Im Rahmen dieser Masterarbeit sollen mittels einer quantitativen Querschnittstudie grundlegende Forschungsergebnisse gewonnen werden, um die Zeitarbeit in der Pflege tiefgründiger darstellen zu können. Anhand eines standardisierten Online-Fragebogens wurden deutschlandweit Pflegekräfte befragt, die für verschiedene Personaldienstleistungsfirmen tätig sind.
Zunächst soll die Situation der Zeitarbeit im Gesundheitswesen genauer beschrieben werden. Sowohl grundlegende Begriffe als auch rechtliche Rahmenbedingungen sollen einen Einstieg in diese Thematik gewährleisten. Besonders den dynamischen Anstieg dieser Branche innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte gilt es genauer darzustellen. Es soll gezeigt werden, welche Gründe es für dieses rasche Wachstum gab und wie sich die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung über die Jahre entwickelt hat. Anschließend sollen bisher gewonnene, empirischen Ergebnisse genauer betrachtet werden.
Anschließend soll auf den Aspekt der Arbeitszufriedenheit genauer eingegangen und der Bezug zur Zufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit in der Pflege und speziell in der Personaldienstleistung hergestellt werden. Im methodischen Teil dieser Arbeit wird der Aufbau und die Durchführung der Studie thematisiert. Theoretische Grundlagen und Begriffe werden genauer beschrieben. Zudem wird die praktische Umsetzung dargestellt.
Letztlich werden die erhobenen Daten deskriptiv dargestellt. Es soll gezeigt werden, weshalb sich Pflegekräfte für die Zeitarbeit entscheiden und welche Auswirkungen dieser Wechsel auf ihre Arbeitszufriedenheit hat. Die empirischen Ergebnisse sollen diskutiert und das methodische Vorgehen dieser Arbeit kritisch betrachtet werden. Die Schlussfolgerung wird letztlich ein Resümee über dieser Masterarbeit geben. Zur besseren Lesbarkeit wurde für Personenbeschreibungen stets in der männlichen Form gewählt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Ziel der Arbeit
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Die Situation der Zeitarbeit in der Pflege
2.1. Was ist Zeitarbeit?
2.3. Rechtliche Rahmenbedingungen
2.3. Verteilung von Zeitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland
2.4. Geschlechterstruktur
2.5. Gründe für die Zunahme von Zeitarbeit in der Pflege
2.6. Funktionswandel der Zeitarbeit
2.7. Forschungsergebnisse Zeitarbeit im Gesundheitswesen
2.7.1. Die verschiedenen Typen der Zeitarbeit
2.7.2. Qualifikationsanforderungen an Zeitarbeiter
2.7.3. Motive für Gesundheitseinrichtungen, Zeitarbeiter einzusetzen
2.7.4. Motive für Zeitarbeitsfirmen
2.7.5. Motive für Pflegekräfte, in Zeitarbeitsunternehmen zu arbeiten
2.7.6. Auswirkungen von Zeitarbeit auf die Pflege
2.7.7. Die Qualität der Zeitarbeit in der Pflege
3. Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit
3.1. Arbeitsmotivation
3.2. Arbeitszufriedenheit
3.3. Kategorien der Arbeitszufriedenheit
3.4. Auswirkungen von Arbeitszufriedenheit
3.5. Messung der Arbeitszufriedenheit
3.5.1. Skala zur Messung der Arbeitszufriedenheit nach Warr-Cook-Wall
3.6. Arbeitszufriedenheit in der Pflege
3.6.1. Ulrich et al. (2017): Die Arbeitszufriedenheit von Berufseinsteigern in den Gesundheitsberufen (unter Anwendung der Warr-Cook-Wall-Skala)
3.6.2. Scharfenberg (2016): Was beschäftigt Pflegekräfte?
3.6.3. Huggenberger et al. (2012): Was Pflegekräfte wollen
3.6.4. Buxel (2011): Was Pflegekräfte unzufrieden macht
3.6.5. Zusammenfassung der Ergebnisse
3.7. Arbeitszufriedenheit in der Zeitarbeit im Gesundheitswesen
3.7.1. Fichtner/Hohnekamp (2020): Zeitarbeit in der OP-Pflege - Motive, Auswirkungen und Perspektiven
4. Methodische Aspekte
4.1. Theoretischer Rahmen
4.1.1. Quantitative Fragebogenmethode
4.1.2. Online Befragung
4.2. Gestaltung des Fragebogens
4.2.1. Fragebogentitel
4.2.2. Fragebogeninstruktion
4.2.3. Inhaltliche Frageblöcke
4.2.3.1. Zusammenstellung Themenbereich 1
4.2.3.2. Zusammenstellung Themenbereich 2
4.2.3.3. Zusammenstellung Themenbereich 3
4.2.4. Statistische Angaben
4.2.5. Fragebogen-Feedback
4.2.6. Verabschiedung
4.3. Antwortformate und Items
4.3.1. Antwortformate
4.3.2. Filterführung im Fragebogen
4.3.3. Geschlossene Items
4.3.4. Offene Items
4.4. Erstellung des Online-Fragebogens mit SurveyMonkeys
4.5. Pretest
5. Analyse
5.1. Methodisches Vorgehen zur Datenauswertung
5.1.1. Häufigkeiten
5.1.2. Mittelwerte
5.1.3. Standardabweichungen
5.1.4. Datenanalysesoftware
5.2. Feldzugang
5.3. Auswertung der Ergebnisse
5.3.1. Auswertung Themenbereich 1: Angaben zur Person und zum Beschäftigungsverhältnis
5.3.2. Auswertung Themenbereich 2: Angaben zum Pflegeberuf
5.3.3. Auswertung Themenbereich 3: Angaben zur Anstellung in der Zeitarbeit
5.4. Diskussion der Ergebnisse
5.4.1. Demografische Zusammenhänge
5.5. Methodenkritik
5.6. Einschränkungen
5.7. Interessenskonflikt
5.8. Ausblick
6. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Anhang 1: Befragungsinstrument Online-FragebogenFehler! Textmarke nicht definiert. Anhang 2: Merkmale der Befragungsteilnehmer (eigene Darstellung)
Anhang 3: Sind die Veränderungen (die Sie sich von einer Anstellung in der Zeitarbeit erhofft haben) tatsächlich eingetreten? (eigene Darstellung)
Anhang 4: Wie zufrieden sind Sie mit folgenden Faktoren, seit dem Wechsel in die Zeitarbeit im Vergleich zu Ihrer vorherigen Festanstellung in einer Gesundheitseinrichtung? (eigene Darstellung)
Danksagung
Es ist ein großes Glück, eine Masterarbeit schreiben zu können, die ein Thema von besonderer Aktualität beschreibt und gleichzeitig eine hohe Relevanz für die Praxis hat. Dabei betrachte ich es nicht als Selbstverständlichkeit, dass eine Vielzahl an Pflegekräften an dieser Befragung teilgenommen haben. Ein besonderer Dank gilt daher einem der Geschäftsführer der AÜG Netzwerk Human Resources GmbH, Dennis Greenfield und den geschäftsführenden Gesellschaftern der Akut... Med Group, Martina Ahrens und Andreas Ahrens. Auch dem Geschäftsbereichsleiter von inCare, Ingo Wiegers, gilt besonderer Dank. Sie waren im Rahmen ihrer Unternehmen bereit, eine Vernetzung herzustellen und die Pflegekräfte ihrer Unternehmen auf diese quantitative Umfrage aufmerksam zu machen, um eine möglichst hohe Zahl an Rückmeldungen zu ermöglichen. Ein weiterer Dank gilt Prof. Dr. Michael Wittland für seine fachliche Begleitung. Er erleichterte mir besonders den Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten und gab wertvolle, methodische Hinweise zur Erstellung dieser Arbeit. In der Endphase war Klaus Heil als Korrekturleser eine große Hilfe. Seine Rückmeldung hat viel zur Verständlichkeit und textlichen Abrundung beigetragen.
