Afrikas Dekolonisation
Afrika wurde ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts systematisch besetzt. Von etwa 1880 bis 1905 war der größte Teil Afrikas von den Europäern aufgeteilt worden. The „Scramble of Africa (Wettlauf um Afrika) begann. Damit die koloniale Inbesitznahme Afrikas in einigermaßen geregelten Bahnen verlief einigten sich die europäischen Kolonialmächte und die USA auf der Berliner Afrika- Konferenz 1884/85 für eine friedliche Aufteilun. Kein afrikanischer Staat war zu der Konferenz von Berlin eingeladen worden, keiner gehörte zu den Unterzeichnerstaaten. Daher lehnte man sich gegen die in Europa getroffenen Vereinbarungen auf, wann immer sie in Afrika umgesetzt werden sollten. Nach der Eroberung begannen die Europäer sofort mit der Ausbeutung Afrikas. Rohstoffe wurden abgebaut. Allerdings nur mit der Hilfe der Afrikanern selbst, die von nun an hemmungslos unterdrückt wurden. FOLIE (1)
Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Bemühungen um die Ausbeutung der Kolonien verstärkt. Aber schon damals zeigte sich, dass Afrika vor der Unabhängigkeit steht. Man gewährte den weißen Siedlerkolonien wie Algerien, Simbabwe und Kenia beträchtliche interne Selbstbestimmung. Erste Anzeichen von afrikanisch organisiertem Protest und nationalen Bewegungen kamen zum Vorschein.
Afrika war unter anderem auch dafür verantwortlich, dass die Europäer die Weltwirtschaftskrise von 1929 überwinden konnten. Dieser Umstand brachte das Fass zum Überlaufen, Unabhängigkeitsbewegungen und Nationalismus wurden immer stärker, welche ihren Höhepunkt nach dem 2. Weltkrieg fanden. Nach Kriegsende waren die europäischen Kolonialmächte geschwächt. So stieß die französische Herrschaft in Nordafrika ab 1947 auf Widerstand unter der Bevölkerung. In der Folge kam es zu Terroranschlägen und Aufständen. FOLIE (2)
Algerienkrieg: Stichwörter, Zwei Folien
Richtig los mit der Dekolonisation geht’s also in den 50er Jahren, welche ihren Klimax 1960 erreichte. Was waren die Gründe dafür?
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Der eben schon genannte Nationalismus und der Unabhängigkeitsdrang einerseits, aber auch durch spezielle Ereignisse oder populäre afrikanische Führer andererseits. Der Aufschwung des Nationalismus resultierte auch aus einem erhöhten Bildungsniveau vieler Afrikaner, deren Widerstand von Intellektuellen formiert wurde. Sie beriefen sich unter anderem auch auf die Atlantik-Charta Roosevelts und Churchills (1941) vom "Recht aller Völker, sich die Regierungsform zu wählen, unter der sie leben wollen" sowie von der "Rückgabe der Souveränitätsrechte und Selbstverwaltung an die, denen sie gewaltsam entrissen wurde". Durch die Mau-Mau Bewegung in Kenia schöpften viele Afrikaner Hoffung, dass auch ihr Staat unabhängig werden könnte. Was hat es mit dieser Mau-Mau Bewegung auf sich?
Auch in Kenia stellte sich das Problem, dass viele weisse Siedler in dieser Region wohnten. Diese Europäer hatten nun das Gefühl, sich spontan Land anzueignen. Wachsender Unmut war die unmittelbare Folge, ein Aufstand gegen die brit. Kolonialmacht begann. 1951 kam es zu ersten gewalttätigen Ausschreitungen. Ein Jahr später begann der Geheimbund Mau-Mau, den bewaffneten Kampf gegen die Europäer. Die Briten riefen im Oktober 1952 den Ausnahmezustand aus und sandten Truppen nach Kenia. Bis zur endgültigen Niederschlagung des Aufstands 1956 gab es Tausende Toten, vor allem auf der Seite der Mau-Mau Rebellen. Die politischen Organisationen blieben verboten, der Ausnahmezustand wurde erst am 12. Januar 1962 aufgehoben. Für Kenia war der Mau-Mau-Aufstand der Beginn einer Entwicklung, an deren Ende die Unabhängigkeit (am 12. Dezember 1963) stand. FOLIE
Der populärste afrikanische Führer für die Unabhängigkeit war Kwame Nkrumah (1909-1972). Folie
Er war einer jener Politiker Afrikas, die sich im Ausland ausbildeten. Nach einigen Jahren kehrte Nkrumah nach Ghana zurück , wo er einige Streiks und Boykotts für die Autonomie seines Landes initiierte. Schon bald wurde er zum Regierungschef ernannt und führte sein Land 1957 in die Unabhängigkeit. Im Inneren war Nkrumah allerdings weniger erfolgreich, und seine Herrschaft wurde zunehmend diktatorisch. 1966 wurde Nkrumah durch einen Militärputsch gestürzt und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Exil. Er starb am 27. April 1972 in Bukarest.
