Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gesellschaftliche Hintergründe
2.1. Entstehung und politische Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik
2.2. Die staatstragende Ideologie: der Marxismus
3. Bildung im Sinne des Staates
4. 1990: Die Wende an den Universitäten
5. 1999: Konnten sich die Ost-Universitäten etablieren?
6. Fazit
7. Quellenangaben
1. Einleitung
Als Thema meiner Arbeit habe ich die Universitäten der ehemaligen DDR vor bzw. nach der Wende 1990 gewählt. Vorwiegend möchte ich darstellen inwiefern die universitäre Bildung der DDR durch staatliche Interessen gelenkt war und was sich in den vergangenen 10 Jahren nach Auflösung der DDR an den dortigen Universitäten geändert hat.
Gewählt habe ich dieses Thema, da ich die ersten 20 Jahre meines Lebens (1979-1999) in (West-)Deutschland gelebt habe, engen Kontakt zu zahlreichen Verwandten in Ostdeutschland hatte und das Thema „D DR“ für mich von daher immer relevant war.
Gerade nach der Einheit ist bewußt geworden, wie groß die Unterschiede zwischen den Bürgern der alten und der neuen Bundesländer sind und wie schwer aus einer politischen Einheit auch eine geistige Einheit wird. Gerade das manipulative Bildungssystem der ehemaligen DDR hat einen großen Beitrag zu diesen Differenzen geleistet und ist auch aus diesem Grund noch heute von Interesse beachtet zu werden.
Nach dem Ende der DDR 1990 mußte zwangsläufig eine totale Umstrukturierung der Universitäten Ostdeutschlands erfolgen. Was ist im Rahmen dieser Reform an den ostdeutschen Universitäten passiert und wie ist ihr Ansehen heute? V.a. anhand zweier Artikel des deutschen Politmagazins „Spiegel“ aus dem Jahr 1999 unter dem Titel „Um Studenten kämpfen“ bzw. „10 Jahre wiedervereinigte Hochschulen“, möchte ich. diese Fragen probieren zu beantworten.
Zum besseren Verständnis möchte ich mich aber zu Beginn mit der DDR an sich, ihrem politischen System und ihrer Ideologie beschäft igen, die in unmittelbarer Verbindung zum Bildungssystem und damit den Universitäten stehen.
2. Gesellschaftliche Hintergründe
2.1. Entstehung und politische Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik
Nach dem Zusammenbruch des deutsche n Reiches am Ende des 2. Weltkrieges 1945 übernahmen die vier Siegermächte USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich die Regierungsgewalt über Deutschland. Die zunehmenden Gegensätze zwischen den Westmächten und der UdSSR führten 1949 zur Teilung Deutschlands in die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik.
Während die BRD den Anschluß an die westlichen Staaten fand (Eintritt in die NATO, Gründung der EG) wurde in der DDR eine Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung nach sowjetische m Vorbild eingeführt.
Aus einem Zwangszusammenschluß der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Kommunistischen Partei (KPD) entstand die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die mit Rückendeckung Stalins die Weichen für die Entstehung der DDR als Teilstaat stellte. Der erste Generalsekretär der SED Walter Ulbricht wurde 1971 von Erich Honecker abgelöst, der diesen Posten bis zuletzt hielt.
1961 erfolgte der Bau der Berliner Mauer, die die DDR von Westdeutschland trennte, um dem wachsenden Flüchtlingsstrom aus der DDR in den Westen entgegenzutreten.
Die Verfassung der DDR von 1949 war zwar dem Wortlaut nach demokratisch, doch die SED war im Besitz aller Machtpositionen. 1968 wurde diese Führungsrolle der SED sogar verfassungsrechtlich verankert, so daß auf allen Ebenen der Verwaltung Parteiorgane den Staatsorganen übergeordnet waren.
Die politischen Strukturen der DDR weisen diese durchaus als totalitäres Regime aus: die SED besaß verfassungsrechtlichen Anspruch auf das Machtmonopol, der Staatssicherheitsdienst wirkte als Staatspolizei außerhalb der Gesetze, war nur der SED unterstellt und arbeitete teilweise mit terroristischen Mitteln. Sowohl Medien als auch Wirtschaft unterlagen strenger staatlicher Kontrolle und ebenfalls die Gerichte waren der diktatorischen Partei unterworfen, was zu einer Gewalteneinheit im Staat führte.
