Gliederung
1. Begründung des Themas. Ziele und Methoden der Arbeit
2. Hans Fallada - ein Schriftsteller der Weimarer Republik
2.1. Politische und gesellschaftliche Verhältnisse in der Weimarer Republik
2.2. Die geistig - kulturelle Situation in der Weimarer Republik
2.3. Hans Fallada - sein Leben und Werk
2.4. Falladas Hauptwerk: „Kleiner Mann - was nun?“
2.4.1. Zusammenfassung der Handlung
2.4.2. Figurendarstellung - Konstellation und Charakterisierung der Hauptfiguren
2.5. Zusammenfassende Wertung des Romans
3. Persönliches Fazit und Ausblick
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Anhang
Tabelle zur Geschichte und Kultur der Weimarer Republik
Bilder, Zeittafel und Werkverzeichnis
Schematische Darstellung der Figurenkonstellation
Aussagen von Zeitgenossen
Eigenständigkeitserklärung
Thesen
1. Obwohl Hans Fallada in mehreren Epochen der deutschen Geschichte lebte - wil- helminisches Kaiserreich, Weimarer Republik, Drittes Reich und die ersten zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist er ein typischer Schriftsteller der „Weimarer Republik“. Um ihn zu verstehen, muß man sich mit der Zeit der Weimarer Republik beschäftigen.
2. Hans Falladas Leben ist gekennzeichnet durch Krankheiten, Depressionen und den schweren Folgen von Alkohol - und Drogenmißbrauch. Man kann seine Bücher aber nicht als Produkte eines krankhaften Geistes abtun. Vielmehr spiegeln sie sehr sensibel die Verhältnisse der Zeit, insbesondere das schwere Leben der einfachen Leute wider.
3. Falladas literarisches Werk ist aus Sicht der Literaturgeschichte gekennzeichnet durch den Übergang vom „Expressionismus“ zur „Neuen Sachlichkeit“, indem er ehrlich und schonungslos die Realität beschreibt. Deshalb fanden sich viele Men- schen in seinen Werken wieder.
4. Falladas Haltung im Dritten Reich ist zwiespältig. Er geht nicht ins Exil, er gehört auch nicht zum inneren Widerstand. Aber er ist kein Nationalsozialist, er ist ein ge- duldeter, aber nicht erwünschter Schriftsteller. Fallada fühlt sich dennoch schuldig, deswegen möchte er in seinem letzten Roman „Jeder stirbt für sich allein“ (1946/47) diese Schuld abtragen.
5. Fallada beschreibt in seinem großen Zeitroman - „Kleiner Mann - was nun?“ (1932), aber auch in anderen Romanen, z.B. „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ (1934) und „Wolf unter Wölfen“ (1937) nicht die großen politischen und sozialen Ereignisse selbst, sondern diese bilden vielmehr den Hintergrund für das Leben sei- ner Helden.
6. Fallada kannte die Sorgen und Nöte der kleinen Leute im Kapitalismus, vor allem in der Zeit der Weltwirschaftskrise. Auch wenn er keinen Ausweg sah, so verstand er es, das Schicksal der Menschen spannend zu erzählen. Viele Beschreibungen des Alltagsleben haben auch heute noch ihre Gültigkeit.
Hans Fallada - ein Schriftsteller der Weimarer Republik
1. Begründung des Themas. Ziele und Methoden der Arbeit
Ich habe dieses Thema aus mehreren zur Auswahl stehenden ausgewählt, da mich dieses Thema am meisten reizte und ich mich durch meine Arbeit damit beschäftigen konnte. Besonders die Beschäftigung mit der Weimarer Republik hat mich gereizt, erstens, weil ich über die sogenannten „goldenen Zwanziger“ schon viel gehört habe und zweitens, weil sie eine bedeutende Epoche in der deutschen Geschichte darstellt; schließlich ist aus ihr die schreckliche Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft hervorgegangen. Mir kamen dabei folgende Fragen in den Sinn: Wie haben die einfache Leute damals gelebt? Welche Sorgen und Ängste, aber auch welche Freuden hatten sie? Gibt es Parallelen zu heute? Wie konnten so viele Leute Hitler folgen?
Was sind die Ziele der Arbeit? Wie bin ich vorgegangen? Mein Ziel ist es, mich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und wichtige Infor- mationen über die damalige Zeit, über historische und kulturelle Ereignisse und über das Alltagsleben zu erhalten. Hierbei möchte ich mich auf den Schriftsteller Hans Fallada konzentrieren, da sein Leben und sein Werk mir besonders zusagten. Ich denke, dass seine Werke das Leben der einfachen Leute gut darstellen und dass uns Fallada auch heute noch einiges zu sagen hat.
Ich habe mir zuerst ein Konzept erarbeitet, dass ich später noch einmal überarbeiten mußte. Dann habe ich nach den Punkten meines Konzepts Material gesammelt und darauf meine Arbeit aufgebaut. Von der damaligen Zeit ausgehend komme ich über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zum Leben und Werk von Hans Fallada, danach gehe ich ausführlich auf sein bekanntestes Werk „Kleiner Mann - was nun?“ ein. Den Abschluß bildet eine persönliche Einschätzung.
Bei der Beschäftigung mit der Arbeit bekam ich hilfreiche Anregungen von meinen Großeltern, denen ich dafür danken möchte.
2. Hans Fallada - ein Schriftsteller der Weimarer Republik
Geboren im wilhelminischen Kaiserreich erlebt Hans Fallada den Ersten Weltkrieg, die Wirren der Weimarer Republik, die blutige Herrschaft des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg sowie die ersten Jahre danach. Die Erfahrungen, die er in der Wei- marer Republik macht, tragen maßgeblich zu seiner schriftstellerischen Entwicklung bei. Deshalb möchte ich im folgenden auf die Periode der deutschen Geschichte, die für Fal- ladas schriftstellerische Tätigkeit besonders wichtig ist, näher eingehen, die Zeit der Weimarer Republik.
2.1. Politische und gesellschaftliche Verhältnisse in der Weimarer Republik
Die Weimarer Republik, benannt nach dem Ort, wo die verfassungsgebende Versamm- lung tagte, umfasst die Zeit von der Ausrufung der Republik in Deutschland am 9.11.1918 bis zur Bildung der Hitlerregierung am 31.1.1933. Sie entstand unter schweren inneren und äußeren Belastungen, die besonders im Zusammenhang mit dem Ende, den Ergebnissen und Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges zu erklären sind. In der Geschichte der Weimarer Republik sind deutlich drei Phasen zu erkennen:
1. 1918-1924 Periode von Revolution, Gegenrevolution und Wiederaufbau
2. 1924-1929 Periode der relativen Stabilisierung
3. 1930-1933 Periode der Auflösung
Besonders die 1. Periode ist einer der bewegtesten in der deutschen Geschichte. In sie fallen so wichtige historische Ereignisse wie die deutsche Novemberrevolution 1918/19, der Kapp-Putsch 1920, vor allem aber das Jahr 1923; das zu einer schweren Krise für die junge Demokratie. Die Besetzung des Rheinlandes durch belgische und französische Truppen, die Ausrufung einer separatistischen „Rheinischen Republik“, der Hitler-Putsch (9.11.1923) sowie Erhebungen der Arbeiter in Sachsen, Thüringen und Hamburg tragen dazu genau so bei wie die verheerende Inflation (November 1923: 1 Goldmark = 2.520.000.000.000 Papiermark) und der Versailler Friedensvertrag vom Juni 1919.
Eine Währungsreform (Einführung der Reichsmark) vom 15.11.1923 beendet schließlich die Inflation. Die Reichswehr wird zur Konsolidierung der politischen Verhältnisse eingesetzt. Die revolutionäre Nachkriegskrise ist damit beendet.
