Mit dem vorliegenden Präventionsprogramm will der Autor den dringenden Bedarf an effizienten Maßnahmen vor allem zur Prävention und Behandlung von Depressionen im Jugendalter hervorheben, damit eine Reduktion der vielfältigen Folgen dieser Erkrankung bis ins Erwachsenenalter erzielt werden kann. In den nächsten Kapiteln bekommt der Leser einen Eindruck über das gesamte Programm, von der Vorgehensweise bis hin zur Evaluation anhand von verschiedenen Intervention-Steps, die Schritt für Schritt durchgegangen werden.
Zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zählen leichte depressive Verstimmungen wie auch schwere depressive Störungen. Aktuell sind 3 bis 10% aller Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren an einer Depression erkrankt und dies entspricht im Durchschnitt zwei Schüler pro Klasse. Im Vergleich dazu liegen die Häufigkeiten mit rund 1 bis 2 % deutlich niedriger im Vorschulalter und im Grundschulter. In diesem Zusammenhang verursacht die Erkrankung bereits in jungen Jahren schwerwiegende gesundheitliche Probleme, beeinträchtigt die psychosoziale Entwicklung bis hin zu einem chronischen Verlauf bei Kindern und Jugendlichen, sodass es unter anderem zu Belastungen der Angehörigen führt. Damit sind ebenfalls erhebliche Kosten verbunden.
Die Prävention und die Früherkennung von Depressionen haben weiterhin aus gesamtwirtschaftlichen Gründen einen zunehmenden Stellenwert und rücken immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Gesundheit und den damit verbundenen Entscheidungsträgern. Da inzwischen bekannt ist, dass nicht nur Erwachsene von diesem Phänomen betroffen sind, sondern die Probleme bereits im Kinder- und Jugendalter auftreten, stellt dies zunehmend einen wesentlichen Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses dar. Die aktuelle Entwicklung gibt zu bedenken, weil das Ersterkrankungsalter weiter abnimmt und die jüngeren Betroffenen einem viel höherem Erkrankungsrisiko ausgesetzt sind im Gegensatz zu den älteren Betroffenen. Infolgedessen wird deutlich, dass ein früher Beginn der Intervention einen entscheidenden Vorteil und Einfluss bei der Vermeidung wie auch Bekämpfung von Depressionen hat, um gleichzeitig auch vor weiteren möglichen Begleiterkrankungen vorzubeugen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Interventions-Mapping
2.1 Step 1: Bedarfsanalyse
2.2 Step 2: Zielsetzung/Veränderungsziele
2.3 Step 3: Program Design
2.4 Step 4: Program Production
2.5 Step 5: Annahme, Umsetzung, Aufrechterhaltung
2.6 Step 6: Evaluation
3 Zusammenfassung und Fazit
4 Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Überblick über ersten Step-Prävention von Depressionen bei Jugendlichen (nach Bartholomew et al., 2006)
Abb. 3: Broschüre zum Interventionsprogramm an Hauptschulen (Teil 2), (nach: eigene Darstellung)
Abb. 2: Broschüre zum Interventionsprogramm an Hauptschulen (Teil 1), (nach: eigene Darstellung)
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Umweltebene: Isolation/Abgeschiedenheit (nach Bartholomew et al., 2006)
Tab. 2: Verhaltensebene: Verhalten verbessern- schulische Belastung unter Druck gesetzt, Angst vor dem Versagen (nach Bartholomew et al., 2006)
Tab. 3: Outcome: Verhalten verbessern – Nachhilfe zur Minderung von schulischem Stress (nach Bartholomew et al., 2016)
Tab. 4: Outcome: Verhalten verbessern – Motivation und Ehrgeiz (nach Bartholomew et al., 2016)
Tab. 5: Outcome: Isolation/Abgeschiedenheit verbessern/mindern durch Vereinssport (nach Bartholomew et al., 2016)
Tab. 6: Outcome: Isolation/Abgeschiedenheit verbessern/mindern durch Vereinssport (nach Bartholomew et al., 2016)
Tab. 7: Rahmenbedingungen für die Interventionen
Tab. 8: Materialien, Nutzen und Budget
Tab. 9: Annahme (nach Bartholomew et al., 2006)
Tab. 10: Annahme, Umsetzung, Aufrechterhaltung (nach Bartholomew et al., 2006)
