Nürnberger Prozesse
Vorgeschichte
Vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 tagte im Schwurgerichtssaal (Saal 600) des Nürnberger Justizgebäudes in der Fürther Straße das Internationale Militärtribunal (IMT). Es beruhte auf Beschlüssen der Großen Drei (Vereinigte Staaten von Amerika, Sowjetunion und Großbritannien) auf den Konferenzen in Moskau (1943), Teheran (1943), Jalta (1945) und Potsdam (1945). Im Auftrag des US-Präsidenten Truman organisierte der amerikanische Bundesrichter Robert H. Jackson, der während des Prozesses US-Hauptankläger war, das gesamte Verfahren. Er empfahl Nürnberg als Prozessort. Denn nur in Nürnberg gab es damals ein ausreichend großes und während des Bombenkrieges nur unwesentlich beschädigtes Justizgebäude (22.000 qm) Nutzfläche mit ca. 530 Büroräumen und ca. 80 Sälen und in dessen unmittelbarer Nähe ein gleichfalls unzerstörtes Gefängnis.
Da die Sowjetunion gefordert hatte, Berlin zum Prozessort zu bestimmen, einigte man sich im Rahmen des Londoner Viermächte-Abkommens über die Verfolgung von Kriegsverbrechen vom 8.
August 1945 auf Berlin als ständigen Sitz des Gerichtshofes, ferner darauf, dass das erste Verfahren (von mehreren geplanten) in Nürnberg durchgeführt werden und dass schließlich der Gerichtshof selbst bestimmen sollte, wo die weiteren Prozesse, zu denen es wegen des sogenannten Kalten Krieges dann nicht mehr kam, stattfinden werden.
Jede der vier Großmächte (inzwischen war Frankreich dazugekommen) stellte einen Richter und einen - nicht stimmberechtigten - Stellvertreter. Auch die Anklagebehörde war mit Angehörigen der vier Mächte besetzt.
Am 18. Oktober 1945 fand die Eröffnungssitzung des IMT im Kammergerichtsgebäude in Berlin (Sitz des Alliierten Kontrollrates) statt. Den Vorsitz führte der sowjetische Richter Iola T. Nikitschenko. Die Ankläger überreichten die Anklageschrift gegen 24 Hauptkriegsverbrecher sowie gegen sechs "Verbrecherische Organisationen" (Korps der politischen .Leiter der NSDAP, SS, SA, Reichsregierung, Generalstab, Gestapo und Sicherheitsdienst).
Anklagepunkte
1. Verschwörung gegen den Weltfrieden
2. Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges
3. Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht
4. Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Der Prozess
Vom 20. November 1945 bis zum 31. August 1946 wurde das Verfahren in Nürnberg weitergeführt.
Den Vorsitz hatte das britische richterliche Mitglied des Gerichtshofes, Lordrichter Geoffrey Lawrence. An 218 Verhandlungstagen wurden u. a. die Aussagen von 360 Zeugen in das Verfahren eingeführt, die teils mündlich, teils schriftlich, teils vor dem Gerichtshof selbst (236 Zeugen), teils von beauftragten Richtern vernommen wurden.
Ferner wurden etwa 200.000 "Affidavits" (eidesstattliche Versicherungen) als Beweismittel verwertet. Die Verfahrensordnung war vom anglo-amerikanischen Recht geprägt. Für den Gerichtshof waren im Nürnberger Justizgebäude mehr als 1000 Mitarbeiter tätig (Vernehmungspersonal, Dolmetscher, Übersetzer, Schreibkräfte usw.).
Am 30. September und am 1. Oktober 1946 wurden die Urteile verkündet: 12
Todesstrafen(M.Bornmann,H.Frank,W.frick,H.Göring,A.Jodl,E.Kaltenbrunner,W.Keitel,J.von Ribbentrop, A.Rosenberg, F.Stauckel, A. Seyss-Inquart und J.Streicher); 7 teils lebenslange, teils zeitliche Freiheitsstrafen; 3 Freisprüche.
