Die Arbeit untersucht anhand vom "Preislied" von Walther von der Vogelweide Möglichkeiten der Ausgestaltung der Rolle einer Sprecherinstanz im Frühen Minnesang. Dabei wird ein pragmatischer Ansatz verfolgt und gefragt, wie sich das Einnehmen verschiedener Rollen auf die übertragenden Inhalte ausübt.
Der transzendente Charakter des scheinbar zeitenthobenen und weltentrückten Minnesangs kann für eine Studentin zunächst sehr befremdlich wirken. Der Zugang zu diesen Liedern erweist sich als sperrig, die Sprecherintention erscheint nebulös und man tappt aufgrund der ungesicherten Bezüge weitestgehend im mittelalterlichen Dunkeln. Wie in der Lyrik allgemein üblich wirken die Aussagen dieser Kunstform aufgrund der fehlenden konkret-situativen Verweise in den Liedern als nicht eindeutig fixierbar. Erschwerend kommt hinzu, dass die performative Aufführungssituation und somit die Kommunikationsstruktur nicht authentisch rekonstruierbar ist.
Die vorliegende Arbeit versucht sich auf einem pragmatischen Weg, unter besonderer Berücksichtigung von Funktion und Mittel, dem Minnesang zu nähern. Hierbei nimmt die Sprecherinstanz als zentralen Bezugspunkt eine exponierte Position ein. Um das Freischwebende des Minnesangs zumindest ansatzweise zu 'erden', wird demzufolge nach der Rolle des Minnesängers gefragt. In diesem Zusammenhang ist außerdem die Frage interessant, inwiefern dabei dem Sänger ein gestalterischer Freiraum einzuräumen ist. Um die Funktion des Sängers zu ermitteln, erschien es erforderlich, zunächst die unterschiedlichen literaturhistorischen Deutungsansätze zum Konzept des Minnesangs nachzuzeichnen. Anschließend erfolgt eine kurze Erläuterung zur Kommunikationssituation des Minnesangs als Teil höfischer Lebenspraxis. Dieser theoretische Hintergrund wird dann anhand einer Beispielanalyse von Walthers 'Preislied' konkretisiert. Zum Schluss erfolgt ein kurzes Fazit, bei welchem die Ergebnisse der Analyse zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen werden.
Inhalt
1. Einleitung
2. Erläuterungen zum Untersuchungsgegenstand
2.1. Minnesang als Gefühlsausdruck, Spiel oder Veredelungsprinzip? - Ein Forschungsüberblick
2.2. Der frühe Minnesang als Repräsentationsakt - Referenzialität, Fiktionalität und Sprecherrolle
3. Analyse und Interpretation von Walthers “Ir suit sprechen willekommen”
3.1. Überlieferungssituation
3.2. Inhaltlicher Aufbau
3.3. Formaler Aufbau
3.4. Erzeugung von Ambiguität am Beispiel von miete und Ion
3.5. Interpretationshypothesen
4. Fazit
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
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