Welchen Status haben fiktive Objekte in der materiellen Welt?
Viele verschiedene Ansichten sind über die Existenz und die Eigenschaften von Fiktion und fiktiven Gegenständen bekannt. Eine der gröberen Aufteilungen, die sich durchgesetzt hat, ist die zwischen Realismus und Antirealimus wie beschrieben im Text: „Fictional Entities“, geschrieben von Fred Kroon und Alberto Voltolini im Jahr 2018, aus „The Stanford Encyclopedia of Philosophy“.
Dort heißt es als Definition: „Those who do not believe that there are any fictional entities (fictional antirealists, as we shall call them) will claim that the nonexistence datum has an ontological reading only: to say that fictional entities do not exist amounts to saying that in the overall domain of what there is there are no such things as fictional entities. “ (Fictional Entities, 2018, Fred Kroon und Alberto Voltolini). Das bedeutet, fiktionale Antirealisten glauben, das fiktive Gegenstände und Personen (oft werden Personen in diesem Zusammenhang auch als Gegenstände bezeichnet) keine Entitäten sind, keine Existenz in der Gesamtheit unserer physischen Welt haben. Es gibt sie schlicht und einfach nicht. Über Realisten sagt der Text des Weiteren: „As they see it, fictional realists (those who do believe that there are fictional entities) are the only ones to give the datum a certain metaphysical reading, namely that fictional entities have the property of not existing (in some sense or other).“, auch wenn nicht alle Realisten die Meinung vertreten, dass Existenz nötiger Weise eine Eigenschaft ist. Beispielsweise gibt es Realisten, die meinen, fiktive Gegenstände seien abstrakte Gegenstände, ähnlich wie Zahlen (zB Peter van Inwagen). Andere halten sie für konkrete, mögliche Individuen (David Lewis).
Unter diesen zwei großen Kategorien gibt es noch viele weitere, meist feinere Unterscheidungen.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Eigenschaften der Fiktivität
1.1 Realismus vs. Antirealismus
1.2 Fiktionalität vs. Nicht-Fiktionalität
1.3 Eigenschaften fiktiver Objekte und Personen
2. Realität in Fiktion
2.1 Reale Personen in fiktiven Werken
2.2 Reale Orte und Objekte in fiktiven Werken
1. EIGENSCHAFTEN DER FIKTIVITÄT
1.1 REALISMUS VS. ANTIREALISMUS
Viele verschiedene Ansichten sind über die Existenz und die Eigenschaften von Fiktion und fiktiven Gegenständen bekannt. Eine der gröberen Aufteilungen, die sich durchgesetzt hat, ist die zwischen Realismus und Antirealimus wie beschrieben im Text: „Fictional Entities“, geschrieben von Fred Kroon und Alberto Voltolini im Jahr 2018, aus „The Stanford Encyclopedia of Philosophy“.
Dort heißt es als Definition: „Those who do not believe that there are any fictional entities (fictional antirealists, as we shall call them) will claim that the nonexistence datum has an ontological reading only: to say that fictional entities do not exist amounts to saying that in the overall domain of what there is there are no such things as fictional entities. “ (Fictional Entities, 2018, Fred Kroon und Alberto Voltolini). Das bedeutet, fiktionale Antirealisten glauben, das fiktive Gegenstände und Personen (oft werden Personen in diesem Zusammenhang auch als Gegenstände bezeichnet) keine Entitäten sind, keine Existenz in der Gesamtheit unserer physischen Welt haben. Es gibt sie schlicht und einfach nicht.
Über Realisten sagt der Text des Weiteren: „As they see it, fictional realists (those who do believe that there are fictional entities) are the only ones to give the datum a certain metaphysical reading, namely that fictional entities have the property ofnot existing (in some sense or other). “, auch wenn nicht alle Realisten die Meinung vertreten, dass Existenz nötiger Weise eine Eigenschaft ist. Beispielsweise gibt es Realisten, die meinen, fiktive Gegenstände seien abstrakte Gegenstände, ähnlich wie Zahlen (zB Peter van Inwagen). Andere halten sie für konkrete, mögliche Individuen (David Lewis).
Unter diesen zwei großen Kategorien gibt es noch viele weitere, meist feinere Unterscheidungen.
1.2 FIKTIONALITÄT VS. NICHT-FIKTIONALITÄT
Um den Unterschied zwischen Realismus und Antirealismus begreifen zu können, muss erst einmal der Unterschied zwischen fiktionalen und nicht fiktionalen Texten erläutert werden. Im Folgenden werde ich deswegen, um diese Debatte überhaupt weiterführen zu können, einige Thesen gegenübergestellt, die sich damit befassen, inwiefern sich fiktionale von nicht-fiktionalen Texten unterscheiden. Diese Unterscheidung ist insoweit relevant, dass, um zu wissen, ob fiktionale Gegenstände existieren, diese erst einmal von trivial existierenden Gegenständen differenziert werden müssen.
