Erich Fromm geht in seinem Werk "Die Furcht vor der Freiheit"davon aus, dass der Mensch in der modernen Gesellschaft zunehmend die Freiheit ablehnt, weil sie dafür verantwortlich ist, dass er sich als bedeutungsloses ohnmächtiges Wesen sieht. In diesem Essay sollen die Ausführungen Fromms zu seinen Aussagen näher erörtert und anschließend mit Gedanken Kierkegaards zum Thema Angst verglichen werden.
Erich Fromm geht in seinem Werk „Die Furcht vor der Freiheit“ davon aus, dass der Mensch in der modernen Gesellschaft zunehmend die Freiheit ablehnt, weil sie dafür verantwortlich ist, dass er sich als bedeutungsloses ohnmächtiges Wesen sieht. In diesem Essay sollen die Ausführungen Fromms zu seinen Aussagen näher erörtert und anschließend mit Gedanken Kierkegaards zum Thema Angst verglichen werden.
Bevor auf das Problem der Freiheit näher eingegangen wird, muss man sich zunächst mit Fromms Unterscheidung des Freiheitsbegriffs auseinandersetzen. Er geht davon aus, dass es zum einen eine qualitative aber auch eine quantitative Freiheit gibt. Der erste Begriff zielt auf die äußeren Beschränkungen ab und meint damit die Freiheit, die außerhalb unserer selbst liegt. Die qualitative Freiheit beschreibt die Freiheit von inneren Ängsten oder Zwängen, die es uns damit ermöglicht eine freie Persönlichkeit zu entfalten.1
Fromm stellt gleich zu Beginn des vierten Kapitels folgende Aussage auf:
„Unser Ziel ist es zu zeigen, daß [sic!] die Struktur der modernen Gesellschaft den Menschen gleichzeitig auf zweierlei Weise beeinflußt [sic!]: Er wird unabhängiger, er verläßt [sic!] sich mehr auf sich selbst und wird kritischer; er wird aber anderseits auch isolierter, einsamer und stärker von Angst erfüllt.“2
Diese zweiseitige Entwicklung hatte ihren Ursprung, nach Fromm, in zwei gesellschaftlichen Systemen. Für ihn war der Protestantismus der Wegbereiter und schließlich der Kapitalismus die Ursache des Problems. Um den Umfang des Essays in einem angemessenen Rahmen zu halten, soll vor allem auf den Kapitalismus eingegangen werden.
Die positive Seite des Kapitalismus ist die wachsende Freiheit des einzelnen Individuums. Zuvor war der Mensch an seine Traditionen und seinen Stand innerhalb der Gesellschaft gebunden. Die Grenzen für seinen Erfolg waren meist schon mit der Geburt festgelegt. Nun aber sind die Menschen gleich.
„Jetzt erlaubte man jedem – und erwartete von ihm -, daß [sic!] er es persönlich soweit brachte, wie es ihm sein Fleiß, seine Intelligenz, sein Mut, seine Sparsamkeit oder auch sein Glück erlaubte“ 3
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ohne den Kapitalismus der technische Fortschritt in diesem enormen Ausmaß nicht möglich gewesen wäre. Durch das anhäufen von Kapital, welches immer wieder reinvestiert und dadurch akkumuliert wurde, konnte diese Entwicklung überhaupt erst möglich gemacht werden.
Während Religion, Aberglaube und Illusionen immer mehr verschwanden, nahm zeitgleich die politische Freiheit zu. Am Ende dieser langen Entwicklung stand der demokratische Staat, der allen Mitbürgern gleiche Rechte zusprach und von ihnen verlangte, sich auch politisch einzubringen. Der Mensch wird kritischer, verantwortungsbewusster und unabhängiger, dass ist die positive Seite.