Abstract
Zielsetzung
Mittlerweile fehlen Pflegekräfte in Deutschland in nahezu allen Bereichen. Dies führt zu einer erheblichen Belastung des Personals. Auch die Arbeitszufriedenheit in der Pflege ist nur wenig positiv. Der Arbeitsmarkt des Gesundheitswesens benötigt daher ein hohes Maß an Flexibilität und genau hier spielt Zeitarbeit längst eine entscheidende Rolle. Auch wenn die Zahl der Pflegekräfte in der Zeitarbeit im letzten Jahr leicht gesunken ist, galt die Arbeitnehmerüberlassung im Gesundheitswesen über die letzten zwei Dekaden als kontinuierlich wachsende Beschäftigungsform. Gleichzeitig gilt Zeitarbeit in der Pflege als weitestgehend unerforscht. In dieser Arbeit wird untersucht, weshalb sich Pflegekräfte für eine Anstellung in der Zeitarbeit entscheiden und welche Auswirkung dieser Wechsel auf die Arbeitszufriedenheit hat.
Methodik
Es wurde eine standardisierte Online-Befragung in Form einer quantitativen Querschnittstudie durchgeführt. Hierzu wurden deutschlandweit Pflegekräfte befragt, die für Personaldienstleistungsfirmen arbeiten (n = 356).
Ergebnis
Besonders die Belastung durch den Fachkräftemangel macht Pflegekräfte unzufrieden. Diese erhoffen sich von einer Anstellung in der Zeitarbeit mehr Flexibilität und bessere Konditionen. Zudem wünschen sie sich mehr Anerkennung für ihren Beruf und Einsätze in verschiedenen Fachbereichen. Es zeigt sich, dass der Wechsel in die Zeitarbeit eine positive Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit hat. Zudem geben knapp die Hälfte der Teilnehmer an, einen kompletten Berufswechsel einer erneuten Festanstellung in einer Gesundheitseinrichtung vorzuziehen, wenn es das Model Zeitarbeit nicht gäbe.
Schlussfolgerung
Pflegekräfte sind in der Zeitarbeit zufriedener mit ihrer beruflichen Tätigkeit als in einer Festanstellung in einer Gesundheitseinrichtung. Möchte man Pflegepersonal im Gesundheitswesen halten, müssen flexible Arbeitsmodelle geschaffen werden und die Wertschätzung für den Beruf steigen. Auch die Konditionen müssen sich verbessern.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Dreiecksbeziehung der Beschäftigungs- und Vergütungssituation in der Zeitarbeit (vgl. Bouncken/Bornewasser 2013, S. 10)
Abb. 2: Entwicklung der Zeitarbeitnehmer in Deutschland, 1996 - 2009 (Bräutigam et al. 2010, S. 3)
Abb. 3: Entwicklung der Zeitarbeitnehmer im Gesundheitswesen in Deutschland, 2009 - 2019 (vgl. Statistisches Bundesamt 2020)
Abb. 4: Zeitarbeitskräfte nach Berufsgruppen in Deutschland (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020)
Abb. 5: Anteile von Frauen und Männern in der Zeitarbeit im Gesundheitswesen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020)
Abb. 6: Pflegebedürftige in Deutschland von 1999 - 2030: Status-Quo-Szenario (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2008, S. 25)
Abb. 7: Anteile der Pflegefachkräfte und Pflegehelfer in der Zeitarbeit (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 20)
Abb. 8: Vier mögliche Motivationssituationen (vgl. Häfelinger 2014)
Abb. 9: Zufriedenheit mit der Arbeitssituation in der Pflege (Scharfenberg 2016)
Abb. 10: Würden OTA's der Zeitarbeit den Beruf wechseln, wenn es die Personaldienstleistung nicht mehr gäbe? (vgl. Fichtner/Hohnekamp 2020)
Abb. 11: Erstellung eines standardisierten Fragebogens (vgl. Döring/Bortz 2016, S. 404)
Abb. 12: Welcher Berufsgruppe gehören Sie an?
Abb. 13: Weshalb haben Sie sich für den Pflegeberuf beschrieben?
Abb. 14: Welche Faktoren motivieren Sie, zur Arbeit zu gehen?
Abb. 15: Welche Faktoren machen den Pflegeberuf für Sie unattraktiv?
Abb. 16: Wie sind Die auf die Zeitarbeit aufmerksam geworden?
Abb. 17: Was haben Sie sich von einer Anstellung in der Zeitarbeit erhofft?
Abb. 18: Sind die erhofften Veränderungen tatsächlich eingetreten?
Abb. 19: Wie zufrieden sind Sie mit folgenden Faktoren, seit dem Wechsel in die Zeitarbeit, im Vergleich zu Ihrer vorherigen Festanstellung in einer Gesundheitseinrichtung?
Abb. 20: Würden Sie sich auf Basis Ihrer Erfahrungen wieder für eine Festanstellung in der Zeitarbeit entscheiden?
Abb. 21: Wenn die Möglichkeit in der Zeitarbeit zu arbeiten nicht gegeben wäre, würden Sie eher den Beruf wechseln, anstatt erneut in einer Gesundheitseinrichtung festangestellt zu sein?
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Auswertung der Variablen des Warr-Cook.-Wall-Fragebogens für Pflegeberuf nach Ulrich et al. 2017
Tab. 2: Aufbau Online-Fragebogen
1. Einleitung
Pflegekräfte fehlen in Deutschland in nahezu allen Bereichen. Mittlerweile werden in Deutschland bis zu 100.000 Vollzeitkräfte in der Pflege benötigt Dies führt zu einer erheblichen Belastung des Personals (vgl. Simon 2015, S. 3). Diese Situation spiegelt sich auch in der Arbeitszufriedenheit der Pflege wider. Pflegekräfte sind zwar stolz auf ihren Beruf, würden diesen jedoch nicht weiterempfehlen, da sie mit den Rahmenbedingungen unzufrieden sind (vgl. Huggenberger et al. 2012). Daher benötigt der Arbeitsmarkt des Gesundheitswesens ein besonders hohes Maß an Flexibilität. Genau hierier spielt Zeitarbeit längst eine entscheidende Rolle (vgl. Dinges et al., 2011, S.1). Auch wenn die Zahl der Pflegekräfte in der Zeitarbeit im letzten Jahr leicht gesunken ist, galt dieses alternative Arbeitsmodel im Gesundheitswesen über viele Jahre als kontinuierlich wachsende Beschäftigungsform (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020).
Gleichzeitig ist das Image der Zeitarbeit nach wie vor nur wenig positiv (vgl. Bräutigam et al. 2010). Auch Deutschlands Gesundheitsminister, Jens Spahn, sieht Zeitarbeit nur ungern in Deutschlands Pflegeeinrichtungen. „Ich hätte lieber weniger Leiharbeit in der Pflege und mehr Festangestellte (Jens Spahn, Frankfurter Allgemeine Zeitung 2018)“. Jedoch liegen nur wenige empirische Daten vor, welche die Überlassung von Pflegekräften durch Zeitarbeitsfirmen genauer beleuchten. Somit fällt es schwer, Rückschlüsse zu dieser Thematik ziehen zu können (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 36). Im Rahmen dieser Masterarbeit soll daher mittels einer quantitativen Querschnittstudie grundlegende Forschungsergebnisse gewonnen werden, um die Zeitarbeit in der Pflege tiefgründiger darstellen zu können. Anhand eines standardisierten Online-Fragebogens wurden deutschlandweit Pflegekräfte befragt, die für verschiedene Personaldienstleistungsfirmen tätig sind.
Zunächst soll die Situation der Zeitarbeit im Gesundheitswesen genauer beschrieben werden. Sowohl grundlegende Begriffe als auch rechtliche Rahmenbedingungen sollen einen Einstieg in diese Thematik gewährleisten. Besonders den dynamischen Anstieg dieser Branche innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte gilt es genauer darzustellen. Es soll gezeigt werden, welche Gründe es für dieses rasche Wachstum gab und wie sich die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung über die Jahre entwickelt hat. Anschließend sollen bisher gewonnene, empirischen Ergebnisse genauer betrachtet werden.
Anschließend soll auf den Aspekt der Arbeitszufriedenheit genauer eingegangen und der Bezug zur Zufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit in der Pflege und speziell in der Personaldienstleistung hergestellt werden.
Im methodischen Teil dieser Arbeit wird der Aufbau und die Durchführung der Studie thematisiert. Theoretische Grundlagen und Begriffe werden genauer beschrieben. Zudem wird die praktische Umsetzung dargestellt.