Die 1924 beginnende 2. Entwicklungsphase der Weimarer Republik bringt eine relati- ve Stabilisierung nach innen und außen. Amerikanische Anleihen (Dawesplan 1924) kurbeln die Wirtschaft an. Die Einführung rationellerer Fertigungstechniken wie z. B. Fließbandarbeit, Taktarbeit tragen zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Dadurch stei- gen auch die Löhne und Gehälter. Leistungen im Sozialversicherungswesen werden ver- bessert. Zwar gibt es 1925/26 noch immer rund 2 Millionen Arbeitslose, aber radikale politische Auseinandersetzungen bleiben aus. Außenpolitische Verträge (1925 Locarno- Vertrag, 1926 Berliner Vertrag mit der Sowjetunion) und der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund (ebenfalls 1926) stärken die außenpolitische Position der Weimarer Republik.
Die 3. Periode wird eingeleitet mit dem New Yorker Börsencrash (1929). Die vom USA-Kapital abhängige deutsche Wirtschaft wird von der nun beginnenden Weltwirt- schaftskrise besonders schwer getroffen, der Zerfall der Weimarer Republik ist damit eingeleitet. Viele deutsche Banken sind bald zahlungsunfähig, Konzerne reduzieren die Produktion oder melden Konkurs an. Handwerker, Gewerbetreibende und Händler fin- den immer weniger Kunden, viele Bauernwirtschaften werden zwangsversteigert. Die Arbeitslosigkeit nimmt immer größere Ausmaße an, im Herbst 1932 sind 30,8% aller Arbeitnehmer ohne Arbeit. Auch Intellektuelle und Künstler bleiben ohne Broterwerb. Täglich verlängern sich die Schlangen der Arbeitslosen vor den Stempelstellen, die ihre kärgliche Unterstützungen abholen. Mehr als 25 Millionen Deutsche leiden Not. Viele Familien hausen in Elendsquartieren. Bettler und Obdachlose gehören zum Straßenbild. Die Jugendlichen sehen keine Perspektive. Die Lage in Deutschland spitzt sich immer weiter zu, die wirtschaftlich-soziale Krise verbindet sich mit einer politischen Krise, die im Zusammenhang mit der zunehmenden politischen Radikalisierung zum Aufstieg des Nationalsozialismus unter Hitler führt. Die NSDAP übernimmt die Führung der rechten republikfeindlichen Kräfte. Insbesondere der „Führer“ Adolf Hitler versteht es mit seiner Demagogie sehr geschickt, die Massen zu mobilisieren. So wurde die NSDAP ein Sammelbecken für Nationalisten sowie für Arbeitslose und Kleinbürger, die in der Infla- tion ihren Arbeitsplatz oder ihre Spareinlagen verloren haben, und für bürgerliche Schichten, die durch die Verhältnisse ihr Leben und ihren Besitz bedroht sehen. Dazu liefert die NSDAP auch die Sündenböcke, die an allem Schuld sein sollen, wie Juden, Sozialisten und Kommunisten. (1)
Während die republikfeindlichen rechten Kräfte ständig stärker und einflußreicher werden, sind die Verteidiger der Weimarer Demokratie gespalten und dadurch geschwächt. Die SPD hat besondere Schwierigkeiten. Sie ist einerseits Regierungspartei und anderseits Klassenpartei und Interessenvertretung der Arbeiter.
Hinzu kommt noch, dass sie die Interessen der Wähler in der Arbeiterschaft gegen die Konkurrenz der immer stärker werdenden KPD vertreten muss. Auch die anderen politischen Parteien erweisen sich als hilflos in der Krise, während die NSDAP sich nicht nur zu einer Massenpartei entwickelt, sondern auch durch wichtige Vertreter der deutschen Industrie finanziell unterstützt und gefördert wird.
Die politische Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Kräften führen zuneh- mend zu bürgerkriegsähnlichen Konflikten. Wichtige Interessengruppen aus Großgrund- besitz, Industrie und Militär sehen eine Rettung vor dem Bürgerkrieg nur noch in einem „starken“ Mann, in einer direkten Beteiligung Hitlers an der Macht. Am 30.1.1933 er- nennt Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Das ist das Ende der Weimarer Republik. Es ist aber auch das Ende eines vielgestaltigen geistig - kulturellen Lebens. Die „golde- nen Zwanziger“, wie diese Jahre in der Rückschau bezeichnet werden, münden in die „schwarzen“ dreißiger und vierziger Jahre, in das Dritte Reich und den Zweiten Welt- krieg.
2.2. Die geistig-kulturelle Situation in der Weimarer Republik
Im Gegensatz zu früheren Epochen läßt sich in der Zeit der Weimarer Republik keine einheitliche geistesgeschichtliche und kulturelle Strömung erkennen. Die Philosophie dieser Zeit beschäftigt sich besonders mit der Problematik des menschlichen Daseins, mit Fragen nach dem Sinn des Seins. Zu nennen wären hier z. B. die Philosophen Karl Jaspers (1883-1969) und Martin Heidegger (1889-1976). Hei- deggers Existenzphilosophie bleibt jedoch letzte Antworten über den Kern menschlicher Existenz schuldig. „Der Mensch ist sich selbst und dem Sein entfremdet, ins Nichts ge- stoßen, bindungslos“. (2) Das Gefühl des Ausgeliefertsein führt zur „Suche nach neuer Orientierung in gesellschaftlichen Ideologien und Utopien und religiöser Besinnung“ (3) als neuer Lebensgrundlage.
Die Literaturentwicklung bietet ein sehr uneinheitliches Bild. In den ersten Jahren der Weimarer Republik finden wir ein Weiterwirken des Expressionismus (4), der bereits im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts entstanden war und seine höchste Blüte während des Ersten Weltkrieges erlebte. Im Verlauf der Weimarer Republik entwickeln jedoch die gleichen Künstler (5), die bis dahin dem Expressionismus zuzuordnen waren, eine neue nüchterne Sicht - und Darstellungsweise, die sich mit dem aus der bildenden Kunst ü- bernommenen Begriff „ Neue Sachlichkeit “ charakterisieren läßt.
Die Vertreter der seit 1920 einsetzenden „Neuen Sachlichkeit“ streben nach einer stär- keren „Hinwendung zur Realität, die sie in ihrer objektiven Gegenständlichkeit erfassen und in nüchterner, unverzierter, „sachlicher“ Weise künstlerisch gestalten wollen. Die Darstellung der zeitgenössischen Umwelt mit ihren spezifischen Problemen, vor allem im gesellschaftlich-politischen Bereich, wurde wieder für besonders wichtig erachtet: „Tat- sachen [...] wirken erlebter, erschütternder als alle Einfälle der Dichter“ (H. Kenter). Der Inhalt wurde wieder wichtiger als die Form. Dabei entstanden zwei verschiedene Richtungen: die eine verband erbarmungslose Skepsis mit desillusionierender Ironie (z.
B. A. Döblin, L. Feuchtwanger, E. Kästner), die andere sah in der dargestellten Gegen- ständlichkeit Zeichen der Hoffnung und verklärte sie nicht selten zum Sinnhaften und Bleibenden (z.B. Hesse, H. Carossa). Die „Neue Sachlichkeit erfaßte alle Bereiche der Literatur.“ (6)
Neben den oben genannten literarischen Strömungen finden wir auch eine Literatur, die den „ Mythos des Völkischen “ (7) beschwört, in deren Mittelpunkt oft die engere Heimat steht, wobei bei einzelnen Autoren (8) „die Orientierung an der Heimat durch den Einfluß des Nationalsozialismus eine einseitige politische Ideologiesierung“ (9) er- fährt. Diese „Blut- und Bodendichtung“ (10) verherrlicht das Starke, Heroische, den Kampf und insbesondere das Deutschtum. Trotz der Vielfalt von unterschiedlichen lite- rarischen Strömungen - in der Literatur der Weimarer Republik wirken auch Vertreter von Dadaismus (11) und Symbolismus (12) sowie Vertreter einer proletarisch- revolutionären Literatur (13) - ist jedoch die bereits erwähnte „Neue Sachlichkeit“ be- sonders typisch für die Literatur dieser Zeit.
