Inhaltsverzeichnis:
1. Biographie
1.1 Von der Kindheit bis zur Kaufmannstätigkeit
1.2 Studienjahre
1.3 Heine als freier Schriftsteller in Deutschland
1.4 Übersiedlung nach Paris
1.5 Heines „Matratzengruft“
2. Heine als Vertreter des Vormärz und des Jungen Deutschland
2.1 Begriffsklärung
2.2 Geschichtliches Umfeld
2.3 Tendenzen und Merkmale
2.4 Vertreter der Epoche und ihre Werke
3. Heinrich Heine und sein Verhältnis zu Deutschland am Beispiel von „Deutschland. Ein Wintermärchen“
3.1 Caput 1 „Ein neues Lied, ein besseres Lied“
3.2 Caput 2 Ideenschmuggel
3.3 Caput 3 Aachen
3.4 Caput 5 „Vater Rhein“
3.5 Caput 6 und 7 Verhältnis von Gedanke und Tat
3.6 Caput 12 Heine als Verbündeter der „Wölfe“
3.8 Caput 23 - Caput 27 Blick in die Zukunft
5. Literaturverzeichnis
1. Biographie
1.1 Von der Kindheit bis zur Kaufmannstätigkeit
Heinrich Heine wurde am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf als Sohn eines jüdischen, wenig begüterten Tuchhändlers geboren. Er war der älteste Sohn der Familie, ihm folgten 2 Brüder und eine Schwester. Er besuchte die ABC-Schule und später eine Privatschule. Bis zum Jahre 1814 lernte er im Düsseldorfer Lyzeum. Danach sollte er den Kaufmannsberuf erlernen und trat deshalb in die Vahrenkampffsche Handelsschule ein. Heines Versuche, im Kaufmannsberuf Fuß zu fassen, waren nicht erfolgreich. So nahm ihn 1816 sein Onkel Salomon Heine, ein Bankier, zu sich nach Hamburg. Er unterwarf sich den Pflichten eines Kaufmanns, aber die Dichtkunst und Liebe ließen ihn nicht los. Im Februar 1817 veröffentlichte er seine ersten Gedichte unter dem Pseudonym Sy Freudhold Riesenharf in „Hamburgs Wächter“. Er musste jedoch befürchten, dass diese Veröffentlichung für ihn als Kaufmann von Schaden sei. Auch von seinem Onkel Salomon und von Amalie Heine, seiner ersten großen Liebe, erhielt er keine Unterstützung, sondern wurde eher verspottet. 1818 gründete Heine ein eigenes Manufakturwarengeschäft in Hamburg, dass aber im Frühsommer 1819 wieder geschlossen werden musste.
1.2 Studienjahre
Im Sommer 1819 kam er zurück nach Düsseldorf, wo er sich auf sei Universitätsstudium vorbereitete. Im Herbst schrieb er sich für das Studium in Bonn ein. Er belegte die Fächer Jura, Geschichte der deutschen Literatur und Sprache und Geschichte. Während seines Studiums begegnete er August Wilhelm Schlegel, der dort Vorlesungen hielt und ihn ermutigte, sein dichterisches Schaffen fortzusetzen. So veröffentlichte er in den Jahren 1821 - 23 Gedichte, Rezensionen und Aufsätze. Auch die Harzreise wurde in dieser Zeit geschrieben. Im Januar 1821 wurde er wegen einer Duellaffäre aus Göttingen ausgewiesen und hielt sich danach in Hamburg im Hause Salomon Heines auf. Im April schrieb er sich in Berlin zum Studium bei Hegel ein. Hier begegnete er Rahel und Karl August Varnhagen von Ense. Dank deren literarischen Zirkel lernte Heine viele Persönlichkeiten des geistigen Lebens kennen. 1825 ließ sich Heine taufen und trat zum Christentum über. Im selben Jahr promovierte er zum Doktor der Rechte. Bis zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte Heine noch immer, als Rechtsanwalt oder im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Erst 1826, mit der Herausgabe der „Reisebilder“, entschied er sich für eine Tätigkeit als freier Schriftsteller.