Letztlich werden die erhobenen Daten deskriptiv dargestellt. Es soll gezeigt werden, weshalb sich Pflegekräfte für die Zeitarbeit entscheiden und welche Auswirkungen dieser Wechsel auf ihre Arbeitszufriedenheit hat. Die empirischen Ergebnisse sollen diskutiert und das methodische Vorgehen dieser Arbeit kritisch betrachtet werden. Die Schlussfolgerung wird letztlich ein Resümee über dieser Masterarbeit geben. Zur besseren Lesbarkeit wurde für Personenbeschreibungen stets in der männlichen Form gewählt.
1.1. Problemstellung
Wie bereits im einleitenden Text beschrieben, hat die Überlassung von Arbeitnehmern in der Pflege über die letzten beiden Dekaden dynamisch zugenommen. Ein Grund für dieses Wachstum ist der Personalmangel in den Pflegeberufen. Dieser belastet das Personal zunehmend (vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2011, S. 29). Auch die Arbeitszufriedenheit in der Pflege kann als kritisch angesehen werden. Nur wenige Pflegekräfte würden ihren Beruf weiterempfehlen (vgl. Buxel 2011). Doch weshalb sind in den letzten Jahren immer mehr Pflegekräfte in die Zeitarbeit gewechselt und welche Auswirkungen hat dieser Wechsel auf die Arbeitszufriedenheit des Personals? Leider gibt es hierzu nur wenige empirische Ergebnisse. Allgemein besteht reichlich Forschungsbedarf, um die Zeitarbeit in der Pflege genauer darstellen zu können.
1.2. Ziel der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, grundlegende Ergebnisse über die Zeitarbeit in den Pflegeberufen zu liefern. Dabei gilt es zunächst die Situation der Branche genauer darzustellen, um besonders auf die Gründe für ihr dynamische Wachstum über die letzten beiden Dekaden eingehen zu können. Zudem soll gezeigt werden, wie sich die Funktion der Zeitarbeit im Laufe dieser Zeit systematisch veränderte. Wie bereits beschrieben, fehlt es dennoch an empirischen Ergebnissen, um die Personaldienstleistung im Gesundheitssektor genauer beleuchten zu können. Eine quantitative Querschnittstudie, die mittels eines Online-Fragebogens deutschlandweit durchgeführt wurde, soll die benötigten Daten liefern. Das Augenmerk dieser Arbeit bezieht sich auf die Frage, weshalb sich Pflegekräfte für eine Anstellung in einem Personaldienstleistungsunternehmen entscheiden. Welche Motive gibt es für Pflegpersonal, in die Zeitarbeit zu wechseln und welche Auswirkungen hat dieser Wechsel auf die Arbeitszufriedenheit der Befragten? Werden die erhofften Veränderungen anschließend überhaupt wahrgenommen? Würden Pflegekräfte, die in der Zeitarbeit angestellt sind, ihren Beruf möglicherweise sogar komplett wechseln, wenn es das Modell der Zeitarbeit nicht gäbe? Zusammengefasst ergeben für diese Arbeit drei Forschungsfragen.
Forschungsfrage 1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Forschungsfrage 2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Forschungsfrage 3:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.3. Aufbau der Arbeit
Ein theoretischer Rahmen soll zunächst einen Überblick über die Thematik gewährleisten. Im ersten Teil dieser Arbeit wird die Situation der Zeitarbeit in der Pflege genauer dargestellt. Eine ausgiebige Literaturrecherche half, aktuelle Statistiken und empirische Ergebnisse in Bezug auf diese Branche zusammenzufassen. Somit soll besonders der dynamische Anstieg der Zeitarbeit in der Pflege dargestellt werden. Zudem werden die Gründe für dieses Wachstum und der damit verbundene Funktionswandel der Branche beschrieben. Da im Rahmen dieser Arbeit auch die Arbeitszufriedenheit des Pflegepersonals in der Personaldienstleistung genauer dargestellt werden soll, gilt es sich mit dieser Thematik vorab theoretisch auseinanderzusetzen. Empirische Ergebnisse werden zeigen, wie zufrieden Pflegekräfte in ihrem Beruf sind. Ein weiteres Kapitel beschreibt das methodische Vorgehen dieser Arbeit. Es soll dargestellt werden, wie das Forschungsinstrument dieser Arbeit erstellt und an die potenziellen Teilnehmer versendet wurde. In Kapitel 7 werden die gewonnen Daten dieser Arbeit ausgewertet und deskriptiv dargestellt. Anschließend gilt es, die Ergebnisse zu interpretieren. Zudem soll das methodische Vorgehen kritisch betrachtet werden. In einem Fazit werden Schlussfolgerungen aus dieser Masterarbeit abgeleitet.
2. Die Situation der Zeitarbeit in der Pflege
Um dem Leser einen theoretischen Überblick zu gewährleisten, soll das Modell Zeitarbeit nun genauer beschrieben werden. Anschließend wird auf die spezifische Situation der Personaldienstleistung in der Pflege eingegangen. Hierbei gilt es, die gegenwärtige Situation genauer darzustellen, gleichzeitig jedoch die Entwicklung dieser Branche innerhalb der letzten Jahre aufzuzeigen. Auch die Sicht der Politik auf die Zeitarbeit soll genauer beschrieben werden. Im Rahmen einer Literaturrecherche wurden die hierfür benötigten Daten gesammelt.
2.1. Was ist Zeitarbeit?
Zeitarbeit, auch gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung genannt, entscheidet sich deutlich von herkömmlichen Beschäftigungsformen. Die vom Arbeitnehmer verrichtete Arbeit findet nicht im Unternehmen des eigentlichen Arbeitnehmers statt, sondern erfolgt in einem Kundenbetrieb. Somit ist Leiharbeit die Überlassung eines Arbeitnehmers, samt seiner Arbeitskraft, durch einen Personaldienstleister an ein externes Unternehmen. Aus vertraglicher Sicht besteht hierbei ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen der Zeitarbeitsfirma und dem Zeitarbeitnehmer. Die Weisungsbefugnis wird jedoch dem jeweiligen Entleihbetrieb zugesprochen. Hierfür schließt das betreffende Unternehmen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der Personaldienstleistungsfirma ab. Dieser Vertrag beinhaltet die Zurverfügungstellung von geeigneten Arbeitskräften (vgl. Bouncken/Brornewasser 2013, S. 10). Somit ergibt sich für die Personalüberlassung eine charakteristische Dreiecksbeziehung (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Dreiecksbeziehung der Beschäftigungs- und Vergütungssituation in der Zeitarbeit (vgl. Bouncken/Bornewasser 2012, S. 10; eigene Darstellung)
2.3. Rechtliche Rahmenbedingungen
Mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wurde Leiharbeit 1972 erstmals legalisiert. Zur damaligen Zeit sollte Zeitarbeit als alternative Beschäftigungsform fungieren, um Betrieben mehr Personalflexibilität zu ermöglichen und Arbeitnehmer in feste Beschäftigungsverhältnisse zu integrieren. Gleichzeitig bildete das AÜG den rechtlichen Rahmen dieser Branche. Das Gesetz sollte die Bedingungen der Zeitarbeitsfirmen und Kundenunternehmen in Bezug auf die Zeitarbeiter regeln. Auslöser hierfür waren somit hauptsächlich wirtschaftliche Gründe (vgl. Reinsch 2008, S. 19). Ziele des AÜG sind es, den Zeitarbeitnehmer arbeitsrechtlich zu schützen und einen Missbrauch dieser Beschäftigungsform zu verhindern. Zudem soll damit die Personaldienstleistung von anderen Arbeitsmodellen abgegrenzt werden (vgl. Bouncken/Bornewasser 2013, S. 25). Die wichtigsten Inhalte des AÜG in seiner damaligen Form, werden in der Folge stichpunktartig aufgeführt.
- Die Begrenzung der Maximalen Überlassungsdauer von Zeitarbeitern wurde auf drei Monate festgelegt
- Das Befristen einer Beschäftigung war zu begründen
- Die Laufzeit des Beschäftigungsverhältnisses durfte nicht mit der Dauer des Ersteinsatzes in einem Entleihbetrieb übereinstimmen
- Das wiederholte Einsetzen eines Zeitarbeitnehmers im selben Entleihbetrieb war verboten
In den folgenden Jahren änderten sich diese rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch. Besonders die maximale Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung wurde Schritt für Schritt verlängert. 1985 wurde diese Zeit auf sechs Monate festgelegt und bis 2002 auf zwei Jahre angehoben. 2004 viel diese Vorgabe schließlich komplett weg, was einen zeitlich unbegrenzten Einsatz eines Zeitarbeiters in einem Entleihbetrieb ermöglichte. Auch die Begründungspflicht, das Synchronisierungsverbot und das Untersagen wiederholter Einsätze im selben Unternehmen wurde 1997 per neuer Gesetzesreform entfernt. Somit wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeitsbranche Schritt für Schritt gelockert. All dies sorgte für flexiblere Nutzungsmöglichkeiten von Zeitarbeitern aus Sicht der Kundenunternehmen. Daher ist die Beschäftigung von Zeitarbeitern heutzutage nur noch schwer mit der ursprünglichen Form zu vergleichen (vgl. Bleich et al. 2008, S.8).