Einen Höhepunkt erreicht die Romankunst. Von Autoren der unterschiedlichen literari- schen Richtungen erscheinen zahlreiche Romane mit historischer, zeitgeschichtlicher, biografischer oder sozialkritischer Thematik. (14, 15) Dazu zählt auch der von mir aus- gewählte Roman von Hans Fallada „ Kleiner Mann - was nun? “ . Auch im Bereich der Lyrik gibt es Neues. So kommt es zu einem Wiederaufleben und einer Weiterentwick- lung der deutschen Naturlyrik (16) sowie zu einer Entfaltung der Gebrauchslyrik. (17) Die literarische Entwicklung in der Weimarer Republik wird weiterhin gekennzeichnet durch bedeutende Leistungen im Drama und in der Theaterkunst, wo z. B. mit dem Lehrstück und dem sogenannten epischen Theater neue Möglichkeiten aufzeigt und Re- gisseure wie Erwin Piscaotor oder Max Reinhardt zur Entwicklung Berlins als Kunst- metropole beitragen.
Insgesamt sind die „goldenen Zwanziger“ besonders in Deutschland künstlerisch und geistig sehr produktive Jahre, auch auf dem Gebiet der Literatur. (18)
2.3. Hans Fallada - sein Leben und Werk
Hans Fallada, der eigentlich Rudolf Ditzen heißt, wird am 21. Juli 1893 in Greifswald als ältester Sohn eines Landrichters geboren. Als Kind ist der Junge sehr oft krank, er ist körperlich und psychisch schwach. Und das bereitet ihm in seiner Schulzeit große Prob- leme. Hinzu kommt, dass die Familie immer wieder umziehen muss, wenn der Vater eine neue Anstellung erhält. So kommt er 1899 nach Berlin und 1909 nach Leipzig, wo sein Vater als geachteter Reichsgerichtsrat seine Arbeit am Reichsgericht ausübt. Rudolf „wird von seinen Lehrern als unbegabt abgeurteilt, weint in der Schule bei jeder Gelegenheit, ist den Torturen seiner Klassenkameraden nicht gewachsen, gilt als Pech- vogel und Versager“. (19)
In Leipzig soll er das Königin-Carola-Gymnasium besuchen, aber einen Tag vor der Aufnahmeprüfung erleidet er einen schweren Unfall. Ein Pferdewagen überrollt ihn, als er vom Fahrrad stürzt. Ein Vierteljahr liegt er in der Klinik, noch lange leidet er an den Folgen des Unfalls. Er wird immer mehr zum Einzelgänger und verläßt nur noch selten die elterliche Wohnung. Trost findet er beim Lesen. Sein Lieblingsautor ist Karl May, er liest aber auch Mark Twain, Charles Dickens und Wilhelm Raabe.
Im Sommer 1910 versucht Rudolf, seine Isolation zu durchbrechen. Er schließt sich den Wandervögeln an und unternimmt mir ihnen eine fünfwöchige Hollandreise. Wieder ist er der große Pechvogel, er bekommt Typhus, während alle anderen gesund heimkehren. Erneut muß er für Wochen ins Krankenhaus. Sein Verhalten wird immer auffälliger. Der Hausarzt stellt fest, dass der Junge den Eindruck „eines schwer hysterischen Menschen macht, der in seiner Zurechnungsfähigkeit erheblich vermindert erscheint“. (20) Seinem Vater teilt er mit: „Die seelische Überreiztheit Ihres Sohnes hat ihre Ursache in seiner vollkommenen sexuellen Unaufgeklärtheit.“ (21)
Seine Eltern sind ihm keine Hilfe. Sie sind in alten Moralauffassungen befangen und kön- nen ihren Sohn nicht verstehen. Die Verhältnisse spitzen sich immer mehr zu. Rudolf wird als Verfasser von „obszönen“ Briefen ermittelt, die an die Tochter eines Kollegen seines Vater geschrieben wurden, und unternimmt einen Selbstmordversuch. Als schwarzes Schaf wird er für die Familie eine Belastung und muss sie verlassen. In Rudolstadt soll er seine Schulbildung fortsetzen, aber ein folgenschweres Ereignis hin- dert ihn daran. Rudolf und ein gleichgesinnter Freund beschließen, gemeinschaftlich Selbstmord zu begehen. Am 17. Oktober 1911 duellieren sie sich und der Freund wird getötet. Rudolf dagegen wird schwer verwundet und nach einiger Zeit gerettet. Er wird des Mordes angeklagt und nur die Zubilligung des § 51, der seine Unzurechnungsfähig- keit bescheinigt, rettet ihn vor dem Gefängnis. Stattdessen wird er für 2 Jahre in die ge- schlossene Anstalt Tannenfeld eingewiesen. Nur seine Tante Ada hilft ihm. Sie ist eine große Literaturliebhaberin und unterstützt die Leseleidenschaft des Jungen. Durch sie lernt er große Romane der Weltliteratur kennen.
1914 bricht der erste Weltkrieg aus und der junge Ditzen meldet sich zur Befriedigung seines Vaters als Kriegsfreiwilliger. Er wird aber schon nach 11 Tagen wegen Unzurechnungsfähigkeit entlassen.
Rudolf setzt seine landwirtschaftliche Ausbildung fort. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren von 1914 bis 1925 übt er verschiedene Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Institutionen und auf zahlreichen Gütern im Osten Deutschlands aus. Er hat berufliche Erfolge und scheint in ein normales bürgerliches Leben zurückkehren zu können. Aber er hat einen Traum, der ihn immer beschäftigt. Er fühlt sich zum Schriftsteller geboren. Und er lernt den Alkohol als Freund und Tröster kennen. Rudolf verfällt ihm immer mehr. Oft fährt er nach Berlin und versinkt im Nachtleben der Stadt. Hier lernt er auch die „zukünftige große Liebe seines Lebens“ kennen, Morphium. (22)
Im Jahre 1917 muss er sich zum ersten Mal in einer Heilstätte für Suchtgefährdete (in Carolsfeld bei Halle) einer Entziehungskur unterziehen. Es sollen noch viele Kuren dieser Art folgen, die leider alle ohne Erfolg bleiben, bis zu seinem Tode 1947. Für den Kauf des Morphiums und anderer Rauschgifte braucht er immer mehr Geld, mehr als er verdient oder vom Vater erhält. Er beschafft es sich durch Unterschlagungen. Sie bringen ihn zweimal ins Gefängnis, 1924 für 3 Monate ins Gefängnis in Greifswald, 1926 bis 1928 ins Gefängnis von Neumünster.
Seinen Traum, Schriftsteller zu werden, gibt er trotz aller Schwierigkeiten nicht auf. Noch im Ersten Weltkrieg schreibt er Gedichte, die nie veröffentlicht werden. Dann be- ginnt er mit der Arbeit an einem Roman, in dem er die Leiden eines jungen Mannes in der Pubertät schildert. „Der junge Goedeschal“ wird 1920 von dem bekannten Verleger Ernst Rowohlt verlegt. Als Verfasser wird der Name „Hans Fallada“ angegeben, ein Künstlername, den Rudolf Ditzen annehmen mußte, da seine Familie einen öffentlichen Skandal befürchtet. Der Name stammt aus dem Märchen der Gebrüder Grimm „Die Gänsemagd“, in dem der treue Schimmel Fallada erscheint, der immer die Wahrheit sagt. (23) 1923 erscheint ein zweiter Roman, „Anton und Gerda“, mit einem ähnlichen Thema. Diese beiden ersten Romane sind ganz im Stile des Expressionismus (24) ge- schrieben.
Im Februar 1928 wird Fallada aus der Haft entlassen. Er läßt sich in Hamburg nieder, wo es als Adressenschreiber arbeitet. Später ist er als Lokalreporter des „GeneralAnzeigers für Neumünster“ tätig. In Hamburg lernt er Anna Margarete Issel kennen, seine „Suse“, die er am 5. Juni 1929 heiratet. Sie wird das Vorbild für „Lämmchen“, die Heldin seines vierten Romans „Kleiner Mann - was nun?“.