Tab. 11: Evaluationsplan (nach Bartholomew et al., 2006)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zählen leichte depressive Verstimmungen wie auch schwere depressive Störungen. Aktuell sind 3 bis 10% aller Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren an einer Depression erkrankt und dies entspricht im Durchschnitt zwei Schüler pro Klasse. Im Vergleich dazu liegen die Häufigkeiten mit rund 1 bis 2 % deutlich niedriger im Vorschulalter und im Grundschulter (Balázs et al., 2013; Hoffmann et al., 2012; Preiß & Remschmidt, 2007). In diesem Zusammenhang verursacht die Erkrankung bereits in jungen Jahren schwerwiegende gesundheitliche Probleme, beeinträchtigt die psychosoziale Entwicklung bis hin zu einem chronischen Verlauf bei Kindern und Jugendlichen, sodass es unter anderem zu Belastungen der Angehörigen führt. Damit sind ebenfalls erhebliche Kosten verbunden (Ravens-Sieberer et al., 2007). Die Prävention und die Früherkennung von Depressionen haben weiterhin aus gesamtwirtschaftlichen Gründen einen zunehmenden Stellenwert und rücken immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Gesundheit und den damit verbundenen Entscheidungsträgern (Horowitz & Garber, 2006). Da inzwischen bekannt ist, dass nicht nur Erwachsene von diesem Phänomen betroffen sind, sondern die Probleme bereits im Kinder- und Jugendalter auftreten, stellt dies zunehmend und einen wesentlichen Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses dar (Pössel & Hautzinger, 2003). Die aktuelle Entwicklung gibt zu bedenken, weil das Ersterkrankungsalter weiter abnimmt und die jüngeren Betroffenen einem viel höherem Erkrankungsrisiko ausgesetzt sind im Gegensatz zu den älteren Betroffenen (Kessler et al., 2003; Stoppe et al., 2006). Laut einer Studie aus dem Jahre 2006 stieg die Anzahl der 16-bis 18-Jährigen, welche oftmals einen Angst- bzw. Depressionszustand aufzeigten, doppelt so hoch an, als noch im Jahr 1986 (Maughan et al., 2013). Darüber hinaus erhielten nur rund die Hälfte der von affektiven Störungen betroffenen Personen eine angemessene Behandlung (Wittchen & Jacobi, 2001). Infolgedessen wird deutlich, dass ein früher Beginn der Intervention einen entscheidenden Vorteil und Einfluss bei der Vermeidung wie auch Bekämpfung von Depressionen hat, um gleichzeitig auch vor weiteren möglichen Begleiterkrankungen vorzubeugen (Kornwachs, 2017). Mit dem vorliegendem Präventionsprogramm wollen wir den dringenden Bedarf an effizienten Maßnahmen vor allem zur Prävention und Behandlung von Depressionen im Jugendalter hervorheben, damit eine Reduktion der vielfältigen Folgen dieser Erkrankung bis ins Erwachsenenalter erzielt werden kann. Allerdings zeigt sich derzeit nur eine ungleiche Studienlage in Bezug auf die Wirksamkeit von den jeweiligen Programmen, da nicht alle den erwünschten Effekt erreichen (Tak et al., 2016). Darum ist die Gestaltung eines Interventionsprogramm von wesentlichen Faktoren abhängig (Pössel et al., 2004). Die Inhalte und Techniken der meisten Präventionsprogramme zur Depression beruhen größtenteils auf einer kognitiven Verhaltenstherapie, was Rollenspiele, Umstrukturierungen und Prozesse zur Verhaltensgestaltung miteinbezieht (Beck et al., 2017). Außerdem wurde in einigen Studien bereits festgestellt, dass Teilnehmer im Kindes- und Jugendalter, die ein Gruppenpräventionsprogramm besuchten, ein deutlich geringeres Risiko aufwiesen, im weiteren Lebensverlauf an depressiven Symptomen zu leiden im Gegensatz zu der Kontrollgruppe, die keine Behandlung erhielten (Garber et al., 2009; Dolle et al., 2012; Werner-Seidler et al., 2017). Nach der Metaanalyse vom Jahre 2009 ist die Anwendung von indizierten Programmen wie bei Risikogruppen besonders effektiv, wenn diese von kürzerer Dauer sind und Hausaufgaben umfassen. Die Wirkungsweise zeigt sich deutlich höher bei den Mädchen als bei den Jungen und wird auch eher bei den älteren statt den jüngeren Schülern eingesetzt (Stice et al., 2009).
In den nächsten Kapiteln bekommt ihr einen Eindruck über unser gesamtes Programm, von der Vorgehensweise bis hin zur Evaluation anhand von verschiedenen Intervention Steps, die wir Schritt für Schritt mit euch zusammen durchgehen werden (Bartholomew et al., 2006).