Im Jahr 2017 kam es zu einer weiteren Reform des AÜG, die erheblichen Einfluss auf die Personaldienstleistung in der heutigen Form hatten. Die wichtigsten Inhalte dieser Neuauflage sollen an dieser Stelle genauer dargestellt werden.
- Die maximale Überlassungsdauer für Leiharbeiter in einem Betrieb beträgt 18 Monate. Anschließend muss der jeweilige Arbeitnehmer vom Kundenunternehmen übernommen werden oder vom Entleihbetrieb abgezogen werden.
- Ab dem neunten Monat muss ein Lohnangleich folgen. Zeitarbeitsfirmen sind somit verpflichtet, das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers bis zu diesem Zeitpunkt an das der Stammbelegschaft des jeweiligen Kundenunternehmens anzugleichen. Diese Lohnangleichung wird auch als Equal Pay bezeichnet. Im Rahmen eines Tarifvertrages kann hiervon abgeglichen werden.
- Leiharbeiter dürfen fortan nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. Sie dürfen zwar in Unternehmen arbeiten, in denen gestreikt wird, jedoch keine Tätigkeiten des streikenden Personals übernehmen.
All diese Änderungen beziehen sich auf alle Branchen, in denen Zeitarbeit genutzt wird. Somit auch für den Pflegebereich. Besonders die Rechte und Ansprüche der Zeitarbeitnehmer sollen durch diese Reform gestärkt werden. Gleichzeitig soll die Flexibilität der jeweiligen Unternehmen erhalten bleiben (vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2016). Neben wiederkehrenden Erneuerungen der Rechtsgrundlagen werden teilweise auch bereits gestrichene Gesetze wieder eingeführt.
Gleichzeitig gibt es reichlich Kritik an dieser Gesetzgebung, auch am aktuellen Entwurf. Diese richtet sich besonders an die Rechte der Zeitarbeiter. Eine Überlassungshöchstdauer ziele in der Realität oftmals nicht auf eine Übernahme, sondern lediglich auf einen Einsatzwechsel des Leiharbeiters. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand für die Personaldienstleistungsfirma. Auch zusätzliche Gehaltskosten durch Lohnanpassungen werden für die Zeitarbeitsunternehmen zur ökonomischen Last. Auch Unsicherheiten in der Rechts- und Beweislage im Rahmen der Zeitarbeiternutzung während eines Streiks werden als zukünftige Probleme gesehen. Letztlich soll sowohl aus wirtschaftlicher wie auch aus Arbeitnehmersicht die Abgrenzung von Zeitarbeitsund Werksverträgen nochmals konkreter geregelt werden (vgl. Absenger et al. 2016).
2.3. Verteilung von Zeitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland
Die Personaldienstleistung im Gesundheitswesen galt über viele Jahre als dynamisch wachsende Beschäftigungsform. Besonders über die letzten beiden Dekaden entwickelte sich eine deutliche Zunahme an Pflegekräften, die für ein Personaldienstleistungsunternehmen im Einsatz waren. Ab dem Jahr 2004 konnte ein sprunghaftes Wachstum dieser Beschäftigungsform verzeichnet werden. Waren zu dieser Zeit noch insgesamt Zeitarbeiter in dieser Branche gemeldet, stieg diese Zahl bis Juni 2009 auf 19.246 an (siehe Abbildung 2). Somit hat sich die Zahl der Zeitarbeiter im Gesundheitswesen innerhalb dieser Zeitspanne mehr als verfünffacht (vgl. Bräutigam et. al. 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Entwicklung der Zeitarbeitnehmer in Deutschland, 1996 - 2009 (Bräutigam et al. 2010, S. 3)
Doch auch in den folgenden Jahren wechselten immer mehr Pflegekräfte in die Personaldienstleistung. Lediglich zwischen 2012 und 2014 konnte ein leichter Rückgang an Pflegekräften in der Personaldienstleistungsbranche vermerkt werden (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2014). Anschließend stieg diese Zahl jedoch wieder. So waren es 2015 bereits 53.260 Zeitarbeitnehmer. Im Jahr 2018 konnte mit 65.854 die bisher größte Anzahl an Zeitarbeitnehmern im Gesundheitswesen registriert werden. Jedoch sank dieser Wert 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Im Bereich der Krankenpflege fiel er von 22.220 im Jahr 2018 auf 21.270 im Jahr 2019. In der Altenpflege konnte ebenfalls ein Rückgang vermerkt werden. Waren 2018 noch 12.536 Zeitarbeiter im Bereich der Altenpflege im Einsatz, wurden im folgenden Jahr nur noch 12.116 Pflegekräfte überlassen. Somit ist der Anteil aller Zeitarbeiter im Pflegesektor von 2,0% auf 1,9% gesunken. Zusammenfassend kann die Personaldienstleistung im Bereich der Pflege besonders seit der Jahrtausendwende als eine dynamisch wachsende Beschäftigungsform beschrieben werden, die in den letzten Jahren erstmals einen leichten Rückgang verbuchen musste (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020). Abbildung 3 veranschaulicht die Entwicklung der Zeitarbeit im Gesundheitswesen seit 2009 nochmals zusammenfassend.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Entwicklung der Zeitarbeitnehmer im Gesundheitswesen in Deutschland, 2009 - 2019 (vgl. Statistisches Bundesamt 2020, eigen Darstellung)
Vergleicht man die Zeitarbeit im Gesundheitswesen jedoch mit anderen Arbeitsfeldern, zeigt sich, dass in anderen Branchen eine weit größere Anzahl an Arbeitnehmern überlassen wird. 2019 waren insgesamt 896.057 Zeitarbeitskräfte in Deutschland tätig. Hiervon wurden lediglich 64.416 Arbeitnehmer in den Gesundheitsberufen eingesetzt. Dies entspricht einem Anteil von 7,2% (siehe Abbildung 4). Betrachtet man also die gesamte Personaldienstleistungsbranche, bildet der Bereich der Gesundheitsberufe nur einen geringen Teil. Vergleichsweise bildet die Logistikbranche mit 237.700 Arbeitnehmern den größten Bereich der Personaldienstleistung in Deutschland (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Zeitarbeitskräfte nach Berufsgruppen in Deutschland (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Darstellung)
2.4. Geschlechterstruktur
Auch Zeitarbeit gilt im Gesundheitswesen nach wie vor als Frauendomäne. Somit ergibt sich ein ähnliches Ergebnis, wie bei Pflegekräften, die in einer Gesundheitseinrichtung festangestellt sind. 2019 arbeiteten 47.140 Frauen für ein Zeitarbeitsunternehmen im Gesundheitswesen. Gleichzeitig waren 17.276 Männer in dieser Branche als Leiharbeiter beschäftigt (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019). Somit sind 26,8% der Zeitarbeitnehmer im Gesundheitswesen Männer und 73,2% Frauen (siehe Abbildung 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Anteile von Frauen und Männern in der Zeitarbeit im Gesundheitswesen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Darstellung)
2.5. Gründe für die Zunahme von Zeitarbeit in der Pflege
Zeitarbeit wurde in den letzten beiden Dekaden ein alternatives Arbeitsmodell, auch im Gesundheitswesen. Dabei gibt es viel Gründe für das dynamische Wachstum dieser Beschäftigungsform, besonders seit der Jahrtausendwende (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020). Der Mangel an Fachpersonal in den Gesundheitseinrichtungen und die damit verbundene Belastung der Pflegekräfte spielt dabei eine besondere Rolle (vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2011, S. 29).