Einschränkend muß zu dieser Definition jedoch bemerkt werden, daß es sog. Blockparteien mit einem Maß an Eigenständigkeit gab und daß durch die Stationierung der sowjetischen Soldaten die SED nicht das alleinige militärische Machtmonopol ausübte.
2.2. Die staatstragende Ideologie: der Marxismus
Der Marxismus (nach Karl Marx und Friedrich Engels) ist eine wirtschaftliche, philosophische, historische und politische Theorie mit Grundlagen des Sozialismus und die beherrschende Theorie der Arbeiterbewegung.
Die SED legitimierte ihre uneingeschränkte Herrschaft nach der Ideologie des Marxismus- Leninismus. Seit 1968 war nicht nur das Machtmonopol der SED sondern auch der Marxismus-Leninismus verfassungsrechtlich in der DDR verankert.
Zentraler Aspekt des Marxismus ist die Betrachtung der Arbeiterklasse als ökonomische Basis und die Prophezeiung daß das Proletariat als Klasse der besitzlosen und ausgebeuteten Lohnarbeiter mittels des Klassenkampfes zur Diktatur des Proletariats gelangen wird. Den vorherrschenden Kapitalismus nach dem Sturz des Feudalismus betrachtet Marx nur als Vorstufe, aber weitere Ausbeutung der Arbeiterklasse, die überwunden werden muß, um den „Sieg der Arbeiter über das Kapital“ zu erlangen.
Die treibende Kraft ist im Sinne Marx immer der Klassenkampf.
3. Bildung im Sinne des Staates
Als diktatorische herrschende Partei, hatte die SED auch das alleinige Sagen über die Inhalte und Ziele der schulischen und universitären Bildung in der DDR.
Höchstes Bildungsziel für die regierende Partei war es, die Studenten zu loyalen Staatsbürgern im Interesse der Regierung zu erziehen und eine optimale Identifikation mit dem Staat zu erreichen. So nennt der Spiegel die Universitäten Ostdeutschlands vor der Wende „Bollwerke des Systems“ und „Kaderschieden für Ideologen und Funktionäre“.
In ihrem Parteiprogramm von 1976 definiert die SED ihre Bildungsziele wie folgt:
„Erziehung und Ausbildung allseitig entwickelter Persönlichkeiten, die ihre Fähigkeiten und Begabungen zum Wohle der sozialistischen Gemeinschaft entfalten, sich durch Arbeitsliebe und Verteidigungsbereitschaft, durch Gemeinschaftsgeist und das Streben nach hohen kommunistischen Ideen auszeichnen.“ Der Student soll sich seiner Bedeutung als Teil einer politischen Mission bewußt werden, die Deutschland und Europa zum Sozialismus führen soll.
Die zitierte Aussage aus dem Programm der SED belegt, daß die Erziehung in der DDR nur auf der Vermittlung und Verankerung einer zentralen Ideologie basierte, die für den Studenten richtungsweisend und zentrale Norm werden sollte. Der Student soll ein vom Staat vorgegebenes Wertesystem verinnerlichen und keinerlei Ansatz zu Zweifel und Kritik am bestehenden Herrschaftssystem herausbilden. Dieses totalitäre Herrschaftssystem erhält seine Legitimation im Sinne des Staates aus der Geschichte, die damit eine wichtige Disziplin in der universitären Bildung darstellt.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Erziehung des Studenten zum „Gemeinschaftsmenschen“. Individuelle Interessen sind im Sinne des Marxismus den Interessen des Kollektivs untergeordnet zu betrachten. Das Wohl der Gemeinschaft gilt als höchstes Ziel eines jeden Individuums, so verurteilt Marx sogar individuelle Menschenrechte als „egoistisch“. Der Student wird dahingehend erzogen zum Wohle der Gemeinschaft jedes notwendige persönliche Opfer zu bringen.