2 Interventions-Mapping
2.1 Step 1: Bedarfsanalyse
Die Prävention von Depressionen ist ein sehr sensibles Thema, da nicht nur eine Person, sondern auch mehrere aus dem unmittelbaren Umfeld wie die Familienmitglieder oder aus dem engeren Freundeskreis betroffen sein können (Maier, 2004). Dementsprechend stellt dies noch eine große Herausforderung dar. Vor allem, weil in einigen Fällen die Erkrankung nicht erkannt wird aufgrund der Vielfältigkeit des Erscheinungsbildes oder aus persönlichen Determinanten (Preiss & Remschmidt, 2007). Ergänzend dazu können viele Betroffene oder Angehörige mit den auftretenden Verhaltensweisen und Reaktionen nicht richtig umgehen, weil ein vertrauenswürdiger Ansprechpartner fehlt (Schlack et al., 2010). Deshalb wollen wir mit unserem Interventionsprogramm einen Beitrag zum Thema Prävention von Depressionen bei Jugendlichen im Alter von 13 bis 16 Jahren leisten. Dies führt uns direkt zum ersten Step, in dem es vorrangig, um die Bedarfsanalyse geht. Das bedeutet, dass ihr in der Abbildung 1 einen Überblick erhaltet, wie die ganzen Faktoren miteinander zusammenhängen und schließlich diese psychische Krankheit verursachen bzw. großen Einfluss bewirken können.
Zu Beginn werden wir auf die persönlichen Determinanten oder auch Faktoren genannt, Bezug nehmen, die sich durch Unwissenheit, schwache Risikowahrnehmung, mangelnde Konsequenzen äußern. Viele suchen keinen Arzt oder andere externe Hilfe aus möglichen Gründen wie Unwissenheit, Verdrängung, Angst oder zu großer Scham, sich damit auseinanderzusetzen (Wittchen & Hoyer, 2011). Nach einer Umfrage geht die Mehrheit der befragten Personen davon aus, dass Depressionen nur aufgrund von Schicksalsschlägen, Belastungen am Arbeitsplatz, falsche Lebensführung oder durch Charakterschwäche vorliegen können, jedoch können auch biologische Faktoren wie eine Stoffwechselstörung im Gehirn eine große Rolle einnehmen. Folglich kann das Unwissen zu einer Überschätzung von den genannten Komponenten führen und die betroffene Person schätzt das eigene Risiko, dem sie ausgesetzt ist, zu gering ein. Als Folge daraus könnte sich eine erhöhte Anfälligkeit oder eine dauerhafte Veränderung der Persönlichkeit durch den Einfluss der jeweiligen Depressionsform im späteren Lebensverlauf einstellen (Deutsches Ärzteblatt, 2017). Das heißt, besonders die in jungen Jahren vorkommenden, traumatischen Erlebnisse sind ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Depression und könnten im schlimmsten Fall so verdrängt werden, dass die erkrankte Person keinen anderen Ausweg sieht, als sich das Leben zu nehmen (Bernet & Stein, 1999). Deshalb sollte dies unbedingt bei der Früherkennung mitberücksichtigt werden. Hinsichtlich der persönlichen Determinanten der Agenten, die das Unwissen, der Mangel an sozialer Unterstützung, mangelnde Konsequenzen und fehlende Handlung umfassen. Dies bezieht sich insbesondere auf das Unwissen von Seiten der Eltern, Lehrer oder Personen des unmittelbaren Umfeldes. Im Falle, dass diese verantwortlichen Bezugspersonen noch nie wirklich Kontakt mit so einer Erkrankung hatten, kein Wissen über die verschiedenen Formen oder die Anzeichen nicht erkennen, könnten sich durch die Folgen wie die Unfähigkeit zum Handeln, fehlende bzw. mangelnde Hilfestellung oder die Unkenntnis, wie am ehesten damit umgegangen wird, äußern (Lindert et al., 2014). Folglich übt sich das auch negativ auf die Persönlichkeit des jeweiligen Agenten aus, da sie sich möglicherweise mit Schuldzuweisungen, Scham, Angst und Wut plagen (Kaluza, 2015; Wiersma et al., 2009). Diese beiden Determinanten führen direkt zur Verhaltensebene und zur Umweltebene.