John R. Searle zum Beispiel sagt in seinem Text „The Logical Status of Fictional Discourse“ (New Literary History Vol.6 No.2, 1975), dass der Unterschied zwischen Fiktion und nicht-Fiktion der sei, dass bei nicht-Fiktion wirkliche Aussagen getroffen werden, der Autor von Fiktion dahingegen nur so tut als würde er legitime Aussagen treffen. Nebensächlich dazu macht er auch einen Unterschied zwischen der Diskussion um Fiktion und Literatur, in der sein Beispiel ist, dass ein Witz fiktiv ist, aber keine Literatur (The Logical Status of Fictional Discourse, 1975, Searle).
Eine weitere Unterscheidung in diesem Sektor ist die von Stacie Friend, beschrieben im Text „Fiction as a Genre“ von 2012. Ihre Definition von Fiktion basiert auf Genreunterscheidungen. Genres, so sagt sie, werden gebildet aus einer ganzen Reihe von Merkmalen innerhalb der Fiktionen. Manche Merkmale deuten eindeutig auf ein Genre hin, andere uneindeutig. Das heißt, es gibt in der Fiktionsdebatte eine Reihe von Untergenres unter Fiktion (wie z.B. Fantasy oder Science Fiktion) und eine andere Reihe von Untergenres unter nicht-Fiktion (z.B. Biographien oder Tagebücher). An manchen Punkten sind diese Genres aufgrund ihrer Merkmale klar zu unterscheiden, an anderen sind die Merkmale zu schwierig zu bestimmen oder zu vielfältig, um das Werk einem bestimmten Genre zuzuordnen. Ein Drache deutet zum Beispiel eindeutig in Richtung eines fiktiven Werkes. Anders ist es mit historisch korrekten Geschehnissen, die nur vage in Richtung eines nichtfiktiven Werkes deuten. Wenn also historisch akkurat die französische Revolution in einem Buch stattfindet, diese aber durch einen Drachen unterstützt wird, werden die Merkmale sozusagen miteinander verrechnet und eindeutige Merkmale haben in solchen Fällen eine höhere Relevanz, sodass die Revolution bis zu einem Punkt tatsächlich so stattgefunden haben kann, das Werk als Ganzes aber doch fiktiv ist.
Als letztes Beispiel für einen generellen Versuch, Fiktion von nicht-Fiktion zu trennen, ist Text „Fiction and Narrative“ von Derek Matravers von 2014 zu nehmen. In diesem stellt Matravers die These auf, dass die Unterscheidung in der Beziehung zwischen Autor und Leser liegt. Ein fiktiver Text kommt dann zustande, wenn der Autor versucht, dem Leser zu suggerieren, er läse hier einen nicht-fiktiven Text, in dem Gewissen, dass der Inhalt sehr wohl ausgedacht ist. Der Leser muss dann diese Intention des Autors erkennen und anerkennen, um den Text so lesen zu können, als wäre er nicht-fiktiv.
1.3 EIGENSCHAFTEN FIKTIVER OBJEKTE UND PERSONEN
Wie oben beschrieben gibt es viele Untertheorien zu Fiktionalität. Doch eins haben sie alle, bis auf die des Anti-Realismus gemein: Die Objekte und Personen in der Fiktion haben gewisse Eigenschaften. Ein sehr gerne hergenommenes Beispiel ist der bekannte Detektiv Sherlock Holmes aus der Bücherserie von Arthur Conan Doyle, geschrieben zwischen 1887 und 1927 mit 56 Kurzgeschichten und vier Romanen. Aus diesen zahlreichen Geschichten und aus Verfilmungen kennt fast jeder den etwas seltsamen Detektiv aus der Baker Street 221b.
Dabei stellt sich die Frage, wie, wenn Sherlock Holmes gar nicht existiert und nur fiktiv ist, er trotzdem kokainabhängig sein kann, wie er in der Baker Street wohnen kann und einen Kriegsveteranen namens John Watson als Freund haben kann; wie er ständig Pfeife rauchen und eine Deerstalker Mütze tragen kann. Wie kann es sein, dass wir, obwohl diese Person ja nicht wirklich, physisch existiert, trotzdem all diese Eigenschaften mit ihm verbinden? Und was macht das mit unserer Theorie von Fiktion?