1.3 Heine als freier Schriftsteller in Deutschland
Trotz seiner Entscheidung, als freier Schriftsteller zu arbeiten, bemühte sich Heine 1828 um eine gesicherte Stellung als Redakteur der „Neuen allgemeinen politischen Annalen“, doch diese Tätigkeit übte er nur wenige Monate aus. Auch die Hoffnung auf eine Professur in München erfüllte sich nicht. In Heines Schaffen vollzog sich in diesen Jahren eine Veränderung. Vom Lyriker entwickelte er sich zum Prosaautor, der sich für Veränderungen der Zustände in Deutschland einsetzt und ziemlich revolutionäre Ideen vertritt. Erwähnenswert, ist auch Heines Stellung zu Goethe. Eine persönliche Begegnung fand 1824 statt, doch Goethe akzeptierte Heine nicht als Künstler. Heine verehrte Goethes schaffen, wendete sich aber konsequent gegen bloßes Nachahmen dieser Kunst.
In die Jahre bis 1830 fallen auch viele Reisen, zum Beispiel 1826 nach Norderney, 1827 nach England und die Rückkehr über Holland und 1828 nach Italien. Diese Erlebnisse verarbeitete er in seinen „Reisebildern.“
Im Dezember erscheinen siebzehn Kapitel der „Reise von München nach Genua“. Am 2. Dezember starbt sein Vater. Im Januar 1829 siedelte Heine nach Berlin über. Dort erschien Artikel V der „Englischen Fragmente“. Er arbeitete am dritten Band der „Reisebilder“ und unternahm Reisen nach Helgoland und Hamburg. Es wurden weitere Kapitel der „Reise von München nach Genua“. 1830 wurde „Reisebilder. Dritter Teil“ veröffentlicht. Gleichzeitig schloß er erste Bekanntschaften mit dem Saint - Simonismus. Er reist im April nach Wandsbek und im Juli, August nach Helgoland, wo ihn die Nachricht der Revolution in Frankreich erreicht. Auf Helgoland entstehen die „Briefe aus Helgoland“. 1831 erschien „Nachträge zu den Reisebildern“. Im Frühjahr 1831 entstand der Zyklus „Neuer Frühling“.
1.4 Übersiedlung nach Paris
Im Mai 1831 siedelte Heine nach Paris über. Damit erfüllte er sich einen lang gehegten Wunsch. Er war begeistert von der französischen Julirevolution und begrüßte den Sieg über die Monarchie. Er lernte die Saint - Simonisten kennen und besuchte ihren Zirkel. Während seines Aufenthaltes berichtete er für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“. Bei einem Brand im Hause der Mutter im Jahre 1832 gehen viele Manuskripte verloren, auch darunter „Der Rabbi von Bacherach“. Im Spätsommer erwirkte Fürst von Metternich die Einstellung der politischen Berichterstattung der Augsburger „Allgemeine Zeitung“. Heine veröffentlichte 1834 „Tableaux de voyage“, eine Übersetzung der Reisebilder in Paris, im Januar „Der Salon. Erster Teil“ in Hamburg. Im Oktober lernte Heine Crescentia Eugénie Mirat, seine spätere Ehefrau, kennen. Im Januar 1835
erschien „Der Salon. Zweiter Teil“ in Hamburg.
Am 10. Dezember wurden die Schriften Heines durch den Bundestag in Deutschland verboten. Vom Sommer bis zum Herbst unternahm Heine Reisen in Frankreich, zum Beispiel nach Marseille und Aix. Im Januar und Februar 1837 entsteht „Don Quixote“ und wird noch im selben Jahr angedruckt. Im Frühsommer wird „Der Salon. Dritter Teil“ in Hamburg
veröffentlicht. Heine plante längere Zeit eine deutsch- französische Zeitung, diesen Plan nimmt er 1838 wieder auf, aber lässt ihn wieder fallen. Im Mai des selben Jahres entsteht „Der Schwabenspiegel“, der in Leipzig erscheint und im Sommer eine Abhandlung über „Shakespeares Mädchen und Frauen“. Heine hatte vor eine neue Gedichtsammlung zu veröffentlichen, doch dies verhinderte der jungdeutsche Schriftsteller Karl Gutzkow. Im Winter des Jahres 1839 begegnete Heine Richard Wagner in Paris. 1840 begann Heine mit einer neuen Serie von Berichten für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“. Im Juli erschien die von ihm verfasste Denkschrift „Ludwig Börne“, die für ihn Anlass war, sich wieder den großen Zeitproblemen zuzuwenden. Am 31. August 1841 heiratete Heine Crescentia Eugènie Mirat. Im September trifft Heine Friedrich Hebbel in Paris und unternimmt vom Oktober bis zum Dezember eine Reise nach Hamburg über Belgien und die Niederlande und anschließende die Rückreise nach Paris, wo er Karl Marx begegnet, mit dem er in den Grundauffassungen übereinstimmt. Die von ihm stammenden „Lobgesänge auf König Ludwig“ erscheinen 1844 in den „Deutsch - Französischen Jahrbüchern“, die preußische Regierung reagiert mit einem Haftbefehl gegen Heine sowie den anderen Mitarbeitern der „Deutsch - Französischen Jahrbücher“. Als Reaktion auf seinen Haftbefehl beginnt Heine mit der Arbeit an „Deutschland. Ein Wintermärchen“, dass im September 1844 veröffentlicht wurde und im Herbst in New York erschien. Im Frühjahr des selben Jahres beginnt ein schweres Augenleiden, dass sich 1845 rasch verschlimmerte.