Nkrumah fiel vor allem aussenpolitisch mächtig auf. So war er der Förderer der panafrikanischen Bewegung schlechthin. Den Verfechtern dieser Bewegung ging es zunächst darum, die schwarze Rasse und ihre Kultur aufzuwerten. Seit dem 2. Weltkrieg trat die Forderung nach staatlicher Unabhängigkeit der Kolonialgebiete Afrikas in den Vordergrund. Auch dank dieser Bewegung und dank Nkrumah wurde 1963 die Organisation für afrikanische Einheit (OAU) gegründet. Die OAU will vor allem die Einheit und die Solidarität der afrikanischen Staaten fördern. Die OAU zählt 53 Mitglieder. Jedes Jahr gibt es eine Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungschefs. Zentrales Thema ist die gemeinsame Aussenpolitik.
Die Gründe dafür, dass 1960 allein 17 afrikanische Staaten unabhängig und souverän wurden, sind also die folgenden: Kwame Nkrumah, der radikale Verfechter des Panafrikanismus, die Mau-Mau Bewegung, die zeigt, dass in allen afrikanischen Staaten die Unabhängigkeit vollzogen werden kann, und auch der Umstand, dass vor 1960 einige unabhängige Staaten entstanden sind. Fortan wird das Epochenjahr 1960 als das Jahr Afrikas angesehen.
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Wie sich die Bürgerinnen und Bürger fühlten, zeigt dieser Satz:
„Wir hatten das Gefühl von Freiheit. Die Zukunft lag in unseren Händen. Wir waren diesen Franzosen endlich gleichgestellt“.
Auch an einer afrikanischen Völkerkonferenz in Tunis 1960 zeigte sich die neue Stimmung:
„Nie zuvor in der Geschichte erfüllt ein so leidenschaftlicher Freiheitsdrang die großen Massenbewegungen, die die Bastionen der imperialistischen Herrschaft niederreißen. Dieser Sturm der Befreiung, der durch Afrika weht, ist kein gewöhnlicher Wind. Er ist ein rasender Orkan, gegen den die alte Ordnung machtlos ist. Die stolzen Millionen in Afrika haben es satt, länger Holzhacker und Wasserträger zu sein, sie lehnen sich auf gegen den falschen Glauben, dass die Vorsehung einen Teil der Menschheit dazu bestimmt habe, dem anderen als Knechte zu dienen."
Das Jahr 1960 war zwar für die neuere Geschichte Afrikas nicht das Jahr Null, aber es markierte eine historische Zäsur mit weit über Afrika hinausgehender Bedeutung: Die Politik der massenhaften und offenen politischen Unterdrückung anderer Völker erlitt endgültig Schiffbruch. Die Staaten Westeuropas mussten sich von ihrer zutiefst undemokratischen Kolonialpolitik verabschieden. Von diesem Jahr an war klar, dass der Kolonialismus keine Zukunftsoption besaß. Die Anzahl der UN-Mitglieder wuchs sprunghaft an. Afrika war nicht mehr Hinterhof von Frankreich und Großbritannien, sondern Subjekt der Weltpolitik. Afrikanische Staaten gewannen 1960 in einer Weise im Weltmaßstab an politischem Gewicht, das heute sicherlich nur schwer nachzuvollziehen ist. Es ergaben sich lukrative Geschäfts- und Politikbeziehungen.