Wie bereits in Kapitel 2.2. beschrieben, wurden erste rechtliche Regelungen zur Legalisierung der Personalüberlassung 1972 erlassen Im Rahmen des Arbeitskräftemangels in den siebziger Jahren sollte das Ziel sein, Arbeitnehmer in ein festes Beschäftigungsverhältnis zu bringen. Seit dieser Zeit haben sich viele rechtliche Bedingungen in Bezug auf die Arbeitnehmerüberlassung verändert und auch die Anzahl der Zeitarbeiter in Deutschland ist deutlich gestiegen. Zudem wurde das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit aufgehoben. Damit sollten die Vermittlungsaktivitäten auf dem Arbeitsmarkt gestärkt werden. Als Reaktion begannen Verleihbetriebe ihre Personaldienstleistung zu erweitern. Ein Beispiel hierfür war die Vermittlung und Betreuung der Arbeitnehmer (vgl. Miegel et al. 2007, S. 17-18). Ein besonders dynamischer Anstieg der Personaldienstleistungsbranche ist seit dem Jahr 2004 zu erkennen. Dieser Zuwachs ist auf die Einführung der sogenannten HartzGesetze zurückzuführen.
Zeitarbeit sollte für Arbeitnehmer einen idealen Einstieg oder Wiedereinstieg in den Beruf gewährleisten. Zudem wurde mit hohen Übernahmechancen für die jeweiligen Unternehmen geworben. Dies sollte zeitgleich das Ansehen der Zeitarbeit erhöhen (vgl. Herrmann 2009, S. 23). Zudem wurde vorhergesagt, durch Beschäftigung von Leiharbeitern die Überstunden der Stammbelegschaft zu senken. Der Gesetzgeber sah Chancen in dieser Beschäftigungsform, sowohl für Arbeitgeber als Arbeitnehmer (vgl. ebd., S. 17).
Ein weiterer Effekt, der sichtbare Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Zeitarbeit hatte, wird anhand der Wirtschaftskrise deutlich. Zwischen 2008 und 2009 stieg zwar die Anzahl der im Gesundheitswesen arbeitenden Zeitarbeiter weiterhin um 28,4% an, jedoch verzeichneten andere Berufsgruppen in dieser Zeit einen starken personellen Einbruch. Allein in diesen Jahren sank die Gesamtzahl der Zeitarbeiter in Deutschland um 23%. Den größten Anteil daran hatten sogenannte Hilfsarbeiter (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 12).
Der Hauptgrund für den vermehrten Einsatz von Zeitarbeitern in der Pflege ist jedoch der Fachkräftemangel dieser Berufsgruppe (vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2011, S. 29). Das Gesundheitswesen gilt mit 5,7 Millionen Beschäftigten als wachsendes, dynamisches und zukunftsorientiertes Arbeitsfeld (vgl. Statistisches Bundesamt 2020). Dabei bilden die Pflegeberufe mit etwa 1,7 Millionen Fachkräften die größte Berufsgruppe dieser Branche (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020). Dennoch ist der Personalmangel im Gesundheitswesen zu einem beherrschenden Thema geworden. Hauptverantwortlich für diese Situation ist unter anderem der demografische Wandel. Schrittweise steigt die Lebenserwartung der Menschen. Dank guter Lebensverhältnisse, dem medizinischen Fortschritt und der geringeren körperlichen Belastung haben die Menschen in Deutschland in den letzten 30 Jahren im Schnitt sieben Jahre Lebenszeit hinzugewonnen. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach professioneller Pflege. Denn mit der Zunahme der Lebenserwartung steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018). Somit trifft der demografische Wandel die Pflegebranche gleich in doppelter Weise und senkt das Pflegepotenzial im Zuge der demografischen Alterung (vgl. Robert Koch-Institut 2015).
Mit zunehmendem Alter nehmen auch Krankheiten und Gebrechen zu. Dabei leiden ältere Menschen oftmals nicht nur an einer, sondern an einer Vielzahl von Erkrankungen im Sinne einer sogenannten Multimorbidität. Folgen sind häufige Krankenhausaufenthalte, oft mit langer Verweildauer. Gleichzeitig steigt mit höherem Alter das Risiko pflegebedürftig zu werden stark an. Quantitative Studien belegen, dass 5% der 70-75- jährigen Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) Pflegebedarf haben. Bei den Menschen, die über 90 Jahre alt sind, beträgt der Anteil der Pflegebedürftigen bereits 62 Prozent (vgl. Statistisches Bundesamt 2017). Zum Jahresende 2017 waren 3,4 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Allein im Vergleich zum Jahr 2013 ist diese Anzahl um 9% gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt 2018). Hochrechnungen zufolge, ist auch in Zukunft eine weitere Zunahme der Pflegebedürftigen in Deutschland zu erwarten. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird vorausgesagt, dass die Anzahl Pflegebedürftiger bis zum Jahr 2030 auf etwa 3,73 Millionen steigt (siehe Abbildung 6). Das würde einen Anstieg von 50% - vom Jahr 2007 aus gesehen - bedeuten (vgl. Statistisches Bundesamt 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Pflegebedürftige in Deutschland von 1999 - 2030: Status-Quo-Szenario (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2008, S. 25)
Gleichzeitig wirkt sich der demografische Wandel auch auf die Zahl der Pflegekräfte aus. Da die Anzahl jüngerer Menschen sinkt, gibt es auch weniger junges Pflegepersonal, die als potenzielle Nachfolger in den Gesundheitsberufen arbeiten. Gleichzeitig steigt die Anzahl der älteren Fachkräfte drastisch an. Besonders diese enorme Arbeitsbelastung hat zur Folge, dass viele Pflegekräfte bereits frühzeitig in Rente gehen. Eine empirische Studie zeigte, dass 70% der Teilnehmer besorgt sind, ab einem Alter von 55 Jahren den Pflegeberuf nicht weiter ausüben zu können, weil dieser sie überlastet (vgl. Buxel 2011). Ein ähnliches Bild zeigte sich auch das Pflegethermometer des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (dip) 2012. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit stellte sich heraus, dass die meisten Pflegekräfte der Intensivstation etwa im Alter von 50 Jahren aufhören zu arbeiten (vgl. Isfort et al. 2012). Bereits jetzt sind in Niedersachen 38% der Pflegekräfte über 50 Jahre alt. Laut der Landespflegekammer Niedersachsen werden bis 2033 voraussichtlich 35 bis 43 Prozent der heute tätigen Pflegefachkräfte nicht mehr berufstätig sein (vgl. Pflegekammer Niedersachen 2018).
Trotz der zunehmenden Leistungsanforderungen in der Pflege wurden in den letzten Jahren Personalstellen aufgrund von Budgetkürzungen abgebaut (vgl. Simon 2015, S. 13). Die Folge der steigenden Belastung und der gleichzeitig sinkenden Zahl des Pflegepersonals war eine Überlastung der Fachkräfte, was wiederum zu einem Anstieg der Frührentner in dieser Berufsgruppe führte. Damit wurde die Versorgungsqualität der Patienten in erheblichem Maß beeinflusst. (vgl. ebd., S. 3).
Auch wenn in den letzten Jahren wieder ein leichter Zuwachs an Pflegepersonal zu verzeichnen ist, besteht dennoch weiterhin ein enormer Mangel an Fachkräften. Laut der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahr 2018 rund 15.700 zu besetzende Stellen für die Gesundheits- und Krankenpflege gemeldet, was einen Anstieg von 7 % im Vergleich zum Vorjahr darstellt (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019). Es wird geschätzt, dass gegenwärtig über 100.000 Vollzeitstellen im Bereich der Pflege allein in deutschen Kliniken fehlen. Eine erhöhte Arbeitsbelastung des Personals und ein Qualitätsverlust der Patientenversorgung sind die logischen Konsequenzen (vgl. Simon 2015, S. 3-4).
Eine Reaktion der Gesundheitseinrichtungen auf diesen Personalmangel ist das Einsetzen von Zeitarbeitern. Als flexible Beschäftigungsform soll Zeitarbeit Personalengpässe ausgleichen. Dies führte letztlich zu einem dynamischen Wachstum der Personaldienstleistung im Gesundheitswesen. Dabei übernimmt diese Branche mittlerweile weit mehr Funktionen, als ihr ursprünglich zugesprochen wurden (vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2011, S. 29).
