Auswirkungen von Schuluniformen auf die kindliche Identitätsentwicklung
Ich vertrete die Meinung , dass die Einführung von Schuluniformen nicht förderlich für das Sozialverhalten der Schüler zueinander sei und weder Akzeptanz noch Einheitlichkeit fördere. Der Zeitungsartikel ,, Alles grüne Frösche- Eine Hamburger Schule führt einheitliche Kleidung ein- Debatte um Schuluniformen" , von Gudrun Weitzenbürger verfasst , erschien am 27. 02.2001 im ,,Tagesspiegel" und beschäftigt sich mit dem seit langem diskutierten Thema der Einführung von Schuluniformen . Der Artikel basiert auf einem Einführungsversuch von Schulkleidung in einer Schule nahe bei Hamburg , wobei weitgreifender auch von chilenischen und englischen Versuchen berichtet wird . Die Verfasserin dieses Berichtes scheint der Problematik eher positiv gesinnt gegenüberzustehen , was an ihrer begünstigenden Darstellungsweise zu erkennen ist.
Fr. Weitzenbürger schildert in ihrem Bericht die Verhältnisse an einer nahe bei Hamburg gelegenen Schule , in der bereits die ersten Versuche zur Etablierung von Schuluniformen stattfinden .Als Anlass für dieses Projekt diente die Überlegung des Elternrates , wie man die Kinder methodisch besser in die Schule integrieren kann .
Als Konsequenz daraus wurden die anfänglichen Schuluniformen eingeführt . Es läst sich natürlich darüber streiten , ob diese Bindung freiwillig oder zwangsläufig vollzogen wird , immerhin können sich die Träger nicht ohne Folgen gegen die Uniformen wehren . Der Leiter der Schule , Direktor Damian , erachtet diese Maßnahme für einen großen Schritt in der Bekämpfung des stetigen Konsumterrors an den Schulen . Seiner Meinung nach helfen die einheitlichen Sweatshirts den Kindern , ihr gesteigertes Markenbewusstsein zu unterdrücken und durch die Kollektivierung der Schulkleidung Druck im sozialen Umgang miteinander zu verhindern . Seine Kollegin , Karin Bröse geht sogar noch einen Schritt weiter und proklamiert das angeblich hervorragende Resultat einer komplett identischen Schuluniformserie für alle Schüler . Fragt sich nur , inwieweit eine solche Vereinheitlichung das individuelle Lernen stützt , oder ob dadurch nicht doch eine Art anonyme Lernfabrik gefördert wird , welche die freie Entwicklung jedes einzelnen unterdrückt und zu einem Resultat gesellschaftlicher Zwänge und Pflichten mutiert , in der jeder einzelne nicht mehr isoliert betrachtet wird , sondern in einem großen Kollektiv von Menschen , in der sich einer wie der andere gleicht . Dies ist nur der Beginn , ein Ausschnitt aus der zunehmende Verallgemeinerung der einzelnen Personen in eine riesige graue Masse , die zwar von außen monoton ist , jedoch innen immer noch aus zahlreichen Nuancen besteht . Das Ideal dem Direktor Damian gewissermaßen hinterher jagt , ist mit diesen Mitteln in utopische Ferne gerückt . Dinge wie Annerkennung aufgrund wertvollen materiellen Besitzes werden nicht durch eine einfache Beseitigung des Objekts erreicht , das Grundproblem ist ein anderes . Die eigentliche Ursache dieser Konflikte liegt in den großen sozialen Unterschieden in den einzelnen Bevölkerungsgruppen . Der sogenannte ,,Markenkult" ist nur ein kleiner Teil dieses wirklichen Problems und mit der Einführung von Schuluniformen wird man die Fundamente dieser Problematik nicht lösen , vielmehr gibt man den Betroffenen einen Anlass , andere Fixpunkte zu suchen und die Verhaltensmuster in leicht abgewandelter Form erneut anzuwenden .Der Ausgleich zwischen den sozialen Unterschieden ist wichtig , damit jeder Mensch die gleiche Bildung und gleiche Voraussetzungen bekommt und das ist eine Aufgabe , die eine monotone Schuluniform nicht übernehmen und erfolgreich bewältigen kann , sondern einer spezialisierten politischen Institution übergeben werden sollte . Dass in dem besagten Projekt die Fünftklässler dazu verpflichtet sind , die Schulkleidung zu tragen , ist sicherlich einerseits hilfreich , doch im gewissen Sinne auch nur zu Hälfte brauchbar .