Trotz seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes erscheint im Januar „Atta Troll. Ein Sommernachtstraum“.
1.5 Heines „Matratzengruft“
Im Februar 1848 wird Heine wegen seines schweren Augenleidens in eine Pariser Privatklinik eingeliefert. Heine klagte seit langem über Kopfschmerzen, Augenleiden und seine Hinfälligkeit, die ihn am Arbeiten hinderte.
Seit dem Frühjahr 1848 konnte er sich nicht mehr von seinem Lager erheben. „Es ist sehr hart, auf einer Matratze festgenagelt zu sein, wenn alle Welt auf den Beinen ist und alle Dinge im Fluß sind. Die Nachrichten, die ich aus meinem Vaterland erhalte, vergrößern meine Qual.“3, S.37
Gegen Ende der Revolution fand sich Heine mit seiner Situation, der „Matratzengruft“ ab, setzte jedoch sein Schaffen weiter fort. So erscheint im Oktober 1851 der „Romanzero“, den er im Winter 1849 geschrieben hat; im November 1851 „Der Doktor Faust“ in Hamburg und am 13. November entstand sein viertes und rechtskräftiges Testament. Im Jahre 1853 begann Heine mit der Arbeit an „Lutetia“ und er veröffentlichte „Die Götter im Exil“. Er begann erneut mit der Arbeit an seinen Memoiren. Es erscheinen zwei weitere Werke, als erstes im September „Geständnisse“ in einer Französischen Zeitung und im Oktober erscheinen „Vermischte Schriften“ in Hamburg. Im November zog Heine in die Avenue Matignon um. Im April erscheint „Lutèce. Lettres sur la vie politique, artistique et sociale de la France“ in Paris und „Poèmes et lègendes“ ebenfalls in Paris. Im November1855 wird Heine von seinen Geschwistern Charlotte Embden und Gustav Heine in Paris besucht und im Winter beginnt er mit den Vorarbeiten und Korrekturen für die zweite Auflage der „Reisebilder“ in der französischen Sprache. Im Februar 1856 entwarf Heine sein letztes Testament und am 17. Februar starb Heine in Paris.
2. Heine als Vertreter des Vormärz und des Jungen Deutschland
2.1 Begriffsklärung
Der Begriff Junges Deutschland wird dem Schriftsteller Ludolf Wienbarg zugeordnet, der 1834 an der Kieler Universität Vorlesungen über die zeitgenössische deutsche Literatur hielt. Diese Vorlesungen erschienen in Buchform unter dem Titel „Ästhetische Feldzüge“ beim Verleger Julius Campe in Hamburg. Seinem Werk stellte er die Widmung „Dir, junges Deutschland, widme ich diese Reden, nicht dem alten.“ Voran.
2.2 Geschichtliches Umfeld
In Deutschland herrschte, vor allem unter den Gebildeten, eine Unzufriedenheit über die Auswirkungen der Französischen Revolution und der Neuordnung Deutschland durch den Wiener Kongress. Diese Gruppe hatte ein einiges Deutschland und mehr politische Rechte erwartet, daraufhin kam es in einigen Staaten zu Revolutionen und es traten Schlagwörter, wie Einigkeit, Freiheit und Vaterland hervor. Deutsche Dichter, darunter auch Heine, unterstützten diese Bewegung und deren Werke wurden daraufhin verboten. Die Herrschenden schlugen jedoch diese Revolte nieder und das führte dazu, dass nach einer allgemeinen Wahl eine Nationalversammlung in Frankfurt am Main einberufen wurde. Kein Staat wollte seine Macht abgeben und deshalb entstand zwar eine Verfassung, die aber nicht von Mitgliedern der Nationalversammlung ausgearbeitet wurde, sondern vom Monarchen erlassen wurde. Heine wurde in der Zeit von politischen Veränderungen oft ein Opfer der Obrigkeit, dass führte dazu, dass sich Heine nicht frei genug fühlte um neue Werke zu schaffen. Deshalb wanderte er 1831 nach Frankreich aus, denn er bewunderte schon lange Zeit die politischen Errungenschaften Frankreichs.
