selber kaum Wissen über die Praxis von Lesekompetenzförderung im Schulalltag habe, führe ich Experteninterviews nach Helfferich (2019) durch. Hierbei möchte ich das Expertenwissen über Praxiserfahrungen zur Leseförderung im eigenen Unterricht der Befragten nutzen, um eine Idee von der Praxis der Leseförderung zu bekommen. Als ‚Experten‘ können nach Przyborski und Wohlrab-Sahr (2008) solche Personen bezeichnet werden, „die über ein spezifisches Rollenwissen verfügen, solches zugeschrieben bekommen und eine darauf basierende besondere Kompetenz für sich selbst in Anspruch nehmen“ (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2008, S.133). Den Befragten werde ich daher einleitend erklären, dass ich aufgrund meines ausschließlich theoretischen Wissens zu Leseförderung, Zugriff auf ihr Wissen zur Praxis benötige, um meine Forschungsfrage beantworten zu können. Hierfür brauche ich so viele Informationen über stattfindende Leseförderung wie möglich. Daher habe ich in meinen Leitfadeninterviews darauf geachtet, dass die erste Frage jeweils offen genug gestellt ist, um Raum für das Erzählen zu lassen. Meine Intention dabei war, dass die Befragten hier Alles loswerden können, was sie zu dem Thema zu sagen haben. Sie sollen sich in keiner Weise bei der Beantwortung der Frage eingeschränkt fühlen, sondern sich selbst dafür entscheiden können, wie viel und was genau sie über Leseförderung erzählen wollen. Ich habe mich bei der Erstellung des Leitfadens dennoch darauf konzentriert, ggf. Fragen stellen zu können, die mich interessieren und die nach der ersten Frage noch nicht beantwortet wurden. Dementsprechend habe ich mir einige Unterfragen notiert, die ich je nach Redefluss noch spontan einbringen konnte. Die Fragen sind in verschiedene Blöcke eingeteilt, die mir spezifisches Wissen über Oberthemen wie bspw. Unterstützungsmaßnahmen eröffnen. Innerhalb dieser Blöcke findet sich dann jeweils eine erste offene Fragestellung, gefolgt von Unterfragen, die sich an den genannten Details orientierten. Die Befragungen waren dementsprechend wie folgt gegliedert:
Nachdem ich der Schulleitung erklärt habe, dass mich ganz allgemein interessiert, wie Kinder in ihrer Lesekompetenz während und nach dem Schriftspracherwerb unterstützt werden, frage ich sie im ersten Frageblock, was sie denn konkret an ihrer Schule macht, um den Lesekompetenzerwerb auch nach dem Schriftspracherwerb zu fördern. Durch diese weit gefasste Frage erhoffe ich mir, dass die Schulleitung mir erst einmal im Allgemeinen erzählt, was an der Schule alles dahingehend unternommen wird. Je nachdem, was sie mir dabei aufzeigt und was an Nachfrage bedarf, stelle ich ihr auch detailliertere Fragen, wie bspw. der genauere Vorgang einer Unterstützungsmethode aussieht. Im zweiten Fragenblock frage ich dann nach Unterstützungssystemen, die der Institution Schule evtl. helfen, um Lesekompetenzförderung zu gewährleisten, bzw. durchzuführen. Auch hier lasse ich erst einmal Raum zum Erzählen und gehe dann näher auf ihre Aussagen ein, von denen ich mehr erfahren möchte. Der dritte Fragenblock befasst sich mit ihrer Person und wie sie sich in der Rolle als Schulleitung als Unterstützungsinstanz sieht.
Ich habe zwei Lehrkräfte, von denen ich weiß, dass sie Leseförderung aktiv in ihren Unterricht einbinden, befragt. So habe ich die Möglichkeit, ggf. auch Vergleiche der Unterrichtsstile zu ziehen. Auch den Lehrkräften wollte ich zunächst meine Situation des Nicht-Wissens erklären, warum ich an ihrem Expertenwissen interessiert bin und dies vor dem Hintergrund, dass mein Erkenntnisinteresse darin liegt, etwas über die Gestaltung des Unterrichts zu hören. Auch hier gibt es mehrere Frageblö>Philipp Mayring (2019) und der Dokumentarischen Methode von Ralf Bohnsack (2007) (Scherf, 2013; Mayring, 2016).
Die Dokumentarische Inhaltsanalyse verwende ich als Grundlage für die Auswertung der Interviews, da diese Sinnmuster bzw. Orientierungsmuster sichtbar macht. Hierbei steht die interviewte Person im Vordergrund, indem Gesagtes so interpretiert wird, wie es den Sinnmustern dieser Person zugeordnet werden kann. Das bedeutet, dass ich im ersten Schritt das Transkript nach Sinneinheiten untergliedere, die für die Beantwortung meiner Fragestellung passen. Wenn bspw. in einer Textpassage über die Nutzung von Lesetandems gesprochen wird, dann grenze ich diese zu anderen Passagen ab, in denen nicht über Lesetandems gesprochen wird. Diese Einteilung dient als Grundlage für die sogenannte ‚formulierende Interpretation‘, in der ich eine für mich relevante Textpassage als Sinneinheit in ein Oberthema und ggf. in ein Unterthema untergliedere.
1. Schritt: Formulierende Interpretation
Beispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im zweiten Schritt reflektiere ich das Gesagte und interpretiere die Passage durch eine eigenständige Rekonstruktion. Das bedeutet, dass ich an dieser Stelle meine eigene Deutung der Passage beschreibe und Bedeutungszusammenhänge identifiziere.
2.Schritt: Reflektierende Interpretation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im dritten Schritt folgt die Fallbeschreibung, die die interviewte Person und ihre Handlungen auf Grundlage des Interviews beschreibt. Die ersten beiden Schritte der Analyse werden an dieser Stelle zusammengefügt, sodass sich ein Bild vom „Typ“ der Person ergibt. Folgte man streng den Schritten der Dokumentarischen Inhaltsanalyse, würde die Typenbildung in einem letzten Schritt von der Fallbeschreibung abgegrenzt werden. Da ich aber nur einen geringen Datensatz habe, wird dieser Schritt in die Fallbeschreibung integriert.
3. Schritt: Fallbeschreibung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Arbeit zitieren
- Sofia Papadopoulou (Autor:in), 2020, The Impact of Artificial Intelligence on Workforce Management within the Banking and Finance Industry, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1012863
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