Sicherlich ist die Idee , jüngeren Kindern , die mit der Problematik des Markenkults noch nicht intensiv vertraut sind , von Beginn ihrer Schulzeit an die Irrelevanz dieses Kultes zu suggerieren und ihnen eigenes und selbstbewusstes Denken anzueignen , nicht verwerflich , doch durch Schuluniformen wird ihnen ein anderes Ideal vorgesetzt , mit dem Unterschied , dass es alle Schüler zu monotonen Menschen macht und zudem noch billiger ist . Der Identitätsverlust ist dabei noch viel stärker , insbesondere bei einer sehr frühen Anwendung . Das wäre ein völliger Gegensatz zu den modernen Moralvorstellungen unserer heutigen Gesellschaft , in der eine freie Identitätsentwicklung als äußerst wichtig und förderlich eingestuft wird . Doch da die Forderung nach Schuluniformen von einem Teil der Gesellschaft , sicherlich nicht dem Großteil ,wie zum Beispiel von Karin Bröse , kommt , wissentlich mit dem Aspekt der Verallgemeinerung , lässt sich diese These ebenfalls in Frage stellen . In Wirklichkeit thematisiert diese Problematik nur einen gesellschaftlichen Zwang , der die Kinder in das Bild eines perfekten Schülers mit Verständnis und Toleranz gegenüber seinen Mitmenschen drängen soll und sie letztenendes so zu Menschen macht , die im heutigen Gesellschaftsmuster leichter bestehen können , ob die gewünschten Charaktereigenschaften ebenfalls entwickelt werden , sei dahingestellt . Sicher ist , dass durch diese Zwänge eine Abhängigkeit entsteht ; der Schüler bekommt das Ideal einer anderen , nicht seiner eigenen , Generation aufgelastet . Ein Großteil der Kinder wird resignieren und die Uniformen in der Schule tragen , wie man am Beispiel Chile und England erkennt, wobei man bei den Schülern im Jugendalter wahrscheinlich eher auf Widerstand trifft , da diese meinen , ihre Ideale und ethischen Ansichten schon festgelegt zu haben . Zudem wird es auch vereinzelt Probleme mit besonders starrköpfigen Schülern geben , Einzelfälle treten bei solch radikalen Unterfangen immer auf. Doch das Problem ist ein anderes : Der Mensch ist von Natur aus beeinflussbar , wobei dies von Individuum zu Individuum unterschiedlich sein kann . Wahr ist jedoch auch , dass sich , bei einer normalen Entwicklung , mit zunehmendem Alter eine festere Auffassung des Lebens entwickelt , die dennoch nie ganz unumstößlich sein wird . Heranwachsende haben nach dieser Betrachtungsweise eine sehr viel fragilere Psyche , die leichter zu beeinflussen ist , denn im kindlichen Alter müssen erst Erfahrungen und verschiedene Standpunkte gesammelt werden , damit eine feste Meinung entstehen kann , selbst , wenn sie schon denken , längst darüber hinaus zu sein . Um wieder den Anschluss an die eigentliche Problematik zu finden und mit den eben erwähnten Aspekten zu verbinden lässt sich sagen , dass eine ebenso große Beeinflussung der Kinder mit Schuluniformen stattfindet , wie auch ohne sie . Der Markenkult wird für Jugendliche , die dadurch ihren Standpunkt in der Gesellschaft markieren , nicht durch eine Verordnung für Schulkleidung abgeschafft . Es ist durchaus keine Schwierigkeit , altersorientierte Treffs oder ähnliches für diese Zwecke zu nutzen . Ob es denjenigen besser geht, die durch diese Jugendproblematik an den Rand der jungen Generation gedrängt werden, ist fraglich , denn solche Menschen sind oft aufgrund ihrer generellen Unterlegenheit , egal ob sie aus armen Verhältnissen stammen , langsamer oder sensibler sind , als Objekt zur Überlegenheitsdemonstration von mental stärkeren oder einfach emotional verkümmerten Jugendlichen ausgewählt , die Kleidung ist nur ein Kriterium . Durch Schuluniformen hingegen können solche Rangordnungen zwischen Heranwachsenden sogar verstärkt werden , da man keine optische Unterscheidung verschiedener Gruppen mehr vorweisen kann und so müssen die Jugendlichen einen anderen Weg der Selbstdarstellung finden. An diesem Punkt könnte man noch einmal auf die Toleranz zurückkommen , die in unserer heutigen Gesellschaft als so hohes Maß von Menschlichkeit geschätzt wird .
Ein weiterer Beweis dafür , dass nicht alles und sicherlich nicht mit solch drastischen Maßnahmen realisierbar ist. Abgesehen davon schafft es nun auch die Gesellschaft , die junge Generation auch auf diesem Wege zu manipulieren und zu ihrem Produkt zu formen .