Die individuelle Eigenverantwortung ist aber zugleich auch die Kehrseite der Entwicklung. Der Mensch war nun für seine Taten verantwortlich, gleichwohl ob er Erfolg hatte oder eben nicht. Ein Grund, der vor allem die Bedeutungslosigkeit und die Ohnmacht mit sich brachte, ist die Grundstruktur des Kapitalismus. In allen Bereichen des Lebens gelten die Gesetze des Marktes. Der Mensch kann seine wirtschaftliche Aufgabe nur in einem zufriedenstellenden Umfang erfüllen, wenn er seinen Konkurrenten gleichgültig gegenüber ist. Dies führte dazu, dass „die konkreten Beziehungen zwischen den Menschen ihren unmittelbaren und humanen Charakter verloren hatten. Statt dessen [sic!] manipuliert man einander und behandelt sich gegenseitig als Mittel zum Zweck.“ 4
Die wirtschaftliche Betätigung, der Erfolg sowie der materielle Gewinn wurden zum Selbstzweck. Der Mensch verfolgte nun Ziele, die nicht mehr seine eigenen waren. Dies führte dazu, dass das einzelne Individuum aus Selbstsucht handelte und Unzufriedenheit die Folge war. Für Fromm hatte der Protestantismus eine wichtige Vorreiterrolle für den Kapitalismus gespielt. Der Mensch war es gewohnt, sich einer höheren Macht unterzuordnen
„So bereitete Luther und Calvin den Menschen psychologisch auf die Rolle vor, die er in der modernen Gesellschaft zu übernehmen hatte: sich selbst als völlig unbedeutend zu empfinden und bereit zu sein, sein Leben ausschließlich Zwecken unterzuordnen, die nicht seine eigenen waren.“ 5
Der Mensch war nun an dem Punkt, eben auch durch den protestantischen Geist beeinflusst, an dem er glaubte, dass die übergeordneten gesellschaftlichen Ziele seine eigenen wären. Mit dem Zuwachs der quantitativen Freiheit verringerte sich zeitgleich die qualitative Freiheit. Die Ängste und Zwänge genauso wie die Bedeutungslosigkeit und Ohnmacht stiegen im Individualismus in einem ungeahnten Ausmaß an. Grund dafür waren nach Fromm vor allem die gesellschaftlichen Erwartungen aus denen diese negativen Erscheinungen hervor traten. Das einzelne Individuum versuchte aus einem inneren Zwang heraus, diesen Erwartungen gerecht zu werden, beziehungsweise hatte es Angst davor, diese nicht im vollen Maße zu erfüllen.
Auch die Entwicklung vom Kleingewerbe hin zum Monopolkapitalismus hat das Problem der Ohnmacht maßgeblich verstärkt. Während der „kleine Geschäftsmann“ früher gegen seinesgleichen Ankämpfen musste, steht er nun mit wirtschaftlichen Giganten in Konkurrenz. Die Angst vor dem Verlust seiner Existenz ist allgegenwärtig mit seinem Tun und Schaffen verankert.6
Noch verheerender wirkt diese Aussage, wenn man sich die Rolle des Menschen im kapitalistischen System anschaut. Denn auch dieser ist, genauso wie alle Güter nur eine Ware, die ihren Preis an verschiedenen Attributen sowie dem Angebot und der Nachfrage festlegt.
„Der Handarbeiter verkauft seine Körperkraft; der Geschäftsmann, der Arzt, der Büroangestellte verkauft seine „Persönlichkeit“. Sie müssen „eine Persönlichkeit“ sein, wenn sie ihre Erzeugnisse oder Dienstleistungen verkaufen wollen. […] Wenn für die Eigenschaften, die ein Mensch zu bieten hat, kein Bedarf besteht, dann hat er sie auch nicht, genauso wie eine unverkäufliche Ware wertlos ist, wenn sie auch ihren Gebrauchtwert haben mag.“ 7
Der Mensch wird nicht mehr seinen eigenen Interessen nachgehen, wenn diese keinen Wert besitzen. Die Persönlichkeit des Einzelnen wird also auf die Tendenzen des Marktgeschehens „zurechtgestutzt“. Das bedeutet auch, dass ein Mensch der sich gesellschaftlich einer hohen Beliebtheit erfreut, eben auch nur eine Nachfrage erfüllt, die der Markt für die Gesellschaft bereithält. So schreibt auch Fromm, dass der Mensch, dadurch, dass er sich von einer Ware nicht mehr unterscheiden lässt, auf das Anhäufen von Besitz angewiesen ist, um seine innere Leere zu kompensieren.8
Auch Kierkegaard ist der Meinung, dass die menschliche Angst aus der erworbenen Freiheit entspringt. Um überhaupt Angst empfinden zu können, braucht der Mensch einen Geist, der Körper und Seele verbindet.9
„So wie die Freiheit nur durch sich selbst wirklich werden kann, so kann sie auch nur selbst ihre eigene Möglichkeit in der Unsicherheit der Angst erkennen, sie kann sich nur „vor-sich-selbst“ zeigen. Daher ist die Angst in ihrer hermeneutischen Funktion schon eine Gestalt der Freiheit, die Wirklichkeit der Freiheit als Möglichkeit für die Möglichkeit.“10
Kierkegaard vergleicht den Begriff der Angst mit dem Gefühl des Schwindlig seins. Schaut man einen Abgrund hinunter, dann entspringt die Angst, beziehungsweise das sich Schwindelig fühlen, aus der Freiheit, hinab geschaut zu haben.11
[...]
1 Vgl. Fromm, 2014 S.80
2 Ebd. S. 80
3 Ebd. S. 82
4 Ebd S. 90
5 Ebd. S. 85
6 Vgl. Ebd. S. 94
7 Ebd. S. 92
8 Ebd. S 92
9 Vgl. Kierkegaard und Schelling, 2003 S. 125
10 Kierkegaard, 1992 S. 106-107
11 Vgl. Ebd. S. 57
- Citar trabajo
- Max Feltin (Autor), 2017, Die "Furcht vor der Freiheit". Zu den Ausführungen Kierkegaards zum Begriff der Angst, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1012437
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