Die Erziehung spielte für die DDR-Führung eine entscheidende Rolle in der Zementierung der politischen Verhältnisse auf Dauer. Lenin sah Schulen und Universitäten als „Werkzeug der Diktatur des Proletariats“, um die „Verwirklichung der kommunistischen Ordnung zu ermöglichen.“
Grundpositionen der Bildung waren danach v.a. der von Marx vorhergesagte Untergang des Kapitalismus und Übernahme der Macht durch die Arbeiter, die Betrachtung der Arbeit aus Grundlage der menschlichen Existenz, die Stabilisierung der bestehenden politischen Verhältnisse und die Betrachtung des Gemeinwohls als vorrangig gegenüber persönlichen Interessen.
Diese Grundwerte wurden keineswegs nur in geisteswissenschaftlichen Fächern vermittelt sondern standen auf dem Programm eines jeden Studenten.
4. 1990: Die Wende an den Universitäten
„Abwickeln“ hieß dem Artikel „10 Jahre wiedervereinigte Hochschulen“ aus dem Politmagazin „Spiegel“ vom 1.11.1999 von Uwe Schlicht das Schlagwort für den Umgang mit den Universitäten des Ostens nach der Wende. Hierunter verstand man die ganzheitliche
Einstellung von Fakultäten und ihre Neugründung mit Personal aus Westdeutschland und einer vollkommen neuen Orientierung.
Man erachtete dies als die einzig richtige Lösung für alle Zweige der Wissenschaft, die durch und durch ideologisch belastet erschien. Seien es die Philosophen als „Statthalter der Ideologie“(Schlicht, 1999), die Juristen, denen gelehrt wurde, „die Partei hat immer Recht“(Schlicht, 1999) oder die Pädagogen als „Erfüllungsgehilfen der SED“(Schlicht, 1999). Die Gerichte unterbrachen jedoch diese vollständigen „Abwicklungen“ und setzten durch, daß Einzelfallprüfungen bzgl. Fakultäten und Lehrpersonal durchzuführen sind. Diese Einschränkung änderte jedoch nichts daran, daß nach kürzester Zeit alle wichtigen Positionen an ostdeutschen Universitäten mit westdeutschem Personal besetzt waren, die wie Schlicht schreibt, mit großem Engagement an den Universitäten tätig wurden.
Der Artikel „Um Studenten kämpfen“ aus dem Spiegel vom 10.4.1999 besagt, daß von 140.000 Beschäftigten des Wissenschaftsapparates der DDR zwei Drittel gehen mußten. Bis 1999 investierten Bund und Länder 40 Milliarden Mark in die Hochschulen der neuen Länder. Auch Fachhochschulen, die in den 70er Jahren mit großem Erfolg in Westdeutschland eingeführt wurden, entstanden im Osten und rundeten das Hochschulsystem, das 1999 insgesamt aus 64 Einrichtungen bestand ab.
Neben einer radikalen Reform im Personalwesen der Universitäten erfolgte eine Renovierung der baufälligen Gebäude, die Einrichtug von Bibliotheken und v.a. die Bereitstellung Computer und Labors auf dem neuesten Stand der Technik.
Die Akademie der Wissenschaften, die bis 1990 das Zentrum der wissenschaftlichen Forschung der DDR mit 70 Instituten bildete, wurde in dieser Form aufgelöst.
5. 1999: Konnten sich die Ost-Universitäten etablieren?
Das deutsche Politmagazin „Der Spiegel“ führt im Abstand von mehreren Jahren sog. „Uni- Rankings“ durch. Hierbei wurden 1999 12.000 Studenten aus 81 Hochschulen und 12 verschiedenen Studienrichtungen in ganz Deutschland zu ihren Studienbedingungen bzgl. den Fähigkeiten ihrer Dozenten, dem Angebot an Vorlesungen und Seminaren und der Ausstattung mit Bibliotheken, Labors und Computerräumen befragt.
Als Sieger ging aus dieser Umfrage 1999 die Universität Eichstätt hervor, eine kleine (4000 Studenten), katholische Universität im Osten. Insgesamt fanden sich drei ostdeutsche
Universitäten unter den fünf beliebtesten Universitäten wieder. Ein durchaus bemerkenswertes Ergebnis erst 10 Jahre nach dem radikalen Neuanfang.