Als Reporter nimmt er an einem Prozess gegen Bauern, die Mitglieder des Landvolksbundes sind, teil. Sie hatten gegen Polizeiwillkür protestiert. Dieser sogenannte „Landvolkprozess“ liefert ihm Stoff für sein erstes erfolgreiches Buch, das 1931 bei Rowohlt erscheint. Es trägt den Titel „ Bauern, Bonzen, Bomben“. Dies ist sein erster Roman, der dem Stil der „Neuen Sachlichkeit“ folgt.
Ernst Rowohlt hatte Fallada 1930 nach Berlin geholt und in seinem Verlag in der Rezen- sionsabteilung angestellt. Hier entdeckt Fallada die neuen Schriftsteller der amerikani- schen Literatur Hemingway, Lewis, Wolfe und Faulkner, deren deutsche Übersetzungen fast alle bei Rowohlt herauskommen. Sie begeistern und beeinflussen ihn. 1931 beginnt er den Roman „ Kleiner Mann - was nun? “ wie im Rausch zu schreiben. Dieser Ro- man wird ein großer Erfolg, als er 1932 erscheint. Er bringt ihm auch viel Geld ein, von dem Fallada sich ein Haus kauft und sich ganz seiner geliebten Schriftstellerei widmen kann. Am 30. Januar 1933 kommt Hitler an die Macht und die nationalistische Schre- ckensherrschaft beginnt. Wie viele Deutsche glaubt Fallada, dass die Nazis bald wieder abtreten werden. Er erkennt nicht, wie gefährlich die Lage ist. Selbst als sich der braune Terror gegen die deutsche Literatur richtet und am 10. Mai 1933 die Werke von 149 Schriftstellern öffentlich verbrannt werden, scheint er sich nicht zu beunruhigen. Sein Name steht nicht auf der „schwarzen Liste“, seine Romane können weiter verkauft wer- den. Doch bald ändert sich die Lage. Fallada wird als Verschwörer denunziert und ein SA-Trupp verhaftet ihn. Sein Verleger kann ihn nur mit Mühe freibekommen.
Fallada geht nichts ins Exil wie viele andere. Er denkt, dass er mit kleinen Zugeständnis- sen, z. B. mit Änderungen nazifeindlicher Textstellen, einen Konflikt mit den Nationalso- zialisten vermeiden kann. Außerdem verlässt er Berlin und zieht mit seiner Familie in das Dorf Carwitz, weit entfernt von Berlin, dem Zentrum der Macht.
Sein Roman „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ (1934) wird von der nationalsozialis- tischen Kritik als „Zuchthauspornografie“ (25) abgelehnt. Der NS-Schriftstellerverband erklärt Fallada am 12.9.1934 zum „unerwünschten Autor“ und verhängt ein Berufsver- bot über ihn, das Rowohlt durch Beziehungen noch einmal außer Kraft setzen kann. Fallada zieht sich immer mehr zurück. Er schreibt unverfängliche Kinderbücher und Märchen (z. B. „Hoppelpoppel - wo bist du?“ 1936), Geschichten aus der Murkelei, (1938), Drehbücher und Filmvorlagen (z. B. „Der eiserne Gustav, 1942). Es gelingt ihm aber auch, einen großen Roman über die Inflationszeit von 1923 zu schreiben, „Wolf unter Wölfen“, der 1937 erscheint.
Der Mut zum offenen Widerstand fehlt ihm. Stattdessen trinkt er wieder regelmäßig und nimmt Rauschgift. Immer wieder muss er ein Sanatorium aufsuchen. Sein Familienleben ist zerrüttet, seine Ehe wird geschieden. Der Roman „Der Trinker“ schildert sein Leben und Leiden als Alkoholiker.
Anfang 1945 heiratet er zum zweiten Mal. Seine Frau, Ursula Lorsch, eine Evakuierte aus Berlin, kann ihm keine Stütze sein, da sie selbst dem Alkohol und Morphium verfallen ist. Das Kriegsende erlebt er in Feldberg in Mecklenburg.
Die sowjetische Militärbehörde setzt ihn als Bürgermeister der Stadt ein. Aber es zieht ihn bald nach Berlin. Der Schriftsteller Johannes R. Becher kümmert sich um ihn. Er ver- schafft ihm eine Stelle als freier Mitarbeiter an der sowjetischen Zeitung für die deutsche Bevölkerung, der „Täglichen Rundschau“. Er ermutigt ihn auch, ein dokumentarisches Buch über den kleinbürgerlichen - proletarischen Widerstand im Dritten Reich zu schreiben. „Jeder stirbt für sich allein“ wird Falladas letzter Roman. Es ist die Geschichte eines Berliner Ehepaares, das heimlich antinazistische Postkarten verbreitet und dafür zum Tode verurteilt wird.
Fallada stirbt am 5. Februar 1947 in einer Nervenklinik. An seinem Grabe hält Becher eine vielbeachtete Gedenkrede. (26)
Nur einige kurze Auszüge daraus möchte ich zitieren: „Es gelang ihm, die Diskrepanz zwischen Kunst und Unterhaltung aufzuheben, man unterhält sich bei seiner Art der Dar- stellung, die Lektüre bietet Kunstgenuß, er wird immer spannend und anregend [...] . Keines seiner Bücher starb an Langeweile. [...] Er war, was den Reichtum und die Vie- lartigkeit seiner Figuren anbelangt wohl der bedeutendste der lebenden deutschen Erzähler.“ (27)
Im Anhang habe ich eine Zeittafel des Lebens von Hans Fallada angefügt mit Zeugnissen von bekannten Dichtern und eine Bibliografie seiner Werke. (28)
2.4. Falladas Hauptwerk „Kleiner Mann - was nun?“
Als Beispielwerk habe ich Falladas Roman „Kleiner Mann - was nun?“ (1932) gewählt. Ich habe ihn ausgesucht, weil er der wohl bekannteste und populärste Roman Falladas ist. (29) Er wird im Laufe der Zeit in 20 Sprachen übersetzt und mehrere Male verfilmt. Wie kann man die große Popularität des Romans erklären?
Fallada hat zunächst ein „herrliches, leichtes, beschwingtes Buch“ schreiben wollen, eine Ehegeschichte von „einer einfachen, kleinen, guten Ehe“. (30) Aber es wird mehr dar- aus. Die Geschichte soll in der unmittelbaren Gegenwart spielen. Der Autor muss erklä- ren, wovon und wie seine Eheleute leben, wie es ihnen im Alltag in der Zeit der großen Weltwirtschaftskrise 1929-1932 ergeht. Seine Helden müssen um ihre Existenz kämp- fen, sie müssen Personalabbau und Arbeitslosigkeit erdulden und überleben. Die „heite- re“ Ehegeschichte wird also zu einem realen Abbild der Zeit der Krisenjahre. Millionen von einfachen Menschen, von „kleinen Leuten“, fühlen sich durch die Thematik und auch durch den Titel des Romans angesprochen, denn sie müssen ein Leben führen, wie es Fallada schildert. Sie alle stellen sich die Frage, die im Romantitel steht: Kleiner Mann - was nun? Sie suchen eine Antwort in Falladas Buch, mindestens aber eine tröstende Bestätigung, dass auch andere Menschen ihr schweres Schicksal erleiden.
Auch für junge Leser ist die Lektüre des Romans interessant und aktuell. Es ist erschre- ckend zu sehen, dass es heute wiederum ähnliche Probleme gibt wie vor 70 Jahren, be- sonders die hohe Arbeitslosigkeit, die das Leben vieler Menschen erschwert. Ich selbst habe zunächst nur pflichtgemäß zu dem Roman gegriffen, doch schon nach wenigen Seiten war ich von der Handlung und der Beschreibung der Zeit gefesselt. Die Rowohlt Taschenbuchausgabe des Romans enthält folgendes Vorwort: „Mit wun- derbarer Wärme und Zartheit wird in diesem Buch eine Ehe beschrieben, die sich in den Nachkriegs- und Notjahren in Liebe und Leid bewährt. Zwei Menschen erhalten sich im zermürbenden Lebenskampf alle Sehnsucht und allen Glauben und beweisen damit, dass Güte und Treue auch in der schlimmen Zeit nicht untergehen müssen.“ (31) Das interes- sierte mich, und ich wollte mehr über die Handlung, den Autor, die Zeit und deren Prob- leme wissen.