Die Meinongianer (nach Alexius Meinong, 1853-1920) haben da eine ganz einfache Antwort. Sherlock Holmes ist eine Entität, die die Eigenschaft hat, nicht zu existieren (und auch nie existiert zu haben). Demzufolge kann man diesen Entitäten Eigenschaften (wie die, nicht zu existieren) zuschreiben. Und es sind auch weitere Zuschreibungen möglich, wie zum Beispiel die übermenschliche Klugheit und die unschlagbaren Fähigkeiten der Deduktion. Zuschreiben heißt hier, dass ein Autor oder eine Autorin in seinem/ihrem Werk eine Eigenschaft zu einer Entität bringt, z.B. „Sherlock Holmes ist kokainabhängig.“
Teile der Realisten-Bewegung beschäftigen sich mit dem sogenannten Possibilismus. Dieser sagt, einfach beschrieben, dass es verschiedene Welten gibt, die alle den gleichen Wert haben, und dass in einer dieser Welten diese Sachen, so wie sie im Buch beschrieben sind wirklich existieren. Das bringt einen nun zu dem Problem, welcher dieser verschiedenen Holmes denn der wirkliche Sherlock Holmes ist. Es wird nach dieser Theorie bestimmt ein paar Welten geben, in denen ein Sherlock Holmes lebt, wie er in den Büchern beschrieben ist. Trotzdem können sie sich alle untereinander in Sachen, die in den Geschichten nicht erwähnt sind, unterscheiden. Kripke sagt, die Lösung sei, dass keiner von ihnen der wirkliche Sherlock Holmes ist (Kripke 1972 [1980: 157-8]). Sein Argument ist, dass es immer noch möglich sei, dass ein solcher Sherlock Holmes entdeckt wird, ob jetzt rückblickend durch Historiker oder in der Zukunft. Die Möglichkeit, dass etwas in unserer Welt noch existieren könnte, mache es unnötig, einen Sherlock aus einer anderen Welt als den Wahren hinzustellen.
Anti-Realisten, behelfen sich bezüglich der Zuschreibung von fiktiven Gegenständen mit Eigenschaften oft der „make-believe“ Theorie, die meistens besagt, dass man als Autor versucht, dem Leser die Realität der Fiktion vorzugaukeln.
Nun gibt es zusätzlich zu der oben genannten noch viele weitere Theorien, und eine, so finde ich, wichtige Neueinführung eines Wortes. Alexius Meinong schreibt in seinem Werk: „Untersuchungen zur Gegenstandstheorie und Psychologie von 1904 im Kapitel „Über Gegenstandstheorie“ von dem berühmten goldenen Berg. Mit diesem Beispiel führt Meinong eine neue Klasse der Existenz, die Subsistenz ein. Etwas subsistiert nach Mein- ong, wenn es auf der Welt physisch nicht existiert, es aber möglich, sozusagen vorstellbar wäre. Der goldene Berg des Beispiels würde also subsistieren, da man sich einen Berg aus Gold durchaus vorstellen kann, aber er mit großer Sicherheit in unserem Universum nicht existiert. Ebenso würde Pegasus subsistieren, oder Sherlock Holmes. Meinong umgeht damit geschickt die Frage, ob fiktive Gegenstände real sind, indem er eine dritte Kategorie einführt und die fiktiven Gegenstände dort einordnet.
Nehmen wir für die weiter Diskussion an, es gäbe fiktive Gegenstände in irgendeiner Art und Weise, so dass wir ihnen Merkmale zusprechen können. Dafür ist es nun egal, ob sie in einer anderen Welt existieren oder subsistieren, sie brauchen nur eine gewisse Art der Existenz, damit wir weiterdenken können, wie denn die Merkmale für diese fiktiven Objekte aussehen könnten.
Viele würden spontan sagen, das Objekt oder die Person bekommt die Eigenschaften, die der Autor ihr im Buch gibt. Vielleicht ist das nicht falsch, aber was ist in diesem Fall zum Beispiel mit Fanfiktions? Werden diese Merkmale auf die vom Autor zugeschriebenen addiert oder nicht? Und was ist mit persönlicher Entwicklung einer Person? Kann es nicht nur die eine fiktive Person geben, sondern diese Person auch noch auf einem anderen Zeitstrahl, auf dem ein und dieselbe Person ganz unterschiedlich sein kann, wie es als drastisches Beispiel bei Doktor Who der Fall ist, der alle paar Staffeln ein komplett neues Aussehen mit einer neuen Persönlichkeit bekommt? Und gehen die Eigenschaften der fiktiven Person über das Buch hinaus? In jedem neu erscheinenden Buch, in dem Sherlock Holmes erwähnt wird, weiß der Autor genau, welche Eigenschaften diese Person im Vorfeld hat. Der Leser braucht sie nicht alle aufgezählt zu bekommen, damit er weiß, wer gemeint ist. Allerdings gibt es mehr und weniger bekannte Geschichten. Nicht jeder wird zum Beispiel bei dem Namen Havald von Kelar an die Hauptperson von Richard Schwartz‘ Askir-Reihe denken, oder bei Beatrice Snicket an die fiktive Geliebte von Lemony Snicket, dem Künstlernamen des Autors Daniel Handler. Sind also einige fiktive Charaktere höherwertiger in ihrer Existenz als andere, da man diese als allgemeingültig sehen kann, oder sind sie einfach nur bekannter?
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- Citar trabajo
- Jonathan Geisler (Autor), 2019, Diskussion über Wertigkeit und Einflüsse fiktiver Objekte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1005981
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