Unter dem Aspekt der Verhaltensebene wie hier am Beispiel der Schule, fühlen sich viele Schüler oder die Schülerinnen sehr unter Druck gesetzt, sind teilweise frustriert, überfordert aufgrund der schulischen Anforderungen und den damit verbundenen Misserfolg (Preiß & Remschmidt, 2007). Des Weiteren zeigen sie teilweise ein trotziges Verhalten gegenüber Lehrern und Eltern. Hinzukommt ein verminderter oder auch ein gesteigerter Appetit, um gewisse Ereignisse oder Vorkommnisse zu kompensieren. Allerdings haben sie nicht alle den Drang ihr Verhalten zu ändern. Außerdem sind die Schüler nicht unbedingt auf der Suche nach Hilfe bzw. nehmen diese von zum Beispiel ihren Eltern oder Lehrern an (Mehler-Wex & Kölch, 2008). Dieses Verhalten steht in Wechselwirkung mit der eigenen Umwelt. Das bedeutet, dass eine Vielzahl von Schülern oder Schülerinnen hohen Erwartungen, Anforderungen und stetigen Bewertungen an die schulischen Leistungen von ihren Lehrern oder Eltern ausgesetzt sind. Im Hinblick auf die Schule als Ort, an dem festgesetzte Regeln und Strukturen vorherrschen, wird oft nicht erkannt, dass dieser Ort ebenfalls für die Prävention und Hilfevermittlung von Jugendlichen gilt (Obrist, 2011). Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass in der Phase der Pubertät weitreichende Veränderungen des Körpers geschehen und der damit verbundenen Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Ergänzend dazu erfolgt ein stetiger Vergleich mit den Klassenkameraden/-innen in der Schule, was den ganzen Prozess nur umso mehr verstärkt bzw. auch auslösen kann (Preiss & Remschmidt, 2007). Zusätzlich stellt Mobbing im Internet oder in der Schule ebenfalls ein sehr großes Problem dar (Klomek et al., 2007). Infolgedessen entwickelt sich bei einigen Schüler oder Schülerinnen eine zunehmend hohe psychische Belastung und weisen ein sehr instabiles Selbstwertgefühl auf. Folglich isolieren sie sich, fühlen sich abgelehnt, kämpfen mit inneren, negativen Gedanken und nehmen eine soziale Außenseiterrolle ein, was auch auf eine mangelnde positive Rückmeldung von Seiten der Lehrer bzw. auch der Eltern zurückzuführen ist (Nevermann & Reicher, 2009).
Die vorher beschriebenen Faktoren führen zum ganzheitlichen Gesundheitsproblem der „Depression bei Jugendlichen“. Die Symptomatik ist alters- und entwicklungsabhängig und führt vor allem im Jugendalter zu Unterschieden im Erscheinungsbild (Preiss & Remschmidt, 2007). Im Allgemeinen treten bei diesem Krankheitsbild Symptome wie ein stark vermindertes Selbstvertrauen, Traurigkeit, Apathie (Interessenlosigkeit), Angst, Konzentrations-, Antriebsmangel, Leistungsstörungen sowie -einschränkungen, erhöhte Gereiztheit, Aggressivität und häufige Stimmungsschwankungen auf. Zudem liegen psychosomatische Beschwerden, die sich negativ auf die körperliche Verfassung auswirken können, vor. Dazu gehören beispielsweise Schlafstörungen, Magen-Darm-Probleme, Gewichtsverlust oder Migräneanfälle (Obrist, 2011; Straub, 2018). Zu weiteren charakteristischen Verhaltensweisen zählen unter anderem Verschlossenheit und extreme Zurückhaltung gegenüber vereinzelten Personen oder Menschengruppen. Hinzukommen noch vereinzelte Begleitsymptome wie ein niedriges psychosoziales Funktionsniveau, sexuelles Risikoverhalten wie die Bewältigung von ungewollten Schwangerschaften oder Geschlechtskrankheiten, allgemeine gesundheitliche, körperliche Probleme, starke Unruhe, innere Erregtheit (Wittchen & Hoyer, 2011). Dies ist vor allem mit einem erhöhten Suizid-Risiko verbunden (Saluja et al., 2004), was in Europa die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen darstellt (Steele & Doey, 2007). Diese psychische Störung nimmt oft einen chronischen Verlauf mit einer hohen Rückfallneigung und mit langfristig psychosozialen Einschränkungen an (Stegmüller, 2017; Wiersma et al., 2009). Neben diesen ganzen Begleiterscheinungen können gleichzeitig Probleme wie Angst- und Essstörungen sowie Alkohol- und Drogenprobleme auftreten, die das Diagnostizieren der spezifischen Depressionsform deutlich erschwert (Jost, 2007; Lewinsohn et al., 1998).