2.4.1. Zusammenfassung der Handlung
Falladas Roman „Kleiner Mann - was nun?“ ist in 4 Kapitel gegliedert:
Vorspiel: Die Sorglosen - Erster Teil: Die kleine Stadt - Zweiter Teil: Berlin - Nachspiel: Alles geht weiter (vgl. auch die schematische Darstellung der Figurenkonstellation im Anhang).
Im Vorspiel führt uns der Autor in die Handlung ein und stellt die Hauptcharaktere vor - den kleinen Angestellten Johannes Pinneberg und seine Freundin Emma Mörschel, die liebevoll „Lämmchen“ genannt wird. Sie suchen den Frauenarzt Dr. Sesam auf und erfahren von ihm, daß Lämmchen ein Kind erwartet.
Sie wissen, welche Belastungen ein Kind bedeuten wird, noch dazu für einfache Leute. Pinneberg verdient als ungelernter Buchhalter in Ducherow nur 180 Mark im Monat und Lämmchen hat als Verkäuferin noch weniger. Trotzdem entscheiden sie sich für das Kind, den „Murkel“. Lämmchen ist eine unverbesserliche Optimistin und macht Pinneberg Mut. So bittet er sie, seine Frau zu werden.
Lämmchen stellt nun ihren Verlobten ihrer Familie vor. Die Familie Mörschel ist eine ty- pische Arbeiterfamilie. In ihrer Lebensweise und ihren Anschauungen sind die Mör- schels Pinneberg, der sich als Angestellter dem Bürgertum zugehörig fühlt, ganz fremd. Vater Mörschel ist Sozialdemokrat, sein Sohn Karl Kommunist, dauernd streiten sie miteinander, aber obwohl sie den Angestellten Pinneberg für einen „feinen Schnösel“ halten und lieber einen Arbeiter für ihre Emma hätten, akzeptieren sie ihn, da sich „Lämmchen“ nun einmal mit ihm eingelassen hat. Pinneberg möchte ein bürgerliches Le- ben führen, aber die äußeren Umstände werden das unmöglich machen. Nach ihrer Heirat ziehen die Pinnebergs nach Ducherow, der „kleinen Stadt“ des ersten Teils des Romans, denn hier befindet sich das Getreidegeschäft von Emil Kleinholz, in dem Pinneberg angestellt ist. Sie beziehen ein möbliertes Zimmer, die „Schreckenskam- mer“, in der Wohnung der mürrischen Witwe Scharrenhöfer in einem allein stehenden Mietshaus weit außerhalb der Stadt. Die alte Frau hat ihr ganzes Geld in der Inflations- zeit verloren und ist völlig gebrochen. Lämmchen ist entsetzt und kann sich ein Leben in einer solchen Wohnung nicht vorstellen.
Pinneberg muß seine Verbindung zu Lämmchen geheimhalten, denn sein Arbeitgeber hat nur ledige Angestellte engagiert, um einen von ihnen mit seiner unattraktiven Tochter zu verheiraten. Pinneberg ist in dieser Situation als typischer Kleinbürger oft passiv, ohne Hoffnung und pessimistisch. Lämmchen hat immer Verständnis für ihn. Sie versprechen sich, immer ehrlich zueinander zu sein.
Lämmchen bestärkt Pinneberg im Willen sich gegen Kleinholz zur Wehr zu setzen. Wie ihr Vater glaubt sie an die Solidarität der arbeitenden Menschen. Pinnebergs Kollegen, der gewalttätige Nazischläger Lauterbach und der Schürzenjäger Schulz, verhalten sich völlig unsolidarisch. So steht Pinneberg allein. Er wird entlassen, nachdem er Sonntags- arbeit verweigert hat und sein Heirat bekannt geworden ist. Nun steht seine Existenz auf dem Spiel. Eine neue Arbeitsstelle gibt es in Ducherow für ihn nicht. Pinneberg wendet sich an seine Gewerkschaft um Hilfe, aber er wird nur vertröstet. Die Lage ist völlig aus- sichtslos, doch da scheint Rettung aus Berlin zu kommen. Lämmchen hatte an Pinne- bergs Mutter geschrieben, mit der dieser kaum noch Beziehungen hatte. Nun lädt sie die jungen Leute zu sich nach Berlin ein, wo sie schon eine Wohnung und eine Stelle als Verkäufer in einem großen Warenhaus für ihren Sohn habe.
Der zweite Hauptteil des Romans, mit „Berlin“ überschrieben, ist der umfangreichste Teil des Romans. Pinneberg und seine schwangere Frau beziehen ein Zimmer in der Wohnung der Mutter. Diese lebt als Witwe von undurchsichtigen Geschäften. Sie ver- langt mindestens 100 Mark für die Unterbringung. Die Mutter bringt wenig Verständnis für die Probleme der jungen Pinnebergs auf. Ihr Liebhaber Jachmann, der ein kleiner Ganove und Zuhälter ist, erscheint dagegen viel menschlicher. So gelingt es ihm, den ihm verpflichteten Personalchef des Warenhauses Mandel zu überreden, Pinneberg, den er als seinen unehelichen Sohn ausgibt, eine Stelle als Verkäufer in der Abteilung für Her- renkonfektion zu verschaffen.
In dieser Abteilung herrscht ein gnadenloser Konkurrenzkampf. Man schnappt sich einander die Kunden weg und denunziert Rivalen. Pinneberg kann zunächst gut als Verkäufer bestehen, weil ihm der 1. Verkäufer Heilbutt hilft. Zwischen ihnen entwickelt sich eine Freundschaft. Pinneberg hatte gehofft, mehr als in Ducherow zu verdienen. So ist er sehr enttäuscht, als sein erstes Gehalt in Berlin noch geringer ist. Trotzdem kauft er davon für Lämmchen ein Luxusmöbelstück, eine Frisiertoilette mit großem Spiegel, für 120 Mark. Er hat es satt, immer nur zu sparen und auf alles zu verzichten. Der Kauf ist eine Protesthandlung gegen die Unmenschlichkeit der Zeit. Der Frisiertisch bleibt für längere Zeit das einzige eigene Möbelstück der Pinnebergs.
Als der anrüchige Lebenswandel von Pinnebergs Mutter durch eine Zeitungsannonce bekannt wird und Pinneberg um sein Stelle bangen muss, trennt er sich endgültig von seiner Mutter. Lämmchen muss nun eine neue Bleibe für sich und ihren Mann suchen. Da sie hochschwanger ist, wird sie überall abgewiesen, nur in ärmlichen Arbeiterwoh- nungen trifft sie auf Verständnis. Schließlich findet sie eine billige Unterkunft, zwei Zim- merchen über einem Kino, die nur über eine Leiter zu erreichen sind. Diese Wohnung ist eigentlich von der Baupolizei gesperrt, aber die Pinnebergs sind froh, sie zu haben und endlich für sich allein zu wohnen.
Lämmchen bringt einen gesunden Jungen zu Welt, ihren „Murkel“. Pinneberg will mit aller Kraft für seine Familie sorgen, aber seine Lage im Geschäft hat sich sehr verschlechtert. Durch Rationalisierungsmaßnahmen wird der Druck auf die Verkäufer immer größer. Ein Quotensystem wir eingeführt, das jeden Verkäufer verpflichtet, mindesten das Zwanzigfache seines Monatsgehalt zu verkaufen. Wer sein Soll, die Quote, nicht erfüllt, muß gehen. Heilbutt, der ein sehr geschickter Verkäufer ist, hilft seinem Freund, so oft er kann; als aber ein Aktfoto von Heilbutt in einer Zeitung erscheint, wird er denunziert und entlassen. obwohl er der beste Verkäufer der Abteilung war.
Pinnebergs Umsatz geht nun merklich zurück. Unter dem Druck der Quote kann er nicht mehr richtig arbeiten. In seiner Verzweiflung versucht er einen wohlhabenden Kunden zu veranlassen, ihm etwas abzukaufen, indem er an seine Menschlichkeit appelliert. Der Kunde fühlt sich belästigt, beschwert sich und liefert damit den Vorwand für Pinnebergs sofortige Entlassung. Kleiner Mann - was nun?