Von den sechs angeklagten Organisationen wurden das Korps der politischen Leiter der NSDAP, SS, Gestapo und Sicherheitsdienst für verbrecherisch erklärt.
Die zum Tod Verurteilten wurden gehängt. Ihre Hinrichtung fand in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober 1946 in der alten Sporthalle des Nürnberger Gefängnisses statt (Anmerkung: Diese Sporthalle wurde 1987 im Rahmen von Neubaumaßnahmen abgebrochen). Die Leichen der Hingerichteten wurden anschließend in einem Münchener Krematorium verbrannt; ihre Asche wurde in einen Nebenbach der Isar ausgestreut.
Die zu Freiheitsstrafen Verurteilten wurden am 18. Juli 1947 ins Alliierte Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau verlegt. Der letzte der Inhaftierten - Rudolf Heß - beging dort im August 1987 Selbstmord.
Entgegen der ursprünglichen Planung unterblieben weitere internationale Verfahren. In Nürnberg fanden von 1947 bis 1949 zwölf US-Militärprozesse gegen Politiker, Militärs, Wirtschaftsführer, Mediziner, Juristen, Mitglieder des Auswärtigen Amtes usw. statt. Ähnliche Verfahren wurden in der französischen, britischen und sowjetischen Besatzungszone durchgeführt.
Die Verhandlungsberichte (Protokolle) des Internationalen Militärtribunals wurden 1947/49 in der sog. Blauen Reihe veröffentlicht; sie umfassen 22 Bände mit 14.638 Seiten.
Nürnberger Nachfolgeverfahren
In allen vier Besatzungszonen (auch in den befreiten Gebieten Polen ,Italien und Niederlande ) fanden nach den Nürnberger Prozessen einzelne Prozesse statt in denen die Verbrechen der Nationalsozialisten untersucht und verurteilt werden.Eine der bedeutensten Verfahren unmittelbar nach dem Nürnberger Prozeß, waren die 12 Nachfolge Prozesse die bis Mitte 1949 dauerten.Diese Prozesse standen für 12 Jahre Nationalsozialistische Politik und Wirtschaft Ärzteprozeß: Im Ärzteprozeß ging es um Euthanasie und Menschenversuche Milchprozeß:(nach Generalinspekteur der Luftwaffe Erhard Milch) Im Milchprozeß ging es um Kriegsrüstung Flickprozeß:(nach Friedrich Flick, Großunternehmer im NS-Staat) Im Flickprozeß ging es um Zwangsarbeit und den Raub von ausländischem Gut und Eigentum. Süd-Ost Generäle Prozeß: Geiselerschießungen auf dem Balkan Fall 8-Prozeß:Mitarbeiter des Rasse - und Siedlungshauptamtes der SS werden wegen Ermordung von Juden und Polen angeklagt Willhelmstraßenverfahren: gegen Diplomaten und höhere Funktionäre wird Ermittelt Einsatzgruppen-Prozeß: Gegenstand der Anklage Mordaktionen an Juden in Ostgebieten Prozesse in den einzelnen Besatzungszonen Ein amerikan. Militärgericht tagte im KZ Dachau . In diesen mehreren Prozessen standen die Wachmannschaften und Kommandanten einzelner KZ`s (Dachau, Mauthausen , Flossenbürg usw.) wegen den Verbrechen die sie begangen hatten vor Gericht.