Im Rahmen dieses Interventionsprogrammes sollen 13- bis 16-Jährige Schüler und Schülerinnen der Hauptschule angesprochen werden. Da in einigen nationalen sowie internationalen epidemiologischen Studien gezeigt wurde, dass 15 - 20 % der Jugendlichen unter mindestens einer depressiven Episode bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres litten (Bettge et al., 2008; Birmaher et al., 1996; Wittchen et al., 1998). Dabei liegen die Prävalenzen in unterschiedlichen Studien bei ungefähr 3,2 % bis 8,9% (Groen & Petermann, 2011; Mehler-Wex & Kölch, 2008) und für alle Formen beträgt diese rund 16 bis 20% (Bijl et al., 1998; Ebmeier et al., 2006). Außerdem gibt es große Unterschiede bei der Prävalenz zwischen den Mädchen und Jungen im Alter von 13 bis 15 Jahren. Besonders in der frühen bis mittleren Endphase des Jugendalters sind Mädchen doppelt so stark betroffen, wobei die Prävalenzzahlen bei den Jungen in etwa gleich ausfielen (Costello et al., 2003; Leadbeater et al., 1995; Preiss & Remschmidt, 2007). Nach einer Studie der DAK-Gesundheit konnte ein Zusammenhang zwischen der Schulform und des Sozialstatus der jugendlichen Schüler/innen ermittelt werden. Der Anteil der betroffenen Schüler/innen mit 32%, welche eine Hauptschule besuchten, ist deutlich größer als an Gymnasien mit 24%. Des Weiteren stieg der Anteil der Schüler mit depressiven Symptomen im Alter von 11 Jahren von 23% mit zunehmendem Alter auf 33% mit 18 Jahren an. Dies verdeutlicht, dass die meisten Probleme bereits im jungen Schulalter beginnen (DAK-Gesundheit, 2008). Allerdings können sich jüngere Erwachsene im Alter von 19 bis 24 Jahren und im späteren Lebensalter erneut erkranken, wenn sie schon einmal eine depressive Episode überwunden haben (Lewinsohn et al., 1998). Aus diesem Grund sollte so früh wie möglich mit der Prävention bei jüngeren Schüler/innen im Grundschulalter angefangen werden, da sich die Mehrheit der älteren Schüler/innen bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden (DAK Unternehmen Leben, 2011). Demzufolge werden Schüler/innen in die Risikogruppe eingestuft, die bereits unter einer Vorerkrankung wie chronisch körperliche Erkrankungen litten, die sie während ihrer Entwicklung eingeschränkt bzw. behindert haben zum Beispiel Übergewicht, Adipositas (Fettleibigkeit), Schmerzerkrankungen im Rücken- oder Kopfbereich und ebenfalls durch den Einfluss der Eltern, die seelisch- oder suchterkrankt sind (Kinder- und Jugendreport DAK-Gesundheit, 2019). Die Unterteilung der Risikogruppen erfolgt nach der internationalen statistischen Klassifikation von Krankheiten bzw. verwandter Gesundheitsprobleme, auch ICD-10 genannt. Mithilfe der ICD-10 Kriterien wird das Krankheitsbild der Depression in verschiedene Stufen untergliedert, die wie folgt ausschauen: Zunächst die depressive Episode nach F32, bei der die Symptome über 2 Wochen andauern mit den drei Kernsymptomen und der dazugehörigen Bezeichnung. Dabei muss unbedingt berücksichtigt werden, dass es sich hier um eine einmalige Episode handelt. Jedoch besteht hier das Problem des stark variierenden wie auch sehr individuellen Erscheinungsbildes, sodass eine Depression im schlimmsten Fall nicht erkannt wird, aufgrund zum Beispiel körperlichen Leidens oder Antriebslosigkeit. Die depressive Stimmung hat die Bezeichnung A, Interessen-/Freudeverlust hat B und kein Antrieb/erhöhte Ermüdung wird mit C beschrieben. Zu diesen Merkmalen kommen noch weitere hinzu wie vermindertes Selbstwertgefühl, eigene Schuldzuweisung, Konzentrations-Aufmerksamkeitsmangel, wiederholte Gedanken an Tod/Suizid, Schlafstörung, Appetitverlust, innere Unruhe und Angst. Bei der ersten Unterform der leichten Episode F 32.0 treten mindestens vier Symptome über rund zwei Wochen auf und davon liegen zwei Symptome von A, B oder C vor. Der/Die Betroffene weisen leichte Beeinträchtigungen bei der Ausübung von sozialen, häuslichen und schulischen Aktivitäten auf. Aber dennoch versuchen sie die alltäglichen Aktivitäten so gut wie weiter zu verfolgen. Die mittelgradige depressive Episode F32.1 ist durch mindestens sechs Symptome über rund zwei Wochen und von