„Alles ist zu Ende“- so schließt der zweite Hauptteil. (32)
Im Nachspiel, das 14 Monate nach der fristlosen Entlassung spielt, heißt es aber: „Nichts ist zu Ende. Das Leben geht weiter“.(33)
Der Weg nach unten ist für Pinneberg noch nicht zu Ende. Seine kleine Familie wohnt nun in einer alten Laube in einer Gartenkolonie in Altenhagen bei Berlin. Sie gehört sei- nem Freund Heilbutt, der inzwischen einen einträglichen Handel mit Aktfotos betreibt. Pinneberg kann sich nicht dazu durchringen, ihm bei diesem Geschäft zu helfen. Er lebt von der Arbeitslosen- und Krisenunterstützung, die er jede Woche in Berlin abholen muß. Lämmchen ernährt die Familie mit Putz- und Flickarbeiten bei reichen Familien in der Umgebung, während Pinneberg sich um die Laube und das Kind kümmert. Das al- les deprimiert ihn sehr.
Pinnebergs Aussehen hat sich verändert. Seine Kleidung ist abgetragen, selbst sein Angestelltensymbol, Schlips und Kragen, hat er abgelegt. Er sieht aus wie ein arbeitsloser Proletarier. Als er in Berlin vor einem prachtvollen geschmückten Schaufenster stehen bleibt, wird er von einem Polizisten verjagt. Damit wird seine Würde als Mensch und Bürger mit Füßen getreten. Er muß erkennen: „Armut ist nicht nur Elend. Armut ist auch strafwürdig. Armut ist Makel. Armut heißt Verdacht.“ (34)
Ganz verzweifelt kommt er nach Altenhagen zurück. Lämmchen findet ihn im Garten. Sie umarmt ihn liebevoll. Nur bei ihr und mit ihr kann er Trost und Sicherheit finden.
2.4.2. Figurendarstellung - Konstellation und Charakterisierung der Hauptfiguren
Fallada entwickelt in „Kleiner Mann - was nun?“ ein umfangreiches Figurenensemble. Neben den beiden Hauptfiguren, Lämmchen und Pinneberg, zeigt er Personen, deren Verhalten und Charaktere für diese Zeit typisch sind. Es sind die „kleinen Leute“, die ihn interessieren. Insbesondere sind es kleinbürgerliche Charaktere, die die Handlung bestimmen.
Das Kleinbürgertum ist uneinheitlich in seinem Erscheinungbild: Da gibt es die höheren Angestellten des Warenhauses Mandel in Berlin (Personalchef Lehmann, Organisator Spannfuß, Abteilungsleiter Kröpelin und dessen intrigierender Stellvertreter Jänecke), die kleinen selbstständigen Geschäftsleute Bergmann und Kleinholz im Ducherow und den Tischlermeister Puttbreese in Berlin. Die Schicht der Angestellten ist besonders an- schaulich dargestellt. Sie halten sich für besser als einfache Arbeiter. Sie haben zwar ei- ne eigene Gewerkschaft, sind aber Individualisten und zu keiner solidarischen Aktion fä- hig. Sie stehen oft auf der Seite ihrer Arbeitgeber, obwohl sie genauso ausgebeutet wer- den wie die Arbeiter und sich ebenso vor dem Verlust ihrer Arbeit fürchten.
Die Zuständer in der Getreidehandlung Kleinholz und noch mehr im Warenhaus Mandel veranschaulichen, wie jeder Angestellte für sich und sein Überleben kämpft. Besonders negative Beispiele sind der SA - Schläger Lauterbach in Ducherow und der Denunziant Kessler in Berlin.
Pinneberg selbst gehört zu den postiven Vertretern dieser sozialen Schicht, ebenso der einzige Freund, den er in Berlin findet, Heilbutt. Dieser hält die Pinnebergs für mutig, da sie es wagen, in einer so schlechten Zeit eine Familie zu gründen und ein Kind zu haben. Nach seiner ungerechtfertigten Entlassung schafft er sich eine eigene Existenzgrundlage mit dem Verkauf von Aktfotografien.
Auch Pinnebergs leichtlebige Mutter Mia und ihr Liebhaber, der „liebenswürdige Gauner“Jachmann, gehören zum Kleinbürgertum. Arbeiter hingegen liegen außerhalb der Erfahrung Falladas. Sie treten auf in Gestalt der Familie Mörschel, die aber nur im „Vorspiel“ erscheint. Der Betriebsrat Kube in der Firma Kleinholz sticht in seiner selbstbewussten Haltung vorteilhaft von der Gruppe der Angestellten ab. Der Kommunist Krymna im „Nachspiel“ ist der Anführer von Holzdieben.
Das Leben all dieser Menschen wird von dem im Roman dargestellten Hauptkonflikt bestimmt, einerseits vom Streben nach einem glücklichen, sinnerfüllten Leben, und andererseits von den schweren Verhältnissen in dieser Zeit, den drohenden Firmenpleiten und des Massenarbeitslosigkeit. Dieser Hauptkonflikt bestimmt auch das Leben von Pinneberg und seinem Lämmchen.
Die schematische Darstellung der Konstellation der handelnden Figuren habe ich im Anhang angeführt. (Vgl. Anhang)
Welche Figur ist nun der „dominierende Held“ des Romans? (35)
Ist es die Titelfigur, der „kleine Mann“, also Pinneberg oder ist es Lämmchen, seine jun- ge Frau?
Die Handlung des Romans wird von der zentralen Figur Pinneberg beherrscht. Er, der Sohn eines peniblen Bürovorstehers, ist wie sein Vater: ordentlich, pflichtbewusst, ar- beitsam. Er übt seinen erlernten Beruf als Verkäufer mit Stolz und Können aus. Er be- müht sich, ein treuer Ehemann und liebevoller Vater zu sein. Er will seine Verantwortung gegenüber seiner Familie gut erfüllen. So ist es seine größte Sorge, nicht arbeitslos zu werden.
In Berlin leider er darunter, dass er seine Anstellung im Warenhaus nur durch Beziehun- gen und Lügen bekommen hat. Er erkennt, dass er ein ganz kleines Rädchen im Betrieb ist, das jederzeit ausgewechselt werden kann. Er muss arbeiten wie ein Pferd, er muss sich anpassen, er ist immer der Gehetzte, der Ausgebeutete. Das verletzt seine Berufs- ehre. Er weiß nicht, wie er sich wehren soll, so resigniert er, und hätte er nicht die Un- terstützung seiner Frau gehabt, wäre er zerbrochen. Er interessiert sich nicht für Politik, protestiert nur im Stillen. „Manchmal möchte man platzen vor Wut, wie alles eingerichtet ist in der Welt.“ (36)
Der charakterlich zu weiche Pinneberg hat nicht genug Widerstandskraft. Der ständige Druck des Quotensystems demoralisiert ihn. So ist sein Selbstvertrauen zerbrochen, er kann nicht mehr erfolgreich verkaufen. Er wird entlassen, als sich ein Anlaß bietet. Im „Nachspiel“, nach 14 Monaten Arbeitslosigkeit, wird er auch als Mensch gebrochen. Als er bei einem Aufenthalt in Berlin von der Polizei vom Bürgersteig vertrieben wir, bricht er völlig zusammen: er fühlt sich ausgestoßen und als Mensch nicht mehr aner- kannt. „Wie kann ich noch einen Menschen ansehen“ fragt er seine Frau, und sie sagt: „Aber du kannst mich doch ansehen! [...] Du bist doch bei mir, wir sind doch beisam- men [...]“. (37)
Das ist Falladas Antwort auf die Frage „Was nun?“: Keine revolutionäre Änderung der Verhältnisse, sondern Rückzug ins private Glück. Rein äußerlich haben die Pinnebergs den Konflikt nicht gelöst, ihr gesellschaftlicher Niedergang ist komplett, innerlich aber sind sie die Sieger, sie haben ihre Liebe, ihre Menschenwürde bewahrt. Der Literaturkritiker Günter Caspar hält Lämmchen für die eigentliche Heldin des Ro- mans, „obwohl sie weit weniger auftritt als Pinneberg und somit auch weniger mitzuspie- len scheint. Das hatte ursprünglich nicht im Plan Hans Falladas gelegen. Lämmchen wuchs ihm während der Arbeit unter den Händen weg und über den Kopf hinaus“. (38) Lämmchen ist viel resoluter als Pinneberg. So tröstet sie Pinneberg bei Dr. Sesam, sie will das Kind und beginnt gleich mit dem Pläneschmieden. Oft erscheint sie aber auch ängstlich, weint, will in die Arme genommen werden.