2.3 Tendenzen und Merkmale
Auf der Grundlage der Vernunftethik der Aufklärung und der Geschichtsphilosophie Hegls (Dialektik) entwickelte sich die Strömung des Jungen Deutschland. Auch Ludwig Feuerbach übte mit seinen Vorstellungen von der Natur als Grund des Geistes, seinem Grundsatz „Wissen statt Glauben“ und der veränderten Weltsicht (das Sein bestimmt das Bewusstsein) Einfluss auf das literarische Schaffen aus. Gedanken von Karl Marx oder Saint - Simon, zum Beispiel materielle Gleichheit macht persönliche Freiheit möglich, wirken auf die Literatur dieser Zeit ein.
So lehnen die Schriftsteller den Absolutismus, die orthodoxe Kirche und das Philitertum ab. Sie engagieren sich für Presse - und Meinungsfreiheit, für den Sozialismus, für die Emanzipation der Frau und für die freie Liebe. Im Bereich der erzählenden Literatur entstehen Zeit- und Gesellschaftsromane, Novellen, Reisebriefe, Lagebuchartige Skizzen und Aphonismen, die in einer saloppen, provozierenden und satirischen Sprache die Denkweise der Menschen kritisch beleuchten.
Hervorzuheben ist die Entwicklung des deutschen Journalismus. So veröffentlichten zum Beispiel Böme und Heine satirische Reisebilder in Feuillelons.
2.4 Vertreter der Epoche und ihre Werke
- Georg Büchner (1813 - 1837) : „Der hessische Landbote“
„Woyzeck“
„Lenz“
„Leonce und Lena“
- Christian Dietrich Grabbe (1801 - 1836): „Die
Hohenstaufen“
„Napoleon oder Die hundert Tage“ „Die Hermanns- schlacht“
- Heinrich Heine (1797 - 1856): „Buch der Lieder“
„Neue Gedichte“
„Romanzero“ „Reisebilder“
„Der Rabbi von Bacherach“ „Atta Troll. Ein
Sommernachts- traum“
„Deutschland. Ein Wintermärchen“
3. Heinrich Heine und sein Verhältnis zu Deutschland am Beispiel von „Deutschland. Ein Wintermärchen“
3.1 Caput 1 „Ein neues Lied, ein besseres Lied“
„Deutschland. Ein Wintermärchen“ wurde in der ersten Hälfte des Jahres 1844 in Paris geschrieben. Heine lebte zu dieser Zeit bereits mehr als 10 Jahre in Paris. Er hatte Gelegenheit, das konstitutionelle Regime zu beobachten, zu sehen, wie die Bourgeoisie ihre Macht nutzte, Reichtümer anzuhäufen und das Volk auszunutzen. Beeinflusst durch die französischen Utopisten und auch später durch Karl Marx glaubte er, dass eine neue Revolution kommen müsse. Nach langer Zeit kehrte Heine im „ traurigen Monat November“1, S.7nach Deutschland zurück. Heimatgefühle überwältigten ihn und er hört den Gesang eines Hafenmädchens.