Der Spiegel stellt heraus, daß die Studenten v.a. Überschaubarkeit der kleinen Universitäten Ostdeutschlands schätzen. Gelobt wird v.a. der gute Kontakt zu den Professoren, die moderne Ausstattung v.a. im Computerbereich und ein effektives Lernen, das zu kürzeren Studienzeiten führt.
Hinsichtlich der Lehre haben sich die ostdeutschen Universitäten somit zweifellos etablieren können. Den Vorteil eines eher schulischen Systems, das die Universitäten in der DDR kennzeichnete gegenüber den Studenten als Einzelkämpfer an Massenuniversitäten in Westdeutschland hat sich in Grundzügen über die Wende hinaus bewährt.
Rückständig sind die ostdeutschen Universitäten jedoch noch im Bereich der Forschung. Während im Westen die Forschung an den Universitäten den Vorrang gegenüber der Lehre hat und die Qualität eines Professors (und damit auch sein Verdienst) v.a. an seinen Ergebnissen im Forschungsbereich und nicht an seinen pädagogischen Fähigkeiten gemessen wird, haben sich die Ost-Universitäten ihren Ruf fast ausschließlich durch Anstrengungen im Bereich der Lehre verdient.
Der Grund, warum die Universitäten im Osten zwar einen besseren Ruf unter den Studenten genießen, diese jedoch trotzdem ein Studium in Westdeutschland bei Weitem bevorzugen liegt in den Rahmenbedingungen. Hinsichtlich der Lebensqualität haben die westdeutschen Metropolen Berlin, Frankfurt oder etwa München an Freizeitmöglichkeiten weitaus mehr für Studenten zu bieten. So leiden viele Universitäten im Osten gar an Mangel an Studenten und die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen schickt jährlich Tausende Studenten der zulassungsbeschränkten Fächer in die Ost-Universitäten.
6. Fazit
Einen „Kraftakt ohne Beispiel“ nannte der sächsische CDU-Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer die Umstrukturierung der Hochschulen in den neuen Ländern nach der Wende und ich denke, man kann ihm in diesem Punkt zustimmen.
Die dargestellten staatlichen Einflüsse und Manipulationen im Bereich der Bildung machen deutlich, daß eine totale Reform der ostdeutschen Universitäten unumgänglich war. Die Wissenschaft und Lehre, die 40 Jahre in der DDR betrieben wurde aufgrund des ideologischen Ballasts gänzlich zu verteufeln wäre jedoch zu einfach. V.a. in den
Naturwissenschaften und in der Medizin entstanden durchaus wertvolle Arbeiten, die auch nach der Wende Bestand haben. Im Bereich der Lehre ist das schulähnliche System mit einer intensiven Betreuung der einzelnen Studenten und einer im Vergleich zu Westdeutschland deutlich kürzeren durchschnittlichen Studiendauer als positiv hervorzuheben, was in Teilen zumindest erhalten werden konnte.
Insgesamt ist es gelungen, das ostdeutsche Bildungssystem weitestgehend an das westdeutsche anzugleichen. Was die Qualität der Lehre betrifft, sind sie den deutschen Massenuniversitäten sogar um etwas voraus und im bisher vernachlässigten Teil der Forschungsarbeit zeichnet sich eine positive Tendenz ab. So präsentieren die ostdeutschen Universitäten z. Zt. zahlreiche neuartige Forschungsprojekte wie z.B. fächerübergreifende Studiengänge, um Studenten, Forscher und natürlich auch die Industrie zu locken, die ihre Drittmittel momentan (noch) vorrangig in westdeutsche Universitäten investieren.
7. Quellenangaben
„10 Jahre wiedervereinigte Hochschulen“, Uwe Schlicht, Tagesspiegel vom 1.11.1999
Ottensmeier, „Faschistisches Bildungssystem in Deutschland zwischen 1933 und 1989“, Verlag Dr. Kovac
Handbuch DDR, Leipzig 1984
„Um Studenten kämpfen“, Spiegel vom 10.4.1999
- Arbeit zitieren
- Sonja Schmöckel (Autor:in), 2000, Universitäten der ehemaligen DDR - Von ideologischen Erziehungsanstalten zu Elite-Universitäten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100376
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