Ganz anders wirkt sie in Berlin. Sie tritt beim ersten Zusammentreffen mit Pinnebergs Mutter selbstbewusst und schlagfertig auf. Sie ist praktisch, tapfer, weiß immer Rat. Sie macht ihrem Mann immer wieder Mut. Sie ist der ruhende Pol in der Familie. Lämm- chen versteht mit Menschen umzugehen, findet eine neue Wohnung und sorgt für die Familie. Caspar stellt fest: „Lämmchen ist Falladas stärkste Frauenfigur“. (39) Im „Nachspiel“ ist Lämmchen die tragende Figur. Sie verzweifelt nicht. Sie hat ganz selbstverständlich das Geldverdienen übernommen und entwickelt Pläne, die das Leben der Familie verbessern werden. Im Gespräch mit Jachmann offenbart sie ihre Liebe zu ihrem Mann. Sie leidet mit ihm. „Das ist ja gerade das Schlimme, dass er hier draußen sitzt und nichts hat, worum er kämpfen kann. Er kann nur warten - worauf? Auf was? Auf gar nichts! [...]“. (40) Sie muss ihn beschützen. „Diese einfache, zähe, tapfere junge Frau, die ihren Jungen, den Murkel und sich mit solchem Elan durch eine elende Zeit schlägt, zeugt von Optimismus und verbreitet Optimismus“. (41)
2.5. Zusammenfassende Wertung des Romans
„Kleiner Mann - was nun?“ wurde ein Welterfolg. Die Auflagenziffern (42) beweisen, dass das Buch von vielen Menschen der damaligen Zeit gelesen wurde, weil der kleine Mann sich und seine Sorgen im Roman wiederfindet. Selbst in der Zeit des Dritten Rei- ches erschienen Neuauflagen des Romans, wenn auch mit Anpassungen an die nationa- listische Ideologie.
In Rezensionen der Jahre 1932-33 finden sich gegensätzliche Einschätzungen von Kritikern verschiedener politischer Einstellung. Der „Literarische Weihnachtskatalog“, Leipzig 1932, lobt besonders die „entzückende Schilderung“ und die „untendenziöse [...] unter Tränen lächelnde Menschlichkeit“ (43) des Buches, während der nationalsozialistische Kritiker Willi Vesper in „Neue Literatur“ Leipzig, April 1933 von einer „muffigen Atmosphäre“, von „Kleiner-Leute-Geruch“ schreibt und Fallada „Mangel an dichterischer Gerechtigkeit und Unbefangenheit“ vorwirft. Trotzdem schätzt der den Roman als „eine ehrliche Dichtung“ ein. „Aus einer muffigen Geschichte ist unter der Hand des Dichters ein Hohelied der Liebe und Treue geworden“. (44)
In der sozialistischen „Volksstimme“ Mannheim, 13.12.1932, findet sich eine interessan- te Erklärung für den Erfolg des Buches: die „Tendenzlosigkeit“, also die fehlende politi- sche Stellungnahme. Nach Ansicht der „Volksstimme“ könne es nur eine Antwort auf die Frage „Kleiner Mann - was nun?“ geben, nämlich „den festen Zusammenschluß aller Ausgebeuteten und Getretenen zu Abwehr und Überwindung der Klassenherrschaft“.
(45)
Allerdings billigt der Kritiker der „Volksstimme“ die tendenzlose Darstellung des Autors, da sie „eine unvergleichlich größere Verbreitung des Buches auch in den Bevölkerungs- kreisen, dessen Klassenbewußtsein es noch zu wecken gilt, möglich machte“. (46) Die DDR - Kritik entwickelt ähnliche Gedanken. (47) Zugleich verwirrt die DDR - Kri- tiker, dass Falladas Roman „kein Stück Literatur [ist], dem man „hohe Kunst“ nachsa- gen oder das man besonders „kunstvoll“ nennen würde. (48) Caspar stellt eine ganze Reihe von literarischen Mängeln fest. Auch die sprachlichen und stilistischen Mittel seien nicht immer kunstvoll, z. B. die Benutzung des Jargons der Umgangssprache. Besonders gelobt wird demgegenüber Falladas Stärke, scheinbar mühelos so viele verschiedene Milieus zu beschreiben und seine Kunst, Menschen zu charakterisieren. Trotz der oben genannten Einwände und der z. T. unterschiedlichen Wertungen steht Falladas Buch in der deutschen Literatur dieser Zeit in einer Reihe mit solchen Gegen- wartsromanen wie z. B. Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ (1929), Leonhard Franks „Von drei Millionen Drei“ (1932), Rudolf Braunes „Das Mädchen an der Orga - Privat“ (1930) oder Anna Seghers „Gefährten“ (1932). Das wird auch unterstrichen durch die Äußerungen bedeutender Zeitgenossen Falladas, denn „zu denen, die das Buch wegen seiner Wirklichkeitsnähe loben, gehören Thomas Mann, Carl Zuckmayer („Die Leute wohnen gleich nebenan, man kann ihre Schatten abends auf den Gardinen sehen, sie sind im ganzen Viertel gut bekannt“), Jakob Wassermann („[...] nichts ist aus zweiter Hand, alles ist aus der Quelle“), Hermann Hesse, Alfred Polgar („Solche Fülle von Details“), Robert Musil, Peter Suhrkamp („Dieses Buch ist geschildertes Leben“).
(49)
Weitere Aussagen von bedeutenden Zeitgenossen Falladas finden sich im Anhang. Sie sind der Fallada - Biografie von J. Manthey entnommen (50)
3. Persönliches Fazit und Ausblick
Die Lektüre des Romans „Kleiner Mann - was nun?“ und die Beschäftigung mit dem Leben Hans Falladas hat mir ein lebendiges Bild vom Leben der Menschen, besonders der kleinen Leute, in der Weimarer Republik gegeben. Obwohl die konkreten politischen Ereignisse selbst nicht ausdrücklich behandelt werden, verstehe ich nun die Zeit der Weltwirtschaftskrise in Deutschland besser.
Fallada hat es verstanden, mein Interesse zu wecken. Die Menschen, die in dem Roman auftauchen, sind so lebendig dargestellt, dass sie wie Bekannte wirken. Sie sprechen lebensecht wie einfache Leute. Die Dialoge lesen sich fast wie das Drehbuch für einen Film. Sie zeigen, dass Fallada die Menschen aufmerksam beobachtete, so wusste er, wie sie sprechen und wie sie ihre Gefühle ausdrücken.
Der Roman scheint mir ein gutes Beispiel für die literarische Strömung dieser Zeit, der „Neuen Sachlichkeit“, zu sein. Wir finden in ihm die Hinwendung zu aktuellen Realität, die in einem nüchternen, sachlichen Stil beschrieben wird. Der Inhalt ist wichtiger als die Form. Fallada bezieht auch Themen in die Darstellung ein, die für seine Zeit aktuell und modern waren, wie z. B. die Schilderung eines Kinobesuches und der Rationalisierungsmaßnahmen im Warenhaus nach amerikanischem Vorbild.
Falladas Buch ist auch eine gute Unterhaltung für den heutigen Leser und es ist spannend wie ein Krimi. Parallelen zu heute drängen sich auf: Arbeitslosigkeit, Armut, Stress , Hektik und Werteverlust.