zwei Symptomen wie A, B oder C gekennzeichnet. Hier zeigen sich erhebliche Beeinträchtigungen des/der Betroffenen bei der Umsetzung von schulischen Aktivitäten. Hingegen äußert sich die schwere depressive Episode ohne psychische Symptome F32.2 durch mindestens acht Symptome über rund zwei Wochen und dabei kommen alle Symptome von A bis C vor. Allerdings ist die betroffene Person nicht mehr in der Lage jegliche soziale, häusliche oder schulische Aktivität auszuführen. Bei der letzten Unterform handelt es sich, um die schwere depressive Episode mit psychischen Symptomen F32.3, wo dieselben Anzeichen wie bei F32.2 vorliegen, aber gleichzeitig ereignen sich noch Halluzinationen, Wahnvorstellungen, völlige körperliche und geistige Regungslosigkeit. Eine weitere Klassifikation ist die rezidivierende depressive Störung F33 mit wiederholten depressiven Episoden, die sich dagegen fast vollständig bessert zwischen einzelnen Episoden. Diese wird häufig durch ein einschneidendes, negatives Lebensereignis hervorgerufen und wird vergleichbar unterteilt wie die depressive Episode. Als Letztes geht es noch um die anhaltende affektive Störung F34, welche durch anhaltende und häufig wechselnde Stimmungsstörungen charakterisiert ist. Mit den zwei Unterformen der Zyklothymia F34.0, bei der die Stimmung dauernd instabil ist und der Dysthymia F34.1, wobei die depressive Stimmung auch anhaltend besteht (Dilling et al., 2005).
Wie oben bereits erwähnt, könnt ihr euch vorstellen, dass viele Faktoren zusammenwirken, die letztendlich zu einer depressiven Erkrankung führen. Dabei sind die Ursachen dieser Erkrankung sehr vielfältig und noch nicht vollständig erforscht. Neben genetischer Veranlagung innerhalb der Familie, wenn zum Beispiel im Einzelfall die Mutter, der Vater oder beide Elternteile bereits eine psychische Störung aufweisen, liegt ein erhöhtes Risiko für das Kind vor, auch zu erkranken (Berger, 1999; Mattejat & Remschmidt, 2008). Weitere familiäre Belastungen wie Streit zwischen den eigenen Eltern, Armut, Missbrauch oder häufige Umzüge können dem Jugendlichen psychisch extrem zusetzen und sich ebenso negativ auf seine Persönlichkeitsentwicklung auswirken (Kaluza, 2015). Eine Depression kann ebenfalls durch ein frühes, einschneidendes, negatives Erlebnis in der Kindheit, wie ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen, ein Verlust, Streit, eine Krankheit, Tod einer nahestehenden Person in der Familie oder im Freundeskreis entstehen (Wittchen & Hoyer, 2011). Außerdem kann eine geringe Bindungsqualität zwischen den Eltern und der Kinder zum Beispiel durch mangelnde Fürsorge oder geringe Aufmerksamkeit den Entstehungsprozess begünstigen. Die betroffene Person hat womöglich auch geringere soziale Kompetenzen, wenig enge Beziehungen und Kontakte zu gleichaltrigen Schülern. Demzufolge fühlt sie sich zurückgewiesen und kapselt sich immer mehr von ihrem näheren Umfeld ab (Straub, 2018). Angesichts dessen hat die Person unter Umständen selbst eine negative Erfahrung mit einer körperlichen Krankheit, Misshandlung- oder Missbrauchserfahrungen gemacht (Carr et al., 2013). Zumeist treten Probleme im Zusammenhang mit der Schule auf, wenn sich die Person überfordert fühlt, frustriert sowie gestresst ist von den schulischen Anforderungen und keine wirklichen Erfolge erzielt. Gerade dieses Zusammenspiel aus bereits genannten Faktoren kann bei Jugendlichen mit depressiver Stimmung zu starkem psychischen Stresserleben führen. Deshalb entwickeln einige der Schüler/innen oft eine Unzufriedenheit, Abneigung und eine negative Einstellung zur Schule nicht nur aufgrund der eigenen schulischen Leistungen, sondern lassen diese Grundstimmung verstärkt bei dem eigenen Lehrer/-innen aus (Nevermann & Reicher, 2009). Allerdings sollte in diesem Kontext beachtet werden, dass die Schule als Ort nicht die eigentliche Ursache von Depression darstellt. Grundsätzlich sollte im schulischen Kontext die Negativspirale, die aus den depressiven Symptomen, schlechten Schulleistungen, schlechten Noten und negativen Denken entstehen kann, berücksichtigt werden (Kornwachs, 2017; Krapp et al.,1993).