Schon in dieser ersten Szene wird Heines gespaltenes Verhältnis zu Deutschland deutlich, indem er sagt „[s]ie sang mit wahrem Gefühle / und falscher Stimme“1, S.7. Das Mädchen singt „vom irdischen Jammertal“1, S.7und der Dichter prangert damit die weltliche Entsagung und die Vertröstung auf das Jenseits an. Heines Sprache verändert sich und er wendet sich gegen das „alte Entsagungslied, das Eiapopeia vom Himmel “1, S.8, mit dem das Volk nur ruhig gestellt werden soll, während in der Zwischenzeit die Herrschenden „heimlich Wein“1, S.8trinken und ihre Privilegien schützen. Doch kurz darauf zeigt er seine Verbundenheit zu Deutschland, indem der Dichter sagt „[e]in neues Lied, ein besseres Lied, / o Freunde, will ich euch dichten! / Wir wollen hier auf Erden schon / das Himmelreich errichten.“1, S.8 Damit verbindet Heine die reale Veränderung, die Umsetzung des Glücksversprechens für das deutsche Volk. „Wir wollen auf Erden glücklich sein, / [u]nd wollen nicht mehr darben; / [v]erschlemmen soll nicht der faule Bauch / [w]as fleißige Hände erwarben. / Es wächst hienieden Brot genug / [f]ür alle Menschenkinder, / [a]uch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust, / [u]nd Zuckererbsen für jedermann, / [s]obald die Schoten platzen! / Den Himmel überlassen wir / [d]en Engeln und den Spatzen.“.1, S.8 Heine spricht die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen an und die materielle Absicherung für jeden. Es geht aber nicht nur um einfache Lebensbedürfnisse, wie Essen und Trinken, sondern auch um Schönheit und Genuss. Den Gedanken einer menschlichen Gesellschaft greift Heine im letzten Caput nochmals auf. „[...] Es wächst heran ein neues Geschlecht / [g]anz ohne Schminke und Sünden / [m]it freien Gedanken, mit freier Lust - / [d]em werde ich Alles verkünden. [...]“1, S.72
3.2 Caput 2 Ideenschmuggel
In Caput 2 wird der Erzähler von Zollbeamten durchsucht, „[b]eschnüffelten alles, kramten herum“1, S.9. An dieser abfälligen Beschreibungsweise wird Heines Position zu den Zöllnern deutlich. Er bezeichnet sie als Toren, vor denen er seine Bijouterienen im Kopf versteckt hält; doch die Zollbeamten finden nichts, denn „[d]ie Konterbande, die mit mir reist, die hab’ ich im Kopfe stecken.“1, S.10Heine unterstreicht die Gefährlichkeit dieser Bücher, indem er sagt „[g]laubt mir, in Satans Bibliothek / kann es nicht schlimmere geben“1, S.10. Der Schmuggel der Ideen glückt und Deutschland wird vom Standpunkt der revolutionären Ideen betrachtet, denen sich Heine in Frankreich angenähert hat.
3.3 Caput 3 Aachen
Im dritten Abschnitt charakterisiert Heine den typischen Deutschen und das preußische Militär. Sie sind „[n]och immer das hölzern pedantische Volk, [...] in jeder Bewegung, und im Gesicht / der eingefrorene Dünkel.“1, S.11Er fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt, nichts hat sich bis heute verändert. Zum Abschluss seines Rundganges durch Aachen fällt Heines Blick auf ein Posthausschild, auf dem er einen Vogel erblickt „[z]u Aachen [...] / sah ich den Vogel wieder, / der mir so tief verhasst.“1, S.13. Dieser Vogel ist das Symbol der herrschende Klasse, Heine nimmt kein Blatt vor den Mund und ruft auf „zum lustigen Schießen“1, S.13. Diese Formulierung kann man als Aufruf zur Revolution deuten.
3.4 Caput 5 „Vater Rhein“
Ausgehend von den Erfahrungen, die Heine in Frankreich gesammelt hat, sieht er, dass auch die französischen Ideale der Revolution an Bedeutung verloren haben. „sie sind die alten Franzosen nicht mehr, [...], sie singen nicht mehr, sie springen nicht mehr, [...], [s]ie werden Philister ganz wie wir“1, S.18. Hier sieht man Heines Enttäuschung. Jedoch verzweifelt er nicht, denn er greift den Gedanken eines neuen, eines besseren Liedes, im Sinne einer besseren menschlichen Gesellschaft aus dem ersten Caput auf.