Am 13.5.1946 wurde der Prozeß gegen die Wachmannschaften und Kommandanten des KZ Mauthausen beendet. Es wurden alle 61 Angeklagten für schuldig erklärt, 49 zum Tod und 12 zu lebenslanger Haft im Zuchthaus verurteilt. In der brit. Besatzungszone wurde ein Verfahren gegen das SS-Personal von Bergen-Belsen und Auschwitz geführt. In Hamburg wurde Generalfeldmarschall Erich von Manstein wegen Nichtbeachtung der Zivilbevölkerung bei der Kriegsführung zu 18 Jahren verurteilt. Später wurde die Haftstrafe auf 12 Jahre herabgesetzt, schlußendlich kam er nach 4 Jahren aus dem Gefängnis. In der franz. und sowjetischen Besatzungszone standen Helfer und Schergen der NS-Regierung vor Gericht. In Straßburg wurde der Gauleiter Wagner von einem franz. Gericht verurteilt. In den anderen befreiten Gebieten ( Belgien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Dänemark , Norwegen, Tschechoslowakei und Jugoslawien ) standen Funktionäre, Besatzungsoffiziere und SS- Leute vor. In Krakau wurde Rudolf Höß, der Auschwitzkommandant zum Tod verurteilt.
Entnazifizierung
Es haben etwa 8,5 Millionen zu den Mitgliedern der NSDAP gehört, man hatte Während dem Krieg sogar mit dem Gedanken gespielt alle der politischen Säuberung bzw. der Entnazifizierung zu unterwerfen. Schon bevor Ausführungsbestimmungen erlassen wurden, hatte es schon überall im Frühjahr 1945 begonnen. Es beteiligten sich auch Deutsche daran, die in ganz Deutschland Antifaschistische Gruppen gründeten ( vor allem Männer der Arbeiterbewegungen). Die Antifaschisten hinderten Nazi - Größen unterzutauchen und mußten sie sogar einige Male vor den Lynchversuchen der Bevölkerung schützen. Die Alliierten waren gegen die Mithilfe der deutschen Antifaschisten, da das Mißtrauen viel zu groß war. Schließlich wurden die Antifaschistischen Gruppen ( Komitees ) in der amerikanischen und in der sowjetischen Zone verboten.
Zur Beurteilung der Angeklagten wurden fünf Gruppen gebildet: Hauptschuldige Belastete (Aktivisten, Militaristen,...)
Minderbelastete ( Bewährungsgruppe) Mitläufer
Entlastete (Personen, die nachweisen können, dass sie nicht schuldig sind) Entnazifizierung in der US - Zone
Die Amerikaner wollten mit der politischen Säuberung alle ehemalige Nazis aus ihren Führungspositionen im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben entfernen. Für die Ermittlungen diente ein Fragebogen mit 131 Fragen auf die eine wahrheitsgetreue, vollständige Antwort verlangt wurde. Ansonsten konnte man für das Auslassen bzw. Schreiben falscher Antworten bestraft werden. Ende 1945 gingen 900.000 Fragebögen in den Dienststellen der amerikanischen Militärregierung ein, davon wurden 140.000 Personen sofort aus ihren Ämtern entlassen. Und eben so viele wurden für minder-gefährlich eingestuft. Anfangs beschränkte man sich nur auf die Überprüfung der Fragebögen. Das Ausweiten der Säuberungsaktion von Führungspersonal auf normale Beschäftigte schuf große Probleme (Personalmangel in der Verwaltung). Im Frühjahr 1946 gab es einen Kurswechsel in der US - Zone durch das "Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus". Dieses Gesetz bot den Deutschen eine Gesetzgrundlage für Säuberungen. 13 Millionen Menschen (ab 18 Jahren) hatten einen Fragebogen ausgefüllt und knapp ein Drittel war vom Befreiungsgesetz betroffen. Zehn Prozent wurden verurteilt und ein Prozent wurde mit Strafen belegt, die ihnen Nachteile von Dauer brachten. Ein bisschen Entlastung brachte die Jugendamnästie vom August 1946 (für alle ab Jahrgang 1919) und Weihnachtsamnästie von 1946 für Kriegsgeschädigte und sozial Schwache. Ab 1948 lockerten die Besatzungsmächte die Kontrollen, um schneller Abzuschließen und es wurden auch Schnellverfahren durchgeführt. Es profitierten nicht wenige , und es kam auch zu Vorwürfen der Korruption, Scheinheiligkeit und der Jagd nach Persilscheinen (Bestätigung durch Unbelastete für NSDAP Mitglieder, die ihre Harmlosigkeit zeigen wollen).