Es hat mich etwas gewundert, dass Fallada und sein Werk in unserem Deutschlehrbuch kaum erwähnt werden. Sollte daran der nicht gerade vorbildliche Lebenslauf des Schriftstellers Schuld haben?
Anmerkungen
(1) siehe: Margedant, U. / Meyer zu Natrup, F. (Hrsg.): Die Weimarer Republik. S. 98.
(2) Kabisch, E. M.: Literaturgeschichte kurzgefaßt, S. 32.
(3) ebenda
(4) Expressionismus - (lat. „expressio = Ausdruck). Als Stilrichtung der Litera- tur und der Bildenden Künste zwischen 1910 und 1925 vor allem in Deutschland ent- standen aus dem Krisenbewußtsein vor 1914 und der Krise des Ersten Weltkrieges selbst. Aus dem Ekel gegenüber materieller Wirk-
lichkeitsnachbildung und symbolischer Wirklichkeitserhöhung entsteht das Streben nach einer Erneuerung und Verwesentlichung des Menschen und ei- ner neuen Sinngebung des Lebens in verbrüdernder Liebe und Menschenwürde. Der E. versteht sich als Ausbruch aus den Konventionen von Kunst und Leben, als ekstati- sches Lebensgefühl, als Schrei nach einer „inneren Wahrheit“, nach Eigentlichkeit.
Der Künstler versteht sich als Pro- phet mit dem quasi religiösen Auftrag, die „neue, bessere Welt“ zu verkün-den. Häufig wendet sich der E. auch von den herkömmlichen Stil - und Ge- staltungsmitteln ab, um seinem inneren Leben neue „Ausdrucks - Formen zu schaffen.“
Zitiert nach: Mettenleiter, P. u. Knöbl, St. (Hrsg.): Blickfeld Deutsch Oberstufe, S.326.
Während die erste Phase des Expressionismus (1910 -1914) besonders von der
Lyrik und Dichtern wie z. B. G. Benn (1886 -1956) und J. R. Becher (1891- 1958) geprägt ist, tritt in der zweiten Phase (ab 1915) das Drama in den Mittelpunkt mit bedeutenden Vertretern wie z. B. G. Kaiser (1878 - 1945), C. Sternheim (1878 - 1942) und der frühe B. Brecht (1898 - 1956). Kennzeichnend für die E- pik des Expressionimus sind vor allem Erzählungen und Prosaskizzen z. B. von A. Döblin (1878 - 1957) und F. Kafka (1883 - 1924).
(5) siehe Winkler, W.: Abiturtraining Deutsch 3, S. 50.
(6) Zitiert nach: Mettenleiter, P. u. Knöbl, St. (Hrsg.): a. a. O., S. 350.
(7) Gigl, C. J.: Deutsche Literaturgeschichte, S: 150.
(8) siehe Winkler, a. a. O., S. 52.
(9) ebenda
(10) ebenda
(11) Dadaismus /französisch, von dem der Kindersprache entlehnten Stammellaut dada „Pferdchen“ / 1916 aufkommende, von Anfang an umstrittende Litera- tur- und Kunstrichtung, die sich eine Revolutionierung von Kunst und Litera- tur zum Ziel setzte.
Siehe auch: Schülerduden. Die Literatur, S.97.
(12) ebenda
(13) siehe Winkler, a. a. O., S.53.
(14) siehe Winkler, a. a. O., S. 33.
(15) siehe Winkler, a. a. O., S. 50 f.
(16) ebenda, S. 51 f.
(17) siehe Schülerduden, a. a. O., S. 266.
(18) siehe Tabelle zur Geschichte und Kultur der Weimarer Republik (im Anhang)
(19) Lutz, B. (Hrsg.): Metzler Autoren Lexikon, S. 183.
(20) Farin, K.: Hans Fallada, „Welche sind, die haben kein Glück“, S. 29.
(21) ebenda
(22) ebenda, S. 42.
(23) Nach J. Manthey: Hans Fallada, S. 50.
(24) siehe Anm. 4
(25) Farin, K.: a. a. O., S. 82.
(26) In Auszügen abgedruckt bei K. Farin, a. a. O., S. 116 - 121.
(27) Farin, K.: a. a. O., S. 117.
(28) Manthey, J.: a. a. O., S. 179 - 183.
(29) Siehe K. Farin: Hans Fallada „Welche sind die haben kein Glück“, S. 130 ff., wo die Auflagenziffern der Werke Falladas aufgelistet werden.
„Kleiner Man - was nun?“ hatte von 1932 - 1941 eine Gesamtauflage von 188.000 Exemplaren, bis 1993 stieg sie auf 1.221.300, die nächsthöchste hat „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ mit 777.300 Ex- emplaren.
(30) Günter Caspar: Nachwort, S. 366.
(31) Fallada, Hans: Kleiner Mann - was nun?, rororo Taschenbuch 1400, S. 2
(32) Fallada, Hans: Kleiner Mann - was nun?, Aufbau - Verlag, S. 317.
(33) ebenda, S. 321.
(34) ebenda, S.347.
(35) Ausdruck „dominierender Held“ nach W. Winkler, Abiturtraining Deutsch 1, S. 29.
(36) Fallada, Hans: Kleiner Mann - was nun?, Aufbau - Verlag, S.198.
(37) ebenda, S. 358
(38) Caspar, G.: Nachwort, S. 387.
(39) ebenda, S. 389
(40) Fallada, Hans: a. a. O., S. 351.
(41) Caspar, G.: Nachwort, S. 390.
(42) siehe Farin, K.: a. a. O., S. 131 f.
(43) ebenda.
(44) ebenda, S. 75.
(45) ebenda, S. 76.
(46) ebenda.
(47) Caspar, G.: Nachwort, S: 390 f. sagt z. B.: „ Der „Kleine Mann“ spiegelt ausschließlich praktisches Leben wider. Sein Autor, der als Dichter weder Denker noch Politiker war, klammert philosophische Fragen und weltan- schauliche Probleme aus seiner Darstellung ebenso aus wie die große Politik und den historischen Aufeinanderprall von Klassen. In dieser Beschränkung auf einen relativ kleinen Ausschnitt aus der Gesellschaft, in diesem Verzicht auf die Gestaltung der Hauptkräfte und der Hauptkämpfe der ge- schilderten Periode, in diesem Manko an Breite und Tiefe der Wider- spiegelung liegt eine Beschränkung auch des allgemein-künstlerischen Ni- veaus.“
(48) ebenda
(49) Zitiert in Crepon, T.: Leben und Tod des Hans Fallada.
(50) Zitiert in Manthey, J: Hans Fallada, S.181 f.
Literaturverzeichnis
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München: Beck Verlag, 1988.
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Fallada, Hans: Kleiner Mann - was nun? Roman. - Hamburg: Rowohlt Taschen-
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Gessler, A.: Hans Fallada Sein Leben und Werk. - Berlin: VWV, 1972.
Gigl, C. J.: Deutsche Literaturgeschichte. - Freising: Stark Verlagsgesellschaft
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Liersch, Werner: Hans Fallada. - Berlin: Verlag Neues Leben, 1981.
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Margedant, U./ Meyer zu Natrup, F. (Hrsg.): Die Weimarer Republik. - Berlin: Cornelsen, 1988. (Themen und Probleme der Geschichte, Arbeits - und Quellenhefte für die Kollegstufe)
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Zmegac, V. (Hrsg.): Kleine Geschichte der deutschen Literatur, Von den Anfän- gen bis zur Gegenwart. Weinheim: Beltz Athenäum Verlag, 1997.
Anhang
Tabelle: Zur Geschichte und Kultur der Weimarer Republik (vgl. Anm. 18)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schematische Darstellung der Figurenkonstellation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Die kleine Stadt Bergmann u. Frau
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Berlin
Warenhaus Mandel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4. Gartensiedlung in Altenhagen bei Berlin (Nachspiel)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigenständigkeitserklärung
Ich erkläre hiermit die Arbeit eigenständig und nur unter Verwendung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertig zu haben.
28.12.1999
- Arbeit zitieren
- Thomas Schubarth (Autor:in), 2000, Fallada, Hans - ein Schriftsteller der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100392
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