2.6. Funktionswandel der Zeitarbeit
Die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung in der Pflege hat sich in den Jahren deutlich verändert. Im Zuge der Hartz-Gesetze konnten diverse Regelungen gelockert werden. Überlassungshöchstdauern und Synchronisierungsverbote konnten rückgängig gemacht werden und auch das Verbot der Wiedereinstellung wurde aufgehoben. Dies führte dazu, dass sich Zeitarbeit quantitativ und qualitativ entwickeln konnte. Zudem kam es zu einer grundlegenden Änderung der Funktion, die der Personaldienstleistung eigentlich zugesprochen wurde. Ursprünglich hatte die Arbeitnehmerüberlassung die Aufgabe, Arbeitnehmer wieder in ein festes Arbeitsverhältnis zu integrieren. Mittlerweile ist Zeitarbeit eine alternative Beschäftigungsform geworden und wird von unterschiedlichsten Gesundheitseinrichtungen genutzt, um anfallende Mehrarbeit und personelle Ausfälle unter den eigenen Mitarbeitern abzudecken (vgl. Burda/Kvasnicka 2005, S. 3).
War aus politischer Sicht anfangs noch vorgesehen, durch das Leasing von Pflegekräften kurzfristige Personalausfälle abzudecken, kommt es immer häufiger zu Fällen, in denen komplette Stammpersonalstellen durch Zeitarbeitnehmer abgedeckt werden.
Gesundheitseinrichtungen nutzen die Personaldienstleistung, die eigentlich zur Aushilfe vorgesehen ist, als eine Art zusätzlichen Personalpool, um langfristigen Personalmangel auszugleichen. Damit dient die Personalüberlassung mittlerweile als Flexibilisierungsinstrument der Unternehmen (vgl. Seifert/Brehmer 2008, S. 339-340).
Zudem wird die Überlassung von Pflegekräften genutzt, um Personal auf Probe einzusetzen. Somit können Voraussetzungen geprüft werden, um Pflegekräfte gegebenenfalls fest im Unternehmen einzusetzen. Aus diesem Grund dient die Zeitarbeit inzwischen als multiples Rekrutierungsinstrument für viele Gesundheitseinrichtungen. Personaldienstleistungsfirmen werben wiederum mit dieser Funktion und agieren als Personalvermittler, auch im Gesundheitssektor. Hierbei handelt es sich jedoch um Einzelfälle (vgl. ebd., S. 335). Branchenübergreifend wird der Zeitarbeit jedoch noch immer die Aufgabe zugesprochen, Menschen aus der Arbeitslosigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis zu führen. Dabei soll sie eine Brückenfunktion einnehmen. Noch immer finden Fachkräfte über die Personaldienstleistung den Weg aus der Arbeitslosigkeit. Damit kann nachweislich von einem positiven Effekt gesprochen werden (vgl. Crimman et al. 2009, S. 49-51).
Gleichzeitig ist die Personaldienstleistung immer wieder Thema politischer Debatten. So auch im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe. Auch aktuell gibt es aus politischer Sicht immer wieder Diskussionen, die Zeitarbeit in der Pflege kritisch betrachten (vgl. Kohrs 2019, S. 31).
Dabei ist der Ruf dieser Branche bereits seit mehreren Jahren angeschlagen. In jüngster Vergangenheit war es zunächst Deutschlands Gesundheitsminister, Jens Spahn, der lieber weniger Leiharbeiter in den Gesundheitseinrichtungen sehen würde und dafür mehr festangestellte Pflegekräfte (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung 2018). Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci von der SPD schlug später sogar ein Verbot der Zeitarbeit in den Pflegeberufen vor. Als Gründe für ein solches Verbot werden besonders eine geringere Arbeitsqualität der Zeitarbeitnehmer und anfallende Kosten für Leasingpersonal genannt (vgl. Kohrs 2019, S. 31-35).
Zusammenfassend hat sich die Funktion der Zeitarbeit im Gesundheitswesen deutlich verändert. Mittlerweile wird der Branche eine Art Feuerwehrfunktion zugesprochen. Dabei werden Personalengpässe sowohl über kurze als auch über längere Zeiträume von Zeitarbeitnehmern abgedeckt. Gleichzeitig wird Zeitarbeit in der Pflege immer wieder zum Thema politischer Diskussionen. Nach wie vor fehlen jedoch grundlegende, empirische Ergebnisse zu dieser alternativen Beschäftigungsform in der Pflege. Bestehende Forschungsergebnisse sollen im folgenden Kapitel genauer dargestellt werden.
2.7. Forschungsergebnisse Zeitarbeit im Gesundheitswesen
2010 veröffentlichten Christoph Bräutigam und seine Kollegen die Studie „Flexibilisierung und Leiharbeit in der Pflege“ im Namen der Hans-Böckler-Stiftung. Sie sammelten grundlegende, empirische Daten, welche zeigen, wie Zeitarbeit in der Pflege genutzt wird. Hierfür wurden Experteninterviews mit Personen geführt, die unterschiedliche berufliche Berührungspunkte mit der Zeitarbeit im Gesundheitswesen hatten. Die Ergebnisse dieser qualitativen Untersuchung sollen in der Folge genauer dargestellt werden. Auf die Arbeitszufriedenheit von Zeitarbeitern im Gesundheitswesen soll im Kapitel 3.8. genauer eingegangen werden.
2.7.1. Die verschiedenen Typen der Zeitarbeit
Bräutigam und seine Kollegen unterscheiden zwischen verschiedenen Formen von Personaldienstleistern. Insgesamt wurden vier Typen definiert.
Typ 1: Kleine Spezialisten
Die sogenannten „kleinen Spezialisten“, welche ihre Einsatzgebiete meist auf kleinere, regionale Gebiete reduzieren. In diesen Regionen sind sie oftmals schon seit langer Zeit am Markt etabliert. Dabei haben sich diese Firmen oftmals auf hochqualifizierte Fachkräfte spezialisiert. Für derartiges Personal besteht eine enorme Nachfrage, auch wenn die Ergebnisse dieser Studie gleichzeitig zeigen, dass oftmals nur für kurzzeitige Einsätze Bedarf besteht.
Typ 2: Allgemeinanbieter
Die Autoren unterscheiden zwischen weiteren, mehrere Branchen abdeckenden Unternehmen. Dabei stellt der Bereich Pflege nur einen kleinen Sektor, denn im Gegensatz zu den spezialisierten Firmen sind Allgemeinanbieter nicht regional begrenzt, sondern oftmals bundesweit vertreten. Die Möglichkeit, Leiharbeiter flächendeckend in ganz Deutschland einzusetzen, kann einen deutlichen Vorteil am Markt bringen.
Typ 3: Nicht gewinnorientierte Personaldienstleister
Diese seltene Form von Unternehmen in der Branche dient eher der Unterstützung der Arbeitnehmer. Es sollen in erster Linie Langzeitarbeitslose zurück in ein Beschäftigungsverhältnis integriert werden. Dabei agieren diese Zeitarbeitsfirmen nicht gewinnbringend und stellen ihre Arbeitnehmer im häufigsten Fall technischen Berufsgruppen zur Verfügung. Im Bereich des Gesundheitswesens sind bislang nur wenige dieser Organisationen aktiv.
Typ 4: Betriebseigene Zeitarbeitsunternehmen
Diese Personaldienstleister sind eigens von größeren Kliniken oder anderen Unternehmen gegründete Zeitarbeitsunternehmen, um den eigenen Personalpool zu unterstützen. Daher werden die Arbeitnehmer auch nicht in anderen Unternehmen eingesetzt. Ein großer Vorteil ist hierbei das Einsparen von Mehrwertsteuern, die beim Einsetzen eigener Zeitarbeiter entfallen können.
Festzustellen bleibt, dass sich die Personaldienstleistungsunternehmen durch spezielle Profilierungen dem jeweiligen Markt angepasst haben. Gleichzeitig ergeben sich für Entleihbetriebe diverse Varianten, das Instrument der Zeitarbeit für sich zu nutzen (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 18).