3.5 Caput 6, 7 und 8 Verhältnis von Gedanke und Tat
In Caput 7 äußert sich Heine satirisch über den Freiheitsdrang der Deutschen, indem er sagt „O deutsche Seele, wie stolz ist dein Flug / in deinen nächtlichen Träumen !“1, S.22. Kurz darauf zieht Heine Vergleiche zu anderen Nationen, um den Einflussbereich Deutschlands zu verdeutlichen „Franzosen und Russen gehört das Land; / das Meer gehört den Briten, wir aber besitzen im Luftreich des Traums / die Herrschaft unbestritten .“1, S.22Eine weitere Einstellung der Deutschen, die Heine kritisiert ist, dass die Deutschen, am Beispiel von Mülheim gezeigt, warten und auf andere hoffen, aber selbst keine Initiative übernehmen, „[u]nd die Freiheit kommt mit Spiel und Tanz, / mit der Fahne, der weißblauroten.“1, S.26Heine erzählt von seinem Traum. In diesem Traum thematisiert Heine die Wirksamkeit der Idee in der Wirklichkeit mit ihren möglichen Folgen. Der Dichter erzählt von einer Begegnung in einer „stillen Mondnacht zu Cöllen“1, S.20, mit einer Art Schatten. Dieser folgt ihm stets und er kann dem Schatten nicht entrinnen. Als der Schatten zur Rede gestellt wird, gibt dieser sich bereitwillig zu erkennen, „Ich bin von praktischer Natur, / [u]nd immer schweigsam und ruhig. / Doch wisse: was du ersonnen im Geist, / [d]as führ ich aus, das tu ich. [...] Ich raste nicht, bis ich verwandle / [i]n Wirklichkeit was du gedacht;“1, S.21. Heine verarbeitet poetisch in der Figur des Doppelgängers seine bekannte Vorstellung von Idee und Realität. Der Dichter produziert die entscheidenden Ideen und Vorstellungen, während der Schatten diese in die Tat umsetzt. Der Täter ist dem Dichter jedoch eindeutig untergeordnet, weil die Ideen die eigentliche Quelle von historischen Veränderungen sind. So beschreibt sich auch der Schatten als „mit dem Gehorsam des Knechtes / [v]ollstreck ich das Urteil, das du gefällst / [u]nd sei es ein ungerechtes [...] Ich bin dein Liktor“1, S.21Kurz darauf, als der Schatten die „ Heil’gen Drei Könige [...] mit dem Beil / zerschmetterte“1, S.25, wird Heines Unbehagen erkennbar, dass gutgemeinte Ideen in der Wirklichkeit schädliche Auswirkungen auslösen können. Die Skelette symbolisieren die feudalen Zustände im damaligen Deutschland, die überwunden werden müssen, damit die Entwicklung in Deutschland weiter erfolgen kann. In dieser Szene wird der innere Zweispalt Heines deutlich. Einerseits „fördert und fordert“2er die Revolution, er ist also bereit „theoretisch zu verurteilen“2, doch andererseits fürchtet er die „praktischen Auswirkungen seiner Urteile“2, zum Beispiel das in Wirklichkeit ein „schrecklich[es] blutig[es] Gemetzel“2entstehen könnte, „welche[s] nicht nur die reaktionären Kräfte, sondern auch die Ästheten und Künstler wie die Dichter vernichtet.“2
3.6 Caput 12 Heine als Verbündeter der „Wölfe“
Im Caput 12. spricht Heine mit Wölfen, diese werden als Metapher verwendet, denn er findet in der Öffentlichkeit keine Verbündeten. Er spricht damit die radikale Linke an. Heine zeigt sich solidarisch mit den revolutionären Wölfen und gibt ihnen zu verstehen, dass er im Grunde schon immer Wolf gewesen sei „[i]ch bin ein Wolf“1, S.
3.7 Caput 14 bis Caput 16 „Der Barbarossa - Mythos“
Göttin Hammonia am Ende des „Wintermärchens“ zeigen, auf die ich später eingehen möchte. In Caput 15 wird der Barbarossamythos geschildert, dieser war zur damaligen Zeit sehr populär. Demnach versteckte sich Rotbart, „unser[] heimlich[er] Kaiser“1, S.37in einer Höhle im Kyffhäuser auf den rechten Augenblick wartend, „um mit seinen getreuen Truppen Deutschland von den Nachwirren der französischen Revolution zu befreien, die kleinstaatliche Zersplitterung“2aufzuheben und „ein neues nationales Kaiserreich zu begründen.“2Barbarossa ist die verkörperte Hoffnung der deutschen Reaktionäre zur Rückkehr zu den geordneten Verhältnissen des Mittelalters. Der Dichter findet sich in der Höhle beim sagenumwobenen Kaiser wieder, dieser ist optimistisch und wartet kämpferisch auf seinen Einsatz. „[D]ann schlag’ ich los und befreie / mein Vaterland, mein deutsches Volk.“1, S.42Heine macht bereits in diesem Caput den Kaiser lächerlich „und hast du nicht Pferde genug, / nimm Esel an ihrer Stelle“1, S.42, doch erst im Gespräch mit ihm im Caput 16 stellt Heine Barbarossa hilflos, lächerlich und weltentrückt dar. „O Kaiser, [...], wie bist du zurück!“1, S.43Nach der „grotesk komischen Darlegung“3, S.259wie man heute mit gekrönten Häuptern umgeht, zeigen die deutschen Zustände ihr wahres Wesen. Nachdem sich der Kaiser über den mangelnden Respekt des Dichters empört zeigt, spricht dieser ihn nur mit „Herr Rotbart“1, S.45an.