Abhängigkeit von der Gesellschaft : schon Rousseau erkannte , dass das der Untergang der modernen Gesellschaft sein wird : Es ,, muss jeder einsehen , dass die Bande der Knechtschaft sich nur in der gegenseitigen Abhängigkeit der Menschen voneinander und durch die wechselseitig vereinigten Bedürfnisse bilden konnten . Daher ist es unmöglich , einen Menschen zu unterjochen , ohne ihn zuvor in die Lage versetzt zu haben , dass er ohne einen anderen nicht auskommt." Ferner beschreibt er , dass die gesellschaftliche Entwicklung durch die Abhängigkeit der Menschen selbst diese vorantreibt , sie haben selbst die Kriterien geschaffen , in der die Gesellschaft bestehen kann und letztenendes streben die Menschen nach Fortschritt , versuchen durch Entwicklung von Fähigkeiten und Talenten in dieser Gesellschaft zu bestehen und verfallen schließlich diesem Zwang . Rousseaus Schlussfolgerungen daraus belaufen sich auf einen Identitätsverlust , da der Mensch seiner eigentlichen Natur , die nicht nach Annerkennung , Besitz und Rangordnung strebt , abweicht und von seinen Grundeigenschaften , Mitleid und Selbsterhaltungstrieb noch vor dem Verstand , lediglich der Selbsterhaltungstrieb geblieben ist . Wenn man diese Theorie nun auf die eigentliche Problematik bezieht wird schnell klar , wie schädlich sie für die individuelle Entwicklung der Heranwachsenden ist : Ein Gesetz , dass eine Schuluniformspflicht festlegt , wird in einer Verordnung bekannt gegeben . Verordnungen sind immer eine Art gesellschaftlicher Zwang , wobei sich diese Zwangswirkung erst bei einem Missfallen herauskristallisiert; in anderer Weise nimmt man diese nicht als beengend wahr oder befürwortet sie sogar , doch ein solcher Zwang dient immer der Erhaltung der Gesellschaft , um die dort für richtig erachteten Normen zu schützen . Da die Kinder , die sich diesem Zwang folglich unterwerfen , somit auch die Ziele und Hintergründe dieses Zwangs annehmen , kommt es durch die ablaufende Kollektivierung und die Integrierung in die Gesellschaft auf diesem Wege zu einem schwerwiegenden Identitätsverlust , auch , wenn sie durch die Anpassung nicht unbedingt einen übertriebenen Hang nach Leistung entwickeln , den Rousseau auch damit verbindet . Die Beispiele aus Chile und England sind , abgesehen davon, dass dort komplett andere Kulturen existieren als in Deutschland und somit als Bezug nur schwer anzuwenden sind , nur ein Beweis für das Funktionieren dieser Idee .
Folglich lässt sich sagen , dass sich die aufgestellte These nach Betrachtung der Problematik aus verschiedenen Perspektiven dennoch als richtig erwiesen hat und somit keine Änderung an der ersten Behauptung vorgenommen werden müssen , abgesehen von der Einheitlichkeit , die , zumindest äußerlich , durch Schuluniformen erzielt wird .
Schlussfolgernd ist erkennbar , dass die Problematik des ,,Markenkults" nur ein Teil der sozialen Konflikte bestimmt , da die Ursachen solcher Dinge einzig auf veränderte gesellschaftliche Wertvorstellungen , gerade in der jüngeren Generation ,zurückzuführen ist . Man sollte nicht die Firmen verurteilen , die übermäßig teure oder Die Gefühlswelt der Kinder verändernde Produkte auf den Markt bringen, denn diese sind selber ein Produkt . Entstanden aus dem Verlangen der Bevölkerung für neuen , außergewöhnliches um eben dieser verallgemeinernden Gesellschaft zu entkommen , die ein riesiges Kollektiv in sich vereint , in welchem dennoch nicht die selbe Monotonie , sondern verschiedene Nuancen herrschen , die in sich selbst betrachtet kaum eine geringe Abwandlung besitzen und ebenso monoton scheinen , wie die gesamte Masse , doch wenn man diese Nuancen , jede einzeln für sich, ganz genau betrachtet und über gesellschaftliche Moral- und Wertvorstellungen und die gesamte Borniertheit , die an diese Dinge geheftet ist und Betrachtungen sehr schnell stereotypiert , hinwegsieht , erkennt man vielleicht doch etwas anderes und darauf sollte man die Lösung solcher Problematiken aufbauen .
- Arbeit zitieren
- Christine Seidel (Autor:in), 2001, Auswirkungen von Schuluniformen auf die kindliche Identitätsentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100495
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