2.7.2. Qualifikationsanforderungen an Zeitarbeiter
In Bezug auf die Qualifikationen stellt sich ein deutlicher Unterschied zu Zeitarbeitern in anderen Berufsgruppen dar. Wo andernorts häufig weniger qualifiziertes Personal beschäftigt wird, ist im Bereich des Gesundheitswesens genau das Gegenteil häufig der der Fall. Ausgewertete Stellenanzeigen von Zeitarbeitsfirmen zeigen, dass nur eine geringe Anzahl von Pflegehelfern in diesen Ausschreibungen gesucht wurden. Hoch qualifizierte Pflegefachkräfte wie Alten- oder Krankenpfleger werden im Gegensatz dazu dringend benötigt. Aus diesem Grund ist die Verteilung der jeweiligen Qualifikationen von Leiharbeitnehmern stark diskrepant, denn nur 13% der eingesetzten Zeitarbeiter sind Pflegehelfer, wohingegen 87% als examinierte Fachpflegekräfte arbeiten (vgl. ebd. S. 19). Abbildung 7 veranschaulicht diese Verteilung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7: Anteile der Pflegefachkräfte und Pflegehelfer in der Zeitarbeit (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 20; eigene Darstellung)
2.7.3. Motive für Gesundheitseinrichtungen, Zeitarbeiter einzusetzen
Organisationen des Gesundheitswesens greifen aus vielerlei Gründen auf Fachkräfte der Personalüberlassung zurück. Oftmals bleibt den Einrichtungen des Gesundheitswesens einfach keine andere Wahl. Es ist festzustellen, dass Betriebe gezwungen sind, die Personallücken in der Belegschaft mit externem Personal zu füllen. Wird versucht, die anfallende Mehrarbeit im Falle eines Personalausfalls auf die restlichen Mitarbeiter zu verteilen, wird schnell die Grenze der Belastungsfähigkeit erreicht. Mit Hilfe von Zeitarbeitern können diese Personallücken gefüllt werden und die Stammbelegschaft entlastet werden.
Um die Motive der Gesundheitseinrichtungen darstellen zu können, wird in der Folge zwischen den jeweiligen Einrichtungen und Abteilungen unterschieden.
Altenpflegeheime benötigen meist am Wochenende oder für Nachtschichten Personal. Hierbei wird deutlich, dass knapp die Hälfte der gebuchten Leiharbeiter Pflegehelfer sind. Der Grund dafür ist, dass das Arbeitsspektrum der angeforderten Pflegekräfte oftmals den Ansprüchen der Pflegehelfer entspricht. Dies spiegelt sich auch in der Stammbelegschaft wider.
Motive für ambulante Pflegedienste
Im ambulanten Bereich hingegen soll die Personalüberlassung eher mittelfristige Personalausfälle abdecken. Hierbei suchen Pflegedienste in erster Linie gut qualifizierte Mitarbeiter, da die Fachkräfte dieser Branche in ihren Touren meist auf sich allein gestellt sind und somit eine ausreichende Einarbeitung unter den Kollegen nur schwer möglich ist. Eigenständiges Arbeiten steht somit an oberster Stelle und ist der Grund, weshalb 73% der im ambulanten Bereich eingesetzten Zeitarbeiter hoch qualifizierte Fachpflegekräfte sind.
Motive für Krankenhäuser
Der Einsatz von Leiharbeit in Krankenhäusern ist in den einzelnen Abteilungen sehr unterschiedlich zu werten. So bestehen zwischen den Normalstationen und Fachabteilungen wie dem Operationsbereich oder der Intensivstation oft erhebliche Unterschiede. Im normalen stationären Bereich ist es offenbar so, dass Zeitarbeiter je nach ihren individuellen Fähigkeiten in den ersten Tagen eingesetzt werden. So arbeiten Pflegekräfte die länger eingesetzt werden, durchaus wie Mitarbeiter der Stammbelegschaft und werden auch dementsprechend wertgeschätzt. Im Falle eines kurzen Einsatzes werden trotz guter Qualifikationen allerdings häufig noch Tätigkeiten eines Pflegehelfers übernommen. Zeitarbeiter kompensieren in erster Linie Personalausfälle, ersetzen jedoch auch fehlende Stellen und entlasten Mitarbeiter im Bereich der Arbeitgeberverpflichtungen wie beispielsweise beim Überstundenabbau.
Da in Fachabteilungen wie der Intensivstationen oder dem OP-Bereich nicht die Möglichkeit besteht, Personal anderer Stationen hinzuzuziehen, weil dieses schlichtweg nicht die nötigen Qualifikationen besitzt, um in diesen Bereichen tätig sein zu können, besteht hier noch eher die Gefahr, eine Aufrechterhaltung des Stationsbetriebes nicht ermöglichen zu können. Somit wird in diesen Abteilungen schneller auf entsprechend ausgebildete Leiharbeiter zurückgegriffen.
Da Unternehmen bestrebt sind ihre Pflegeteams in Fachabteilungen mit gut qualifiziertem Stammpersonal zu besetzen, jedoch oftmals die nötigen Bewerber fehlen, wird versucht durch Leasingpersonal freie Stellen in der Stammbelegschaft zu besetzen. Hier wird das Instrument Zeitarbeit, wie oben bereits ausgeführt, als eine Art zusätzlicher Personalpool genutzt, um flexibel auf Personalausfälle reagieren zu können. Ein weiterer Vorteil für die Entleihbetriebe ist dabei, dass Pflegekräfte von Leiharbeitsunternehmen keinerlei Einarbeitung bedürfen und somit umgehend am Stationsbetrieb als eigenständige Pflegekraft teilnehmen können. Aufwand und Kosten für eine Personalsuche samt Einarbeitung fallen somit weg (vgl. ebd. 23-24).
2.7.4. Motive für Zeitarbeitsfirmen
Die Unternehmen der Personalüberlassung bilden das Bindeglied zwischen Zeitarbeitnehmer und dem jeweiligen Kundenbetrieb. Dabei ist die oberste Priorität der Personalvermittler zumeist, den eigenen Unternehmensgewinn zu maximieren und sich am Markt durchzusetzen. Doch auch hier wird der zunehmende Personalmangel im Gesundheitswesen bemerkbar. Zeitarbeitsfirmen beginnen, sich Personal gegenseitig abzuwerben. Diverse Unternehmen planen bereits selbst Pflegekräfte auszubilden, auch um diese frühzeitig anzuwerben (vgl. ebd. S. 24-25).
2.7.5. Motive für Pflegekräfte, in Zeitarbeitsunternehmen zu arbeiten
Im Gegensatz zu den einzelnen Unternehmen gibt es hier laut Bräutigam und seinen Kollegen keinen bestimmten Typus oder ein Muster, dass zeigt, warum Pflegekräfte sich bei Personaldienstleistungsunternehmen bewerben. Die Beweggründe für die Arbeitnehmer sind dabei sehr unterschiedlich. Viele Pflegekräfte sehen die Chance, über die Zeitarbeit eine Festanstellung in einem Klinikum oder Altenheim zu erlangen. Des Weiteren geben Zeitarbeitsfirmen die Möglichkeit, durch Einsätze in unterschiedlichen Unternehmen Erfahrungen und einen Einblick in die unterschiedlichen Organisationen zu gewinnen. Manche Pflegekräfte nutzen ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Leiharbeitsunternehmen auch, um gewisse Phasen in ihrem Leben zu überbrücken, ohne erwerbslos zu sein. Ein Beispiel hierfür kann das Planen einer Selbstständigkeit sein. Attraktiv wird Zeitarbeit zudem aufgrund höherer Flexibilität. Sowohl Arbeitszeiten, Gehalt, als auch Einsatzorte und Tätigkeitsfelder sind hier verhandelbar. Dies ist für viele Pflegekräfte ein großer Anreiz.
Ferner identifizieren sich Pflegekräfte der Zeitarbeit anders mit den Unternehmen, in denen sie eingesetzt werden, als die Stammbelegschaft. Die Distanz zwischen ihnen und der Organisation ist hier weit größer. Somit werden negative Strukturen innerhalb des Unternehmens nicht so kritisch gewertet, da sich Leiharbeiter auf Grund der zeitlichen Determination ihres Einsatzes weniger mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen (vgl. ebd., S. 25-26).
2.7.6. Auswirkungen von Zeitarbeit auf die Pflege
Bräutigam und seine Kollegen stellen fest, dass der Effekt von Zeitarbeit nur schwer messbar ist. Die Komplexität der Branche erschwert eine empirische Datenerhebung. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass sowohl Vor- als auch Nachteile für die Pflege entstehen. Diese werden in der Folge dargestellt.
Vorteile durch die Nutzung von Zeitarbeit
Besonders die Entlastung des Stammpersonals und die Aufrechterhaltung des Stationsbetriebes sind zwei wichtige Faktoren in Hinblick auf den positiven Nutzen dieser Branche. Die Alternative besteht oftmals darin, überhaupt keine Hilfe zu bekommen.