2.2 Step 2: Zielsetzung/Veränderungsziele
Vor dem Hintergrund ist die Zielstellung unseres Programmes den Anteil um 5% an Depression erkrankten Schüler/-innen im Alter von 13 bis 16 Jahren an staatlichen Hauptschulen in Chemnitz, Deutschland zu senken. Dabei handelt sich um Jugendliche der neunten Klasse mit der jeweiligen Unterteilung. Der Zeitraum beträgt drei Jahre am Ende der Intervention. Mit unserem Programm ist zu erwarten, dass die präventiven Maßnahmen gegen Depressionen einen positiven Einfluss auf die Lebenszufriedenheit der jeweiligen Schüler/-innen insbesondere in den Bereichen zur Verbesserung der eigenen körperlichen Gesundheit, Persönlichkeitsentwicklung und deren sozialen Beziehungen ausüben. Damit ihr eine Vorstellung hinsichtlich der Gestaltung des Programmes erhaltet, werden wir zunächst auf die oben schon dargelegte Umweltebene eingegangen. Dies ist in der Tabelle 1 dargelegt.
Tab. 1: Umweltebene: Isolation/Abgeschiedenheit (nach Bartholomew et al., 2006)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein Handlungsziel innerhalb der ausgewählten Umweltebene „Isolation bzw. Ablehnung“ ist zu Anfang an einem Vereinssport wie zum Beispiel Fußball, Volleyball oder Taekwondo teilzunehmen. Der/Die Schüler/-in besitzt das Wissen über den Veranstaltungsort, die Anzahl der Wochentage wie zweimal pro Woche und das zu der bestimmten bzw. vorgebenden Zeit trainiert wird. Zusätzlich weiß der/die Jugendliche, dass er/sie teilnehmen und sich beispielsweise über das Internet, durch Freunde, Mitschülern oder Lehrer über verschiedene Sportarten in Verbindung mit den Vereinen in Wohnort- und Schulnähe oder direkt in der eigenen Schule informieren kann. Der/Die Schüler/-in vertritt die Ansicht, dass der Sport mit Gleichaltrigen mit viel Spaß, Freude, Zusammenhalt, Ehrgeiz, Akzeptanz und gegenseitiges Unterstützen verbunden ist. Daraus erfolgt die Erkenntnis des/der Jugendlichen, dass eine Förderung der sozialen Kontakte zum eigenen Wohlbefinden beiträgt. Einerseits hat er/sie selbst das Bewusstsein etwas gegen die Unzufriedenheit seines/ihres Körpers zu tun sowie seine eigene Gesundheit und Fitness fördern. Anderseits wird ihm/ihr die Möglichkeit geboten aus sich herauszukommen, mit anderen aktiver zu kommunizieren und die Befürchtung von seinen/ihren Mitsportlern abgelehnt zu werden, könnte verringert werden. Darum ist der/die Schüler/-in körperlich wie auch psychisch in der Lage regelmäßig mit seinen Kameraden im Verein Sport zu treiben. Dies führt ebenfalls dazu, dass er/sie diese neuen positiven Erfahrungen und veränderten Verhaltensmuster auch in andere Alltagssituationen mitintegrieren kann. Dementsprechend braucht er/sie sich nicht mehr abzuschirmen und Angst zu haben, sondern kann sich leichter eingliedern.