Wieso nutzten die Afrikaner diese neuen Beziehungen nicht aus? Warum ist Afrika heute nach wie vor ein äusserst armer Kontinent?
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Durch in unstabile politische Lage Afrikas kommt auch immer wieder die UNO zu ihrem Einsatz. Afrika wurde in den letzten Jahren zu einem Hauptschauplatz der friedenssichernden Operationen der UNO. Mit der Operation in Somalia fand eine der aufwendigsten und teuersten Blauhelmmissionen in der Geschichte der UN statt. Und bereits vor drei Jahrzehnten kam es zu einem ebenso spektakulären wie umstrittenen Einsatz im damaligen Kongo, der Elemente der Friedenserzwingung aufwies. Von grundsätzlichem Interesse ist dabei auch die Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen - im konkreten Fall mit der OAU.
Aus der Sicht Afrikas
Immer mehr Menschen in Afrika würden heute die Frage, ob man zur Kolonialzeit besser gelebt hat, spontan mit ja beantworten. Für unsere Generation in Europa klingt das ziemlich erschreckend und bedrückend. Solche Aussagen bleiben aber ohnedies hypothetisch, auch die meisten der heute lebenden Afrikanerinnen und Afrikaner kennen die Kolonialzeit gar nicht mehr aus eigener Anschauung. Viel eher klingen daraus Sehnsüchte nach einer gewissen Ordnung, nach mehr Effizienz und gesellschaftlicher Fürsorge heraus, aber auch ein Eingeständnis, dass nachkoloniale Eliten des Kontinents bei ihren Entwicklungsaufgaben nachhaltig versagt haben.
Aktuelles
Anfangs März stand in der Zürcher Zeitung, Afrika wolle eine lose Afrikanische Union nach dem Vorbild der EU machen. Eine Zentralbank, ein Gerichtshof, eine einheitliche Währung und ein afrikanisches Parlament, allerdings ohne gesetzgebende Kraft, sollen eingerichtet werden. Ob aber grosse Länder wie Nigeria, Südafrika, Algerien oder Ägypten ihre Souveränität zu Gunsten einer Afrikanischen Union abgeben, wird bezweifelt.
Merkwürdige Fakten, Ereignisse etc. Schlusswort
Afrika ist heute Schauplatz einer Synthese zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen alten Traditionen und neuen politischen Formen - ein Dilemma, das nur mit weitreichender wirtschaftlicher Unterstützung aufgelöst werden kann
Ein kleiner Denkanstoss
Man kann sagen, dass Afrika in Europa eine schlecht Presse hat. Die wenigen, die sich mit Afrika befassen, sind einer Meinung: Afrika war bzw. ist unfähig, ihre Selbstständigkeit zu gestalten. Der Weg ins Chaos scheint vorprogrammiert. Sich mit diesen Fakten zu befassen, interessiert niemanden. Es gibt doch viel spannenderes auf der Welt als dieses Afrika. Aber eines muss man ganz klar sehen: Je weniger sich die Europäer mit dem Thema Afrika befassen, desto chaotischer muss der Zustand dieser Gesellschaft dem Aussenstehenden erscheinen. Afrika aber wird uns Europäern nicht den Gefallen tun, im Ozean zu versinken oder sich mittels AIDS oder Ebola auf den Stand von 1900 zu entvölkern. Afrika bleibt unser Nachbar und klopft über das Mittelmeer hinweg.
Es fällt auf, dass Europäer dazu neigen, sich über afrikanische Zustände besonders dann aufzuregen, wenn sie sich selbst dadurch an Leib, Leben und Besitz bedroht fühlen. Der EbolaVirus könnte Europäer befallen, durch Touristen nach Europa eingeschleppt werden. Anders ist die Aufregung in den Medien kaum zu erklären, sterben doch seit jeher ungezählte arme Afrikaner in armen Ländern an den unterschiedlichsten Infektionen.
Afrika einfach vergessen? Ignorieren? Nicht hinüberschauen, was dort unten passiert?
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- Stirnimann (Author), 2001, Afrikas Dekolonisation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100748