Nachteile durch die Nutzung von Zeitarbeit
Mängel in der Versorgung können sich bei Kurzeinsätzen abzeichnen. Ein häufiger Wechsel des Pflegepersonals wirkt sich negativ auf die Versorgungsqualität der Patienten aus. Ohne ausreichende Einarbeitung kennen Zeitarbeiter weder die Gegebenheiten auf Station noch die räumlichen Strukturen. Zeitliche und personelle Ressourcen reichen oft nicht aus, um eine Einarbeitung zu gewährleisten. Zudem kann der Einsatz von Zeitarbeitern dem Stammpersonal das Gefühl vermitteln, austauschbar zu sein (vgl. ebd., S. 29-30)
2.7.7. Die Qualität der Zeitarbeit in der Pflege
Die Qualität der Zeitarbeiter ist oftmals abhängig von ihren Qualifikationen. Doch auch mit einem hohen Maß an Erfahrung und Qualifikation wird die Arbeitsqualität von Pflegekräften teilweise als schlecht beurteilt. Im Allgemeinen ist jedoch davon auszugehen, dass bei einem hohen Qualifikationsniveau der Zeitarbeiter kein Versorgungsdefizit am Patienten entsteht. Dies ist auch abhängig vom jeweiligen Einsatzort. Abteilungen mit immer wiederkehrenden Abläufen werden als optimal für einen Einsatz von Zeitarbeitern angesehen. Der Operationsbereich, die Intensivstation oder die Endoskopie sind hier als gute Beispiele zu nennen. Dennoch ist es Personaldienstleistungsunternehmen oftmals von vornherein nicht möglich, Stationen mit speziellen Ansprüchen eine Pflegekraft mit passenden Qualifikationen bereitzustellen. In solchen Fällen ist bei der Besetzung der Stellen durch Zeitarbeiter durchaus von Mängeln der Einsatzqualität auszugehen.
Abschließend ist festzustellen, dass die Pflegequalität der Zeitarbeiter abhängig von deren Erfahrungen und Qualifikationen in Verbindung mit den Gegebenheiten des jeweiligen Einsatzortes ist. Stimmen diese Kriterien überein, wird nicht von einem Versorgungsdefizit ausgegangen. Im klinischen Alltag kann diese ideale Situation jedoch nicht immer erreicht werden (vgl. ebd. S. 29-30).
3. Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit
3.1. Arbeitsmotivation
Im Rahmen dieser Masterarbeit wird auf verschiedene Motive in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Befragten eingegangen. Daher soll diese Thematik vorab theoretisch beleuchtet werden.
Motivation gibt Antwort auf die Frage nach dem „ „Warum “ bzw. dem „ „Wozu “ menschlichen Verhaltens, d. h., es werden damit die Ursachen bzw. die Ziele des Verhaltens erklärt. Mit dem Konzept Motivation kann allerdings nicht Verhalten schlechthin erklärt werden - Verhalten ist ein Merkmal des Lebens, das erst im Tode endet -, vielmehr wird damit wissenschaftlich die Richtung, Intensität und Ausdauer menschlichen Verhaltens erklärt (Thomae, 1965; vgl. Nerdinger, 2014, S. 275-276).
Motivation kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden, sowohl im Hinblick auf den jeweiligen Mitarbeiter als auch auf die jeweilige Situation. Um die Zusammenhänge in Bezug auf die Arbeitsmotivation darzustellen, sollen an dieser Stelle drei wichtige Faktoren genauer beschrieben werden (vgl. Nerdinger 2014).
- Motive beschreiben Wertungsdispositionen, die für Menschen charakteristische Ausprägungen haben. Sie führen dazu, dass Menschen immer wieder die gleichen Interaktionen aufsuchen, die sowohl personen- als auch situationsbezogen sein können.
- Anreize beschreiben Merkmale der Situationen, die Motive anregen können. Sie stellen Gelegenheiten dar, Wünsche und Ziele zu realisieren. Gleichzeitig können sie als Warnsignal gelten und negative Situationen voraussagen. Anreize können Mitarbeiter triggern, bestimmte Handlungen auszuführen oder zu unterlassen. Daher gilt es diesen Faktor bei Verhaltensevaluationen immer zu berücksichtigen.
- Motivation ist das Produkt aus individuellen Merkmalen von Menschen, ihren Motiven, und den Merkmalen einer aktuellen Situation, in der Anreize auf die Motive der Beteiligten einwirken und sie aktivieren. Die Motivation eines Menschen beschreibt somit, wie er sich zu einem bestimmten Handlungsziel positioniert. All seine Gedanken und Gefühle, die sein Verhalten zu diesem Handlungsziel beeinflussen, beschreiben die Motivation eines Menschen.
3.2. Arbeitszufriedenheit
In dieser Arbeit wird unter anderem auf die Arbeitszufriedenheit der befragten Personen eingegangen. Es wird verglichen, wie sich die Arbeitszufriedenheit in der Zeitarbeit im Bereich Pflege zur vorherigen Festanstellung in einer Gesundheitseinstellung unterscheidet. Die Arbeitszufriedenheit ist eines der häufigsten untersuchten Konzepte der Arbeits- und Organisationspsychologie. Die Arbeitszufriedenheit wird als die Einstellung der Arbeitskraft gegenüber ihrer jeweiligen Arbeit beschrieben. Dabei äußert sie eine emotionale Reaktion auf eine gewisse Situation (vgl. Six/Welfe 2004, 597-598). Aus psychologischer Sicht entsteht eine positive Einstellung eines Menschen, wenn seine Wünsche und Bedürfnisse befriedigt werden. Daraus resultierend entsteht Arbeitszufriedenheit als Ergebnis der Motivation (vgl. Neuberger 1974). Die Zufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit ist sehr facettenreich und kann sich auf verschiedene Faktoren beziehen. Beispiele hierfür sind die eigentliche Aufgabe, Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen oder Aufstiegschancen im Unternehmen. Dieses komplexe Beziehungsgefüge macht Arbeitszufriedenheit wiederum schwer messbar. Vielen Menschen fällt es schwer, auf die Frage zu antworten, ob sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind. So können Arbeitnehmer beispielsweise mit ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem Gehalt zufrieden sein, mit ihren Vorgesetzen jedoch große Probleme haben (vgl. Nerdinger 2013). Arbeitszufriedenheit kann deshalb mit sehr unterschiedlichen Ansätzen erfasst werden. Die globale Arbeitszufriedenheit erfasst beispielsweise anhand einer Likert-Skala die allgemeine Wahrnehmung in Bezug auf die berufliche Tätigkeit des Befragten. Ein Beispiel hierfür ist die Frage: „Zusammengefasst betrachtet, wie zufrieden sind Sie mit ihrer Arbeit?“ Gleichzeitig können die verschiedenen Facetten, welche die Arbeit des Befragten beeinflussen, mit derselben Methode hinterfragt werden. Die Warren-Cook-Wall-Skala gilt deshalb als valides Instrument, um Rückschlüsse in Bezug auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter ziehen zu können (vgl. Nerdinger 2014). Diese Methode wird in Kapitel 3.5.1. noch genauer beschrieben.
3.3. Kategorien der Arbeitszufriedenheit
Die Arbeitszufriedenheit kann grundsätzlich in zwei Kategorien untergliedert werden. Dies fanden Frederick Herzberg und seine Kollegen 1959 im Rahmen ihrer PittsburghStudie heraus. Sie beschrieben beide Kategorienklassen als Kontext- und Kontentfaktoren.
Die Kontextfaktoren thematisieren Erlebnisse, die mit dem Arbeitsumfeld verbunden sind und somit außerhalb der Tätigkeit liegen. Zu ihnen können folgende Faktoren zählen:
- Gehalt
- Statuszuweisungen
- Beziehung zu Untergebenen, Kollegen und Vorgesetzten
- Führung durch den Vorgesetzten
- Unternehmenspolitik und -verwaltung
- Konkrete Arbeitsbedingungen
- Persönliche, mit dem Beruf verbundene Bedingungen
- Sicherheit des Arbeitsplatzes
[...]
- Arbeit zitieren
- Adrian Schmied (Autor:in), 2020, Weshalb sich Pflegekräfte für die Zeitarbeit entscheiden. Eine empirische Studie zu Motiven und Arbeitszufriedenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006069
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