Ein weiteres Handlungsziel umfasst die Teilnahme an einem ausgewählten Präventionsprogramm, bei dem der/die Schüler/-in weiß, dass zum Beispiel die eigene Krankenkasse wie die Barmer ein Projekt namens „Verrückt? Na und! - Mehr Offenheit und Achtsamkeit beim Umgang mit psychischen Krisen und Erkrankungen“ für einen Tag (6 Schulstunden) an ausgewählten Schulen anbietet (Barmer, 2019). Außerdem verfügt er/sie über das Wissen, dass er/sie in diesem Alter noch familienversichert ist und bei Fragen seine Eltern hinzuziehen kann, die ihn/sie dabei unterstützen können. Der/Die Jugendliche nimmt mit der Einstellung teil, dass eine offene Haltung gegenüber den anderen Teilnehmern beim Kennenlernen eine große Rolle spielt, denn sie haben möglichweise dieselbe Problematik zu verarbeiten und können dann Verständnis füreinander aufbringen. Zudem denkt er/sie an Spaß, Motivation, Gemeinschaft, Anerkennung, Zuneigung und gleichzeitig an geistige Entlastung. Ergänzend dazu ist der/die Schüler/-in von sich selbst überzeugt, dass ihm/ihr neue soziale Kontakte bei seinem/ihrem Problem helfen können durch den gezielten aktiven Austausch miteinander und dem Beisammensein. Darin wird er/sie ebenfalls bestärkt, seine/ihre negativen Emotionen wahrzunehmen, Warnsignale zu erkennen wie auch auftretende seelische Krisensituationen zu hinterfragen und gleicherweise tatkräftig verringern zu wollen. Schlussendlich erfährt er/sie selbst wie und was hilft, um mit den bestehenden Ängsten besser umzugehen und Selbstsicherheit aufzubauen. Demnach ist der/die Schüler/-in fähig dazu, an dem Präventionsprogramm teilzunehmen und an sich selbst zu arbeiten. Des Weiteren erlangt er/sie die Fähigkeiten sowie Fertigkeiten, um in den speziellen Krisenphasen zu Recht zu kommen, sich nicht mehr zu isolieren, keine Angst vor Ablehnung zu haben, auch wenn es der beste Ausweg zu scheinen mag. Letztendlich kann er/sie sich ebenso in andere hineinzufühlen durch die Veränderung des eigenen Blickwinkels und des eigenen Selbst.
Im Hinblick auf das letzte Handlungsziel der Umweltebene, welches sich mit öffentlichen Aufklärungskampagnen und Informationsveranstaltungen wie zum Beispiel die „Mut-Tour“ von der Stiftung der Deutschen Depressionshilfe beschäftigt. Der/Die Schüler/-in weiß, dass er/sie die notwendigen Informationen anhand von zum Beispiel Plakate, Medienberichte, Fernsehspots oder Internetartikel erhält, um herauszufinden, wann, wo die Veranstaltungen stattfinden und wer diese anbietet. Der/Die Jugendliche ist motiviert an der öffentlichen Aufklärungskampagne wie auch an der Informationsveranstaltung teilzunehmen und sich gewissenhaft mit dieser Thematik bzw. mit der eigenen Erkrankung zu befassen. Darüber hinaus glaubt der/die Schüler/-in an sich selbst, dass die gezielte Auseinandersetzung mit seiner eigenen Gesundheit nicht nur zu einer Verbesserung führt, sondern auch zu neuen Erkenntnissen wie er/sie damit am besten umgehen kann. Hinzufügend sieht er/sie selbst ein, dass sein/ihr derzeitiges Verhalten nicht zielführend ist und ihn/sie nicht aus dieser selbst hervorgerufenen Absonderung sowie Zurückweisung herausholt. Daraufhin besitzt der/die Jugendliche die Fähigkeit an einer der Informationsveranstaltungen sowie Aufklärungskampagne über Depressionen teilzunehmen, um sich gleichzeitig gegenüber noch unbekannten Menschen zu öffnen, sich mit ihnen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Dafür kann er/sie genug Mut aufbringen, um zum Beispiel mit den Teilnehmern, die von Depressionen betroffen und nicht betroffen sind, gemeinsam in über 70 Städte mit dem Tandem durch ganz Deutschland zu fahren (Stiftung Deutsche Depressionshilfe, 2012). Das Gefühl nicht akzeptiert zu werden und alleine zu sein, kann er/sie somit weitgehend verbessern, da er/sie feststellt, dass er/sie nicht der/die Einzige ist, welche/r davon betroffen ist. In diesem Zusammenhang könnte es ihm/ihr gelingen andere ebenfalls dazu ermutigen und etwas Neues zu wagen. Innerhalb der Verhaltensebene, die in Tabelle 2 dargestellt ist, wird der Aspekt der schulischen Belastung und der damit verbundenen Angst vor dem Versagen aufgegriffen.
Tab. 2: Verhaltensebene: Verhalten verbessern- schulische Belastung unter Druck gesetzt, Angst vor dem Versagen (nach Bartholomew et al., 2006)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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- Quote paper
- David Reißig (Author), 2021, Interventionsprogramm zur Prävention von Depressionen bei Jugendlichen im Alter von 13 bis 16 Jahren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006718
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