Die Barbarossa - Episode ist eine überspitzt poetische Kritik an den reaktionär - nationalistischen Tendenzen. Es werden Vertreter von Verhältnissen kritisiert, die schon längst tot sind.
3.8 Caput 23 - Caput 27 Blick in die Zukunft
In Caput 23 begegnet der Dichter der Schutzgöttin Hamburgs, Hammonia, als er durch die Straßen Hamburgs wandert. Diese wird auffallend erotisch beschrieben „ein wunderbar / hochbusiges Frauenzimmer [...] die Wangen wie Rosen, wie Kirschen der Mund“1, S.60Der Dichter wird von ihr zu einer Tasse Rumtee eingeladen und die Göttin deutet ihm ihre dunklen Zukunftsahnungen an, „es poltert heran ein Spektakelstück, / zu Ende geht die Idylle.“1, S.66Sie gewährt dem Dichter übermütig durch einen Blick in den Nachtstuhl Karls des Großen die deutsche Zukunft. Nach dem beschriebenem Geruch zu urteilen, übersteigt die Zukunft seine schlimmsten Erwartungen „[i]ch weiß wohl, was Saint - Just gesagt / weiland im Wohlfahrtsausschuß / [m]it Rosenöl und Moschus- / [d]och dieser Zukunftsduft / [m]ocht alles überragen, / [w]as meine Nase je geahnt- / [i]ch konnt es nicht länger ertragen“1, S.69Diese düsteren Zukunftsaussichten beziehen sich auf eine zu erwartende deutsche Revolution. Mit ihren Anspielungen auf die französische Revolution meint Heine, dass die Schrecken einer deutschen Revolution auch die Grauen der Jakobinerdiktatur verblassen lassen würden. Damit zeigt er, dass er pessimistisch und mit Furcht vor der Realisierung einer deutschen Revolution steht. Zum Schluss des „Wintermärchens“ verabschiedet sich Heine vom Leser, indem er sich einem typischen Vertreter dieser Epoche, dem König von Preußen, gegenüberstellt und über ihn triumphierend mit der Waffe des Poeten droht „[w]en da der Dichter hineingesperrt, [d]en kann kein Gott mehr retten“1, S. 34. Heine gibt damit ein Selbstbekenntnis als revolutionärer Dichter ab. Doch mit „zählt auf mich und helft euch selbst“1, S.34distanziert er sich wieder von seiner vorherigen Aussage.
Er hat zwar neue Mitkämpfer gefunden, doch er lässt sich nicht von ihnen für ihre Zwecke vereinnahmen.
3.7 Caput 14 bis Caput 16 „Der Barbarossa - Mythos“
Als nächstes möchte ich auf einen Zwiespalt Heines eingehen. Dieser Zweispalt zwischen der theoretischen Einsicht, dass eine revolutionäre Umwälzung nötig ist, um die reaktionären Zustände in Deutschland zu beenden und der Skepsis gegenüber einer tatsächlichen Umwälzung lässt sich gut an der Darstellung des Barbarossamythos und in der Schilderung der Begegnung mit der 74. Heine ist von der Durchsetzung seiner Ideen und Vorstellungen überzeugt. „Das Fegefeuer singender Flammen, aus dem es für Altdeutschland keine Rettung gibt - es spendet Wärme, Erquickung und Licht dem neuen Deutschland des deutschen Volkes.“3, S.261
4. Quellenverzeichnis
[...]
1Heine, Heinrich: „Deutschland. Ein Wintermärchen“. In:
2URL: http://www.grin.de
3Heine, Heinrich: „Geistige Entwicklung und künstlerisches Werk“. In: Kaufmann, Hans:
- Citation du texte
- Jan Zack (Auteur), 2000, Heine, Heinrich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101067
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